unsere schulleiterin frau dr. hannelore christ - Ernst-Reuter-Schule 1
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Jahrbuch 2007<br />
UNSERE SCHULLEITERIN FRAU DR.<br />
HANNELORE CHRIST<br />
Hannelore Christ als Schulleiterin zu würdigen habe ich als Aufgabe gern übernommen,<br />
verbindet mich mit ihr doch ein jahrelanges, freundschaftliches, kollegiales Verhältnis.<br />
Hingegen ist mir diese Aufgabe auszufüllen nicht leicht gefallen. Kann man<br />
einer so ausgeprägten Persönlichkeit gerecht werden? Allen, die mir dabei durch ihr<br />
Bild von Hannelore Christ geholfen haben, danke ich hiermit.<br />
Licht<br />
Ihr Markenzeichen war die offene Tür, die sie nicht erfunden, aber durch ihr Verhalten<br />
als Symbol für das Miteinander in der <strong>Schule</strong> füllte. Sie war erreichbar, ansprechbar,<br />
zugänglich. Und sie war vertrauenswürdig. Sie kümmerte sich um alles,<br />
war für alle da, wie dies selten in <strong>Schule</strong>n ist (oder sich allenfalls in dem Kontrollbedürfnis<br />
mancher Schulleiter äußert). Sie fand einen Zugang zu Menschen, hatte eine<br />
Art, dass man von sich viel erzählte und manchmal innerlich aufschreckte. (Wem erzähle<br />
ich das eigentlich?). Sie half, wo sie konnte. War interaktionsstark und konnte<br />
Menschen einschätzen, ohne abschätzig zu sein. Sie konnte Entscheidungen alleine<br />
treffen, und doch spürte man manchmal, dass dies einsam macht und auch die<br />
Schulleiterin manchmal für ein liebes Wort dankbar ist. Das hat viele für sie eingenommen.<br />
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Jahrbuch 2007<br />
Ihr war Atmosphäre wichtig, nicht nur durch Blumen oder durch die Ordnung besonders<br />
im ersten Stock. Sie wollte wissen, wie das Kollegium sie einschätzt. Noch nie<br />
hatte ein Schulleiter danach gefragt, was das Kollegium von ihm und seiner Arbeit<br />
hält. Gleichwohl vertrat sie klare Normen, sprach deutliche Worte und zog eindeutige<br />
Grenzen. Sie ließ einen nicht in Ruhe, denn sie konnte gut delegieren, aber ließ einen<br />
auch nicht allein. In Konferenzen konnte sie Unstimmigkeiten erkennen und oft<br />
auch entschärfen und unnötigen Konflikten den Wind aus den Segeln nehmen.<br />
Verfehlungen verfolgte sie hartnäckig und strebte konsequent eine Regelung an, die<br />
der Verfehlung, den Personen und der Situation sowie dem Wiedergutmachungsanspruch<br />
gerecht werden konnte. Doch sie konnte bei diesen Aktionen auch ab und zu<br />
geben, wenn die ins Auge gefasste Maßnahme keine Chance hatte, wirksam zu werden.<br />
Konflikte zwischen SchülerInnen und LehrerInnen nahm sie ernst, stand klar auf der<br />
Seite des professionellen Rollenverständnisses bei LehrerInnen und klar auf der Seite<br />
derjenigen, die kommunikative Auseinandersetzungen favorisierten. Täuschungsversuchen,<br />
Verschleierungen und Ver<strong>dr</strong>ängungen trat sie unmissverständlich entgegen.<br />
Sie schien von einer strengen protestantischen Lebenshaltung geleitet, souverän,<br />
manchmal mit angespannter oder angestrengter Miene.<br />
Sie holte sich bei KollegInnen und auch im Kollegium Rat und konnte Korrekturen<br />
der eigenen Haltung vornehmen. Alle, die ich sprach, lobten oder attestierten ihre<br />
Professionalität, Kompetenz und Leitungsverantwortung. Sie, die sie die erste Frau in<br />
der Reihe der männlichen ERS-Leitungsspitze ist, hat Männern gezeigt, wie <strong>frau</strong> klar<br />
