Mai - Euroregion Elbe/Labe
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Ein entscheidender Impuls für die Entwicklung von Usti hin zum modernen Industriezentrum<br />
kam übrigens aus Sachsen. „Gleich mehrere Unternehmer erkannten das Potenzial der Stadt<br />
und verlegten ihre Aktivitäten dorthin“, erzählt Historiker Krsek. Jene sächsischen<br />
Firmenchefs waren schon in ihrer Heimat erfolgreich gewesen.<br />
Doch mit dem Wegzug aus deutscher Kleinstaaterei eröffneten sie sich die unbegrenzten<br />
Möglichkeiten eines zollfreien Marktes, der bis in die Ukraine und auf den Balkan reichte.<br />
Dazu kam, dass sie sich im faktisch deutsch besiedelten Aussig wie zu Hause fühlen konnten.<br />
Der wohl bedeutendste unter ihnen war der Textilfabrikant Carl Georg Wolfrum aus<br />
Meerane. Ludwig Bramsch wiederum gründete 1847 in Usti eine Filiale seiner Dresdner<br />
„Preßhefen- und Kornspiritusfabrik“. Daraus gingen die Liköre „Alter Jäger“ und<br />
„Klostergeheimnis“ hervor, die noch heute unter ihren tschechischen Namen produziert<br />
werden.<br />
Bärtige Gesellen aus Usti<br />
Ein originelles Markenzeichen schuf Adolf Bähr, Spross einer Schifferfamilie aus dem<br />
heutigen Pirnaer Stadtteil Posta. 1841 begann er in Usti mit der Produktion von<br />
Haushaltskeramik. Berühmtheit erlangte seine Firma aber unter seinem Schwiegersohn<br />
Johann Maresch durch die Produktion von Gartenzwergen.<br />
Einer der bärtigen Gesellen schaffte es laut Krsek sogar ins Showbusiness. Auf der Platte „My<br />
sweet Lord“ von George Harrison räkelt sich einer rechts hinter dem Künstler. „Jeder<br />
Hersteller hatte seinen Stil, dieser Zwerg ist unzweifelhaft aus Usti“, so Krsek. Ein Vergleich<br />
mit historischen Werbefotos gibt ihm Recht.<br />
Überhaupt bildeten die Werbearchive der einzelnen Unternehmen eine wertvolle<br />
Recherchegrundlage. „Insbesondere die Firma ’Schicht‘ war in der Werbung Vorreiter“, sagt<br />
der Historiker. Dies hat dafür gesorgt, dass die Waschseife mit dem Hirsch oder das Backfett<br />
„Ceres“ noch heute jedem Tschechen ein Begriff sind. „Den Werbespruch ’Sauberkeit ist die<br />
halbe Gesundheit‘ halten viele wahrscheinlich für eine Volksweisheit. In Wirklichkeit stammt<br />
er aber aus der Marketing-Abteilung von Schicht“, schmunzelt Krsek. Das gesammelte<br />
Material soll ab Ende Juni als erste Ausstellung des neuen Museums der Deutschen in Usti<br />
gezeigt werden.<br />
Die Erfolgsgeschichte der Marken ist aber noch nicht zu Ende: Zwar werden die Zwerge seit<br />
1947 nicht mehr hergestellt und auch das Pflanzenfett „Ceres“ kommt längst nicht mehr aus<br />
der Stadt an der <strong>Elbe</strong>. Aber der Likör „Stara myslivecka“ (Alter Jäger) ist in Tschechien<br />
mindestens genauso beliebt wie der Becherovka. Und Usti steht inzwischen für neue<br />
Marken. Doch das ist schon wieder eine andere Geschichte. „Vielleicht schreibe ich darüber<br />
mein nächstes Buch“, schließt Krsek.