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Die multikulturelle Schülerschaft und ihre Implikationen für den ...

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Pädagogische Prüfungsarbeit im Rahmen der Zweiten Staatsprüfung <strong>für</strong> das<br />

Lehramt an Gymnasien im Fach Erziehungs- <strong>und</strong> Gesellschaftswissenschaften<br />

Kulturelle Vielfalt – <strong>Die</strong> <strong>multikulturelle</strong> <strong>Schülerschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>ihre</strong><br />

<strong>Implikationen</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> Handlungsraum Schule am Beispiel der<br />

Ernst-Reuter-Schule 1 in Frankfurt<br />

Vorgelegt von:<br />

Katja Pahn<br />

Studienreferendarin<br />

am<br />

Studienseminar Frankfurt III<br />

Für das Lehramt an Gymnasien<br />

Oberursel<br />

Ausbildungsschulen:<br />

Ernst-Reuter-Schulen 1 <strong>und</strong> 2 in Frankfurt/M.<br />

Frankfurt am Main, im Januar 2005<br />

1


Kulturelle Vielfalt- <strong>Die</strong> <strong>multikulturelle</strong> <strong>Schülerschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>ihre</strong> <strong>Implikationen</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

Handlungsraum Schule am Beispiel der Ernst-Reuter-Schule 1 in Frankfurt<br />

Katja Pahn<br />

2005<br />

Abstract<br />

<strong>Die</strong> kulturelle Vielfalt der SchülerInnenschaft ist gr<strong>und</strong>legend <strong>für</strong> das Schulleben an der<br />

ERS 1. In der vorliegen<strong>den</strong> Arbeit wird untersucht, wie sich die SchülerInnenschaft (kulturell)<br />

zusammensetzt, wie die SchülerInnen das Zusammenleben an der Schule wahrnehmen, inwiefern<br />

sich die Schule als Institution <strong>für</strong> <strong>ihre</strong> SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> verantwortlich<br />

fühlt <strong>und</strong> inwiefern an der ERS 1 gr<strong>und</strong>legende Voraussetzungen <strong>für</strong><br />

interkulturelles Lernen gegeben sind.<br />

2


Inhalt<br />

1. Einleitung<br />

2. Interkulturelles Lernen<br />

2.1.Über die Schwierigkeiten im Umgang mit kultureller Differenz<br />

2.2. Kultur – was kann das <strong>für</strong> uns bedeuten?<br />

2.3. Was ist Interkulturelles Lernen?<br />

3. <strong>Die</strong> SchülerInnenschaft der Ernst-Reuter-Schule 1: Eine Datenerhebung<br />

in <strong>den</strong> zwölften Klassen im Schuljahr 2004/05<br />

3.1. <strong>Die</strong> Fragen <strong>und</strong> organisatorische Voraussetzungen<br />

3.2. <strong>Die</strong> persönlichen Daten<br />

a) Ergebnisse<br />

b) Auswertung<br />

3.3. „Ich fühle mich an der Schule wohl/nicht wohl, weil…“<br />

a) Ergebnisse<br />

b) Auswertung<br />

3.4. „Was könnte die Schule tun, um SchülerInnen nicht-deutscher<br />

Herkunft besser zu fördern?“<br />

a) Ergebnisse<br />

b) Auswertung<br />

4. Individueller <strong>und</strong> institutioneller Umgang mit kultureller<br />

Heterogenität<br />

4.1. Unterricht in einer <strong>multikulturelle</strong>n elften Klasse: Ein (Selbst-)<br />

Erfahrungsbericht<br />

4.2. Haltung <strong>und</strong> Aktivitäten der Schule<br />

5. Schluss<br />

6. Literatur<br />

7. Anhang<br />

7.1. Der Fragebogen<br />

7.2. Auswertung des Fragebogens<br />

7.3. Aussagen der SchülerInnen im Einzelnen<br />

3<br />

1<br />

5<br />

5<br />

7<br />

10<br />

15<br />

15<br />

17<br />

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19<br />

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24<br />

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29<br />

29<br />

35<br />

38<br />

44<br />

46<br />

46<br />

48<br />

55


1. Einleitung<br />

Mein Interesse am Zusammenleben der Kulturen ist mit meinem eigenen biographischen<br />

Hintergr<strong>und</strong> zu begrün<strong>den</strong>: Insgesamt vier Jahre meines Lebens habe ich<br />

an verschie<strong>den</strong>en Orten dieser Welt (Asien/USA) als Ausländerin verbracht <strong>und</strong><br />

dabei nicht nur erfahren, wie es sich anfühlt, immer wieder aufgr<strong>und</strong> meines anderen<br />

Aussehens eine besondere Rolle einzunehmen, sondern auch, was es heißt,<br />

St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Tage auf Ämtern zu verbringen, um Aufenthalts- <strong>und</strong> Arbeitserlaubnis<br />

zu bekommen oder zu verlängern, ständig Formulare in mir unbekannten<br />

Sprachen <strong>und</strong> Schriftsystemen ausfüllen zu müssen <strong>und</strong> auch nach dem mühsamen<br />

Erlernen der neuen Sprachen doch niemals in der Lage zu sein, mich so auszudrücken<br />

wie in meiner Muttersprache. Sensibilisiert haben mich meine<br />

Erfahrungen in anderen Ländern nicht nur <strong>für</strong> das Befin<strong>den</strong> des Individuums in<br />

einer solchen Lage, sondern auch <strong>für</strong> die kulturellen Unterschiede zwischen <strong>den</strong><br />

verschie<strong>den</strong>en Gemeinschaften <strong>und</strong> <strong>für</strong> interkulturelle Lernprozesse. <strong>Die</strong>se konnte<br />

ich nicht nur am eigenen Leib erfahren, sondern auch bei anderen begleitend erleben:<br />

sowohl bei <strong>den</strong> TeilnehmerInnen an multinationalen Deutschkursen, die ich<br />

in Frankfurt unterrichtet habe, als auch bei <strong>den</strong> Stu<strong>den</strong>tInnen, deren Auslandsstudienjahr<br />

in Deutschland ich betreute.<br />

Als ich an die Ernst-Reuter-Schule 1 kam, ist mir zunächst gar nicht aufgefallen,<br />

dass mich interkulturelle Lernprozesse auch weiterhin begleiten sollten. <strong>Die</strong> ethnische<br />

Vielfalt der SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> brachte ich nicht gleich<br />

in Zusammenhang mit kultureller Vielfalt, ging ich doch davon aus, dass die<br />

meisten dieser Jugendlichen <strong>ihre</strong> Sozialisation in Deutschland erfahren hatten.<br />

Erst als ich eine eigene Lerngruppe <strong>und</strong> somit die Gelegenheit hatte, mich intensiver<br />

mit <strong>den</strong> Lernprozessen der SchülerInnen auseinander zu setzen, wurde mir<br />

bewusst, dass es auch innerhalb dieser Lerngruppen gr<strong>und</strong>legende kulturelle Unterschiede<br />

gibt. <strong>Die</strong>se habe ich jedoch niemals als problematisch oder belastend<br />

empf<strong>und</strong>en, sondern als eine Bereicherung, die auch von <strong>den</strong> SchülerInnen positiv<br />

eingeschätzt wird. Unsere SchülerInnen haben mir generell <strong>den</strong> Eindruck vermittelt,<br />

sich an der Schule wohl zu fühlen <strong>und</strong> diese positive Gr<strong>und</strong>einstellung schien<br />

sich auch auf die Beziehungen untereinander <strong>und</strong> auf das Lernklima an der Schule<br />

auszuwirken.<br />

4


Ausschlaggebend da<strong>für</strong>, mich intensiver mit der kulturellen Heterogenität innerhalb<br />

der SchülerInnenschaft zu befassen, war letztlich die Gründung der Arbeitsgruppe<br />

„Interkulturelles Lernen“ an der ERS 1. Erst durch die Arbeit in der<br />

Gruppe wurde <strong>für</strong> mich deutlich, wie wichtig die Rolle der Institution Schule <strong>für</strong><br />

das Miteinander der Menschen verschie<strong>den</strong>er kultureller Herkunft ist. Im Idealfall<br />

stattet die Schule <strong>ihre</strong> Absolventen nicht nur mit dem <strong>für</strong> sie adäquaten Schulabschluss<br />

<strong>für</strong> das weitere Leben in der Gesellschaft aus, sondern bietet als Institution<br />

Voraussetzungen, die beispielhaft interkulturelle Lernprozesse so ermöglichen,<br />

wie sie auch in anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen stattfin<strong>den</strong> sollten.<br />

<strong>Die</strong> Bedeutung der Institution Schule <strong>für</strong> die Migrationsgesellschaft wird in Studien<br />

zur Schullaufbahn von Kindern mit Migrationshintergr<strong>und</strong> bestätigt. So zeigen<br />

Gomolla <strong>und</strong> Radtke in <strong>ihre</strong>r Studie „Institutionelle Diskriminierung. <strong>Die</strong><br />

Herstellung ethnischer Differenz in der Schule“ 1 , dass Faktoren, die im Zusammenhang<br />

mit dem Migrationshintergr<strong>und</strong> von SchülerInnen stehen, je nach Bedürfnislage<br />

der schulischen Organisation <strong>und</strong> <strong>ihre</strong>r MitarbeiterInnen häufig als<br />

Vorwand <strong>für</strong> institutionelle Maßnahmen dienen, die dem schulischen Erfolg des<br />

Individuums entgegen stehen. Mangelnde Deutschkenntnisse <strong>und</strong> der fehlende<br />

Besuch eines deutschen Kindergartens (sowie die hieraus resultierende mangelnde<br />

„Gruppenfähigkeit“ 2 ) wer<strong>den</strong> als Gründe <strong>für</strong> die Zurückstellung von Migrationskindern<br />

bei der Einschulung genannt <strong>und</strong> das u.a. daraus resultierende höhere<br />

Alter dann später als Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> die schnellere Überweisung in eine Sonderschule.<br />

<strong>Die</strong> gemutmaßte mangelnde Unterstützung aus dem Elternhaus führt bei <strong>den</strong><br />

Empfehlungen <strong>für</strong> die weiterführende Schulform dazu, dass Migrantenkindern,<br />

auch bei guten schulischen Leistungen, bevorzugt der Besuch von Gesamt- oder<br />

Realschulen empfohlen wird. <strong>Die</strong>s könnte ein Gr<strong>und</strong> da<strong>für</strong> sein, warum der durchschnittliche<br />

Ausländeranteil an Gymnasien in Frankfurt (20%) weit unter dem der<br />

Ausländer in Frankfurt insgesamt (27%) liegt.<br />

Maßgebend <strong>für</strong> diese institutionelle Diskriminierung sei das „latente Selbstverständnis“<br />

der Schule, „dass man <strong>für</strong> Probleme der Migranten eigentlich nicht zuständig<br />

sei“ 3 . Infolgedessen zielen auch die Vorschläge der AutorInnen zur<br />

Überwindung institutioneller Diskriminierung von Migrantenkindern - welche sie<br />

u.a. vergleichen mit der Rassendiskriminierung in <strong>den</strong> USA der 40´er Jahre, mit<br />

1 Opla<strong>den</strong>, 2002.<br />

2 Ebd. S. 173.<br />

3 Ebd. S. 282.<br />

5


der Unterdrückung der Frau <strong>und</strong> mit der Benachteiligung von Körperbehinderten -<br />

alle auf eine Änderung des Selbstverständnisses von Schule dahingehend ab, dass<br />

diese es sich zur Aufgabe machen müsse, <strong>den</strong> schulischen Erfolg von Kindern mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> effektiv (d.h. statistisch nachweisbar) zu fördern. <strong>Die</strong> Frage<br />

danach, inwiefern die ERS 1 dieser Forderung bereits nachkommt bzw. noch<br />

an der „Änderung <strong>ihre</strong>s Selbstverständnisses“ arbeiten muss, ist der Ausgangspunkt<br />

meiner Thesen.<br />

Meine Ausgangsthesen sind, dass<br />

1. die Ernst-Reuter-Schule 1 eine Schule ist, die sich durchaus <strong>für</strong> die Probleme<br />

von Jugendlichen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> verantwortlich fühlt<br />

<strong>und</strong> diese auch „effektiv“ fördert.<br />

2. sich deshalb die SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> an der ERS 1<br />

größtenteils gut aufgehoben fühlen <strong>und</strong> in <strong>den</strong> Lerngruppen ein gutes<br />

Arbeitsklima herrscht <strong>und</strong><br />

3. darum an der ERS 1 die Bedingungen, die interkulturelles Lernen beispielhaft<br />

ermöglichen, gegeben sind.<br />

<strong>Die</strong> dritte These ist insofern von großer Bedeutung als es sich bei der interkulturellen<br />

Erziehung um eine „generelle konstitutive Dimension jeder Erziehungs<strong>und</strong><br />

Bildungspraxis <strong>und</strong> jeder pädagogischen Theorie (…), die sich auf der Höhe<br />

der Zeit bewegt“ 4 , handelt. Zur Illustration der Bedeutung der (inter-) kulturellen<br />

Dimension <strong>für</strong> die Erziehungsarbeit benutzt Klafki, genau wie Gomolla <strong>und</strong> Radtke,<br />

<strong>den</strong> Vergleich mit der Gender-Problematik: <strong>Die</strong> interkulturelle Thematik sei<br />

„eine Dimension, die nicht weniger konstitutiv <strong>für</strong> pädagogische Probleme ist als<br />

etwa die Kategorie „Geschlecht“ (…), deren f<strong>und</strong>amentale Bedeutung wir auch<br />

erst seit <strong>den</strong> letzten zwei Jahrzehnten zu klären versuchen <strong>und</strong> woraus wir praktische<br />

<strong>und</strong> theoretische Konsequenzen zu ziehen beginnen.“ 5<br />

Neben <strong>den</strong> drei Gr<strong>und</strong>fähigkeiten zur Selbstbestimmung, Mitbestimmung <strong>und</strong> Solidarität,<br />

die vor dem Hintergr<strong>und</strong> interkultureller Bildung ebenfalls in neuem<br />

Licht erscheinen, nennt Klafki eine Reihe weiterer (Gr<strong>und</strong>-) Fähigkeiten <strong>und</strong> Erziehungsziele<br />

von Schule, die in diesem Zusammenhang entschei<strong>den</strong>de Rollen<br />

spielen: Kritikbereitschaft <strong>und</strong> -fähigkeit, Argumentationsbereitschaft, Empathie,<br />

4 Klafki, 1998, S. 236.<br />

5 Ebd. S. 236.<br />

6


Kooperations- <strong>und</strong> Teamfähigkeit, vernetztes Denken, Kreativität, die Entwicklung<br />

eines interkulturellen Problembewusstseins <strong>und</strong> Frie<strong>den</strong>serziehung.<br />

Interkulturelles Lernen steht in einem engen Wechselverhältnis zu all diesen Erziehungszielen<br />

bzw. Aufgaben von Schule. Meine dritte These impliziert also<br />

auch, dass an der ERS 1 die Gr<strong>und</strong>voraussetzungen <strong>für</strong> <strong>den</strong> erweiterten Erwerb<br />

bzw. Ausbau dieser Gr<strong>und</strong>fähigkeiten gegeben sind, mit <strong>den</strong>en unsere SchülerInnen<br />

die Schule als kompetente WeltbürgerInnen verlassen können.<br />

Bei der Überprüfung meiner Thesen, die aufeinander aufbauen, werde ich zunächst<br />

anhand eines Ansatzes aus der Psychologie zu klären versuchen, was „interkulturelles<br />

Lernen“ eigentlich bedeutet <strong>und</strong> welcher Kulturbegriff dem<br />

zugr<strong>und</strong>e liegt (Teil 2 dieser Arbeit), um in <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> Teilen der Arbeit immer<br />

wieder abgleichen zu können, inwiefern Voraussetzungen <strong>für</strong> interkulturelles<br />

Lernen an der ERS 1 gegeben sind bzw. dieses bereits stattfindet.<br />

Eine Voraussetzung interkulturellen Lernens ist der Kontakt zu Mitgliedern anderer<br />

kultureller Gemeinschaften. Um zu überprüfen, wie hoch der tatsächliche Anteil<br />

von SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> an der ERS 1 ist, habe ich<br />

mithilfe eines Fragebogens eine Umfrage unter <strong>den</strong> SchülerInnen gemacht, die im<br />

Teil 3 ausgewertet wer<strong>den</strong> soll. In diesem Rahmen soll auch ermittelt wer<strong>den</strong>, ob<br />

die SchülerInnen sich an der ERS 1 tatsächlich wohl fühlen <strong>und</strong> wie sie ihr subjektives<br />

Empfin<strong>den</strong> begrün<strong>den</strong>.<br />

Den vierten Teil der Arbeit widme ich schließlich der Frage, wie die Institution<br />

Schule mit der kulturellen Heterogenität <strong>ihre</strong>r SchülerInnen umgeht. Auch meine<br />

eigenen Unterrichtserfahrungen sollen hier<strong>für</strong> exemplarisch reflektiert wer<strong>den</strong>.<br />

Fragen der kulturellen I<strong>den</strong>tität implizieren immer auch Fragen der sprachlichen<br />

I<strong>den</strong>tität. Wenn ich mich mit der kulturellen Vielfalt innerhalb der SchülerInnenschaft<br />

beschäftige, so ist dies auch eine Beschäftigung mit sprachlicher Vielfalt.<br />

<strong>Die</strong> Frage nach deren Bezug zu meinen bei<strong>den</strong> Unterrichtsfächern Englisch <strong>und</strong><br />

Deutsch sowie die Schlussfolgerungen <strong>für</strong> meine eigene Unterrichtspraxis wer<strong>den</strong><br />

sich deshalb genau wie die Frage nach <strong>den</strong> Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen interkulturellen<br />

Lernens durch die gesamte Arbeit ziehen.<br />

7


2. Interkulturelles Lernen<br />

2.1. Über die Schwierigkeiten im Umgang mit kultureller Differenz<br />

In <strong>ihre</strong>r Studie „Interkulturelle Erziehung <strong>und</strong> Schulalltag“ stellen Auernheimer<br />

<strong>und</strong> seine KollegInnen in <strong>den</strong> Lehrerkollegien, gerade an Schulen mit hohem Ausländeranteil,<br />

eine Ten<strong>den</strong>z fest, kulturelle Unterschiede <strong>ihre</strong>r Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schüler zu übersehen. Befragte LehrerInnen versicherten, „da gar keine Unterschiede“<br />

6 zu kennen <strong>und</strong> waren sich oft über die Herkunftsländer <strong>ihre</strong>r Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler unsicher. <strong>Die</strong>se Wissenslücke wurde von ihnen jedoch nicht als<br />

Defizit wahrgenommen, sondern als Unterfütterung <strong>ihre</strong>s Glaubens, Migrantenkindern<br />

gegenüber nicht voreingenommen zu sein.<br />

In <strong>ihre</strong>n Erklärungsversuchen merken Auernheimer et al. hierzu an, dass es gerade<br />

im deutschen Bildungssystem mit seiner starken äußeren Differenzierung offenbar<br />

Mechanismen gebe, die Homogenisierungsten<strong>den</strong>zen (auch im Bezug auf kulturelle<br />

Unterschiede) begünstigten. So wür<strong>den</strong> an Schulen „traditionellen Zuschnitts“,<br />

an <strong>den</strong>en vorwiegend lehrerzentriert unterrichtet werde, kulturelle<br />

Unterschiede tatsächlich eine geringere Rolle spielen. Solange sich LehrerInnen<br />

<strong>und</strong> SchülerInnen nur in <strong>ihre</strong>n Rollen als solche begegnen, kann davon ausgegangen<br />

wer<strong>den</strong>, dass <strong>für</strong> die LehrerInnen nur die schulische Leistung der Einzelnen<br />

<strong>und</strong> nicht etwa deren Migrationsgeschichte oder ihr kultureller Hintergr<strong>und</strong> zählen.<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler, egal welcher Herkunft, in erster Linie in <strong>ihre</strong>r universellen<br />

SchülerInnenrolle wahrzunehmen, entspreche, so Auernheimer, <strong>den</strong><br />

institutionellen Regeln <strong>und</strong> „pädagogischer Rationalität“ 7 . <strong>Die</strong>se müsse jedoch mit<br />

einem anderen pädagogischen Prinzip, dem der Individualisierung, vereinbart<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Hier sehe ich in der Tat eine entschei<strong>den</strong>de Schwierigkeit im Umgang mit kultureller<br />

Differenz, wie sie auch in der Diskussion im Kollegium der ERS 1 um <strong>den</strong><br />

pädagogischen Tag zum Thema „Interkulturelles Lernen“ immer wieder anklangen:<br />

Soll man wirklich so viel Aufhebens um die kulturelle Zusammensetzung <strong>und</strong><br />

das Interkulturelle Lernen machen? Ist <strong>den</strong> SchülerInnen nicht eher damit gedient,<br />

sie als solche wahrzunehmen <strong>und</strong> ihnen das zu vermitteln, was sie brauchen,<br />

um das Abitur zu bestehen? Klar gibt es immer mal wieder Probleme, vor<br />

6 Auernheimer et al., 1996. S. 212.<br />

7 A.a.O. S. 236.<br />

8


allem mit <strong>den</strong> muslimischen SchülerInnen, aber soll man diese gleich so überbewerten<br />

(nur weil „interkulturelles Lernen“ gerade angesagt ist)?<br />

<strong>Die</strong> Ten<strong>den</strong>z, die <strong>Implikationen</strong> kultureller Vielfalt herunterzuspielen oder gar zu<br />

ignorieren <strong>und</strong> sich hierbei auf die eigene LehrerInnenrolle zurückzuziehen, dürfte<br />

<strong>den</strong> SchülerInnen gegenüber durchaus wohlmeinend sein. <strong>Die</strong>se sollen durch <strong>ihre</strong>n<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> nicht stigmatisiert <strong>und</strong> stereotypisiert wer<strong>den</strong> <strong>und</strong> von<br />

uns LehrerInnen einfach als SchülerInnen behandelt wer<strong>den</strong>.<br />

Auernheimer et al. begrün<strong>den</strong> diese Unsicherheit im Umgang mit kultureller Differenz<br />

damit, dass uns positive Modelle hier<strong>für</strong> bislang fehlen. Als besonders<br />

problematisch sehen sie hierbei die Auswirkungen deutscher Vergangenheit auf<br />

unseren Umgang mit kultureller Differenz heute.<br />

In unserer Gesellschaft <strong>und</strong> in der europäischen Geschichte findet man kaum<br />

Modelle <strong>für</strong> <strong>den</strong> Umgang mit kultureller Differenz, sondern fast nur defizitäre<br />

Formen, neben Rassismen verschie<strong>den</strong>er Art die paternalistische Bevorm<strong>und</strong>ung,<br />

die Faszination durchs Exotische oder einen als Universalismus verkleideten<br />

Eurozentrismus. Im Verhältnis der europäischen Nationen<br />

zueinander haben die früheren Stereotypen <strong>und</strong> Feindbilder einem verschwommenen<br />

Einheitsbild Platz gemacht (…) Speziell in Deutschland <strong>und</strong><br />

Österreich wird die Verunsicherung verstärkt durch die Vernichtung stigmatisierter<br />

Minderheiten im NS-Staat. In einem Land, in dem Menschen durch einen<br />

gelben Stern als „minderrassig“ kenntlich gemacht wur<strong>den</strong>, (…) liegt es<br />

nahe, kulturelle Unterschiede zu verleugnen. 8<br />

<strong>Die</strong>se Erklärung erscheint mir sehr einleuchtend, zumal der gängige Kulturbegriff<br />

sich einerseits praktisch mit dem der Ethnie deckt <strong>und</strong> andererseits vor allem von<br />

konservativen Kreisen gerne bemüht wird, wenn es darum geht, bestimmte politische<br />

