Diagnostik der pulmonalen Tuberkulose beim ... - Erkan Arslan
Diagnostik der pulmonalen Tuberkulose beim ... - Erkan Arslan
Diagnostik der pulmonalen Tuberkulose beim ... - Erkan Arslan
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Internist 2007 · 48:489–496<br />
DOI 10.1007/s00108-007-1814-0<br />
Online publiziert: 1. März 2007<br />
© Springer Medizin Verlag 2007<br />
Schwerpunktherausgeber<br />
M. Battegay, Basel/Schweiz<br />
B. Zabel, Borstel<br />
Die <strong>Tuberkulose</strong> (TB) ist neben <strong>der</strong><br />
HIV-Infektion eine <strong>der</strong> häufigsten Infektionskrankheiten.<br />
Ein Drittel <strong>der</strong><br />
Weltbevölkerung ist mit Mycobacterium<br />
tuberculosis infiziert, 95% <strong>der</strong> Infizierten<br />
leben in Entwicklungslän<strong>der</strong>n.<br />
Jährlich sind 9 Millionen Neuerkrankungen<br />
und 2 Millionen Todesfälle<br />
zu erwarten [8]. In Westeuropa,<br />
Nord-/Lateinamerika und Asien ist<br />
die TB rückläufig, in Afrika und Osteuropa<br />
nimmt sie weiter zu. Eine HIV-<br />
Koinfektion mit Schwächung <strong>der</strong> zellulären<br />
Immunität trägt maßgeblich<br />
zum Ausbruch <strong>der</strong> Erkrankung bei.<br />
In Afrika sind ein Drittel <strong>der</strong> TB-Fälle<br />
HIV-assoziiert [4].<br />
Mykobakterien gelangen nach inhalativer<br />
Aufnahme kleinster Aerosole in die Lungenalveolen<br />
und werden dort von Makrophagen<br />
aufgenommen. Es wird geschätzt,<br />
dass für Immunkompetente eine Exposition<br />
über mehrere Stunden in schlecht gelüfteten<br />
Räumen zur Übertragung nötig<br />
ist, kurze Kontakte o<strong>der</strong> Kontakte im Freien<br />
sind meist nicht ausreichend. Überleben<br />
die Mykobakterien die initiale Abwehr,<br />
so replizieren sie sich langsam innerhalb<br />
<strong>der</strong> Makrophagen. Die zelluläre<br />
Immunität setzt erst nach 3 bis 9 Wochen<br />
ein und ist messbar mit dem Tuberkulintest.<br />
Vor dieser Zeit können Mykobakterien<br />
vom initialen Fokus lymphogen<br />
zu regionalen Lymphknoten und hämatogen<br />
in an<strong>der</strong>e Gewebe und Organe<br />
gelangen und dort einen Fokus für eine<br />
spätere extrapulmonale Erkrankung bilden.<br />
Die primäre TB ist meist selbstlimi-<br />
Schwerpunkt: Lunge und Infektion<br />
G. Laifer 1 · S. Bassetti 2<br />
1 Klinik für Infektiologie, Universitätsspital Basel<br />
2 Medizinische Klinik, Kantonsspital Olten<br />
<strong>Diagnostik</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>pulmonalen</strong> <strong>Tuberkulose</strong><br />
<strong>beim</strong> Erwachsenen<br />
tierend und wird oft nicht diagnostiziert.<br />
In den folgenden 2 Jahren entwickeln etwa<br />
5% <strong>der</strong> Infizierten eine aktive TB, weitere<br />
5% im Laufe des Lebens. 90% aller<br />
Immunkompetenten werden keine klinisch<br />
manifeste Erkrankung durchmachen<br />
[19]. Bei ihnen liegt eine latente <strong>Tuberkulose</strong><br />
