Fibro-ossäre Läsionen - Erste-zahnarztmeinung.de
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28<br />
Fortbildung<br />
ZBW 3/2006<br />
Klinik und Poliklinik für MKG-Chirurgie Tübingen<br />
<strong>Fibro</strong>-<strong>ossäre</strong> <strong>Läsionen</strong><br />
Unter <strong>de</strong>m Begriff fibro-össare Läsion (FOL) wer<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>ne<br />
<strong>ossäre</strong> <strong>Läsionen</strong> subsumiert, welchen allen gemeinsam ein Ersatz<br />
von Knochen durch eine bin<strong>de</strong>gewebige Matrix mit unterschiedlichem<br />
intraläsionalem Gehalt an Hartgewebe ist. Zu <strong>de</strong>n FOL zählen zemento-ossifizieren<strong>de</strong><br />
<strong>Fibro</strong>me, zemento-<strong>ossäre</strong> Dysplasien und die fibröse<br />
Dysplasie mit jeweils verschie<strong>de</strong>nen Subtypen. Mit Ausnahme <strong>de</strong>r<br />
fibrösen Dysplasie fin<strong>de</strong>n sich fibro-<strong>ossäre</strong> <strong>Läsionen</strong> bevorzugt im Kiefer-Gesichtsbereich.<br />
Allen gemeinsam ist eine gewisse Symptomarmut<br />
und Gleichförmigkeit in <strong>de</strong>r Symptomatologie.<br />
Die alleinige histologische Untersuchung<br />
ohne Kenntnis <strong>de</strong>r Klinik und<br />
Bildgebung stellt <strong>de</strong>n Pathologen<br />
häufig vor große Schwierigkeiten, so<br />
dass zur Diagnosesicherung die Zusammenschau<br />
aus Anamnese, Klinik,<br />
Röntgendiagnostik und die histologischeAufarbeitung<br />
durch einen erfahrenen<br />
Pathologen erfor<strong>de</strong>rlich sind.<br />
EinegesicherteDiagnoseist entschei<strong>de</strong>nd,<br />
da trotz klinischer und histologischer<br />
Ähnlichkeit <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />
fibro-<strong>ossäre</strong>n <strong>Läsionen</strong> die Therapien<br />
teilweise unterschiedlichsind.<br />
Kasuistik I. Eine 22-jährig Patientin<br />
wur<strong>de</strong> uns zugewiesen, nach<strong>de</strong>m<br />
im Rahmen einer zahnärztlichen Behandlung<br />
eine unklare röntgendichte<br />
Verän<strong>de</strong>rung im Bereich <strong>de</strong>r linken<br />
Kieferhöhle im Orthopantomogramm<br />
aufgefallen war (Abb. 1). Subjekt iv<br />
war die Patientin beschwer<strong>de</strong>frei. Klinischfandsichextraoraleinedi<br />
skrete<br />
und nicht schmerzhafte Schwellung<br />
<strong>de</strong>r Wange links, welche von <strong>de</strong>r Pa -<br />
tientin jedoch zuvor nicht bemerkt<br />
wor<strong>de</strong>n war. Motorik und Sensorium<br />
im Gesichtsbereich waren unauffällig.<br />
Intraoral zeigte sich eine schmerzlose<br />
knöcherne Auftreibung regio 23-27<br />
vestibulär und geringer ausgeprägt<br />
auch palatinal (Abb. 2). Die Zähne<br />
21-28 reagierten positiv in <strong>de</strong>r durchgeführten<br />
Sensibilitätsprobe, es bestan<strong>de</strong>nkeineZahnlockerungen.<br />
In <strong>de</strong>r daraufhin durchgeführten<br />
CT-Diagnostik imponierte eine etwa<br />
3x4 cm große, überwiegend weichteildichteRaumfor<strong>de</strong>rungimBereich<strong>de</strong>r<br />
linkenKieferhöhlemitintraläsionalen<br />
Hartsubstanzeinlagerungen (Abb. 3).<br />
Zur Diagnosesicherung erfolgte<br />
eine PE regio 24. Histologisch zeigte<br />
sich ein homogen aufgebautes zelldichtes<br />
bin<strong>de</strong>gewebiges Stroma ohne<br />
zytologische Atypien. Eingelagert<br />
hierin fan<strong>de</strong>n sich zementikelartige<br />
Hartsubstanzbildungen, die zum Teil<br />
eine zellfreie Oberfläche besaßen<br />
(Abb. 4). Somit konnte die Diagnose<br />
eines zemento-ossifizieren<strong>de</strong>n <strong>Fibro</strong>ms<br />
