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und E´lyt Störungen bei Darm-Nierenerkrankungen - Erkan Arslan

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Internist 2006 · 47:1110–1120<br />

DOI 10.1007/s00108-006-1716-6<br />

Online publiziert: 29. September 2006<br />

© Springer Medizin Verlag 2006<br />

Schwerpunktherausgeber:<br />

M. Weber, Köln<br />

K. Werdan, Halle/Saale<br />

<strong>Darm</strong> <strong>und</strong> Niere sind die wesentlichen<br />

Ausscheidungsorgane des Organismus,<br />

<strong>und</strong> <strong>Störungen</strong> der Funktion<br />

können zu erheblichen bis lebensbedrohlichen<br />

Komplikationen führen.<br />

Pathophysiologie des Natrium-<br />

<strong>und</strong> Wasserhaushalts<br />

<strong>Störungen</strong> des Natriumhaushalts führen<br />

zu <strong>Störungen</strong> der Wasserbilanz<br />

(. Abb. 1). Diese Verknüpfung ist auch<br />

Folge der Regulation der Serumosmolarität,<br />

die möglichst konstant gehalten wird.<br />

Sie kann anhand der Serumnatriumkonzentration<br />

geschätzt werden (Serumosm<br />

olarität≈2×Serumnatriumkonzentration)<br />

<strong>und</strong> wird durch die Niere, die Hypophyse<br />

<strong>und</strong> das Renin-Angiotensin- <strong>und</strong> Aldosteronsystem<br />

(RAA) reguliert [9].<br />

Für die Volumenregulation spielt der<br />

<strong>Darm</strong> nur <strong>bei</strong> pathologischen Zuständen<br />

eine wesentliche Rolle. Der <strong>Darm</strong>inhalt ist<br />

im Regelfall isoosmotisch [14].<br />

Eine osmotische Lücke („osmotic gap“,<br />

OG) kann in Analogie zu den Serumbestimmungen<br />

auch in den Fäzes berechnet<br />

werden <strong>und</strong> zur Abgrenzung einer sekretorischen<br />

(OG 50 mOsmol/l) [8] (. Infobox)<br />

Infobox<br />

Niere<br />

Die glomeruläre Filtration (GFR) beträgt<br />

130–180 l/Tag. Dies entspricht dem 60-fachen<br />

Plasmavolumen. Um zu überleben,<br />

muss der Organismus die überwiegende<br />

Menge des filtrierten Wassers <strong>und</strong> Natriums<br />

tubulär resorbieren (. Tab. 1) [4]. Es<br />

werden täglich 26.100 mmol Natrium filtriert<br />

<strong>und</strong> >99% renal rückresorbiert. Wasser<br />

folgt Natrium. Jedes einzelne der etwa<br />

1 Mio. Nephrone einer Niere funktioniert<br />

da<strong>bei</strong> autark (Single-nephron-Theorie).<br />

Bei glomerulären Vernarbungen etwa<br />

als Folge einer Glomerulonephritis, einer<br />

diabetischen Nephropathie oder einer<br />

Hypertonie fallen die sklerosierten Glomeruli<br />

<strong>und</strong> die dazugehörigen Nephrone<br />

aus <strong>und</strong> können sich nicht mehr am Filtrations-<br />

<strong>und</strong> Rückresorptionsprozess beteiligen.<br />

Die verbliebenen ges<strong>und</strong>en Nephrone<br />

dagegen funktionieren nach dieser<br />

Theorie noch. So wird die Filtratmenge<br />

<strong>bei</strong> 50% sklerosierten Glomeruli nicht<br />

mehr <strong>bei</strong> 180 l/Tag, sondern nur noch <strong>bei</strong><br />

90 l liegen. Die verbliebenen Nephrone<br />

werden den Primärharn dann aber 1:100<br />

konzentrieren, sodass lediglich ein Urinvolumen<br />

von 0,9 l/Tag entsteht. Probleme<br />

in der Ausscheidung von Natrium <strong>und</strong><br />

Wasser sind die Folge, was sich klinisch<br />

OGfaeces = 290 - (2 x Nafaeces + 2 x Kfaeces) (Norm: < 50mOsmol/l<br />

1110 | Der Internist 11 · 2006<br />

Schwerpunkt: Wasser- <strong>und</strong> Elektrolytstörungen<br />

D. M. Alscher 1 · K. Herrlinger 2 · E. F. Stange 2<br />

1 ZIM IV: Abteilung für Allgemeine Innere Medizin <strong>und</strong> Nephrologie,<br />

Zentrum für Innere Medizin, Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart<br />

2 ZIM I: Abteilung für Gastroenterologie, Hepatologie <strong>und</strong> Endokrinologie,<br />

Zentrum für Innere Medizin, Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart<br />

Volumen- <strong>und</strong><br />

Elektrolytstörungen<br />

<strong>bei</strong> <strong>Darm</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Nierenerkrankungen</strong><br />

als Volumenhypertonie oder Ödeme in<br />

frühen Krankheitsphasen äußert.<br />

Umgekehrt verhält es sich <strong>bei</strong> interstitiellen<br />

Nephritiden (z. B. Analgetikaniere).<br />

Hier erschwert die interstitielle<br />

Entzündungsreaktion mit Ödem <strong>und</strong><br />

Zellinfiltraten den Transport von Sauerstoff<br />

<strong>und</strong> Glukose an die Tubuluszellen.<br />

Die Folgen sind ATP-Mangel, Ausfall<br />

der Na + -K + -Transporter <strong>und</strong> mangelhafteNatrium-Wasser-Rückresorption.<br />

