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Südtirols nachhaltige Entwicklung<br />
verstehen und beobachten<br />
Was heißt nachhaltige Entwicklung für Südtirol? Wie lässt sie sich messen?<br />
Kennzahlen aus den Bereichen Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft, so genannte<br />
Indikatoren, dienen als Wegweiser für Nachhaltigkeit und Lebensqualität.<br />
Eine Publikation der <strong>EURAC</strong> und die Homepage www.sustainability.bz.it<br />
geben Auskunft, wo die einzelnen Südtiroler Gemeinden stehen.<br />
Was ist Nachhaltigkeit? Nachhaltigkeit beschreibt eine Entwicklung,<br />
welche die Bedürfnisse der heutigen Generation befriedigt,<br />
ohne die der kommenden Generationen zu beeinträchtigen.<br />
Die Bedürfnisse können dabei in drei Bereiche zusammengefasst<br />
werden: Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. Diese drei Bereiche<br />
gelten als gleichwertig und beeinflussen sich gegenseitig.<br />
Wie lässt sich Nachhaltigkeit messen? Zur Prüfung, ob eine Entwicklung<br />
nachhaltig ist, sind Beurteilungskriterien und Messinstrumente<br />
notwendig. Indikatoren eignen sich als ein solches Messinstrument,<br />
um ein komplexes System verständlich zu machen.<br />
Welche Rolle spielen die Gemeinden? Besonders Gemeinden<br />
nehmen eine wichtige Rolle bei der konkreten Umsetzung der<br />
nachhaltigen Entwicklung ein. Die Zuständigkeit der Verwaltung<br />
ist klar abgrenzbar und Verursacher von Schäden können lokalisiert<br />
werden. Auf regionaler Ebene fühlt sich auch die Bevölkerung<br />
zuständig. So kann ein Indikatorenset auf Gemeindebasis<br />
sowohl Politikern als auch Planern und anderen Interessensgruppen<br />
als Entscheidungshilfe dienen. Außerdem bietet es allen<br />
Bürgerinnen und Bürgern ein Instrument zur Beurteilung der<br />
Nachhaltigkeitssituation ihrer Gemeinde.<br />
Wie ist das Indikatorenset aufgebaut? Die Landesagentur für<br />
Umwelt, die <strong>EURAC</strong> und das Wirtschaftsforschungsinstitut der<br />
Handelskammer Bozen haben 74 Indikatoren entwickelt. Diese<br />
sind an die speziellen Anforderungen Südtirols als Bergregion<br />
angepasst, orientieren sich aber gleichzeitig an nationalen und<br />
internationalen Indikatoren. Die Indikatoren wurden zu folgenden<br />
Themenbereichen gewählt:<br />
• Umwelt (Wasser, Luft, Biodiversität, Raumnutzung, Energie,<br />
Abfall, Verkehr);<br />
• Gesellschaft (Bevölkerung, Bildung, Pendler, Politik, Sozialpflege,<br />
Wohnungen);<br />
• Wirtschaft (Arbeitsmarkt, Landwirtschaft, Handel, Tourismus,<br />
Unternehmen, Wertschöpfung).<br />
Die einzelnen Indikatoren der verschiedenen Themenbereiche<br />
setzen sich zu einem Gesamtbild zusammen. Das Indikatorenset<br />
stellt ein starkes und wertvolles Instrument dar, um die Lage und<br />
Entwicklung der Gemeinden Südtirols im Sinne der Nachhaltigkeit<br />
einschätzen und beobachten zu können.<br />
Beispiele Indikatoren<br />
Trinkwasserverbrauch<br />
Unter Trinkwasserverbrauch versteht man den mittleren täglichen<br />
Trinkwasserverbrauch pro Einwohner. Ein hoher Trinkwasserverbrauch<br />
hat negativen Einfluss auf die Umwelt. Bei der Interpretation<br />
der Werte muss berücksichtigt werden, dass sich der Trinkwasserverbrauch<br />
pro Einwohner aus der Anzahl der Verbraucher ergibt<br />
und neben den Haushalten auch Gewerbe beinhaltet. Daher<br />
können Gemeinden mit viel Tourismus oder vielen Betrieben einen<br />