führen und menschlich Anteil nehmen kann, und Frauen, dass dies kein Widerspruch<br />
sein muss.<br />
Alle Schülerinnen und Schüler erkannten ihren guten, anspruchsvollen Unterricht an.<br />
Sie habe sehr genau auf Regeleinhaltung geachtet, besonders beim Zuspätkommen.<br />
Sie sei hilfsbereit gewesen und ein Vorbild für eine emanzipierte Frau.<br />
Vielen Schülerinnen und Schülern erschien sie widersprüchlich, im unmittelbaren<br />
Kontakt für manche ängstigend, was sich besonders vor dem mündlichen Abitur bemerkbar<br />
machte. Männer und Frauen behandelte sie gleich, aber Frauen ängstigten<br />
sich eher. Die widersprüchlichen Beschreibungen lauteten, sie sei<br />
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Jahrbuch 2007<br />
undurchschaubar - offen, sympathiegeleitet - fair, dominant - unterstützend, in ihrer<br />
Direktheit verletzend – schützend, gefühlskalt – einfühlsam und warmherzig, unnahbar<br />
wie durch Panzerglas - bemutternd.<br />
Anscheinend fiel es den Schülerinnen und Schülern schwer, die gelebte Distanz, in<br />
der Hannelore Christ ihnen zugleich zugetan war, anzunehmen. Dazu sind Jugendliche<br />
vielleicht noch nicht selbstsicher genug und verwechseln leichter diese Rollendistanz<br />
mit Sympathie- bzw. Antipathieäußerungen.<br />
Schatten<br />
Zu Beginn vom Kollegium euphorisch begrüßt, musste diese ideal erscheinende institutionelle<br />
Beziehung zwangsläufig Enttäuschungen ertragen. Sie hinterließen auf<br />
beiden Seiten Spuren. Zu disparat können Interessenskonstellationen in der <strong>Schule</strong><br />
sein, als dass eine Schulleiterin es allen recht machen könnte und bei allen beliebt<br />
bliebe.<br />
Einige hatten den Ein<strong>dr</strong>uck, dass ihre Beziehung zu ReferendarInnen und zu manchen<br />
KollegInnen (mit bestimmten Problemen) von ihrer Sympathie abhing. Dieser<br />
Ein<strong>dr</strong>uck ist im Grunde die mögliche Kehrseite eines Rollenverhaltens, das keine<br />
Fassaden baut, sondern die Person in der Rolle erlebbar hält. Wenn erlebbar war,<br />
dass gelingende Beziehungen ihrer Förderung sicher sein konnten, so konnte umgekehrt<br />
eine distanzierte Beziehung um so kränkender erscheinen.<br />
Gelegentlich blieb eine Entscheidung für Einzelne unverständlich, sei es dass die<br />
Vermittlung der Gründe misslang oder andere als die offiziell bekundeten Gründe<br />
eine Rolle zu spielen schienen.<br />
Gelegentlich gab es Irritationen, die der Frauen-Männer-Frage geschuldet schienen.<br />
Sie hat einen Frauenblick und hat viel für Frauen getan, die Unsicherheit und Unterwürfigkeit<br />
von Frauen berührte sie persönlich. Gleichwohl hatten Männer es nicht<br />
unbedingt schwerer. Für sie selbst war wohl schwieriger auszuhalten, wenn die Beziehung<br />
zu Männern oder Frauen formalistisch gehandhabt wurde und sie zu Machtspielen<br />
genötigt wurde, die sie zwangen Defizite zu offenbaren. Eine solche Situation<br />
musste sie verletzen, denn sie hatte keine Probleme Fehler einzugestehen oder sich<br />
zu entschuldigen. Aber sie konnte auch unnachgiebig sein, wenn in Konflikten die<br />
notwendige Verständigung nicht erreichbar war.<br />
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Jahrbuch 2007<br />
Dank<br />
Es sei mir gestattet den Dank der KollegInnen in meinem persönlichen Dank vorzutragen:<br />
Liebe Hannelore, ich kann mit Worten nur schwer aus<strong>dr</strong>ücken, wie tief ich dafür<br />
dankbar bin, dass Du in den letzten Jahren meines Schullebens, das in einem guten<br />