Theoretisch könnte <strong>bei</strong> einem Ausfall<br />

von 99% der Nephronenmasse sogar<br />

noch eine Urinmenge von 1,8 l/Tag produziert<br />

werden (reiner Primärharn). Dies<br />

macht deutlich, dass interstitielle <strong>Nierenerkrankungen</strong><br />

erst <strong>bei</strong> weit fortgeschrittener<br />

Niereninsuffizienz eine unzureichende<br />

Natrium- <strong>und</strong> Wasserausscheidung<br />

aufweisen. Klinisch bedeutet<br />

dies: keine Hypertonie <strong>und</strong> Auftreten<br />

von Ödemen erst in fortgeschrittenen<br />

Phasen der Insuffizienz (Diuretikabedarf<br />

erst <strong>bei</strong> hohem Kreatinin).<br />

Die Feineinstellung der Urinosmolarität<br />

erfolgt im Sammelrohr über die Aquaporine.<br />

Diese werden unter dem Einfluss von<br />

ADH (antidiuretisches Hormon) vermehrt<br />

in die luminale Seite eingebaut <strong>und</strong> führen<br />

zur isolierten Absorption von Wasser.<br />

<strong>Darm</strong><br />

Unter physiologischen Bedingungen<br />

werden über den Stuhl nur 100–200 ml


Antinatriurese<br />

Gegenregulation Niere<br />

Aktivierung Volumensensoren<br />

Volumenkontraktion<br />

Normales Extrazellulärvolumen<br />

Volumenexpansion<br />

Aktivierung Volumensensoren<br />

Gegenregulation Niere<br />

Natriurese<br />

Abb. 1 8 Verknüpfung von Natrium- <strong>und</strong> Wasserhaushalt<br />

Hypovolämie<br />

Gesamtkörperwasser<br />

Gesamtnatrium<br />

Wasser ausgeschieden, wo<strong>bei</strong> die aufgenommenen,<br />

resorbierten <strong>und</strong> sezernierten<br />

Flüssigkeitsmengen im Literbereich<br />

liegen <strong>und</strong> <strong>bei</strong> pathologischen Zuständen<br />

Mengen von >20 l/ in 24 h beschrieben<br />

sind (. Abb. 2) [8].<br />

+ Magensekretion: 2l/Tag = 4 - 5l/Tag<br />

+ Galle-/ Pankreassekret: 1,5l/Tag<br />

+ Dünndarmsekretion: 3 - 4l/Tag<br />

Nahrung: 2-3l/Tag<br />

= 5,5 - 6,5l/Tag<br />

= 8,5 - 10,5l/Tag<br />

= 3 - 6l/Tag<br />

= 1,1 - 2,2l/Tag<br />

Stuhl: 0,1-0,2l/Tag<br />

ADH, RAA-System, Sympathikus<br />

Die Sekretion von ADH erfolgt <strong>bei</strong><br />

einem Anstieg der Serumosmolarität<br />

<strong>und</strong>/oder einem Abfall des effektiven<br />

Blutvolumens [15]. Parallel zur Sekretion<br />

wird ein starkes Durstgefühl ausgelöst.<br />

- 3 - 6l/Tag: Resorption Jejunum<br />

- 2 - 4l/Tag: Resorption Ileum<br />

- 1 - 2l/Tag: Resorption Kolon<br />

Urin Na > 20 Urin Na < 10 Urin Na > 20 Urin Na > 20 Urin Na < 10<br />

Renale Verluste:<br />

Diuretika<br />

Aldosteronmangel<br />

Salzverlust <strong>bei</strong><br />

Nephritis<br />

Bikarbonaturie<br />

(renal-tubuläre<br />

Azidose,<br />

metabolische<br />

Alkalose)<br />

Ketonurie<br />

Osmotische<br />

Diurese<br />

1112 | Der Internist 11 · 2006<br />

Extrarenale Verluste:<br />

Erbrechen<br />

Durchfall<br />

Salzverlust <strong>bei</strong><br />

Nephritis<br />

Verlust in den<br />

,,dritten Raum'' bsp.<br />

<strong>bei</strong><br />

Verbrennungen,<br />

Pankreatitis,<br />

Trauma, etc.<br />

Schwerpunkt: Wasser- <strong>und</strong> Elektrolytstörungen<br />

Euvolämie<br />

Gesamtkörperwasser<br />

Gesamtnatrium<br />

Hypokortisolismus<br />

Hypothyroidismus<br />

SIADH<br />

Medikamentös<br />

Akutes oder<br />

chronisches<br />

Nierenversagen<br />

Hypervolämie<br />

Gesamtkörperwasser<br />

Gesamtnatrium<br />

Der Natriumgehalt des Urins (Urin Na) kann in<br />

einer kleinen Urinportion bestimmt<br />