vergleichsweise hohen Trinkwasserverbrauch aufweisen. Der<br />
Wert gibt in diesen Fällen nicht den effektiven Wasserverbrauch<br />
der einzelnen Person wieder. Der durchschnittliche Trinkwasserverbrauch<br />
in Südtirol mit 256 Litern pro Einwohner entspricht etwa<br />
dem Verbrauch von ganz Italien mit 250 Litern pro Einwohner.<br />
Im Vergleich liegt er in Österreich bei 160 Litern pro Einwohner, in<br />
Deutschland bei 129 Litern pro Einwohner.<br />
Buch und Homepage - www.sustainability.bz.it<br />
Nachhaltiges Südtirol?<br />
Indikatoren zu Umwelt,<br />
Gesellschaft, Wirtschaft<br />
Ulrike Tappeiner;<br />
Oswald Lechner;<br />
Gottfried Tappeiner (Hrsg.)<br />
Bozen, 2007<br />
Verl. - Anstalt Athesia<br />
ISBN 978 - 88 - 8266 - 260 - 8<br />
24,90 €<br />
Berufsauspendler<br />
Im Bereich Gesellschaft betrifft der Indikator „Berufsauspendler“<br />
einen großen Teil der Bevölkerung. Der Indikator gibt den<br />
prozentualen Anteil der unselbständig Beschäftigten an, die ihre<br />
Wohngemeinde verlassen müssen, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen.<br />
Eine hohe Anzahl an Berufsauspendlern haben für alle drei<br />
Bereiche Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft negative Auswirkungen.<br />
Die Zentralorte haben eine starke Konzentration der Arbeitsplätze.<br />
Die umliegenden Gemeinden haben jedoch eine höhere<br />
Lebensqualität (Wohnen im Grünen). Das führt dazu, dass<br />
viele Menschen einer Arbeit außerhalb ihres Wohnortes nachgehen.<br />
Dabei ist die Berufsauspendlerquote in den Nachbargemeinden<br />
der Südtiroler Städte und Gemeinden mit zentralörtlicher<br />
Funktion am höchsten. Die Berufseinpendlerquote ist das Spiegelbild<br />
zur - auspendlerquote. Hohe Berufseinpendlerquoten haben<br />
zentralörtliche Gemeinden, in denen der Großteil der öffentlichen<br />
Verwaltungsstrukturen und Dienstleistungsunternehmen<br />
angesiedelt ist.<br />
Das Indikatorenset wird in einem Buch sowie ergänzend auf einer<br />
Homepage erläutert. Das Buch dokumentiert die einzelnen Indikatoren<br />
mit Definition, Erläuterungen, Bewertung und einer Karte.<br />
Die zahlreichen Daten und Anwendungen sind über das Internetportal<br />
www.sustainability.bz.it zugänglich. Das Portal bietet verschiedene interaktive<br />
Möglichkeiten zur graphischen Darstellung der Indikatoren.<br />
Die Indikatoren jeder Gemeinde können mit dem Südtiroler Durchschnitt<br />
oder anderen Gemeinden verglichen werden. Zusätzlich lässt<br />
sich die Entwicklung der Indikatorwerte einer Gemeinde im Laufe der<br />
Jahre analysieren.<br />
Neueintragungsquote Unternehmen<br />
Neue Unternehmen verleihen der Wirtschaft neue Schubkraft.<br />
Der Indikator „Neueintragungsquote Unternehmen“ beschreibt<br />
die Anzahl der Eintragungen ins Handelsregister (auch Übernahmen<br />
und Rechtsformwechsel) in Bezug auf die Gesamtzahl<br />
der registrierten Betriebsstätten. Hohe Werte haben positive Auswirkungen<br />
auf den Bereich Wirtschaft. Die Neueintragungsrate<br />
ist ein Hinweis auf den Erneuerungsgrad des Wirtschaftssystems.<br />
Im Jahr 2004 konnten vor allem die Gemeinden im Brixner und<br />
Meraner Einzugsgebiet hohe Werte erzielen. Geringe Werte weisen<br />
hingegen die Gemeinden in der östlichen Landeshälfte auf.<br />
Uta Schirpke / <strong>EURAC</strong><br />
Institut für Alpine Umwelt<br />
uta.schirpke@eurac.edu<br />
38 Dezember – Dicembre 2007 Dezember – Dicembre 2007 39