07.06 - EU-Koordination
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Abfall, Produktpolitik <br />
<strong>EU</strong>-Abfallpolitik: Umdefinition<br />
von “Abfall” in “Produkte”?<br />
Debatte zu Kommissionsvorschlag im<br />
Umweltministerrat und im Parlament<br />
Nachdem die <strong>EU</strong>- Kommission im vergangenen<br />
Dezember ihre thematische Strategie<br />
zur Abfallvermeidung 1 und einen Entwurf<br />
zur Revision der Abfallrahmenrichtlinie<br />
2 vorgelegt hatte (<strong>EU</strong>R 02.06, S. 18;<br />
<strong>EU</strong>R 05.06, S. 13), müssen sich derzeit<br />
Rat (Umweltministerrat am 27. Juni) und<br />
Parlament damit auseinandersetzen.<br />
Die Berichterstatterin des Europäischen<br />
Parlaments Caroline Jackson (Konservative,<br />
England) kritisierte auf einer Konferenz<br />
Anfang Juni, dass der Kommissionsvorschlag<br />
nicht die erforderlichen Definitionen,<br />
beispielsweise des Lebenszyklus-<br />
Ansatzes, liefere. Jackson soll Ende Juni<br />
ihre Position im Umweltausschuss des Europäischen<br />
Parlaments darlegen. Die Berichterstatterin<br />
will sich auch gegen die<br />
Verschiebung der Entscheidungen bei<br />
technischen Fragen ins Komitologieverfahren<br />
- statt Mitentscheidung durch das<br />
Parlament - einsetzen. So habe das Parlament<br />
bei der Frage, ab wann Abfälle<br />
Produkte werden, demokratisch mitzubestimmen.<br />
Eine weitere Schwierigkeit bestehe<br />
in der Frage, ob Abfalls als Ressource<br />
oder als Rohmaterial definiert<br />
werden sollte.<br />
Umweltverbände: Rat und Parlament<br />
sollen Verschlechterung verhindern<br />
Das Europäische Umweltbüro (EEB) und<br />
Friends of the Earth haben Rat und Parlament<br />
aufgefordert, eine Abschwächung<br />
der <strong>EU</strong>-Abfallpolitik zu verhindern. Sie setzen<br />
sich dafür ein, dass<br />
- die Abfallhierarchie (Vermeidung - Wiederverwertung<br />
- Recycling - energetische<br />
Verwertung - Deponierung) mit klaren<br />
Definitionen und Differenzierungen<br />
erhalten bleibt; der neue Lebenszyklus-<br />
Ansatz könne nur unterstützend wirken,<br />
nicht aber als Ersatz dienen;<br />
- ein ambitionierter kommissionsgeführter<br />
Prozess zur Abfallvermeidung mit klaren<br />
Zielvorgaben und Unterstützung der<br />
Umsetzung in den Mitgliedstaaten gestartet<br />
wird;<br />
- Abfälle nicht mehr durch Verbrennung<br />
und Deponierung beseitigt, sondern so<br />
1 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/com/<br />
2005/com2005_0666de01.pdf<br />
2 http://ec.europa.eu/environment/waste/pdf/<br />
directive_waste_de.pdf<br />
weit wie möglich wiederverwertet, recycelt<br />
oder kompostiert werden;<br />
- Müllverbrennungsanlagen so effizient<br />
wie möglich arbeiten müssen, ihre Tätigkeit<br />
aber nicht als „Wiederverwertung“<br />
klassifiziert wird;<br />
- Eine Richtlinie zur Kompostierung von<br />
Abfällen geschaffen wird;<br />
- die Abfallströme innerhalb der <strong>EU</strong> und<br />
die Abfallexporte außerhalb der <strong>EU</strong> minimiert<br />
werden;<br />
- Gesetzeslücken durch eine nicht vorhandene<br />
Definition von Neben- Produkten<br />
verhindert werden;<br />
- gefährliche Abfälle weiterhin besonders<br />
streng geregelt werden.<br />
Dänische Studien belegen mögliche<br />
Umweltschäden bei Reklassifizierung<br />
Schlüsselelemente der von der <strong>EU</strong>- Kommission<br />
vorgeschlagenen Revision der <strong>EU</strong>-<br />
Abfallrahmenrichtlinie könnten laut dem<br />
dänischen Themenzentrum für Abfall und<br />
Ressourcen negative Umweltfolgen haben.<br />
Zwei von dem Zentrum vorgelegte Studien<br />