Ziele, wie das Verhindern des türkischen EU-Beitritts oder die Zwangsassimilation<br />

von Einwanderern durch Anpassung an die deutsche „Leitkultur“ zu<br />

erreichen.<br />

Bei solchen Berührungsängsten mit dem Thema „Kultur“ könnten Konzepte von<br />

Kultur, wie wir sie beispielsweise in der Kulturanthropologie vorfin<strong>den</strong>, weiterhelfen.<br />

Im kommen<strong>den</strong> Abschnitt möchte ich einige <strong>für</strong> unseren Kontext maßgebliche<br />

Merkmale solcher Konzepte kurz erläutern, bevor ich auf Modelle<br />

interkulturellen Lernens an sich zu sprechen komme.<br />

8 A.a.O. S. 237.<br />

9


2.2. Kultur - Was kann das <strong>für</strong> uns heißen?<br />

Definitionen <strong>und</strong> Konzepte von Kultur gibt es in unseren Bezugswissenschaften<br />

zuhauf. Konzepte interkulturellen Lernens, wie sie seit <strong>den</strong> sechziger Jahren in<br />

<strong>den</strong> USA von Firmen <strong>und</strong> nationalen Einrichtungen <strong>für</strong> <strong>ihre</strong> Mitarbeiter im Ausland<br />

entwickelt wur<strong>den</strong>, stützen sich hierbei jedoch vorwiegend auf Modelle aus<br />

der Kulturanthropologie bzw. Ethnologie. <strong>Die</strong>s hat seine guten Gründe: <strong>Die</strong> Kulturanthropologie<br />

versteht sich in erster Linie als eine deskriptive Wissenschaft. So<br />

wie die deskriptive Linguistik, die nicht grammatische Normen vorgibt, sondern<br />

versucht, aus dem, was die TeilnehmerInnen einer Kommunikationsgemeinschaft<br />

sprachlich produzieren, Gemeinsamkeiten zu fin<strong>den</strong> <strong>und</strong> Regeln zu bil<strong>den</strong>, versuchen<br />

Kulturanthropologen aus <strong>ihre</strong>n Teilnehmen<strong>den</strong> Beobachtungen Schlüsse <strong>für</strong><br />

kulturelle Systeme (im Allgemeinen wie im Speziellen) zu ziehen. <strong>Die</strong>ses Vorgehen<br />

hat <strong>den</strong> Vorteil, dass seine Ergebnisse einerseits (relativ) frei von Idealisierungen<br />

<strong>und</strong> Dogmatismen <strong>und</strong> obendrein <strong>den</strong>noch (relativ) konkret sind. In <strong>ihre</strong>n<br />

Bemühungen, kulturelle Systeme zu beschreiben, haben Kulturanthropologen<br />

Dimensionen von Kultur herausgearbeitet, anhand derer sich Unterschiede kultureller<br />

Systeme manifestieren lassen, ohne hierbei <strong>den</strong> Handlungsspielraum des Individuums<br />

zu übersehen.<br />

<strong>Die</strong>se von Kulturanthropologen erarbeiteten Dimensionen wer<strong>den</strong> auch von der<br />

Pädagogischen <strong>und</strong> Kulturvergleichen<strong>den</strong> Psychologie 9 bemüht, wenn es darum<br />

geht, interkulturelles Lernen zu beschreiben. Im deutschsprachigen Raum wird<br />

hier bevorzugt mit dem Modell von Geert Hofstede, welches ich im Folgen<strong>den</strong><br />

noch beschreiben werde, gearbeitet.<br />

Zunächst möchte ich noch einige generelle Aussagen über <strong>den</strong> Kulturbegriff, <strong>den</strong><br />

ich im Folgen<strong>den</strong> verwen<strong>den</strong> werde, machen. Als erstes erachte ich es <strong>für</strong> wichtig,<br />

anzumerken, dass „Kultur“ sich keineswegs mit „Nationalkultur“ deckt. Auch<br />

sind Individuen i.d.R. nicht Mitglieder einzelner, sondern mehrerer kultureller<br />

Gemeinschaften. So ist die fiktive Schülerin X aus Afghanistan nicht nur Muslima<br />

afghanischer Herkunft <strong>und</strong> Auslegung, sondern womöglich auch begeisterte<br />

Chatroom-Nutzerin <strong>und</strong> passionierte Hip-Hop-Hörerin, sie ist Migrantin in<br />

Frankfurt <strong>und</strong> nicht zuletzt auch Schülerin der ERS 1. <strong>Die</strong>se kulturelle<br />

Mehrfachzugehörigkeit (auch transnationaler Art) ermöglicht es, die eigene<br />

9 Vgl. Thomas, Alexander, 1993.<br />

10


I<strong>den</strong>tität in unterschiedlichen Kontexten zu erfahren <strong>und</strong> herauszubil<strong>den</strong>.<br />

<strong>Die</strong> angeführten Beispiele kultureller Zugehörigkeit (in diesem Falle könnten sie<br />

auch Zugehörigkeiten zu „Ideoscapes“ <strong>und</strong> „Mediascapes“ 10 genannt wer<strong>den</strong>),<br />

deuten schon darauf hin, dass es sich hier um einen „erweiterten“ Kulturbegriff<br />

handelt, <strong>für</strong> <strong>den</strong> nicht die Produkte einer Hochkultur wie die bil<strong>den</strong><strong>den</strong> Künste,<br />

Literatur oder Philosophie von Interesse sind, sondern all das, was Alltagskultur<br />

ausmacht.<br />

Nun könnte ich an dieser Stelle (mindestens) zwei Einwände geltend machen:<br />

1. Wenn schon die regelmäßige Nutzung eines bestimmten Chatrooms dem Bewegen<br />

innerhalb eines kulturellen Systems entspricht, ist dann nicht alles, was ich<br />

mit anderen gemeinsam mache, gleich Kultur?<br />

2. Wenn der Kulturbegriff hier schon so erweitert wird, warum muss mich dann<br />

der Migrationshintergr<strong>und</strong> meiner Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler noch interessieren?<br />

Offenbar gehören dann doch alle meiner SchülerInnen verschie<strong>den</strong>en „Kulturen“<br />

an.<br />

Hier wäre Folgendes zu erwidern:<br />

Auch wenn der Kulturbegriff hier sehr stark erweitert erscheint, so ist er doch keinesfalls<br />

beliebig. Kultur bleibt ein „<strong>für</strong> eine größere Gruppe von Menschen gültiges<br />

Sinnsytem“ bzw. „die Gesamtheit miteinander geteilter verhaltensbestimmender<br />

Bedeutungen“ 11 . Das freitägliche Doppelkopfspiel entspräche<br />

demnach zwar durchaus kultureller Praxis, stellt jedoch noch kein Sinnsystem als<br />

solches dar.<br />

<strong>Die</strong> Tatsache, dass Individuen kulturelle Mehrfachzugehörigkeiten haben können,<br />

stellt noch nicht die Bedeutung primärer Enkulturation, welche sozialisationstheoretisch<br />

in die Phase der kindlichen Primärsozialisation fällt, in Frage. <strong>Die</strong>se Phase,<br />

in der das Kind vorwiegend durch die kulturelle Praxis seiner Eltern <strong>und</strong> nächsten<br />

Umgebung geprägt wird, „ist als besonders tiefgreifend <strong>und</strong> nachhaltig anzusehen“<br />

12 , da sie die Entwicklung des Individuums entschei<strong>den</strong>d beeinflusst.<br />

Doch inwiefern manifestiert sich diese primäre Enkulturisation? Hofstede hat<br />

hierzu ein Modell entworfen, welches die verschie<strong>den</strong>en Äußerungen von Kultur<br />

kategorisiert <strong>und</strong> zugleich deren Veränderbarkeit symbolisiert.<br />

10 <strong>Die</strong>se Begriffe wur<strong>den</strong> alternativ zu „landscapes“ entwickelt, welche einst, in Zeiten geringerer<br />

Mobilität, die Ausweitung kultureller Gemeinschaften eingrenzten. Vgl. Welz, 2001.<br />

11 Grosch/Leenen, 1998. S. 33.<br />

12 Ebd.<br />

11<br />

Formatiert: Einzug: Links: 0,5<br />

cm<br />

Formatiert: Nummerierung <strong>und</strong><br />

Aufzählungszeichen


Symbole<br />

Hel<strong>den</strong><br />

Rituale<br />

Werte<br />

(nach Hofstede, 1991)<br />

So befin<strong>den</strong> sich die Symbole einer Kultur in der äußersten Zwiebelschale seines<br />

Diagramms, da sie am offensichtlichsten sind. Symbole können Wörter, Gesten<br />

oder Objekte sein, die eine bestimmte Bedeutung tragen. In diese Kategorie gehören<br />

auch Kleidung, Frisuren <strong>und</strong> Statussymbole wie Handys. Symbole sind das,<br />

was sich in einer Kultur am schnellsten ändern kann.<br />

Hel<strong>den</strong> sind Personen, <strong>den</strong>en Eigenschaften zugeschrieben wer<strong>den</strong>, die in einer<br />

Kultur hohen Stellenwert haben <strong>und</strong> die uns Verhaltensmodelle liefern können.<br />

<strong>Die</strong>s können historische Figuren, FilmheldInnen, religiöse Vorbilder etc. sein.<br />

Erst durch das Medienzeitalter können auch Hel<strong>den</strong> schneller wechseln.<br />

Unter Ritualen wer<strong>den</strong> kollektive Aktivitäten verstan<strong>den</strong>, die an sich überflüssig<br />

wären, aber in der jeweiligen Kultur als essentiell angesehen wer<strong>den</strong>. Hierzu gehören<br />

Begrüßungs- <strong>und</strong> Verabschiedungsrituale, die Art, in welcher gemeinsam<br />

gegessen wird, <strong>und</strong> jede Form von Zeremonien.<br />

Den Kern einer Kultur bil<strong>den</strong> schließlich die Werte, auf <strong>den</strong>en das gesamte System<br />

basiert. Werte gelten dabei als Ten<strong>den</strong>zen, manche Dinge gegenüber anderen<br />

zu bevorzugen. Hier wird, wie auf einer Messskala, über Dinge geurteilt, wobei<br />

Gegensatzpaare wie gut <strong>und</strong> böse, schön <strong>und</strong> hässlich, natürlich <strong>und</strong> unnatürlich,<br />

logisch <strong>und</strong> unlogisch an <strong>den</strong> En<strong>den</strong> der Skalen stehen. Man geht davon aus, dass<br />

das basale Wertesystem des Menschen bis zum Alter von ca. zehn Jahren aufgebaut<br />

wird. Durch diese frühe Verinnerlichung wiederum bleiben Werte <strong>ihre</strong>n Trägern<br />

selbst oft unbewusst <strong>und</strong> wer<strong>den</strong> von ihnen nicht hinterfragt. Sie bleiben<br />

auch <strong>für</strong> Außenstehende unsichtbar <strong>und</strong> man kann nur aus Handlungspräferenzen<br />

bzw. dem Zusammenspiel der „äußeren Zwiebelschalen“ auf sie schließen.<br />

<strong>Die</strong>ses Konzept von Kultur ist <strong>für</strong> unsere Zwecke nicht nur deshalb geeignet, weil<br />

es verschie<strong>den</strong>en Modellen interkulturellen Lernens zugr<strong>und</strong>e liegt. Es verdeutlicht<br />

m.E. auch, wie tief die primäre kulturelle Prägung des Einzelnen wirkt <strong>und</strong><br />

12


was eine „<strong>multikulturelle</strong> SchülerInnenschaft“ in Hinblick auf die einzelnen Individuen<br />

eigentlich bedeutet: nämlich nicht allein, dass hier Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

unterschiedlicher Muttersprachen <strong>und</strong> Hautfarben, mit <strong>und</strong> ohne Kopftuch, in<br />

einem gemeinsamen Klassenraum sitzen. Wenn wir es mit Jugendlichen verschie<strong>den</strong>er<br />

kultureller Herkunft zu tun haben, die sich <strong>den</strong>noch, oft im Rahmen einer<br />

bestimmten Jugendkultur, mit <strong>den</strong> gleichen Symbolen schmücken, die gleichen<br />

Hel<strong>den</strong> verehren <strong>und</strong> <strong>ihre</strong> gemeinsamen Begrüßungsrituale haben, so darf dies<br />

nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Einzelnen die Dinge womöglich völlig unterschiedlich<br />

interpretieren <strong>und</strong> bewerten. Hiermit möchte ich keinesfalls sagen,<br />

dass unterschiedliche Enkulturation gegenseitiges Verstehen unmöglich mache.<br />

Auch ist davon auszugehen, dass Jugendliche, die schon einige Zeit in Deutschland<br />

leben, sich relativ frei in <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Wertesystemen bewegen können<br />

<strong>und</strong> somit wenige kulturbedingte Konflikte untereinander haben. Ich sehe es<br />

vielmehr als Herausforderung an uns LehrerInnen, die außer der Mitgliedschaft in<br />

der gemeinsamen Schulgemeinde doch eher wenig mit unseren SchülerInnen (mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong>) verbindet, hier wachsam zu sein, die eigenen Werte zu<br />

hinterfragen <strong>und</strong> <strong>den</strong> eigenen Interpretationsspielraum in der Deutung von potentiellen<br />

Konflikten zu nutzen, um aus diesen interkulturelles Lernen zu ermöglichen.<br />

Was dies bedeutet, möchte ich im Folgen<strong>den</strong> näher erläutern.<br />

2.3. Was ist Interkulturelles Lernen?<br />

Einer sehr allgemeinen Definition der Psychologie nach ist Lernen ein mehr oder<br />

weniger langer Prozess, in welchem aufgr<strong>und</strong> von Erfahrung das eigene Verhalten<br />

verändert wird.<br />

Interkulturelles Lernen soll <strong>den</strong> Einzelnen zunächst dazu befähigen, sich seiner<br />

kulturellen Befangenheit bewusst zu wer<strong>den</strong>. <strong>Die</strong>ses Gefangensein in kulturellen<br />

Mustern wird auch „Kulturzentrismus“ (Grosch/Leenen, 1998) bzw. „Ethnozentrismus“<br />

(Bennett et al., 1999) genannt. <strong>Die</strong>ser Schritt ist deshalb besonders<br />

wichtig, weil schon allein das unhinterfragte Ansetzen des eigenen<br />

Deutungssystems notwendigerweise Wahrnehmungseinfärbungen mit sich bringt,<br />

13<br />

Gelöscht:<br />

Gelöscht:<br />

Gelöscht:


die dem Frem<strong>den</strong> weniger Wert beimessen als dem Eigenen 13 . Nur wenn eigene,<br />

kulturell bedingte Arten der Wahrnehmung, des Denkens, Handelns <strong>und</strong> Wertens<br />

als solche erkannt wer<strong>den</strong>, können sie zum einen relativiert wer<strong>den</strong>, können aber<br />

andererseits auch andere Wahrnehmungs-, Denk- <strong>und</strong> Handlungsmuster als<br />

gleichberechtigt anerkannt wer<strong>den</strong>. Ein Ziel interkulturellen Lernens könnte es<br />

also sein, die kulturelle Bedingtheit verschie<strong>den</strong>er Standards zu erkennen <strong>und</strong><br />

sowohl das Eigene als auch das Fremde zu akzeptieren.<br />

<strong>Die</strong> amerikanischen PsychologInnen Bennett et al. gehen noch weiter <strong>und</strong> sehen<br />

als nächste Schritte die Entwicklung von Strategien zur erfolgreichen Kommunikation<br />

mit Mitgliedern anderer kultureller Gemeinschaften <strong>und</strong> zuletzt die Fähigkeit<br />

zur Anpassung an verschie<strong>den</strong>e kulturelle Rahmenbedingungen, zur<br />

interkulturellen Mediation <strong>und</strong> zum variablen Einsatz verschie<strong>den</strong>er kultureller<br />

Wertsysteme.<br />

Nun orientieren sich solche idealtypischen Modelle i.d.R. am kompetenten<br />

Fremdsprachenlerner, der während eines Auslandaufenthaltes in einer der zielsprachlichen<br />

Kulturen neben der Sprache auch das kulturelle Orientierungssystem<br />

erfassen möchte. Oder sie visieren die im Ausland tätige Geschäftsfrau an, die aus<br />

finanziellen Interessen auf die erfolgreiche Zusammenarbeit mit <strong>den</strong> Ortsansässigen<br />

angewiesen ist. Unsere SchülerInnen mit Migrationsgeschichte hingegen bewegen<br />

sich i.d.R. bereits in mindestens zwei kulturellen Wertesystemen, hätten<br />

somit also bereits die letzte Stufe dieses Modells erreicht, ohne jedoch die anderen<br />

Stufen, nämlich die der generellen Ethnorelativierung (s.u.), durchlaufen zu haben.<br />

Dennoch möchte ich das Modell hier vorstellen, da es uns Anhaltspunkte <strong>für</strong> die<br />

verschie<strong>den</strong>en Stufen interkulturellen Lernens gibt, die uns helfen können, auch<br />

bereits stattgef<strong>und</strong>enes Lernen unserer Schüler einzuordnen <strong>und</strong> somit wertzuschätzen.<br />

13<br />

Vgl. hierzu die Soziale I<strong>den</strong>titätstheorie von Tajfel, beschrieben in Brown, 2002 <strong>und</strong><br />

Mummendey, 1999.<br />

14


<strong>Die</strong> Stufen des DMIS (Developmental Model of Intercultural Sensitivity) 14 :<br />

Ethnozentrische Phasen<br />

Eigene Weltsicht ist zentral <strong>für</strong> die Realität.<br />

In der 3. Phase wer<strong>den</strong> kulturelle Unterschiede mittels<br />

kultureller Ähnlichkeiten negiert<br />

15<br />

Ethnorelative Phasen<br />

Kulturen wer<strong>den</strong> im Verhältnis zueinander verstan<strong>den</strong>.<br />

Verhalten wird vor dem Hintergr<strong>und</strong> des (anderen)<br />

kulturellen Kontextes interpretiert. Es gibt keine absoluten<br />

Standards <strong>für</strong> richtig <strong>und</strong> falsch.<br />

Denial Defense Minimization Acceptance Adaption Integration<br />

Kulturelle Unterschiedewer<strong>den</strong><br />

in der<br />

Wahrnehmung<br />

der interkulturellen<br />

Situation<br />

nicht berücksichtigt<br />

Starke Betonung<br />

kultureller<br />

Unterschiede<br />

bei gleichzeitiger<br />

Abwertung<br />

der anderen<br />

Kultur (negative<br />

Stereotypisierung)<br />

„alle Menschen<br />

sind gleich“:<br />

Unterschiede<br />

wer<strong>den</strong> minimiert<br />

<strong>und</strong> kulturelle<br />

Werte<br />

wer<strong>den</strong> als<br />

universelle<br />

missverstan<strong>den</strong><br />

Kulturelle Unterschiedewer<strong>den</strong><br />

akzeptiert<br />

<strong>und</strong> respektiert,<br />

Wissen um<br />

Kulturgeb<strong>und</strong>enheitmenschlichen<br />

Handelns<br />

Strategien zum<br />

Umgang <strong>und</strong><br />

zur Kommunikation<br />

mit anderskulturel-len<br />

Personen, Empathie,<br />

andere<br />

kulturelle Rahmen<br />

wer<strong>den</strong><br />

berücksichtigt<br />

<strong>Die</strong> Problematik eines solchen Modells ist offensichtlich: Nicht nur wird ein Ziel<br />

interkulturellen Lernens vorgegeben, welches man durchaus nicht teilen muss,<br />

sondern es wer<strong>den</strong> gar die Schritte vorgegeben, über welche man sich auf dieses<br />

Ziel hin zu bewegen hat.<br />

Brauchbar hingegen scheint mir die generelle Aufteilung der Schritte interkulturellen<br />

Lernens in „ethnozentrische“ <strong>und</strong> „ethnorelative“ Phasen <strong>und</strong> die<br />

Beschreibung verschie<strong>den</strong>er Auslegungen interkultureller Erfahrung innerhalb<br />

dieser Phasen. Interkulturelles Lernen findet in erster Linie durch <strong>den</strong> Kontakt zu<br />

Angehörigen anderer Kulturen statt. Es ist von daher einleuchtend, dass allein die<br />

Wahrnehmung kultureller Differenzen (<strong>und</strong> die damit einhergehende ten<strong>den</strong>zielle<br />

Abwertung der anderskulturellen Eigenschaften) schon ein erster Schritt<br />

interkulturellen Lernens genannt wer<strong>den</strong> kann. Sehr schön zeigt dieses Modell,<br />

dass auch die egalitäre Auffassung, alle Menschen seien gleich, in das<br />

ethnozentrische Weltbild einzuordnen sind, obgleich auch zur Ausbildung dieser<br />

These schon interkulturelles Lernen stattgef<strong>und</strong>en haben muss. Ich möchte<br />

behaupten, dass diese Phase durch positiv konnotierte Kulturkontakte, wie sie in<br />

einem guten Sozialklima an der Schule stattfin<strong>den</strong> sollten, relativ leicht erreicht<br />

wer<strong>den</strong> kann. Hier<strong>für</strong> muss nicht notwendigerweise ein Konzept <strong>für</strong><br />

14 Mitschrift aus dem Seminar „Interkulturelle Kommunikative Kompetenz <strong>und</strong><br />

Fremdsprachenlernen“, DIPF, SoSe 02; nach: Bennett, J.M., Bennett, M., Allen, W., 1999.<br />

Anpassung an<br />

unterschiedliche<br />

Kulturen<br />

möglich, Werte<br />

wer<strong>den</strong> aufgr<strong>und</strong>unterschied-licherReferenzrahmen<br />

evaluiert,<br />

Fähigkeit zur<br />

interkulturellen<br />

Mediation


interkulturelles Lernen im Schulprogramm ausgearbeitet wer<strong>den</strong>. Auch ist das<br />

Erreichen dieser Phase noch nicht mit „Interkultureller Kompetenz“, wie sie im<br />

Schulprogramm benannt wird (vgl. 4.2.), gleichzusetzen. Interkulturelle<br />

Kompetenz könnte <strong>für</strong> unsere Zwecke schon die Überwindung der ethnorelativen<br />

Phasen sein: Das Wissen um die Kulturgeb<strong>und</strong>enheit menschlichen Handelns <strong>und</strong><br />

Denkens <strong>und</strong> die daraus resultierende Akzeptanz anderer Denk- <strong>und</strong><br />

Handlungsmuster auf Seiten von LehrerInnen <strong>und</strong> SchülerInnen.<br />

Doch hier liegt in der Tat die entschei<strong>den</strong>de Schwierigkeit. Was in Bennetts Modell<br />

genauso nahe beieinander liegt wie die vorigen Stufen, ist tatsächlich der<br />

„Knackpunkt“ interkulturellen Lernens, der sich nicht „naturgegeben“ vollziehen<br />

muss (die drei ersten Phasen wur<strong>den</strong> aus Beobachtungen entwickelt, die zeigten,<br />

dass Menschen in der konkreten Situation der Konfrontation mit einer anderen<br />

Kultur die gleichen Muster zum Umgang hiermit entwickelten). Welche Schritte<br />

ich beim Übergang in die ethnorelative Phase gehen muss, möchte ich hier kurz<br />

zusammenfassen (die Reihenfolge muss nicht maßgebend sein) 15 :<br />

- Ich muss meine eigenen Wahrnehmungs-, Denk- <strong>und</strong> Handlungsmuster als kulturell<br />

geprägt erkennen können.<br />

- Ich muss erkennen, dass das Verhalten <strong>und</strong> Denken meiner Mitmenschen anderer<br />

kultureller Herkunft ebenfalls durch deren kulturelle Prägung beeinflusst wird.<br />

