Artikel von Prof. Dr. Carl Baudenbacher in Jusletter - Institut für ...
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Kritische Bemerkungen zum geplanten Bundeswettbewerbsgericht<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Carl</strong> <strong>Baudenbacher</strong><br />
Als der Verfasser des Beitrags im Frühjahr 2011 e<strong>in</strong>geladen war, vor der<br />
Europadelegation der Eidgenössischen Räte über die schweizerische Europapolitik zu<br />
sprechen, traf er im Bundeshaus e<strong>in</strong>en hohen Beamten. Auf die Frage, ob man mit den<br />
Bemühungen zur <strong>Prof</strong>essionalisierung der Wettbewerbskommission vorwärts<br />
gekommen sei, antwortete dieser mit leuchtenden Augen: «Das Problem stellt sich nicht<br />
mehr. Wir schaffen e<strong>in</strong> Bundeswettbewerbsgericht!»<br />
Inhaltsübersicht<br />
A. Der bundesrätliche Vorschlag vom 30. Juni 2010<br />
B. Verhältnis zum geltenden Modell<br />
C. Zusammensetzung der WEKO: Der grosse Zankapfel<br />
1. Rückblick I: KG 1962<br />
2. Rückblick II: KG 1985<br />
3. Geltendes Recht<br />
D. Der Weg zum Projekt Bundesverwaltungsgericht<br />
1. Evaluation des KG 2008/2009<br />
2. Die dreiköpfige Projektgruppe und die Verbände<br />
3. Das WEKO-Modell wird schlechtgeredet<br />
E. Vernehmlassung<br />
1. Das Bundeswettbewerbsgericht stösst auf (fast) e<strong>in</strong>hellige Zustimmung<br />
der Wirtschaft...<br />
2. ... wird aber <strong>von</strong> den politischen Parteien und wichtigen Me<strong>in</strong>ungsträgern<br />
abgelehnt<br />
F. Das Projekt Bundeswettbewerbsgericht ist unausgegoren<br />
1. Unüberzeugendes Rechtsstaatlichkeitsargument<br />
2. Fehlende wissenschaftliche Fundierung<br />
3. Schwächung der Rechtsdurchsetzung<br />
4. E<strong>in</strong> neuer Sonderfall Schweiz <strong>in</strong> Europa<br />
G. Schlussfolgerungen<br />
1. Die gerichtliche Kontrolle der Sanktionspraxis der WEKO funktioniert<br />
2. Der Systemwechsel ist abzulehnen<br />
3. Die WEKO ist zu professionalisieren<br />
4. Im Bundesverwaltungsgericht müssen nebenamtliche Fachrichter mit<br />
ökonomischem H<strong>in</strong>tergrund E<strong>in</strong>sitz nehmen<br />
Exkurs: Zur Motion Schweiger<br />
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A. Der bundesrätliche Vorschlag vom 30. Juni 2010<br />
[Rz 1] Tatsächlich gab der Bundesrat am 30. Juni 2010 e<strong>in</strong> Modell der<br />
Kartellrechtsdurchsetzung <strong>in</strong> die Vernehmlassung, das auf e<strong>in</strong>em vollkommenen<br />
Systemwechsel fusst. Zum e<strong>in</strong>en will er das heutige Sekretariat der<br />
Wettbewerbskommission zu e<strong>in</strong>er eigenständigen, <strong>von</strong> Politik und Wirtschaft<br />
unabhängigen Wettbewerbsbehörde umgestalten, welche die Untersuchungen führt 1 .<br />
Zum anderen soll «aus Ressourcen der heutigen WEKO und den heute mit<br />
Kartellrechtsfragen befassten Richter<strong>in</strong>nen und Richtern des<br />
Bundesverwaltungsgerichts geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong> neues, <strong>von</strong> der Wettbewerbsbehörde<br />
getrenntes Bundeswettbewerbsgericht gebildet werden, welches bei Abreden und<br />
Fällen <strong>von</strong> Marktmachtmissbrauch die Entscheidfunktion und Sanktionsbemessung<br />
übernimmt» 2 . Bei diesen Sachverhalten soll die Wettbewerbsbehörde vor dem<br />
Bundeswettbewerbsgericht Antrag stellen können. In Fusionsfällen soll die<br />
Wettbewerbsbehörde die erst<strong>in</strong>stanzlichen Verwaltungsentscheide fällen. Neben<br />
wenigen hauptamtlichen Richtern soll das adm<strong>in</strong>istrativ dem Bundesverwaltungsgericht<br />
zuzuordnende Bundeswettbewerbsgericht «e<strong>in</strong>en Pool aus nebenamtlichen<br />
Fachrichter<strong>in</strong>nen und Fachrichtern auch mit Praxiserfahrung umfassen» 3 . Gegen Urteile<br />
des Wettbewerbsgerichts stehe der Beschwerdeweg an das Bundesgericht offen. Das<br />
Bundeswettbewerbsgericht soll volle Kognition haben. Der Präsident der WEKO hat<br />
zutreffend darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass dieses System der Rechtsdurchsetzung i.W. aus<br />
dem amerikanischen Recht stammt 4 .<br />
[Rz 2] Der Bundesrat behauptet, das neue Modell werde zu e<strong>in</strong>er Beschleunigung des<br />
Rechtsmittelweges führen und die Rechtsstaatlichkeit dadurch verbessern, dass<br />
Untersuchung und Antrag e<strong>in</strong>erseits und Entscheid und Sanktionsbemessung<br />
andererseits getrennt würden 5 . Überdies würden die Ressourcen optimal e<strong>in</strong>gesetzt,<br />
denn das Wettbewerbsgericht werde «aus den Ressourcen der heutigen WEKO und<br />
den heute mit Kartellrechtsfragen befassten Richter<strong>in</strong>nen und Richtern des<br />
Bundesverwaltungsgerichts» gebildet 6 .<br />
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B. Verhältnis zum geltenden Modell<br />
[Rz 3] Es gibt auf der Welt zwei grosse Rechtsfamilien, wenn es um die Durchsetzung<br />
des Kartellrechts geht: Die europäische und die US-amerikanische 7 . In den USA führen<br />
die Wettbewerbsbehörden die Untersuchungen durch und klagen dann als mit den<br />
Unternehmen gleichberechtigte Partei vor e<strong>in</strong>er judiziellen Instanz mit dem Ziel, den<br />
Prozess zu gew<strong>in</strong>nen. Die Federal Trade Commission ersche<strong>in</strong>t mit ihrem Compla<strong>in</strong>t<br />
Counsel vor e<strong>in</strong>em Adm<strong>in</strong>istrative Law Judge und br<strong>in</strong>gt Zivilklagen vor die Gerichte.<br />
Die Antitrust Division des Justizdepartements erhebt Straf- und Zivilklagen vor<br />
Gerichten. Das europäische Modell kennt demgegenüber e<strong>in</strong>e spezialisierte<br />
Wettbewerbsbehörde, welche den Fall untersucht und über ihn entscheidet. Gegen<br />
diese Entscheidung kann bei e<strong>in</strong>em Gericht geklagt werden. Das Grundmodell besteht<br />
dar<strong>in</strong>, dass das Wettbewerbsamt Untersuchungs- und Entscheidungsbehörde <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em ist (Bsp.: Deutschland). In mehreren Ländern besteht jedoch e<strong>in</strong>e<br />
Untersuchungsbehörde, welche ihre Fälle vor e<strong>in</strong>e spezialisierte Wettbewerbsbehörde<br />
br<strong>in</strong>gt (Bsp.: Niederlande).<br />
[Rz 4] Die Schweiz hat 1962 im Grundsatz das europäische Modell übernommen. E<strong>in</strong><br />
Kartellgesetz, das se<strong>in</strong>en Namen verdient, besteht allerd<strong>in</strong>gs erst seit 1995 8 . Trotz<br />
schwieriger verfassungsrechtlicher Rahmenbed<strong>in</strong>gungen gelang es damals, e<strong>in</strong> Quasi-<br />
Kartellverbot, e<strong>in</strong> Verbot des Missbrauchs e<strong>in</strong>er marktbeherrschenden Stellung und<br />
e<strong>in</strong>e Fusionskontrolle zu verankern. Die Rechtsdurchsetzung wurde e<strong>in</strong>er<br />
Wettbewerbskommission (WEKO) übertragen, gegen deren Entscheidungen die<br />
Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht offen steht. Urteile des<br />
Bundesverwaltungsgerichts können mit öffentlich-rechtlicher Beschwerde beim<br />
Bundesgericht angefochten werden. Die WEKO wurde als zweistufige Behörde<br />
strukturiert mit e<strong>in</strong>em sog. Sekretariat als E<strong>in</strong>heit, welche die Untersuchungen vornimmt<br />
und der Kommission im engeren S<strong>in</strong>ne, welche die Entscheidungen trifft.<br />
[Rz 5] Der Erfolg des Jahres 1995 war auf besonders günstige Begleitumstände<br />
zurückzuführen. Bei e<strong>in</strong>em Beitritt zum Abkommen über den Europäischen<br />
Wirtschaftsraum (EWR) hätte <strong>für</strong> die Schweiz das nach EU-Vorbild ausgestaltete EWR-<br />
Wettbewerbsrecht gegolten. Nach dem Scheitern der EWR-Vorlage <strong>in</strong> der<br />
Volksabstimmung vom 6. Dezember 1992 lancierte die Regierung e<strong>in</strong> sog.<br />
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Revitalisierungsprogramm <strong>für</strong> die Wirtschaft («Programm zur Überw<strong>in</strong>dung der<br />
wirtschaftlichen Auswirkungen des EWR-Ne<strong>in</strong>s»), dessen Herzstück das Kartellgesetz<br />
war. Mit Botschafter <strong>Dr</strong>. Mar<strong>in</strong>o Baldi wurde e<strong>in</strong> konzeptionell denkender, auch<br />
<strong>in</strong>ternational erfahrener Mann mit der Erarbeitung des Entwurfs betraut. Als Schweizer<br />
Vertreter bei der OECD und Unterhändler zum Wettbewerbsrecht bei den EWR-<br />
Verhandlungen hatte er e<strong>in</strong>en profunden E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> das Europäische Wettbewerbsrecht<br />
gewonnen 9 . Trotzdem musste der <strong>für</strong> schweizerische Verhältnisse grosse Wurf<br />
erkämpft werden. Der Dachverband der Wirtschaft (damals noch «Vorort») hatte sich<br />
bereits gegen das EWR-Kartellrecht gewandt und stand auch dem KG-Projekt<br />
ablehnend gegenüber. Insofern war entscheidend, dass sich der damalige<br />
Wirtschaftsm<strong>in</strong>ister Jean-Pascal Delamuraz zusammen mit e<strong>in</strong>flussreichen<br />
Parlamentariern h<strong>in</strong>ter die Reform stellte und gegen diese gerichtete Angriffe abwehrte.<br />
Bei den Schlüsselbegriffen und –konzepten orienterte man sich klar am EU-Recht.<br />
C. Zusammensetzung der WEKO: Der grosse Zankapfel<br />
1. Rückblick I: KG 1962<br />
[Rz 6] Recht wird <strong>von</strong> Menschen angewandt. Es kommt deshalb nicht nur auf die<br />
Ausgestaltung des materiellen Rechts an, sondern auch (und nach der hier vertretenen<br />
Auffassung vor allem) auf die Zusammensetzung des Gremiums, welches die<br />
Entscheidungen trifft. Diese Frage hat seit den Anfängen des schweizerischen<br />
Kartellrechts Ende der 1950er Jahre e<strong>in</strong>e zentrale Rolle gespielt. Unter dem KG 1962<br />
fungierte die damalige nebenamtliche Kartellkommission als e<strong>in</strong>e Art gesellschafts- und<br />
wirtschaftspolitisches Diskussionsforumsforum 10 . Der Kartellkommission gehörten 8<br />