stellen bei bestimmten Abfallströmen den<br />
Ansatz des <strong>EU</strong>- Kommissionsvorschlags in<br />
Frage, neue Kriterien zu definieren, ab<br />
wann Abfälle „Produkte” und nicht mehr<br />
„Abfälle” sind („end-of-waste”). So würden<br />
einige Mitgliedstaaten z. B. gern Altöl<br />
in der Verbrennung nutzen.<br />
Die erste Studie untersucht ökonomische<br />
und ökologische Einflüsse der Reklassifikation<br />
von Abfallströmen (Kompost, Bauschutt,<br />
Metallschrott, Papier, Flugasche<br />
und Schlacke) als Produkt. In der Studie<br />
heißt es, dass die sofortigen sozio- ökonomischen<br />
Auswirkungen für Regierung,<br />
Industrie und Zivilgesellschaft vernachlässigbar<br />
seien, da die Stoffe als Produkte<br />
den Handelsregeln unterlägen. Der Einfluss<br />
auf die dänische Umwelt hänge hingegen<br />
davon ab, ob neue <strong>EU</strong>- Standards<br />
bei der Reklassifikation von Abfall zu Produkten<br />
niedriger als die existierenden dänischen<br />
Standards für die Wiederverwertung<br />
von Müll seien. Wenn dies so wäre,<br />
könnte der dänische Markt mit Produkten<br />
niedriger Qualität „überflutet” werden.<br />
Darüber hinaus, so die Studie, würde die<br />
Anwendung des Komitologieverfahrens<br />
bei der Definition von (Ex-Abfall-) Produkten<br />
eine Beteiligung und ein Vetorecht<br />
einzelner Mitgliedstaaten verhindern. Außerdem<br />
könne die Abfall- Reklassifikation<br />
dazu führen, dass umweltschädliche Produkte<br />
auf den dänischen Markt gelangten,<br />
ohne dass die Behörden davon Kenntnis<br />
bekämen.<br />
Grundsätzlich hinterfragt die Studie die<br />
Einführung von (Ex-Abfall- )Produkt- Kriterien,<br />
da dadurch in der <strong>EU</strong> kaum die Recyclingpolitik<br />
vorangetrieben werden dürfte.<br />
Sie führt an, dass kleine Länder wie<br />
Dänemark unter der jetzt gültigen Abfallgesetzgebung<br />
hohe Recyclingraten erreicht<br />
hätten.<br />
Die zweite Studie untersucht die von der<br />
<strong>EU</strong>-Kommission angeführte Begründung<br />
für die Empfehlung an die Mitgliedstaaten<br />
Altölverbrennung zuzulassen, nämlich<br />
dass dies die Sammlung von Altöl befördere.<br />
Diese Begründung treffe für Dänemark<br />
nicht zu - auch ohne eine solche<br />
Regelung habe die politische Förderung<br />
von Altölwiederaufbereitung seit 2001 dazu<br />
geführt, dass die Sammelquote von 75<br />
auf 90 Prozent angestiegen sei. Im Gegenteil<br />
ist laut der Studie zu befürchten,<br />
dass eine Veränderung der Prioritäten in<br />
Richtung Verbrennung dazu führt, die<br />
größtenteils privatwirtschaftlich finanzierte<br />
Altölsammlung zu be- oder verhindern<br />
und dadurch die Sammelergebnisse zu<br />
verschlechtern bzw. das Angewiesensein<br />
auf staatliche Subventionen zu vergrößern.<br />
Voraussichtlich im Oktober und November<br />
wird sich das Europäische Parlament mit<br />
den <strong>EU</strong>-Kommissionsvorschlägen befassen.<br />
(jg) <br />
• Weitere Informationen<br />
Europäisches Umweltbüro (EEB), Melissa<br />
Shinn, Abfallexpertin, Bvd de Waterloo,<br />
34, B-1000 Brüssel<br />
Tel. 0032 2 / 2891-308, Fax -099<br />
eMail: melissa.shinn@eeb.org<br />
www.eeb.org/activities/waste<br />
Friends of the Earth - briefing paper:<br />
www.foeeurope.org/publications/2006/<br />
Waste_Briefing_May2006.pdf (87 kB)<br />
Dänische Studien<br />
- zur Reklassifikation von Abfall:<br />
www.endseuropedaily.com/60606a.pdf<br />
- zu Altöl:<br />
www.endseuropedaily.com/60606b.pdf<br />
Quellen: Environment Daily 06.06.06,<br />
08.06.06;<br />
www.euractiv.com/de/umwelt 14.06.06<br />
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