vor. Bei einer HIV-Koinfektion<br />
liegt diese Progressions rate deutlich höher<br />
(ca. 8%/Jahr).<br />
Son<strong>der</strong>formen sind die Miliartuberkulose<br />
und das Tuberkulom. Unter Miliartuberkulose<br />
werden alle progredienten hämatogen<br />
disseminierten Formen zusammengefasst,<br />
welche akut o<strong>der</strong> – v. a. bei<br />
älteren Menschen – verzögert verlaufen<br />
können. Ein Tuberkulom entsteht entwe<strong>der</strong><br />
im Rahmen <strong>der</strong> Primärinfektion o<strong>der</strong><br />
als abgekapselte Reaktivierung. Es ist in<br />
<strong>der</strong> Regel asymptomatisch, kann sich jedoch<br />
radiologisch wie ein Karzinom o<strong>der</strong><br />
Metastasen präsentieren. Im Folgenden<br />
beschränken wir uns auf die <strong>Diagnostik</strong><br />
Abb. 1 7 Typisches<br />
Oberlappeninfiltrat<br />
bei pulmonaler<br />
<strong>Tuberkulose</strong><br />
<strong>der</strong> latenten und <strong>der</strong> <strong>pulmonalen</strong> <strong>Tuberkulose</strong><br />
<strong>beim</strong> Erwachsenen.<br />
<strong>Diagnostik</strong> <strong>der</strong> latenten<br />
<strong>Tuberkulose</strong> (Tuberkulintest<br />
und IGRAs)<br />
Der Tuberkulintest misst eine zelluläre<br />
Immunantwort vom Typ <strong>der</strong> verzögerten<br />
Hypersensitivität. Die Injektion (2 Tuberkulineinheiten<br />
gereinigtes Tuberkulin<br />
PPD-RT-23, welche 5 Einheiten des in den<br />
USA verwendeten Tuberkulin PPD entsprechen)<br />
erfolgt intrakutan an <strong>der</strong> Beugeseite<br />
des Unterarms (Mantoux-Test), tiefere<br />
Injektionen führen zu falsch-negativen<br />
Resultaten. Die Ablesung erfolgt nach 48<br />
bis 72 Stunden (spätestens nach 7 Tagen)<br />
durch Ausmessen <strong>der</strong> Induration in <strong>der</strong><br />
Querachse des Unterarms. Nur Personen<br />
mit einem hohen TB-Risiko, erhöhtem<br />
beruflichen Risiko (z. B. Angestellte im<br />
Gesundheitswesen) und Kontaktper-<br />
Der Internist 5 · 2007 |<br />
489
Tab. 1 Interpretationsrichtlinien für den Tuberkulintest. (Mod. n. [1])<br />
Induration Personengruppen, bei denen <strong>der</strong> Test als positiv interpretiert wird<br />
≥5 mm HIV-Positive<br />
Naher Kontakt (≤2 Jahre) zu Indexpatienten mit offener Lungentuberkulose<br />
Radiologische Residuen einer unbehandelten TB nach Ausschluss einer aktiven<br />
Erkrankung<br />
Immunsupprimierte: ≥15 mg Prednison/Tag ≥1 Monat; nach Organtransplantation<br />
Personen unter (o<strong>der</strong> bei geplanten) anti-TNF-a-Antikörpern<br />
≥10 mm Immigranten
handen; noch seltener sind pleuritische<br />
Schmerzen, Arthralgien und Müdigkeit.<br />
Die klinische Untersuchung ist meist unauffällig<br />
[18]. Die reaktivierten TB entwickeln<br />
sich meist langsam über Wochen<br />
bis Monate: Ein zu Beginn v. a. morgendlicher<br />
Husten (50–65%) mit gelb-grünlichem<br />
Sputum nimmt im Verlauf an Intensität<br />
zu und wird oft erst bei bronchialer<br />
Mitbeteiligung als besorgniserregend<br />