Verbandsvertreter an, je e<strong>in</strong>er des «Vororts» (heute economiesuisse), des<br />
Gewerbeverbandes, des Verbandes ostschweizerischer landwirtschaftlicher<br />
Genossenschaften, des Gewerkschaftsbundes, der Alliance des sociétés fém<strong>in</strong><strong>in</strong>es<br />
suisses, der Migros, des Verbands schweizerischer Konsumvere<strong>in</strong>e und der Firma<br />
Geigy AG. H<strong>in</strong>zu kamen 7 unabhängige Mitglieder (Vertreter der Wissenschaft). Die<br />
Kartellkommission hatte ke<strong>in</strong>e Verfügungs- sondern nur Empfehlungskompetenz. Nicht<br />
e<strong>in</strong>mal das EVD war verfügungsbefugt, es konnte nach Art. 22 KG 1962 lediglich<br />
verwaltungsrechtliche Klage beim Bundesgericht erheben. Die Vorschrift blieb (was<br />
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wohl beabsichtigt war) toter Buchstabe. Damit waren so viele <strong>in</strong>stitutionelle Bremsen<br />
e<strong>in</strong>gebaut, dass sich e<strong>in</strong>e griffige Wettbewerbspolitik a priori nicht entwickeln konnte. Im<br />
materiellen Recht sollte das Konzept des möglichen Wettbewerbs massgeblich se<strong>in</strong>.<br />
Danach wurden Kartelle so lange toleriert als e<strong>in</strong> Aussenseiter die Möglichkeit hatte,<br />
den Wettbewerb aufzunehmen. Allerd<strong>in</strong>gs wurde nicht e<strong>in</strong>mal dieses M<strong>in</strong>imalprogramm<br />
durchgehalten. Das Konzept des möglichen Wettbewerbs wurde durch die sog.<br />
Saldomethode ersetzt, welche die Vorteile und Nachteile <strong>von</strong> Kartellen gegene<strong>in</strong>ander<br />
abwog, wobei Wettbewerb nur e<strong>in</strong>e Position neben vielen anderen war 11 . Unter dem<br />
Strich waren das <strong>in</strong>stitutionelle Sett<strong>in</strong>g, das materielle Recht und das Verfahrensrecht<br />
im Gleichklang. Alles war darauf gerichtet, e<strong>in</strong>e effiziente Wettbewerbspolitik zu<br />
verh<strong>in</strong>dern.<br />
2. Rückblick II: KG 1985<br />
[Rz 7] Das KG 1985 brachte nur ger<strong>in</strong>ge Fortschritte. Die Struktur der nebenamtlichen<br />
Kartellkommission blieb unverändert. Die Mehrheit musste aber aus unabhängigen<br />
Mitgliedern bestehen. Der Kartellkommission wurde nach wie vor ke<strong>in</strong>e<br />
Verfügungskompetenz e<strong>in</strong>geräumt, es blieb bei der Empfehlungskompetenz. Das<br />
Bundesgericht sprach im Jahre 1991 <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em «partnerschaftlichen Modell» der<br />
Rechtsanwendung 12 . Immerh<strong>in</strong> wurde neu dem EVD e<strong>in</strong>e Verfügungskompetenz<br />
e<strong>in</strong>geräumt. Für den Fall, dass ihre Empfehlungen nicht angenommen wurden, konnte<br />
die Kartellkommission beim Departement den Erlass e<strong>in</strong>er Verfügung beantragen. In<br />
den zehn Jahren der Geltung des KG 1985 erliess dieses zwei Verfügungen. Im<br />
materiellen Recht wurde das Konzept des wirksamen Wettbewerbs verankert. Das<br />
Parlament führte allerd<strong>in</strong>gs um das Verhältnis der angestammten Saldomethode zum<br />
Konzept des wirksamen Wettbewerbs e<strong>in</strong>en regelrechten Eiertanz auf 13 . Insgesamt<br />
muss man auch hier sagen, dass die Parallelität <strong>von</strong> materiellem Recht,<br />
Verfahrensrecht und <strong>in</strong>stitutionellen Vorschriften – auf e<strong>in</strong>em leicht<br />
wettbewerbsfreundlicheren Niveau – erhalten blieb.<br />
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3. Geltendes Recht<br />
[Rz 8] Im KG 1995 erfolgte im materiellen Recht und im Verfahrensrecht der grosse<br />
Sprung nach vorn. Das Gesetz bezweckt nun den Schutz des wirksamen Wettbewerbs<br />
i.S. e<strong>in</strong>es offenen Leitbildes 14 .<br />
[Rz 9] Der WEKO, wie sie nun heisst, wurde die Verfügungskompetenz e<strong>in</strong>geräumt. E<strong>in</strong><br />
Hauptmangel des Gesetzes <strong>von</strong> 1995, die fehlende Möglichkeit, unzulässige<br />
Wettbewerbsbeschränkungen direkt zu sanktionieren, wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ersten<br />
Folgereform im Jahre 2003 behoben 15 . Bis dah<strong>in</strong> konnte die Wettbewerbskommission<br />
lediglich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt durch Verfügung feststellen, dass e<strong>in</strong><br />
Wettbewerbsverstoss vorlag. Erst wenn das unzulässige Verhalten unter Verletzung<br />
e<strong>in</strong>er entsprechenden e<strong>in</strong>vernehmlichen Regelung oder behördlichen Anordnung<br />
weiterh<strong>in</strong> praktiziert wurde, konnten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Schritt Sanktionen verhängt<br />
werden. Der S<strong>in</strong>neswandel war nicht zuletzt e<strong>in</strong>e Folge des Ausgangs der<br />
Untersuchung im Fall Vitam<strong>in</strong>-Kartell. In den USA und der EU war das global<br />
agierende Kartell mit Bussgeldern <strong>von</strong> $725 Millionen und EUR 850 Millionen belegt<br />
worden. Die Schweiz, <strong>in</strong> der die Kartellanführer<strong>in</strong> Hoffman LaRoche ihr Hauptquartier<br />
hat, g<strong>in</strong>g leer aus. Die WEKO hatte ihre eigenen Abklärungen getroffen, war aber nicht<br />
<strong>in</strong> der Lage, Sanktionen auszusprechen 16 . Zusammen mit der Kompetenz der WEKO,<br />
Wettbewerbsverstösse direkt zu sanktionieren, wurde e<strong>in</strong>e Bonus-Regelung e<strong>in</strong>geführt.<br />
Von strafrechtlichen Sanktionen sprach niemand. Damit näherte sich die Schweiz noch<br />
stärker dem europäischen Modell der Kartellrechtsdurchsetzung an.<br />
[Rz 10] Bezüglich der Zusammensetzung der Wettbewerbskommission setzte sich<br />
der Reformwille 1994/95 allerd<strong>in</strong>gs nicht durch. Nach Art. 18 KG besteht die vom<br />
Bundesrat zu bestellende Wettbewerbskommission aus 11 bis 15 Mitgliedern, deren<br />
Mehrheit unabhängige Sachverständige se<strong>in</strong> müssen. Das heisst, dass der Kommission<br />
auch Lobbyisten angehören dürfen. Alle Kommissionsmitglieder üben ihre Aufgabe<br />
nebenamtlich aus. Zwar war im Vorfeld der Reform <strong>von</strong> 1995 e<strong>in</strong>e unabhängige WEKO<br />
mit sieben Mitgliedern geplant gewesen. Die Verbände leisteten aber heftige<br />
Gegenwehr, dem die Politik nicht zu widerstehen vermochte. 1995 musste man e<strong>in</strong><br />
gewisses Verständnis da<strong>für</strong> aufbr<strong>in</strong>gen, dass der dossierführende Bundesrat<br />
Delamuraz das Fuder angesichts der Widerstände gegen die Reform des materiellen<br />
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Rechts und des Verfahrensrechts nicht überladen wollte. 2003 war h<strong>in</strong>gegen das<br />
Nachgeben se<strong>in</strong>es Nachfolgers Couchep<strong>in</strong> im Vorfeld des parlamentarischen<br />
Verfahrens enttäuschend. Auch damals gab es e<strong>in</strong>en Vorstoss, die E<strong>in</strong>sitznahme <strong>von</strong><br />
Interessenvertretern <strong>in</strong> der WEKO zu untersagen. Zurzeit gehören der WEKO sieben<br />
unabhängige Mitglieder (Hochschullehrer[<strong>in</strong>nen] der Rechts- und<br />
Wirtschaftswissenschaften) und je e<strong>in</strong> Vertreter des Dachverbands der Wirtschaft<br />
economiesuisse, des Bauernverbandes, des Gewerbeverbandes, des<br />
Gewerkschaftsbundes und der Konsumentenorganisationen an.<br />
[Rz 11] Nach den grossen Reformen der Jahre 1995 und 2003 besteht die Parallelität<br />
<strong>von</strong> materiellem Recht, Verfahrensrecht und <strong>Institut</strong>ionen nicht mehr.<br />
D. Der Weg zum Projekt Bundesverwaltungsgericht<br />
1. Evaluation des KG 2008/2009<br />
[Rz 12] Nach Art 59a KG hat der Bundesrat die Wirksamheit der Massnahmen und des<br />
Vollzugs des Gesetzes zu evaluieren und dem Parlament spätestens fünf Jahre nach<br />
Inkrafttreten Bericht zu erstatten und Vorschläge <strong>für</strong> das weitere Vorgehen zu<br />
unterbreiten. Dazu wurde e<strong>in</strong>e Steuerungsgruppe e<strong>in</strong>gesetzt 17 , die verschiedene<br />
Gutachten e<strong>in</strong>holte. Der Verfasser dieser Zeilen hatte die Ehre, u.a. die Fragen des<br />
<strong>in</strong>stitutionellen Sett<strong>in</strong>g zu untersuchen 18 . Er gab die folgenden<br />
Handlungsempfehlungen ab: (1) Verkle<strong>in</strong>erung auf 5 oder 3 Mitglieder und<br />
<strong>Prof</strong>essionalisierung der Wettbewerbskommission; (2) Ausgestaltung des Präsidiums<br />
als Vollamt; (3) Abschaffung des <strong>Institut</strong>s der Interessenvertreter; (4) Schaffung<br />
geeigneter Rahmenbed<strong>in</strong>gungen zur Gew<strong>in</strong>nung <strong>von</strong> Spitzenkräften <strong>für</strong> die neue<br />
Wettbewerbskommission; (5) Wahl (auch) <strong>von</strong> Ausländern als Mitglieder der<br />
Wettbewerbskommission; (6) öffentliche Ausschreibung der Stellen; (7) Sicherung der<br />
Unabhängigkeit gegenüber der Politik; (8) Strukturierung der Wettbewerbskommission<br />
als e<strong>in</strong>stufige Behörde 19 .<br />
[Rz 13] Die Evaluationsgruppe schlug <strong>in</strong> ihrem Synthesebericht i.W. gestützt auf diesen<br />
Befund vor, die Wettbewerbskommission zu professionalisieren und auf 3–5 Mitglieder<br />
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zu reduzieren. Verbandsvertreter sollten der Kommission nicht mehr angehören 20 . Der<br />
Bericht des Bundesrates über die Evaluation vom 25. März 2009 schloss sich diesen<br />
Folgerungen an 21 .<br />
2. Die dreiköpfige Projektgruppe und die Verbände<br />
[Rz 14] Im April 2009 setzte das EDV e<strong>in</strong>e dreiköpfige Projektgruppe, bestehend aus<br />
dem Leiter der Direktion <strong>für</strong> Wirtschaftspolitik des Staatssekretariats <strong>für</strong> Wirtschaft<br />
(SECO), <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. Aymo Brunetti, dem Genfer <strong>Prof</strong>essor <strong>Dr</strong>. Christian Bovet und dem<br />
Direktor des Sekretariats der Wettbewerbskommission Rafael Corazza e<strong>in</strong>, die zur<br />