gestellt wer<strong>de</strong>n. Therapeutisch<br />
wur<strong>de</strong> nach marginaler Schnittführung<br />
regio 23 bis 27eine mo<strong>de</strong>llieren<strong>de</strong>Abtragungdurchgeführt.In<strong>de</strong>n<br />
ambulanten Kontrollen ergaben sich<br />
im Verlauf von zwölf Monaten bisher<br />
keineBeson<strong>de</strong>rheitenohneAnhaltfür<br />
einen Progress. Die Patientin ist subjektiv<br />
beschwer<strong>de</strong>frei.<br />
Kasuistik II. Eine 34-jährige Patientinstelltesichaufgrun<strong>de</strong>inerästhetisch<br />
stören<strong>de</strong>n Gesichtsasymmetrie<br />
ohne Größenprogredienz auf eigene<br />
Initiative in unserer Klinik vor. Be -<br />
reits im 14. Lebensjahr sei nach einer<br />
Knochen-PE vestibulär regio 14-16<br />
alio loco die Diagnose einer fibrösen<br />
Dysplasie histologisch gesichert wor<strong>de</strong>n.<br />
Bisher war diesbezüglich keine<br />
Therapie erfolgt. Subjektiv war die<br />
Patientin beschwer<strong>de</strong>frei.<br />
Klinisch imponierte extraoral eine<br />
Prominenz <strong>de</strong>r rechten Wange. Auffällig<br />
war ein <strong>de</strong>utlicher Bulbushochstand<br />
rechts. Der Visus war regelrecht.<br />
Es bestand keine Diplopie bei freier<br />
Bulbusmotilität. Die Nasenatmung<br />
war nicht eingeschränkt. Intraoral<br />
imponierte eine Knochenauftreibung<br />
vestibulär regio 13 bis 17. Es fan<strong>de</strong>n<br />
sichkeineZahnlockerungenimersten<br />
Quadranten. Sämtliche Zähne reagierten<br />
sensibilitätspositiv in <strong>de</strong>r durchgeführten<br />
Vitalitätsprobe. In<strong>de</strong>r Panoramaschichtaufnahme<br />
zeigte sich eine<br />
Zufallsbefund im Rahmen einer zahnärztlichen<br />
Behandlung: Gut abgrenzbare<br />
Verschattung im Bereich <strong>de</strong>r linken Kieferhöhle<br />
im OPT (Abb. 1).<br />
Schmerzlose Knochenauftreibung regio<br />
23 bis 27 vestibulär und geringer ausgeprägt<br />
auch palatinal (Abb. 2).<br />
CT-Schnittbilddiagnostik. In <strong>de</strong>r coronaren<br />
CT-Schnittbilddiagnostik zeigt sich<br />
eine weichteildichte Raumfor<strong>de</strong>rung mit<br />
intraläsionalen Hartsubstanzeinlagerungen<br />
und partieller Verlegung <strong>de</strong>s linken<br />
Sinus maxillaris. Anzumerken hierbei,<br />
dass die Raumfor<strong>de</strong>rung nicht Teil <strong>de</strong>r<br />
Kieferhöhle ist, son<strong>de</strong>rn im Bereich <strong>de</strong>s<br />
Oberkiefers liegt und <strong>de</strong>n intakten Kieferhöhlenbo<strong>de</strong>n<br />
nach cranial verdrängt hat<br />
(Abb. 3).<br />
homogene Verschattung <strong>de</strong>r rechten<br />
Kieferhöhle (Abb. 5).<br />
In <strong>de</strong>r durchgeführten CT-Diagsostik<br />
zeigte sich eine partiell homogen,<br />
partiell inhomogen imponieren<strong>de</strong>
Raumfor<strong>de</strong>rung mit subtotaler Verle -<br />
gung <strong>de</strong>s Sinus maxillarisrechtsseitig.<br />
Die im Vergleich zu Abb. 3weniger<br />
gut abgrenzbare u nd unregelmäßiger<br />
imponieren<strong>de</strong> Läsion hob <strong>de</strong>n Orbitabo<strong>de</strong>n<br />
im Seitenvergleich <strong>de</strong>utlich an<br />
(Abb. 6).<br />
Eine erneute Knochen-PE regio 15<br />
bestätigte die Diagnose einer fibrösen<br />
Dysplasie. In <strong>de</strong>r Skelett-Szintigraphie<br />
zeigte sich eine singuläre Aktivitätsmehrbelegung<br />
im Bereich <strong>de</strong>s<br />
Oberkiefers rechts, so dass eine polyostotische<br />
Verlaufsform ausgeschlossen<br />
wer<strong>de</strong>n konnte.Zueiner elektiven<br />
mo<strong>de</strong>llieren<strong>de</strong>n Abtragung<strong>de</strong>r Läsion<br />
