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Zur Idee der Unsterblichkeit bei Fichte und bei Schelling

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<strong>der</strong> Mensch Gott gleich sein will, wie <strong>bei</strong> <strong>Fichte</strong>, verliert er die innere Bindung an Ihn, denn<br />

Göttlichkeit bestehe eben im unbedingten Selbstverzicht, nicht in <strong>der</strong> eitlen Selbstbehauptung:<br />

„Aber <strong>der</strong> Mensch ist Gott gleich, wenn er es sich gleichsam nicht [anzieht], inwiefern<br />

er nicht als Gott sein will: Er ist nicht Gott, um als Gott zu sein.“ 1<br />

Und es war Christus, <strong>der</strong> als Mensch die Versuchung, <strong>der</strong> geschaffenen Welt Herr zu<br />

werden, vorbildlich überw<strong>und</strong>en <strong>und</strong> eben deswegen den Tod besiegt hat, um den<br />

vergessenen Zusammenhang <strong>der</strong> Menschheit mit Gott wie<strong>der</strong>herzustellen. 2 An sich jedoch,<br />

seiner Substanz nach, gleichsam übergeschichtlich, blieb das menschliche Bewußtsein immer<br />

an Gott angewiesen. 3 Das heißt, das sich in Mythen ausdrückende menschliche Bewußtsein<br />

habe seine tiefste Wahrheit in <strong>der</strong> Mythologie, die symbolisch zu verstehen sei. 4 Die <strong>der</strong><br />

göttlichen Immanenz angehörigen inneren Mächte des Bewußtseins, die den mythologischen<br />

Prozeß vorantreiben, haben den Charakter <strong>der</strong> natürlichen, objektiven, universellen Potenzen,<br />

<strong>und</strong> so kann sich die Philosophie mit <strong>der</strong> Mythologie als ihrem eigentlichen Gegenstand<br />

beschäftigen. 5 Die Götter seien nämlich den <strong>Idee</strong>n gleich 6 , <strong>und</strong> je<strong>der</strong> von diesen konstituiere –<br />

wie <strong>bei</strong> Plotin – die Totalität des Numinosen, je<strong>der</strong> Gott sei selber Universum. 7 Zu allen<br />

Zeitaltern sollte die Kunst mittels <strong>der</strong> Mythologie ihren absoluten Wurzeln nachforschen. 8<br />

Wir geben natürlich zu, daß <strong>Schelling</strong> seine Theorie des Mythos än<strong>der</strong>te <strong>und</strong><br />

bereicherte. Zuerst dachte er daran, Mythologie rationell auszulegen (1793: Ueber Mythen,<br />

historische Sagen <strong>und</strong> Philosopheme <strong>der</strong> ältesten Welt). In <strong>der</strong> Identitätsphilosophie war<br />

Mythologie deckungsgleich mit <strong>der</strong> Poesie als <strong>der</strong> ursprünglichen Kreativität (Schöpferkraft),<br />

<strong>und</strong> innerhalb <strong>der</strong> Ästhetik wurde sie für reale Darstellung dessen genommen, was<br />

Philosophie auf ideale Weise adäquat wie<strong>der</strong>gibt. Schließlich in <strong>der</strong> letzten Periode, <strong>der</strong>en<br />

Anfang die Abhandlung Ueber die Gottheiten von Samothrake (1815) markiert, wurde<br />

Mythologie mit ihren positiven, religiös-historischen, <strong>und</strong>eduzierbaren Wahrheiten zur Quelle<br />

<strong>der</strong> Vernunft, <strong>und</strong> Mythen erwiesen sich als das aus <strong>der</strong> Menschennatur stammende religiöse<br />

1<br />

F. W. J. <strong>Schelling</strong>, Urfassung <strong>der</strong> Philosophie <strong>der</strong> Offenbarung, Teilband 1, Hamburg, F. Meiner, 1992, S. 223.<br />

2<br />

So u. a. in <strong>der</strong> Philosophie <strong>der</strong> Offenbarung 1841/42 (Paulus-Nachschrift), Frankfurt a. M., Suhrkamp, 1977.<br />

3<br />

Vgl. F. W. J. <strong>Schelling</strong>, Historisch-kritische Einleitung in die Philosophie <strong>der</strong> Mythologie (1842), in: <strong>der</strong>s.,<br />

Ausgewählte Schriften, Bd. 5, a. a. O., VIII. Vorlesung, bes. S. 195.<br />

4<br />

VIII. Vorlesung <strong>der</strong> Historisch-kritischen...<br />

5<br />

Vgl. ebd., IX. Vorlesung, bes. S. 217.<br />

6<br />

Vgl. Philosophie <strong>der</strong> Kunst, a. a. O., S. 198, 219 (§ 28, Anm.).<br />

7<br />

Vgl. ebd., S. 219 f. (§ 30). – Dazu J. Hennigfeld, Mythos <strong>und</strong> Poesie. Interpretationen zu <strong>Schelling</strong>s<br />

„Philosophie <strong>der</strong> Kunst“ <strong>und</strong> „Philosophie <strong>der</strong> Mythologie“, Meisenheim am Glan, Anton Hain, 1973.<br />

8<br />

So in <strong>der</strong> von Winckelmann abhängigen Rede Ueber das Verhältniß <strong>der</strong> bildenden Künste zu <strong>der</strong> Natur (1807),<br />

in: Ausgewählte Schriften, Bd. 2, a. a. O., S. 617 f.<br />

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