Umsetzung der <strong>in</strong> der Evaluation vorgeschlagenen <strong>in</strong>stitutionellen Reformen<br />
Lösungsvarianten erarbeitete 22 . Im August und September 2009 wurden diese<br />
Vorschläge ausgerechnet denjenigen Interessengruppen <strong>in</strong> Anhörungen vorgestellt,<br />
die derzeit E<strong>in</strong>sitz <strong>in</strong> der Wettbewerbskommission haben, sowie weiteren<br />
Organisationen, «die sich besonders aktiv an der politischen Diskussion <strong>in</strong> Fragen des<br />
KG beteiligten» 23 . Damit wurde den Interessenvertretern bereits <strong>in</strong> dieser Vor-<br />
Vernehmlassung die Frage gestellt: Stimmt Ihr Eurer Abschaffung zu? Die verspürten,<br />
wie nicht anders zu erwarten war, wenig Lust auf Suizid, sondern meldeten<br />
«bedeutenden Widerstand» an 24 . Die dreiköpfige Arbeitsgruppe zog daraus die<br />
Konsequenz, dass e<strong>in</strong>e Lösung zu suchen sei, bei der ke<strong>in</strong>e Interessenvertreter im<br />
Entscheidungsgremium sitzen würden. Das sollte mit dem Wettbewerbsgericht<br />
erreicht werden, dem <strong>in</strong> Analogie zu den Handelsgerichten auch praxiserfahrene<br />
Fachrichter angehören sollten. Nun mag man sich, vor allem wenn man bei der<br />
Evaluation aktiv <strong>in</strong>volviert war, die Frage stellen, wie die Arbeitsgruppe auf diese Idee,<br />
die e<strong>in</strong>en radikalen Bruch mit der geltenden Durchsetzungsordnung bedeuten würde,<br />
gekommen ist. Hier hilft e<strong>in</strong> Blick <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Papier des Dachverbandes der Wirtschaft<br />
economiesuisse vom vom 16. März 2009. Dar<strong>in</strong> wird der Gedanke e<strong>in</strong>es<br />
Systemwechsels mit den folgenden Worten lanciert:<br />
«Aus der Sicht der Wirtschaft ist die Etablierung e<strong>in</strong>es Kartellgerichts nach dem Modell<br />
der heute <strong>in</strong> der Schweiz <strong>in</strong> vier Kantonen bestehenden Handelsgerichte zu prüfen.<br />
M<strong>in</strong>destens zwei vollamtlich tätige Kartellrichter würden das Präsidium und das<br />
Vizepräsidium stellen. Nebenamtlich würden acht Fachrichter amten, die ihre Fach- und<br />
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Branchenkenntnisse e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen. Die Zusammensetzung des (Fach-) Richtergremiums<br />
sollte paritätisch aus Interessenvertretern und Unabhängigen bestehen, wobei wie<br />
bisher den Wirtschaftsverbänden ebenso wie den Konsumentenorganisationen und<br />
Gewerkschaften e<strong>in</strong> Vorschlagsrecht zuzugestehen ist.» 25<br />
[Rz 15] Von der E<strong>in</strong>igung auf e<strong>in</strong>en Systemwechsel schienen alle Beteiligten ihren<br />
Nutzen zu haben. Das EVD glaubte e<strong>in</strong>en Weg gefunden zu haben, die ungeliebten<br />
Verbandsvertreter loszuwerden. <strong>Prof</strong>essor Brunetti wies am Tag, an dem die Vorlage<br />
der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, ausdrücklich darauf h<strong>in</strong>, dass die E<strong>in</strong>sitznahme <strong>von</strong><br />
Verbandsvertretern im Gericht ausgeschlossen sei 26 . Das Sekretariat der WEKO sah<br />
sich vor e<strong>in</strong>er rosigen Zukunft. Es sollte nämlich zur neuen Wettbewerbsbehörde<br />
aufgewertet werden. Dass die Wirtschaftsverbände und <strong>in</strong>sbesondere<br />
economiesuisse dem neuen Modell se<strong>in</strong>en Segen erteilten, erstaunt nicht weiter 27 . Am<br />
14. Oktober 2010 verkündete der Dachverband im Anschluss an e<strong>in</strong>e <strong>von</strong> ihm<br />
veranstaltete Tagung vollmundig, es bestehe «Konsens zu den vorgeschlagenen<br />
<strong>in</strong>stitutionellen Veränderungen im Kartellrecht» 28 .<br />
[Rz 16] Im Frühjahr 2010 wurde die Vorlage ausgearbeitet, die am 30. Juni 2010 <strong>in</strong> die<br />
Vernehmlassung g<strong>in</strong>g. Das war die Zeit, als der Verfasser den e<strong>in</strong>gangs genannten<br />
Spitzenbeamten des EVD traf.<br />
3. Das WEKO-Modell wird schlechtgeredet<br />
[Rz 17] Um den Systemwechsel besser verkaufen zu können, fühlte sich der Bundesrat<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Erläuternden Bericht bemüssigt, die <strong>von</strong> der Evaluationsgruppe<br />
vorgeschlagene Reform des heutigen Modells der WEKO, die er noch im Vorjahr<br />
begrüsst hatte, mit der Behauptung schlechtzureden, sie würde mehr Ressourcen<br />
erforderlich machen und e<strong>in</strong>e Verkürzung der Verfahrensdauer verunmöglichen.<br />
Weiter wurde geltend gemacht, dieses Modell wäre aus rechtsstaatlicher Sicht nur dann<br />
akzeptabel, wenn im H<strong>in</strong>blick auf die diskutierte E<strong>in</strong>führung <strong>von</strong> Strafsanktionen <strong>für</strong><br />
natürliche Personen e<strong>in</strong> zweites Verfahren vorgesehen würde, das vor e<strong>in</strong><br />
unabhängiges Gericht führte 29 .<br />
Seite 9 <strong>von</strong> 26
E. Vernehmlassung<br />
1. Das Bundeswettbewerbsgericht stösst auf (fast) e<strong>in</strong>hellige Zustimmung der<br />
Wirtschaft ...<br />
[Rz 18] Die Wirtschaftsverbände begrüssten die Vorlage, an deren Vorbereitung sie<br />
selbst wesentlichen Anteil hatten, stürmisch. E<strong>in</strong> paar Beispiele <strong>von</strong><br />
Vernehmlassungsantworten müssen im Folgenden genügen. Der<br />
Wirtschaftsdachverband economiesuisse lobte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Stellungnahme vom 26.<br />
November 2010 die Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit der Verfahren, der<br />
Rechtssicherheit und des Rechtsschutzes, die mit der E<strong>in</strong>setzung e<strong>in</strong>es<br />
Bundeswettbewerbsgerichts verbunden seien. Die klare Trennung zwischen<br />
untersuchender Behörde und entscheidendem unabhängigem Gericht sei wichtiger als<br />
die Aspekte der Grösse und der «<strong>Prof</strong>essionalisierung» der Behörde. Der Ordnung<br />
halber ist darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass economiesuisse kurze Zeit zuvor, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Papier<br />
vom 16. März 2009, festgestellt hatte, es sei unbestritten, «dass die Rekurs<strong>in</strong>stanz<br />
gegen WEKO-Entscheide, das Bundesverwaltungsgericht, e<strong>in</strong>e richterliche Behörde ist<br />
(wie das Europäische Gericht Erster Instanz), die nach verbreiteter Me<strong>in</strong>ung<br />
genügenden Rechtsschutz bietet» 30 . Der Verband behauptete weiter, mit dem neuen<br />
Modell stehe auch e<strong>in</strong>e Verkürzung der Verfahren <strong>in</strong> Aussicht. Er war sogar bereit, auf<br />
die E<strong>in</strong>sitznahme <strong>in</strong> Bundeswettbewerbsgericht zu verzichten und stellte fest, aus<br />
«historischer Sicht» könne nachvollzogen werden, dass Verbandsangestellte nicht als<br />
Fachrichter amten könnten 31 . Ganz mochte der Dachverband aber nicht auf<br />
E<strong>in</strong>flussnahme verzichten. Er schlug vielmehr vor, es sei bei der Wettbewerbsbehörde<br />
e<strong>in</strong> Beratergremium nach dem Vorbild des österreichischen Rechts e<strong>in</strong>zurichten. 32<br />
[Rz 19] Der Verband der Industrie- und Dienstleistungshold<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> der Schweiz,<br />
SwissHold<strong>in</strong>gs, freute sich, dass «die verfahrensrechtlichen und <strong>in</strong>stitutionellen<br />
Garantien der EMRK» im Schweizer Kartellrecht umgesetzt würden. Für<br />
Interessenvertreter im Bundeswettbewerbsgericht gebe es ke<strong>in</strong>e Legitimation, doch sei<br />
vorstellbar, dass der neuen Wettbewerbsbehörde e<strong>in</strong> Beratungsgremium zur Seite<br />
gestellt wird, <strong>in</strong> dem Lobbyisten E<strong>in</strong>sitz nehmen könnten 33 . Bauenschweiz, die<br />
Dachorganisation der Schweizer Bauwirtschaft, begrüsste die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es<br />
Wettbewerbsgerichts, forderte aber, dass Verbandsvertreter/<strong>in</strong>nen <strong>von</strong> der Tätigkeit als<br />
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Mitglied des Wettbewerbsgerichts ke<strong>in</strong>esfalls ausgeschlossen se<strong>in</strong> dürften. Die<br />
Wettbewerbsbehörde sei <strong>in</strong> das EVD e<strong>in</strong>zugliedern 34 . Die Arbeitsgruppe Schweiz der<br />
deutschen Studienvere<strong>in</strong>igung Kartellrecht bezeichnete die neue Organisation nicht nur<br />
als sachgerecht, sondern sogar als «rechtlich zw<strong>in</strong>gend». Nur mit e<strong>in</strong>er solchen<br />
Neuerung sei den Anforderungen der EMRK Rechnung zu tragen 35 . Andere Anwälte<br />
reklamierten nicht nur, die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Wettbewerbsgerichts sei «erforderlich, um<br />
das Kartellgesetz <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit der EMRK zu br<strong>in</strong>gen». Die Schweiz habe<br />
mit der Schaffung e<strong>in</strong>es unabhängigen Bundeswettbewerbsgerichts gar die EU<br />
überholt, deren <strong>in</strong>stitutionelle Struktur Art. 6 EMRK nicht gerecht werde 36 .<br />
[Rz 20] Immerh<strong>in</strong> gab es auch Kritik. So sprach sich der Verband der<br />
Markenartikel<strong>in</strong>dustrie Promarca, e<strong>in</strong> Mitglied <strong>von</strong> economiesuisse, <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Beibehaltung des bisherigen Modells aus, verlangte aber e<strong>in</strong>e <strong>Prof</strong>essionalisierung der<br />
WEKO und das Ausscheiden der Interessenvertreter 37 .<br />
2. ... wird aber <strong>von</strong> den politischen Parteien und wichtigen Me<strong>in</strong>ungsträgern<br />
abgelehnt<br />
[Rz 21] Trotz des erheblichen publizistischen Trommelfeuers lehnten die grossen<br />
politischen Parteien den Systemwechsel h<strong>in</strong>gegen rundweg ab. Die<br />
Christlichdemokratische Volkspartei CVP be<strong>für</strong>chtet e<strong>in</strong>e unnötige Justizialisierung und<br />