wird sich die Patientin in Kürze erneut<br />
in unserer Klinik vorstellen.<br />
Diskussion. Die Terminologie und<br />
Einteilung <strong>de</strong>r <strong>ossäre</strong>n und odontogenen<br />
<strong>Läsionen</strong> im Kieferbereich ist<br />
umfangreich und verwirrend. Die<br />
Grün<strong>de</strong> hierfür liegen zum einen an<br />
<strong>de</strong>r Mannigfaltigkeit <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />
Tumorentitäten, zum an<strong>de</strong>ren an<br />
<strong>de</strong>n historisch bedingten Synonymen<br />
für ein und dieselbe Läsion und <strong>de</strong>ren<br />
Weiterverwendung auch in <strong>de</strong>r aktuellen<br />
Literatur.ImZuge <strong>de</strong>r vor allem<br />
aus pathohistologischer Sicht wachsen<strong>de</strong>n<br />
wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />
führte dies im Laufe <strong>de</strong>r letzten<br />
Jahre und Jahrzehnte zu wechseln<strong>de</strong>n<br />
Klassifikationen und Revisionen un-<br />
ter partieller Be ibehaltung <strong>de</strong>r älteren<br />
Nomenklatur.<br />
Knochentumoren un d tumorähn -<br />
liche <strong>Läsionen</strong> im Kiefer wer<strong>de</strong>n<br />
aktuell nach <strong>de</strong>r zweiten WHO-<br />
Klassifikation odontogener Tumoren<br />
von 1992 klassifiziert. Letztlich sind<br />
hierunter auch <strong>Läsionen</strong> subsumiert,<br />
welche nicht odontogenen Ursprungs<br />
sind, sich jedoch hauptsächlich im<br />
Kieferbereich manifestieren. Es wur<strong>de</strong>n<br />
in <strong>de</strong>r Literatur jedoch schon<br />
erneute Revisionen und Aktualisierungen<br />
vorgeschlagen und eine neue<br />
Klassifikation <strong>de</strong>r WHO ist zurzeit in<br />
Vorbereitung.<br />
Die WHO unterschei<strong>de</strong>t in ihrer<br />
Klassifikation odontogener Tumoren<br />
zwei große Gruppen von Entitäten. So<br />
wird zwischen „Neoplasien und an<strong>de</strong>ren<br />
Tumoren mit Bezug zum odontogenen<br />
Apparat” und „Neoplasien und<br />
an<strong>de</strong>ren Knochenverän<strong>de</strong>rungen”<br />
unterschie<strong>de</strong>n. Insgesamt fallen hierunter<br />
über vierzig verschie<strong>de</strong>ne Lä -<br />
sionen. Die FOL zählen zur zweiten<br />
Gruppe (Abb. 7).<br />
Der Begriff „fibro-<strong>ossäre</strong> Läsion”<br />
ist rein <strong>de</strong>skriptiver Natur. Zu <strong>de</strong>n<br />
FOL zählen zemento-ossifizieren<strong>de</strong><br />
<strong>Fibro</strong>me, zemento-<strong>ossäre</strong> Dysplasien<br />
und die fibröse Dysplasie mit jeweils<br />
verschie<strong>de</strong>nen Subtypen.<br />
Die Erstbeschreibung eines ossifizieren<strong>de</strong>n<br />
<strong>Fibro</strong>ms in <strong>de</strong>r Literatur<br />
Neoplasien und an<strong>de</strong>re Knochenverän<strong>de</strong>rungen<br />
Osteogene Neoplasien Nichtneoplastische Knochenverän<strong>de</strong>rungen<br />
Zemento-ossifizie -<br />
ren<strong>de</strong>s <strong>Fibro</strong>m<br />
Zementieren<strong>de</strong>s<br />
<strong>Fibro</strong>m<br />
Ossifizieren<strong>de</strong>s<br />
<strong>Fibro</strong>m<br />
Fibröse<br />
Dysplasie<br />
Periapikale<br />
Zementdysplasie<br />
Zemento-<strong>ossäre</strong><br />
Dysplasie<br />
Flori<strong>de</strong><br />
zemento<strong>ossäre</strong><br />
Dysplasie<br />
An<strong>de</strong>re<br />
zemento<strong>ossäre</strong><br />
Dysplasien<br />
Klassifikation. Die WHO unterschei<strong>de</strong>t in ihrer Klassifikation odontogener Tumoren<br />
von 1992 „Neoplasien und an<strong>de</strong>re Tumoren mit Bezug zum odontogenen Apparat” von<br />
