ROLLSTUHL-Kurier - Escales-Verlag
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Rollstuhl-<strong>Kurier</strong><br />
Rollstuhl-<strong>Kurier</strong><br />
Heft Nr. 3-2008 . Juni / Juli 2008 . 3,80 €<br />
DAS MAGAZIN FÜR <strong>ROLLSTUHL</strong>FAHRER & GEHBEHINDERTE<br />
TEST: Urlaub für Rollstuhlfahrer:<br />
Hotel “Mar y Sol” auf Teneriffa<br />
Kite-Surfen für Rollstuhlfahrer<br />
erschienen in der Zeitschrift “<strong>ROLLSTUHL</strong>-<strong>Kurier</strong>”<br />
Heft Nr. 3/2008, Juni 2008<br />
FMG <strong>Verlag</strong>, Postfach 2154, D 40644 Meerbusch<br />
Postvertriebsstück, Entgelt bezahlt, G 8153<br />
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Texte und Fotos aus diesem Heft sind urheberrechtlich geschützt;<br />
Nachdrucke, Abschriften oder Vervielfältigungen dürfen, auch auszugsweise,<br />
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Der Ausdruck und die Verwendung dieses Artikels<br />
für den privaten Gebrauch ist gestattet.
Kite-Surfen für<br />
Rollstuhlfahrer<br />
Aus einer fixen Idee wurde ein bundesweit beachtetes<br />
Projekt: Auf der Nordseeinsel Föhr lernen Querschnittgelähmte<br />
das Kite-Surfen.<br />
Niklas Lanquetin hatte bis 2001 als Windsurflehrer auf<br />
der Nordseeinsel Föhr gearbeitet. Im Januar 2002<br />
ereilte ihn das Schicksal - ein schwerer Unfall beim<br />
Snowboarden, Diagnose Querschnittlähmung. Von nun<br />
an war er vom elften Brustwirbel an abwärts gelähmt.<br />
Von nun an musste der 26jährige Snowboarder,<br />
Skifahrer und Windsurfer mit dem Leben im Rollstuhl<br />
klarkommen. Die Welt des Wassersports schien für<br />
Niklas Lanquetin für immer vorbei zu sein.<br />
Doch er hat gute Freunde, die sich mir dem Gedanken<br />
befassten, ihn wieder zum Kite-Surfen zu bringen. "Wir<br />
kriegen ihn wieder aufs Wasser - das haben wir uns<br />
damals versprochen, das war unser Auftrag", erinnert<br />
sich Dirk Hückstädt an den Moment, in dem er seinen<br />
ehemaligen Surflehrer wieder traf - im Rollstuhl. Wenn<br />
der 36jährige Leiter des Nieblumer Wassersportcenters<br />
heute an diesen Moment denkt, schüttelt er den Kopf.<br />
"Nik war klar, dass er nie wieder windsurfen würde. Aber<br />
Kite-Sufen? Das müsste gehen - Kite-Surfen im Sitzen.<br />
So fing das an."<br />
Ein Plan und gute Freunde: Hückstädt hatte einen<br />
Plan. Und er hatte Freunde, um ihn umzusetzen. Zum<br />
Beispiel Björn Hansen, ein Tüftler und Kite-Surfer. Ein<br />
Metallrohrsitz auf ein Board, eine mit Schaumstoff<br />
umwickelte Brücke, die die gefühllosen Füße auf dem<br />
Brett hält, ein Beckengurt. "Die ersten Stunden im<br />
Wasser waren eine Tortur - für Muskeln und Moral. Frust<br />
pur", erinnert sich Lanquetin heute an die ersten<br />
frustrierenden Tage - und davon gab viele. Immer wieder<br />
musste er sich zu neuen Versuchen überreden lassen,<br />
bis plötzlich doch alles passte, die Balance und der Zug<br />
des Kiteschirms. "Das war, als ginge eine Tür wieder<br />
auf", sagt der 26jährige heute. Und auch für Dirk<br />
Hückstädt, Björn Hansen und Dennis Berges öffnete<br />
sich in diesem Moment eine Tür. Denn als Niklas<br />
Lanquetin immer sicherer auf dem Wasser wurde und<br />
das Team von RollnFly immer mehr Zuspruch bekam,<br />
entwickelte sich daraus eine neue Idee. "Nik war sicher,<br />
dass er uns im nächsten Sommer neue Kandidaten<br />
mitbringen würde. Und wir waren selbst ein bisschen<br />
überrascht, dass offenbar niemand in Deutschland (in<br />
Europa?) etwas Vergleichbares anbietet - Kitesurfen für<br />
Rollstuhlfahrer. Also haben wir unser Projekt professionalisiert:<br />
ein gut motorisiertes Boot, ein Steg aus<br />
Bohlen, der den Rollstuhlfahrern den Weg über den<br />
Strand zum Wasser möglich macht, Kites und Kite-<br />
Boards mit entsprechenden Sitzen", erzählt Hückstädt.<br />
Kite-Surfen für Alle: Die Voraussetzungen für den<br />
ersten Workshop, bei dem Rollifahrer das Kiten lernen,<br />
waren da, und die Bedingungen auf Föhr sind optimal.<br />
Ein Gezeitenrevier, das heißt, das Wasser kommt und<br />
- 7 - Rollstuhl-<strong>Kurier</strong> 3/2008
KITE-SURFEN FÜR <strong>ROLLSTUHL</strong>FAHRER<br />
geht im Zwölf-Stunden-Rhythmus. Nahe am Strand ist<br />
das Wasser gerade einen halben Meter tief. Die<br />
Schwimmweste gibt Auftrieb, die geringe Wassertiefe<br />
und die Betreuung durch die Trainer die nötige<br />
Selbstsicherheit, sich auf das Neue einzulassen, was<br />
das Team den gehandicapten Sportlern vermitteln will.<br />