sachliche Entfremdung der Entscheidungen und e<strong>in</strong>e Verlängerung der Verfahren 38 .<br />
FPD/Die Liberalen teilt die zuletzt genannte Auffassung und nennt als Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e starke Wettbewerbsbehörde «vor allem ausreichenden ökonomischen<br />
Sachverstand <strong>in</strong>nerhalb des <strong>für</strong> die Sanktion zuständigen Gremiums» 39 . Die<br />
Sozialdemokratische Partei SP erachtet es zur Stärkung des Wettbewerbs als «richtig<br />
und wichtig, dass die Wettbewerbskommission wie bisher sowohl strategische als auch<br />
rechtsanwendende Funktionen kohärent wahrnehmen kann» 40 . Auch die<br />
Schweizerische Volkspartei SVP verwirft die «vorschnell wirkende E<strong>in</strong>setzung e<strong>in</strong>er<br />
neuen staatlichen Untersuchungsbehörde und e<strong>in</strong>es neuen<br />
Bundeswettbewerbsgerichtes» 41 .<br />
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[Rz 22] Der Schweizerische Gewerkschaftsbund bezeichnete e<strong>in</strong>e Revision des<br />
Kartellgesetzes <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Vernehmlassungsantwort vom 15. November 2010 als nicht<br />
notwendig. Die E<strong>in</strong>setzung e<strong>in</strong>es Bundeswettbewerbsgerichts würde die<br />
Wettbewerbspolitik im Bereich harter Kartelle schwächen. Es sei ke<strong>in</strong> Wunder, dass<br />
Kartellanwälte die geplante Neuerung begrüssten. An der E<strong>in</strong>sitznahme <strong>von</strong><br />
Verbandsvertretern <strong>in</strong> der WEKO will der SGB mit der (fragwürdigen) Begründung<br />
festhalten, die sogenannten unabhängigen Sachverständigen müssten häufiger <strong>in</strong> den<br />
Ausstand treten. Verbandsvertreter brächten grosses praktisches Wissen e<strong>in</strong> 42 .<br />
[Rz 23] Am 8. November 2010 meldete der Präsident der WEKO, <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. V<strong>in</strong>cent<br />
Martenet, Bedenken gegen die Schaffung e<strong>in</strong>es Wettbewerbsgerichts an 43 . In der NZZ<br />
vom 16. November 2010 äusserten sich die drei letzten Präsidenten der<br />
Wettbewerbskommission bzw. der früheren Kartellkommission, die <strong>Prof</strong>essoren <strong>Dr</strong>.<br />
Pierre Tercier, <strong>Dr</strong>. Roland <strong>von</strong> Büren und <strong>Dr</strong>. Walter Stoffel, ablehnend gegenüber der<br />
Schaffung e<strong>in</strong>es Bundeswettbewerbsgerichts. Kritisiert wurde, dass der neuen<br />
Wettbewerbsbehörde aufgrund ihrer Rückführung <strong>in</strong> die Verwaltung die erforderliche<br />
Unabhängigkeit fehlen und dass die Effizienz der Rechtsdurchsetzung leiden<br />
werde, da das Bundeswettbewerbsgericht nur auf Antrag der (geschwächten)<br />
Wettbewerbskommission aktiv werden könne und sich das Verfahren komplizieren<br />
werde 44 .<br />
F. Das Projekt Bundeswettbewerbsgericht ist unausgegoren<br />
1. Unüberzeugendes Rechtsstaatlichkeitsargument<br />
[Rz 24] Dass der Systemwechsel durch Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK verlangt wird, trifft<br />
nicht zu. Gemäss dieser Vorschrift hat jede Person e<strong>in</strong> Recht darauf, «dass über<br />
Streitigkeiten <strong>in</strong> Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder<br />
über e<strong>in</strong>e gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em unabhängigen und<br />
unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em fairen Verfahren, öffentlich<br />
und <strong>in</strong>nerhalb angemessener Frist verhandelt wird». Das Bundesverwaltungsgericht hat<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Urteil vom 24. Februar 2010 i.S. Swisscom gegen WEKO<br />
(Term<strong>in</strong>ierungspreise im Mobilfunk) das geltende Modell der Rechtsdurchsetzung<br />
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ausdrücklich als mit Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK vere<strong>in</strong>bar bezeichnet. Unternehmen<br />
haben danach ke<strong>in</strong>en Anspruch darauf, dass e<strong>in</strong>e Bussgeldentscheidung bereits<br />
erst<strong>in</strong>stanzlich <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em Gericht i.S. dieser Vorschrift beurteilt wird. Es reicht vielmehr<br />
aus, dass die Sanktion durch e<strong>in</strong>e gerichtliche Instanz mit voller Kognition überprüft<br />
werden kann, wobei die vom Bundesverwaltungsgericht ausgeübte Kognition den<br />
Anforderungen <strong>von</strong> Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK entspricht 45 . Das Bundesgericht hat diese<br />
Feststellungen nicht beanstandet 46 .<br />
[Rz 25] Das Bundesverwaltungsgericht hat auch die tendenziöse Diskussion der Frage,<br />
ob der Mangel der angeblich fehlenden organisatorisch-funktionellen Unabhängigkeit<br />
der WEKO «geheilt» werden kann 47 , zurückgewiesen: «Ist, wie hier, im <strong>in</strong>nerstaatlichen<br />
Verhältnis nach der EMRK Rechtsschutz durch e<strong>in</strong> unabhängiges Gericht nur<br />
m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal zu gewährleisten [....], dann wäre es verfehlt, die den Anforderungen<br />
an e<strong>in</strong> Gericht im S<strong>in</strong>ne <strong>von</strong> Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entsprechende Entscheidbehörde<br />
letztlich als ‹mangelhaft› verfasst h<strong>in</strong>zustellen, was sie ja wohl kaum se<strong>in</strong> kann, wenn<br />
deren Struktur <strong>in</strong>nerstaatlich durch die Gesetzgebung positivrechtlich so vorgesehen ist<br />
und sich diese <strong>in</strong>nerstaatliche Verfahrensordnung selbst nicht als EMRK-widrig<br />
erweist.» 48<br />
2. Fehlende wissenschaftliche Fundierung<br />
[Rz 26] Das Modell <strong>von</strong> Wettbewerbsbehörde und Bundeswettbewerbsgericht ist ohne<br />
jede wissenschaftliche Grundlage lanciert worden. Die breit abgestützte Evaluation<br />
liefert <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en solchen Schluss nicht den ger<strong>in</strong>gsten Anhaltspunkt. E<strong>in</strong><br />
Expertenbericht wurde nicht erstellt. Die Behauptung, der Systemwechsel sei aus<br />
Gründen der Rechtsstaatlichkeit, der Effizienz des Ressourcene<strong>in</strong>satzes und der<br />
Verfahrensbeschleunigung geboten, ist unbelegt. Das Fehlen e<strong>in</strong>er wissenschaftlichen<br />
Fundierung sticht auch deshalb <strong>in</strong>s Auge, weil die Bundesverwaltung <strong>für</strong> den zweiten<br />
Teil der Revision, die Umsetzung der Motion Schweiger betreffend die Sanktionierung<br />
natürlicher Personen/Unternehmen, richtigerweise e<strong>in</strong>e Rechtsgutachten der<br />
<strong>Prof</strong>essoren <strong>Dr</strong>. Günter He<strong>in</strong>e <strong>von</strong> der Universität Bern und <strong>Dr</strong>. Robert Roth <strong>von</strong> der<br />
Universität Genf e<strong>in</strong>geholt hat 49 .<br />
Seite 13 <strong>von</strong> 26
[Rz 27] Das Kartellrecht ist e<strong>in</strong>es der am stärksten globalisierten Rechtsgebiete. In EU<br />
und EWR nimmt es e<strong>in</strong>e zentrale Stellung e<strong>in</strong>. Der Rechtsvergleichung kommt deshalb<br />
e<strong>in</strong>e noch wichtigere Bedeutung zu als im übrigen Wirtschaftsrecht. Die Evaluation hat<br />
rechtsvergleichend gearbeitet 50 . Auch der 2. Teil des Erläuternden Berichts zur Motion<br />
Schweiger enthält vergleichende Ausführungen 51 . Der Vorschlag e<strong>in</strong>es Systemwechsels<br />
bei der Rechtsdurchsetzung kommt h<strong>in</strong>gegen ohne rechtsvergleichende<br />
Erörterungen aus. Es wird mit ke<strong>in</strong>em Wort erwähnt, dass das neue Modell jedenfalls<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Grundzügen dem amerikanischen entspricht. Die Voraussetzungen <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en<br />
«legal transplant» s<strong>in</strong>d freilich nicht e<strong>in</strong>mal ansatzweise gegeben. Dazu bedürfte es<br />
e<strong>in</strong>er Analyse der (auch kulturellen) Rahmenbed<strong>in</strong>gungen der<br />
Kartellrechtsdurchsetzung <strong>in</strong> den USA e<strong>in</strong>erseits und <strong>in</strong> der Schweiz andererseits. Zu<br />
thematisieren wäre neben dem Fehlen <strong>von</strong> Strafsanktionen <strong>für</strong> Individuen <strong>in</strong> der<br />
Schweiz v.a. die Dom<strong>in</strong>anz der privaten Rechtsdurchsetzung <strong>in</strong> den USA und das<br />
weitgehende Fehlen dieser Möglichkeit <strong>in</strong> der Schweiz. Der Erläuternde Bericht des<br />
Bundesrates weist lediglich darauf h<strong>in</strong>, dass nach Auffassung der <strong>in</strong> der Vor-<br />
Vernehmlassung angehörten Kreise bei e<strong>in</strong>em anderen Anliegen der Revision, der<br />
Stärkung des Kartellzivilrechts, «e<strong>in</strong>e eigentliche ‹Amerikanisierung› im S<strong>in</strong>ne der<br />
E<strong>in</strong>führung des Instruments der Sammelklagen» verh<strong>in</strong>dert werden sollte 52 .<br />
[Rz 28] Von entscheidender Bedeutung s<strong>in</strong>d sodann die grundlegenden Unterschiede<br />
bezüglich des Status der Richter und ihrer Auswahl. In der Schweiz ist bei<br />
Richterwahlen das Parteibuch wichtig. E<strong>in</strong>e Organisation wie das Stand<strong>in</strong>g Committee<br />
on the Federal Judiciary der American Bar Association, das e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle bei<br />
der Kontrolle der Qualität <strong>von</strong> Richterkandidaten spielt 53 , fehlt. Angesichts der Kle<strong>in</strong>heit<br />
des Landes und der beschränkten Anzahl der Fälle kann auch nicht da<strong>von</strong><br />
ausgegangen werden, dass e<strong>in</strong> Bundeswettbewerbsgericht die Rechtssicherheit <strong>in</strong><br />
gleicher Weise sicherstellen könnte wie die amerikanischen Gerichte. Überdies wird die<br />
geplante Wettbewerbsbehörde, die aus dem bisherigen Sekretariat geschaffen würde,<br />