werden (mmol/l) = ,,spot-urine"<br />

Nephrotisches<br />

Syndrom<br />

Leberzirrhose<br />

Herzinsuffizienz<br />

Abb. 2 9 Flüssigkeitsmengen<br />

in den jeweiligen<br />

<strong>Darm</strong>abschnitten<br />

Abb. 3 9 Diagnostisches<br />

Vorgehen <strong>bei</strong> Hyponatriämien<br />

E Unter physiologischen Bedingungen<br />

können keine größeren Hypo- oder<br />

Hyperosmolaritäten auftreten<br />

<strong>und</strong> damit keine größeren<br />

Hypo- oder Hypernatriämien.<br />

Die Füllung des arteriellen Gefäßbetts ist<br />

abhängig vom Volumenstatus, der Pump-


funktion des Herzens, den Serumeiweißen<br />

(onkotischer Druck) <strong>und</strong> den arteriellen<br />

Wiederstandsgefäßen. Damit können <strong>bei</strong><br />

Herz-, Nieren- oder Lebererkrankungen<br />

Abnahmen des effektiven Blutvolumens<br />

eintreten (häufig trotz vermehrtem Flüssigkeitsvolumen<br />

im Gesamtkörper), welche<br />

einerseits zu Ödemen <strong>und</strong> andererseits<br />

zu <strong>Störungen</strong> der Serumosmolarität<br />

<strong>und</strong> der Serumnatriumkonzentration<br />

führen können [15].<br />

> Die das Blutvolumen<br />

regulierenden 3 Systeme<br />

werden durch Renin,<br />

Noradrenalin <strong>und</strong> ADH<br />

(RNA) repräsentiert<br />

Das RAA <strong>und</strong> der Sympathikus werden<br />

zum Erhalt des Volumens zusätzlich aktiviert.<br />

Fasst man die Gegenregulationsmechanismen<br />

<strong>bei</strong> einer Verminderung des<br />

effektiven Blutvolumens zusammen, kann<br />

memotechnisch vereinfacht eine Aktivierung<br />

der 3 Systeme repräsentiert durch<br />

jeweils ein Hormon gemerkt werden: Renin,<br />

Noradrenalin <strong>und</strong> ADH (RNA).<br />

Hyponatriämien <strong>bei</strong> <strong>Darm</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Nierenerkrankungen</strong><br />

SIADH<br />

Das Syndrom der inappropriaten ADH-<br />

Sekretion (SIADH) ist zunächst eine Ausschlussdiagnose.<br />

Bei Euvolämie müssen<br />

eine Hypothyreose <strong>und</strong> ein Hypokortisolismus<br />

ausgeschlossen werden, ebenso<br />

auch Ödemkrankheiten, die zu einer Abnahme<br />

des effektiven Blutvolumens führen,<br />

<strong>bei</strong>spielsweise Herzinsuffizienz <strong>und</strong><br />

Leberzirrhose. Ist dies erfolgt, kann <strong>bei</strong><br />

einer verminderten Plasmaosmolarität,<br />

Hyponatriämie, Hypokaliämie <strong>und</strong> Hypochloridämie<br />

<strong>bei</strong> einer Urinosmolarität<br />

>100 mOsmol/l <strong>bei</strong> Euvolämie ein SIADH<br />

diagnostiziert werden, welches durch eine<br />

inadäquate ADH-Sekretion charakterisiert<br />

ist (. Abb. 3) [1].<br />

Hyponatriämien <strong>bei</strong><br />

Ödemkrankheiten<br />

Eine Wasserretention <strong>bei</strong> Hyponatriämie<br />

findet sich, wenn gleichzeitig eine Störung<br />

der renalen Wasserexkretion bzw.<br />

die Aktivierung der Regulationsmechanismen<br />

zum Erhalt des effektiven Blutvo-<br />

Zusammenfassung · Abstract<br />

Internist 2006 · 47:1110–1120 DOI 10.1007/s00108-006-1716-6<br />

© Springer Medizin Verlag 2006<br />

D. M. Alscher · K. Herrlinger · E. F. Stange<br />

Volumen- <strong>und</strong> Elektrolytstörungen <strong>bei</strong><br />

<strong>Darm</strong>- <strong>und</strong> <strong>Nierenerkrankungen</strong><br />

Zusammenfassung<br />

<strong>Darm</strong> <strong>und</strong> Niere sind die wesentlichen Ausscheidungsorgane<br />

