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FOTO: Tasser<br />

Die Almenlandschaft, wie wir sie<br />

heute in Südtirol kennen, ist das Ergebnis<br />

einer jahrtausendelangen Entwicklung.<br />

Bereits in der Jungsteinzeit hat der<br />

Mensch im Alpenraum gelebt und Wald<br />

gerodet, um Futterflächen für das Vieh zu<br />

schaffen. Besonders im Bereich der Waldgrenze<br />

wurde großflächig Weideland geschaffen,<br />

und diese offene Landschaft<br />

prägt bis heute das Erscheinungsbild der<br />

Alpen. Die Weideflächen waren bis ins 19.<br />

Jahrhundert herauf nahezu überlebenswichtig<br />

für die bäuerliche Bevölkerung.<br />

Je mehr Weiden und Mähwiesen ein Bauer<br />

besaß, umso mehr Tiere konnten den<br />

Winter über am Hof gehalten werden.<br />

Mit der zunehmenden Mechanisierung<br />

im 20 Jahrhundert änderten sich<br />

die Voraussetzungen schlagartig. Die Talwiesen<br />

wurden immer intensiver bewirtschaftet<br />

und in der Folge ertragreicher.<br />

Man war also nicht mehr zwangsläufig<br />

auf das Futter der Almflächen angewiesen.<br />

Außerdem waren immer weniger<br />

Menschen in der Landwirtschaft tätig,<br />

weshalb es auch immer schwieriger wurde,<br />

Arbeitskräfte zu finden, die bei der<br />

oftmals beschwerlichen Arbeit auf den<br />

Almen und Bergmähdern mithalfen.<br />

Die Folge dieser Entwicklung, die bis heu-<br />

te anhält, ist eine Polarisierung: Die wenigen<br />

ertragreichen und günstig gelegenen<br />

Almflächen werden immer intensiver<br />

bewirtschaftet, die mageren, steilen oder<br />

schwierig zu erreichenden Flächen aufgelassen.<br />

Verfallene Heustadel und wieder<br />

bewaldete Weiden sind unverkennbare<br />

Zeichen dieser Entwicklung.<br />

Mit dem INTERREG IIIA Forschungsprojekt<br />

„MASTA“ (Maßnahmen und<br />

Strategien für eine nachhaltige Almwirtschaft)<br />

hat sich das <strong>EURAC</strong> - Institut für<br />

Alpine Umwelt gemeinsam mit dem Umweltbüro<br />

Klagenfurt das Ziel gesetzt, die<br />

Auswirkungen dieser Prozesse zu untersuchen.<br />

Das Projekt wird von der Autonomen<br />

Provinz Bozen - Südtirol und der<br />

Kärntner Landesregierung mitgetragen.<br />

Die wichtigen Fragen lauten: Wo und wie<br />

intensiv werden Almflächen heute noch<br />

genutzt? Welche Auswirkungen hat die<br />

Bewirtschaftung auf Vegetation und Bodenstabilität?<br />

Darüber hinaus sollen aber<br />

auch mögliche Auswege aus dem Spannungsfeld<br />

zwischen Rentabilität und<br />

Verlust von Kulturlandschaft aufgezeigt<br />

werden.<br />

Für die Studie wurden fünf Modellregionen<br />

in Südtirol und Kärnten (Ulten,<br />

Gsies und Prettau sowie Lesachtal und<br />

Rennweg am Katschberg) ausgewählt, in<br />

denen verschieden bewirtschaftete Almflächen<br />

bezüglich Qualitätsertrag, Auftriebszahlen,<br />

Erosion und Trittschäden<br />

sowie Biodiversität genauestens analysiert<br />

werden. Darüber hinaus ist geplant,<br />

auf diesen Flächen Messungen zum Wasserhaushalt<br />

durchzuführen (Projekt Bio-<br />

Catch, siehe Kasten).<br />

Die bisherigen Ergebnisse zeigen,<br />

dass neben vielen anderen Faktoren wie<br />

Höhenlage oder Klima der Mensch die<br />

wichtigste Einflussgröße ist. Er bestimmt<br />

die Bewirtschaftungsform und - intensität<br />

und entscheident somit über Landschaftsbild<br />

und Biodiversität der Almen.<br />

Bei entsprechender Düngung und Bewässerung<br />

kann der Ertrag einer almwirtschaftlich<br />

genutzten Fläche von 10<br />

auf über 50 Zentner pro Hektar gesteigert<br />

werden. Dieser deutlich verbesserte<br />

Qualitätsertrag geht allerdings zumeist<br />

