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Diagnostik der pulmonalen Tuberkulose beim ... - Erkan Arslan

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Internist 2007 · 48:489–496<br />

DOI 10.1007/s00108-007-1814-0<br />

Online publiziert: 1. März 2007<br />

© Springer Medizin Verlag 2007<br />

Schwerpunktherausgeber<br />

M. Battegay, Basel/Schweiz<br />

B. Zabel, Borstel<br />

Die <strong>Tuberkulose</strong> (TB) ist neben <strong>der</strong><br />

HIV-Infektion eine <strong>der</strong> häufigsten Infektionskrankheiten.<br />

Ein Drittel <strong>der</strong><br />

Weltbevölkerung ist mit Mycobacterium<br />

tuberculosis infiziert, 95% <strong>der</strong> Infizierten<br />

leben in Entwicklungslän<strong>der</strong>n.<br />

Jährlich sind 9 Millionen Neuerkrankungen<br />

und 2 Millionen Todesfälle<br />

zu erwarten [8]. In Westeuropa,<br />

Nord-/Lateinamerika und Asien ist<br />

die TB rückläufig, in Afrika und Osteuropa<br />

nimmt sie weiter zu. Eine HIV-<br />

Koinfektion mit Schwächung <strong>der</strong> zellulären<br />

Immunität trägt maßgeblich<br />

zum Ausbruch <strong>der</strong> Erkrankung bei.<br />

In Afrika sind ein Drittel <strong>der</strong> TB-Fälle<br />

HIV-assoziiert [4].<br />

Mykobakterien gelangen nach inhalativer<br />

Aufnahme kleinster Aerosole in die Lungenalveolen<br />

und werden dort von Makrophagen<br />

aufgenommen. Es wird geschätzt,<br />

dass für Immunkompetente eine Exposition<br />

über mehrere Stunden in schlecht gelüfteten<br />

Räumen zur Übertragung nötig<br />

ist, kurze Kontakte o<strong>der</strong> Kontakte im Freien<br />

sind meist nicht ausreichend. Überleben<br />

die Mykobakterien die initiale Abwehr,<br />

so replizieren sie sich langsam innerhalb<br />

<strong>der</strong> Makrophagen. Die zelluläre<br />

Immunität setzt erst nach 3 bis 9 Wochen<br />

ein und ist messbar mit dem Tuberkulintest.<br />

Vor dieser Zeit können Mykobakterien<br />

vom initialen Fokus lymphogen<br />

zu regionalen Lymphknoten und hämatogen<br />

in an<strong>der</strong>e Gewebe und Organe<br />

gelangen und dort einen Fokus für eine<br />

spätere extrapulmonale Erkrankung bilden.<br />

Die primäre TB ist meist selbstlimi-<br />

Schwerpunkt: Lunge und Infektion<br />

G. Laifer 1 · S. Bassetti 2<br />

1 Klinik für Infektiologie, Universitätsspital Basel<br />

2 Medizinische Klinik, Kantonsspital Olten<br />

<strong>Diagnostik</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>pulmonalen</strong> <strong>Tuberkulose</strong><br />

<strong>beim</strong> Erwachsenen<br />

tierend und wird oft nicht diagnostiziert.<br />

In den folgenden 2 Jahren entwickeln etwa<br />

5% <strong>der</strong> Infizierten eine aktive TB, weitere<br />

5% im Laufe des Lebens. 90% aller<br />

Immunkompetenten werden keine klinisch<br />

manifeste Erkrankung durchmachen<br />

[19]. Bei ihnen liegt eine latente <strong>Tuberkulose</strong><br />

vor. Bei einer HIV-Koinfektion<br />

liegt diese Progressions rate deutlich höher<br />

(ca. 8%/Jahr).<br />

Son<strong>der</strong>formen sind die Miliartuberkulose<br />

und das Tuberkulom. Unter Miliartuberkulose<br />

werden alle progredienten hämatogen<br />

disseminierten Formen zusammengefasst,<br />

welche akut o<strong>der</strong> – v. a. bei<br />

älteren Menschen – verzögert verlaufen<br />

können. Ein Tuberkulom entsteht entwe<strong>der</strong><br />

im Rahmen <strong>der</strong> Primärinfektion o<strong>der</strong><br />

als abgekapselte Reaktivierung. Es ist in<br />

<strong>der</strong> Regel asymptomatisch, kann sich jedoch<br />

radiologisch wie ein Karzinom o<strong>der</strong><br />

Metastasen präsentieren. Im Folgenden<br />

beschränken wir uns auf die <strong>Diagnostik</strong><br />

Abb. 1 7 Typisches<br />

Oberlappeninfiltrat<br />

bei pulmonaler<br />

<strong>Tuberkulose</strong><br />

<strong>der</strong> latenten und <strong>der</strong> <strong>pulmonalen</strong> <strong>Tuberkulose</strong><br />