zu positiv dargestellt. Nach der E<strong>in</strong>schätzung der drei ehemaligen WEKO-Präsidenten<br />
wäre sie schwächer als die gegenwärtige WEKO 54 . Auf jeden Fall wäre die<br />
Wettbewerbsbehörde <strong>von</strong> ihrer Schlagkraft her nicht annähernd mit den<br />
amerikanischen Antitrustbehörden, deren Anfänge auf die Jahre 1890 bzw. 1914<br />
zurückgehen, zu vergleichen.<br />
Seite 14 <strong>von</strong> 26
[Rz 29] Während e<strong>in</strong>e Diskussion des amerikanischen Modells fehlt, wird da und dort<br />
auf das österreichische Kartellrecht h<strong>in</strong>gewiesen, wo die<br />
Bundeswettbewerbsbehörde BWB – wie der weisungsgebundene Kartellanwalt –<br />
lediglich antragsberechtigt ist und das Kartellgericht entscheidet 55 . Ke<strong>in</strong> Wort wird<br />
jedoch darüber verloren, dass Österreich, bei allem Respekt, nicht als e<strong>in</strong> Land mit<br />
e<strong>in</strong>er besonders effizienten Wettbewerbspolitik gilt. Seit 2008 wird <strong>in</strong> der<br />
österreichischen Bundesregierung darüber nachgedacht, die BWB zu e<strong>in</strong>er modernen<br />
«Voll-Wettbewerbsbehörde» nach dem Vorbild der Europäischen Kommission oder des<br />
deutschen Bundeskartellamtes umzugestalten, um e<strong>in</strong>e schlagkräftigere<br />
Wettbewerbskontrolle sicherzustellen. Dazu sollte die BWB mit<br />
Entscheidungsbefugnis ausgestattet werden. Es wird <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
sogar da<strong>von</strong> gesprochen, dass sich Österreich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Aufholprozess bef<strong>in</strong>det 56 . Der<br />
Bundesrat orientiert sich daher an e<strong>in</strong>em Vorbild, das <strong>in</strong> dem betreffenden Land <strong>von</strong><br />
massgeblichen Kräften als Auslaufmodell angesehen wird. Der Rest Europas und der<br />
Welt bleibt ausgeblendet. Dieses ergebnisorientierte und selektive Vorgehen verstösst<br />
gegen Grundregeln der Rechtsvergleichung. Es darf auch nicht übersehen werden,<br />
dass die schwersten Kartellverstösse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em EU-Mitgliedstaat auf europäischer<br />
Ebene aufgegriffen werden.<br />
3. Schwächung der Rechtsdurchsetzung<br />
[Rz 30] Wenn sowohl das geltende (nach der hier vertretenen Auffassung<br />
verbesserungsbedürftige) Modell als auch das geplante System EMRK-konform s<strong>in</strong>d,<br />
so verdient das Modell den Vorzug, welches die Ziele des Gesetzes am besten<br />
umsetzt. Nach se<strong>in</strong>em <strong>Artikel</strong> 1 bezweckt das KG, «volkswirtschaftlich oder sozial<br />
schädliche Auswirkungen <strong>von</strong> Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen zu<br />
verh<strong>in</strong>dern und damit den Wettbewerb im Interesse e<strong>in</strong>er freiheitlichen<br />
marktwirtschaftlichen Ordnung zu fördern». Im Bereich der Kartelle und des<br />
Missbrauchs e<strong>in</strong>er marktbeherrschenden Stellung geht es darum, Verhalten welches<br />
den Wettbewerb erheblich bee<strong>in</strong>trächtigt oder wirksamen Wettbewerb beseitigt, qua<br />
Sanktion vergangener Verstösse und der da<strong>von</strong> ausgehenden Abschreckung zu<br />
verh<strong>in</strong>dern. Es ist bedauerlich dass die <strong>von</strong> Interessenvertretern angekurbelte<br />
Seite 15 <strong>von</strong> 26
Sanktionsdebatte die Tatsache, dass Hard core-Wettbewerbsverstösse alles andere als<br />
Kavaliersdelikte s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong> Stück weit <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergrund treten lässt.<br />
[Rz 31] Wenn es zum geplanten Systemwechsel käme, so wäre e<strong>in</strong>e Schwächung der<br />
Wettbewerbspolitik zu be<strong>für</strong>chten, und zwar aus mehreren Gründen:<br />
(i) Der Schweizerische Gewerkschaftsbund weist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />
Vernehmlassungsantwort auf die jedem Anwalt und jedem Richter bekannte Tatsache<br />
h<strong>in</strong>, dass es vorteilhaft ist, den Gegner <strong>in</strong> die Kläger- bzw. Antragstellerrolle zu<br />
drängen. «Indem künftig das heutige Sekretariat der WEKO vor dem<br />
Bundeswettbewerbsgericht als Kläger<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Sanktion gegen e<strong>in</strong> hartes Kartell<br />
beantragen muss, wird es den Anwälten des Kartells, die vor dem Gericht die<br />
Gegenpartei bilden, gleichgestellt. Gestärkt werden h<strong>in</strong>gegen die Anwälte des Kartells,<br />
die dessen Interessen vertreten.» 57<br />
(ii) E<strong>in</strong>es der zentralen Probleme bei der Durchsetzung des Kartellgesetzes ist die<br />
Frage nach dem Stellenwert der Ökonomie. Wirtschaftskreise und Kartellanwälte<br />
haben recht mit ihrer Forderung, das KG dürfe nicht formaljuristisch angewandt werden.<br />
Ob allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Wettbewerbsgericht e<strong>in</strong>e ökonomisch fundierte Rechtsprechung eher<br />
entwickeln könnte als e<strong>in</strong>e reformierte WEKO, ist zweifelhaft. Dass der Bundesrat<br />
darauf achten will, dass bei dessen Zusammensetzung umfassende<br />
wettbewerbsrechtliche Kenntnisse, unternehmerische Erfahrung und<br />
<strong>in</strong>dustrieökonomisches Wissen angemessen berücksichtigt werden» 58 , ändert daran<br />
nichts.<br />
(iii) Der Bundesrat hat geltend gemacht, e<strong>in</strong> Wettbewerbsgericht trüge dem<br />
besonderen Charakter des Kartellrechts, «nämlich der hohen rechtsfortbildenden<br />
Komponente jedes Urteils» Rechnung 59 . Das ist aber nicht der Punkt. Entscheidend<br />
s<strong>in</strong>d vielmehr die folgenden drei Argumente: (1) Ob e<strong>in</strong> Gericht <strong>in</strong> der Lage wäre,<br />
wettbewerbspolitische Leitplanken auf breiter Ebene zu entwickeln, ist sehr fraglich.<br />
Gerichte können Fälle nicht aufgreifen, sie werden immer nur punktuell tätig. Die neue<br />
Wettbewerbsbehörde hätte weniger Ressourcen und wäre weniger unabhängig als die<br />
bisherige WEKO. Es kann kaum bestritten werden, dass das geltende Modell der<br />
Rechtsdurchsetzung, bei der die WEKO Untersuchungs- und Entscheidungsbefugnis<br />
hat, hier Vorteile aufweist. E<strong>in</strong>e wichtige Aufgabe <strong>von</strong> Wettbewerbsbehörden ist es, sich<br />
über die Jahre e<strong>in</strong>e fundierte Kenntnis der zu überwachenden Märkte zu verschaffen.<br />
Seite 16 <strong>von</strong> 26
(2) Die Tendenz im In- und Ausland geht <strong>in</strong> Richtung Verfahrensabschluss durch<br />
Vergleich («settlement») 60 . Das kann nur e<strong>in</strong>e Behörde erreichen, der notfalls die<br />
Möglichkeit zu entscheiden zu Gebote steht. (3) Darauf, dass e<strong>in</strong><br />
Bundeswettbewerbsgericht angesichts der Grösse des Landes kaum die kritische<br />
Masse an E<strong>in</strong>gängen haben dürfte, die erforderlich ist, um e<strong>in</strong> umfassendes Fallrecht<br />
zu entwickeln und damit Rechtssicherheit zu garantieren, wurde bereits h<strong>in</strong>gewiesen 61 .<br />
(iv) Die Arbeitsgruppe Schweiz der Studienvere<strong>in</strong>igung Kartellrecht hat gefordert, das<br />
Gesetz müsse ausdrücklich vorschreiben, «dass das Bundeswettbewerbsgericht den<br />
Sachverhalt selbständig festzustellen, rechtlich umfassend zu würdigen und se<strong>in</strong><br />
Ermessen eigenständig und umfassend auszuüben» hat 62 . Man darf freilich nicht<br />
übersehen, dass nicht e<strong>in</strong>mal amerikanische Gerichte volle Kognition haben, wenn sie<br />
über Fälle entscheiden, die <strong>von</strong> den Wettbewerbsbehörden vor sie gebracht werden.<br />
Unlängst hat der United States Court of Appeals for the Sixth Circuit die<br />
Rechtsprechung im Fall Realcomp II, Ltd.v Federal Trade Commission unter der<br />
Überschrift «standard of review» folgendermassen zusammengefasst:<br />
«When we review a decision of the Federal Trade Commission, the legal issues<br />
are ‹for the courts to resolve, although even <strong>in</strong> consider<strong>in</strong>g such issues the courts<br />
are to give some deference to the Commission’s <strong>in</strong>formed judgment that a<br />
particular commercial practice is to be condemned as ‹unfair.›› FTC v. Ind. Fed’n<br />
of Dentists, 476 U.S. 447, 454 (1986). The Commission’s f<strong>in</strong>d<strong>in</strong>gs of fact are<br />
conclusive if supported by substantial evidence. Barnett Pontiac-Datsun, Inc. v.<br />
FTC (In re Detroit Auto Dealers Ass’n), 955 F.2d 457, 469 (6th Cir. 1992); see 15<br />
U.S.C. § 45(c). When we review the Commission’s f<strong>in</strong>d<strong>in</strong>gs, we may not ‹make<br />
[our] own appraisal of the testimony, pick<strong>in</strong>g and choos<strong>in</strong>g for [ourselves] among<br />
uncerta<strong>in</strong> and conflict<strong>in</strong>g <strong>in</strong>ferences.› Ind. Fed’n, 476 U.S. at 454 (quot<strong>in</strong>g FTC v.<br />
Algoma Lumber Co., 291 U.S. 67, 73 (1934)). Rather, under the substantialevidence<br />
standard, we uphold the Commission’s f<strong>in</strong>d<strong>in</strong>gs ‹if . . . supported by›<br />
such relevant evidence as a reasonable m<strong>in</strong>d might accept as adequate to<br />
support a conclusion.›› Id. (quot<strong>in</strong>g Universal Camera Corp. v. NLRB, 340 U.S.<br />
474, 477 (1951)); see also In re Detroit Auto Dealers Ass’n, 955 F.2d at 469.» 63<br />
Seite 17 <strong>von</strong> 26
Das wird man auch im H<strong>in</strong>blick auf die folgenden Feststellungen <strong>von</strong> economiesuisse<br />
zur Situation de lege lata bedenken haben: Das Bundesverwaltungsgericht habe «nur<br />
de iure aber nicht de facto volle Kognition, da es ke<strong>in</strong>e Möglichkeit zu e<strong>in</strong>er<br />
umfassenden Beweiserhebung ... (habe) und damit se<strong>in</strong>er Vor<strong>in</strong>stanz WEKO<br />
regelmässig e<strong>in</strong> technisches Ermessen zugesteht und dadurch mangels h<strong>in</strong>reichender<br />