- Ich muss die generelle Kulturgeb<strong>und</strong>enheit menschlichen Verhaltens erkennen<br />

<strong>und</strong> akzeptieren.<br />

- Ich muss fremdkulturelle Muster als solche erkennen, ohne sie dabei zu werten.<br />

- Ich muss eigenkulturelle Muster mit fremdkulturellen vergleichen können, um<br />

daraus zu schlussfolgern, inwieweit sie kompatibel sind (bzw. zu Konflikten führen<br />

könnten).<br />

- Ich muss mit eigenkulturellen Regeln flexibel umgehen können.<br />

- Ich muss Respekt <strong>für</strong> anderskulturelle Muster entwickeln können.<br />

Wenn wir die Lernziele noch ein wenig weiter stecken <strong>und</strong> in Bennetts Phase der<br />

Adaption ansiedeln wollen, so müsste ich weiterhin<br />

- mein Wissen über (bestimmte) andere Kulturen erweitern.<br />

- andere Kulturstandards i<strong>den</strong>tifizieren <strong>und</strong> (selektiv) übernehmen können.<br />

15 Vgl. hierzu auch das „Phasenmodell interkulturellen Lernens“ von Grosch/Leenen, 1998, S. 40.<br />

16<br />

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Aufzählungszeichen


- Strategien entwickeln, die es mir ermöglichen, mit Angehörigen anderer Kultu-<br />

ren so zu kommunizieren, dass interkulturelle Missverständnisse ausgeschlossen<br />

wer<strong>den</strong> können.<br />

Derartige Lernschritte scheinen schon viel eher auf schulische Begleitmaßnahmen<br />

angewiesen zu sein <strong>und</strong> sollten sicherlich durch ein innerschulisches Konzept zum<br />

interkulturellen Lernen unterstützt wer<strong>den</strong>. Hierbei ist vor allem darauf zu achten,<br />

dass interkulturelles Lernen nur langfristig stattfin<strong>den</strong> kann, da es sich um einen<br />

personalen Entwicklungsprozess handelt <strong>und</strong> erhebliche Widerstände auslösen<br />

kann. „Im interkulturellen Lernen müssen selbstverständliche Elemente der bisherigen<br />

Weltsicht relativiert <strong>und</strong> neue Bedeutungsperspektiven entwickelt wer<strong>den</strong>.“<br />

Deshalb sei laut Grosch/Leenen mit „Angst vor Orientierungsverlust, vor I<strong>den</strong>titätsverlust<br />

<strong>und</strong> vor Verlust der Gruppenunterstützung“ 16 zu rechnen. Als Voraussetzungen<br />

eines derartigen personalen Entwicklungsprozess, wie er sich beim<br />

interkulturellen Lernen vollzieht, benennen die Autoren deshalb folgende Faktoren:<br />

- Interkulturelles Lernen muss freiwillig sein <strong>und</strong> vom Lernen<strong>den</strong> selbst als Such-<br />

prozess aktiv angelegt wer<strong>den</strong>.<br />

- <strong>Die</strong> Lernbarrieren müssen vor allem <strong>für</strong> diejenigen systematisch niedrig gehal-<br />

ten wer<strong>den</strong>, die einem solchen Lernprozess nicht von vornherein aufgeschlossen<br />

gegenüber stehen.<br />

- Interkulturelles Lernen ist umso erfolgreicher, je besser es gelingt, <strong>den</strong> Lern-<br />

prozess als Kette von Lernerfahrungen zu organisieren.<br />

- Nicht zuletzt ist als Voraussetzung da<strong>für</strong>, genug Vertrauen zu haben, um sich auf<br />

diesen Lernprozess einlassen zu können, ein gutes soziales Klima in der Lernumgebung<br />

unerlässlich.<br />

Inwiefern an der ERS 1 diese gr<strong>und</strong>legen<strong>den</strong> Voraussetzungen erfüllt wer<strong>den</strong>, soll<br />

im Folgen<strong>den</strong> untersucht wer<strong>den</strong>.<br />

16 A.a.O., S. 37.<br />

17<br />

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Aufzählungszeichen


3. <strong>Die</strong> SchülerInnenschaft der Ernst-Reuter-Schule 1: Eine Datenerhebung<br />

in <strong>den</strong> zwölften Klassen im Schuljahr 2004/05<br />

3.1. a) <strong>Die</strong> Fragen 17<br />

Warum mich diese Daten der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler besonders interessieren,<br />

habe ich in der Einleitung schon angedeutet, möchte ich hier aber noch ausführen.<br />

<strong>Die</strong> ERS 1 hat mit ca. 30% einen hohen Ausländeranteil <strong>für</strong> ein Gymnasium. Der<br />

Frankfurter Schnitt liegt bei 20% <strong>und</strong> auch die Max-Beckmann-Schule hat als<br />

vergleichbares weiteres Frankfurter Oberstufengymnasium „nur“ einen Anteil von<br />

24% 18 . Doch diese Zahlen sagen noch nichts über <strong>den</strong> tatsächlichen Anteil von<br />

SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> aus, geben sie doch lediglich Auskunft<br />

über <strong>den</strong> Anteil derjenigen ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Der „tatsächliche“<br />

Anteil wird im Schulprogramm auf ca. zwei Drittel der SchülerInnenschaft geschätzt,<br />

ein Wert, der sich mit ersten Eindrücken beim Blick auf Namenslisten zu<br />

decken scheint. Doch auch diese Zahlen geben lediglich einen Eindruck von der<br />

quantitativen Relation von SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> vs. Schüler-<br />

Innen ohne Migrationshintergr<strong>und</strong>. Ganz wichtig <strong>für</strong> <strong>den</strong> Aspekt des interkulturellen<br />

Lernens ist jedoch auch die Tatsache, dass sich hier nicht etwa SchülerInnen<br />

zweier verschie<strong>den</strong>er Kulturkreise in einer Relation von 1/3 zu 2/3 gegenüberstehen,<br />

sondern dass schon bei <strong>den</strong>jenigen, die offiziell als Ausländer registriert sind,<br />

neunzehn (!) verschie<strong>den</strong>e Staatsangehörigkeiten (allein im zwölften Jahrgang) zu<br />

verzeichnen sind. Meine Vermutung ist, dass sich diese Pluralität kultureller Zugehörigkeiten<br />

beim genaueren Hinsehen als noch breiter darstellen wird. Anhand<br />

der ersten bei<strong>den</strong> Fragen nach dem eigenen Geburtsland <strong>und</strong> <strong>den</strong> Geburtsorten<br />

beider Elternteile soll dies untersucht wer<strong>den</strong>. Ist ein Elternteil nicht in Deutschland<br />

geboren, so ist die jeweilige Schülerin nach <strong>den</strong> Kriterien der PISA- Studie<br />

bereits als Schülerin mit Migrationshintergr<strong>und</strong> einzustufen, was <strong>für</strong> unsere Zwecke,<br />

angesichts der kulturellen Prägung auch durch einen der Elternteile, durchaus<br />

Sinn macht.<br />

Vor allem aus meiner Sicht als Sprachenlehrerin interessiert mich die Frage nach<br />

dem eigenen Geburtsort <strong>und</strong> nach dem Alter, in welchem die entsprechen<strong>den</strong><br />

SchülerInnen nach Deutschland gekommen sind. Obwohl dieser Faktor sicherlich<br />

17<br />

Der komplette Fragebogen befindet sich im Anhang unter 7.2.<br />

18<br />

Alle Angaben entnommen aus Deutsches Institut <strong>für</strong> Internationale Pädagogische Forschung,<br />

2002.<br />

18


auch die kulturelle Prägung beeinflusst, ist er doch besonders maßgebend, wenn<br />

es darum geht zu beurteilen, ob Deutsch eher als Zweit- oder als Fremdsprache<br />

gelernt wird/wurde. Aus dieser Perspektive interessiert mich auch die Frage nach<br />

<strong>den</strong>jenigen Sprachen, die im Elternhaus gesprochen wer<strong>den</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Frage nach <strong>den</strong> Staatsangehörigkeiten konnte mir im Abgleich mit <strong>den</strong><br />

Stammdaten der SchülerInnen Auskunft über die Repräsentativität der befragten<br />

Gruppe <strong>für</strong> die GesamtschülerInnenschaft geben. Für mich interessant waren hier<br />

außerdem die freiwilligen Anmerkungen mancher SchülerInnen zum anvisierten<br />

Wechsel <strong>ihre</strong>r Staatsbürgerschaft, welche <strong>für</strong> diese Untersuchung jedoch unberücksichtigt<br />

bleiben sollen.<br />

<strong>Die</strong> Religionszugehörigkeiten der SchülerInnen können vielleicht am deutlichsten<br />

die unterschiedlichen kulturellen Prägungen, <strong>und</strong> zwar transnationaler Art, her-<br />

vorheben. 19<br />

<strong>Die</strong> letzte Frage der „Angaben zur Person“ hat sich aus der Arbeit in meiner<br />

Arbeitsgruppe am pädagogischen Tag zum interkulturellen Lernen (vgl. 4.2.)<br />

ergeben. Bei der Frage nach dem, was Schule tun kann, um SchülerInnen mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> möglichst effektiv auf <strong>ihre</strong>m Weg zum <strong>und</strong> durch das<br />

Abitur zu begleiten, hat die Arbeitsgruppe länger darüber diskutiert, ob wir diese<br />

SchülerInnen nur zum Abitur bringen müssen oder ob eine gleichzeitige<br />

Vorbereitung auf das „echte Leben“ in Deutschland nötig sei. Ich halte diese<br />

Diskussion <strong>für</strong> überflüssig, da sich die Qualität unserer Förderung nicht daran<br />

bemessen darf, ob die SchülerInnen nach dem Abitur vorhaben in Deutschland zu<br />

leben oder nicht. Den SchülerInnen muss in jedem Fall zunächst das Wissen<br />

vermittelt wer<strong>den</strong>, welches sie <strong>für</strong> das Bestehen des Abiturs brauchen <strong>und</strong> wenn<br />

wir interkulturelles Lernen ernst nehmen, so sollten die SchülerInnen ja gerade<br />

nicht möglichst effektiv auf das Leben in Deutschland (im Sinne von Integration)<br />

vorbereitet wer<strong>den</strong>, sondern die Schule mit der Gr<strong>und</strong>ausstattung kompetenter<br />

Weltbürger verlassen, egal wohin. <strong>Die</strong> Antworten auf diese Frage sind aber<br />

deshalb sehr interessant, weil sie Auskunft über Zukunftsperspektiven der<br />

SchülerInnen geben. Wenn die Antworten auch <strong>für</strong> unser pädagogisches Handeln<br />

als LehrerInnen nicht maßgebend sein dürfen, so macht es <strong>für</strong> die Haltung der<br />

19 Sicherlich wäre es hier auch interessant gewesen, z.B. noch zwischen römisch-katholisch <strong>und</strong><br />

evangelisch zu differenzieren, da sich, wenn man es genau nimmt <strong>und</strong> <strong>für</strong> kulturelle Unterschiede<br />

sensibilisiert ist, hier (kulturelle)Welten unterschei<strong>den</strong> können. Dann müsste man aber auch<br />

zwischen <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Ausrichtungen des Islams etc. differenzieren, was letztendlich nicht<br />

mehr kategorisierbar <strong>und</strong> auswertbar wäre.<br />

19<br />

Formatiert: Keine<br />

Silbentrennung


einzelnen Schülerin gegenüber <strong>ihre</strong>m Umfeld schon einen Unterschied, ob sie sich<br />

mit dem Abitur auf ein Leben in Deutschland vorbereitet oder, aus welchen<br />

Grün<strong>den</strong> auch immer, vorhat, Deutschland zu verlassen.<br />

Im zweiten Teil des Fragebogens wer<strong>den</strong> die SchülerInnen aufgefordert, sich zu<br />

<strong>ihre</strong>m subjektiven Befin<strong>den</strong> an der Schule zu äußern. <strong>Die</strong>ses Befin<strong>den</strong> zu ermitteln<br />

ist zum einen wichtig, um abschätzen zu können, inwieweit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

hiermit gekoppelt ist (das heißt im Klartext, ob SchülerInnen mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> sich ten<strong>den</strong>ziell wohl oder unwohl fühlen), zum anderen<br />

kann es Auskunft über das soziale Klima an der Schule insgesamt geben, welches<br />

als Voraussetzung <strong>für</strong> interkulturelles Lernen so wichtig ist (vgl. 2.3.).<br />

Durch die Frage nach Vorschlägen <strong>für</strong> die Förderung von SchülerInnen nichtdeutscher<br />

Herkunft soll einerseits ermittelt wer<strong>den</strong>, ob SchülerInnen hier Bedarf<br />

sehen, zum anderen, welchen.<br />

3.1. b) Organisatorische Voraussetzungen<br />

Während die Gesamtauswertung der Daten aus Platzgrün<strong>den</strong> tabellarisch im Anhang<br />

zu fin<strong>den</strong> ist, will ich mich hier auf die <strong>für</strong> meine Fragestellung wichtigsten<br />

Ergebnisse der Befragung beschränken.<br />

Zunächst ist zu sagen, dass die Fragebögen an <strong>den</strong> gesamten zwölften Jahrgang<br />

verteilt wer<strong>den</strong> sollten. Während die <strong>Schülerschaft</strong> des elften Jahrgangs noch als<br />

instabil <strong>und</strong> weniger repräsentativ gilt, ist davon auszugehen, dass die meisten<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler der zwölften Klassen der ERS 1 bis zum Abitur erhalten<br />

bleiben <strong>und</strong> von daher eher einen Querschnitt der GesamtschülerInnenschaft<br />

darstellen als SchülerInnen des elften Jahrgangs. Auch sollte die Befragung eines<br />

Drittels aller SchülerInnen durchaus repräsentativ sein 20 . <strong>Die</strong> Fragebögen wur<strong>den</strong><br />

selbstverständlich anonym ausgefüllt.<br />

3.2. <strong>Die</strong> persönlichen Daten<br />

a) Ergebnisse<br />

Von <strong>den</strong> ca. 140 ausgeteilten Bögen hatte ich einen Rücklauf von 101 Bögen. Ob<br />

die restlichen SchülerInnen an <strong>den</strong> jeweiligen Tagen gefehlt haben oder die Zeit,<br />

die sie während <strong>ihre</strong>s Fachunterrichts zum Ausfüllen bekamen, besser nutzen<br />

20 Zur Kontrolle wurde der Fragebogen zur gleichen Zeit auch zwei elften Klassen vorgelegt. <strong>Die</strong><br />

Ergebnisse decken sich in allen Bereichen mit <strong>den</strong>en des zwölften Jahrgangs.<br />

20


konnten, vermag ich nicht zu sagen. <strong>Die</strong> Ergebnisse dieser 101 Bögen decken sich<br />

in Bezug auf <strong>den</strong> prozentualen offiziellen Ausländeranteil jedoch exakt mit <strong>den</strong><br />

Angaben der Stammdaten (27,5% im zwölften Schuljahr). Bezüglich des Migrationshintergr<strong>und</strong>es<br />

lässt sich Folgendes feststellen: Von <strong>den</strong> 101 befragten Personen<br />

gibt es 32, deren Elternteile beide in Deutschland geboren sind. Ob die<br />

Großeltern nun aus der Türkei oder aus Griechenland stammen, ist hierbei nicht<br />

gesagt: <strong>Die</strong>se 32 Personen gelten als SchülerInnen ohne Migrationshintergr<strong>und</strong>.<br />

Alle von ihnen sind selbst in Deutschland geboren, sprechen zu Hause Deutsch<br />

<strong>und</strong> gehören entweder einer christlichen oder keiner Religion an. Hier scheinen<br />

wir es also mit einer kulturell relativ homogenen Gruppe zu tun zu haben.<br />

Ganz anders sieht es dagegen mit <strong>den</strong> restlichen 69 SchülerInnen, also jenen mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong>, aus. Von ihnen<br />

- sind 51 in Deutschland geboren.<br />

- sprechen zehn zu Hause nur Deutsch (in fünf Fällen offenbar als Lingua Franca,<br />

da keiner der Elternteile aus Deutschland stammt).<br />

- sprechen 59 zu Hause außer Deutsch mindestens noch eine weitere Sprache.<br />

- sprechen 14 mindestens zwei andere Sprachen.<br />

- sprechen sechs zu Hause (auch) Englisch.<br />

- gehören 38 der muslimischen Religion an.<br />

- gehören 28 vier weiteren Religionen an.<br />

- stammen 17 aus „Mischehen“ (beide Elternteile kommen aus unterschiedlichen<br />

Herkunftsländern).<br />

- wollen 38 auch nach dem Abitur in Deutschland bleiben.<br />

- wollen 15 nach dem Abitur nicht in Deutschland leben.<br />

- sind 16 noch unentschie<strong>den</strong>.<br />

Hier tut sich das Bild einer sowohl kulturell als auch sprachlich <strong>und</strong> in <strong>ihre</strong>n Zukunftsperspektiven<br />

ganz heterogenen Gruppe auf, das sich noch weiter diversifiziert,<br />

wenn man einen Blick auf die Eltern dieser 69 SchülerInnen wirft. <strong>Die</strong>se<br />

stammen aus 31 verschie<strong>den</strong>en Ländern, die im Einzelnen ebenfalls im Anhang zu<br />

fin<strong>den</strong> sind. In Kategorien untergliedert stammen von <strong>den</strong> insgesamt 138 Elternteilen<br />

- 35 aus Asien.<br />

- 28 aus Afrika.<br />

- 26 aus der Türkei.<br />

21<br />

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Aufzählungszeichen


- 22 aus Osteuropa.<br />

- 14 aus <strong>den</strong> alten EU-Ländern.<br />

- 8 aus Deutschland.<br />

- 4 aus <strong>den</strong> USA.<br />

- 1 aus Israel.<br />

Überraschend sind die relativ hohen Anteile von Eltern aus Afrika <strong>und</strong> Asien, deren<br />

Gesamtanteile an der ausländischen Bevölkerung Frankfurts nur bei 11 bzw.<br />

13% liegen. Hier sehe ich ein ganz besonderes Potential zum interkulturellen Lernen,<br />

wenn man die kulturelle Ferne der Länder dieser bei<strong>den</strong> Kontinente z.B. im<br />

Gegensatz zur überwiegend doch relativen Nähe der alten EU-Länder betrachtet.<br />

b) Auswertung<br />

Meine ersten Eindrücke im Bezug auf die kulturelle Vielfalt unserer <strong>Schülerschaft</strong><br />

haben mich nicht getäuscht. Während der relative Anteil derjenigen SchülerInnen<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong> sich noch recht gut einschätzen ließ (vgl. die Schätzung<br />

im Schulprogramm, die ebenso wie meine eigene auf einer Auswertung der<br />

Stammdaten basiert), ist <strong>für</strong> die Einschätzung des Ausmaßes kultureller Vielfalt<br />

tatsächlich eine Befragung der Einzelnen nötig.<br />

Für das interkulturelle Lernen lässt sich aus <strong>den</strong> Ergebnissen Folgendes ableiten:<br />

Bei einer derartigen kulturellen Vielfalt ist davon auszugehen, dass es völlig unweigerlich<br />

zu Kontakten von Angehörigen verschie<strong>den</strong>er Kulturen kommt. Wenn<br />

man be<strong>den</strong>kt, dass sich auch die 32 deutschen <strong>und</strong> ca. 13 SchülerInnen türkischer<br />

Herkunft (also die SchülerInnen der bei<strong>den</strong> am stärksten vertretenen Gruppen) auf<br />

insgesamt sechs Klassen verteilen, wird deutlich, wie wenig Möglichkeit zur Segregation<br />

einzelner Gruppen besteht. Auf diese Weise wird eine Entstehung „kultureller<br />

Fronten“ (wir vs. die) von vorneherein ausgeschlossen. Alle müssen sich<br />

miteinander beschäftigen, niemand ist wirklich in der Mehr- oder Minderheit.<br />

<strong>Die</strong> Tatsache, dass sich angesichts dieser Vielfalt niemand einer Minderheit angehörig<br />

zu fühlen braucht, sollte wiederum die Gelassenheit <strong>und</strong> das Vertrauen der<br />

SchülerInnen erhöhen – beides ebenfalls wichtige Voraussetzungen, um sich auf<br />

<strong>den</strong> interkulturellen Lernprozess einzulassen.<br />

Nicht zuletzt lässt sich auch von einer ganz enormen Bereicherung durch die vie-<br />

len verschie<strong>den</strong>en kulturellen Prägungen der Einzelnen sprechen. Zwar findet<br />

22<br />

Gelöscht: <br />

Formatiert: Keine<br />

Silbentrennung


interkulturelles Lernen auf diese Weise weniger exemplarisch statt <strong>und</strong> es ist<br />

schwieriger, kulturelle Handlungsmuster von individuellen zu unterschei<strong>den</strong>,<br />

wenn jedes Individuum in einer Begegnungssituation Trägerin anderer kultureller<br />

Prägungen ist. Dauerhaft gesehen sollte diese Voraussetzung aber einerseits die<br />

ethnorelative Wahrnehmung stärken, andererseits das Wissen über verschie<strong>den</strong>e<br />

Kulturen erheblich erweitern (vgl. Punkt 2.3.).<br />

Für meine Unterrichtsfächer sehe ich in dieser Vielfalt eine klare Herausforderung.<br />

Wenn ich davon ausgehen muss, dass nur ca. ein Drittel meiner Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler Deutsch tatsächlich als Muttersprache (im ursprünglichen Sinne<br />

des Wortes) spricht, so hat dies Konsequenzen <strong>für</strong> <strong>den</strong> Deutschunterricht (vgl.<br />

hierzu auch 4.1.). Auch wenn sie hier in Deutschland aufgewachsen sind <strong>und</strong> nur<br />

hier zur Schule gegangen sind, haben SchülerInnen, deren Eltern nicht (oder nur<br />

vom Standard abweichendes) Deutsch mit ihnen sprechen, oft Probleme, sprachliche<br />

Normen einzuhalten. Für diese SchülerInnen ist es besonders wichtig, dass sie<br />

dazu angeleitet <strong>und</strong> angehalten wer<strong>den</strong>, im Deutschunterricht <strong>ihre</strong>n mündlichen<br />

Ausdruck zu verbessern. <strong>Die</strong> häufige Abgabe <strong>und</strong> gezielte Korrektur schriftlicher<br />

Hausaufgaben ist ein weiterer Weg, sie zum Erlernen der Zielsprache anzuleiten<br />

(dies trifft sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch zu). Wie dies im Einzelnen<br />

praktisch aussehen kann, werde ich im Weiteren noch beschreiben.<br />

Viel brisanter noch als die Abweichung von sprachlichen Normen ist <strong>für</strong> mich jedoch<br />

die mangelnde Begriffsbildung 21 , unter der vor allem diejenigen lei<strong>den</strong> müssen,<br />

die auch <strong>ihre</strong> Muttersprache nur ansatzweise erlernen durften. <strong>Die</strong>se<br />

mangelhafte Begriffsbildung ist im Deutschunterricht oft nur in Form eines eingeschränkten<br />