<strong>beim</strong> Erwachsenen.<br />

<strong>Diagnostik</strong> <strong>der</strong> latenten<br />

<strong>Tuberkulose</strong> (Tuberkulintest<br />

und IGRAs)<br />

Der Tuberkulintest misst eine zelluläre<br />

Immunantwort vom Typ <strong>der</strong> verzögerten<br />

Hypersensitivität. Die Injektion (2 Tuberkulineinheiten<br />

gereinigtes Tuberkulin<br />

PPD-RT-23, welche 5 Einheiten des in den<br />

USA verwendeten Tuberkulin PPD entsprechen)<br />

erfolgt intrakutan an <strong>der</strong> Beugeseite<br />

des Unterarms (Mantoux-Test), tiefere<br />

Injektionen führen zu falsch-negativen<br />

Resultaten. Die Ablesung erfolgt nach 48<br />

bis 72 Stunden (spätestens nach 7 Tagen)<br />

durch Ausmessen <strong>der</strong> Induration in <strong>der</strong><br />

Querachse des Unterarms. Nur Personen<br />

mit einem hohen TB-Risiko, erhöhtem<br />

beruflichen Risiko (z. B. Angestellte im<br />

Gesundheitswesen) und Kontaktper-<br />

Der Internist 5 · 2007 |<br />

489


Tab. 1 Interpretationsrichtlinien für den Tuberkulintest. (Mod. n. [1])<br />

Induration Personengruppen, bei denen <strong>der</strong> Test als positiv interpretiert wird<br />

≥5 mm HIV-Positive<br />

Naher Kontakt (≤2 Jahre) zu Indexpatienten mit offener Lungentuberkulose<br />

Radiologische Residuen einer unbehandelten TB nach Ausschluss einer aktiven<br />

Erkrankung<br />

Immunsupprimierte: ≥15 mg Prednison/Tag ≥1 Monat; nach Organtransplantation<br />

Personen unter (o<strong>der</strong> bei geplanten) anti-TNF-a-Antikörpern<br />