Das Pilotprojekt, der erste Workshop, fand im<br />
Sommer 2007 statt. Sechs Sportler aus Deutschland<br />
und der Schweiz, sieben Tage, ein volles Programm aus<br />
Theorie und Praxis. Wind, Strömung, Bewegungsabläufe,<br />
Manöver und - groß geschrieben - Sicherheit. Die<br />
ersten praktischen Versuche absolvierten die angehenden<br />
Kite-Surfer in Strand-Buggys. Die ziehen im trocken<br />
gefallenen Wattenmeer da ihre Spuren, wo Stunden<br />
zuvor noch das Wasser war.<br />
Die ersten Versuche im Wasser. "Zum Steuern des<br />
Rollstuhl-<strong>Kurier</strong> 3/2008<br />
Kite-Surfen für Rollstuhlfahrer mit Rollnfly auf der Nordseeinsel Föhr. Bildquelle: Rollnfly<br />
- 8 -<br />
Bretts muss der Kite-Surfer die Längskanten seines<br />
Boards belasten - durch gut dosierte Bewegungen des<br />
Oberkörpers nach rechts und links", erzählt Hansen,<br />
und das hört sich ziemlich simpel an. Bis der<br />
Lenkdrachen in die Luft und in Startposition gebracht ist,<br />
vergehen aber manchmal einigen Minuten. Das ist eine<br />
lange Zeit im nie ganz warmen Nordseewasser, das den<br />
Körper des gelähmten Sportlers über die gefühllosen<br />
Beine auskühlen kann. "Wenn dann zum ersten Mal<br />
richtig Zug in den Leinen ist, dann ist das ein großer<br />
Erfolg", erinnert sich Lanquetin. "Wenn es dann läuft, ist<br />
es ein unglaubliches Erlebnis. Aber bis zum ersten<br />
Gleiten auf dem Board dauert es. Da ist einiges zu<br />
schlucken - Frust und Nordseewasser."<br />
"Wir fragen. Wir wollen wissen, was unsere Teilnehmer<br />
durchmachen. Ich glaube nicht, dass ein Mensch ohne<br />
Handicap nachvollziehen kann, was unsere Leute im
KITE-SURFEN FÜR <strong>ROLLSTUHL</strong>FAHRER<br />
Wasser erleben - physisch und psychisch. Aber wir sind<br />
nah an ihnen dran. Und wir sind Teil ihres Erfolges, wenn<br />
es klappt, wir sind Teil ihrer Begeisterung", sagt Berges.<br />
"Wir sind ein Team - auf Surfboard oder Kiteboard,<br />
stehend oder sitzend."<br />
Das Kitesurfen für Menschen mit Handicap entwickelt<br />
sich weiter - vor allem technisch. "Wir setzen jetzt<br />
Boards mit vergleichsweise wenig Auftrieb ein. Die<br />
Rollstuhl-<strong>Kurier</strong> 3/2008<br />
Bildquelle: www.rollnfly.com<br />
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gehen zwar im Stillstand beim Start auf Grund, aber sie<br />
kippen nicht", sagt Hansen.<br />
Kurse 2008: In diesem Sommer wird es weitergehen.<br />
Auf der Nordseeinsel Föhr werden zwei Kurse angeboten,<br />
vom 12.06. bis 20.06.2008 und vom 11.09. bis<br />
19.09.2008.<br />
Um einen bestmöglichen Service garantieren zu<br />
können, werden pro Kurs nur 4 Sportler (Rollstuhlfahrer)<br />
aufgenommen. Neben einem Mindestmaß an Sportlichkeit<br />
sind auch die Fähigkeit zu schwimmen und 100%<br />
Arm- und Handfunktion Voraussetzung zur Teilnahme<br />
am Kurs. Aus Sicherheitsgründen können keine<br />
Tetraplegiker aufgenommen werden. Der Preis pro<br />
Kursteilnehmer beträgt 1.149,- €.<br />
Im Preis enthalten: Für die Kursdauer stehen für die<br />
Teilnehmer zwei rollstuhlgerechte Ferienwohungen zur<br />
Verfügung (es werden jeweils zwei Teilnehmer in einer<br />
Wohnung untergebracht). Außerdem stehen jedem<br />
Sportler ein handgefertigtes Kiteboard der Firma B-<br />
Boards, ein spezieller Kitesitz der Firma Praschberger,<br />
sowie eine Palette Kites zur Verfügung. Und für das<br />
Trockentraining steht ein auf Handlenkung adaptierter<br />
Kitebuggy an der Schule bereit.<br />
Wer sich für einen der Kurse anmelden möchte, wendet<br />
sich an Björn Hansen von RollnFly. Der Kurs im<br />
September ist als "Girlscamp" vorgesehen, d.h.,<br />
Anmeldungen von Frauen werden bevorzugt. Wenn<br />
nicht genügend Anmeldungen von Frauen vorliegen,<br />
können die restlichen Plätze an Männer vergeben<br />
werden.<br />
Kontakt, Anmeldung:<br />
RollnFly<br />
Björn Hansen<br />
Dörpstrat 66, 25938 Oevenum<br />
Tel. 04681 - 580069<br />
E-Mail: bjoern@rollnfly.com<br />
Internet: www.rollnfly.com<br />
© <strong>Verlag</strong> FMG GmbH, Nordkanalstr. 52, 20097 Hamburg<br />
Tel. 040 - 5480 7877, Fax: 040 - 5480 7937<br />
E-Mail: fmg@fmg-verlag.de<br />
Texte und Fotos aus diesem Heft sind urheberrechtlich geschützt;<br />
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nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des <strong>Verlag</strong>es bzw. des Urhebers erfolgen.<br />
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