„Neoplasien und an<strong>de</strong>ren Knochenverän<strong>de</strong>rungen.” Einen Teil <strong>de</strong>r zweiten Kategorie<br />
stellen die o.g. <strong>Läsionen</strong> dar, welche klinisch und pathomorphologisch häufig unter<br />
<strong>de</strong>m Begriff „fibro-<strong>ossäre</strong> Läsion” subsumiert wer<strong>de</strong>n (Abb. 7).<br />
erfolgte durch Me nzel im Jahre 1872<br />
als „Osteofibrom”. Er war Assistenzarzt<br />
unter Prof. Billroth an <strong>de</strong>r C hir -<br />
urgischen Klinik in Wien. „Am 9.<br />
September 1870 stellte sich Kathi<br />
Rosenblüthe, 35 Jahre alt mosaisch,<br />
Wirtsgattin aus Novie Ziganolone<br />
in Ungarn, auf <strong>de</strong>r Klinik <strong>de</strong>s Herrn<br />
Professor Billroth vor, umsich wegen<br />
einer be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Geschwulst<br />
<strong>de</strong>s Unterkiefers Raths zu erholen.<br />
Die Geschwulst war angeblich vor 25<br />
Jahren zuerst bemerkt wor<strong>de</strong>n. Da -<br />
mals war sie haselnussgroß und saß in<br />
<strong>de</strong>r Gegend <strong>de</strong>s ersten linken unteren<br />
Backenzahns. Innerhalb von 5Jahren<br />
hatte sie die Größe von zwei Fäusten<br />
erreicht.” Nach primär vermeintlich<br />
erfolgreicher Operation entwickelte<br />
die Patientin im weiteren Verlauf ein<br />
Erysipel und verstarb schließlich an<br />
einem Wundinfekt am dreizehnten<br />
postoperativen Tag(Abb. 8).<br />
Zemento-ossifiziren<strong>de</strong> <strong>Fibro</strong>me.<br />
Beim zemento-ossizifizieren<strong>de</strong>n <strong>Fibro</strong>m<br />
han<strong>de</strong>lt es sich um eine benigne,<br />
nicht odontogene Neoplasie unklarer<br />
Ätiologie. Als morphologisches Ko r -<br />
relat fin<strong>de</strong>t sich eine bin<strong>de</strong>gewebige<br />
Matrix mit unterschiedlichem intraläsionalemGehaltanHartsubstanzen.<br />
Nach WHO-Klassifikation stellen<br />
zemento-ossifizieren<strong>de</strong> <strong>Fibro</strong>me eine<br />
Art Überbegriff für <strong>Läsionen</strong> mit histologisch<br />
unterschiedlichem Anteil<br />
von unreifem Faserknochen und/o<strong>de</strong>r<br />
Zement dar.Die WHO sieht dies als<br />
kontinuierliches Spektrum mit <strong>de</strong>n<br />
bei<strong>de</strong>n Endpunkten zementieren<strong>de</strong>s<br />
und ossifizieren<strong>de</strong>s <strong>Fibro</strong>m. Dazwischen<br />
sind die Übergänge fließend.<br />
An<strong>de</strong>re Autoren sehen das ossifizieren<strong>de</strong><br />
und das zementieren<strong>de</strong> <strong>Fibro</strong>m<br />
als zwei unterschiedliche <strong>Läsionen</strong>,<br />
zumal Klinik und Histologie differieren<br />
und Faserknochen und zellreicher<br />
Zement histologisch oft nicht voneinan<strong>de</strong>rabzugrenzensind.<br />
Unter Berücksichtigung <strong>de</strong>s biologischen<br />
Verhaltens wird als juveniles<br />
o<strong>de</strong>r aktives (aggressives) ossifizieren<strong>de</strong>s<br />
<strong>Fibro</strong>m ein fast immer im Ju -<br />
gendlichenalter autreten<strong>de</strong>s ossifizieren<strong>de</strong>s<br />
<strong>Fibro</strong>m mit Ten<strong>de</strong>nz zum lokal<br />
aggressiven Wachstum bezeichnet.<br />
„Aktiv” bezieht sich somit auf das<br />
lokal aggressive Wachstum und nicht<br />
auf die Wachstumsgeschwindigkeit.<br />
Charakteristisch ist eine erhöhte mitotische<br />
Aktivität <strong>de</strong>r bin<strong>de</strong>gewebi-<br />
Fortbildung<br />
3/2006 ZBW<br />
29
30<br />
Fortbildung<br />
ZBW 3/2006<br />
Tumorgewebe. Aus homogen aufgebautem<br />
zelldichtem bin<strong>de</strong>gewebigem Stroma<br />