Vokabulars <strong>und</strong> abweichender Verwendung von Wörtern, die gerade<br />

im Unterricht z.B. durch die aktuelle Lektüre eine Rolle spielen, erkennbar. Auch<br />

wenn die betreffen<strong>den</strong> SchülerInnen einen Text zumindest oberflächlich verstehen,<br />

so bleibt meist zu bezweifeln, ob sie die Konzepte, die hinter einzelnen Begriffen<br />

stecken, „begreifen“. Der Prozess der Begriffsbildung ist selbstverständlich<br />

auch bei uns LehrerInnen noch nicht abgeschlossen <strong>und</strong> beim Lesen schwierigerer<br />

(vor allem fremdsprachlicher) Texte kann ich nachempfin<strong>den</strong>, wie es <strong>den</strong><br />

SchülerInnen häufig geht. Das Problem ist nicht, dass sie nicht <strong>für</strong> je<strong>den</strong> Begriff<br />

ein Konzept haben, sondern dass die Begriffsbildung in der frühesten Kindheit mit<br />

21 Vgl. hierzu Wygotsky, 1964.<br />

23


dem Erwerb der Muttersprache beginnt <strong>und</strong> sich auch weiterhin an dieser orientiert.<br />

Der Erwerb einer Zweitsprache ist wiederum ganz eng an <strong>den</strong> der Erstsprache<br />

gekoppelt. 22 Hat ein Schüler/eine Schülerin nicht die Gelegenheit, seine/<strong>ihre</strong><br />

Muttersprache auch durch extensiven qualifizierten muttersprachlichen<br />

Unterricht ausreichend zu erlernen, so ist davon auszugehen, dass auch der Erwerb<br />

jeder weiteren Sprache hierunter lei<strong>den</strong> muss. Hiermit möchte ich keinesfalls<br />

sagen, dass SchülerInnen nicht-deutscher Muttersprache nicht zu ebenso<br />

guten Leistungen im Fach Deutsch wie MuttersprachlerInnen fähig wären. Wissenschaftliche<br />

Untersuchungen legen das Gegenteil nahe: In <strong>ihre</strong>n Longitudinalstudien<br />

über finnische Minderheitenkinder in Schwe<strong>den</strong> konnte Skuttnab-<br />

Kangas nachweisen, dass diejenigen finnischen Kinder, die an (Mutter-) Spracherhaltungsprogrammen<br />

teilnahmen, durch die bilinguale Erziehung in der Schule<br />

in bei<strong>den</strong> Sprachen mindestens eine <strong>den</strong> Muttersprachlern vergleichbare Kompetenz<br />

aufweisen konnten. Auch in <strong>den</strong> anderen Fächern, die sukzessive nur noch in<br />

Schwedisch unterrichtet wur<strong>den</strong>, erzielten sie mindestens ebenso gute Leistungen<br />

wie die schwedischen Muttersprachler. Obwohl die finnischen SchülerInnen später<br />

mit dem Englischunterricht anfingen als die schwedischen Muttersprachler, <strong>für</strong><br />

die Englisch die erste Fremdsprache war, konnten sie zum Teil schnell aufholen<br />

<strong>und</strong> am fortgeschrittenen Unterricht teilnehmen, was auf <strong>ihre</strong> gute „bilinguale Balance“<br />

zurückgeführt wird. 23<br />

SchülerInnen nicht-deutscher Muttersprache sind also, sofern sie nicht das Glück<br />

hatten, entsprechen<strong>den</strong> muttersprachlichen Unterricht zu erhalten, in besonderem<br />

Maße auf das sprachliche Vorbild <strong>ihre</strong>r Eltern angewiesen, wollen sie <strong>ihre</strong> Erstsprache<br />

so gut erlernen, dass sie beim Erwerb weiterer Sprachen in Form von Orientierung<br />

an bereits gebildeten Konzepten hilfreich sein kann. <strong>Die</strong>ses mögliche<br />

Hindernis muss ich mir als Lehrerin vor allem dann vor Augen halten, wenn ein<br />

Schüler/ eine Schülerin <strong>den</strong> ersten Eindruck macht, sprachlich „unbegabt“ zu sein.<br />

Hier wird sich erst über einen längeren Zeitraum erweisen können, ob er/sie womöglich<br />

aufgr<strong>und</strong> mangelnder Begriffsbildung einfach länger braucht, um Dinge<br />

einordnen <strong>und</strong> sich angemessen ausdrücken zu können.<br />

<strong>Die</strong>se Problematik trifft in gleichen Maßen auf <strong>den</strong> Englischunterricht zu, wird<br />

22 So haben Untersuchungen an verschie<strong>den</strong>en Schulen <strong>und</strong> Schultypen Deutschlands in 6. <strong>und</strong> 8.<br />

Klassen gezeigt, dass die Deutschnoten <strong>und</strong> Englischnoten der einzelnen SchülerInnen einander<br />

jeweils fast vollkommen entsprachen. Vgl hierzu Butzkamm, 1993.<br />

23 Vgl. Skuttnab-Kangas 1992 u. 1994.<br />

24


hier jedoch meist schneller aufgedeckt, da die SchülerInnen eher bereit sind nach<br />

der Bedeutung von Wörtern zu fragen, die sie nicht verstehen. Für <strong>den</strong> Englischunterricht<br />

kommt jedoch noch eine weitere Schwierigkeit hinzu, nämlich die der<br />

muttersprachlichen Interferenzen. <strong>Die</strong>se können sich sowohl auf die Wortbedeutungen<br />

als auch auf Struktur beziehen <strong>und</strong> sind <strong>für</strong> mich im Gegensatz zu Interferenzen<br />

aus dem Deutschen schwer erkennbar. So kann es vorkommen, dass<br />

SchülerInnen Sätze produzieren, deren Sinn ich nicht erkennen kann, weil es <strong>für</strong><br />

mich unmöglich ist zu rekonstruieren, was sie mit dieser Struktur <strong>und</strong> <strong>den</strong> verwendeten<br />

Vokabeln ausdrücken möchten.<br />

Viele unserer Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler, die zweisprachig aufgewachsen sind, haben<br />

mit dem systematischen Erwerb dieser dritten Sprache, Englisch, Probleme<br />

<strong>und</strong> kommen mit wenig Selbstvertrauen in <strong>den</strong> Englischunterricht der Oberstufe.<br />

Auch hier ist es wichtig, ihnen zunächst viel Raum zum Üben zu geben. Das heißt<br />

<strong>für</strong> mich einerseits, dass sie selbst ausprobieren können müssen, zu wie viel<br />

(mündlicher) Kommunikationsfähigkeit das, was sie in die Oberstufe mitbringen,<br />

schon reicht, andererseits, dass sie, wie im Deutschunterricht auch, regelmäßig<br />

schriftliche Hausaufgaben machen sollten, die von mir so korrigiert wer<strong>den</strong> müssen,<br />

dass die SchülerInnen aus dieser Korrektur tatsächlich etwas lernen können.<br />

In bei<strong>den</strong> Unterrichtsfächern ist angesichts der Heterogenität, die diese <strong>multikulturelle</strong><br />

SchülerInnenschaft mit sich bringt, ein großes Maß an innerer Differenzierung<br />

nötig. Während manche SchülerInnen durch <strong>ihre</strong> bilinguale Erziehung zu<br />

großer sprachlicher Eloquenz in bei<strong>den</strong> meiner Unterrichtsfächer gelangen, fällt<br />

anderen der sprachliche Ausdruck in bei<strong>den</strong> Fächern ganz besonders schwer. Statistisch<br />

gesehen kommt zudem auf jede Klasse ein Schüler/eine Schülerin, der/die<br />

zu Hause Englisch spricht. Hier gilt es Aufgaben-, Übungs- <strong>und</strong> Korrekturformen<br />

zu fin<strong>den</strong>, die alle SchülerInnen herausfordern, dabei aber nicht überfordern <strong>und</strong><br />

jedem/jeder Einzelnen die Möglichkeit geben, sich <strong>ihre</strong>n/seinen Voraussetzungen<br />

gemäß weiter zu entwickeln.<br />

Arbeitsformen, die die Kommunikation der SchülerInnen untereinander fördern,<br />

d.h. jegliche Form von Partner- <strong>und</strong> Gruppenarbeit, Diskussionen etc., die sich<br />

auch zur inneren Differenzierung bestens eignen, unterstützen zudem <strong>den</strong> interkulturellen<br />

Lernprozess, da sie einerseits die SchülerInnen immer auch als Personen<br />

in <strong>den</strong> Arbeitsprozess mit einbeziehen, andererseits voraussetzen, dass sich<br />

25


alle Beteiligten intensiv auch mit Konzepten <strong>und</strong> Herangehensweisen anderer<br />

auseinandersetzen. 24<br />

3.3. Ich fühle mich an der Schule wohl/nicht wohl, weil…<br />

a) Ergebnisse<br />

Auf der Rückseite des Bogens habe ich zwei verschie<strong>den</strong>e Satzanfänge (vgl. Überschrift<br />

3.3.) vorgegeben <strong>und</strong> die SchülerInnen gebeten, wenigstens einen von<br />

ihnen zu been<strong>den</strong>. Von <strong>den</strong> 101 Personen, die <strong>den</strong> Fragebogen zurückgegeben haben,<br />

haben 95 die Rückseite ausgefüllt. Von diesen 95 wiederum haben 93<br />

(=98%!!!) <strong>den</strong> Satz „Ich fühle mich an dieser Schule wohl, weil…“ beendet.<br />

Als Gründe hier<strong>für</strong> wur<strong>den</strong> mehrheitlich das gute soziale Klima, der gute Umgang<br />

miteinander <strong>und</strong> die vorherrschende Toleranz benannt (49 Aussagen). Kurz darauf<br />

folgen schon die Aussagen, die sich explizit auf die <strong>multikulturelle</strong> <strong>Schülerschaft</strong><br />

beziehen (42). Weitere 14 Aussagen nehmen Bezug auf LehrerInnen <strong>und</strong><br />

<strong>den</strong> Unterricht (hier sind nicht die vielen Aussagen eingegangen, die sich auf <strong>den</strong><br />

sozialen Umgang mit <strong>den</strong> LehrerInnen beziehen, die ich bereits in die erste Kategorie<br />

mit aufgenommen habe). Zwölf weitere Angaben gab es zu <strong>den</strong> Themen<br />

Umweltfre<strong>und</strong>lichkeit, Kursangebot <strong>und</strong> andere. (Vgl. die Auflistung der Aussagen<br />

sowie die Tabellen im Anhang.)<br />

Von <strong>den</strong> 95 SchülerInnen, die die Möglichkeit genutzt haben, <strong>ihre</strong> Meinung auf<br />

der Rückseite k<strong>und</strong>zutun, haben 43 ebenfalls <strong>den</strong> Satz „Ich fühle mich nicht<br />

wohl, weil…“ weitergeführt. Überwiegend gab es hier Aussagen über einzelne<br />

oder mehrere LehrerInnen (11), gefolgt von Kritik an der schlechten hygienischen<br />

Situation der Toiletten (8 Aussagen). Acht weitere Kommentare kritisieren vorherrschende<br />

Vorurteile oder religiöse Intoleranz unter LehrerInnen <strong>und</strong>/oder<br />

SchülerInnen. Vier SchülerInnen kommentierten das konsequente pädagogische<br />

Vorgehen in Problemsituationen („…aus einer Mücke ein Elefant gemacht<br />

wird.“). Und sechs weitere gaben entweder an, der Unterricht sei zu schwer, die<br />

Benotung ungerecht oder das Kursangebot sei nicht ausreichend.<br />

24 <strong>Die</strong> Vorteile gerade von Gruppenarbeit sowohl <strong>für</strong> die innere Differenzierung als auch <strong>für</strong> das<br />

interkulturelle Lernen können gar nicht hoch genug eingeschätzt wer<strong>den</strong> <strong>und</strong> wären interessanter<br />

Gegenstand einer eigenen Arbeit. Hier muss ich mich damit begnügen, die Bedeutung dieser<br />

Arbeitsform besonders <strong>für</strong> <strong>den</strong> Unterricht in leistungs- <strong>und</strong> kulturell heterogenen Gruppen zu<br />

betonen.<br />

26


) Auswertung<br />

Auch nach eineinhalb Jahren Unterricht an der ERS 1, in <strong>den</strong>en ich genug Möglichkeit<br />

hatte, mich vom guten sozialen Klima an der Schule zu überzeugen, überraschen<br />

diese vielen positiven SchülerInnenaussagen mich noch. Eine insgesamt<br />

so breite Zufrie<strong>den</strong>heit unter <strong>den</strong> Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern, die sich zum Teil<br />

hart an uns LehrerInnen abarbeiten, hätte ich nicht erwartet. Sehr wohl habe ich<br />

bei der Vorgabe der Satzanfänge erwartet, dass die Einzelnen sich in der Anonymität<br />

der Umfrage Luft machen wür<strong>den</strong> über <strong>den</strong> Ärger, der in zuweilen frustrieren<strong>den</strong><br />

Lernsituationen immer aufkommen kann. Dass es hier Querschüsse auf<br />

LehrerInnen <strong>und</strong> geäußerte Unzufrie<strong>den</strong>heit über Benotung geben würde, war<br />

voraussehbar. Dass es in einer Schule mit einem Anteil von 68% von Schüler-<br />

Innen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> nur insgesamt acht kritische Aussagen zum Zusammenleben<br />

der Kulturen gibt, in <strong>den</strong>en Vorurteile einzelner Personenkreise gegenüber<br />

anderen Personenkreisen thematisiert wer<strong>den</strong>, scheint mir sehr gering,<br />

<strong>den</strong>noch möchte ich diese Angaben hier noch genauer beleuchten. So gibt eine<br />

befragte Person deutscher Herkunft an, dass alle SchülerInnen, egal welcher Herkunft,<br />

Vorurteile hätten, eine weitere vermutet bei manchen LehrerInnen <strong>und</strong><br />

SchülerInnen rassistische Einstellungen. Interessanterweise gibt dieselbe Person<br />

an, sich aufgr<strong>und</strong> der verschie<strong>den</strong>en Kulturen an der Schule wohl zu fühlen. Ähnliches<br />

fin<strong>den</strong> wir auch in <strong>den</strong> Angaben der SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong>:<br />

Eine der befragten Personen vermutet Vorurteile vieler Lehrer „gegen<br />

bestimmte Nationen“, eine andere bedauert, dass „die Toleranz, die die Leute sich<br />

hier versprechen (z.B. gegenüber einer anderen Religion) kaum eingehalten“ werde.<br />

Beide SchülerInnen geben jedoch andererseits explizit die kulturelle Vielfalt<br />

als Gr<strong>und</strong> an, sich an der Schule wohl zu fühlen. Ähnlich sieht es bei <strong>den</strong> anderen<br />

bei<strong>den</strong> SchülerInnen aus, die „Voreingenommenheit“ auf Seiten der LehrerInnen<br />

vermuten. Beide preisen das gute soziale Klima an der Schule. Lediglich eine Person<br />

türkischer Herkunft bezichtigt manche Lehrer der Ausländerfeindlichkeit <strong>und</strong><br />

gibt keine Gründe an, sich an der Schule wohl zu fühlen. Statistisch gesehen ein<br />

Einzelfall.<br />

48,5% der SchülerInnen, die dagegen das gute soziale Miteinander preisen <strong>und</strong><br />

weitere 41,5%, die als Angabe, warum sie sich an der Schule wohl fühlen, explizit<br />

das <strong>multikulturelle</strong> Umfeld benennen, zeigen, wie exzellent das Zusammenleben<br />

der SchülerInnen verschie<strong>den</strong>ster kultureller Herkunft, zumindest atmosphärisch,<br />

27


hier funktioniert.<br />

<strong>Die</strong> eindeutig positive Gr<strong>und</strong>stimmung unter <strong>den</strong> SchülerInnen bietet die beste<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> jede Art von Lernen mit- <strong>und</strong> voneinander, <strong>für</strong> <strong>den</strong> interkulturellen<br />

Lernprozess ist sie jedoch unverzichtbar, da dieser in besonderem Maße Vertrauen<br />

<strong>und</strong> Offenheit voraussetzt (s. 2.3.). Der hohe Anteil derer, die sich gerade aufgr<strong>und</strong><br />

der kulturellen Vielfalt an der Schule wohl fühlen, zeigt, dass die Schüler-<br />

Innen <strong>für</strong> diese Vielfalt bereits offen sind <strong>und</strong> dass sie sie zumindest positiv einschätzen,<br />

wenn nicht gar als Bereicherung empfin<strong>den</strong>.<br />

Im Prinzip können wir aus <strong>den</strong> Antworten der SchülerInnen erkennen, dass hier<br />

die ersten Stufen des interkulturellen Lernens bereits stattgef<strong>und</strong>en haben. Wenn<br />

wir uns noch einmal das Modell interkulturellen Lernens von Bennett <strong>und</strong> Bennett<br />

(s. 2.3.) vor Augen führen, so lässt sich leicht erkennen, dass, wenn man es in dieser<br />

vereinfachten Schematisierung nimmt, die SchülerInnen mindestens schon die<br />

dritte Stufe des Modells erreicht haben müssen. In der ersten Phase des „<strong>den</strong>ial“<br />

nämlich wür<strong>den</strong> sie kulturelle Unterschiede gar nicht als solche erkennen <strong>und</strong> somit<br />

auch nicht als positiv empfin<strong>den</strong> können. In der „defense“-Phase wiederum<br />

wür<strong>den</strong> kulturelle Unterschiede negativ bewertet wer<strong>den</strong>. <strong>Die</strong> SchülerInnen müssen<br />

also zumindest schon so weit sein, alle Menschen als „gleich“ wahrzunehmen,<br />

auch wenn sie hierbei womöglich kulturelle Unterschiede aufgr<strong>und</strong> von ebenfalls<br />

vorhan<strong>den</strong>en Ähnlichkeiten negieren <strong>und</strong> die eigenkulturell geprägte Weltsicht<br />

zentral <strong>für</strong> <strong>ihre</strong> Wahrnehmung von Realität ist.<br />

Eine solche schematische Einordnung von Befindlichkeiten in dieses Modell ist<br />

wissenschaftlich freilich unzulässig, zumal auch das psychologische Testverfahren<br />

hier nur relative Ten<strong>den</strong>zen zur Orientierung innerhalb des Stufenmodells zulässt.<br />

Da wir unsere SchülerInnen jedoch nicht alle einem solchen<br />

psychologischen Test unterziehen können, <strong>den</strong>ke ich, darf man ein Modell durchaus<br />

als ein solches benutzen, um daran Ten<strong>den</strong>zen aufzuzeigen, die auch außerhalb<br />

professioneller Tests beobachtet wer<strong>den</strong> können.<br />

Abgesehen von dieser äußerst positiven Gr<strong>und</strong>stimmung ist es erfreulich, dass<br />

insgesamt 24% sich explizit positiv zu <strong>den</strong> LehrerInnen <strong>und</strong> deren Unterricht<br />

geäußert haben 25 . <strong>Die</strong>sen stehen nur 11% gegenüber, die <strong>ihre</strong>m Ärger über<br />

25 Hier wur<strong>den</strong> all die Aussagen berücksichtigt, in <strong>den</strong>en im Satz „Ich fühle mich wohl, weil…“<br />

ausdrücklich das Wort „Lehrer“ vorkommt bzw. im Passiv enthalten ist. Selbstverständlich sind<br />

LehrerInnen am „guten sozialen Klima“ etc. mindestens genauso beteiligt wie die SchülerInnen,<br />

28


(einzelne) LehrerInnen Luft gemacht haben. <strong>Die</strong> insgesamt positive Einstellung<br />

dem Kollegium gegenüber ist deshalb besonders erfreulich, weil es doch immer<br />

wieder zu Situationen kommt, in <strong>den</strong>en SchülerInnen mit <strong>für</strong> sie unangenehmen<br />

pädagogischen Maßnahmen konfrontiert wer<strong>den</strong>, da weder die Schulleitung noch<br />

das Kollegium bestimmte Formen von Fehlverhalten, vor allem im Umgang<br />

miteinander, billigen <strong>und</strong> diese sehr konsequent verfolgt wer<strong>den</strong>. Doch diese<br />

Tatsache spiegelt sich - wenn man von <strong>den</strong> allgemeineren Aussagen über Lehrer<br />

absieht - nur in vier der Kommentare wider, die ich hier ausnahmsweise aufzeigen<br />

will:<br />

„Ich fühle mich an der Schule nicht wohl, weil…“<br />

- „…Lehrer…Sachverhalte nicht locker sehen.“<br />

- „...Außerdem wird aus vielen Späßen ein Elefant gemacht.“<br />

- „…hier jede Woche Klassenkonferenzen sind <strong>und</strong> die Lehrer sich viel zu<br />

sehr in private Angelegenheiten einmischen.“<br />

- „…aus einer Mücke ein Elefant gemacht wird.“<br />

Auch diese vier SchülerInnen geben gleichzeitig an, sich entweder aufgr<strong>und</strong> des<br />

sozialen Klimas oder aufgr<strong>und</strong> der Multikulturalität an der Schule wohl zu fühlen.<br />

Für die Schule hängen diese drei Faktoren eng miteinander zusammen: Gerade<br />

die kulturelle Vielfalt an der Schule erfordert gegenseitigen Respekt <strong>und</strong> das dementsprechende<br />

Verhalten - auch LehrerInnen <strong>und</strong> <strong>den</strong> anderen schulischen Angestellten<br />

gegenüber -, welches zu einem guten sozialen Klima beiträgt. <strong>Die</strong>sen<br />

Respekt notfalls auch mit Mitteln einzufordern, die <strong>den</strong> SchülerInnen überzogen<br />

erscheinen, gehört zu <strong>den</strong> Maßnahmen, die das insgesamt als positiv empf<strong>und</strong>ene<br />

Miteinander aller an der Schule sichern.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> kann ich auch in Bezug auf meine bei<strong>den</strong><br />

Unterrichtsfächer hier nur feststellen, dass die positive Gr<strong>und</strong>stimmung unter <strong>den</strong><br />

SchülerInnen eine gute Voraussetzung ist, auch Lernbarrieren, die sich im<br />

Bezug auf Sprachen bei manchen SchülerInnen aufgr<strong>und</strong> <strong>ihre</strong>r Vergangenheit<br />

eingestellt haben, zu überwin<strong>den</strong>. Auch <strong>den</strong> leistungsstärkeren SchülerInnen<br />

sollte das gute Auskommen miteinander zugute kommen, da sie auf dieser Basis<br />

weniger Angst haben sollten, als „Streber“ gemobbt zu wer<strong>den</strong>. Wenn ich es<br />

zusätzlich schaffe, auch meinen Unterricht so zu gestalten, dass die SchülerInnen<br />

<strong>ihre</strong> explizite Benennung nach diesem Satzanfang drückt jedoch in besonderem Maße <strong>ihre</strong><br />

Bedeutung aus.<br />

29


mir <strong>und</strong> <strong>ihre</strong>n MitschülerInnen so weit vertrauen, dass sie weder Angst haben<br />

müssen Fehler zu machen <strong>und</strong> Fragen zu stellen, noch be<strong>für</strong>chten müssen zu gut<br />

zu sein, haben wir eine gute Basis <strong>für</strong> die Arbeit miteinander.<br />

3.4. Was könnte die Schule besser machen?<br />

a) Ergebnisse<br />

Von <strong>den</strong> 101 abgegebenen Bögen enthielten fast genau die Hälfte (50) keine Angaben<br />

zu der letzten Frage, was die Schule besser machen könnte, um SchülerInnen<br />

nicht-deutscher Herkunft besser zu fördern. Neun weitere drückten explizit<br />

aus, dass dies nicht nötig sei bzw. die Schule bereits alles tue. Es bleiben 42 SchülerInnen,<br />

die Vorschläge machten, einige davon mehrere. <strong>Die</strong> Vorschläge selbst<br />

sind abgetippt im Anhang zu fin<strong>den</strong>, <strong>für</strong> die Auswertung habe ich sie wieder kategorisiert.<br />