empfunden. Eine meist milde Hämoptoe<br />
(25%) entsteht durch endobronchiale Erosionen;<br />
eine massive Blutung durch Arrosion<br />
einer Pulmonalarterie ist heute sehr<br />
selten. In Niedrigprävalenzlän<strong>der</strong>n sind 5<br />
bis 15% <strong>der</strong> Hämoptoen durch eine TB bedingt.<br />
Dyspnoe (33%) entsteht durch eine<br />
zunehmende Beteiligung des Lungenparenchyms<br />
o<strong>der</strong> durch einen Pleura erguss,<br />
selten durch einen komplizierenden<br />
Pneumothorax. Thoraxschmerzen (bis zu<br />
33%) sind Ausdruck einer pleuralen Beteiligung.<br />
Heiserkeit (laryngeale Beteiligung)<br />
492 | Der Internist 5 · 2007<br />
Schwerpunkt: Lunge und Infektion<br />
und schmerzhafte pharyngeale o<strong>der</strong> gastrointestinale<br />
Ulcera sind heute selten.<br />
Unspezifische konstitutionelle Symptome<br />
treten mit fortschreitendendem Wachstum<br />
<strong>der</strong> Bakterienpopu lation auf, sind<br />
langsam progredient und werden oft erstaunlich<br />
gut toleriert. Dazu gehören Müdigkeit<br />
(50–66%), Gewichtsverlust (50–<br />
66%), Fieber (50%) und Nachtschweiß<br />
(50%).<br />
Klinische Befunde<br />
Abb. 2 9 Diffus feinnoduläres<br />
Infiltrat bei<br />
Miliartuberkulose<br />
Abb. 3 9 Infiltrat mit<br />
Kaverne und bronchogener<br />
Streuung mit<br />
„Tree-in-bud“-Phänomen<br />
(luminale Impaktion<br />
kleiner, normalerweise<br />
nicht sichtbarer<br />
peripherer Bronchiolen)<br />
Die klinischen Befunde sind unspezifisch<br />
und abhängig vom Ausmaß <strong>der</strong> Progression<br />
<strong>der</strong> TB. Bei mil<strong>der</strong> bis mo<strong>der</strong>ater Erkrankung<br />
wird oft ein Normalbefund erhoben.<br />
Im Allgemeinen wird das Ausmaß<br />
<strong>der</strong> Erkrankung durch die klinische Untersuchung<br />
unterschätzt. Immigranten beispielsweise,<br />
die bei Ankunft in ein Niedrigprävalenzland<br />
auf TB gescreent werden,<br />
sind mehrheitlich asymptomatisch mit<br />
einem normalen klinischen Befund und<br />
weisen trotz Vorliegen einer aktiven TB<br />
keine systemischen Entzündungszeichen<br />
auf [11]. Nichtkontinuierliche Rasselgeräusche<br />
können häufiger gehört werden,<br />
nachdem <strong>der</strong> Patient zuvor gehustet hat.<br />
Das Amphorenatmen als entfernt klingendes<br />
hohles Geräusch über Kavernen<br />
ist heute selten. Eine Klopfschalldämpfung<br />
mit abgeschwächtem Stimmfremitus<br />
weist auf eine pleurale Beteiligung hin.<br />
Radiologische Befunde<br />
Das Röntgenbild spielt eine zentrale Rolle<br />
in <strong>der</strong> TB-<strong>Diagnostik</strong>, sowohl zur Bestimmung<br />
des Ausmaßes <strong>der</strong> Erkrankung<br />
als auch zur Beurteilung des Therapieansprechens.<br />
Obwohl sie unspezifisch<br />
sind, müssen vor allem fleckige und noduläre<br />
Infiltrate im Oberlappen o<strong>der</strong> apikale<br />
Unterlappeninfiltrate mit assoziierter<br />
Lymphadenopathie und Kavernen an<br />
