aktuellen Ausgabe - bei der Gnadenkirche
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Vom Weinen kriegt man Durst – Trauergruppe für Kin<strong>der</strong><br />
Evangelisches Bildungswerk Fürstenfeldbruck<br />
Bei Franz ist seit einem halben Jahr<br />
nichts mehr so wie es war. Denn vor<br />
sechs Monaten ist sein Vater gestorben.<br />
Ganz plötzlich. Er war leidenschaftlicher<br />
Sportler. Bei <strong>der</strong> Ausübung seiner großen<br />
Leidenschaft ist er ertrunken. Als die<br />
Polizei dann vor <strong>der</strong> Haustür stand, hatte<br />
Franz große Angst und schon ein mulmiges<br />
Gefühl. Seine Mutter war von <strong>der</strong><br />
Nachricht völlig aufgewühlt. Obwohl sie<br />
es Franz auch gleich mitteilte, konnte er<br />
es nicht glauben. Nachdem Opa und<br />
Oma gekommen waren, fuhr sie ins<br />
Krankenhaus. Alle waren so ganz an<strong>der</strong>s<br />
und weinten. Wie seine Schwester<br />
reagierte, weiß Franz nicht mehr. Sie ist<br />
zwei Jahre jünger. Er ist acht Jahre alt.<br />
Mittlerweile gehen <strong>bei</strong>de in eine Trauergruppe<br />
für Kin<strong>der</strong>. Lacrima heißt das<br />
Angebot <strong>der</strong> Johanniter-Unfall-Hilfe e. V.<br />
in München. Eine solche Einrichtung<br />
soll nun auch bald im Raum Fürstenfeldbruck<br />
entstehen. Die Vorbereitungen<br />
laufen bereits auf Hochtouren.<br />
In <strong>der</strong> Trauergruppe treffen Franz und<br />
seine Schwester auch an<strong>der</strong>e Kin<strong>der</strong>,<br />
die jemanden verloren haben. Heinz<br />
gehört dazu. Er hat seine Mutter vor<br />
zwei Monaten verloren. Sie ist an Krebs<br />
gestorben. Und Mareike, <strong>der</strong>en Vater<br />
sich das Leben genommen hat. Sie alle<br />
vermissen die Verstorbenen, können<br />
aber ihre Trauer daheim nicht so zeigen,<br />
wie sie es wollen. Sie spüren genau,<br />
dass dies die Mutter o<strong>der</strong> den Vater<br />
noch zusätzlich belasten würde. Deshalb<br />
versuchen sie stark zu bleiben,<br />
was jedoch nicht immer gelingt. So verän<strong>der</strong>t<br />
sich ihr Verhalten im Laufe <strong>der</strong><br />
Zeit. Manchmal auch negativ, wie <strong>bei</strong><br />
Josef, <strong>der</strong> immer aggressiver wurde.<br />
Das hat er sonst noch nie getan, versicherte<br />
sein Vater. Josefs Eltern waren<br />
schon seit einiger Zeit geschieden, als<br />
seine Mutter starb. Josefs Verhalten hat<br />
seinen Vater erschreckt. Das Kind kam<br />
schließlich zu einem Lacrima-Schnupperkurs.<br />
Dort hat es ihm so gut gefallen,<br />
dass es nun regelmäßig die Einrichtung<br />
besuchen möchte.<br />
In den Gruppen können die Kin<strong>der</strong>,<br />
wenn sie wollen, ihre Trauer entdecken<br />
und ausleben. Es sei aber nicht immer<br />
so, dass dort nur getrauert wird, betont<br />
Tobias Rilling, <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong> von Lacrima.<br />
„Wir haben dichte Augenblicke, zum<br />
Beispiel <strong>bei</strong>m Kerzenritual, aber auch<br />
total fetzige Zeiten, wo wir viel lachen<br />
und uns die Kissen im Tobe-Raum um<br />
die Ohren hauen“, so <strong>der</strong> Diakon weiter.<br />
Das sei manchmal ganz befreiend und<br />
tue gut, wenn man wisse, den an<strong>der</strong>en<br />
geht es auch wie<strong>der</strong> besser. Kin<strong>der</strong><br />
trauern an<strong>der</strong>s als Erwachsene und benötigen<br />
daher auch ein spezielles Angebot,<br />
versichert <strong>der</strong> Experte.