<strong>Die</strong> meisten Vorschläge (21) beziehen sich auf die Förderung der deutschen Sprache<br />

(auch Englisch wird hier zwei Mal mitbenannt). An nächster Stelle steht mit<br />

zehn Vorschlägen der muttersprachliche Unterricht. Dass dessen Bedeutung fast<br />

nur <strong>den</strong>jenigen präsent ist, <strong>den</strong>en er fehlt, zeigt die Tatsache, dass 90% der Vorschläge<br />

hier<strong>für</strong> von SchülerInnen nicht-deutscher Muttersprache kommen.<br />

Sieben SchülerInnen, davon vier ohne <strong>und</strong> drei SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong>,<br />

weisen darauf hin, dass die Kulturen, Geschichte <strong>und</strong> Religionen anderer<br />

Länder ebenfalls unterrichtet wer<strong>den</strong> sollten, wie z.B. im gemeinsamen<br />

Religionsunterricht oder in Form von Projektwochen. Sechs weitere SchülerInnen<br />

schlagen vor, das Angebot an Religionsunterricht z.B. auf Islamunterricht <strong>und</strong> jüdischen<br />

Unterricht zu erweitern.<br />

Fünf SchülerInnen halten Nachhilfeunterricht <strong>für</strong> einen guten Weg <strong>und</strong> zwei<br />

SchülerInnen (mit Migrationshintergr<strong>und</strong>) wünschen sich die Einstellung ausländischer<br />

LehrerInnen. Weitere Vorschläge gibt es zur inneren Differenzierung, dem<br />

Lehrer- <strong>und</strong> Korrekturverhalten <strong>und</strong> zur Zusammenarbeit mit <strong>den</strong> Eltern.<br />

30


) Auswertung<br />

Über fünfzig Prozent der gemachten Vorschläge beziehen sich auf die sprachliche<br />

Förderung insgesamt. Dass ca. 30% dieser Vorschläge sich wiederum auf muttersprachlichen<br />

Unterricht beziehen, stärkt die These, dass dieser <strong>für</strong> bilingual aufwachsende<br />

Jugendliche eine besondere Rolle spielt. Hierbei ist sicherlich ein<br />

weiterer Aspekt zu beachten: Es ist davon auszugehen, dass SchülerInnen im herkunftssprachlichen<br />

Unterricht nicht nur eine Chance sehen, <strong>ihre</strong> Kompetenz zu<br />

erweitern, sondern auch, sie unter Beweis zu stellen. <strong>Die</strong>ser Unterricht könnte ihnen<br />

eine Gelegenheit geben zu zeigen, wozu sie (auch sprachlich) in der Lage<br />

sind, <strong>und</strong> würde zudem <strong>ihre</strong>r Sprache als solcher Anerkennung verleihen. <strong>Die</strong> Forderung<br />

der Kultusministerien nach der Beherrschung von zwei Fremdsprachen<br />

(also insgesamt drei Sprachen) <strong>für</strong> die Erlangung der Hochschulreife erscheint <strong>für</strong><br />

viele SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> überflüssig, wenn man be<strong>den</strong>kt,<br />

dass diese noch eine weitere Sprache mehr oder weniger gut beherrschen (größtenteils<br />

wahrscheinlich besser als die meisten anderen <strong>ihre</strong> zweite Fremdsprache!),<br />

die <strong>für</strong> das Abitur schlicht nicht anerkannt wird.<br />

Dass sich viele SchülerInnen <strong>für</strong> sich <strong>und</strong>/oder <strong>ihre</strong> MitschülerInnen (kostenfreie!)<br />

zusätzliche Förderung im Deutschen (<strong>und</strong> Englischen) wünschen, ist nicht<br />

überraschend. SchülerInnen mit wie ohne Migrationshintergr<strong>und</strong> ist gleichermaßen<br />

bewusst, wie wichtig gute Deutschkenntnisse <strong>für</strong> <strong>den</strong> schulischen Erfolg<br />

insgesamt sind, gerade in einer Zeit, da selbst SchülerInnen mit einem guten Textverständnis<br />

<strong>und</strong> guter Ausdrucks- <strong>und</strong> Abstraktionsfähigkeit durch die vom<br />

hessischen Kultusministerium vorgegebenen Punktabzüge bei Rechtschreib- <strong>und</strong><br />

Grammatikfehlern in allen Unterrichtsfächern bestraft wer<strong>den</strong> müssen. In der ERS<br />

1 gibt es deshalb im elften Schuljahr vierstündigen Deutschunterricht, wobei die<br />

zusätzliche Unterrichtsst<strong>und</strong>e von der Fachbereichskonferenz <strong>für</strong> die Kompensation,<br />

konkret <strong>für</strong> Grammatik- <strong>und</strong> Rechtschreibtraining, vorgesehen ist. Zusätzlich<br />

dazu findet jedes Jahr ein Kurs „Deutsch als Zweitsprache“ der VHS<br />

Frankfurt an der ERS 1 statt, in dem SchülerInnen ganz gezielt an <strong>ihre</strong>n<br />

Schwächen arbeiten können. Hier<strong>für</strong> sind allerdings die regelrechten VHS-<br />

Gebühren zu entrichten. Das Entgegenkommen der VHS besteht darin, <strong>den</strong> Kurs<br />

speziell auf die Bedürfnisse unserer SchülerInnen einzurichten <strong>und</strong> ihn an der<br />

Schule durchzuführen, so dass die SchülerInnen keine zusätzlichen Anfahrtswege<br />

haben. Von schulischer Seite wer<strong>den</strong> die teilnehmen<strong>den</strong> SchülerInnen <strong>für</strong> die<br />

31


Dauer des Kurses z.T. von anderem Unterricht befreit. Dennoch sind <strong>für</strong> viele<br />

Familien 100-120 € viel Geld <strong>und</strong> der Wunsch nach einem kostenfreien Angebot<br />

dieser Art ist verständlich.<br />

Sehr gut verstehen kann ich ebenfalls <strong>den</strong> Wunsch nach mehr Wissen über die<br />

einzelnen an der Schule vertretenen Kulturen, <strong>ihre</strong> Geschichte <strong>und</strong> <strong>ihre</strong> Religion.<br />

Besonders gefällt mir die Idee eines gemeinsamen Religionsunterrichts, allerdings<br />

liegt es außerhalb meines Kompetenzbereichs, Aussagen darüber zu machen, inwiefern<br />

ein solcher realisierbar sein könnte.<br />

Außer dem permanenten Zeitdruck, unter <strong>den</strong> der Lehrplan SchülerInnen <strong>und</strong><br />

LehrerInnen sämtlicher Fächer stellt, sehe ich jedoch keinen Gr<strong>und</strong>, warum es<br />

nicht im Rahmen von Projekttagen AGs zu <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en Kulturen <strong>und</strong> Religionen<br />

geben sollte, falls sich herausstellen sollte, dass dieser SchülerInnenwunsch<br />

eine breitere Basis findet. Solche Projekte haben an der ERS 1 bereits<br />

stattgef<strong>und</strong>en. Sie können auch weniger stark vertretene Kulturen „sichtbar“ machen<br />

<strong>und</strong> fordern zur Wahrnehmung kultureller Eigenheiten <strong>und</strong> zum Dialog hierüber<br />

auf.<br />

4. Individueller <strong>und</strong> institutioneller Umgang mit kultureller Heterogenität<br />

4.1. Unterricht in einer <strong>multikulturelle</strong>n elften Klasse:<br />

Ein (Selbst-)Erfahrungsbericht<br />

Als ich die Namensliste der Lerngruppe <strong>für</strong> meinen ersten eigenverantwortlichen<br />

Deutschunterricht erhielt, staunte ich zunächst über die wenigen deutschen Namen,<br />

die sich hier fin<strong>den</strong> ließen. Siebzehn Männer, zehn Frauen <strong>und</strong> darunter nur<br />

fünf deutsche Namen, das ist, wie wir gesehen haben, auch <strong>für</strong> die ERS 1 ein sehr<br />

geringer Anteil. <strong>Die</strong>ser erhöhte sich jedoch schnell prozentual ein wenig, als sich<br />

herausstellte, dass ein Schüler (mit Migrationshintergr<strong>und</strong>) die Zugangsvoraussetzungen<br />

nicht erfüllte <strong>und</strong> ein weiterer schon nach <strong>den</strong> ersten Wochen <strong>den</strong> Unterricht<br />

nicht mehr besuchte.<br />

In der Vorstellungsr<strong>und</strong>e, die ich gemeinsam mit der Tutorin der Klasse erleben<br />

durfte, hatten die meisten SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> das Bedürfnis,<br />

ihr Herkunftsland, bzw. das <strong>ihre</strong>r Eltern, mit zu benennen. Ich machte mir an<br />

diesem Tag Notizen <strong>und</strong> kam auf sechzehn verschie<strong>den</strong>e Herkunftsländer (der<br />

32


Eltern). <strong>Die</strong> SchülerInnen zeigten großes gegenseitiges Interesse an diesen<br />

Informationen. Eine Schülerin erzählte, dass sie die Schule gewechselt habe, weil<br />

sie auf <strong>ihre</strong>m alten Gymnasium jetzt in der Oberstufe die einzige farbige Schülerin<br />

wäre. Andere hatten ähnliche Erfahrungen gemacht <strong>und</strong> schienen sich instinktiv in<br />

diesem neuen Umfeld wohl zu fühlen.<br />

Konkret bestand die Gruppe außer <strong>den</strong> fünf Deutschen aus drei SchülerInnen afrikanischer<br />

Herkunft (Somalia, Eritrea, Äthiopien), vier SchülerInnen türkischer<br />

Herkunft, drei pakistanischer <strong>und</strong> jeweils eine/r usbekischer, italienischer, französisch-irischer,<br />

spanisch-türkischer, bosnischer, serbischer, phillipinischamerikanischer,<br />

brasilianischer <strong>und</strong> afghanischer Herkunft. Ich gehe davon aus,<br />

dass keine/r der SchülerInnen zuvor in einer so <strong>multikulturelle</strong>n Lerngruppe unterrichtet<br />

wurde, so dass die Situation <strong>für</strong> alle aufregend war. Im Nachhinein glaube<br />

ich, dass mir meine Erfahrung im Bereich Deutsch als Fremdsprache nicht nur <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> unterrichtlichen Teil hier viel genutzt hat, sondern dass mir auch die Erfahrung<br />

im Umgang mit multinationalen Gruppen <strong>den</strong> Einstieg erheblich erleichtert<br />

hat. <strong>Die</strong> Spannung <strong>und</strong> Dynamik, die sich hier im gegenseitigen Kennenlernen<br />

auftut, war mir bereits vertraut. So bildeten sich, wie in jeder anderen Klasse<br />

auch, in <strong>den</strong> ersten Wochen verschie<strong>den</strong>e Gruppierungen <strong>und</strong> erste Fre<strong>und</strong>schaften<br />

<strong>und</strong> jede/r versuchte seinen/<strong>ihre</strong>n Platz innerhalb der Gruppe zu fin<strong>den</strong>. Dabei<br />

gab es instinktive Zusammenschlüsse von SchülerInnen ähnlicher Herkunft - so<br />

taten sich die bei<strong>den</strong> afrikanischen Schülerinnen sofort zusammen -, aber auch die<br />

Neugier auf andere Begegnungen. <strong>Die</strong> meisten bereits bestehen<strong>den</strong> Fre<strong>und</strong>schaften<br />

waren kulturübergreifend (deutsch-türkisch, italienisch-eritreisch, pakistanisch-französich/irländisch…)<br />

<strong>und</strong> waren bereits in <strong>den</strong> vorherigen Schulen<br />

entstan<strong>den</strong>. Nicht alle SchülerInnen hatten Plätze innerhalb von Gruppierungen,<br />

aber niemand schien aus dem Klassenverband ausgeschlossen zu sein.<br />

Im Aushandlungsprozess um die Stellungen innerhalb der Gruppe fielen im Laufe<br />

der Zeit zwei Dinge auf: 1. der hohe Anteil männlicher Schüler, die ein sehr großes<br />

Selbstdarstellungsbedürfnis hatten <strong>und</strong> 2. die Schülerinnen, die einerseits in<br />

der Minderheit waren, <strong>den</strong>en andererseits aber auch immer weniger Raum zur<br />

Verfügung stand, sich auch darzustellen. Es entwickelte sich im Deutschunterricht<br />

eine Dynamik, in der die jungen Männer, <strong>und</strong> zwar ausschließlich jene mit Migrationshintergr<strong>und</strong>,<br />

in <strong>ihre</strong>n Bestrebungen, sich gegenseitig verbal zu übertrumpfen,<br />

33


immer mehr Raum einnahmen, während die jungen Frauen sich, mit einer Ausnahme,<br />

immer zurückhaltender in Unterrichtsgespräche einbrachten. Ob es Zufall<br />

ist, dass die drei deutschen Schüler, die alle recht still waren, sich nicht an <strong>den</strong><br />

verbalen Schaukämpfen der anderen beteiligten, vermag ich nicht zu sagen. <strong>Die</strong><br />

Situation in der Klasse vermittelte jedoch stark <strong>den</strong> Eindruck, dass das Dominanzgebaren,<br />

das übrigens, wenn auch zuweilen aggressiv, so doch immer auch<br />

fre<strong>und</strong>schaftlicher <strong>und</strong> humorvoller Natur war, stark durch die kulturell vermittelten<br />

Konzepte von Männlichkeit <strong>und</strong> männlichen Verhaltensmustern der<br />

Einzelnen geprägt war. Obwohl die Schüler völlig verschie<strong>den</strong>er kultureller Herkunft<br />

waren, war über die Kultur der Männlichkeit schnell ein Konsens hergestellt.<br />

Und obwohl Männlichkeit selbst ein kulturelles Konstrukt <strong>und</strong> alles andere<br />

als naturgegeben ist, so bleibt es eine Tatsache, dass die Mehrzahl aller von Kulturanthropologen<br />

untersuchten Gesellschaften durch männliche Vorherrschaft geprägt<br />

sind, auch wenn sich Macht in <strong>den</strong> konkreten Situationen jeweils anders<br />

darstellen mag. 26 Was LinguistInnen über <strong>den</strong> männlichen Gesprächsstil anhand<br />

von Untersuchungen in westlichen Kulturen herausfan<strong>den</strong>, lässt sich problemlos<br />

auch auf diese <strong>multikulturelle</strong> Gruppe übertragen: „Bei Männergruppen wird (…)<br />

festgestellt, daß sofort während der ersten Sitzungen eine Hierarchie unter <strong>den</strong><br />

Männern hergestellt wird, in der die bei<strong>den</strong> ersten Plätze feststehen, daß das Gespräch<br />

zum verbalen Duell oder Schauspiel wird, das Zuhörer verlangt <strong>und</strong> in dem<br />

ein Sieger etabliert wer<strong>den</strong> muß, daß sich bestimmte Themen, an <strong>den</strong>en kontroverse<br />

Positionen <strong>und</strong> konträre Aspekte entwickelt wer<strong>den</strong> können, besonders eignen<br />

<strong>und</strong> daß die Auswahl der Themen auf unpersönliche eingeschränkt ist.“ 27<br />

Ich kann nur vermuten, dass es mir in einer kulturell homogen deutschen Gruppe<br />

als Lehrerin nicht passiert wäre, dem männlichen Dominanzgebaren so viel Freiraum<br />

zu geben. Durch meine eigene Erziehung bin ich <strong>für</strong> strukturelle <strong>und</strong> linguistische<br />

Formen von Machtausübung stark sensibilisiert. Hier wurde dieser Fokus<br />

auf die Gruppeninteraktion jedoch abgelenkt bzw. überlagert von der Sensitivität<br />

<strong>für</strong> kulturelle Prägungen <strong>und</strong> interkulturelle Interaktionen. Im Glauben, jeder<br />

kulturellen Prägung der jungen Männer (vorerst) <strong>den</strong> ihr gebühren<strong>den</strong> Freiraum<br />

lassen zu müssen, konnten sich in vorbildlicher Weise stereotype weibliche<br />

<strong>und</strong> männliche Verhaltensweisen reproduzieren: <strong>Die</strong> Männer gaben (im<br />

von mir vorgegebenen Rahmen) die Themen an, führten das Gespräch, <strong>und</strong> die<br />

26 Vgl. hierzu die Untersuchungen in Günthner/Kotthoff, 1991.<br />

27 Trömel-Plötz, 1985, S. 358.<br />

34


Frauen nahmen in <strong>ihre</strong>n Beiträgen auf das von <strong>den</strong> Männern Gesagte Bezug,<br />

machten Einwände vorsichtig geltend oder hielten sich zurück. Keiner der jungen<br />

Frauen, ob mit oder ohne Migrationshintergr<strong>und</strong>, schien diese Rollenübernahme<br />

übrigens zu widerstreben. Lediglich eine Schülerin (pakistanischer Herkunft)<br />

pflegte <strong>den</strong> dominanten Gesprächsstil mit <strong>den</strong> Schülern <strong>und</strong> genoss hier<strong>für</strong> auch<br />

volle Anerkennung von ihnen.<br />

Obwohl ich also glaubte, <strong>für</strong> die Gender-Problematik sensibilisiert zu sein, passierte<br />

mir doch das gleiche wie <strong>den</strong> meisten LehrerInnen: <strong>Die</strong> Jungen erhielten im<br />

Unterricht einen erheblich größeren Spielraum <strong>und</strong> die damit einhergehende<br />

Aufmerksamkeit als die Mädchen 28 .<br />

Warum dies in unserem Fall ganz eng mit der kulturellen bzw. ethnischen Zusammensetzung<br />

der <strong>Schülerschaft</strong> zusammenhängt, möchte ich am Beispiel des<br />

Schülers B. illustrieren:<br />

B. war der einzige männliche Schüler afrikanischer Herkunft in dieser Gruppe. Er<br />

kam mit durchschnittlich guten Noten aus dem Gymnasialzweig einer kooperativen<br />

Gesamtschule gemeinsam mit einem italienischen Mitschüler an unsere Oberstufe.<br />

KollegInnen klagten innerhalb kürzester Zeit über Probleme mit B.s<br />

aufbrausendem, <strong>und</strong>iszipliniertem <strong>und</strong> „unverschämten“ Verhalten. Mir sind vor<br />

allem B.s innere <strong>und</strong> äußere Unruhe <strong>und</strong> sein kontinuierliches Bestreben, sowohl<br />

mir als auch seinen Mitschülern durch seine Eloquenz <strong>und</strong> fachliches Wissen zu<br />

imponieren (inwiefern er auch <strong>den</strong> Mitschülerinnen imponieren wollte, weiß ich<br />

nicht), aufgefallen. B. stellte sich mir als ein überdurchschnittlich intelligenter <strong>und</strong><br />

äußerst wachsamer Schüler dar, der neu Gelerntes schnell anwen<strong>den</strong> konnte.<br />

Auf der anderen Seite war B. ein echter Störfaktor <strong>für</strong> <strong>den</strong> Unterricht. Seine permanente<br />

motorische Aktivität (Zappeln, Hibbeln, im Sitzen Tanzen, Ballspielen<br />

mit Alufolie …) wurde noch begleitet von Singen <strong>und</strong> massiven Schwierigkeiten,<br />

seine mündlichen Beiträge so lange zurück zu halten, bis er das Wort erhielt. In<br />

allen Wortgefechten der dominanten Schülergruppe mischte er ganz vorne mit.<br />

Auf dem Schulgelände ist B. mehrmals durch Ballspielen an nicht da<strong>für</strong> vorgesehenen<br />

Plätzen aufgefallen. In einem Konflikt mit dem Hausmeister, der daraus<br />

entstan<strong>den</strong> ist, hat er in beleidigender Weise versucht, diesem seine Autorität abzusprechen,<br />

was zu einer Klassenkonferenz führte.<br />

B.s Verhalten war also insgesamt völlig inakzeptabel <strong>und</strong> wäre auch von mir, so<br />

28 Vgl. hierzu die Untersuchungen von Spender, 1985.<br />

35


es sich um einen deutschen Schüler gehandelt hätte, sicherlich sofort gemaßregelt<br />

wor<strong>den</strong>. Ich sah in diesem Schüler jedoch in erster Linie einen mit sich selbst<br />

kämpfen<strong>den</strong> <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> seiner Migrationsgeschichte verletzten <strong>und</strong> um Anerkennung<br />

ringen<strong>den</strong> jungen Menschen, der erst einmal Sicherheit braucht, bevor er<br />

an seinem Verhalten arbeiten kann. Ich traf mit ihm eine Vereinbarung, in der ich<br />

ihm vorschlug, freiwillig <strong>für</strong> fünf Minuten <strong>den</strong> Raum zu verlassen, wenn er nicht<br />

mehr still sitzen kann, <strong>und</strong> in jeder St<strong>und</strong>e eine Liste zu führen über die Male, in<br />

<strong>den</strong>en es ihm gelang, seine Wortbeiträge zurückzuhalten, bis er dran war. B. hielt<br />

sich <strong>für</strong> einige Unterrichtsst<strong>und</strong>en an diese Abmachung <strong>und</strong> brauchte sie dann<br />

nicht mehr, da sein Selbstreflexionsprozess in Gang gesetzt war. Da ich sehen<br />

konnte, wie bemüht er war, sich zu kontrollieren, maß ich ihm jedoch auch jetzt<br />

noch mehr Freiräume zu als <strong>für</strong> <strong>den</strong> Rest der Gruppe gut war. Nach wie vor spornte<br />

(auch) sein Gesprächsverhalten die anderen jungen Männer dazu an, sich gegenseitig<br />

zu übertrumpfen <strong>und</strong> ließ <strong>den</strong> jungen Frauen kaum Raum <strong>für</strong> einen<br />

eigenen Diskurs.<br />

<strong>Die</strong> Situation entspannte sich erst ein wenig, als ich, auf Anregung aus dem Koedukationsseminar<br />

29 , stereotype Zuschreibungen an die Geschlechter anhand von<br />

Lyrik im Deutschunterricht thematisierte. Hier zeigten sich in der anschließen<strong>den</strong><br />

Diskussion interessante kulturübergreifende Einstellungen. So waren sich zwei<br />

der deutschen Schüler, ein (stillerer) muslimischer Schüler <strong>und</strong> zwei muslimische<br />

Schülerinnen darüber einig, dass Männer nicht weinen dürften, während alle anderen<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler meinten, dass auch diese Gefühlsäußerung <strong>für</strong><br />

Männer völlig legitim sei. Dass <strong>für</strong> jede der bei<strong>den</strong> Positionen jeweils aus völlig<br />

verschie<strong>den</strong>en Perspektiven argumentiert wurde, war offensichtlich. Während die<br />

Schülerinnen <strong>für</strong> das Recht der Männer zu weinen allgemein menschlich <strong>und</strong> gegen<br />

überkommene Rollenklischees argumentierten, wollten sich die Schüler einfach<br />

nichts verbieten lassen. Und während in der Behauptung der These, dass<br />

Männer nicht weinen dürften, sich die Schüler durchaus über diese sie einengende<br />

gesellschaftliche Erwartungshaltung beklagten, argumentierte eine Schülerin, dass<br />

sie, sollte sie <strong>ihre</strong>n Fre<strong>und</strong> jemals weinen sehen, ihn nicht mehr respektieren<br />

könnte.<br />

In dieser Unterrichtseinheit, so möchte ich im Nachhinein behaupten, fand mehr<br />

interkulturelles Lernen innerhalb des Deutschunterrichts statt als im gesamten<br />