des Organismus. Beide<br />

spielen in der Homöostase des Wasser- <strong>und</strong><br />

Elektrolythaushalts eine wichtige Rolle, <strong>und</strong><br />

<strong>Störungen</strong> der Funktion können mit erheblichen<br />

bis lebensbedrohlichen Komplikationen<br />

einhergehen. <strong>Darm</strong>erkrankungen führen<br />

häufig zu einer Diarrhö, die teilweise mit<br />

Flüssigkeitsverlusten von bis zu 20 l/Tag verb<strong>und</strong>en<br />

sein kann. Die begleitenden Elektrolytstörungen<br />

können als Hypo- oder Hypernatriämie,<br />

verb<strong>und</strong>en mit Hypokaliämie, auftreten.<br />

Die adäquate Therapie ist in der Regel<br />

Disturbances in volume and electrolytes with<br />

intestinal and kidney diseases<br />

Abstract<br />

The intestines and kidney are the most important<br />

excretion organs. Both organ systems<br />

are key players in keeping the homeostatic<br />

balance regarding hydration and electrolytes.<br />

Disturbances of function can lead to enormous<br />

and sometimes life-threatening complications.<br />

Intestinal diseases lead often to diarrhoea,<br />

which can be associated with fluid<br />

loss of up to 20 l per day. The accompanying<br />

electrolyte disturbances can be hypo- or<br />

hypernatremia in combination with hypokalemia.<br />

The therapy is substitution guided by<br />

die Substitution unter Berücksichtigung der<br />

Pathophysiologie. <strong>Nierenerkrankungen</strong> führen<br />

in Abhängigkeit vom zugr<strong>und</strong>e liegenden<br />

molekularen Defekt <strong>und</strong>/oder der Pathologie<br />

häufig zu Plusbilanzen für Volumen <strong>und</strong><br />

Elektrolyte, Minusbilanzen sind seltener. <strong>Störungen</strong><br />

des Kalzium- <strong>und</strong> Phosphathaushalts<br />

finden sich regelhaft ab einer Einschränkung<br />

der Nierenfunktion auf 30–50% der Gesamtfunktion.<br />

Schlüsselwörter<br />

Elektrolyte · Niere · <strong>Darm</strong> · Diarrhö · Natrium<br />

knowledge of the pathophysiology. Kidney<br />

diseases lead to excessive volume and electrolyte<br />

balances, depending on the <strong>und</strong>erlying<br />

molecular or pathological defect, but deficiencies<br />

can also be fo<strong>und</strong>. In case of kidney<br />

impairment with 30–50% total loss of function,<br />

calcium and phosphate metabolism is<br />

impaired.<br />

Keywords<br />

Electrolytes · Kidney · Intestine · Diarrhoea ·<br />

Sodium<br />

Der Internist 11 · 2006 |<br />

1113


Tab. 1 Tubuläre Rückresorption von Natrium<br />

Tubulussegment Anteil an<br />

der Na + -<br />

Absorption<br />

[%]<br />

lumens vorliegen bzw. aktiviert sind. Damit<br />

können alle generalisierten Ödemkrankheiten<br />

<strong>und</strong> damit auch hypoproteinämische<br />

Ödembildung <strong>bei</strong> z. B. nephrotischem<br />

Syndrom oder exsudativer Enteropathie,<br />

insbesondere <strong>bei</strong> unkontrollierter<br />

Zufuhr von freiem Wasser, zur Hyponatriämie<br />

führen [15].<br />

Hypernatriämien <strong>bei</strong> <strong>Darm</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Nierenerkrankungen</strong><br />

Durchfallerkrankungen sind häufig. Beispielsweise<br />

findet sich <strong>bei</strong> 5% der Bevölkerung<br />

innerhalb eines Jahres eine Durchfallepisode<br />

über länger als 4 Wochen [14].<br />

Die Ursachen sind in . Tab. 2 aufgeführt.<br />

Definiert ist eine Durchfallerkrankung als<br />

3 <strong>und</strong> mehr Stuhlentleerungen pro Tag<br />

mit einem Stuhlgewicht >200 g/24 h. Im<br />

Regelfall ist ein intestinaler Wasserverlust<br />

die Ursache. Wird die Wasserrückresorption<br />

nur um 1% beeinträchtigt, resultiert<br />

als Folge der intestinal quantitativ<br />

bedeutsamen Wassertransportvorgänge<br />

eine Diarrhö (. Abb. 2). Wasser wird<br />

im Regelfall nicht aktiv transportiert, sondern<br />

folgt Gradienten, gebildet durch osmotisch<br />

wirksame Teile. Ist ein gestörter<br />

Elektrolyttransport Ursache, spricht man<br />

von sekretorischer Diarrhö. Im Gegensatz<br />

dazu ist die osmotische Diarrhö durch<br />

schlecht resorbierbare Osmolyte charakterisiert.<br />

Für 1 mOsmol eines osmotisch<br />

wirksamen Moleküls (z. B. Phosphat, Sulfat)<br />

werden 3,5 ml Wasser benötigt, um<br />

die Isoosmolarität der Fäzes aufrechtzuerhalten<br />

[14]. Zur Unterscheidung sekretorisch<br />

vs. osmotisch kann der Fastentest<br />

durchgeführt werden: Die osmotische Diarrhö<br />

sistiert, die sekretorische nicht.<br />

Transporter Regulationsmechanismen<br />

Proximaler Tubulus<br />

Kotransporter mit Glukose,<br />

Aminosäuren, Phosphat,<br />

organischen Substanzen<br />

Henle-Schleife 35–40 Na + -K + -2 Cl – -Kotransporter<br />

50–55 Na + -H + -Antiporter Angiotensin II<br />

Noradrenalin<br />

GFR<br />

Normalerweise bildet das intestinale<br />

Epithel eine Barriere für den Wasserdurchtritt.<br />

Sowohl renal als auch intestinal<br />

finden sich transzellulär Wasserkanäle<br />

(Aquaporine). Bedeutsamer sind jedoch<br />

kleine Poren, parazelluläre Durchtrittsstellen<br />

durch Lockerung der Schlussleisten,<br />

die intestinal für die wesentlichen Wasserverschiebungen<br />

verantwortlich sind [17].<br />

Eine Zunahme von kleinen Poren führt zu<br />

Permeabilitätsstörungen [14].<br />

Bei den sekretorischen Diarrhöen finden<br />

sich häufig eine Resorptionsstörung<br />

für Natrium (Hemmung des Na + -H + -<br />

Austausches) <strong>und</strong>/oder eine gesteigerte<br />

Chloridsekretion [5, 25]. Eine hypotone<br />

Diarrhö ist eine der häufigsten Ursachen<br />

für eine Hypernatriämie. Sie findet sich<br />

<strong>bei</strong> zahlreichen infektiösen Durchfallerkrankungen.<br />

Der addierte Natrium-Kalium-Gehalt<br />

liegt da<strong>bei</strong> zwischen 40 <strong>und</strong><br />

100 mmol/l (Serum 145–150 mmol/l).<br />

Begleitendes Fieber führt über Schwitzen<br />

zu einem weiteren Wasserverlust<br />

(. Abb. 4).<br />

Pathophysiologie des<br />

Kaliumhaushalts<br />

Blockade durch<br />

Diuretika<br />

Azetazolamid<br />

(ACE-Hemmer)<br />

Tubulärer Fluss Schleifendiuretika<br />

Distaler Tubulus 5–8 Na + -Cl – -Kotransporter Tubulärer Fluss Thiaziddiuretika<br />

