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FOTO: Lisa Kofink<br />

Weltmeister! Und nun?<br />

Wie nehmen Besucher die Biathlon Großveranstaltungen im Antholzer Tal wahr? Was<br />

versprechen sich die Einheimischen, Akteure und freiwilligen Helfer davon? <strong>EURAC</strong> und<br />

die Katholische Universität Eichstätt - Ingolstadt sind diesen Fragen über einen Zeitraum<br />

von drei Jahren auf den Grund gegangen. Fazit: es hat sich einiges zum Positiven<br />

gewandelt, es bleibt aber auch noch viel Raum für Verbesserung.<br />

Antholz - Südtiroler Gemeinde mit 2800<br />

Einwohnern. Das Gemeindegebiet erstreckt<br />

sich 18 Kilometer entlang des Antholzertals,<br />

einem Seitental des Pustertals.<br />

Am Talende befindet sich der Antholzersee.<br />

Eingerahmt wird er von der atemberaubenden<br />

Bergkulisse des Naturparks<br />

Rieserferner Ahr. Direkt vor dem See befindet<br />

sich ein Biathlon Zentrum.<br />

Biathlon - eine Kombinationssportart,<br />

die sich aus den Disziplinen Skilanglauf<br />

und Schießen zusammensetzt. Jährlich<br />

finden Weltcuprennen statt, auch in<br />

Antholz.<br />

Antholz und Biathlon - 117.000 zahlende<br />

Zuschauer besuchten im Jänner 2007 die<br />

WM in Antholz. Sieben Millionen Euro<br />

wurde in die Biathlon Anlage investiert.<br />

70.000 Nächtigungen erbrachten dem<br />

Pustertal rund 17 Millionen Euro. Die<br />

Live - Übertragungen im Fernsehen haben<br />

750 Millionen Menschen verfolgt.<br />

Ein erfolgreiches Großevent wie dieses<br />

zahlt sich aus heutiger Sicht rein finan-<br />

ziell allemal aus. Aber der Erfolg einer<br />

WM misst sich nicht nur an Geld. Soziale<br />

Aspekte - Wie zufrieden sind Gäste<br />

und Einheimische? - und Umweltbelange<br />

– Wie wirkt sich ein so großes Spektakel<br />

auf die Umwelt und den Naturpark aus?<br />

– sind langfristig gesehen mindestens genauso<br />

wichtig. Denn nur ein zufriedener<br />

Gast kehrt zurück. Und nur ein nachhaltiges<br />

Großevent kann sich über lange Zeit<br />

behaupten. Um frühzeitig in die nachhaltige<br />

Weiterentwicklung von Großevents<br />

zu investieren, wurde das Institut für Regionalentwicklung<br />

und Standortmanagement<br />

schon vor drei Jahren mit einer<br />

Kundenzufriedenheitsanalyse beauftragt.<br />

In den Jahren 2005 - 2006 - 2007 haben<br />

Mitarbeiter der <strong>EURAC</strong> und der Katholischen<br />

Universität Eichstätt - Ingolstadt<br />

die Eventbesucher der drei Biathlon<br />

Weltcups in Antholz befragt.<br />

In den Jahren 2006 und 2007 folgte eine<br />

Nachhaltigkeitsstudie, in der freiwillige<br />

Helfer, Stakeholder, lokale Akteure und<br />

Bürger zu Wort kamen. Sie alle wurden<br />

vor der WM 2007 nach ihren Erwartungen<br />

befragt und nach der WM, ob diese<br />

denn eingetroffen seien.<br />

Die Kundenzufriedenheitsanalyse<br />

Die Zufriedenheit der Besucher von<br />

Sportgroßveranstaltungen lässt sich anhand<br />

von drei Faktoren messen: die Begeisterungs<br />

- , die Leistungs - und die Basisfaktoren.<br />

Begeisterungsfaktoren werden<br />

vom Gast nicht erwartet, daher ist er mit<br />

ihnen im Normalfall sehr zufrieden; Leistungsfaktoren<br />

sind jene Faktoren, welche<br />

für den Gast wichtig sind im direkten Vergleich<br />

mit den Konkurrenzangeboten; Basisfaktoren<br />

setzt der Gast voraus – sie erhöhen<br />

also nicht die Zufriedenheit. Über<br />

drei Events hindurch wurden die Besucher<br />

der Biathlon - Veranstaltungen in Antholz<br />

nach diesen Faktoren befragt<br />

Im Bereich Begeisterung wurde vor allem<br />

die Leistung der freiwilligen Mitarbeiter<br />

gelobt. Ihre Zahl hat sich vom ersten<br />

bis zum dritten Event fast verdoppelt.<br />

Bei der WM von 2007 waren es 770. Etwas<br />

weniger positiv fiel die Wertung für<br />

das Unterhaltungsprogramm aus. Es ist<br />

über die Vergleichsevents als gleich bleibend<br />

schlecht beurteilt worden, birgt also<br />

noch ein gutes Potential. Ein ähnliches<br />

Urteil fällen die Befragten in Sachen<br />

Verpflegung. Das Angebot ist den meisten<br />

zu einseitig und die Wartezeiten werden<br />

als zu lange wahrgenommen. Was<br />

das Preis - Leistungsverhältnis betrifft,<br />

gab es über die Jahre hinweg eine leichte<br />

Verbesserung.<br />

Die Bewertung von Sportanlage und Atmosphäre<br />