29<br />

Eine Wahlpflichtveranstaltung des Studienseminars Ffm III, durchgeführt von StD´in<br />

Pomerenke-Schön.<br />

36


estlichen Schuljahr, <strong>den</strong>n hier wurde <strong>für</strong> alle deutlich, dass es nicht auf der einen<br />

Seite die Frauen <strong>und</strong> auf der anderen die Männer gibt, sondern dass sowohl Männer<br />

als auch Frauen in <strong>ihre</strong>m Selbstbild ganz stark durch <strong>ihre</strong> Erziehung (also<br />

durch die kulturelle Prägung <strong>ihre</strong>r Eltern) beeinflusst wer<strong>den</strong>. In der<br />

Diskussion über eigene Erfahrungen mit Rollenzuschreibungen konnte zudem<br />

sehr viel Empathie auch zwischen <strong>den</strong> Geschlechtern hergestellt wer<strong>den</strong>.<br />

Sprachliche Probleme gab es in dieser Lerngruppe weit weniger als von mir erwartet.<br />

Dadurch, dass die Klasse der angehende Englisch-Leistungskurs war, waren<br />

hier zu Großteil SchülerInnen versammelt, die Freude am Umgang mit<br />

Sprache <strong>und</strong> auch eine gewisse Kompetenz im Umgang mit Texten mitbrachten 30 .<br />

Große Schwierigkeiten im Deutschen hatten lediglich ein serbischer Schüler, der<br />

zwar seine Kindheit in Deutschland verbracht, aber die letzten fünf Jahre in Kanada<br />

gelebt hatte, sowie ein afghanischer Schüler, der erst seit drei Jahren in<br />

Deutschland war, <strong>und</strong> ein brasilianischer Schüler, der die Schule allerdings zum<br />

Halbjahresende verließ. <strong>Die</strong>se drei Schüler schafften es in der ersten Klausur<br />

durch <strong>den</strong> mit dem Fehlerindex einhergehen<strong>den</strong> Punktabzug nicht über null Punkte<br />

zu kommen.<br />

Dass auch die anderen SchülerInnen im schriftlichen Sprachgebrauch weniger<br />

sicher waren als im mündlichen, zeigte sich schon bei Abgabe der ersten schriftlichen<br />

Hausaufgabe. <strong>Die</strong> SchülerInnen erhielten von mir deshalb regelmäßig<br />

schriftliche Aufgaben zur Übung, die sie mir freiwillig zur Korrektur (<strong>und</strong> nur<br />

auf eigenen Wunsch mit Bewertung) einreichen konnten. Von dieser Möglichkeit<br />

machten sowohl nicht-deutsche als auch deutsche Muttersprachler gerne<br />

Gebrauch. Zusätzlich zum Kompensationsunterricht bestand so <strong>für</strong> sie ständig die<br />

Möglichkeit, an <strong>ihre</strong>m schriftlichen Ausdruck zu arbeiten. Angepasst an <strong>den</strong> jeweiligen<br />

Leistungsstand der SchülerInnen <strong>und</strong> an unser jeweiliges Thema in der<br />

Kompensation hatte ich hierbei unterschiedliche Korrektursysteme: angefangen<br />

beim Unterstreichen <strong>und</strong> <strong>den</strong> Fehler selbst fin<strong>den</strong> lassen bis hin zur Vorgabe der<br />

entsprechen<strong>den</strong> Regel oder der kompletten Korrektur, mit der Vorgabe, dass<br />

der/die SchülerIn die entsprechende Regel angeben muss. So reduzierte sich tatsächlich<br />

der vorgenommene Punktabzug von Klausur zu Klausur: Während ich in<br />

30 Vgl. hierzu auch 3.2.b), Anm. 22.<br />

37


der ersten Klausur noch insgesamt 29 Punkte aufgr<strong>und</strong> des Fehlerindexes abziehen<br />

musste, waren es in der zweiten schon nur noch 23 <strong>und</strong> in der letzten insgesamt<br />

18.<br />

Im Englischunterricht, <strong>den</strong> ich in anderen elften Klassen gegeben habe, bin ich<br />

ebenso vorgegangen <strong>und</strong> habe gute Erfahrungen damit gemacht, ohne jedoch<br />

Langzeitergebnisse nachweisen zu können. <strong>Die</strong> SchülerInnen wissen i.d.R. jede<br />

Form von Korrektur sehr zu schätzen <strong>und</strong> wollen auch aus ihr lernen, solange sie<br />

nicht zwangsläufig mit Bewertung verb<strong>und</strong>en ist.<br />

Zur beschriebenen Entwicklung in meiner elften Klasse möchte ich abschließend<br />

noch sagen, dass die hier vorgestellten Prozesse der Gruppenentwicklung <strong>und</strong> des<br />

interkulturellen Lernens nur winzige Aspekte dessen sind, was sich aufgr<strong>und</strong> der<br />

kulturellen Vielfalt innerhalb der Lerngruppe im Laufe eines Schuljahres ereignet<br />

hat. Zwischendurch gab es Bedürfnisse Einzelner, sich <strong>und</strong>/oder andere kulturell<br />

ab- bzw. auszugrenzen, es gab Diskussionen über unterschiedliche Einstellungen<br />

zu <strong>den</strong> Themen Gewalt, Macht <strong>und</strong> Disziplin, ein Schüler pakistanischer Herkunft<br />

outete sich als jahrelanges Mobbingopfer, eine Schülerin, die in der jüdischen<br />

Gemeinde lebte, zog zeitweise <strong>den</strong> Ärger <strong>ihre</strong>r MitschülerInnen auf sich, da sie an<br />

zahlreichen jüdischen Feiertagen nicht die Schule besuchte. In jeder dieser Situationen<br />

wurde ich aufs Neue herausgefordert, meine eigenen Vorannahmen in der<br />

Bewertung einer Situation oder eines Themas auf <strong>ihre</strong> kulturelle Bedingtheit hin<br />

zu überprüfen, um auch andere Sichtweisen akzeptieren zu können.<br />

4.2. Haltung <strong>und</strong> Aktivitäten der Schule<br />

Das Kollegium <strong>und</strong> die Schulleitung der ERS 1 gehen insgesamt sehr bewusst mit<br />

der Heterogenität <strong>ihre</strong>r <strong>Schülerschaft</strong> um <strong>und</strong> begegnen dieser positiv. Man versteht<br />

sich nicht etwa als „Ausländer-„ oder „Problemschule“, sondern versucht,<br />

die Chancen, die die kulturelle Vielfalt mit sich bringt, produktiv wahrzunehmen,<br />

ohne dabei das Konfliktpotenzial zu übersehen.<br />

So wer<strong>den</strong> auch im Schulprogramm die mangelnde Kompetenz vieler<br />

SchülerInnen im schriftsprachlichen Bereich, die Diskussionen um die Teilnahme<br />

38


an Klassenfahrten sowie Schwierigkeiten der interkulturellen Kommunikation<br />

insgesamt ausdrücklich als Problembereiche benannt 31 . Gleichzeitig wird das<br />

positive Potential <strong>für</strong> <strong>den</strong> interkulturellen Lernprozess, das die SchülerInnen<br />

mitbringen, nicht übersehen.<br />

Um dieses nutzen zu können, gilt es m.E. zunächst zwei Dinge sicherzustellen:<br />

die ausreichende sprachliche Kompetenz der SchülerInnen <strong>und</strong> die emotionale Bereitschaft,<br />

sich auf <strong>den</strong> interkulturellen Lernprozess einzulassen. In bei<strong>den</strong> Bereichen<br />

hat die ERS 1 bereits die wichtigsten Weichen gestellt:<br />

Im sprachlichen Bereich wird versucht, die SchülerInnen mithilfe der Deutsch-<br />

Kompensationskurse im elften Jahrgang <strong>und</strong> der bereits erwähnten Kooperation<br />

mit der VHS Frankfurt zu unterstützen. Es gibt zudem die Vereinbarung im Kollegium,<br />

die schriftsprachliche Kompetenz der SchülerInnen, soweit möglich, in allen<br />

Fächern zu fördern. Außerdem wird zusätzlich zu Englisch <strong>und</strong> Französisch<br />

auch Spanisch- <strong>und</strong> Italienischunterricht angeboten, der auch von muttersprachlichen<br />

Lehrkräften unterrichtet wird <strong>und</strong> somit auch <strong>für</strong> Muttersprachler interessant<br />

sein kann.<br />

Um die emotionale Bereitschaft zum interkulturellen Lernen zu fördern, ist es<br />

wichtig, <strong>den</strong> SchülerInnen in <strong>ihre</strong>r neuen Schulgemeinde Sicherheit zu geben. Jeder<br />

Schüler/jede Schülerin soll seinen/<strong>ihre</strong>n Platz innerhalb der <strong>multikulturelle</strong>n<br />

Gemeinschaft fin<strong>den</strong>. Durch das Klassenprinzip über die gesamte Oberstufe<br />

hinweg wird einerseits einer Anonymisierung <strong>und</strong> Vereinzelung, andererseits der<br />

Bildung homokultureller Gruppierungen weitgehend vorgebeugt. In <strong>ihre</strong>n Klassenverbän<strong>den</strong><br />

sind die SchülerInnen verschie<strong>den</strong>ster Herkunft fest eingeb<strong>und</strong>en.<br />

Man muss sich miteinander auseinandersetzen <strong>und</strong> hat feste Bezugs- <strong>und</strong> Vertrauenspersonen.<br />

Regelmäßige Teamkonferenzen, zu <strong>den</strong>en der Tutor/die Tutorin alle<br />

FachlehrerInnen einlädt, führen zudem zu einem ständigen Austausch über die<br />

Gruppen- <strong>und</strong> Einzelentwicklungen der SchülerInnen. In Problemfällen wer<strong>den</strong><br />

pädagogische Maßnahmen miteinander abgesprochen, was auch <strong>den</strong> Schüler-<br />

Innen zeigt, dass <strong>ihre</strong> Probleme wahrgenommen wer<strong>den</strong>.<br />

Innerhalb dieses Systems, das sozusagen die pädagogischen Voraussetzungen <strong>für</strong><br />

interkulturelles Lernen versucht sicherzustellen, gibt es eine Vielzahl von Aktivitäten<br />

einzelner KollegInnen, interkulturelles Lernen innerhalb <strong>ihre</strong>s Fachunterrichts<br />

zu fördern. Abhängig von der interkulturellen Sensitivität <strong>und</strong> Kompetenz<br />

31 Vgl. Schulprogramm der ERS 1, S. 28.<br />

39


der jeweiligen Lehrkraft wer<strong>den</strong> vor allem im Deutsch-, DS-, Ethik-, Religions-,<br />

PoWi- <strong>und</strong> Geschichtsunterricht der interkulturelle Dialog <strong>und</strong> die Perspektivübernahme<br />

auch durch Einbeziehung der SchülerInnenbiographien zu fördern<br />

versucht. <strong>Die</strong>ser Dialog <strong>und</strong> Perspektivwechsel wird weiter unterstützt durch<br />

Einladung von AutorInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> deutsche Zeitzeugen,<br />

die z.B. über eigene Emigrationserfahrungen während der Nazi-Diktatur berichten<br />

können.<br />

Ebenfalls abhängig von der jeweiligen Lehrkraft <strong>und</strong> vom Fach können zudem<br />

auch die Abschlussfahrten im dreizehnten Schuljahr dem interkulturellen Dialog<br />

gewidmet sein. In diesem Rahmen fand z.B. der Austausch eines PoWi-LKs<br />

mit einer Schule in der Türkei statt. Einen regelmäßigen Schüleraustausch gibt<br />

es gemeinsam mit der ERS 2 in die USA. Seit dem vergangenen Schuljahr findet<br />

zudem der explizit dem interreligiösen Dialog gewidmete Schüleraustausch<br />

mit der jüdischen Gemeinde in Philadelphia statt.<br />

All diese Aktivitäten bieten in der Vielschichtigkeit <strong>ihre</strong>r Ebenen schon jetzt gelungene<br />

Ansatzpunkte interkulturellen Lernens. Abgesehen von <strong>den</strong> schulorganisotorisch<br />

gewährleisteten Rahmenbedingungen bleiben sie jedoch von der<br />

interkulturellen Wachsamkeit <strong>und</strong> dem Engagement einzelner LehrerInnen abhängig.<br />

Zur Weiterarbeit am Schulprogrammschwerpunkt „Interkulturelle Kompetenz“<br />

hat sich deshalb im vergangenen Schuljahr eine Arbeitsgruppe gebildet,<br />

die sehr engagiert an einem Konzept zur Förderung interkulturellen Lernens<br />

arbeitet. Im Rahmen dessen wurde im Sommer 2004 ein pädagogischer Tag zum<br />

Thema „Interkulturelles Lernen“ organisiert <strong>und</strong> von einer „Spezialistin von<br />

außen“ 32 durchgeführt. Das Ziel sollte hier zunächst sein, das Kollegium <strong>für</strong> dieses<br />

Thema weiter zu sensibilisieren <strong>und</strong> Anregungen <strong>für</strong> die Weiterarbeit in <strong>den</strong><br />

Fachkonferenzen zu geben. Ob dies gelungen ist, kann zu diesem Zeitpunkt noch<br />

nicht gesagt wer<strong>den</strong>. Das Feedback der KollegInnen zum pädagogischen Tag war<br />

jedoch insgesamt positiv. Allein die Tatsache, dass das Kollegium diesem Thema<br />

so einen hohen Stellenwert beimisst, dass es dazu einen pädagogischen Tag veranstaltet<br />

hat, zeugt vom Interesse <strong>und</strong> der prinzipiellen Offenheit dem gegenüber.<br />

Wie sehr das kulturelle Miteinander <strong>den</strong> unterrichtlichen Alltag an der Schule bestimmt,<br />

wurde im Wunsch mancher KollegInnen nach pragmatischen Lösungsansätzen<br />

<strong>für</strong> die Probleme, <strong>den</strong>en sie täglich gegenüberstehen, deutlich. So durchzog<br />

32 Carmen Glomsda von „Glomsda Intercultural Affairs“, Frankfurt/M.<br />

40


<strong>den</strong> pädagogischen Tag auch die Suche nach Rezepten im Umgang mit kultureller<br />

Differenz <strong>und</strong> interkulturellen Verständigungsproblemen, obwohl solche Rezepte<br />

nichts mit interkulturellem Lernen, sondern eher mit kurzfristiger Konfliktbewältigung<br />

zu tun haben <strong>und</strong> von der Referentin folglich auch nicht gegeben wer<strong>den</strong><br />

konnten. Fragen, wie ich konkret mit unterschiedlichen Konzepten von Zeit,<br />

Macht, Zuverlässigkeit etc. (vgl. 2.2.) umgehe, wie ich reagiere, wenn muslimische<br />

Eltern <strong>ihre</strong> Tochter nicht mit auf Studienfahrten reisen lassen wollen oder<br />

wenn es zu interreligiösen Konflikten innerhalb meiner Lerngruppe kommt, prägen<br />

jedoch unseren Unterrichtsalltag <strong>und</strong> dürfen nicht unterschätzt wer<strong>den</strong>. Hier<br />

hilft der rege Austausch innerhalb des Kollegiums <strong>und</strong> das immer offene Ohr<br />

der Schulleiterin <strong>für</strong> solche Fragen.<br />

Inwieweit die einzelnen Fachkonferenzen auf die Anregung reagieren, <strong>für</strong> sich an<br />

Konzepten zum Umgang mit kultureller Heterogenität weiterzuarbeiten, hängt sicherlich<br />

auch von <strong>den</strong> jeweiligen Fächern ab. Obwohl interkulturelles Lernen,<br />

nach allem, was wir erfahren haben, sich nicht auf einzelne Fächer beschränken<br />

kann, sondern genauso gr<strong>und</strong>legend wie z.B. die Koedukation ist, haben die einzelnen<br />

Fächer doch verschie<strong>den</strong> große Spielräume.<br />

Interkulturelles Lernen bedingt immer auch die Infragestellung eigener Gr<strong>und</strong>annahmen.<br />

Inwieweit die Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen selbst bereit sind, sich auf <strong>den</strong><br />

interkulturellen Lernprozess im Sinne eines Perspektivwechsels <strong>und</strong> der Relativierung<br />

eigener Wertmaßstäbe einzulassen, kann durch kein schulinternes Konzept<br />

geregelt wer<strong>den</strong>. Anstöße hierzu wur<strong>den</strong> beim pädagogischen Tag sicher gegeben.<br />

Aber letztlich gilt auch <strong>für</strong> LehrerInnen, was <strong>für</strong> SchülerInnen wichtig ist: Interkulturelles<br />

Lernen muss freiwillig sein <strong>und</strong> kann nur in einem Klima des Vertrauens<br />

<strong>und</strong> gegenseitiger Anerkennung stattfin<strong>den</strong>.<br />

5. Schluss<br />

<strong>Die</strong> kulturelle Vielfalt der SchülerInnenschaft ist gr<strong>und</strong>legend <strong>für</strong> das Schulleben<br />

an der ERS 1. <strong>Die</strong>s zeigt sich sowohl in der statistischen Auswertung der Daten<br />

als auch im subjektiven Empfin<strong>den</strong> der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler. Von diesen<br />

wird die Diversität nicht nur deutlich wahrgenommen, sondern sie wird von 42%<br />

der Befragten explizit als Gr<strong>und</strong> genannt, warum sie sich an der Schule wohl füh-<br />

41


len, während keine/r der Befragten das <strong>multikulturelle</strong> Miteinander anführt, um<br />

zu begrün<strong>den</strong>, warum er/sie sich nicht an der Schule wohl fühle. <strong>Die</strong>s bedeutet jedoch<br />

nicht, dass <strong>den</strong> SchülerInnen Probleme, die das Miteinander der Kulturen<br />

mit sich bringt, nicht bewusst wären: Gegenseitige Vorurteile (von SchülerInnen<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong> einzig <strong>den</strong> LehrerInnen zugeschrieben) wer<strong>den</strong> durchaus<br />

als Probleme erkannt <strong>und</strong> benannt. <strong>Die</strong>se SchülerInnen sehen im vorurteilsfreien<br />

<strong>multikulturelle</strong>n Zusammenleben der Schüler- <strong>und</strong> LehrerInnen also ein<br />

Ideal, das noch nicht von jedem/jeder Einzelnen auch gelebt wird. Wichtig ist,<br />

dass die kulturelle Vielfalt sowohl von deutschen als auch von SchülerInnen mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> als positiv erlebt wird. Dass einzelne SchülerInnen <strong>den</strong>noch<br />

bestehende Vorurteile wahrnehmen, zeugt von <strong>ihre</strong>r Sensibilität <strong>und</strong> <strong>den</strong> hohen<br />

ideellen Forderungen, die sie an das <strong>multikulturelle</strong> Miteinander haben.<br />

Dass das Zusammenleben an der Schule gr<strong>und</strong>sätzlich als positiv empf<strong>und</strong>en<br />

wird, zeigen weitere 49% der SchülerInnen, die das gute soziale Klima an der<br />

Schule als Gr<strong>und</strong> da<strong>für</strong> angeben, sich an der Schule wohl zu fühlen. Insgesamt<br />

geben 68% aller Befragten Gründe, die im Zusammenhang mit dem sozialen Klima<br />

<strong>und</strong>/oder mit der kulturellen Vielfalt innerhalb der SchülerInnenschaft zusammen<br />

hängen, da<strong>für</strong> an, sich an der Schule wohl zu fühlen.<br />

<strong>Die</strong>se positive Einschätzung wiederum zeugt von großem Vertrauen der Schüler-<br />

Innen ineinander <strong>und</strong> Offenheit <strong>für</strong>einander. Angesichts der Tatsache, dass die<br />

meisten der befragten SchülerInnen bereits ein Schuljahr an der ERS 1 verbracht<br />

haben, kann behauptet wer<strong>den</strong>, dass wir es hier bereits mit einer Gruppe von (angehen<strong>den</strong>)<br />

SpezialistInnen des <strong>multikulturelle</strong>n Zusammenlebens zu tun haben.<br />

Ein Vergleich mit einer Kontrollgruppe von ca. 40 SchülerInnen aus dem elften<br />

Jahrgang 33 , in dem sich die Angaben aus allen Bereichen mit <strong>den</strong>en des zwölften<br />

Jahrgangs decken, zeigt, dass die SchülerInnen bereits mit einer positiven Voreinstellung<br />

an die Schule kommen, bzw. dass sich schon in <strong>den</strong> ersten sechs Wochen<br />

ein gutes soziales Miteinander einstellt. Ihre Erwartungshaltung soll von der Realität<br />

des schulischen Alltags nicht enttäuscht wer<strong>den</strong>: <strong>Die</strong> bereits gemachten Erfahrungen<br />

im vergangenen Schuljahr haben die SchülerInnen des zwölften<br />

Jahrgangs nicht etwa schockiert, abgestoßen oder verunsichert, sondern <strong>ihre</strong> positive<br />

Gr<strong>und</strong>einstellung offenbar nicht beeinträchtigt.<br />

33 <strong>Die</strong> Befragung der bei<strong>den</strong> Klassen fand ebenfalls vor <strong>den</strong> Herbstferien statt.<br />

42


In diesen Faktoren zeigt sich, dass an der ERS 1 mindestens zwei absolut gr<strong>und</strong>legende<br />

Voraussetzungen <strong>für</strong> das interkulturelle Lernen (Vgl. 2.3.) gegeben<br />

sind:<br />

1. In der <strong>multikulturelle</strong>n Gemeinschaft der SchülerInnen kommt es unweigerlich<br />

auch zu intensiveren Kontakten mit Menschen anderer Herkunftskulturen.<br />

<strong>Die</strong> SchülerInnen müssen sich nicht nur mit anderem Aussehen, anderer Lebensart,<br />

anderen Herangehensweisen an Aufgaben <strong>und</strong> Probleme, sondern, ganz elementar,<br />

auch mit anderen Werten (vgl. 2.2.) bzw. unbewussten Gr<strong>und</strong>annahmen<br />

<strong>ihre</strong>r MitschülerInnen auseinandersetzen. Im Idealfall sollten sie hierbei auch etwas<br />

über sich selbst <strong>und</strong> <strong>ihre</strong> eigene kulturelle Bedingtheit erfahren.<br />

2. Um sich auf solche Kontakte <strong>und</strong> <strong>den</strong> idealerweise daraus resultieren<strong>den</strong> interkulturellen<br />

Lernprozess überhaupt erst einzulassen, brauchen die SchülerInnen eine<br />

Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens, zumindest aber ein gutes<br />

soziales Klima (vgl.2.3.). Auch dieses ist an der ERS 1 ganz offensichtlich gegeben.<br />

<strong>Die</strong> Tatsache, dass die kulturelle Vielfalt von so vielen SchülerInnen als Gr<strong>und</strong><br />

genannt wird, sich an dieser Schule wohl zu fühlen, lässt zudem auf eine gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Freiwilligkeit des interkulturellen Lernprozesses, so er <strong>den</strong>n stattfin<strong>den</strong><br />

sollte, schließen.<br />

Wenn es der Schule nun gelänge, <strong>den</strong> interkulturellen Lernprozess <strong>ihre</strong>r SchülerInnen<br />

noch als „eine Kette von Lernerfahrungen“ zu organisieren, wären alle<br />

wichtigen Voraussetzungen <strong>für</strong> diesen Entwicklungsprozess erfüllt (vgl. 2.3.).<br />

Hier ließe sich argumentieren, dass die Erfahrungen, die die SchülerInnen im<br />