Entscheidungsgrundlagen faktisch nicht <strong>in</strong> der Lage ist, e<strong>in</strong>en reformatorischen<br />
Entscheid zu fällen. Gleiches gilt <strong>für</strong> den ‹Court of First Instance› <strong>in</strong> der EU, dem die<br />
analoge Funktion zukommt.» 64<br />
(v) Weit hergeholt ist das Argument, e<strong>in</strong> Wettbewerbsgericht sei auch deshalb zw<strong>in</strong>gend<br />
erforderlich, weil nur e<strong>in</strong> Gericht Strafsanktionen <strong>für</strong> natürliche Personen aussprechen<br />
könne. Ob der schweizerische Gesetzgeber solche Sanktionen vorsehen wird, ist offen.<br />
Der Bundesrat lehnt sie ab 65 . Wenn es trotzdem zur E<strong>in</strong>führung <strong>von</strong> Strafsanktionen<br />
gegen natürliche Personen kommen sollte, so würden sich ke<strong>in</strong>e besonderen Probleme<br />
stellen 66 .<br />
4. E<strong>in</strong> neuer Sonderfall Schweiz <strong>in</strong> Europa<br />
[Rz 32] Nach Art. 141 Abs. 2 lit. a des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über<br />
die Bundesversammlung erläutert der Bundesrat bei der Begründung und<br />
Kommentierung e<strong>in</strong>es Erlassentwurfs u.a. «die Vere<strong>in</strong>barkeit mit übergeordnetem Recht<br />
und das Verhältnis zum europäischen Recht ....» 67 . Man darf gespannt se<strong>in</strong>, wie die<br />
Regierung angesichts der vorstehend genannten Kritikpunkte die Tatsache erklären will,<br />
dass sie sich vom europäischen Recht offen abzuwenden beabsichtigt. Sowohl die<br />
Totalrevision <strong>von</strong> 1995 als auch die Teilrevision <strong>von</strong> 2003 haben sich am EU-Recht<br />
orientiert 68 . Unter den gegebenen Umständen wäre bei e<strong>in</strong>em Systemwechsel e<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong>ternationaler Reputationsverlust zu be<strong>für</strong>chten.<br />
[Rz 33] Die Vorstellung, man könne mit der E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Wettbewerbsgerichts die<br />
angeblich <strong>in</strong> die gleiche Richtung gehende Diskussion <strong>in</strong> der EU und <strong>in</strong> ihren<br />
Mitgliedstaaten bee<strong>in</strong>flussen, ist nach der hier vertretenen Auffassung realitätsfremd.<br />
Dass solche Überlegungen auch <strong>in</strong> Deutschland da und dort angestellt werden, ändert<br />
nichts. Man muss sich daher die Frage stellen, ob es klug ist, angesichts der<br />
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aufgezeigten Defizienzen e<strong>in</strong>es Systemwechsels e<strong>in</strong>en weiteren Sonderfall Schweiz <strong>in</strong><br />
Europa zu schaffen.<br />
G. Schlussfolgerungen<br />
1. Die gerichtliche Kontrolle der Sanktionspraxis der WEKO funktioniert ^<br />
[Rz 34] Das schweizerische Kartellgesetz ist e<strong>in</strong> junges Gesetz. Die WEKO hat erst<br />
seit 2005 die Kompetenz, Direktsanktionen zu verhängen. Das<br />
Bundesverwaltungsgericht hat se<strong>in</strong>en Betrieb Anfang 2007 aufgenommen 69 . E<strong>in</strong>e<br />
Bussenpraxis besteht <strong>in</strong> der Schweiz erst seit 2006. Zu Exzessen ist es nicht<br />
gekommen. Die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichts im Fall<br />
Swisscom gegen WEKO (Term<strong>in</strong>ierungspreise im Mobilfunk) beweisen, dass das<br />
geltende System gerade im Bereich der Bussen funktioniert 70 .<br />
2. Der Systemwechsel ist abzulehnen<br />
[Rz 35] Der Bundesrat hat den Nachweis, dass e<strong>in</strong> Bundeswettbewerbsgericht e<strong>in</strong>em<br />
verbesserten WEKO-Modell mit voller gerichtlicher Kontrolle überlegen ist, nicht<br />
erbracht. Es sprechen im Gegenteil zahlreiche Gründe da<strong>für</strong>, dass e<strong>in</strong> solcher radikaler<br />
Schritt <strong>in</strong> der Schweiz, die bis vor relativ kurzer Zeit e<strong>in</strong> klassisches Land der Kartelle<br />
war, auf e<strong>in</strong>e Schwächung der Wettbewerbspolitik h<strong>in</strong>ausliefe. Die Vorlage ist<br />
unausgereift und wissenschaftlich unfundiert. Der zeitliche Ablauf lässt erkennen, dass<br />
die Bundesverwaltung den überraschenden Schwenk im Herbst 2009 e<strong>in</strong>zig deshalb<br />
vorgenommen hat, weil sie voreilig glaubte, nur so die Verbandsvertreter aus dem<br />
Entscheidungsgremium verdrängen zu können. E<strong>in</strong>e derart zentrale Weichenstellung<br />
darf aber nicht mittels e<strong>in</strong>es Hüftschusses im Halbdunkeln des<br />
vorparlamentarischen Verfahrens vorgenommen werden.<br />
3. Die WEKO ist zu professionalisieren<br />
[Rz 36] Es führt daher ke<strong>in</strong> Weg daran vorbei, die WEKO, die entsprechend dem<br />
europäischen Modell der Kartellrechtsdurchsetzung sowohl Untersuchungs- wie<br />
Entscheidungskompetenz hat, entsprechend den Vorschlägen der Evaluation zu<br />
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professionalisieren 71 . Das bedeutet erstens, dass das <strong>Institut</strong> der Interessenvertreter<br />
abzuschaffen ist. Das Argument, e<strong>in</strong>e entsprechende Reform sei bereits <strong>in</strong> der<br />
Vernehmlassung zur KG-Revision <strong>von</strong> 2003 abgelehnt worden 72 und habe deshalb<br />
auch heute ke<strong>in</strong>e Chance, ist angesichts des e<strong>in</strong>deutigen Befundes der OECD und der<br />
<strong>in</strong> der Literatur erhobenen Kritik nicht ausreichend. Die OECD ist die <strong>in</strong>ternationale<br />
Organisation, die über die besten komparatistischen Kenntnisse im Wettbewerbsrecht<br />
verfügt. In den acht Jahren, die seit der Reform <strong>von</strong> 2003 vergangen s<strong>in</strong>d, hat sich<br />
sodann das europäische Umfeld mit der Gründung des European Competition<br />
Network ECN, dem alle Wettbewerbsbehörden der EU angehören und an dessen<br />
Sitzungen auch die EFTA-Überwachungsbehörde und die Wettbewerbsämter der<br />
EWR/EFTA-Staaten teilnehmen, enorm verändert. Die Schweizer Arbeitsgruppe der<br />
Studienvere<strong>in</strong>igung Kartellrecht lehnt die E<strong>in</strong>sitznahme <strong>von</strong> Lobbyisten im<br />
Bundeswettbewerbsgericht ab 73 . Man wird anzunehmen haben, dass sich diese<br />
Ablehnung auch auf die WEKO bezieht.<br />
Rz 37] Es fällt auf, dass die Lobbyisten ke<strong>in</strong> zw<strong>in</strong>gendes Sachargument vorzubr<strong>in</strong>gen<br />
haben, das ihren Verbleib <strong>in</strong> der WEKO rechtfertigen würde. In ihrem Papier vom 16.<br />
März 2009 stellte economiesuisse fest, «[d]ie Mitwirkung <strong>von</strong> Vertretern aus der Praxis<br />
... (entspreche) dem wiederholt bestätigten klaren politischen Willen des<br />
Gesetzgebers» 74 . In se<strong>in</strong>er Vernehmlassung vom 26. November 2010 behauptete der<br />
Dachverband ohne jeden Beleg, es «fehle e<strong>in</strong>e Evidenz <strong>für</strong> behauptete Mängel» 75 .<br />
Tatsächlich s<strong>in</strong>d die Mängel offensichtlich. Schon die Bemerkung, die Lobbyisten<br />
würden lediglich <strong>von</strong> ihrem Verband vorgeschlagen, der Bundesrat sei aber bei se<strong>in</strong>er<br />
Wahl frei 76 , hält nicht Stand. Zwar könnte der Bundesrat e<strong>in</strong>en bestimmten Kandidaten<br />
ablehnen, was soweit ersichtlich nie geschehen ist. Die Folge wäre aber nur, dass der<br />
betreffende Verband e<strong>in</strong>en anderen Kandidaten nom<strong>in</strong>ieren würde. Faktisch besitzen<br />
die Verbände also e<strong>in</strong> Ernennungsrecht. Was die Behauptung anbelangt,<br />
Verbandsvertreter würden, wenn e<strong>in</strong>mal ernannt, weisungsunabhängig agieren 77 , so hat<br />
e<strong>in</strong> ehemaliger Mitarbeiter des Sekretariats der WEKO unlängst folgende<br />
Feststellungen gemacht:<br />
«Problematisch an den Interessenvertretern ist, dass sie ihr durchaus<br />
vorhandenes Wissen nur dann e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen, wenn sie glauben, dass dies im<br />
Interesse ihres Verbandes ist. Will der Verband etwas anderes riskieren, streuen<br />
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sie häufig sogar Gift <strong>in</strong> die Diskussion, um die Entscheide <strong>in</strong> ihre Richtung zu<br />
lenken. Interessenvertreter gehören deshalb nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e solche Behörde.» 78<br />
[Rz 38] Aber selbst wenn es so wäre, dass ke<strong>in</strong>e konkreten Weisungen erteilt werden,<br />
so s<strong>in</strong>d Verbandsvertreter strukturell nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Position, <strong>in</strong> voller Unabhängigkeit zu<br />
entscheiden. Die Lobbyisten bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em permanenten Interessenkonflikt.<br />
Dabei spielt die (tatsächliche oder verme<strong>in</strong>tliche) Erwartungshaltung ihres Verbandes<br />
ebenso e<strong>in</strong>e Rolle wie die Tatsache, dass sie <strong>von</strong> diesem remuneriert werden. Nur<br />
schon der Ansche<strong>in</strong> der Befangenheit <strong>von</strong> Mitgliedern der WEKO macht deren<br />
Entscheidungen unter rechtsstaatlichen Pr<strong>in</strong>zipien angreifbar. Überdies besteht die<br />
Gefahr, dass nicht börsenkotierte Unternehmen auf e<strong>in</strong>e Anfrage bei der WEKO oder<br />
sogar auf e<strong>in</strong>en Zusammenschluss verzichten – bzw. sogar bereits verzichtet haben –<br />
aus Furcht, dass Daten <strong>in</strong> die falschen Hände geraten könnten. Dieses Problem wird<br />
sich mit zunehmendem <strong>in</strong>ternationalem Informationsaustausch noch akzentuieren 79 . Ob<br />
jemand befangen ist oder nicht, ist im Übrigen e<strong>in</strong>e Tatsachenfrage, die nicht politisch<br />
entschieden werden kann.<br />
[Rz 39] Zweitens muss die WEKO verkle<strong>in</strong>ert und die Pensen der Mitglieder müssen<br />
erweitert werden 80 .<br />
4. Im Bundesverwaltungsgericht müssen nebenamtliche Fachrichter mit<br />
ökonomischem H<strong>in</strong>tergrund E<strong>in</strong>sitz nehmen<br />
[Rz 40] Natürlich wurde der Widerstand der politischen Parteien <strong>in</strong> Bern zur Kenntnis<br />