ohne zytologische Atypien. Eingelagerte<br />
zementikelartige Hartsubstanzbildungen,<br />
die zum Teil eine zellfreie Oberfläche besitzen.<br />
HEx400 (Abb. 4).<br />
Verschattung. Homogene, schlecht abgrenzbare<br />
Verschattung im Bereich <strong>de</strong>r<br />
Kieferhöhle rechts (Abb. 5).<br />
Raumfor<strong>de</strong>rung. Im coronaren Mittelgesichts-CT<br />
zeigt sich eine schlecht abgrenzbare<br />
Raumfor<strong>de</strong>rung imBereich <strong>de</strong>s Sinus<br />
maxillarisrechts mitAus<strong>de</strong>hnungbisin<strong>de</strong>n<br />
Orbitabo<strong>de</strong>nundkonsekutivemBulbushochstand(Abb.6).<br />
gen Matrix. Etwa 80 Prozent aller<br />
juvenilen ossifizieren<strong>de</strong>n <strong>Fibro</strong>me<br />
treten vor <strong>de</strong>m 15. Lebensjahr auf mit<br />
bevorzugter Lokalisation im Oberkiefer.<br />
Ebenfalls charakteristisch für<br />
das juvenile ossifizieren<strong>de</strong> <strong>Fibro</strong>m ist<br />
ein gehäuftes Vorkommen von Rezidiven,<br />
die nach erfolgter operativer<br />
Entfernung in 30 bis 58 Prozent beobachtet<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Zemento-ossifizieren<strong>de</strong> <strong>Fibro</strong>me<br />
fin<strong>de</strong>n sich bevorzugt in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>smal<br />
ossifizierten Kiefern und hierbei meist<br />
in <strong>de</strong>n zahntragen<strong>de</strong>n Abschnitten.<br />
Deutlichseltenersindsiein<strong>de</strong>nübrigen<br />
Schä<strong>de</strong>lknochen anzutreffen. Der<br />
Grund hierfür liegt vermutlich in <strong>de</strong>r<br />
erhöhten mesenchy malen Induktion<br />
während <strong>de</strong>r Odontogenese. Männliches<br />
und weibliches Geschlecht sind<br />
annähernd gleich häufig betroffen b ei<br />
vorzugsweisem Vorkommen in <strong>de</strong>r<br />
dritten Lebens<strong>de</strong>ka<strong>de</strong>.<br />
Entwicklung. Zemento-ossifizieren<strong>de</strong><br />
<strong>Fibro</strong>me wachsen in aller Regel<br />
langsam und sind häufig asymptomatisch.<br />
Typisch ist eine schmerzlose<br />
Schwellung mit eventueller Verdrängung<br />
von Zähnen. Im Oberkieferbe -<br />
reich können sich zemento-ossifizieren<strong>de</strong><br />
<strong>Fibro</strong>me erst durch eine Na -<br />
senatmungsbehin<strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>r durch<br />
einen Exopthalmus klinisch bemerkbar<br />
machen. Zahnwurzelresorptionen<br />
sind selten. Als bildgeben<strong>de</strong>s Verfahren<br />
ist neben <strong>de</strong>r üblichen Panoramaschichtaufnahme<br />
und <strong>de</strong>r NNH-Aufnahme<br />
bei <strong>Läsionen</strong> im Bereich <strong>de</strong>s<br />
Oberkiefers eine Computertomographie<br />
obligat. Frühe <strong>Läsionen</strong> imponierenin<strong>de</strong>rBildgebungmeist<br />
alsgut<br />
abgrenzbare, zystische Aufhellungen.<br />
Bei fortschreiten<strong>de</strong>m Wachstum fin<strong>de</strong>tsichaufgrundzunehmen<strong>de</strong>rintraläsionaler<br />
Mineralisation häufig eine<br />
vermehrte Röntgenopazität.<br />
Histologisch zeigt sich beim ossifizieren<strong>de</strong>n<br />
<strong>Fibro</strong>m ein zelldichtes,<br />
relativ monomorphes Stroma mit geringer<br />
Kollagenfaserbildung und metaplastischen<br />
Faserknochenbälkchen<br />
mit möglicher sekundärer UmwandlunginlamellärenKnochen.<br />
Therapeutisch sollte beim zemento-ossifizieren<strong>de</strong>n<br />
<strong>Fibro</strong>m und <strong>de</strong>n<br />
verschie<strong>de</strong>nen Subtypen aufgrund<br />
<strong>de</strong>s zwar langsamen, jedoch stetigen<br />
Wachstums eine vollständige operative<br />