Zeitraum von drei Jahren miteinander machen, durchaus die Länge einer Kette<br />

haben dürften. Um die einzelnen Glieder miteinander zu verbin<strong>den</strong>, bedarf es jedoch<br />

eines Konzeptes von Seiten der Schule, so dass die Lernerfahrungen der<br />

SchülerInnen nicht eine Summe von Einzelerlebnissen bleiben, sondern miteinander<br />

in Beziehung gesetzt wer<strong>den</strong> <strong>und</strong> aufeinander aufbauen können. Dass die Organisatoren<br />

der ERS 1 sich dessen bewusst sind, zeigt die Absichtserklärung im<br />

Schulprogramm, „ein schulinternes Konzept zum Umgang mit der kulturellen<br />

Vielfalt an der Schule sowie zur Förderung interkultureller Kompetenz zu entwickeln“<br />

34 . <strong>Die</strong> Bildung <strong>und</strong> das große Engagement der AG Interkulturelles Lernen,<br />

der pädagogische Tag zum Thema <strong>und</strong> dessen positive Resonanz innerhalb des<br />

34 A.a.O. S. 29.<br />

43


Kollegiums lassen darauf schließen, dass diese Absichtserklärung ernst genommen<br />

<strong>und</strong> keineswegs vergessen wird. <strong>Die</strong> Entwicklung eines Konzepts interkulturellen<br />

Lernens, das die Erfahrungen der SchülerInnen tatsächlich in einen<br />

übergreifen<strong>den</strong> Lernprozess einbindet, ist jedoch ein großes Projekt. Hier wäre es<br />

notwendig, tatsächlich alle Fachbereiche einzubin<strong>den</strong> <strong>und</strong> auch Lehrerinnen<br />

<strong>und</strong> Lehrer in <strong>den</strong> Lernprozess mit einzubeziehen. <strong>Die</strong> Machtasymmetrien innerhalb<br />

des Systems Schule erlauben <strong>den</strong>jenigen, die oben stehen, konsequenterweise,<br />

<strong>ihre</strong>n Beruf auszuüben (<strong>und</strong> dies durchaus auch gut zu tun), ohne dabei <strong>ihre</strong><br />

eigenen Wertmaßstäbe <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>einstellungen zu hinterfragen. Als LehrerInnen<br />

haben wir die Definitionsmacht über eben jene Werte, die kulturell geprägt sind<br />

(gut/böse, logisch/unlogisch, pünktlich/unpünktlich…), <strong>und</strong> müssen diese auch<br />

ausüben. Wollen wir unsere SchülerInnen jedoch auch bei <strong>ihre</strong>m interkulturellen<br />

Lernprozess begleiten <strong>und</strong> fördern, so kommen wir nicht umhin, uns selbst auf<br />

diesen Prozess einzulassen <strong>und</strong> unsere eigenen Werte zu hinterfragen, durchaus<br />

auch, um sie wieder anzunehmen, jedoch in dem Bewusstsein, dass diese keineswegs<br />

naturgegeben, sondern kulturell bedingt sind. So wenig, wie ich Englisch<br />

unterrichten kann, ohne es selbst zu sprechen, so wenig kann ich meine Schüler-<br />

Innen auf <strong>ihre</strong>m interkulturellen Lernweg begleiten, ohne diesen selbst gehen zu<br />

wollen. Inwieweit die LehrerInnenschaft der ERS 1 hierzu tatsächlich bereit ist,<br />

ist schwer zu sagen <strong>und</strong> wäre interessanter Gegenstand einer eigenen Untersuchung.<br />

<strong>Die</strong> Wege jedoch, die an der Schule gegangen wer<strong>den</strong>, um auch LehrerInnen<br />

in Lernprozesse mit einzubeziehen, nämlich zum einen ein offensiver<br />

Umgang mit dem Thema, das zumindest seit dem Schuljahr 03/04 Gegenstand einer<br />

je<strong>den</strong> Gesamtkonferenz ist, zum anderen die Organisation <strong>und</strong> Durchführung<br />

eines pädagogischen Tages <strong>für</strong> das gesamte Kollegium, der darauf abzielte, gr<strong>und</strong>legendes<br />

Wissen über kulturelle Bedingtheiten zu vermitteln, scheinen in die richtige<br />

Richtung zu führen.<br />

So viel zum interkulturellen Lernen.<br />

Der große Anteil von SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> an der ERS 1 war<br />

<strong>für</strong> mich auch Anlass zu fragen, inwiefern diese SchülerInnen „effektiv gefördert“<br />

wer<strong>den</strong> (vgl.1.). <strong>Die</strong>se Förderung findet konkret sowohl durch die Aufnahmepolitik<br />

der Schulleitung 35 als auch durch verschie<strong>den</strong>e Kompensationsangebote,<br />

35 Vgl. <strong>den</strong> überproportionalen Anteil tatsächlich aufgenommener SchülerInnen mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> an einer Institution, die zum höchsten schulischen Bildungsabschluss in<br />

Deutschland führt.<br />

44


das Engagement vieler LehrerInnen sowie die Förderung des guten sozialen<br />

Klimas u.a. durch die Einrichtung von Klassenverbän<strong>den</strong> durch die gesamte<br />

Oberstufe <strong>und</strong> konsequentes pädagogisches Vorgehen des Kollegiums <strong>und</strong> der<br />

Schulleitung statt. Auch hier zeigt sich ein offensiver Umgang mit der Thematik<br />

<strong>und</strong> ein ausgeprägtes Problembewusstsein aller an der Schule tätigen Personen<br />

(incl. des Hausmeisters). Probleme wer<strong>den</strong> nicht verschwiegen oder heruntergespielt,<br />

sondern offen thematisiert <strong>und</strong> es wer<strong>den</strong> gemeinsam Lösungsansätze<br />

<strong>und</strong> begehbare Wege gesucht. So geben auch 18% der SchülerInnen, die hierzu<br />

Angaben gemacht haben, (davon die Hälfte mit Migrationshintergr<strong>und</strong>) an, dass<br />

bereits genug zur Förderung von SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> getan<br />

werde, bzw. dass diese Förderung (nicht mehr) nötig sei.<br />

Unterschätzt wer<strong>den</strong> sollte jedoch nicht der Wunsch einiger SchülerInnen nach<br />

herkunftssprachlichem Unterricht (vgl. 3.2.a). Es ist davon auszugehen, dass<br />

die Förderung <strong>und</strong> Anerkennung der jeweils ersten Sprache(n) der SchülerInnen<br />

auch <strong>ihre</strong> Kompetenz im Deutschen sowie im Englischen <strong>und</strong> somit auch in allen<br />

anderen Fächern unterstützen würde (vgl. 3.2.b). Da die Entscheidungsgewalt über<br />

die Anerkennung der Sprachen <strong>und</strong> über die Einstellung entsprechender Lehrkräfte<br />

außerhalb der Schule liegt, muss gesagt wer<strong>den</strong>, dass in einem<br />

Einwanderungsland wie Deutschland dringend auch die sprachlichen Hintergründe<br />

unserer SchülerInnen berücksichtigt wer<strong>den</strong> müssen. In der Anerkennung <strong>und</strong><br />

Förderung muttersprachlicher Kompetenz könnte ein Schlüssel zur Förderung<br />

von Minderheiten <strong>und</strong> somit auch zur Förderung des kulturellen Miteinanders in<br />

unserer Gesellschaft liegen. Gerade in Städten wie Frankfurt, in <strong>den</strong>en schon der<br />

offizielle Ausländeranteil bei ca. 27% liegt, sollte von Seiten der Landesregierung<br />

unbedingt herkunftssprachlicher Unterricht an allen Schulformen bereitgestellt<br />

wer<strong>den</strong>. Ohne diese institutionelle Rahmenbedingung bleibt es der einzelnen<br />

Schule überlassen, wie sie mit <strong>den</strong> Schwierigkeiten derjenigen umgeht, die nicht<br />

die Gelegenheit hatten, <strong>ihre</strong> Erstsprache <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen Konzepte<br />

ausreichend zu erlernen. <strong>Die</strong> Last tragen nicht nur Schulleitung <strong>und</strong> LehrerInnen,<br />

sondern vor allem die SchülerInnen, die oftmals eine vierte oder gar fünfte Sprache<br />

erlernen müssen, um die Hochschulreife zu erlangen, ohne jemals <strong>ihre</strong> Erstsprache<br />

richtig erlernt zu haben <strong>und</strong> die ggf. obendrein in allen Fächern <strong>für</strong> die<br />

hieraus resultierende mangelnde Deutschkompetenz bestraft wer<strong>den</strong>. Hier sollte<br />

45


dringend Unterstützung von institutioneller Seite geschaffen wer<strong>den</strong>, sonst bleiben<br />

alle noch so engagierten Bemühungen von schulischer Seite viel zu spät einsetzende<br />

Auffangmaßnahmen.<br />

Obwohl es nur zwei der befragten SchülerInnen in <strong>ihre</strong>m Wunsch nach ausländischen<br />

LehrerInnen angesprochen haben, möchte ich noch ein <strong>für</strong> mich ganz offensichtliches<br />

Problem der Personalstruktur an der ERS 1 nicht verschweigen:<br />

Einer SchülerInnenschaft, in der zwei Drittel aller Personen einen Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

hat (davon die Hälfte Muslime, 20% afrikanischer Herkunft, 26% asiatischer<br />

Herkunft), steht eine fast 100% deutsche LehrerInnenschaft gegenüber. <strong>Die</strong><br />

einzigen Ausnahmen sind zwei KollegInnen westeuropäischer Herkunft, die beide<br />

ausschließlich <strong>ihre</strong> Muttersprachen unterrichten. Angestellte afrikanischer <strong>und</strong> asiatischer<br />

Herkunft fin<strong>den</strong> sich lediglich unter dem Reinigungspersonal der Schule<br />

<strong>und</strong> dies ausschließlich. In einem Konzept zur Förderung interkultureller Kompetenz<br />

sollte m.E. unbedingt darauf geachtet wer<strong>den</strong>, dass solche Asymmetrien innerhalb<br />

der Organisation überw<strong>und</strong>en wer<strong>den</strong>, notfalls - <strong>und</strong> hier verweise ich auf<br />

Radtke <strong>und</strong> Gomollas Vergleich der institutionellen Diskriminierung von Migrantenkindern<br />

mit der Diskriminierung von Schwarzen, Frauen <strong>und</strong> Körperbehinderten<br />

(Vgl. 1.) – mit der Einführung von Quoten <strong>und</strong> vergleichbaren<br />

Fördermaßnahmen zur Einstellung von LehrerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Reinigungspersonal ohne Migrationshintergr<strong>und</strong>. Auch hier sind freilich<br />

Maßnahmen der Regierung gefragt.<br />

Insgesamt kann gesagt wer<strong>den</strong>, dass an der ERS 1 schon jetzt ein vorbildliches<br />

kulturelles Miteinander gelebt wird, das in dieser Form einzig durch das große<br />

Engagement <strong>und</strong> die Offenheit der Schulleiterin <strong>und</strong> vieler KollegInnen existieren<br />

kann. Hier wer<strong>den</strong> die Weichen gelegt zum kompetenten Umgang mit kultureller<br />

Vielfalt innerhalb unserer heutigen Gesellschaft. In der Entwicklung eines Konzepts<br />

hierzu hat die Schule wenige Vorbilder, an <strong>den</strong>en sie sich orientieren kann,<br />

kann aber hoffentlich all <strong>den</strong>en, die sich der gesellschaftlichen Realität heute noch<br />

nicht in dieser Konsequenz stellen, irgendwann ein Modell bieten, an dem diese<br />

sich orientieren können.<br />

46


6. Literatur<br />

Auernheimer, G./ von Blumenthal/ Stübig/ Willman: Interkulturelle Erziehung im<br />

Schulalltag. Münster 1996.<br />

Baumert, Jürgen et al. (Hg.): PISA 2000. Basiskompetenzen im internationalen Vergleich.<br />

Opla<strong>den</strong> 2001.<br />

Bennett, J.M., Bennett, M. &Allen, W.: Developing intercultural competence in the<br />

language classroom. In: Page, M., Lange, D.L. & Yershova, Y.A. (Eds.): Culture as<br />

the core: Integrating culture into the language curriculum. CARLA Working Paper 5.<br />

Minnesota: Center for Advanced Research on Language Acquisition, 1999.<br />

Bredella, Lothar u. Herbert Christ (Hg.): Didaktik des Fremdverstehens. Tübingen 1995.<br />

Brown, Rupert: Beziehungen zwischen Gruppen. In: Stroebe, Wolfgang/ K. Jonas/ M.<br />

Hewstone (Hg.): Sozialpsychologie. Berlin, Heidelberg 2002.<br />

Byram, Michael: Teaching and Assessing Intercultural Communicative Competence.<br />

Clevedon 1997.<br />

B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> politische Bildung (Hg.): Interkulturelles Lernen. Bonn 1998.<br />

Butzkamm, Wolfgang: Psycholinguistik des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen 1993.<br />

Deutsches Institut <strong>für</strong> Internationale Pädagogische Forschung (Hg.): Dokumentation zur<br />

Situation von Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern mit Migrationserfahrungen an Frankfurter<br />

Schulen im Schuljahr 2000/2001. Frankfurt 2002.<br />

Gogolin, Ingrid/ Küger-Potratz, Marianne/ Meyer, Meinert (Hg.): Pluralität <strong>und</strong> Bildung.<br />

Opla<strong>den</strong> 1998.<br />

Gomolla, Mechthild u. Radtke, F.-O.: Institutionelle Diskriminierung. <strong>Die</strong> Herstellung<br />

ethnischer Differenz in der Schule. Opla<strong>den</strong> 2002.<br />

Grosch, Harald u. Leenen, W.R.: Bausteine zur Gr<strong>und</strong>legung interkulturellen Lernens. In:<br />

B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> politische Bildung (1998). S. 29-47.<br />

Günthner, Susanne u. Kotthoff, Helga: Von frem<strong>den</strong> Stimmen. Frankfurt/M. 1991.<br />

Hall, Edward T.: Beyond Culture. New York 1977.<br />

Herbert-Quandt-Stiftung (Hg.): Interkulturelles Schulwissen <strong>und</strong> europäische I<strong>den</strong>tität. Bad<br />

Homburg 2004.<br />

Hesse, Hermann-Günter: Lernen durch Kulturkontakt. Ffm 1995.<br />

Hinz, Andreas: Heterogenität in der Schule. Integration – Interkulturelle Erziehung –<br />

Koedukation. Hamburg 1993.<br />

Hofstede, Geert: Cultures and Organisations: Software of the mind. London 1991.<br />

47


Klafki, Wolfgang: Schlüsselprobleme der modernen Welt <strong>und</strong> die Aufgaben der Schule-<br />

Gr<strong>und</strong>linien einer neuen Allgemeinbildungskonzeption in internationaler/<br />

interkultureller Perspektive. In: Gogolin et al. (Hg.) (1998). S. 235-277.<br />

Landis, Dan/ Bhagat, Rabi (Hg.): Handbook of Intercultural Training. London 1996.<br />

Leder, Gabriela: Interkulturelles Lernen als Bestandteil der Austauscherfahrung in<br />

ERASMUS-Programmen. In: Bredella/Christ, 1995. S. 186- 194.<br />

Marburger, Helga (Hg.): Schule in der <strong>multikulturelle</strong>n Gesellschaft. Ffm 1991.<br />

Mummendey, Amélie: Soziales Verhalten zwischen Gruppen. In: Frey, <strong>Die</strong>ter/ Greiff,<br />

Siegfried (Hg.): Sozialpsychologie. Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen. Weinheim<br />

1994.<br />

Nieto, Sonia: Critical multicultural education and stu<strong>den</strong>ts´ perspectives. In: Gillborn, David<br />

u. Ladson-Billings, Gloria (Hg.): The RoutledgeFalmer Reader in Multicultural<br />

Education. London, New York 2004. S. 179-200.<br />

Skutnabb-Kangas, Tove: Bilingualism or Not. The Education of Minorities. Clevedon 1994.<br />

<strong>Die</strong>s.: Mehrsprachigkeit <strong>und</strong> die Erziehung von Minderheitenkindern. In: Deutsch Lernen<br />

1/1992, S. 38-67.<br />

<strong>Die</strong>s. u. Robert Phillipson (Hg.): Linguistic Human Rights. Berlin/NY 1994.<br />

Spender, Dale: Mit Aggressivität zum Erfolg. Über <strong>den</strong> doppelten Standard, der in <strong>den</strong><br />

Klassenzimmern operiert. In: Trömel-Plötz, 1985. S.71-89.<br />

Stadtschulamt Frankfurt/M., Institut <strong>für</strong> Schulentwicklungsforschung (Hg.): Öffnung von<br />

Schule <strong>und</strong> Interkulturelle Erziehung in Frankfurt am Main. Dortm<strong>und</strong> 1993.<br />

Schulprogramm der Ernst-Reuter-Schule 1. Frankfurt a.M. (ohne Jahresangabe).<br />

Thomas, Alexander: Psychologie interkulturellen Lernens <strong>und</strong> Handelns. In: Ders.(Hg.):<br />

Kulturvergleichende Psychologie. Göttingen 1993. S. 377-424.<br />

Trömel-Plötz, Senta (Hg.): Gewalt durch Sprache. Frankfurt/M. 1985. Darin auch dies.:<br />

Weiblicher Stil - männlicher Stil. S. 354-394.<br />

Welz, Gisela: Arbeitspapiere zur Vorlesung „Kulturanthropologische Schlüsselbegriffe“ am<br />

Institut <strong>für</strong> Kulturanthropologie <strong>und</strong> europäische Ethnologie. Ffm, WiSe 2001/02.<br />

Wygotsky, Lew S.: Sprache <strong>und</strong> Denken. Berlin 1964.<br />

48


7. Anhang<br />

7.1. Der Fragebogen<br />

Angaben zur Person (bitte unbedingt ausfüllen!)<br />

1. Eigener Geburtsort (Land):<br />

0 Deutschland<br />

0 andere:_____________________<br />

1.2. Wenn sie nicht in Deutschland geboren sind:<br />

In welchem Alter sind Sie nach Deutschland gekommen?<br />

0 0 bis 5 Jahre<br />

0 6-10 Jahre<br />

0 11-15 Jahre<br />

0 später<br />

2. a) Geburtsort der Mutter (Land): b) Geburtsort des Vaters (Land):<br />

0 Deutschland 0 Deutschland<br />

0 andere:_____________________ 0 andere:____________________<br />

3. Welche Sprache sprechen Sie mit Ihren Eltern/ zu Hause?<br />

0 Deutsch<br />

0 andere:____________________________<br />

4. Welche Staatsangehörigkeit(en) haben Sie?<br />

0 Deutsch<br />

0 andere:____________________________<br />

5. Welche Religionszugehörigkeit haben Sie?<br />

0 christlich (römisch-katholisch, evangelisch)<br />

0 christlich (russ./griech./serb.-orthodox u.a.)<br />

0 jüdisch<br />

0 muslimisch<br />

0 andere: ___________________<br />

0 keine<br />

49


6. Haben Sie vor, nach dem Abitur in Deutschland zu leben?<br />

0 ja 0 wahrscheinlich schon<br />

0 eher nicht 0 nein 0 weiß noch nicht<br />

Ihre Meinung ist gefragt<br />

Bitte been<strong>den</strong> Sie die folgen<strong>den</strong> Sätze (oder einen davon):<br />

Ich fühle mich an dieser Schule wohl, weil………….<br />

Ich fühle mich an dieser Schule nicht wohl, weil………….<br />

Folgendes könnte die Schule meiner Meinung nach tun, um Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

nicht-deutscher Herkunft besser zu fördern:<br />

50


7.2. Auswertung des Fragebogens<br />

Anteil der SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> (Migrationshintergr<strong>und</strong> wird gemäß <strong>den</strong><br />

Kriterien der PISA-Studie durch die nicht-deutsche Herkunft eines der Elternteile definiert,<br />

vgl. S. 15 dieser Arbeit):<br />

Deutsch<br />

32%<br />

1. Eigener Geburtsort (Land) 36 :<br />

100%<br />

80%<br />

60%<br />

40%<br />

20%<br />

0%<br />

Deutschland<br />

mit<br />

M igrationshintergr<strong>und</strong><br />

68%<br />

Geburtsorte der SchülerInnen mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

73,9%<br />

Osteuropa<br />

11,6%<br />

Türkei<br />

4,3% 4,3% 2,9% 2,9%<br />

Asien<br />

36 Alle Länder, die in dieser <strong>und</strong> allen folgen<strong>den</strong> Antworten benannt wur<strong>den</strong>, wur<strong>den</strong> der Übersicht<br />

halber in folgende Kategorien unterteilt: Afrika (Äthiopien, Eritrea, Marokko, Tunesien, Somalia),<br />

Asien (Afghanistan, Bangladesh, Indien, Iran, Mauritius, Pakistan, Phillipinen, Sri Lanka, Syrien),<br />

alte EU-Länder (Frankreich, GB, Griechenland, Holland, Italien, Österreich, Spanien),<br />

Osteuropa (Bosnien, Bulgarien, Kosovo, Kroatien, Polen, Russland), Türkei, USA, Israel.<br />

51<br />

Afrika<br />

alte EU-Länder


1.2. Wenn sie nicht in Deutschland geboren sind:<br />

In welchem Alter sind Sie nach Deutschland gekommen?<br />

Anzahl Personen<br />

10 53%<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

24%<br />

0 bis 5 Jahre 6 bis 10<br />

Jahre<br />

12%<br />

11 bis 15<br />

Jahre<br />

2. Geburtsorte (Land) der 138 Elternteile von SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong>:<br />

Anzahl Personen<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

26%<br />

20%<br />

Asien<br />

Afrika<br />

Türkei<br />

19%<br />

Osteuropa<br />

16%<br />

alte EU-Länder<br />

10%<br />

Deutschland<br />

52<br />

6%<br />

USA<br />

3%<br />

12%<br />

später<br />

Israel<br />

1%


3. Welche Sprache sprechen Sie mit Ihren Eltern/ zu Hause?<br />

Anzahl der gesprochenen Sprachen (SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong>):<br />

zwei<br />

andere<br />

Sprachen<br />

20% (14)<br />

nur Deutsch<br />

14% (10)<br />

eine andere<br />

Sprache<br />

66% (45)<br />

4. Welche Staatsangehörigkeit(en) haben Sie?<br />

Staatsangehörigkeiten der SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong>:<br />

Anzahl Personen<br />

60<br />

50 55%<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Deutsch<br />

Türkisch<br />

18%<br />

Osteuropa<br />

8%<br />

alte EU-Länder<br />

8%<br />

Asien<br />

4%<br />

53<br />

Afrika<br />

4%<br />

nur Deutsch<br />

eine andere<br />

Sprache<br />

zwei andere<br />

Sprachen<br />

USA<br />

3%


5. Welche Religionszugehörigkeit haben Sie?<br />

a) Religionszugehörigkeit der SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong>:<br />

Anzahl Personen<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

20% 14%<br />

Christlich (rk/ev)<br />

Christlich (orthodox)<br />

Jüdisch<br />

3%<br />

Muslimisch<br />

55%<br />

b) Religionszugehörigkeit aller SchülerInnen (mit <strong>und</strong> ohne Migrationshintergr<strong>und</strong>):<br />

Anzahl Personen<br />

60<br />

50<br />

35%<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Christlich (rk/ev)<br />