halben Jahr endet, meine unmittelbare Dienstvorgesetzte warst. Bei Dir erlebte ich,<br />
dass ich immer willkommen war, womit ich auch kam.<br />
Bei Konflikten mit SchülerInnen standest Du mir zur Seite, bei manchmal ungewöhnlichen<br />
Ideen klärte Dein Realitätsblick, bei Initiativen bekam ich Rückenwind und<br />
beim Loswerden von Alltagsbelangen Deine Anteilnahme. Mit Dir erlebte ich institutionelle<br />
Kooperation in der von mir gewünschten Weise, auf Augenhöhe, die unterschiedlichen<br />
Rollen ausgestaltend und für die kollegiale und pädagogische Arbeit<br />
gewinnbringend nutzend. Ich konnte sicher sein, dass Du mitdachtest, Unterstützung<br />
gewährtest oder Auswege ersannst. Wir konnten über alles reden und Kontroversen<br />
aushalten, weil wir Verständnis füreinander möglich machten. Du konntest verschwiegen<br />
sein, hast Dein Wissen nie missbraucht.<br />
Manchmal ließ ich, statt den schulinternen Dienstweg einzuhalten, einen Vorgang<br />
über Dich laufen, weil ich mir Deiner prinzipiellen Unterstützung gewiss war.<br />
Als Kollegin im Fach Ev.Religion konnte ich auf Deine kreativen Impulse hoffen,<br />
wenn es galt, die Innenwelt der SchülerInnen aufzuschließen und „zur Sprache“ zu<br />
bringen. In den Fachkonferenzen, die gelegentlich in Privaträumen, auch bei Dir,<br />
stattfanden, verband sich Kulinarisches mit Inspiration, gegenseitige fachliche Unterstützung<br />
mit persönlicher Anteilnahme.<br />
Bei gemeinsamen Unterrichtsbesprechungen im Rahmen von Unterrichtsbesuchen<br />
bei ReferendarInnen konnten sich diese Deiner Unterstützung (auch gegen Dir ungerechtfertigt<br />
erscheinende Fachleiterkritik) sicher sein. Deine Anregungen aufgrund<br />
Deines weiten pädagogischen Blicks auf das Gesamtgeschehen verbandest Du stets<br />
mit konkreten Hilfen für die Praxis. Allerdings: Naivität, Sorglosigkeit im Umgang mit<br />
inhaltlichen Fragen oder gar „nach-dem-Mund-reden“ durften sich ReferendarInnen<br />
nicht erlauben. Hier fanden sie in Dir eine verantwortungsbewusste, sich selbst gegenüber<br />
den Erfordernissen des Schulalltags in die Pflicht nehmende Kollegin und<br />
Schulleiterin vor, die klar und verbindlich ihre Sicht vortrug.<br />
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Jahrbuch 2007<br />
Du hast aufgrund Deiner klaren pädagogischen, auf Dialog setzenden Konzeption<br />
von <strong>Schule</strong> die Impulse von uns KollegInnen aufgenommen und ihnen Unterstützung<br />
und Richtung gegeben. Du hast diese Erfahrungen der ERS auch in Vorträgen und<br />
Referaten auf Dienstversammlungen und Fortbildungen kompetent und engagiert<br />
weitergegeben.<br />
Die Tatsache, dass SchülerInnen wie LehrerInnen Dich so ähnlich beschreiben,<br />
weist Dich als eine Menschin aus, die in ihrer Haltung anderen gegenüber nicht zwischen<br />
Rollenträgern, sondern zwischen Personen unterschied. Du hast Dein Wesen,<br />
Deine Fähigkeiten und Dein Handeln in direkt gelebten Beziehung unprätentiös gezeigt.<br />
Nie hattest Du die Aura einer Direktorin um Dich, Du bliebst authentische Person<br />
in Deiner Rolle, ernsthaft, gewissenhaft, wach, humorvoll, anteilnehmend und<br />
unterstützend. Es war, wie ein Kollege sagte, ein Luxus, Hannelore Christ als Schulleiterin<br />
zu haben.<br />
In herzlicher Verbundenheit,<br />
stellvertretend für die Kolleginnen und Kollegen Dir dankend<br />
Klaus von Wangenheim<br />
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