‚Es war‘
Dieses Pathos <strong>der</strong> absoluten Selbstvermittlung, wenn auch in <strong>der</strong> unendlich entfernten Zukunft, wird nach 1800 vom Gefühl <strong>der</strong> Begrenztheit des transzendentalen Ich ersetzt. 1 Schon in <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> WL (1801) begegnen wir <strong>der</strong> Unableitbarkeit des Inhalts <strong>der</strong> Wahrnehmungen in <strong>der</strong> materiellen Welt, was in <strong>der</strong>selben Schrift seine Parallele in <strong>der</strong> Irrationalität des Seins auf dem Felde des ursprünglichen Wissens hat. Aber in <strong>der</strong> engeren Sphäre des auf sich selbst besinnenden Sehens behält das Ich das Empfinden seiner selbst <strong>bei</strong> als des absoluten, durchweg selbstbewußten Intellekts. 2 Der Verstand sei das Bild seiner selbst 3 , allerdings an das dinghafte Nicht-Ich angeb<strong>und</strong>en 4 . Planparallel zum frühen <strong>Fichte</strong> verlief die Entwicklung des jungen <strong>Schelling</strong>. Auch er meinte, das absolute, vom transzendentalen noch nicht streng getrennte Ich als die höchste Bedingung <strong>der</strong> Endlichkeit stifte die Sphäre des Nicht-Ich, denn die Begrenzung sei <strong>und</strong>enkbar ohne das Absolute. 5 Die Unbedingtheit <strong>und</strong> Absolutheit des Ich weist darauf hin, daß das Prinzip <strong>der</strong> Philosophie die Freiheit ist: „Der letzte Punkt, an dem unser ganzes Wissen <strong>und</strong> die ganze Reihe des bedingten hängt, muß schlechterdings durch nichts weiter begründet sein. Das ganze unsers Wissens hat keine Haltung, wenn es nicht durch irgend etwas gehalten wird, das sich durch eigene Kraft trägt, <strong>und</strong> dies ist nichts, als das durch Freiheit Wirkliche. Der Anfang <strong>und</strong> das Ende aller Philosophie ist – Freiheit!“ 6 Den Sinn des absoluten Ich setzt <strong>Schelling</strong> daselbst auseinan<strong>der</strong> als reine Identität, Freiheit, zugänglich nur in <strong>der</strong> intellektuellen (d. h. ungegenständlichen) Anschauung, als schlechthinnige Einheit, alle Realität enthaltend, auf das Nicht-Ich bezogen, unendlich, als einzige Substanz, als die Quelle <strong>der</strong> Realität (des Wesens), schließlich als die absolute, 1 Wie G. Zöller im Aufsatz Bestimmung..., a. a. O., zeigt, führt in <strong>der</strong> Bestimmung des Menschen die Zusammensetzung <strong>der</strong> Bestimmung zur Selbstbestimmung mit <strong>der</strong> auf dem reinen Willen aufgebauten intelligiblen Ordnung zum moralphilosophischen Gottesbegriff. 2 Vgl. Wissenschaftslehre 1805, a. a. O., 26.-27. St<strong>und</strong>e, S. 136-142, 144. – Da ist auch <strong>der</strong> systematische Ort für die Tätigkeit des Genies, so wie sie 1794 (erschienen 1798) in Über Geist <strong>und</strong> Buchstab in <strong>der</strong> Philosophie von <strong>Fichte</strong> beschrieben worden ist. Allgemeiner faßt die Sache José L. Villacañas (<strong>Fichte</strong> <strong>und</strong> die charismatische Verklärung <strong>der</strong> Vernunft, „<strong>Fichte</strong>-Studien“ 5/1993), für den das Genie – ebenso wie <strong>der</strong> Gelehrte, <strong>der</strong> Künstler o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Politiker – als charismatisches (im Sinne Webers) Individuum an <strong>der</strong> intelligiblen Ordnung teilhat. 3 Vgl. J. G. <strong>Fichte</strong>, Die Wissenschaftslehre (1813), in: <strong>Fichte</strong>s Werke, Bd. X, Berlin, Walter de Gruyter & Co., 1971, S. 37. 4 Vgl. ebd., S. 85. 5 Im System <strong>der</strong> gesammten Philosophie..., a. a. O, S. 188 f., wird dieser Gedanke zur <strong>Idee</strong> des (relativen) Seins <strong>der</strong> endlichen Dinge außer dem Absoluten <strong>und</strong> des (relativen) Nichtseins <strong>der</strong>selben im Angesicht des Absoluten fortentwickelt. 6 F. W. J. <strong>Schelling</strong>, Vom Ich als Prinzip <strong>der</strong> Philosophie o<strong>der</strong> über das Unbedingte im menschlichen Wissen (1795), in: <strong>der</strong>s., Frühschriften, Bd. 1, Berlin, Akademie-Verlag, 1971. 21