≥10 mm Immigranten


handen; noch seltener sind pleuritische<br />

Schmerzen, Arthralgien und Müdigkeit.<br />

Die klinische Untersuchung ist meist unauffällig<br />

[18]. Die reaktivierten TB entwickeln<br />

sich meist langsam über Wochen<br />

bis Monate: Ein zu Beginn v. a. morgendlicher<br />

Husten (50–65%) mit gelb-grünlichem<br />

Sputum nimmt im Verlauf an Intensität<br />

zu und wird oft erst bei bronchialer<br />

Mitbeteiligung als besorgniserregend<br />

empfunden. Eine meist milde Hämoptoe<br />

(25%) entsteht durch endobronchiale Erosionen;<br />

eine massive Blutung durch Arrosion<br />

einer Pulmonalarterie ist heute sehr<br />

selten. In Niedrigprävalenzlän<strong>der</strong>n sind 5<br />

bis 15% <strong>der</strong> Hämoptoen durch eine TB bedingt.<br />

Dyspnoe (33%) entsteht durch eine<br />

zunehmende Beteiligung des Lungenparenchyms<br />

o<strong>der</strong> durch einen Pleura erguss,<br />

selten durch einen komplizierenden<br />

Pneumothorax. Thoraxschmerzen (bis zu<br />

33%) sind Ausdruck einer pleuralen Beteiligung.<br />

Heiserkeit (laryngeale Beteiligung)<br />

492 | Der Internist 5 · 2007<br />

Schwerpunkt: Lunge und Infektion<br />

und schmerzhafte pharyngeale o<strong>der</strong> gastrointestinale<br />

Ulcera sind heute selten.<br />

Unspezifische konstitutionelle Symptome<br />

treten mit fortschreitendendem Wachstum<br />

<strong>der</strong> Bakterienpopu lation auf, sind<br />

langsam progredient und werden oft erstaunlich<br />

gut toleriert. Dazu gehören Müdigkeit<br />

(50–66%), Gewichtsverlust (50–<br />

66%), Fieber (50%) und Nachtschweiß<br />

(50%).<br />

Klinische Befunde<br />

Abb. 2 9 Diffus feinnoduläres<br />

Infiltrat bei<br />

Miliartuberkulose<br />

Abb. 3 9 Infiltrat mit<br />

Kaverne und bronchogener<br />

Streuung mit<br />

„Tree-in-bud“-Phänomen<br />

(luminale Impaktion<br />

kleiner, normalerweise<br />

nicht sichtbarer<br />

peripherer Bronchiolen)<br />

Die klinischen Befunde sind unspezifisch<br />

und abhängig vom Ausmaß <strong>der</strong> Progression<br />

<strong>der</strong> TB. Bei mil<strong>der</strong> bis mo<strong>der</strong>ater Erkrankung<br />

wird oft ein Normalbefund erhoben.<br />

Im Allgemeinen wird das Ausmaß<br />

<strong>der</strong> Erkrankung durch die klinische Untersuchung<br />

unterschätzt. Immigranten beispielsweise,<br />

die bei Ankunft in ein Niedrigprävalenzland<br />

auf TB gescreent werden,<br />

sind mehrheitlich asymptomatisch mit<br />

einem normalen klinischen Befund und<br />

weisen trotz Vorliegen einer aktiven TB<br />

keine systemischen Entzündungszeichen<br />

auf [11]. Nichtkontinuierliche Rasselgeräusche<br />

können häufiger gehört werden,<br />

nachdem <strong>der</strong> Patient zuvor gehustet hat.<br />

Das Amphorenatmen als entfernt klingendes<br />

hohles Geräusch über Kavernen<br />

ist heute selten. Eine Klopfschalldämpfung<br />

mit abgeschwächtem Stimmfremitus<br />

weist auf eine pleurale Beteiligung hin.<br />

Radiologische Befunde<br />

Das Röntgenbild spielt eine zentrale Rolle<br />

in <strong>der</strong> TB-<strong>Diagnostik</strong>, sowohl zur Bestimmung<br />

