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Nachhaltiges Europa Abschlusspublikation - Global Marshall Plan

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<strong>Nachhaltiges</strong> <strong>Europa</strong><br />

24<br />

strategie soll vor allem die informatorischen<br />

Grundlagen zur Erkennung des Zusammenhanges<br />

zwischen Ressourcenverbrauch und Umweltauswirkungen<br />

schaffen. Auf dieser Wissensbasis sind<br />

eventuell Prioritätensetzungen für eine ressourcenbezogene<br />

Abfallpolitik zu erwarten, die von der<br />

bisherigen Leitvorstellung einer Abfallhierarchie<br />

abweicht.<br />

b) Ex-Post Legitimation<br />

Es wäre verfehlt anzunehmen, eine Strategie würde<br />

schrittweise konkretisiert und operationalisiert.<br />

Vielmehr lässt sich beobachten, dass der Rechtsetzungsprozess<br />

und die Strategieprozesse gleichzeitig<br />

nebeneinander her laufen. Allerdings lässt sich<br />

beobachten, wie die neuen Axiome der Strategien<br />

dann in die Begründungszusammenhänge konkreter<br />

Maßnahmen miteinfließen.<br />

So befindet sich die Revision der Abfallrahmenrichtlinie,<br />

dabei auch die kritische Überprüfung des<br />

Abfallbegriffes und der Abfallhierarchie, bereits auf<br />

dem legislativen Fahrplan, bevor die entsprechen-<br />

den thematischen Strategien zum Ressourcenverbrauch<br />

und zum Recycling vorgestellt worden<br />

wären. Versuche, die sogenannte Richtlinie zu<br />

energieverbrauchenden Produkten energie- und<br />

klimaschutzpolitisch zu profilieren, hat die Europäische<br />

Kommission mit dem Hinweis auf die Wider-<br />

sprüche zum ganzheitlichen IPP-Ansatz abgelehnt,<br />

als ob IPP bereits gesetztes Recht wäre. Die Revision<br />

der Abfallver-<br />

bringungsrichtlinie hat insbesondere im Hinblick<br />

auf die bessere Kontrolle von Abfallexporten<br />

in Länder mit niederwertigen Verwertungs- oder<br />

Beseitigungsanlagen regulative Maßnahmen er-<br />

griffen, bevor diese durch die Strategiepapiere<br />

vorbereitet worden wären.<br />

c) Kommunikationsfunktion<br />

Packaging und „Unpackaging“ gehören seit langem<br />

zu den Techniken des europäischen Prozessmanagements.<br />

Einzelmaßnahmen können in einer<br />

Debatte um größere strategische Zusammenhänge<br />

„versteckt“ oder auch besser „verkauft“ werden.<br />

Große strategische Themen sind für die Profilierung<br />

der Leitungsebene oft attraktiver, als die Mü-<br />

hen des täglichen Klein-Klein. In dieser Funktion –<br />

dem Profilierungsfeld für die Leitungsebene – sind<br />

„Strategien“ unschlagbar. Sie sind kommunikativ<br />

besser darstellbar als technische Detailmaßnahmen,<br />

sie erhöhen die Chance die Aufmerksamkeit<br />

der höheren „Hierarchie“ auf sich zu ziehen. Sie<br />

erleichtern die Orientierung für Leitungs-<br />

personal mit horizontalen Funktionen und dienen<br />

damit auch als Steuerungsinstrument nach unten.<br />

d) Pflege kurzfristig wenig durchsetzbarer The-<br />

men<br />

Fazit<br />

Zum strategischen Agenda-Setting der Europäischen<br />

Kommission gehört auch, politisch aktuell<br />

nicht akzeptable oder durchsetzbare Themen ohne<br />

unmittelbaren Handlungsdruck auf der Agenda zu<br />

halten. Hierzu gehört das Feld der ökonomischen<br />

Instrumente, insbesondere der Umweltabgaben<br />

und Steuern, neuerdings auch des Zertifikatehandels.<br />

Die Mitgliedsstaaten reagieren seit Jahrzehnten<br />

reserviert auf diesbezügliche Vorschläge und<br />

Initiativen der Europäischen Kommission. Dennoch<br />

tauchen solche Ideen regelmäßig wieder als Optionen<br />

in den verschiedenen Strategiedokumenten<br />

auf. Es kann dabei nur darum gehen, zu vermeiden,<br />

dass diese Optionen gänzlich von der langfristigen<br />

Agenda verschwinden und somit auch<br />

Momente günstiger Konstellationen (sog. Politikfenster<br />

) verpasst werden.<br />

Insofern ist auch nicht verwunderlich, dass gar<br />

nicht ausformulierte Strategien, wie die europäi-<br />

sche Nachhaltigkeitsstrategie, nun evaluiert und<br />

erneuert werden sollen. Was vordergründig wie eine<br />

Placebo-Aktion aussieht, ist bei genauer Be-<br />

trachtung der Versuch der Umweltakteure in<br />

Kommission und Rat, das Thema Nachhaltigkeit<br />

noch auf der Agenda zu halten. Hierzu gehört auch<br />

die Rhetorik von der „Göteborg-Strategie“, die es<br />

bei genauer Betrachtung noch gar nicht gibt.<br />

Wer überzogene Vorstellungen von Strategie als<br />

rational geplantem Prozess aufgibt und sie als Teil<br />

des Prozessmanagements der Kommission, als Teil<br />

eines Suchprozesses nach neuen Handlungschan-<br />

cen und nach Teil eines Kampfes um die konzeptionelle<br />

Hegemonie begreift, der erkennt den versteckten<br />

Sinn des Strategiebildungschaos auf eu-<br />

ropäischer Ebene. Wer dabei nicht mitspielt, hat<br />

leider schon verloren.

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