eine TB denken lassen. Bei Patienten mit<br />
gestörter zellvermittelter Immunität kann<br />
die Präsentation <strong>der</strong> TB atypisch sein und<br />
pulmonale Infiltrate können fehlen.<br />
> Bei Immunsupprimierten<br />
kann ohne radiologisch<br />
nachweisbares Infiltrat eine<br />
pulmonale TB vorliegen<br />
Bei <strong>der</strong> (selteneren) Primärinfektion ist<br />
eine hiläre Lymphadenopathie (65%) am<br />
häufigsten. Sie ist nach 2 Monaten bei<br />
praktisch allen Personen vorhanden und<br />
heilt langsam (meist >1 Jahr) ab. Ein Drittel<br />
weist einen Pleuraerguss auf; pulmonale<br />
Infiltrate sind in 80%; . Abb. 1). Kavernen sind in bis<br />
zu 40% zu finden, Luftflüssigkeitsspiegel<br />
als Ausdruck einer schlechten Drainage<br />
o<strong>der</strong> einer intermittierenden Obstruktion<br />
in bis zu 20%. Kleinere apikale Läsionen<br />
und Kavernen können mit Hilfe <strong>der</strong><br />
Computertomographie zuverlässiger entdeckt<br />
werden. Bei <strong>der</strong> Miliartuberkulose<br />
liegt häufig ein diffuses feinnoduläres Infiltrat<br />
vor (. Abb. 2).<br />
Exsudative (aktive) Infiltrate sind im<br />
Vergleich zu fibrotischen (inaktiven) nar-
igen Läsionen weicher, weniger scharf<br />
begrenzt und än<strong>der</strong>n sich im Verlauf. Ohne<br />
Verlauf ist es jedoch oft unmöglich, eine<br />
aktive TB von narbigen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
zu unterscheiden. Für eine broncho gene<br />
Streuung sprechen multiple, oft diskrete<br />
konfluierende Infiltrate, die selten progredient<br />
sind (. Abb. 3).<br />
Obwohl von <strong>der</strong> WHO nicht empfohlen,<br />
ist eine radiologische Verlaufskontrolle<br />
(z. B. Röntgenthorax nach 2 Monaten<br />
und bei Abschluss <strong>der</strong> Therapie) nützlich<br />
zur Beurteilung des klinischen Ansprechens.<br />
Laborbefunde<br />
Auch hier gibt es keine spezifischen Befunde.<br />
Normalbefunde sind häufig bei einer<br />
<strong>pulmonalen</strong> TB. Mit zunehmen<strong>der</strong><br />
Erkrankung sind eine normochrome, normozytäre<br />
Anämie, eine Leukozytose (mit<br />
Monozytose in 25 g/l). Die Glukose ist oft erniedrigt,<br />
und <strong>der</strong> pH
Tab. 2 Mikrobiologische <strong>Diagnostik</strong> <strong>der</strong> <strong>Tuberkulose</strong><br />
Methode Anzahl SFS* für<br />
positives Resultat<br />
Mikroskopie ≥106 (100% positiv)<br />
104 (60% positiv)<br />
Goldstandard <strong>der</strong> mikrobiologischen<br />
<strong>Diagnostik</strong> bleibt die Kultur, die die Resultate<br />
des Direktnachweises (Mikroskopie,<br />
PCR) bestätigt und die Biomasse<br />
für die Identifizierung und Resistenzprüfung<br />
liefert sowie den Therapieerfolg dokumentiert.<br />
In 10 (–20)% aller Fälle wird<br />
jedoch eine kulturnegative TB vorliegen.<br />
Diese besteht, wenn ohne dokumentiertes<br />
Wachstum aufgrund <strong>der</strong> klinischen, radiologischen<br />
und epidemiologischen Befunde<br />