genommen. Es gibt deshalb <strong>in</strong> der Bundesverwaltung offenbar neuerd<strong>in</strong>gs<br />
Überlegungen, auf die Schaffung e<strong>in</strong>es Bundeswettbewerbsgerichts zu verzichten und<br />
die Entscheidungskompetenz e<strong>in</strong>er Spezialkammer des Bundesverwaltungsgerichts<br />
zu übertragen. Damit werden die <strong>in</strong> diesem Beitrag vorgetragenen Bedenken freilich<br />
nicht ausgeräumt. Entscheidend ist nicht die gerichtsorganisatorische Zuordnung der<br />
Kartellrichter, sondern die Frage, ob e<strong>in</strong> Gericht erst<strong>in</strong>stanzlich oder – wie bisher – als<br />
Beschwerde<strong>in</strong>stanz urteilt. Das geltende (zu verbessernde) System weist jedenfalls <strong>in</strong><br />
der Schweiz klare Vorzüge auf. Darüber, ob <strong>in</strong> reiferen Kartellrechtssystemen über<br />
e<strong>in</strong>en Wechsel h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em Gerichtssystem nachgedacht werden sollte, ist hier nicht<br />
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zu bef<strong>in</strong>den. Dem berechtigten Anliegen, dass die Rechtsprechung praxisbezogen und<br />
ökonomisch fundiert se<strong>in</strong> soll, ist dadurch Rechnung zu tragen, dass im<br />
Bundesverwaltungsgericht (wie früher <strong>in</strong> der Rekurskommission <strong>für</strong> Wettbewerbsfragen)<br />
nebenamtliche Fachrichter <strong>in</strong>sbesondere mit ökonomischem H<strong>in</strong>tergrund E<strong>in</strong>sitz<br />
nehmen.<br />
Exkurs: Zur Motion Schweiger<br />
[Rz 41] Der aktuelle Versuch, die schweizerische Wettbewerbspolitik vom europäischen<br />
Modell abzukoppeln, hatte e<strong>in</strong> Vorspiel. Am 20. Dezember 2007 reichte Ständerat Rolf<br />
Schweiger e<strong>in</strong>e Motion e<strong>in</strong>, die unter dem Titel «Ausgewogeneres und wirksameres<br />
Sanktionssystem <strong>für</strong> das Schweizer Kartellrecht» den Bundesrat beauftragen wollte, im<br />
Kartellgesetz vorzusehen, dass Unternehmen, welche «e<strong>in</strong> hohen Anforderungen<br />
genügendes Programm zur Beachtung der kartellgesetzlichen Regelungen betreiben»,<br />
unter bestimmten Voraussetzungen mit e<strong>in</strong>er reduzierten beziehungsweise mit ke<strong>in</strong>er<br />
Verwaltungssanktion belegt werden können. Zur Stärkung der Compliance-<br />
Anstrengungen der Unternehmen sollten gleichzeitig Strafsanktionen gegen natürliche<br />
Personen im Fall ihrer aktiven Beteiligung an Kartellabsprachen mit Wettbewerbern<br />
e<strong>in</strong>geführt werden 81 . H<strong>in</strong>tergrund des Vorstosses war offenbar die Busse <strong>von</strong> 144 Mio<br />
Euro (damals 230 Mio CHF) gegen e<strong>in</strong>en Schweizer Aufzugshersteller, welche die<br />
Europäische Kommission wegen Verstössen gegen das Wettbewerbsrecht der<br />
Geme<strong>in</strong>schaft auferlegt hat 82 . In der Schweiz war die e<strong>in</strong>zige halbwegs nennenswerte<br />
Busse <strong>in</strong> Höhe <strong>von</strong> 101'000 Franken <strong>in</strong> der Sache Flughafen Zürich AG (Unique) –<br />
Valet Park<strong>in</strong>g am 18. September 2006 erlassen worden 83 . Der Verfasser hat deshalb<br />
den Vorstoss <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Evaluationsgutachten zu Handen des SECO als Versuch am<br />
untauglichen Objekt bezeichnet 84 .<br />
[Rz 42] Das erste Anliegen der Motion Schweiger wurde vom Parlament <strong>in</strong> der Form<br />
überwiesen, dass nur e<strong>in</strong>e Sanktionsmilderung, nicht aber e<strong>in</strong>e Befreiung vorgesehen<br />
se<strong>in</strong> sollte. Der Bundesrat schlägt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Vorentwurf vom 30. März 2011 vor, dass<br />
angemessene Compliance-Vorkehrungen sanktionsm<strong>in</strong>dernd zu berücksichtigen s<strong>in</strong>d,<br />
wenn sie und ihre Wirksamkeit <strong>von</strong> den Unternehmen h<strong>in</strong>reichend dargetan werden 85 .<br />
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Das entspricht praktisch der bestehenden Rechtslage 86 . Damit ist dieser Teil der<br />
Revision im Grunde genommen unnötig. Die E<strong>in</strong>führung <strong>von</strong> Strafsanktionen <strong>für</strong><br />
natürliche Personen lehnt der Bundesrat unter Berufung auf das Rechtsgutachten der<br />
<strong>Prof</strong>essoren <strong>Dr</strong>. Günter He<strong>in</strong>e <strong>von</strong> der Universität Bern und <strong>Dr</strong>. Robert Roth <strong>von</strong> der<br />
Universität Genf grundsätzlich ab 87 . Die beiden Experten s<strong>in</strong>d zum Schluss gelangt,<br />
dass die E<strong>in</strong>führung <strong>von</strong> Strafsanktionen oder <strong>von</strong> Verwaltungsmassnahmen die<br />
Wirksamkeit der Vorschriften gegen Kartelle verm<strong>in</strong>dern würde 88 . Nach der hier<br />
vertretenen Auffassung ist die Zeit <strong>für</strong> die E<strong>in</strong>führung <strong>von</strong> Strafsanktionen <strong>für</strong> Manager<br />
nicht reif. Man kann sich des E<strong>in</strong>drucks nicht erwehren, dass hier versucht wird, die<br />
Verantwortung <strong>von</strong> den Unternehmen, den Hauptnutzniessern <strong>von</strong> Kartellen, auf<br />
Individuen abzuschieben. Ob die Analogie zum Schuldstrafrecht angemessen ist, ist zu<br />
bezweifeln. Entscheidend muss die Abschöpfung der Kartellrente se<strong>in</strong>.<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Carl</strong> <strong>Baudenbacher</strong>, Präsident des EFTA-Gerichtshofs, Chairman des St.<br />
Gallen International Competition Law Forum ICF.<br />
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Erläuternder Bericht vom 30. Juni 2010 zur Änderung des Bundesgesetzes über Kartelle und andere<br />
Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG), 6 f. (Erläuternder Bericht 1).<br />
Erläuternder Bericht 1, 12.<br />
Erläuternder Bericht 1, 12.<br />
Basler Zeitung vom 8. November 2010.<br />
Erläuternder Bericht 1, 13.<br />
Erläuternder Bericht 1, 12, auch 13.<br />
Vgl. z.B. Douglas G<strong>in</strong>sburg, Compar<strong>in</strong>g Antitrust Enforcement <strong>in</strong> the United States and Europe, Journal of Competition Law and<br />
Economics 1 (3) (2005), 428 f.<br />
SR 251.<br />
Neben Botschafter <strong>Dr</strong>. Mar<strong>in</strong>o Baldi, dem eigentlichen «Vater» des Kartellgesetzes, haben v.a. RA <strong>Dr</strong>. Jürg Borer und RA <strong>Dr</strong>.<br />
Philipp Zurk<strong>in</strong>den bei der Reform mitgewirkt.<br />
Zum KG 1962 anstelle vieler Leo Schürmann, Kommentar zum schweizerischen Kartellgesetz, Zürich 1964.<br />
Die Saldomethode wurde vom Berner Ökonom <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. Hugo Sieber, welcher der Kartellkommission angehörte, erfunden; vgl.<br />
Aktuelle Probleme der schweizerischen Wettbewerbspolitik, WuR 1967, 15–32; ders., Über die Kriterien der volkswirtschaftlichen<br />
und sozialen Schädlichkeit <strong>von</strong> Kartellwirkungen, WuR 1973, 48–76.<br />
BGE 117 Ib 481, Erw. 4 b bb.<br />
Vgl. dazu Walter R. Schluep, Wirkssamer Wettbewerb: Schlüsselbegriff des neuen schweizerischen Wettbewerbsrechts, Bern<br />
1987.<br />
Vgl. Botschaft zu e<strong>in</strong>em Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) vom 23.<br />
November 1994, BBl. 1995 I, 486 ff., 510; <strong>Baudenbacher</strong>, Zur Revision des schweizerischen Kartellgesetzes, AJP 1994, 1367 ff.,<br />
1372; Klaus A. Vallender/Peter Hettich/Jens Lehne, Wirtschaftsfreiheit und begrenzte Staatsverantwortung: Grundzüge des<br />
Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrechts, 4. Auflage, Bern 2006, S. 387, § 13 Rz. 14; Franz Jaeger/Christian<br />
Kaiser, Das Konzept e<strong>in</strong>er wirksamen Wettbewerbsordnung aus ökonomischer Perspektive, illustriert am Fallbeispiel Schweiz, <strong>in</strong>:<br />
<strong>Baudenbacher</strong> (Hrsg.), Internationales und Europäisches Wirtschaftsrecht, St.Gallen 2004, Band 2, 117 ff., 120; <strong>Baudenbacher</strong>,<br />
Was ist vom guten alten Modell der Wettbewerbspolitik übriggeblieben?, <strong>in</strong>: Wettbewerb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em größeren Europa. Referate des<br />
XXXIX. FIW-Symposiums, Köln 2007, Heft 215, 13–32.<br />
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http://www.adm<strong>in</strong>.ch/ch/d/as/2004/1385.pdf, besucht am 10. Juni 2011. Der Verfasser war damals Experte der ständerätlichen<br />
Kommission.<br />
Jahresbericht 2000 der Wettbewerbskommission gemäss Art. 49 Abs. 2 KG, 5.<br />
Mitglieder der sog. Steuerungsgruppe waren <strong>Dr</strong>. Rafael Corazza, Direktor Sekretariat WEKO; <strong>Dr</strong>. Ulf Böge, ehemaliger Präsident<br />
des deutschen Bundeskartellamts und des International Competition Network; <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. Aymo Brunetti, Leiter Direktion <strong>für</strong><br />
Wirtschaftspolitik Staatssekretariat <strong>für</strong> Wirtschaft; <strong>Dr</strong>. Werner Bussmann, Verantwortlicher Gesetzesevaluation und<br />
Föderalismusfragen Bundesamt <strong>für</strong> Justiz; <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. Dorothea Herren, <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Wirtschaftsrecht der Universität Bern und <strong>Prof</strong>.<br />
<strong>Dr</strong>. V<strong>in</strong>cent Martenet, Universität Lausanne/Vizepräsident der WEKO.<br />
<strong>Carl</strong> <strong>Baudenbacher</strong> unter Mitarbeit <strong>von</strong> Simon Planzer, Christian Mayer, Frank Bremer und Philipp Speitler, Gutachten zur<br />
Evaluation bestimmter Aspekte des Schweizerischen Kartellgesetzes: <strong>Institut</strong>ionelles Sett<strong>in</strong>g – Vertikalbeschränkungen –<br />
Individualsanktionen – Private Enforcement, Rechtsgutachten zu Handen des Schweizerischen Staatssekretariats <strong>für</strong> Wirtschaft,<br />