Christlich (orthodox)<br />

10%<br />

Jüdisch<br />

2%<br />

Muslimisch<br />

37%<br />

54<br />

Hindu<br />

Hindu<br />

3% 4%<br />

2%<br />

Keine<br />

14%<br />

Keine


6. Haben Sie vor, nach dem Abitur in Deutschland zu leben? 37<br />

(SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong>)<br />

weiß nicht<br />

23% (16)<br />

nein<br />

22% (15)<br />

ja<br />

55% (38)<br />

37 <strong>Die</strong> Option „wahrscheinlich schon“ wurde zu „ja“ gezählt, die Option „eher nicht“ zu „nein“.<br />

55<br />

ja<br />

nein<br />

weiß nicht


Ich fühle mich an dieser Schule wohl, weil………….<br />

(wurde von 93% aller SchülerInnen beendet)<br />

<strong>Die</strong> Aussagen der SchülerInnen wur<strong>den</strong> hier kategorisiert <strong>und</strong> fin<strong>den</strong> sich in gekürzter Form<br />

in 7.3. abgedruckt. Durch Mehrfachnennungen kommt es zu einer Gesamtprozentzahl über<br />

einh<strong>und</strong>ert. <strong>Die</strong> Vertikalachse benennt Themen, auf die sich die jeweiligen Aussagen der<br />

SchülerInnen beziehen. <strong>Die</strong> vielen Aussagen, die das soziale Miteinander loben <strong>und</strong> hierbei<br />

explizit auch auf die LehrerInnen Bezug nehmen, wer<strong>den</strong> nur in dieser Kategorie <strong>und</strong> nicht<br />

erneut unter „LehrerInnen/Unterricht“ verbucht.<br />

<strong>Die</strong> Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl aller, die die Rückseite des Bogens (teilweise)<br />

ausgefüllt haben <strong>und</strong> zählen SchülerInnen mit <strong>und</strong> ohne Migrationshintergr<strong>und</strong> zusammen.<br />

Anzahl Personen<br />

60 60<br />

50 50 andere 8<br />

4<br />

40 4026%<br />

20% 19%<br />

30 30<br />

3 16%<br />

LehrerInnen/ 20% Unterricht<br />

20 20<br />

14% 11<br />

10 10<br />

3%<br />

0 0 multi-kulturelle 6<br />

<strong>Schülerschaft</strong><br />

soziales Miteinander<br />

Asien<br />

Christlich (rk/ev)<br />

Afrika<br />

Christlich (orthodox)<br />

Türkei<br />

Osteuropa Jüdisch<br />

Ich fühle mich an dieser Schule nicht wohl, weil………….<br />

insg. 13%<br />

55%<br />

SuS ohne<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Su S m it<br />

insg. 15%<br />

10%<br />

6%<br />

insg. 44%<br />

3% 3%<br />

36<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

4%<br />

1%<br />

alte EU-Länder Muslimisch<br />

Deutschland<br />

Hindu<br />

USA<br />

Keine<br />

Israel<br />

Auch hier wur<strong>den</strong> die Aussagen in Kategorien zusammengefasst.<br />

Anzahl Personen<br />

60 zwei<br />

andere 1<br />

50 andere<br />

35%<br />

40 Sprachen<br />

30<br />

Lehrer 20% (14)<br />

20<br />

10%<br />

10<br />

Hygiene 0<br />

3<br />

37%<br />

nur Deutsch<br />

14% 5 (10)<br />

6<br />

2%<br />

5<br />

SuS ohne<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

9<br />

Su S m it<br />

nur Deutsch Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

14%<br />

2% eine andere<br />

Sprache<br />

Vorurteile 2<br />

eine andere<br />

Sprache 6<br />

zwei andere<br />

Sprachen<br />

0 2<br />

66% (45)<br />

4 6 8<br />

Anzahl<br />

10 Aussagen<br />

Christlich (rk/ev)<br />

Christlich (orthodox)<br />

Jüdisch<br />

13<br />

insg. insg. 52%<br />

i 52%<br />

Muslimisch<br />

56<br />

Hindu<br />

36<br />

Anzahl<br />

0 10 20 30 40 Aussagen<br />

Keine


Folgendes könnte die Schule meiner Meinung nach tun, um Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

nicht-deutscher Herkunft besser zu fördern:<br />

Vorschläge, die sich beziehen<br />

auf…<br />

Sprachförderung<br />

(deutsch/englisch)<br />

Sprachenangebot erweitern(herkunftssprachlicher<br />

Unterricht)<br />

Nicht nötig/ Schule tut<br />

schon alles<br />

Mehr Einbeziehung anderer<br />

Kulturen in <strong>den</strong><br />

Unterricht<br />

Angebot Religionsunterricht<br />

erweitern<br />

Nachhilfe<br />

Mehr Toleranz auf Seiten<br />

der LehrerInnen<br />

Korrekturverhalten/mehr<br />

Ermutigung durch LehrerInnen<br />

Ausländische Lehrer einstellen<br />

Innere Differenzierung<br />

Mehr Elternkontakte<br />

Nicht ausgefüllt<br />

Anzahl der Vorschläge<br />

von SuS ohne Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

57<br />

Anzahl der Vorschläge<br />

von SuS mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

8 13 21<br />

1 9 10<br />

4 5 9<br />

4 3 7<br />

1 5 6<br />

1 4 5<br />

1 2 3<br />

1 2 3<br />

0 2 2<br />

1 1 2<br />

0 1 1<br />

15 35 50<br />

gesamt


7.3. Aussagen der SchülerInnen im Einzelnen<br />

a) SchülerInnen ohne Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Ich fühle mich an dieser Schule wohl, weil.....<br />

- weil die Schüler <strong>und</strong> die Lehrer cool sind.<br />

- das Klima <strong>und</strong> Arbeitsverhältnis zwischen <strong>den</strong> Schülern <strong>und</strong> Lehrern sehr gut ist.<br />

- es selten Ausgrenzungen gibt.<br />

- hier viele Fre<strong>und</strong>e aus meiner alten Klasse sind <strong>und</strong> es Kunst als LK gibt.<br />

- die meisten Lehrer auf die Schüler eingehen <strong>und</strong> es keine Gewalt an der Schule<br />

gibt.<br />

- hier die coolsten Leute zur Schule gehen.<br />

- die Lehrer zum Teil in Ordnung sind.<br />

- hier es lockerer zugeht als an meiner alten Schule.<br />

- sie multikulturell ist.<br />

- es kein sehr hohes Niveau gibt <strong>und</strong> ich sehr viele kenne.<br />

- man genug Fre<strong>und</strong>e hier trifft. Das Klima ist annehmbar.<br />

- die Mitschüler sehr verständnisvoll sind <strong>und</strong> man kann sich gut mit ihnen unterhalten.<br />

Wahrscheinlich liegt es daran, dass nicht viele spießige deutsche Schüler auf<br />

dieser Schule sind.<br />

- ich hier Fre<strong>und</strong>e habe <strong>und</strong> das Lernklima recht angenehm ist.<br />

- die Leute hier einfach voll cool sind <strong>und</strong> ich schon viele von der ERS 2 kenne.<br />

- ein angenehmes Klima herrscht.<br />

- ich sie seit der 5. Klasse besuche <strong>und</strong> entsprechend genug Leute kenne.<br />

- ich froh bin, eine Schule gef<strong>und</strong>en zu haben, in der die Lehrer <strong>und</strong> Schüler nett<br />

sind <strong>und</strong> ich mich aufgehoben fühle.<br />

- alle Kulturen gemischt sind.<br />

- unsere Schule viele Kulturen besitzt <strong>und</strong> diese ohne Probleme miteinander auskommen.<br />

- ich dadurch verschie<strong>den</strong>e Kulturen kennen lerne. Damit habe ich sowie so kein<br />

Problem, da ich fast nur mit Ausländern aufgewachsen bin.<br />

- ich eine Fre<strong>und</strong>in wenigstens hier sehen kann.<br />

- ich viele neue, nette Menschen kennen gelernt habe.<br />

- die Schule Toleranz gegenüber jedem Schüler hat. Das ermöglicht ein <strong>multikulturelle</strong>s<br />

Umfeld <strong>für</strong> Lehrer <strong>und</strong> Schüler.<br />

- lernen hier Spaß macht <strong>und</strong> die Lehrer <strong>und</strong> Schüler nett sind.<br />

- meine Fre<strong>und</strong>e hier sind.<br />

- es hier <strong>den</strong> besten Musiklehrer gibt.<br />

Ich fühle mich an dieser Schule nicht wohl, weil......<br />

- die Toiletten nicht sauber sind <strong>und</strong> kein Toilettenpapier da ist. Außerdem gibt es<br />

Lehrer, die <strong>ihre</strong> Schüler nicht gleich behandeln.<br />

- alle Schüler, egal welcher Herkunft, Vorurteile gegeneinander haben.<br />

- es hier Lehrer gibt, die sich meiner Meinung nach noch nicht fair <strong>den</strong> Schülern gegenüber<br />

verhalten.<br />

- es einige Lehrer gibt, die kein Verständnis <strong>für</strong> manche bestimmte Schüler haben.<br />

58


- es zu wenig Sport gibt.<br />

- mir manche Lehrer unsympathisch sind.<br />

- manche Schüler <strong>und</strong> wenige Lehrer rassistisch sind.<br />

- sie nicht so hygienisch ist.<br />

- viele Leute anders <strong>den</strong>ken als ich; weil die Toiletten nie Toilettenpapier haben;<br />

weil manche Lehrer überhaupt nicht unterrichten können.<br />

Folgendes könnte die Schule meiner Meinung nach tun, um Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

nicht-deutscher Herkunft besser zu fördern:<br />

- Deutschkurse anbieten.<br />

- Deutsch AGs anbieten.<br />

- Leichtere Deutschklausuren.<br />

- Ausländische Schüler wer<strong>den</strong> an dieser Schule besser gefördert als an jeder anderen<br />

in Ffm.<br />

- Nicht nur Ausländer sollen gefördert wer<strong>den</strong>.<br />

- Sprachunterricht <strong>für</strong> ein besseres Verständnis<br />

- Lehrer sollen <strong>ihre</strong> Einstellung ändern.<br />

- Auf andere Sitten eingehen <strong>und</strong> im Unterricht behandeln.<br />

- Mehr Fußball. Im Geschichtsunterricht „<strong>ihre</strong>“ Geschichte der Herkunft behandeln.<br />

- Während des Unterrichts mehr auf Rechtschreibung achten.<br />

- Englisch-Intensiv-Kurs.<br />

- Hausaufgaben-Hilfe in der Schule, Nachhilfeangebote.<br />

- Keine getrennten Religionskurse.<br />

b) SchülerInnen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Ich fühle mich an dieser Schule wohl, weil.....<br />

- die Lehrer auf die SchülerInnen eingehen.<br />

- hier Vieles besser ist als auf meiner früheren Schule.<br />

- ich mit <strong>den</strong> Leuten sehr gut klarkomme <strong>und</strong> weil die Schule sehr multikulturell ist.<br />

- viele Schüler aus verschie<strong>den</strong>en Ländern auf der Schule sind. <strong>Die</strong> Anerkennung<br />

verschie<strong>den</strong>er Religionen <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>en die Rücksicht.<br />

- sie tolerant <strong>und</strong> sozial ist.<br />

- viele Kulturen hier sind.<br />

- die Leute nett sind, die Stimmung in <strong>den</strong> St<strong>und</strong>en nicht langweilig <strong>und</strong> monoton<br />

ist. Viele (die meisten) Lehrer lieb sind.<br />

- die Lehrer sehr verständnisvoll gegenüber uns (Schüler) sind <strong>und</strong> besonders in<br />

meinem Fall auch sehr hilfsbereit.<br />

- ich die besten Leute (Schüler) im ganzen Leben hier getroffen hab.<br />

- ich mich mit fast allen Schülern gut verstehe. Toll finde ich auch, dass es viele verschie<strong>den</strong><br />

Nationalitäten auf dieser Schule gibt.<br />

- ich sehr viele Schüler der Schule kenne <strong>und</strong> mich gut mit <strong>den</strong>en verstehe.<br />

- es ein gutes Klima gibt. Viele Kulturen.<br />

- hier sehr viel auf die Umwelt geachtet wird.<br />

59


- man auch Schüler aus anderen Ländern kennen lernt.<br />

- es viele verschie<strong>den</strong>e Kulturen hier gibt. Würde ich hier die einzige Ausländerin<br />

sein, würde ich mich natürlich unwohl fühlen.<br />

- meiner Meinung nach die Lehrer viel mehr auf einen eingehen <strong>und</strong> sich mit dem<br />

Einzelnen beschäftigen. Der Unterricht ist etwas lockerer als an anderen Schulen<br />

(nur manche Fächer). <strong>Die</strong> Schüler halten viel besser zusammen <strong>und</strong> helfen sich gegenseitig.<br />

- der Unterricht im Gegensatz zu anderen Schulen besser ist <strong>und</strong> die Atmosphäre<br />

angenehm ist.<br />

- ich mich gut integrieren konnte.<br />

- auf die Schüler eingegangen wird. Gute Atmosphäre.<br />

- hier Schüler aus verschie<strong>den</strong>en Nationen stammen.<br />

- es so viele Ausländer gibt.<br />

- es so multikulturell ist.<br />

- ich mit vielen Fre<strong>und</strong>en zusammen bin, es viele Nationalitäten gibt <strong>und</strong> keinen<br />

Rassismus.<br />

- von <strong>den</strong> ganzen Schulen die ich besucht habe, diese besser ist. Politische Richtung<br />

<strong>und</strong> anständige, rationale Leute, nicht alle, aber die meisten<br />

- die Leute nett sind.<br />

- die Leute sehr nett sind.<br />

- meine Lehrer <strong>und</strong> Schulkamera<strong>den</strong> mich unterstützen.<br />

- ich das Gefühl habe, als Migrantin akzeptiert <strong>und</strong> toleriert zu wer<strong>den</strong>. Außerdem<br />

sind die Schüler dieser Schule meist aus anderen Ländern <strong>und</strong> das vermittelt mir<br />

das Gefühl, nicht anders zu sein/dazu zu gehören.<br />

- sie international ist <strong>und</strong> ich viele andere Nationen <strong>und</strong> verschie<strong>den</strong>e Persönlichkeiten<br />

kennen lernen kann.<br />

- ich schon davor auf der ERS 2 war. Ich kenne hier schon alles <strong>und</strong> bin an alles gewöhnt.<br />

Ich mag die meisten Lehrer <strong>und</strong> finde <strong>den</strong> Unterricht spannend <strong>und</strong> unterhaltsam.<br />

- es eine Schule ist, in der Ausländer gut integriert wer<strong>den</strong> <strong>und</strong> weil es kompetente<br />

Lehrer gibt.<br />

- die Schule ein Herz <strong>für</strong> Ausländer hat. Sie gut ausgebildete Lehrer hat.<br />

- es auf dieser Schule viele Ausländer gibt <strong>und</strong> weil ich mit <strong>den</strong> anderen Schülern<br />

<strong>und</strong> Lehrern gut auskomme.<br />

- es hier genug nicht-deutsche Schüler gibt.<br />

- ich sehr viele neue Menschen kennen lerne, die jedes Jahr eingeschult wer<strong>den</strong>.<br />

- Sowohl die Schüler als auch die Lehrer nett sind. Der Stoff wird gut erklärt.<br />

- ich mich mit <strong>den</strong> ganzen Schülern gut verstehe. Es gibt keine großen Konflikte unter<br />

<strong>den</strong> Schülern.<br />

- ich mich mit <strong>den</strong> Leuten gut verstehe <strong>und</strong> viele neue Fre<strong>und</strong>schaften gef<strong>und</strong>en habe.<br />

Meine Klasse ist die beste, die ich mir vorstellen kann.<br />

- es viele Ausländer gibt, die mich als Nichtdeutsche in <strong>den</strong> meisten Fällen besser<br />

verstehen können. Wobei ich noch sagen muss, dass es auch deutsche Schüler gibt,<br />

die mich verstehen können, weil sie multikulti aufgewachsen sind.<br />

- viele Schüler aus verschie<strong>den</strong>en Ländern auf dieser Schule sind.<br />

- ich viele Fre<strong>und</strong>e hier gef<strong>und</strong>en habe. <strong>Die</strong> meisten Schüler kenne ich auch noch<br />

von der ERS 2. <strong>Die</strong> Lehrer sind meistens auch sehr nett, außer bei der Notengebung.<br />

- ich davor auch auf der ERS 2 war. Weil ich hier auch Fre<strong>und</strong>e habe, die ich von<br />

früher kenne.<br />

- ich mich mit fast jedem sehr gut verstehe. Ich finde außerdem die Multikultur echt<br />

60


stark.<br />

- ich hier meine Fre<strong>und</strong>e habe, die ich zum Teil auch neu kennen gelernt habe.<br />

- ich hier respektiert <strong>und</strong> anerkannt werde, da es hier eine <strong>multikulturelle</strong> Schule ist.<br />

- die Schule multikulturell ist.<br />

- es keinerlei Diskriminierung gegenüber anderen (andere Nationalität) gibt, hier<br />

wird jeder gerecht behandelt.<br />

- ich mich mit <strong>den</strong> SchülerInnen gut verstehe (da der größte Teil der Schule mit<br />

Schülern aus anderen Herkunftsländern besteht).<br />

- Schüler verschie<strong>den</strong>er Herkunft gemeinsam an dieser Schule die Schulbank drücken;<br />

erfolgreiche Projekte unternommen wer<strong>den</strong>, usw.<br />

- die Schüler voll cool sind. Alle Kulturen in dieser Schule vorhan<strong>den</strong> sind. Es gibt<br />

Lehrer, die Unterricht führen, in dem man Spaß hat <strong>und</strong> gleichzeitig was lernt.<br />

- es hier an der Schule gemischte Kulturen gibt.<br />

- ich mich gut mit <strong>den</strong> Leuten an der Schule verstehe.<br />

- ich hier in der Nähe wohne, kann ich länger ausschlafen. Viele Schüler vertreten<br />

sehr viele Nationalitäten <strong>und</strong> Religionen<br />

- hier viele Nationalitäten vertreten sind.<br />

- alle, egal welcher Nationalität sie angehören, akzeptiert wer<strong>den</strong>.<br />

- hier die ganze Schulatmosphäre mir gefällt (Lehrer <strong>und</strong> Schüler).<br />

- es viele verschie<strong>den</strong>en Nationalitäten gibt.<br />

- hier viele Nationen/Religionen aufeinander treffen, weil ich mich mit vielen Leuten<br />

gut verstehe.<br />

- es hier viele SchülerInnen aus anderen Nationen gibt <strong>und</strong> diese sehr offen <strong>und</strong><br />

fre<strong>und</strong>lich miteinander umgehen. Des weiteren ist die Hilfsbereitschaft der meisten<br />

Schüler sehr extrem <strong>und</strong> man wird sofort fre<strong>und</strong>lich begrüßt <strong>und</strong> in <strong>den</strong> Schulalltag<br />

integriert.<br />

- hier großen Wert auf Soziales gelegt wird.<br />

- es viele Schüler aus anderen verschie<strong>den</strong>en Ländern <strong>und</strong> Kulturen gibt.<br />

- auf die Schüler eingegangen wird, eine gute Atmosphäre herrscht.<br />

- hier viele Ausländer sind.<br />

- ich es gut finde, dass wir eine <strong>multikulturelle</strong> Schule sind <strong>und</strong> keine spießige Oberstufe.<br />

- gute Fre<strong>und</strong>e auf dieser Schule sind.<br />

Ich fühle mich an dieser Schule nicht wohl, weil.........<br />

- obwohl es so viele <strong>multikulturelle</strong> Schüler gibt, hab ich das Gefühl, viele Lehrer<br />

haben etwas gegen bestimmte Nationen.<br />

- man manchmal in manchen Fächern unterschätzt wird.<br />

- die Ausstattung in Bezug auf Hygiene (Toilettenpapier, Seife, Papier) zu wünschen<br />

lässt.<br />

- manche Lehrer Vorurteile haben <strong>und</strong> dich unterschätzen! Oder ungerecht behandeln.<br />

- manche Lehrer sehr arrogant sind.<br />

- die Lehrer zu viele deutsche Eigenschaften haben, Sachverhalte nicht locker sehen.<br />

- sie sehr unorganisiert <strong>und</strong> unor<strong>den</strong>tlich ist.<br />

- einige Lehrer <strong>ihre</strong> Lieblingsschüler haben oder einige, die sie nicht mögen <strong>und</strong> sie<br />

dementsprechend benoten.<br />

- es Lehrer gibt, die <strong>ihre</strong> Lieblinge haben, <strong>und</strong> weil es ausländerfeindliche Lehrer<br />

gibt.<br />

61


- sie ein bisschen zu schwer ist.<br />

- die Lehrer unfaire Noten geben.<br />

- manche Lehrer unfair benoten <strong>und</strong> von Anfang an schon einen schlechten Eindruck<br />

von einem haben <strong>und</strong> sich dementsprechend auch so gegenüber einem verhalten.<br />

- die Sanierung der WCs nicht gut ist <strong>und</strong> es kein Toilettenpapier gibt.<br />

- manche Lehrer total unsympathisch sind.<br />

- die Toiletten meist verschmiert sind. Außerdem gibt es kein<br />

Toilettenpapier.<br />

- manche Lehrer voreingenommen sind <strong>und</strong> sich dies an <strong>den</strong> Noten bemerkbar<br />

macht. Außerdem wird aus vielen Späßen ein Elefant gemacht.<br />

- es einige Lehrer gibt, die leider nach Sympathie benoten. <strong>Die</strong> Toleranz, die die<br />

Leute sich hier versprechen (z.B. gegenüber einer anderen Religion) wird kaum<br />

eingehalten.<br />

- ich eine Zeit lang <strong>den</strong> Eindruck hatte, dass bestimmte Schüler benachteiligt wer<strong>den</strong><br />

aufgr<strong>und</strong> negativer Einstellungen gegenüber einer bestimmten Klasse.<br />

- manche Schüler von <strong>den</strong> Lehrern benachteiligt wer<strong>den</strong>. Manche Lehrer haben ein<br />

bestimmtes Bild von einer Klasse, obwohl sie diese Klasse noch nie unterrichtet<br />

haben.<br />

- die Lehrer manchmal komisch drauf sind.<br />

- das Verhältnis zwischen <strong>den</strong> Lehren <strong>und</strong> Schülern sehr beruflich ist <strong>und</strong> die Lehrer,<br />

meiner Meinung nach, sehr passiv eingestellt sind. Des Weiteren scheinen einige<br />

Lehrer sehr voreingenommen zu sein.<br />

- hier jede Woche Klassenkonferenzen sind <strong>und</strong> die Lehrer sich viel zu sehr in private<br />

Angelegenheiten einmischen.<br />

- weil aus eine Mücke ein Elefant gemacht wird.<br />

- ich manchmal keine Lust auf bestimmte Lehrer habe.<br />

Folgendes könnte die Schule meiner Meinung nach tun, um Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

nicht-deutscher Herkunft besser zu fördern:<br />

- Jüdischen, islamischen <strong>und</strong> muttersprachlichen Unterricht.<br />

- Mehr Sprachen <strong>und</strong> Religionsunterricht anbieten.<br />

- Kostenlose Nachhilfe.<br />

- Deutsch Intensiv Kurs auch in 12 <strong>und</strong> 13.<br />

- Förderunterricht.<br />

- Ausländische Lehrer.<br />

- Kompensationskurse in Mathematik.<br />

- Projektwochen. Inhalt: Kultur der anderen kennen lernen.<br />

- AGs die sich auf verschie<strong>den</strong>e Kontinente beziehen.<br />

- Englisch Intensiv Kurs.<br />

- Extra Kurse <strong>für</strong> sprachliche Förderung.<br />

- Mehr Toleranz zeigen.<br />

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