eine TB hoch wahrscheinlich ist,<br />
keine Alter nativdiagnose gefunden wird<br />
und ein klinisches und radiologisches Ansprechen<br />
auf eine 6- bis 8-wöchige empirische<br />
Therapie vorliegt. Hauptgründe für<br />
eine kulturnegative TB sind eine nicht adäquate<br />
Sputumgewinnung o<strong>der</strong> eine tiefe<br />
Konzentration an Mykobakterien. Für eine<br />
positive Kultur sind 10 1 bis 10 2 SFS/ml<br />
nötig. Die Kombination von festen und<br />
flüssigen Medien erhöht die Sensitivität<br />
<strong>der</strong> Kultur auf etwa 90%. Damit ist die Kultur<br />
<strong>der</strong> Mikroskopie und <strong>der</strong> PCR überlegen.<br />
Feste Kulturmedien auf Eibasis (z. B.<br />
Löwenstein-Jensen) zeigen ein sichtbares<br />
Wachstum von M. tuberculosis nach 18 bis<br />
24 Tagen. Agarmedien (z. B. Middlebrook<br />
7H10 o<strong>der</strong> 7H11) sind besser standardisiert<br />
und zeigen ein schnelleres Wachstum (10–<br />
14 Tage). Flüssigmedien (z. B. Septi-Chek<br />
System; radiometrische BACTEC-460TB-<br />
Methode) sind die schnellsten Methoden<br />
(Wachstum nach 8–14 Tagen). Derzeit sind<br />
Kommentar<br />
Schnelltest (≤24 h)<br />
Kostengünstig<br />
Identifiziert hoch kontagiöse Patienten<br />
Geringe Sensitivität<br />
Hohe Spezifität<br />
Fluoreszenztest als Screeningtest sensitiver als Ziehl-<br />
Neelsen-Färbung (positiver Fluoreszenztest sollte mit<br />
Ziehl-Neelsen-Färbung verifiziert werden)<br />
PCR 10 2 (–10 3 ) Schnelltest (6–48 h, je nach Infrastruktur)<br />
Sensitivität 95–100% falls mikroskopisch positiv,<br />
40–80% falls mikroskopisch negativ<br />
Hohe Spezifität (95–100%)<br />
Nicht geeignet für Verlaufskontrollen<br />
Kultur (bleibt<br />
Goldstandard<br />
<strong>der</strong> mikrobiologischen<br />
<strong>Diagnostik</strong>)<br />
* säurefeste Stäbchen<br />
494 | Der Internist 5 · 2007<br />
Schwerpunkt: Lunge und Infektion<br />
10 1 –10 2 /ml Langsamer Test (8–24 Tage je nach Test und Erregerzahl)<br />
Sensitivität >90% bei Kombination von festen und flüssigen<br />
Medien<br />
Nötig zur Speziesidentifikation und Resistenztestung<br />
Kontrolle des Therapieerfolgs möglich<br />
verbesserte nichtradiometrische Systeme<br />
erhältlich, welche ein kontinuierliches Monitoring<br />
von Mykobakterienwachstum erlauben.<br />
Vor dem Beimpfen von Nährmedien<br />
müssen respiratorische Materialien<br />
homogenisiert, dekontaminiert und aufkonzentriert<br />
werden. Dies erklärt den erhöhten<br />
Zeitbedarf für die mykobakterielle<br />
<strong>Diagnostik</strong>.<br />
Eine Zusammenfassung <strong>der</strong> wichtigsten<br />
Charakteristika <strong>der</strong> einzelnen Tests<br />
zeigt . Tab. 2.<br />
Mit Hilfe von Gensonden ab Kultur<br />
kann M. tuberculosis-Komplex von nichttuberkulösen<br />
Mykobakterien abgegrenzt<br />
werden. Diese Technik weist ab Kultur<br />
eine sehr hohe Spezifität und nahezu<br />
100%ige Sensitivität auf; die Resultate liegen<br />