des Ausmaßes <strong>der</strong> Erkrankung<br />

als auch zur Beurteilung des Therapieansprechens.<br />

Obwohl sie unspezifisch<br />

sind, müssen vor allem fleckige und noduläre<br />

Infiltrate im Oberlappen o<strong>der</strong> apikale<br />

Unterlappeninfiltrate mit assoziierter<br />

Lymphadenopathie und Kavernen an<br />

eine TB denken lassen. Bei Patienten mit<br />

gestörter zellvermittelter Immunität kann<br />

die Präsentation <strong>der</strong> TB atypisch sein und<br />

pulmonale Infiltrate können fehlen.<br />

> Bei Immunsupprimierten<br />

kann ohne radiologisch<br />

nachweisbares Infiltrat eine<br />

pulmonale TB vorliegen<br />

Bei <strong>der</strong> (selteneren) Primärinfektion ist<br />

eine hiläre Lymphadenopathie (65%) am<br />

häufigsten. Sie ist nach 2 Monaten bei<br />

praktisch allen Personen vorhanden und<br />

heilt langsam (meist >1 Jahr) ab. Ein Drittel<br />

weist einen Pleuraerguss auf; pulmonale<br />

Infiltrate sind in 80%; . Abb. 1). Kavernen sind in bis<br />

zu 40% zu finden, Luftflüssigkeitsspiegel<br />

als Ausdruck einer schlechten Drainage<br />

o<strong>der</strong> einer intermittierenden Obstruktion<br />

in bis zu 20%. Kleinere apikale Läsionen<br />

und Kavernen können mit Hilfe <strong>der</strong><br />

Computertomographie zuverlässiger entdeckt<br />

werden. Bei <strong>der</strong> Miliartuberkulose<br />

liegt häufig ein diffuses feinnoduläres Infiltrat<br />

vor (. Abb. 2).<br />

Exsudative (aktive) Infiltrate sind im<br />

Vergleich zu fibrotischen (inaktiven) nar-


igen Läsionen weicher, weniger scharf<br />

begrenzt und än<strong>der</strong>n sich im Verlauf. Ohne<br />

Verlauf ist es jedoch oft unmöglich, eine<br />

aktive TB von narbigen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

zu unterscheiden. Für eine broncho gene<br />

Streuung sprechen multiple, oft diskrete<br />

konfluierende Infiltrate, die selten progredient<br />

sind (. Abb. 3).<br />

Obwohl von <strong>der</strong> WHO nicht empfohlen,<br />

ist eine radiologische Verlaufskontrolle<br />

(z. B. Röntgenthorax nach 2 Monaten<br />

und bei Abschluss <strong>der</strong> Therapie) nützlich<br />

zur Beurteilung des klinischen Ansprechens.<br />

Laborbefunde<br />

Auch hier gibt es keine spezifischen Befunde.<br />

Normalbefunde sind häufig bei einer<br />

<strong>pulmonalen</strong> TB. Mit zunehmen<strong>der</strong><br />

Erkrankung sind eine normochrome, normozytäre<br />

Anämie, eine Leukozytose (mit<br />

Monozytose in 25 g/l). Die Glukose ist oft erniedrigt,<br />

und <strong>der</strong> pH


Tab. 2 Mikrobiologische <strong>Diagnostik</strong> <strong>der</strong> <strong>Tuberkulose</strong><br />

