07.06 - EU-Koordination
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<strong>EU</strong>-Politik, Recht <br />
<strong>EU</strong>-Ratsgipfel im Juni beriet<br />
über Verfassung und Energie<br />
Weitere Themen: Erweiterung,<br />
Sicherheit, Transparenz<br />
Am 15. und 16. Juni haben sich die<br />
Staats- und Regierungschefs der Europäischen<br />
Union sowie der <strong>EU</strong>- Kommissionspräsident<br />
in Brüssel zum Europäischen<br />
Rat getroffen. Zu den zentralen Themen<br />
der Tagung unter Österreichischer Ratspräsidentschaft<br />
gehörten die Zukunft des<br />
europäischen Verfassungsvertrages, die<br />
Erweiterung der <strong>EU</strong>, Sicherheit und Immigration,<br />
die institutionelle Reform der <strong>EU</strong><br />
und die europäische Energiepolitik.<br />
Verfassungsvertrag: Die Reform<br />
fortsetzen<br />
Nach einer einjährigen „Reflexionsphase“,<br />
auf die sich die Regierungs- und Staatschefs<br />
der <strong>EU</strong> im Anschluss an die negativen<br />
Referenden in Frankreich und den<br />
Niederlanden 2005 geeinigt hatten,<br />
kommt wieder Bewegung in den Verfassungsprozess.<br />
Der Europäische Rat hat<br />
ein "zweigleisiges Vorgehen" beschlossen<br />
und sich auf einen Zeitplan geeinigt: Während<br />
einerseits die bereits bestehenden<br />
Europäischen Verträge bestmöglich genutzt<br />
werden sollen, um konkrete Ergebnisse<br />
zu erzielen, soll andererseits das<br />
Projekt einer Europäischen Verfassung<br />
weiter verfolgt werden. Nach intensiven<br />
nationalstaatlichen Konsultationen will der<br />
Ratsvorsitz dem Europäischen Rat zu<br />
dessen Gipfeltreffen in der ersten Jahreshälfte<br />
2007 einen Bericht über den aktuellen<br />
Stand der Beratungen und Optionen<br />
für mögliche Entwicklungen vorlegen, der<br />
als Basis für weitere Entscheidungen dienen<br />
soll.<br />
Da Deutschland im 1. Halbjahr 2007 die<br />
<strong>EU</strong>-Ratspräsidentschaft innehat, wird das<br />
Thema nach Ansicht von Beobachtern<br />
auch auf nationaler Ebene eine prominente<br />
Position einnehmen, auch wenn<br />
Deutschland den Verfassungsvertrag bereits<br />
ratifiziert hat. Der Verfassungsprozess<br />
soll bis spätestens Ende 2008 abgeschlossen<br />
sein.<br />
Obwohl auf Regierungsebene inzwischen<br />
wieder grundsätzliche Einigkeit über die<br />
Bedeutung eines Europäischen Verfassungsvertrages<br />
herrscht, gibt es sehr unterschiedliche<br />
Vorstellungen über dessen<br />
8 DNR <strong>EU</strong>-Rundschreiben <strong>07.06</strong><br />
Form. 1 Zudem müssten die Inhalte der<br />
Verfassung besser kommuniziert werden,<br />
heißt es, da laut einer Eurobarometer-<br />
Umfrage von 2005 nur knapp die Hälfte<br />
der europäischen Bevölkerung eine europäische<br />
Verfassung befürwortet 2 .<br />
Diskussion über <strong>EU</strong>-Erweiterung<br />
Die Beitrittschancen Rumäniens und Bulgariens<br />
zum 1. Januar 2007 beurteilte der<br />
Rat durchaus positiv. Die Türkei und Kroatien<br />
wurden aufgefordert, ihren innerstaatlichen<br />
Reformprozess zu intensivieren.<br />
Außerdem wurde das Thema der<br />
"Aufnahmefähigkeit der <strong>EU</strong>" für zukünftige<br />
Erweiterungen besprochen. Es sei wichtig,<br />
die politischen, finanziellen und institutionellen<br />
Grenzen der <strong>EU</strong> zu kennen, um das<br />
Tempo zukünftiger Erweiterungen besser<br />
bestimmen zu können. Die Arbeitsfähigkeit<br />
der <strong>EU</strong> müsse sichergestellt sein, um<br />
das Projekt Europa nicht insgesamt zu<br />
gefährden. 3<br />
Die deutsche Regierungschefin Angela<br />
Merkel erklärte, für sie bleibe die Aufnahmefähigkeit<br />
ein wichtiges Thema, doch<br />
stimme sie Kommissionspräsident José<br />