Entfernung ohne Sicherheitsabstand<br />
erfolgen. Meist zeigt sich beim<br />
zemento-ossifizieren<strong>de</strong>n <strong>Fibro</strong>m eine<br />
bin<strong>de</strong>gewebige Kapsel o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st<br />
eine klare Demarkation zum<br />
angrenzen<strong>de</strong>n Knochen, so dass eine<br />
operative Entfernung in aller Regel<br />
gut möglich ist. Bei großen Befun<strong>de</strong>n<br />
können hierbei vor allem im Oberkiefer<br />
erhebliche Defekte entstehen.<br />
Beim so genannten juvenilen o<strong>de</strong>r<br />
aktiven zemento-ossifizieren<strong>de</strong>n Fi -<br />
brom sind langfristige Verlaufskontrollen<br />
augrund <strong>de</strong>r hohen Rezidivrate<br />
notwendig. In diesen Fällen wird daher<br />
auch eine vollständige Entfernung<br />
mit geringem Sicherheitsabstand angestrebt.<br />
„Osteofibrom”. Erstbeschreibung eines<br />
ossifizieren<strong>de</strong>n <strong>Fibro</strong>ms in <strong>de</strong>r Literatur<br />
als „Osteofibrom” durch Menzel<br />
1872. Aus: Makek, M. ; Clinical Pathology<br />
of <strong>Fibro</strong>-Osteo-Cemental Lesions<br />
in the Cranio-Facial and Jaw Bones. A<br />
New Approach to Differential Diagnosis.<br />
Karger, 1983 (Abb. 8).<br />
Fibröse Dysplasie. Die wichtigste<br />
Differentialdiagnose für zemento-ossifizieren<strong>de</strong><br />
<strong>Fibro</strong>me stellt die<br />
fibröse Dysplasie dar. Der Begriff<br />
„fibröse Dysplasie” wur<strong>de</strong> von Jaffe<br />
und Lichtenstein 1938 erstmals<br />
erwähnt. Bei <strong>de</strong>r fibrösen Dysplasie<br />
wird Knochengewebe während <strong>de</strong>s<br />
Knochenwachstums durch fibröses<br />
Bin<strong>de</strong>gewebe ersetzt. Die betroffenen<br />
Osteoblasten sind nicht in <strong>de</strong>r Lage<br />
reifen Lamellenknochen zu bil<strong>de</strong>n.<br />
Das Krankheitsbild manifestiert sich<br />
meist imKin<strong>de</strong>s-o<strong>de</strong>rfrühenAdoleszentenalter.<br />
Es können jedoch auch<br />
Erstmanifestationen o<strong>de</strong>r Schübe im<br />
Erwachsenenalter vorkommen. Mo -<br />
nostotische können von polyostotischen<br />
Verlaufsformen unterschie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n.Etwa 70 Prozent <strong>de</strong>r fibrösen<br />
Dysplasien sind rein monostotisch.<br />
Ätiologisch wird eine Spontanmutation<br />
o<strong>de</strong>r Deletion eines intrazytoplasmalen<br />
embryonalen Transducer-<br />
Proteins diskutiert, welches für die<br />
Knochenreifung verantwortlich ist.<br />
Hauptsächlich betroffen sind die langen<br />
Röhrenknochen wie Femur und<br />
Humerus.<br />
Im Bereich <strong>de</strong>s Gesichtsschä<strong>de</strong>ls<br />
können <strong>de</strong>utliche Knochenauftreibungen<br />
mit auffallen<strong>de</strong>n Gesichtsasymmetrien<br />
entstehen. Bei Aus<strong>de</strong>hnung<br />
in Richtung Orbita kann es zu<br />
Bulbusverdrängungen kommen. In
Periapikale Radioluzenzen mit partiellerintraläsionalerMineralisationinregiones43und44.Die<br />
beteiligtenZähne<br />
sind vital. Typisches Bild einer periapikalenZementdysplasie<br />
(Abb.9).<br />
schwerwiegen<strong>de</strong>ren Fällen können<br />
durch eine Verlegung von Neuroforamina<br />
auch Hörverluste, Visusverluste<br />
o<strong>de</strong>reineAnosmieeintreten.<br />
Röntgenologisch zeigt sich initial<br />
eine herdförmige, milchglasartige<br />
Struktur. Im weiteren Verlauf fin<strong>de</strong>t<br />
sich meist eine diffuse Ausbreitung<br />
mit disseminiertem Befall ganzer<br />
Knochenabschnitte.Radiologischlassen<br />
sich je nach Mineralisationsgrad<br />