Methode Anzahl SFS* für<br />

positives Resultat<br />

Mikroskopie ≥106 (100% positiv)<br />

104 (60% positiv)<br />

Goldstandard <strong>der</strong> mikrobiologischen<br />

<strong>Diagnostik</strong> bleibt die Kultur, die die Resultate<br />

des Direktnachweises (Mikroskopie,<br />

PCR) bestätigt und die Biomasse<br />

für die Identifizierung und Resistenzprüfung<br />

liefert sowie den Therapieerfolg dokumentiert.<br />

In 10 (–20)% aller Fälle wird<br />

jedoch eine kulturnegative TB vorliegen.<br />

Diese besteht, wenn ohne dokumentiertes<br />

Wachstum aufgrund <strong>der</strong> klinischen, radiologischen<br />

und epidemiologischen Befunde<br />

eine TB hoch wahrscheinlich ist,<br />

keine Alter nativdiagnose gefunden wird<br />

und ein klinisches und radiologisches Ansprechen<br />

auf eine 6- bis 8-wöchige empirische<br />

Therapie vorliegt. Hauptgründe für<br />

eine kulturnegative TB sind eine nicht adäquate<br />

Sputumgewinnung o<strong>der</strong> eine tiefe<br />

Konzentration an Mykobakterien. Für eine<br />

positive Kultur sind 10 1 bis 10 2 SFS/ml<br />

nötig. Die Kombination von festen und<br />

flüssigen Medien erhöht die Sensitivität<br />

<strong>der</strong> Kultur auf etwa 90%. Damit ist die Kultur<br />

<strong>der</strong> Mikroskopie und <strong>der</strong> PCR überlegen.<br />

Feste Kulturmedien auf Eibasis (z. B.<br />

Löwenstein-Jensen) zeigen ein sichtbares<br />

Wachstum von M. tuberculosis nach 18 bis<br />

24 Tagen. Agarmedien (z. B. Middlebrook<br />

7H10 o<strong>der</strong> 7H11) sind besser standardisiert<br />

und zeigen ein schnelleres Wachstum (10–<br />

14 Tage). Flüssigmedien (z. B. Septi-Chek<br />

System; radiometrische BACTEC-460TB-<br />

Methode) sind die schnellsten Methoden<br />

(Wachstum nach 8–14 Tagen). Derzeit sind<br />

Kommentar<br />

Schnelltest (≤24 h)<br />

Kostengünstig<br />

Identifiziert hoch kontagiöse Patienten<br />

Geringe Sensitivität<br />

Hohe Spezifität<br />

Fluoreszenztest als Screeningtest sensitiver als Ziehl-<br />

Neelsen-Färbung (positiver Fluoreszenztest sollte mit<br />

Ziehl-Neelsen-Färbung verifiziert werden)<br />

PCR 10 2 (–10 3 ) Schnelltest (6–48 h, je nach Infrastruktur)<br />

Sensitivität 95–100% falls mikroskopisch positiv,<br />

40–80% falls mikroskopisch negativ<br />

Hohe Spezifität (95–100%)<br />

Nicht geeignet für Verlaufskontrollen<br />

Kultur (bleibt<br />

Goldstandard<br />

<strong>der</strong> mikrobiologischen<br />

<strong>Diagnostik</strong>)<br />

* säurefeste Stäbchen<br />

494 | Der Internist 5 · 2007<br />

Schwerpunkt: Lunge und Infektion<br />

10 1 –10 2 /ml Langsamer Test (8–24 Tage je nach Test und Erregerzahl)<br />

Sensitivität >90% bei Kombination von festen und flüssigen<br />

Medien<br />

Nötig zur Speziesidentifikation und Resistenztestung<br />

Kontrolle des Therapieerfolgs möglich<br />

verbesserte nichtradiometrische Systeme<br />

erhältlich, welche ein kontinuierliches Monitoring<br />

von Mykobakterienwachstum erlauben.<br />

Vor dem Beimpfen von Nährmedien<br />

müssen respiratorische Materialien<br />

homogenisiert, dekontaminiert und aufkonzentriert<br />

werden. Dies erklärt den erhöhten<br />

Zeitbedarf für die mykobakterielle<br />

<strong>Diagnostik</strong>.<br />

Eine Zusammenfassung <strong>der</strong> wichtigsten<br />

Charakteristika <strong>der</strong> einzelnen Tests<br />

zeigt . Tab. 2.<br />

Mit Hilfe von Gensonden ab Kultur<br />

kann M. tuberculosis-Komplex von nichttuberkulösen<br />

Mykobakterien abgegrenzt<br />

werden. Diese Technik weist ab Kultur<br />

eine sehr hohe Spezifität und nahezu<br />

100%ige Sensitivität auf; die Resultate liegen<br />

innerhalb von 2 h vor.<br />

Mo<strong>der</strong>ne molekulare Typisierungsverfahren<br />

werden vor allem bei epidemiologischen<br />

Fragestellungen eingesetzt wie,<br />

z. B. zur Aufklärung von Übertragungsketten.<br />

Außerdem kann mit ihnen eine genaue<br />

Identifizierung innerhalb des M. tuberculosis-Komplexes<br />

erfolgen, und Subtypen<br />

von M.tuberculosis (z. B. Peking-<br />

Klon o<strong>der</strong> Harlem-Typ) können identifiziert<br />

werden.<br />

Resistenzprüfung<br />

Besorgniserregend ist das Auftreten multiresistenter<br />

Stämme (definiert als Resis-<br />

tenz auf Isoniazid und Rifampicin) mit einer<br />

Prävalenz von etwa 3% (WHO-Schätzung)<br />

und hohen Raten vor allem in Osteuropa,<br />

Israel und China [2]. Daneben ist<br />

eine zunehmende Isoniazidresistenz (ca.<br />

10%) zu verzeichnen, sowie eine weltweite<br />

Ausbreitung von multiresistenten Stämmen,<br />

welche zusätzlich zur Resistenz auf<br />

Isoniazid und Rifampicin eine Resistenz<br />

auf Fluorochinolone und auf Reserve-TB-<br />

Medikamente (wie Capreomycin, Kanamycin,<br />

Amikacin) aufweisen („extensive<br />

resistant TB“; [13]). Deshalb ist heute eine<br />

Resistenzprüfung auf die Erstlinienmedikamente<br />

für jedes Erstisolat nötig.<br />

> Eine Resistenztestung auf<br />

alle Erstlinienmedikamente<br />

ist heute aufgrund <strong>der</strong><br />

zunehmenden Resistenzentwicklung<br />

obligat<br />

Bleibt die Kultur im Verlauf über längere<br />

Zeit positiv, so ist eine Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong><br />

Resistenzprüfung nach spätestens 3 Monaten<br />

indiziert, um das Auftreten möglicher<br />

Resistenzen zu überwachen. Weit verbreitet<br />

sind die radiometrische BACTEC-<br />

460TB-Methode und die Proportionsmethode.<br />

Sie wird auf Middle brook-Agar<br />

durchgeführt und gilt noch als Goldstandard.<br />

Ergebnisse sind in etwa 3 Wochen<br />

verfügbar. Eine neue, preiswerte kulturbasierte<br />

Methode zum schnelleren Nachweis<br />

(inklusive <strong>der</strong> multiresistenten TB) ist <strong>der</strong><br />