Sammelrohre 2–3 Na + -Kanäle Aldosteron<br />

ANP<br />

1114 | Der Internist 11 · 2006<br />

Schwerpunkt: Wasser- <strong>und</strong> Elektrolytstörungen<br />

Spironolakton<br />

Eplerenon<br />

Kalium ist das Hauptkation des intrazellulären<br />

Raums. Es ist für die intrazellulären<br />

Enzymfunktionen <strong>und</strong> die neuromuskulären<br />

<strong>und</strong> kardiovaskulären Erregungsvorgänge<br />

wesentlich. <strong>Störungen</strong> im Sinne<br />

einer ausgeprägten Hypo- oder Hyperkaliämie<br />

führen zum Tod. Die Zufuhr von<br />

Kalium erfolgt oral (. Abb. 5).<br />

Bei einer GFR von 180 l/Tag <strong>und</strong> einer<br />

Kaliumkonzentration im Serum von<br />

4,5 mmol/l werden täglich 810 mmol Kalium<br />

in den Primärharn filtriert. Da letzt-<br />

endlich nur 10% davon ausgeschieden<br />

werden, muss die Niere 90% resorbieren.<br />

Renale Transportmechanismen<br />

50–60% des filtrierten Kaliums werden im<br />

proximalen Tubulus resorbiert. Im dicken<br />

Teil der Henle-Schleife erfolgt der Transport<br />

durch den furosemidempfindlichen<br />

Na + -K + -2 Cl – Transporter <strong>und</strong> durch den<br />

Kaliumkanal (ROMK), sodass nachfolgend<br />

nur noch 10–15% des filtrierten Kaliums<br />

vorhanden sind. Im Sammelrohr erfolgt<br />

die Sekretion von Kalium durch Kaliumkanäle,<br />

wo<strong>bei</strong> die elektrogene Natriumrückresorption<br />

den Hauptantrieb für<br />

die Kalium- <strong>und</strong> Protonensekretion bildet.<br />

Aldosteron wirkt direkt auf diese Natriumkanäle.<br />

Intestinale Transportmechanismen<br />

Die intestinale Aufnahme von Kalium erfolgt<br />

passiv überwiegend im Dünndarm.<br />

Dagegen finden sich im Sigma <strong>und</strong> Rektum<br />

auch aktive Sekretionsmechanismen.<br />

Bei Hyperaldosteronismus steigt die intestinale<br />

Kaliumausscheidung um 4 mmol/<br />

Tag an. Durch Austauschharze können<br />

intestinal 40 mmol/Tag Kalium entfernt<br />

werden. Der Verlust von Kalium <strong>bei</strong> Diarrhö<br />

erfolgt in Form des begleitenden<br />

Kations <strong>bei</strong> intestinalem Bikarbonatverlust<br />

[2].<br />

Hypokaliämien <strong>bei</strong> <strong>Darm</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Nierenerkrankungen</strong><br />

Das Bartter- <strong>und</strong> das Gitelman-Syndrom<br />

führen <strong>bei</strong>de zu einer hypokalämischen<br />

<strong>und</strong> hypochlorämischen Alkalose, einer<br />

hohen Ausscheidung von Na + , K + <strong>und</strong><br />

Cl − im Urin, einer Aktivierung des RAA<br />

<strong>und</strong> einer Hyperplasie des juxtaglomerulären<br />

Apparats (. Tab. 3). Der Blutdruck<br />

bleibt normotensiv. Unterschieden werden<br />

können die Krankheitsbilder durch<br />

eine Hyperkalzurie <strong>und</strong> Hypokalzämie<br />

<strong>bei</strong>m Bartter- <strong>und</strong> eine Hypokalzurie <strong>und</strong><br />

Hyperkalzämie <strong>bei</strong>m Gitelman-Syndrom.<br />

Außerdem besteht <strong>bei</strong> Letzterem häufig<br />

eine ausgeprägte Hypomagnesiämie [10,<br />

19, 20, 21, 22].<br />

Das Bartter-Syndrom (BS) basiert auf verschiedenen<br />

genetischen Defekten an unterschiedlichen<br />

Transportern, die in einer


Tab. 2 Ursachen einer Diarrhö<br />

I. Akute Diarrhö<br />

II. Chronische Diarrhö<br />

Infektion:<br />

Bakteriell<br />

Viral<br />

Protozoen<br />

Mehrzellige Parasiten<br />

Lebensmittelvergiftungen<br />

Nahrungsmittelallergien<br />

Bestrahlung<br />

Erstmanifestation einer chronischen Diarrhö<br />

IIa. Wässrige Diarrhö Osmotische Diarrhö Osmotisch wirksame Laxanzien (Mg2+ , PhO4 3– , SO4 2– )<br />

Kohlenhydratmalabsorption<br />

Sekretorische Diarrhö Kongenital (z. B. kongenitale Chloriddiarrhö)<br />

Bakterielle Toxine<br />

Gallensäuremalabsorption<br />

Entzündliche <strong>Darm</strong>erkrankungen<br />

Morbus Crohn<br />

Colitis ulcerosa<br />

Mikroskopische Kolitis<br />

Lymphozytische Kolitis<br />

Kollagene Kolitis<br />

Divertikulitis<br />

Vaskulitis<br />

Medikamentös<br />

Laxanzien (Stimulanzien)<br />

Motilitätsstörungen Postvagotomie<br />

Postsympathektomie<br />

Autonome, diabetische Neuropathie<br />

Colon irritabile<br />

Endokrine Diarrhö Hyperthyreose<br />

Morbus Addison<br />

Gastrinom<br />

VIPoma<br />

Somatostatinoma<br />

Karzinoidsyndrom<br />

Medulläres Schilddrüsenkarzinom<br />

Mastozytose<br />

Phäochromozytom<br />

Weitere Tumoren Kolonkarzinom<br />

Lymphome<br />

Villöses Adenom<br />

Idiopathisch-sekretorische Diarrhö Epidemisch (Brainerd)<br />

Sporadisch, sekretorische Diarrhö<br />

Fortsetzung Tab. 2 siehe Seite 1117<br />

1116 | Der Internist 11 · 2006<br />

Schwerpunkt: Wasser- <strong>und</strong> Elektrolytstörungen


Tab. 2 Ursachen einer Diarrhö (Fortsetzung)<br />

IIb. Entzündliche Diarrhö Entzündliche <strong>Darm</strong>erkrankungen Morbus Crohn<br />

