23.08.2013 Aufrufe

Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen - Erkan Arslan

Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen - Erkan Arslan

Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen - Erkan Arslan

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kapitel 15 Ethische und rechtliche Aspekte der Reanimation<br />

wird unverzüglich mit der Reanimation begonnen; Fragen<br />

werden später gestellt. Es bedeutet ethisch kein Problem,<br />

einen begonnen Reanimationsversuch abzubrechen,<br />

falls den Helfern später eine gültige, die Therapie<br />

begrenzende Vorausverfügung präsentiert wird.<br />

Hinsichtlich der Haltung in der Medizin gegenüber<br />

schriftlichen Vorausverfügungen gibt es international<br />

noch eine erhebliche Streuung. In einigen Ländern wie<br />

dem Vereinigten Königreich (UK) ist eine schriftliche<br />

Vorausverfügung rechtlich bindend. Wenn keine explizite<br />

Vorausverfügung getroffen wurde und der Wille des<br />

Patienten nicht bekannt ist, sollte davon ausgegangen<br />

werden, dass Helfer alle sinnvollen Bemühungen<br />

unternehmen, den Patienten zu reanimieren.<br />

Wann ein Reanimationsversuch<br />

unterlassen werden soll<br />

Obwohl Patienten das Recht haben, eine Behandlung<br />

abzulehnen, haben sie nicht automatisch das Recht,<br />

eine Behandlung zu verlangen; sie können nicht<br />

darauf bestehen, dass eine Reanimation unter allen<br />

Bedingungen zu versuchen ist. Ärzte können nicht zu<br />

einer Behandlung verpflichtet werden, die ihrer klinischen<br />

Einschätzung widerspricht. Diese Entscheidung ist häufig<br />

komplex und sollte von älteren, erfahrenen Mitgliedern<br />

des Behandlungsteams getroffen werden.<br />

Die Entscheidung, auf einen Reanimationsversuch zu<br />

verzichten, wirft einige ethische und moralische Fragen<br />

auf. Was begründet Sinn- oder Aussichtslosigkeit? Was<br />

genau wird unterlassen? Wer sollte entscheiden und wer<br />

konsultiert werden? Wer sollte informiert werden?<br />

Was begründet Sinnlosigkeit?<br />

Sinnlosigkeit ist gegeben, wenn eine Reanimation<br />

hinsichtlich der Verlängerung eines qualitativ akzeptablen<br />

Lebens keinen Nutzen bringen wird. Prädiktoren für<br />

das Nicht-Überleben nach Reanimationsversuch sind<br />

zwar publiziert worden, aber keiner hat ausreichenden<br />

prädiktiven Wert, wenn er auf eine unabhängige<br />

Kontrollgruppe angewendet wird. Das Outcome in einer<br />

Gruppe, in der Reanimationsversuche durchgeführt<br />

wurden, hängt zudem von Systemfaktoren wie Zeit<br />

bis CPR und Zeit bis Defibrillation ab. Es ist schwierig<br />

vorherzusagen, wie diese Faktoren das individuelle<br />

Outcome beeinflussen.<br />

Unweigerlich müssen Beurteilungen getroffen werden,<br />

und es wird Grauzonen geben, in denen bei Patienten<br />

mit Begleiterkrankungen wie Herzinsuffizienz und<br />

chronischer respiratorischer Beeinträchtigung, mit<br />

Asphyxie, schwerem Trauma, Schädelverletzungen und<br />

neurologischen Erkrankungen subjektive Meinungen<br />

erforderlich sind. Das Alter des Patienten mag bei der<br />

Entscheidung eine Rolle spielen, ist aber nur ein relativ<br />

schwacher, unabhängiger Prädiktor für das Outcome;<br />

dennoch liegen bei Älteren verbreitet bedeutende<br />

168 <strong>Erweiterte</strong> <strong>Lebensrettende</strong> <strong>Maßnahmen</strong><br />

Komorbiditäten vor, die das Outcome beeinflussen.<br />

Was genau sollte unterlassen werden?<br />

Kein Reanimationsversuch (Do not attempt<br />

resuscitation – DNAR) heißt, dass im Falle eines Atem-<br />

oder Kreislaufstillstandes keine CPR durchgeführt<br />

werden sollte – DNAR bedeutet nur das. Andere<br />

Behandlungen sollten fortgesetzt werden, besonders<br />

zur Schmerzlinderung und Sedierung, falls erforderlich.<br />

Ebenso werden Beatmung und Sauerstofftherapie,<br />

Ernährung, Antibiotika, Flüssigkeit, Vasopressoren<br />

etc. nach Indikation weitergeführt, wenn man davon<br />

ausgeht, dass sie zur Lebensqualität beitragen. Falls nicht,<br />

sollten Anweisungen, irgendeine dieser Therapien nicht<br />

fortzusetzen oder nicht zu beginnen, unabhängig von<br />

DNAR-Anweisungen spezifiziert werden.<br />

Während DNAR-Anweisungen über viele Jahre in vielen<br />

Ländern von einzelnen Ärzten geschrieben wurden,<br />

häufig, ohne den Patienten, die Angehörigen oder<br />

anderes Gesundheitspersonal zu konsultieren, gibt<br />

es jetzt in vielen Ländern klare verfahrenstechnische<br />

Anforderungen oder Richtlinien.<br />

Wer sollte entscheiden, dass kein<br />

Reanimationsversuch unternommen<br />

wird, und wer sollte konsultiert werden?<br />

Die Gesamtverantwortung für diese Entscheidung<br />

bleibt dem erfahrensten Krankenhausarzt oder dem<br />

behandelnden Hausarzt überlassen, nach angemessener<br />

Konsultation anderer an der Versorgung des Patienten<br />

beteiligter medizinischer Dienstleister. Menschen<br />

haben ethische und legale Rechte, in Entscheidungen<br />

einbezogen zu werden, die sie selbst angehen; dies sollte<br />

mit dem Patienten diskutiert werden. Es hat sich bewährt,<br />

auch Angehörige zu beteiligen, selbst wenn diese<br />

hinsichtlich der aktuellen Entscheidung darauf keinen<br />

Rechtsanspruch haben. Falls der Patient kompetent ist,<br />

sollte seine Zustimmung eingeholt werden. Falls ein<br />

kompetenter Patient sich weigert, der Weitergabe von<br />

Informationen an Angehörige zuzustimmen, sollte dies<br />

respektiert werden. Idealerweise werden Entscheidungen<br />

im Voraus getroffen.<br />

Entscheidungen von gesetzlichen Einrichtungen sind mit<br />

Verzögerungen und Unsicherheiten behaftet, besonders<br />

bei entgegenstehendem Rechtssystem, und sollten nur<br />

herbeigeführt werden, falls zwischen den beteiligten<br />

Parteien unüberbrückbare Gegensätze bestehen. In<br />

besonders schwierigen Fällen könnte der erfahrene<br />

Arzt seine Standesorganisation um eine rechtliche<br />

Einschätzung ersuchen.<br />

Wer sollte informiert werden?<br />

Wenn die Entscheidung erst einmal getroffen ist, muss<br />

sie deutlich an alle kommuniziert werden, die beteiligt<br />

European Resuscitation Council

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!