MODS-Assay („microscopic observation<br />

drug susceptibility assay“), welcher<br />

auf einer frühen mikroskopischen Erkennung<br />

<strong>der</strong> typischen Zopfformationen von<br />

M. tuberculosis beruht. In einer kürzlich<br />

publizierten Studie war dieser Test sensitiver<br />

als die Vergleichsmethoden mit einer<br />

kürzeren Zeit bis zur positiven Kultur<br />

(Median 7 Tage; [14]).<br />

Ein Einsatz molekularer Technologien<br />

zur Resistenztestung ist noch nicht Routine.<br />

Bei dringendem Verdacht auf eine<br />

Rifampicinresistenz kann <strong>der</strong> Einsatz<br />

molekularer Techniken erwogen werden,<br />

da >95% dieser Stämme eine Mutation<br />

in einem sehr kurzen Genabschnitt<br />

des rpoB-Gens aufweisen [20]. Für an<strong>der</strong>e<br />

Medikamente ist die Situation komplizierter,<br />

da Mutationen häufig in verschiedenen<br />

Genen lokalisiert sind [23].


Verlaufskontrolle<br />

Zur Verlaufskontrolle ist eine monatliche<br />

Sputumuntersuchung (Direktpräparat<br />

und Kultur) empfohlen, bis 2 konsekutive<br />

Sputa kulturell negativ sind [3].<br />

E Die PCR-<strong>Diagnostik</strong> auf M.<br />

tuberculosis-Komplex eignet sich<br />

nicht für Verlaufsuntersuchungen.<br />

Sind Direktpräparat und Kultur nach<br />

2 Monaten noch positiv, so hat dies die<br />

Konsequenz einer Verlängerung <strong>der</strong> Therapiedauer<br />

von 6 auf 9 Monate. Ist das Direktpräparat<br />

nach dem 5. Monat noch positiv,<br />

wird gemäß WHO von einem Therapieversagen<br />

ausgegangen und ein Wechsel<br />

<strong>der</strong> Behandlungsstrategie nötig.<br />

Fazit für die Praxis<br />

Die TB ist weltweit sehr häufig, zunehmend<br />

mit resistenten Keimen. Migranten<br />

aus Hochendemiegebieten haben<br />

das Risiko ihres Herkunftslandes. Diagnostisch<br />

wegweisend ist das Röntgenbild,<br />

jedoch muss bei Immunsupprimierten<br />

bei atypischer Präsentation o<strong>der</strong> fehlendem<br />

Infiltrat an eine TB gedacht werden.<br />

3 sequenziell abgenommene Sputa<br />

sind empfohlen (Mikroskopie und Kultur,<br />

evtl. PCR auf M. tuberculosis-Komplex).<br />

Goldstandard bleibt die Kultur, die<br />

für die Sensibilitätstestung auf die Erstlinienmedikamente<br />

nötig ist. Eine <strong>Diagnostik</strong><br />

für eine latente TB soll nur bei<br />

Personen mit erhöhtem TB-Risiko, erhöhtem<br />

beruflichen Risiko und Kontaktpersonen<br />

mit offener TB vorgenommen<br />

werden und sollte im Falle eines positiven<br />

Befundes nach Ausschluss einer aktiven<br />

Erkrankung eine präventive Therapie<br />

zur Folge haben. Tuberkulintest und<br />

neu entwickelte Bluttests basierend auf<br />

einem Nachweis von Interferon-g nach<br />

Ex-vivo-Exposition mit mykobakteriellen<br />

Antigenen sind nach heutigem Erkenntnisstand<br />

im wesentlichen äquivalent mit<br />

gewissen Vorteilen für die neueren Bluttests.<br />

496 | Der Internist 5 · 2007<br />

Schwerpunkt: Lunge und Infektion<br />

Korrespondieren<strong>der</strong> Autor<br />

Dr. G. Laifer<br />

Klinik für Infektiologie, Universitätsspital Basel<br />

Petersgraben 4, CH-4031 Basel<br />

Laiferg@uhbs.ch<br />

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkonflikt.<br />

Der korrespondierende Autor versichert, dass keine<br />

Verbindungen mit einer Firma, <strong>der</strong>en Produkt in<br />

dem Artikel genannt ist, o<strong>der</strong> einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt<br />

vertreibt, bestehen. Die Präsentation<br />

des Themas ist unabhängig und die Darstellung <strong>der</strong> Inhalte<br />

produktneutral.<br />

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