auf Kosten der Biodiversität, die deutlich<br />

abnimmt.<br />

Die nächsten Schritte im Projekt zielen<br />

darauf ab, Zukunftsszenarien zu erstellen.<br />

Es wird also anhand der gewonnenen Daten<br />

versucht die Situation auf den Almen<br />

in den kommenden Jahrzehnten vorherzusagen.<br />

Besonderes Augenmerk wird da-<br />

bei auf folgende Fragen gerichtet: Welche<br />

Flächen werden bei gegebenen Voraussetzungen<br />

auch in Zukunft noch genutzt?<br />

Welche Maßnahmen könnten hilfreich<br />

sein, um eine extensive Almwirtschaft zu<br />

erhalten?<br />

Manch einer mag sich fragen, worin<br />

denn das Problem liege, wenn sich der<br />

Wald seine ursprüngliche Flächen wieder<br />

zurückholt? Die Sache hat mehrere Ha-<br />

Projekt Bio - CATCH<br />

In einem speziellen Projektteil „Bio - CATCH“ wird der Einfluss der Biodiversität<br />

auf den Wasserhaushalt auf Almflächen untersucht. Dieses Teilprojekt<br />

ist Bestandteil eines internationalen Forschungsschwerpunktes,<br />

in welchem europaweit vergleichbare Messmethoden und Auswerteverfahren<br />

angewendet werden. Untersuchungsgebiete sind in den Pyrenäen,<br />

den West - , Ost - und Südalpen, sowie im Zentralkaukasus geplant<br />

und teilweise bereits eingerichtet.<br />

Konkrete Zielsetzungen sind dabei a) die Erarbeitung und Umsetzung einer<br />

Forschungsstrategie zur Erhebung der biodiversitätsbedingten Wasserhaushaltsveränderungen<br />

in Almgebieten, b) die Sammlung von Daten,<br />

die auch die wirtschaftliche Bedeutung von nachhaltig genutzten<br />

Almgebieten untermauern und c) Aussagen zu den Veränderungen vom<br />

einzelnen Ökosystem bis hin zur Region. Die gewonnen Erkenntnisse<br />

sollen zudem als Grundlage für Zukunftsszenarien dienen.<br />

Almen in Gefahr?<br />

Blühende Almwiesen, grasende Kühe, mähende Bauern:<br />

Für viele sind die Almen eine Bilderbuchlandschaft.<br />

In Wahrheit ist dieses Idyll ein äußerst labiles<br />

Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur. In den<br />

letzten Jahrzehnten ist es zunehmend ins Wanken<br />

geraten. Welchen Wert hat eine intakte Almwirtschaft?<br />

Welche Perspektiven bieten sich ihr in Zeiten der globalen<br />

Wirtschaft? Diesen und ähnlichen Fragestellungen<br />

geht ein grenzüberschreitendes EU - Projekt am <strong>EURAC</strong> -<br />

Institut für Alpine Umwelt auf den Grund.<br />

ken: So ist bekannt, dass langes Gras auf<br />

nicht mehr gemähten oder beweideten<br />

Flächen eine ideale Gleitfläche für Schnee<br />

bildet und damit die Bildung von Lawinen<br />

begünstigt. Außerdem ist die Durchwurzelung<br />

und damit die Bodenstabilität<br />

solcher so genannter Brachstadien deutlich<br />

schwächer als auf bewirtschafteten<br />

Flächen. Hinzu kommt ein großer ideeller<br />

Verlust einer über Jahrtausende entstandenen<br />

Kulturlandschaft sowie der<br />

nicht zu unterschätzende Faktor einer intakten<br />

Almlandschaft für den Tourismus.<br />

Alles Punkte, die es rechtfertigen, ja sogar<br />

erforderlich machen, sich für den Erhalt<br />

und die Förderung der Almlandschaft<br />

einzusetzen.<br />

Georg Niedrist und Erich Tasser / <strong>EURAC</strong><br />

Institut für Alpine Umwelt<br />

georg.niedrist@eurac.edu<br />

erich.tasser@eurac.edu<br />

Die Nutzung durch den Menschen kann zu einer Zunahme oder aber zu<br />

einer Abnahme der Biodiversität führen (durch unterschiedliche Nägel<br />

und Schrauben symbolisiert), was sich wiederum auf den Wasserhaushalt<br />

und die Erosionsgefährdung auswirken dürfte.<br />

14 Dezember – Dicembre 2007 Dezember – Dicembre 2007 15

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