Colitis ulcerosa<br />

Infektiöse Diarrhö<br />

Ischämische Kolitis<br />

Strahlenkolitis<br />

Pseudomembranöse Kolitis<br />

Invasive, bakterielle Infektionen<br />

Ulzerierende, virale Infektionen (CMV, HSV usw.)<br />

Invasive Parasiteninfektionen (Amöben)<br />

Tumoren Kolonkarzinom<br />

Lymphome<br />

IIc. Fettige Diarrhö Malabsorptionssyndrome Mukosale Erkrankungen (Whipple, Sprue)<br />

Kurzdarmsyndrom<br />

Mesenterialischämie<br />

Maldigestion Pankreasinsuffizienz<br />

Mangel an Gallensäuren<br />

ähnlichen phänotypischen Ausprägung<br />

resultieren:<br />

F BS Typ I: Na + -K + -2 Cl – -Kotransporter<br />

(NKCC2)<br />

F BS Typ II: ATP-sensitiver Kaliumkanal<br />

(ROMK)<br />

F BS Typ III: basolateraler Chloridkanal<br />

(CLC-KB <strong>und</strong> BS CLC-KB <strong>und</strong> CLC-<br />

KA).<br />

> Die Symptome des Gitelman-<br />

Syndroms sind denen nach<br />

Thiaziddiuretikum vergleichbar<br />

Das Gitelman-Syndrom wird durch einen<br />

Funktionsverlust am Na + -Cl – -Kotransporter<br />

verursacht (NCCT).<br />

Hyperkaliämien <strong>bei</strong> <strong>Darm</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Nierenerkrankungen</strong><br />

