Brüsseler 1x1 für Umweltbewegte - EU-Koordination
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Fraktion behandeln. Günstig ist es, sein Anliegen noch vor der<br />
ersten Lesung einzubringen, da danach einzelne Abgeordnete<br />
keine Änderungsanträge mehr einbringen können. Auch eine<br />
Einflussnahme auf die thematisch spezialisierten Fraktionsmitarbeiter<br />
ist sinnvoll.<br />
Die meisten Parlamentarier haben sich trotz des Zwangs, als<br />
Generalist über viele Themen Bescheid wissen zu müssen, auf<br />
bestimmte Schwerpunkte spezialisiert. Man sollte immer nach<br />
diesen Spezialisten im jeweiligen Themengebiet suchen. Wenn<br />
man solche Abgeordneten <strong>für</strong> seine Sache gewinnen kann, ist<br />
dies eine gute Basis, denn sie werden ihren Standpunkt weitaus<br />
leidenschaftlicher vertreten als andere Abgeordnete.<br />
Ein weiterer lohnender Weg ist, Kontakt mit dem Abgeordneten<br />
des eigenen Wahlkreises oder der eigenen Region aufzunehmen.<br />
Dieser ist in der Regel bemüht, seinen Wählern Gehör<br />
zu schenken, gleich um welches Thema es sich handelt.<br />
Schließlich sollte man gerade beim Parlament bereit sein,<br />
auch Abgeordnete anzusprechen, die nicht ohnehin schon die<br />
eigene Meinung vertreten. Gegen die Stimmen der konservativen<br />
und sozialdemokratischen Fraktionen wird es kaum eine<br />
Mehrheit geben. Auch die Liberalen spielen in der derzeitigen<br />
Legislatur eine wichtige Rolle. Man sollte sich daher gut überlegen,<br />
mit welchen Parlamentariern man seine (Lobby-)Zeit<br />
am besten verbringt.<br />
38<br />
Die <strong>EU</strong>-<strong>Koordination</strong> des DNR verknüpft durch die<br />
Internetseite www.umweltchek-europarl.de die 99<br />
deutschen <strong>EU</strong>-Abgeordeten und die in ihrem Wahlkreis<br />
tätigen Umweltverbände<br />
Eine weitere Möglichkeit, die allen Bürgern und Organisationen<br />
offensteht, ist eine Petition an das Europäische Parlament.<br />
Der Petitionsausschuss prüft die an ihn gerichteten<br />
Beschwerden und entscheidet, was damit geschehen soll. Der<br />
Gegenstand der Petition muss in jedem Fall in den Zuständigkeitsbereich<br />
der Europäischen Union fallen, sich auf den Inhalt<br />
der Unionsverträge und das Unionsrecht beziehen oder einen<br />
Bezug zu einer <strong>EU</strong>-Institution haben. Die Bürger können in<br />
einer Petition sowohl Anliegen von allgemeinem Interesse als<br />
auch Einzelbeschwerden an das Parlament richten. Wenn einer<br />
Petition nach der Prüfung durch den Petitionsausschuss stattgegeben<br />
wird, wendet sich der Ausschuss an die Europäische<br />
Kommission, die die Einhaltung des Unionsrechts überwacht.<br />
Sie kann als „Hüterin der Verträge“ z. B. eine nationale Behörde<br />
wegen eines Verstoßes gegen Unionsrecht vor dem Gerichtshof<br />
der <strong>EU</strong> verklagen.<br />
Petitionen müssen Namen, Staatsangehörigkeit, Beruf und<br />
Wohnsitz enthalten, in einer der Amtssprachen der <strong>EU</strong> deutlich<br />
und leserlich geschrieben sowie unterzeichnet sein. Das<br />
Anliegen der Petition muss begründet sein und gegebenenfalls<br />
dokumentiert werden. Es kann sowohl über das Internet<br />
(www.europarl.europa.eu – Das Parlament – Petitionen) als<br />
auch postalisch an den Petitionsausschuss des Parlaments gesendet<br />
werden.<br />
Beim Ministerrat<br />
Trotz aller Reformen in den letzten Jahren ist der Rat nach wie<br />
vor das mächtigste Legislativgremium in der <strong>EU</strong>. Ihm muss<br />
daher bei der Lobbyarbeit besonderes Augenmerk geschenkt<br />
werden. Da der Rat aus den jeweils zuständigen Ministern der<br />
Mitgliedstaaten besteht, findet die Lobbyarbeit beim Rat nicht<br />
unbedingt in Brüssel statt, sondern in den Hauptstädten der<br />
Mitgliedstaaten.<br />
Die Ministerialbürokratien beginnen sich in der Regel bereits<br />
mit einem Thema zu befassen, lange bevor die erste Lesung<br />
im Rat naht. Es ist daher sinnvoll, sich rechtzeitig nach den<br />
zuständigen Personen in den Ministerien umzuschauen und<br />
das Gespräch mit ihnen zu suchen. Auch wenn das Dossier im<br />
Rat selbst vorliegt, sind in den meisten Fällen die Mitarbeiter<br />
des zuständigen Ministers die Hauptansprechpersonen, denn<br />
sie schreiben die Beschlussvorlagen. Wird ein Thema so wichtig,<br />
dass der Minister selbst in die Diskussion eingreift – das ist<br />
besonders in Konfliktfällen mit anderen Ministerien der Fall<br />
– gilt es, ihn zu lobbyieren.<br />
Eventuell kann auch der Umweg über die nationalen Parlamente<br />
sinnvoll sein. So kann etwa der Bundestag eine Resolution<br />
zu einem bestimmten Thema verabschieden, die den<br />
Handlungsspielraum des zuständigen Ministers zumindest<br />
politisch (allerdings nicht rechtlich) einschränkt – sofern eine<br />
Mehrheit zustande kommt.<br />
Ist die Einflussnahme auf nationaler Ebene erfolgreich, so<br />
hat dies Auswirkungen auf die Verhandlungen der Arbeitsgruppen<br />
des Rates sowie im Ausschuss der Ständigen Vertreter der<br />
Mitgliedstaaten (AStV/COREPER, siehe Kapitel 2.2), der die<br />
Ratsbeschlüsse vorbereitet. Sowohl die Mitglieder der Arbeitsgruppen<br />
als auch die Botschafter in den Ständigen Vertretungen<br />
sind an die Weisungen ihrer Regierung gebunden. Auch diese<br />
Personen können natürlich direkt angesprochen werden. Sie<br />
berichten regelmäßig über solche Kontakte, und vielleicht führt<br />
ihr Bericht ja bei den zuständigen Ministerien daheim zu einem<br />
Meinungsumschwung.<br />
Die Integration von <strong>EU</strong>-Vorgaben in nationales<br />
Recht und die Ausarbeitung von <strong>EU</strong>-Gesetzen und<br />
nationalen Gesetzesinitiativen erfordert die Zusam-<br />
menarbeit unterschiedlicher Akteure, Organisatio-<br />
nen und Institutionen. Einige Organisationen, die<br />
an der Schnittstelle zwischen Berlin und Brüssel die<br />
Umweltgesetzesinitiativen umsetzen und begleiten,<br />
werden im DNR-Themenheft „Ping-Pong Euro-<br />
papolitik“ vorgestellt. www.eu-koordination.de/<br />
PDF/2012-2-pingpong.pdf<br />
Deutscher Naturschutzring – <strong>Brüsseler</strong> <strong>1x1</strong>