ein lytischer, ein lytisch-sklerotischer<br />
und sklerotischer Typunterschei<strong>de</strong>n.<br />
Mittels Skelettszintigraphie kann<br />
die monostotische von <strong>de</strong>r polyostotischen<br />
Verlaufsform unterschie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n. Histologisch zeigt sich ein<br />
trabekelförmiger Geflechtknochen,<br />
bei <strong>de</strong>m als wichtiges Unterscheidungsmerkmal<br />
zum ossifizieren<strong>de</strong>n<br />
<strong>Fibro</strong>m keine Osteoblasten angelagert<br />
sind.<br />
Chirurgische Maßnahmen sollten<br />
im Wachstumsalter zurückhaltend in<br />
Erwägung gezogen wer<strong>de</strong>n, da es im<br />
Anschluss hieranzuerneutenWachstumsschüben<br />
kommen kann und die<br />
Erkrankung nach <strong>de</strong>r Pubertät meist<br />
spontan zum Stillstand kommt. Nach<br />
histologischer Sicherung mittels Bi -<br />
opsie sollten allenfalls mo<strong>de</strong>llieren<strong>de</strong><br />
Osteotomien in Betracht gezogen<br />
wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Literatur wird ein erneutes,<br />
zumin<strong>de</strong>st partielles WachstumnacherfolgterAbtragungmitimmerhin<br />
25 bis 50 Prozent angegeben.<br />
Differentialdiagnostisch kann es<br />
sowohl klinisch als auch in <strong>de</strong>r Bildgebung<br />
schwer fallen, das zementoossifizieren<strong>de</strong><br />
<strong>Fibro</strong>m von <strong>de</strong>r fibrösen<br />
Dysplasieabzugrenzen. Als wich-<br />
tigesUnterscheid ungsmerkmalin<strong>de</strong> r<br />
Bildgebungist ei neklareAbgrenzu ng<br />
<strong>de</strong>s zemento-ossifizieren<strong>de</strong>n <strong>Fibro</strong>ms<br />
zum angrenzen<strong>de</strong>n Knochen o<strong>de</strong>r<br />
Nachbargewebe zu nennen, während<br />
bei <strong>de</strong>r fibrösen Dysplasie <strong>de</strong>r unreife<br />
Faserknochen mit <strong>de</strong>m gesun<strong>de</strong>n<br />
Knochenfusioniert undohneAbgrenzungdirektinihnübergeht.<br />
Zemento-<strong>ossäre</strong> Dysplasien.<br />
Die dritte Gruppe <strong>de</strong>r fibro-<strong>ossäre</strong>n<br />
<strong>Läsionen</strong> stellen die zemento-<strong>ossäre</strong>n<br />
Dysplasien dar. Hierunter wer<strong>de</strong>n<br />
die periapikale Zementdysplasie, die<br />
flori<strong>de</strong> und an<strong>de</strong>re zemento-<strong>ossäre</strong><br />
Dysplasien subsumiert (Abb. 7). Im<br />
Gegensatz zu <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren bei<strong>de</strong>nLä -<br />
sionen kommensie nur im Kiefer vor.<br />
Ihre Ätiologie ist unklar. Vermutlich<br />
han<strong>de</strong>lt es sich um dysplastische Ver -<br />
än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Desmodontes. Dennoch<br />
ordnet die WHO-Klassifikation<br />
sie <strong>de</strong>n nicht-odontogenen <strong>Läsionen</strong><br />
zu. Letztlich han<strong>de</strong>lt es sich histologisch<br />
um ähnliche <strong>Läsionen</strong> und die<br />
Subtypisierung ist rein topographischer<br />
Natur.Sofin<strong>de</strong>t sich die periapikale<br />
Zementdysplasie fast immer im<br />
unteren Frontzahnbereich (Abb. 9).<br />
Die fokale zemento-össäre Dysplasie<br />
fin<strong>de</strong>t sich meist im Seitenzahnbereich,<br />
während bei <strong>de</strong>r flori<strong>de</strong>n<br />
zemento-<strong>ossäre</strong>n Dysplasie ein<br />
multilokuläres Vorkommen typisch<br />
ist. Frauen im mittleren Lebensalter<br />
sind bevorzugt betroffen. Klinisch<br />
imponieren asymptomatische, initial<br />
periapikale Radioluzenzen, welche<br />
im weiteren Verlauf mineralisieren<br />
und so zunehmend röntgenopak zur<br />