innerhalb von 2 h vor.<br />
Mo<strong>der</strong>ne molekulare Typisierungsverfahren<br />
werden vor allem bei epidemiologischen<br />
Fragestellungen eingesetzt wie,<br />
z. B. zur Aufklärung von Übertragungsketten.<br />
Außerdem kann mit ihnen eine genaue<br />
Identifizierung innerhalb des M. tuberculosis-Komplexes<br />
erfolgen, und Subtypen<br />
von M.tuberculosis (z. B. Peking-<br />
Klon o<strong>der</strong> Harlem-Typ) können identifiziert<br />
werden.<br />
Resistenzprüfung<br />
Besorgniserregend ist das Auftreten multiresistenter<br />
Stämme (definiert als Resis-<br />
tenz auf Isoniazid und Rifampicin) mit einer<br />
Prävalenz von etwa 3% (WHO-Schätzung)<br />
und hohen Raten vor allem in Osteuropa,<br />
Israel und China [2]. Daneben ist<br />
eine zunehmende Isoniazidresistenz (ca.<br />
10%) zu verzeichnen, sowie eine weltweite<br />
Ausbreitung von multiresistenten Stämmen,<br />
welche zusätzlich zur Resistenz auf<br />
Isoniazid und Rifampicin eine Resistenz<br />
auf Fluorochinolone und auf Reserve-TB-<br />
Medikamente (wie Capreomycin, Kanamycin,<br />
Amikacin) aufweisen („extensive<br />
resistant TB“; [13]). Deshalb ist heute eine<br />
Resistenzprüfung auf die Erstlinienmedikamente<br />
für jedes Erstisolat nötig.<br />
> Eine Resistenztestung auf<br />
alle Erstlinienmedikamente<br />
ist heute aufgrund <strong>der</strong><br />
zunehmenden Resistenzentwicklung<br />
obligat<br />
Bleibt die Kultur im Verlauf über längere<br />
Zeit positiv, so ist eine Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong><br />
Resistenzprüfung nach spätestens 3 Monaten<br />
indiziert, um das Auftreten möglicher<br />
Resistenzen zu überwachen. Weit verbreitet<br />
sind die radiometrische BACTEC-<br />
460TB-Methode und die Proportionsmethode.<br />
Sie wird auf Middle brook-Agar<br />
durchgeführt und gilt noch als Goldstandard.<br />
Ergebnisse sind in etwa 3 Wochen<br />
verfügbar. Eine neue, preiswerte kulturbasierte<br />
Methode zum schnelleren Nachweis<br />
(inklusive <strong>der</strong> multiresistenten TB) ist <strong>der</strong><br />
MODS-Assay („microscopic observation<br />
drug susceptibility assay“), welcher<br />
auf einer frühen mikroskopischen Erkennung<br />
<strong>der</strong> typischen Zopfformationen von<br />
M. tuberculosis beruht. In einer kürzlich<br />
publizierten Studie war dieser Test sensitiver<br />
als die Vergleichsmethoden mit einer<br />
kürzeren Zeit bis zur positiven Kultur<br />
(Median 7 Tage; [14]).<br />
Ein Einsatz molekularer Technologien<br />
zur Resistenztestung ist noch nicht Routine.<br />
Bei dringendem Verdacht auf eine<br />
Rifampicinresistenz kann <strong>der</strong> Einsatz<br />
molekularer Techniken erwogen werden,<br />
da >95% dieser Stämme eine Mutation<br />
in einem sehr kurzen Genabschnitt<br />
des rpoB-Gens aufweisen [20]. Für an<strong>der</strong>e<br />
Medikamente ist die Situation komplizierter,<br />
da Mutationen häufig in verschiedenen<br />
Genen lokalisiert sind [23].