Bern 2009, ‹http://www.seco.adm<strong>in</strong>.ch/dokumentation/publikation/00004/02365/<strong>in</strong>dex.html?lang=de›, besucht am 10. Juni 2011.<br />
<strong>Baudenbacher</strong>, Gutachten 2009, 43 ff.<br />
Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Evaluationsgruppe Kartellgesetz, Evaluation gemäss Art. 59a Kartellgesetz,<br />
Synthesebericht, Bern 2009, 56 ff.<br />
Bericht gestützt auf <strong>Artikel</strong> 59a Kartellgesetz über die Evaluation des Kartellgesetzes und Vorschläge zum weiteren Vorgehen,<br />
vom Bundesrat am 25. März 2009 gutgeheissen, 8 f.<br />
Vgl. Erläuternder Bericht 1, 6 f.<br />
Erläuternder Bericht vom 30. Juni 2010 zur Änderung des Bundesgesetzes über Kartelle und andere<br />
Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG), 6 f. (Erläuternder Bericht 1).<br />
Erläuternder Bericht 1, 9.<br />
unternehmen im wettbewerb evaluation des kartellgesetzes, Studie <strong>von</strong> economiesuisse vom 16. März 2009, 41 f.<br />
Neues Kartellgesetz macht die Wettbewerbsbehörde effizienter, Tagesanzeiger vom 30. Juni 2010.<br />
Vgl. dazu unten, E. 1. und F.<br />
http://www.economiesuisse.ch/de/themen/wb/kartellrecht/seiten/_detail.aspx?artID=webnews_kartellerechtsem<strong>in</strong>ar_20101014,<br />
besucht am 10. Juni 2011.<br />
Erläuternder Bericht 1, 13 f.<br />
unternehmen im wettbewerb evaluation des kartellgesetzes, Studie <strong>von</strong> economiesuisse vom 16. März 2009, 39.<br />
economiesuisse, Vernehmlassung Revision Kartellgesetz vom 26. November 2010, 2 f.<br />
Die Idee war bereits auf dem 16. St. Gallen International Competition Law Forum, das am 23./24. April 2011 stattfand, vertreten<br />
worden. Vgl. <strong>Baudenbacher</strong>, Ed., ICF Vol. 11, Basel 2010, 68 ff. Dezidiert dagegen Bundesverwaltungsrichter Marc Ste<strong>in</strong>er,<br />
a.a.O., 70: «Either you have one concept or you have the other one, but you cannot comb<strong>in</strong>e them…. No lawyer would be ready<br />
to disclose confidential material to someone <strong>in</strong> a decision without the right to vote and be<strong>in</strong>g representative of a lobby.»<br />
Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen; Vernehmlassung <strong>von</strong> SwissHold<strong>in</strong>gs vom 18. November<br />
2010, 2 f.<br />
bauenschweiz, Vernehmlassung über die Revision des Bundesgesetzes über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen<br />
(KG) vom 17. November 2010, 1 f.<br />
Vernehmlassung KG der Arbeitsgruppe Schweiz der Studienvere<strong>in</strong>igung Kartellrecht vom 19. November 2010, 3 f.; vgl. auch den<br />
Beitrag des Kartellanwalts Daniel Emch, Gefährliche Doppelrolle <strong>von</strong> Wettbewerbsbehörden. Plädoyer <strong>für</strong> klarere Trennung <strong>von</strong><br />
politischem Auftritt und richterlichen Kompetenzen, NZZ vom 28. Mai 2010.<br />
Simon Hirsbrunner/Jens Werner, Überholt das schweizerische Kartellgesetz das EU-Vorbild?, <strong>in</strong>: <strong>Jusletter</strong> 20. September 2010.<br />
Revision KG – Stellungnahme Promarca vom 15. November 2010, 2 f.<br />
Vernehmlassung Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen vom 15. November 2010, 2.<br />
Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen, Vernehmlassungsantwort der FDP vom 19. November<br />
2010, 2.<br />
Vernehmlassungsantwort der SP Schweiz zur Revision des Kartellgesetzes vom 7. November 2010, 2.<br />
Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen, Vernehmlassungsantwort der Schweizerischen<br />
Volkspartei (SVP) vom 19. November 2010.<br />
Schweizerischer Gewerkschaftsbund, Vernehmlassungsantwort zur Revision des Kartellgesetzes vom 15. November 2010, 2 f.<br />
Basler Zeitung vom 8. November 2010.<br />
Pierre Tercier/Roland <strong>von</strong> Büren/Walter A. Stoffel: Für e<strong>in</strong>e ernsthafte Durchsetzung des Wettbewerbsrechts, <strong>in</strong>: NZZ vom 16.<br />
November 2010 (Nr. 267), 31.<br />
E. 5.5., 5.5.6; vgl. dazu schon <strong>Baudenbacher</strong>, Gutachten 2009, 32 f.<br />
Urteil des Bundesgerichts 2C_343/2010 und 2C_344/2010 vom 11. April 2011 .<br />
Vgl. unternehmen im wettbewerb evaluation des kartellgesetzes, Studie <strong>von</strong> economiesuisse vom 16. März 2009, 30.<br />
E. 5.6.2.<br />
Zur Motion Schweiger unten, Exkurs.<br />
Vgl. Synthesebericht, 51 ff.; <strong>Baudenbacher</strong>, Gutachten 2009, passim.<br />
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Erläuternder Bericht 2, 10 ff.<br />
Erläuternder Bericht 1, 7.<br />
http://www.americanbar.org/content/dam/aba/migrated/scfedjud/federal_judiciary09.authcheckdam.pdf, besucht am 10. Juni<br />
2011.<br />
Oben, E. 2.<br />
Erläuternder Bericht 1, 7; zur Anlehnung an das österreichische Kartellrecht auch oben, E. 1.<br />
Vgl. die Feststellungen des damaligen Wirtschaftsm<strong>in</strong>isters und heutigen Parlamentsabgeordneten Mart<strong>in</strong> Bartenste<strong>in</strong> (ÖVP) <strong>in</strong><br />
‹http://newsflash.unternehmerweb.at/bartenste<strong>in</strong>-bundeswettbewerbsbehorde-zu-behorde-mit-biss-machen/›.<br />
Schweizerischer Gewerkschaftsbund, Vernehmlassungsantwort zur Revision des Kartellgesetzes <strong>von</strong> 15. November 2010, 2.<br />
Erläuternder Bericht 1, 12.<br />
Erläuternder Bericht 1, 13.<br />
Vgl. z.B. die Ausführungen <strong>von</strong> Tom Rosch, U.S. Federal Trade Commissioner, Theofanis Christoforou, Hauptberater<br />
Wettbewerb im Juristischen Dienst der Europäischen Kommission und RA <strong>Dr</strong>. Patrick Sommer auf dem <strong>von</strong> <strong>Dr</strong>. Sven Norberg<br />
geleitete Panel ‹Settlement as a Remedy – (the) Way to Go› des 18. St. Gallen International Competition Law Forum ICF vom<br />
7./8. April 2011, Publikation <strong>in</strong> der Reihe International Competition Law Forum ICF.<br />
Oben, F. 2.<br />
Vernehmlassung KG der Arbeitsgruppe Schweiz der Studienvere<strong>in</strong>igung Kartellrecht vom 19. November 2010, 5.<br />
‹http://www.ca6.uscourts.gov/op<strong>in</strong>ions.pdf/11a0084p-06.pdf, 9›, besucht am 10. Juni 2011; zum Kontext auch Richard M. Steuer,<br />
Standards of Proof and Judicial Review: A U.S. Perspective, <strong>in</strong>: Barry Hawk (Hrsg.), International Antitrust Law & Policy 2005,<br />
Hunt<strong>in</strong>gton, New York 2006, 143 ff.<br />
economiesuisse, unternehmen im wettbewerb, Papier vom 16. März 2009, 30.<br />
Unten, Exkurs.<br />
Vgl. rechtsvergleichend zur Situation im Vere<strong>in</strong>igten Königreich das Strafurteil des Southwark Crown Court im mar<strong>in</strong>e hose cartel-<br />
Fall, ‹http://www.oft.gov.uk/news-and-updates/press/2008/72-08›, besucht am 10. Juni 2011.<br />
SR 171.10.<br />
Vgl. Botschaft zu e<strong>in</strong>em Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) vom 23.<br />
November 1994, BBl. 1995 I, 486 ff.; Botschaft über die Änderung des Kartellgesetzes vom 7. November 2001, BBl. 2001,<br />
2025 ff. Der Verfasser war bei der Reform <strong>von</strong> 2003 Experte des Ständerats.<br />
http://www.bvger.ch/gericht/geschichte/<strong>in</strong>dex.html?lang=de.<br />
Oben, F. 1.<br />
Dazu oben, D. 1.<br />
Erläuternder Bericht 1, 15.<br />
Vernehmlassung der Arbeitsgruppe Schweiz der Studienvere<strong>in</strong>igung Kartellrecht, 6.<br />
economiesuisse, unternehmen im wettbewerb, Papier vom 16. März 2009, 40.<br />
economiesuisse, Vernehmlassung Revision Kartellgesetz <strong>von</strong> 26. November 2010, 2.<br />
unternehmen im wettbewerb evaluation des kartellgesetzes, 40.<br />
unternehmen im wettbewerb evaluation des kartellgesetzes, 40.<br />
Mart<strong>in</strong> Werner, Ke<strong>in</strong> Geld und ke<strong>in</strong> Personal, NZZ Nr. 102 vom 3. Mai 2011, 26.<br />
<strong>Baudenbacher</strong>, Gutachten 2009, 41 f.<br />
Dazu <strong>Baudenbacher</strong>, Gutachten 2009, 43 ff.<br />
‹http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20073856›, besucht am 10. Juni 2011.<br />
Entscheidung der Kommission C(2007) 512 endg. vom 21. Februar 2007, COMP/E-1/38.823 – PO/Elevators and Escalators.<br />
RPW 2006/4, 625 ff.<br />
Gutachten 2009, 173.<br />
Erläuternder Bericht vom 30. März 2011 zur Änderung des Bundesgesetzes über Kartelle und andere<br />
Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG), Teil 2: Umsetzung der Motion Schweiger (07.3856): Ausgewogeneres und<br />
wirksameres Sanktionssystem <strong>für</strong> das Schweizer Kartellrecht, 28 ff. (Erläuternder Bericht 2).<br />
In se<strong>in</strong>er Antwort auf die Motion Schweiger vom 20. Februar 2008 hat der Bundesrat ausgeführt: «Nach der geltenden<br />
gesetzlichen Regelung können Compliance-Programme (und e<strong>in</strong> damit e<strong>in</strong>hergehendes ger<strong>in</strong>geres Verschulden) im Rahmen der<br />
<strong>Artikel</strong> 3 und 6 der KG-Sanktionsverordnung als sanktionsmildernd, nicht aber als sanktionsausschliessend berücksichtigt<br />
werden.» ‹http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20073856›, besucht am 10. Juni 2011.<br />
Erläuternder Bericht 2, 16 f.<br />
Günter He<strong>in</strong>e/Robert Roth, Rechtsgutachten zur Sanktionierung natürlicher Personen / Unternehmen im Zuge der Schweizer<br />
Kartellrechtsrevision (Stand 13. Oktober 2010, teilweise aktualisiert zum 25. März 2011)<br />
‹http://www.seco.adm<strong>in</strong>.ch/themen/02860/04210/<strong>in</strong>dex.html?lang=de›, besucht am 10. Juni 2011; Erläuternder Bericht Teil 2, 9.<br />
Doma<strong>in</strong>e(s) Wettbewerbsrecht ; Kartellrecht<br />
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juridique(s) :<br />
Catégorie d'article : Beiträge<br />
Paru dans : <strong>Jusletter</strong> 11. Juli 2011<br />
Proposition de<br />
citation :<br />
<strong>Carl</strong> <strong>Baudenbacher</strong>, Kritische Bemerkungen zum geplanten Bundeswettbewerbsgericht, <strong>in</strong> : <strong>Jusletter</strong> 11.<br />
Juli 2011 [Rz]<br />
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