Darstellung kommen. Bei frühen Lä -<br />
sionen ist eine Verwechslung mit apikalen<br />
Granulomen o<strong>de</strong>r radikulären<br />
Zysten möglich. Die beteiligten Zähnereagierenjedochimmersensibelin<br />
<strong>de</strong>r durchgeführten Sensibilitätsprobe.<br />
Bei zunehmen<strong>de</strong>r Mineralisation<br />
sind die wichtigsten Differentialdia -<br />
gnosen das zementieren<strong>de</strong> <strong>Fibro</strong>m<br />
o<strong>de</strong>r das Zementoblastom. Auch die<br />
fokal sklerosieren<strong>de</strong> Osteomyelitis<br />
o<strong>de</strong>r die idiopathische Osteosklerose<br />
zeigen röntgenologisch ähnliche<br />
Opazitäten. Eine Therapie ist in aller<br />
Regel nicht erfor<strong>de</strong>rlich. Bei <strong>de</strong>r fokalen<br />
zemento-<strong>ossäre</strong> Dysplasie kann<br />
zum Ausschluss an<strong>de</strong>rer Entitäten<br />
gegebenenfallseine Biopsie erfolgen.<br />
Die Prognose ist sehr gut. Selbst nach<br />
partieller Entfernung wur<strong>de</strong> keine<br />
o<strong>de</strong>r nur eine geringe Größenprogredienzbeobachtet.<br />
Im Unterschied zu <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />
erstgenannten <strong>Läsionen</strong> sind bei <strong>de</strong>r<br />
flori<strong>de</strong>n zemento-<strong>ossäre</strong>n Dysplasie<br />
eine beidseitige, symmetrische Ma -<br />
nifestation o<strong>de</strong>r gar eine Einbeziehung<br />
aller vier Quadranten nicht ungewöhnlich.<br />
Gelegentlich sind diese<br />
<strong>Läsionen</strong> nicht nur auf die periapikale<br />
Region begrenzt, son<strong>de</strong>rn zeigen eine<br />
Aus<strong>de</strong>hnung bis in <strong>de</strong>n interradikulären<br />
Raum <strong>de</strong>r benachbarten Zähne.<br />
Symptomatisch wird die flori<strong>de</strong> zemento-<strong>ossäre</strong><br />
Dysplasie meist nach<br />
Zahnextraktionen mit konsekutiv<br />
freiliegen<strong>de</strong>n areaktiven Zementmassen.<br />
Therapeutisch muss im Anschluß<br />
hieran eine mo<strong>de</strong>llieren<strong>de</strong>Abtragung<br />
mitEntfernung<strong>de</strong>rsequestriertenZementmassen<br />
<strong>de</strong>s betroffenen Areals<br />
erfolgen.<br />
Zusammenfassendkann festgestellt<br />
wer<strong>de</strong>n,dass die verschie<strong>de</strong>nen fibro<strong>ossäre</strong>n<br />
<strong>Läsionen</strong> in ihrem klinischen<br />
Erscheinungsbild meist wenig spezifisch<br />
sind und häufig lange asympto -<br />
matisch bleiben. Invielen Fällen kann<br />
nur in Zusammenschau aus Anamnese,<br />
Bildgebung und histologischer<br />
Aufarbeitung durch einen erfahrenen<br />
Pathologen eine gesicherte Diagnose<br />
gestellt wer<strong>de</strong>n. Eine richtige Diagnose<br />
ist entschei<strong>de</strong>nd, da die Therapien<br />
teilweise unterschiedlichsind.<br />
Dr.SteffenKless,<br />
Dr.Dr.DirkGülicher,<br />
Prof.Dr.Dr.JürgenHoffmann,<br />
Prof.Dr.Dr.SiegmarReinert,<br />
Klinik undPoliklinik für<br />
MKG-Chirurgie, UniversitätTübingen<br />
DieAbb.4mitBefundkommentar<br />
wur<strong>de</strong> freundlicherweisevon Herrn<br />
PDr.M.Wehrmann,Institut für Pathologie<strong>de</strong>sUniversitätsklinikums<br />
Tübingen,zur Verfügunggestellt.<br />
Informationen<br />
Das Literaturverzeichnis<br />
kann angefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n beim<br />
Informationszentrum<br />
Zahngesundheit<br />
Herdweg 59<br />
70174 Stuttgart<br />
Tel. 0711/222966-14<br />
Fax 0711/222966-21<br />
E-Mail:info@zahnaerzteblatt.<strong>de</strong><br />
Fortbildung<br />
3/2006 ZBW<br />
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