Verlaufskontrolle<br />
Zur Verlaufskontrolle ist eine monatliche<br />
Sputumuntersuchung (Direktpräparat<br />
und Kultur) empfohlen, bis 2 konsekutive<br />
Sputa kulturell negativ sind [3].<br />
E Die PCR-<strong>Diagnostik</strong> auf M.<br />
tuberculosis-Komplex eignet sich<br />
nicht für Verlaufsuntersuchungen.<br />
Sind Direktpräparat und Kultur nach<br />
2 Monaten noch positiv, so hat dies die<br />
Konsequenz einer Verlängerung <strong>der</strong> Therapiedauer<br />
von 6 auf 9 Monate. Ist das Direktpräparat<br />
nach dem 5. Monat noch positiv,<br />
wird gemäß WHO von einem Therapieversagen<br />
ausgegangen und ein Wechsel<br />
<strong>der</strong> Behandlungsstrategie nötig.<br />
Fazit für die Praxis<br />
Die TB ist weltweit sehr häufig, zunehmend<br />
mit resistenten Keimen. Migranten<br />
aus Hochendemiegebieten haben<br />
das Risiko ihres Herkunftslandes. Diagnostisch<br />
wegweisend ist das Röntgenbild,<br />
jedoch muss bei Immunsupprimierten<br />
bei atypischer Präsentation o<strong>der</strong> fehlendem<br />
Infiltrat an eine TB gedacht werden.<br />
3 sequenziell abgenommene Sputa<br />
sind empfohlen (Mikroskopie und Kultur,<br />
evtl. PCR auf M. tuberculosis-Komplex).<br />
Goldstandard bleibt die Kultur, die<br />
für die Sensibilitätstestung auf die Erstlinienmedikamente<br />
nötig ist. Eine <strong>Diagnostik</strong><br />
für eine latente TB soll nur bei<br />
Personen mit erhöhtem TB-Risiko, erhöhtem<br />
beruflichen Risiko und Kontaktpersonen<br />
mit offener TB vorgenommen<br />
werden und sollte im Falle eines positiven<br />
Befundes nach Ausschluss einer aktiven<br />
Erkrankung eine präventive Therapie<br />
zur Folge haben. Tuberkulintest und<br />
neu entwickelte Bluttests basierend auf<br />
einem Nachweis von Interferon-g nach<br />
Ex-vivo-Exposition mit mykobakteriellen<br />
Antigenen sind nach heutigem Erkenntnisstand<br />
im wesentlichen äquivalent mit<br />
gewissen Vorteilen für die neueren Bluttests.<br />
496 | Der Internist 5 · 2007<br />
Schwerpunkt: Lunge und Infektion<br />
Korrespondieren<strong>der</strong> Autor<br />
Dr. G. Laifer<br />
Klinik für Infektiologie, Universitätsspital Basel<br />
Petersgraben 4, CH-4031 Basel<br />
Laiferg@uhbs.ch<br />
Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkonflikt.<br />
Der korrespondierende Autor versichert, dass keine<br />
Verbindungen mit einer Firma, <strong>der</strong>en Produkt in<br />
dem Artikel genannt ist, o<strong>der</strong> einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt<br />
vertreibt, bestehen. Die Präsentation<br />
des Themas ist unabhängig und die Darstellung <strong>der</strong> Inhalte<br />
produktneutral.<br />
Literatur<br />
1. American Thoracic Society (2000) Targeted tuberculin<br />
testing and treatment of latent tuberculosis<br />
infection. MMWR 49: 1–51<br />
2. Aziz MA, Wright A, Laszlo A et al. (2006) Epidemiology<br />
of antituberculosis drug resistance (the Global<br />
Project on Anti-tuberculosis Drug Resistance<br />
Surveillance): an updated analysis. Lancet 368:<br />
2142–2154<br />
3. Centers for Disease Control and Prevention (2003)<br />
Treatment of tuberculosis. MMWR Recomm Rep<br />
52:1–77<br />
4. Corbett EL, Watt CJ, Walker N et al. (2003) The growing<br />
burden of tuberculosis: global trends and interactions<br />
with the HIV epidemic. Arch Intern Med<br />
163: 1009–1021<br />
5. Dewan PK, Grinsdale K, Kawamura LM (2007) Low<br />
sensitivity of a whole-blood interferon-g release<br />
assay for detection of active tuberculosis. Clin Infect<br />