Anhaltende Hyperkaliämien finden sich<br />

nur <strong>bei</strong> renalen Erkrankungen. Ursache<br />

ist im Regelfall eine gestörte renale Kaliumausscheidung<br />

[13, 26] (. Tab. 4).<br />

Pathophysiologie des Kalzium-<br />

<strong>und</strong> Phosphathaushalts<br />

Vitamin D<br />

Für den Gesamtbestand an Kalzium <strong>und</strong><br />

Phosphat ist Vitamin D von entscheidender<br />

Bedeutung: Es wird aus Vorstufen<br />

gebildet, welche unter UV-Einwirkung zu<br />

den entsprechenden Vitaminen führen.<br />

Unter physiologischen Bedingungen ist<br />

die Haut Hauptbildungsstätte (etwa 90%)<br />

für Vitamin D. Diätetisch zugeführtes<br />

Vitamin D ist <strong>bei</strong> fehlender UV-Exposition<br />

die Hauptquelle der Vitamin-D-Versorgung.<br />

In der Leber <strong>und</strong> in den proximalen<br />

Tubulusepithelien wird Cholekalziferol<br />

durch Hydroxylasen in Position 1<br />

<strong>und</strong> 25 hydroxyliert [24]. Das entstehende<br />

Kalzitriol [1,25(OH2)Cholekalziferol] stimuliert<br />

im Dünndarm die Kalzium- <strong>und</strong><br />

Phosphataufnahme.<br />

Phosphathomöostase<br />

Die Aufnahme von Phosphat erfolgt intestinal<br />

<strong>und</strong> wird durch 1,25(OH)2D3 (Kalzitriol)<br />

gefördert. Bei einer durchschnittlichen<br />

oralen Aufnahme von 1400 mg<br />

werden etwa 1120 mg absorbiert, 490 mg<br />

mit dem Stuhl ausgeschieden – inklusive<br />

210 mg aus Verdauungssäften – <strong>und</strong> letztendlich<br />

910 mg/Tag renal entfernt. Diese<br />

relativ hohe fraktionelle Phosphatabsorption<br />

in Verbindung mit dem hohen<br />

renalen Anteil an der Exkretion erklärt<br />

die häufige Hyperphosphatämie <strong>bei</strong> eingeschränkter<br />

Nierenfunktion.<br />

Hyperkalzämie<br />

Ihre Hauptmechanismen sind klinisch eine<br />

intestinale Hyperabsorption von Kalzium<br />

<strong>und</strong> eine vermehrte Knochenresorption.<br />

80–90% aller Hyperkalzämien lassen<br />

sich auf einen primären Hyperparathyreoidismus<br />

oder eine Tumorerkrankung zurückführen.<br />

Eine schwere Hyperkalzämie<br />

(Serumkalzium >3,5 mmol/l) ist fast immer<br />

tumorbedingt [12].<br />

Tumorerkrankungen. Maligne Tumoren<br />

mit <strong>und</strong> ohne Skelettmetastasen können<br />

eine Hyperkalzämie verursachen. Neben<br />

der direkten Osteolyse durch Metastasen<br />

kommen humorale Faktoren in Betracht.<br />

Von Patienten mit tumorassoziierter<br />

Hyperkalzämie bilden 80% ein Protein<br />

(PTHrP: PTH-related protein), das mit<br />

PTH-Rezeptoren reagiert <strong>und</strong> so zur Hyperkalzämie<br />

führt.<br />

Hypokalzämie <strong>und</strong><br />

Hyperphosphatämie: sek<strong>und</strong>ärer<br />

Hyperparathyreoidismus<br />

Ab einer Einschränkung der Nierenfunktion<br />

auf 30–50 ml/min Kreatininclearance<br />

findet sich zunehmend die<br />

Konstellation des sek<strong>und</strong>ären Hyperparathyreoidismus.<br />

Einerseits führt der<br />

Mangel an Kalzitriol wegen der zunehmenden<br />

Beeinträchtigung der Hydroxylierung<br />

von 25-Hydroxy-Cholekalziferol<br />

zu einer Hypokalzämie, andererseits<br />

entsteht eine Hyperphosphatämie<br />

aufgr<strong>und</strong> reduzierter renaler Exkretion<br />

von Phosphat. Letztlich findet sich eine<br />

Komplexierung von Kalzium mit Phosphat,<br />

wenn das Löslichkeitsprodukt<br />

überschritten wird. All dies führt zu ei-<br />

Der Internist 11 · 2006 |<br />

1117


Hypovolämie Euvolämie<br />

Hypervolämie<br />

Gesamtkörperwasser<br />

Gesamtkörperwasser<br />

Gesamtkörperwasser<br />

Gesamtnatrium<br />

Gesamtnatrium<br />

Gesamtnatrium<br />

UrinNa > 20 UrinNa < 10 UrinNa Var. UrinNa Var.<br />

UrinNa UrinOsm /<br />

UrinOsm UrinOsm Var.<br />

UrinOsm UrinOsm /<br />

Renale Verluste:<br />

• Diuretika<br />

• Osmotische<br />

Diurese<br />

• Postobstruktiv<br />

• Renale<br />

Erkrankungen<br />

EZR<br />

56 mmol<br />

Muskel<br />

2100 mmol<br />

Sonstige<br />

Gewebe<br />

1300 mmol<br />

Extrarenale Verluste:<br />

• Schwitzen<br />

• Durchfall<br />

• Intestinale Fisteln<br />

• Verbrennungen<br />

ner vermehrten Stimulation von PTH<br />

[23]. Bei Fortbestehen dieser <strong>Störungen</strong><br />

kann aus dem sek<strong>und</strong>ären auch ein autonomer<br />

„tertiärer“ Hyperparathyreoidismus<br />

werden<br />

Hypokalzämie <strong>und</strong><br />

Hypophosphatämie:<br />

chronisch entzündliche<br />

<strong>Darm</strong>erkrankungen (CED)<br />

Bei Morbus Crohn findet man in 30%<br />

der Fälle verminderte Serumwerte für<br />

Vitamin D (VitD) [18]. Die Folgen eines<br />

VitD-Mangels äußern sich klassisch als<br />

Osteomalazie [24]. Ursache des Mangels<br />

ist eine verminderte intestinale Resorption<br />

von VitD. Die häufig beobachtete<br />

Osteoporose <strong>bei</strong> CED dagegen ist mul-<br />

1118 | Der Internist 11 · 2006<br />

Renale Verluste:<br />

• Diabetes insipidus<br />

• Nephrogen<br />

• Zentral<br />

• Partiell<br />

• Schwangerschaft<br />

• Hypodipsie<br />

Extrarenale Verluste:<br />

• Insensible Verluste<br />

• Respiratorisch<br />

• Dermal<br />

Der Natriumgehalt des Urins (Urin Na) <strong>und</strong> die Urin-Osmolarität (Urin Osm)<br />