Manuel Barroso zu, dass jeder Staat, der<br />
die Kopenhagener Bedingungen 4 von<br />
1993 erfülle, beitreten könne. Annemie<br />
Neyts, Sprecherin der Fraktion der Liberalen<br />
(ALDE), hingegen sieht die Gründe für<br />
Probleme mit der "Aufnahmefähigkeit der<br />
<strong>EU</strong>" in der Struktur der Institutionen, welche<br />
dringend reformiert werden müssten.<br />
Im Dezember will sich der Europäische<br />
Rat mit der Erweiterung der <strong>EU</strong> weiter<br />
befassen.<br />
Engere Kooperation von Polizei und<br />
Justiz<br />
Zur effektiven Bekämpfung der organisierten<br />
Kriminalität, der Korruption, der illegalen<br />
Einwanderung und des Terrorismus<br />
soll die justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit<br />
in Europa intensiviert werden.<br />
1 www.swp-berlin.org/de/produkte/<br />
swp_aktuell_detail.php?id=5886<br />
2 http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/eb/<br />
eb63/eb63_de.pdf<br />
3 www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_Data/docs/<br />
pressData/de/ec/90120.pdf<br />
4 Um <strong>EU</strong>-Mitglied zu werden, müssen Beitrittskandidaten<br />
die drei "Kopenhagener Kriterien" erfüllen:<br />
- Institutionelle Stabilität,<br />
- funktionierende Marktwirtschaft und<br />
- Aneignung aller europäischen Prinzipien, Werte<br />
und Rechtsvorschriften (aquis communautaire)<br />
www.europa-digital.de/service/abc/<br />
glossarikl.shtml#kopen<br />
Zudem soll die Reaktionsfähigkeit der <strong>EU</strong><br />
in Notfällen, in Krisen und bei Katastrophen<br />
innerhalb und außerhalb der Union<br />
verbessert werden.<br />
Mehr Transparenz, weniger<br />
Verwaltungsaufwand<br />
Um die Arbeit des Ministerrats transparenter<br />
für die Öffentlichkeit zu gestalten,<br />
werden alle Beratungen des Rates im<br />
Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens 5<br />
nunmehr probeweise für die nächsten<br />
sechs Monate öffentlich stattfinden. Weil<br />
besonders kleine und mittlere Unternehmen<br />
über den hohen Verwaltungsaufwand<br />
auf europäischer Ebene klagen, der ihre<br />
Wettbewersfähigkeit beeinträchtige, soll<br />
die Kommission Anfang 2007 Vorschläge<br />
vorlegen, wie dieser reduziert werden<br />
kann.<br />
Energiepolitik: Frühjahrsgipfel 2007<br />
soll Aktionsplan annehmen<br />
Ein weiteres Thema der deutschen Ratspräsidentschaft<br />
wird die <strong>EU</strong>-Energiepolitik,<br />
da Kommission und Rat aufgefordert sind<br />
einen Aktionsplan zu erstellen, der auf der<br />
Frühjahrstagung 2007 angenommen werden<br />
soll. Neben der Förderung Eneuerbarer<br />
Energien stehen besonders externe<br />
Aspekte der Energiesicherheit im Mittelpunkt<br />
der Diskussion. Zur Versorgung der<br />
eigenen Bedürfnisse im globalen Wettbewerb<br />
um knappe Energiequellen ist Europa<br />
auf gute Beziehungen zu seinen Nachbarländern<br />
angewiesen. Deshalb sollen<br />
sowohl der <strong>EU</strong>-Energiebinnenmarkt auf<br />
die angrenzenden Nationen ausgedehnt<br />
als auch die Verhandlungen über das<br />
Transitprotokoll zur Energiecharta zum<br />
Abschluss gebracht und der Energiechartavertrag<br />
6 schnellstmöglich durch alle Unterzeichner<br />
ratifiziert werden. Zudem soll<br />
die Kommission die Inhalte eines zukünftigen<br />
Energieabkommens mit Russland im<br />
Rahmen des Folgeabkommens zum Partnerschafts-<br />
und Kooperationsabkommen 7<br />
erarbeiten. (mf) <br />
• Weitere Informationen<br />
Quelle: www.consilium.europa.eu/<br />
ueDocs/cms_Data/docs/pressData/de/<br />
ec/90120.pdf<br />
5 www.europarl.de/parlament/arbeitsweise/<br />
verfahren_mitentscheidung.html<br />
6 www.europa.eu/scadplus/leg/de/lvb/l27028.htm<br />
7 www.europa.eu/scadplus/leg/de/lvb/r17002.htm