Dis 44: 69–73<br />
6. Ewer K, Deeks J, Alvarez L et al. (2003) Comparison<br />
of T-cell-based assay with tuberculin skin test<br />
for diagnosis of Mycobacterium tuberculosis infection<br />
in a school tuberculosis outbreak. Lancet 361:<br />
1168–1173<br />
7. Ferrara G, Losi M, D’Amico R et al. (2006) Use in<br />
routine clinical practice of two commercial blood<br />
tests for diagnosis of infection with Mycobacterium<br />
tuberculosis: a prospective study. Lancet 367:<br />
1328–1334<br />
8. Frieden TR, Sterling TR, Munsiff SS et al. (2003) Tuberculosis.<br />
Lancet 362: 887–899<br />
9. Kommission „Interferon-Gamma für die <strong>Diagnostik</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Tuberkulose</strong>-Infektion“ <strong>der</strong> Lungenliga<br />
Schweiz (2005) Erkennung <strong>der</strong> <strong>Tuberkulose</strong>infektion<br />
mittels Bluttest (Interferon-gamma). Bundesamt<br />
für Gesundheit Bulletin 45: 822–823<br />
10. Laifer G, Widmer AF, Frei R et al. (2004) Polymerase<br />
chain reaction for Mycobacterium tuberculosis:<br />
impact on clinical management of refugees with<br />
pulmonary infiltrates. Chest 125: 981–986<br />
11. Laifer G, Widmer AF, Simcock M et al. (2007) Pulmonary<br />
tuberculosis in a low incidence country:<br />
new immigrants, foreign-born residents and native<br />
residents. Am J Med (in press)<br />
12. Lee JY, Choi HJ, Park IN, et al. (2006) Comparison of<br />
two commercial interferon-gamma assays for diagnosing<br />
Mycobacterium tuberculosis infection.<br />
Eur Resp J 28: 24–30<br />
13. Morbidity and Mortality Weekly Report (2006).<br />
Emergence of Mycobacterium tuberculosis with<br />
extensive resistance to second-line drugs worldwide<br />
2000–2004. 55: 301–305<br />
14. Moore DA, Evans CA, Gilman RH et al. (2006)<br />
Microscopic-observation drug-susceptibility assay<br />
for the diagnosis of tuberculosis. N Engl J Med 355:<br />
1539–1550<br />
15. National Collaborating Centre for Chronic Conditions<br />
(2006) Tuberculosis: clinical diagnosis and<br />
management of tuberculosis, and measures for<br />
its prevention and control. Royal College of Physicians,<br />
London<br />
16. Pai M, Menzies D (2007) Interferon-g release assays:<br />
what is their role in the diagnosis of active tuberculosis?<br />
Clin Infect Dis 44: 74–77<br />
17. Pai M, Riley LW, Colford JM Jr (2004) Interferongamma<br />
assays in the immunodiagnosis of tuberculosis:<br />
a systematic review. Lancet Infect Dis 4:<br />
761–776<br />
18. Poulsen A (1957) Some clinical features of tuberculosis.<br />
Acta Tuberc Scand 33: 37–92<br />
19. Small PM, Fujiwara PI (2001) Management of tuberculosis<br />
in the United States. N Engl J Med 345:<br />
189–200<br />
20. Telenti A, Imboden P, Marchesi F et al. (1993)<br />
Detection of rifampicin-resistance mutations in<br />
Mycobacterium tuberculosis. Lancet 341: 647–650<br />
21. Tissot F, Zanetti G, Francioli P et al. (2005) Influence<br />
of bacille Calmette-Guerin vaccination on size of<br />
tuberculin skin test reaction: to what size? Clin Infect<br />
Dis 40: 211–217<br />
22. Vidal R, Casabona N, Juan A et al. (1996) Incidence<br />
and significance of acid-fast bacilli in sputum<br />
smears at the end of antituberculous treatment.<br />
Chest 109: 1562–1565<br />
23. Zhang Y, Vilchèze C, Jacobs WR et al. (2005) Mechanisms<br />
of drug resistance in Mycobacterium tuberculosis.<br />
In: Cole ST, Eisenach KD, McMurray DN<br />
et al. (Eds) Tuberculosis and the tubercle bacillus.<br />
ASM Press, Washington DC, p 115–140