(Leistungsfaktoren) dient dem<br />

direkten Vergleich mit anderen Sportgroßveranstaltungen.<br />

Hier punktet Antholz<br />

ganz deutlich mit dem neuen Stadion.<br />

Die Zuschauertribünen und Sichtverhältnisse<br />

werden nach dem Umbau als<br />

deutlich besser bewertet. Die Atmosphäre<br />

schneidet sogar mit „sehr gut“ ab. Die Investitionen<br />

in die neue Anlage haben sich<br />

wohl bezahlt gemacht.<br />

Für Events in der Größenordnung von<br />

Antholz wird Erreichbarkeit und sportliche<br />

Leistung vom Besucher vorausgesetzt,<br />

deshalb spricht man auch von Basisleistungen.<br />

Während der Organisator<br />

in der Lage ist, die Erreichbarkeit zu<br />

beeinflussen, kann er für die sportliche<br />

Leistung nicht wirklich zur Rechenschaft<br />

gezogen werden. In Antholz hat sich der<br />

Bus - Shuttle - Service über die drei Jahre<br />

bedeutend verbessert, so die Kundenbefragung.<br />

Unzufrieden mit der sportlichen<br />

Leistung waren die Besucher immer<br />

dann, wenn ihre Nationalmannschaft<br />

schlecht abgeschnitten hatte. Die Basisleistungen<br />

fallen bei der Kundenzufriedenheitsstudie<br />

für den Organisator nur<br />

beschränkt ins Gewicht.<br />

Die Nachhaltigkeitsstudie<br />

Nachdem die Einschätzung der Gäste bekannt<br />

war, untersuchte das <strong>EURAC</strong> - Institut<br />

wie Einheimische, Akteure, Stakeholder<br />

und freiwillige Mitarbeiter das Biathlon<br />

Spektakel einschätzen.<br />

Im Vorfeld des Megaevents hatten sich<br />

die Befragten sehr negativ geäußert was<br />

die Störung des Landschaftsbildes, den<br />

Eingriff in die Natur und das vermehrte<br />

Verkehrsaufkommen betrifft. Diese negativen<br />

Eindrücke haben sie nach der WM<br />

etwas revidiert, allerdings – wie aus der<br />

Grafik ersichtlich – immer noch nicht<br />

ganz zum Positiven.<br />

Ins Positive verwandelte sich hingegen<br />

die Wahrnehmung der Preisveränderungen.<br />

Vor der WM 2007 wurde der<br />

zu erwartende Preisanstieg von der Bevölkerung<br />

als stark negativ empfunden,<br />

nach der WM als positiv. Dies auch weil<br />

das Großevent der Talschaft viel Geld<br />

brachte.<br />

Die Ergebnisse der Nachhaltigkeitsstudie<br />

sind der heimliche Erfolg der Weltmeisterschaft.<br />

Es ist gelungen, durch einen<br />

aktiven, manchmal auch heftig geführten<br />

Dialog, das Tal als solches am Event<br />

teilhaben zu lassen. Dieser Zusammenhalt<br />

wird von der Bevölkerung als stark<br />

und positiv erlebt. Im Tal ist eine neue<br />

Welle der Begeisterung für den Sport<br />

ausgebrochen.<br />

Bleibt die Frage offen, ob in Folge der verbesserten<br />

Dienstleistungen und des nachhaltigen<br />

Ansatzes bei der Organisation<br />

der WM - Rennen in Antholz in Zukunft<br />

übers Jahr verteilt mehr Gäste kommen?<br />

Genaue Zahlen wird es erst in ein paar<br />

Jahren geben. Doch jetzt schon zeichnet<br />

sich vor allem für den oberen Talabschnitt<br />

(Fraktion Antholzertal) für die ersten sieben<br />

Monate des Jahres, ein Nächtigungszuwachs<br />

von 17 % ab. Als Vergleich ist der<br />

Zuwachs im Pustertal mit 6 % deutlich<br />

geringer. Das Potential wurde noch nicht<br />

ausreichend ausgeschöpft, weil es kaum<br />

Zusammenarbeit zwischen den zwei Tourismusvereinen<br />

im Antholzertal und dem<br />

Organisationskomitee gab.<br />

Durch rechtzeitiges Einlenken des WM<br />

Organisationskomitees ist es gelungen,<br />

die negativen Effekte des Megaevents in<br />

einer kleinen Naturpark - Gemeinde zu<br />

minimieren und die positiven Effekte<br />

insbesondere im sozialen und wirtschaftlichen<br />

Bereich auszubauen. Das Tal ist für<br />

den nächsten Termin gerüstet: vom 16.<br />

bis 20. Jänner findet in Antholz wieder<br />

ein Biathlon Weltcup statt.<br />

Hannes Paregger / <strong>EURAC</strong><br />

Institut für Regionalentwicklung<br />

und Standortmanagement<br />

hannes.paregger@eurac.edu<br />

Unter den Begeisterungsfaktoren (Quadrant I) sticht vor allem der hohe Zufriedenheitswert der Zuschauer mit der Servicequalität der freiwilligen<br />

Mitarbeiter hervor. Rühmlich waren auch ihre Beweggründe, die sie selbst dazu veranlasst haben bei der Weltmeisterschaft ihr Bestes zu geben.<br />

34 Dezember – Dicembre 2007 Dezember – Dicembre 2007 35

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