kann in einer kleinen Urinportion bestimmt werden (mmol/l) = ,,spot-urine"<br />

Renale<br />

Exkretion<br />

72 mmol/Tag<br />

Gesamtbestand<br />

3500 mmol<br />

Fäkale<br />

Exkretion<br />

8 mmol/Tag<br />

Schwerpunkt: Wasser- <strong>und</strong> Elektrolytstörungen<br />

Zufuhr<br />

80 mmol/Tag<br />

Abb. 5 9 Kaliumbilanz<br />

<strong>bei</strong>m Ges<strong>und</strong>en<br />

tifaktoriell bedingt mit einerseits zwar<br />

den Folgen des VitD-Mangels, anderseits<br />

denen einer häufigen Steroidtherapie<br />

<strong>und</strong> einer intestinalen Resorptionsstörung<br />

für Kalzium [16].<br />

Eine erhöhte Inzidenz von Kalziumoxalatsteinen<br />

<strong>bei</strong> CED ist pathophysiologisch<br />

ebenfalls multifaktoriell bedingt:<br />

Bei Steinträgern mit CED finden sich eine<br />

Hyperoxalurie, eine Hypozitraturie<br />

<strong>und</strong> ein vermindertes Urinvolumen als<br />

lithogene Faktoren [27]. Entsprechend<br />

können nicht ausschließlich Kalziumoxalatsteine,<br />

sondern auch Harnsäuresteine<br />

nachgewiesen werden, Letztere<br />

begünstigt durch intestinalen Bikarbonatverlust.<br />

Kochsalzzufuhr:<br />

• Primärer<br />

Hyperaldosteronismus<br />

• Cushing<br />

• NaCl-haltige Antibiotika<br />

(Penizillin,..)<br />

• NaHCO3-<br />

• Hypertone Dialyse<br />

Pathophysiologie des<br />

Magnesiumhaushalts<br />

Die Nieren spielen in der Magnesiumhomöostase<br />

eine wichtige Rolle. <strong>Störungen</strong><br />

der Funktion des aufsteigenden Teils der<br />

Henle-Schleife (z. B. Bartter-Syndrom),<br />

aber auch die Hemmung von Transportern<br />

durch z. B. Diuretika gehen häufig mit<br />

renalem Magnesiumverlust einher [7].<br />

Hypermagnesiämie<br />

Abb. 4 9 Diagnostisches<br />

Vorgehen <strong>bei</strong> Hypernatriämien<br />

Häufigste Ursache ist die chronische Niereninsuffizienz.<br />

Auch <strong>bei</strong>m Nierenges<strong>und</strong>en<br />

wird gelegentlich eine ausgeprägte,<br />

klinisch nicht vermutete Hypermagnesiämie<br />

nach Einnahme von magnesiumhaltigen<br />

Laxanzien oder Antazida <strong>bei</strong> gastro-


Tab. 3 Pathophysiologische Ursachen der Hypokaliämie<br />

Interne Bilanz: Verteilungsstörungen<br />

Externe Bilanz: Gesamtkörperkalium<br />

enterologischen Erkrankungen beobachtet,<br />

die zu relevanten neuromuskulären<br />

Symptomen führen kann [6].<br />

Hypomagnesiämie<br />

Sie findet sich <strong>bei</strong> über 10% der hospitalisierten<br />

Patienten [11].<br />

E Eine Hypomagnesiämie<br />

ist fast immer mit anderen<br />

Elektrolytstörungen verknüpft.<br />

Alkalämie<br />

Hypokaliämische, periodische Paralyse<br />

b2-Stimulation<br />

Vitamin B12, Folsäure<br />

Insulingabe<br />

Bariumvergiftung<br />

Verlust aus dem Magen-<strong>Darm</strong>-Trakt<br />

Eine begleitende Hypokaliämie ist zum einen<br />

durch eine gemeinsame zugr<strong>und</strong>e liegende<br />

Störung (Diuretikatherapie, Diarrhö<br />

usw.) bedingt, zum anderen scheint<br />

es unter Magnesiummangel zu einem re-<br />

Magensaft (kaliumarm, Erbrechen)<br />

Diarrhö<br />

Verlust über die Haut Schweiß<br />

Verbrennungen<br />

Renale Verluste A: Volumenexpansion, Mineralkortikoidexzess<br />

A1: Hypertonie, Renin↑, Aldosteron↑ Nierenarterienstenose<br />

Akzelerierte Hypertonie<br />

Primärer Hyperreninismus<br />

A2: Hypertonie, Renin↓, Aldosteron↑ Primärer Hyperaldosteronismus<br />

Nebennierenkarzinom<br />

A3: Hypertonie, Renin↓, Aldosteron↓ Cushing-Syndrom<br />

Adrenale Enzymdefekte (11β- <strong>und</strong><br />

17α-Hydroxylase-Mangel)<br />

Liddle-Syndrom<br />

Carbenoxolon <strong>und</strong> Lakritz<br />

B: Volumenkontraktion + hohes distales Na + + Aldosteron<br />

B1: Verminderte renale Cl – -Reabsorption Bartter-Syndrom<br />

Gitelman-Syndrom<br />

Chloruretische Diuretika<br />

B2: Verminderte renale Cl – -Verfügbarkeit Erbrechen<br />

Drainage von Magensaft<br />

Kongenitale Chloriddiarrhö<br />

C: Verschiedene Syndrome mit renalem K + -Verlust, z. T. mit Hypomagnesiämie<br />

<strong>und</strong> strukturellen Nierenläsionen<br />

D: Renale tubuläre Azidosen Typ I <strong>und</strong> II (auch <strong>bei</strong> Fanconi-Syndrom)<br />

E: Nicht oder schlecht resorbierbare Anionen (Bikarbonat, Carbenicillin,<br />

Sulfat, Azetoazetat)<br />

F: Metabolische Alkalose <strong>und</strong> Azidose<br />

nalen Kaliumverlust zu kommen. Hypomagnesiämie<br />

bewirkt in erster Linie<br />

Symptome erhöhter neuromuskulärer Erregbarkeit<br />

[3].<br />

Fazit für die Praxis<br />

<strong>Darm</strong>- <strong>und</strong> <strong>Nierenerkrankungen</strong> sind<br />

häufig mit <strong>Störungen</strong> des Wasser- <strong>und</strong><br />

Elektrolythaushalts vergesellschaftet.<br />

Niere <strong>und</strong> <strong>Darm</strong> sind die wichtigsten Exkretionsorgane<br />

des Organismus, <strong>und</strong><br />

zahlreiche Ätiologien führen zu unterschiedlichsten<br />

Mustern an <strong>Störungen</strong>. Allen<br />

gemeinsam ist, dass sie zu lebensbedrohlichen<br />

Situationen führen können.<br />

Unter Kenntnis der Pathophysiologie ist<br />

im Regelfall eine zügige Korrektur der<br />

begleitenden Volumen- <strong>und</strong> Elektrolytstörungen<br />

möglich.<br />

Korrespondierender Autor<br />

Priv.-Doz. Dr. D. M. Alscher<br />

ZIM IV: Abteilung für Allgemeine Innere Medizin<br />

<strong>und</strong> Nephrologie, Zentrum für Innere Medizin,<br />

Robert-Bosch-Krankenhaus<br />

Auerbachstraße 110, 70376 Stuttgart<br />

dominik.alscher@rbk.de<br />

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkonflikt.<br />

Der korrespondierende Autor versichert, dass keine<br />

Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in<br />

dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt<br />

vertreibt, bestehen. Die Präsentation<br />

des Themas ist unabhängig <strong>und</strong> die Darstellung der Inhalte<br />

produktneutral.<br />

Der Internist 11 · 2006 |<br />

1119


Tab. 4 Hyperkaliämieursachen (verminderte renale K + -Ausscheidung)<br />

Niereninsuffizienz (K/DOQI V)<br />

Morbus Addison<br />

Aldosteronmangel<br />

(Typ-IV-RTA)<br />

Literatur<br />

Adrenogenitales Syndrom (21-Hydroxylase-Mangel, 3-β-Hydroxysteroid-<br />

Dehydrogenase-Mangel)<br />

Hyporeninämischer Hypoaldosteronismus<br />

Tubuläre Defekte Pseudohypoaldosteronismus<br />

Transportstörungen des epithelialen Na + -Kanals<br />

Erhöhte Cl – -Resorption (Gordon-Syndrom)<br />

Sichelzellerkrankung<br />

Nierentransplantation<br />

Obstruktive Nephropathie<br />

Medikamente Renin↓ <strong>und</strong>/oder Aldosteron↓<br />

Cyclooxygenasehemmer<br />

β-adrenerge Antagonisten<br />

ACE-Hemmer <strong>und</strong> AT-II-Rezeptor-Antagonisten<br />

Heparin<br />

Hemmung der renalen K + -Sekretion<br />

K + sparende Diuretika<br />

Trimethoprin<br />

Pentamidin<br />

Cyclosporin A<br />

Digitalisintoxikation<br />

Lithium<br />

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