Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen - Erkan Arslan
Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen - Erkan Arslan
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Ethische und rechtliche<br />
Aspekte der Reanimation<br />
Lernziele<br />
■ Vorausverfügungen, patiententestament.<br />
■ Wann nicht mit Reanimationsversuchen<br />
begonnen wird.<br />
■ Wann Reanimationsversuche beendet werden.<br />
■ Entscheidungen durch Nicht-Ärzte.<br />
Im gesamten Kapitel umfasst der Begriff “Angehörige”<br />
auch enge Freunde und wichtige andere Personen.<br />
Einführung<br />
Erfolgreiche Wiederbelebungsversuche haben vielen<br />
Menschen eine nützliche und wertvolle Verlängerung<br />
des Lebens gebracht. Die Anteile von Überlebenden<br />
mit kompletter physiologischer Wiederherstellung<br />
nach Kreislaufstillstand sind aber niedrig. Gelegentlich<br />
haben Reanimationsversuche nur das Leiden und<br />
den Sterbeprozess verlängert; in einigen Fällen hat<br />
die Reanimation dazu geführt, dass der Patient im<br />
persistierenden vegetativen Zustand geblieben ist. Die<br />
Verlängerung des Lebens um jeden Preis stellt kein<br />
angemessenes Ziel der Medizin dar.<br />
Entscheidungen über Wiederbelebungsversuche<br />
bedeuten für Patienten und Angehörige ein heikles und<br />
potentiell belastendes Thema. Diese Entscheidungen<br />
können durch individuelle, internationale wie lokale<br />
kulturelle, rechtliche, ethische, traditionelle, religiöse,<br />
soziale und ökonomische Faktoren beeinflusst werden.<br />
Einige mental kompetente Patienten treffen die<br />
Entscheidung, dass sie nicht behandelt werden wollen,<br />
und drücken ihren Willen in einer Vorausverfügung<br />
oder einem Patiententestament/ Patientenverfügung<br />
aus. Es ist daher wichtig, dass in der Krankenversorgung<br />
Tätige die in Frage kommenden Prinzipien kennen,<br />
bevor sie einer Situation ausgesetzt werden, in der eine<br />
Reanimationsentscheidung zu treffen ist.<br />
Prinzipien<br />
Die vier Schlüssel-Prinzipien sind: Verpflichtung zur<br />
Fürsorge bzw. Gutes tun (beneficence), nicht schaden<br />
bzw. Schadensvermeidung (non-maleficence),<br />
Gerechtigkeit (justice) und Autonomie (autonomy).<br />
Gutes tun impliziert, dass in der Krankenversorgung<br />
Tätige einen Nutzen erzielen müssen, wenn sie Nutzen<br />
und Risiken abwägen. Im Allgemeinen bedeutet dies, eine<br />
Reanimation zu versuchen, aber gelegentlich meint es<br />
auch, eine kardiopulmonale Reanimation zu unterlassen.<br />
Gutes tun kann ebenfalls heißen, sich mit allgemeinen<br />
Bedürfnissen in der Gemeinde zu befassen, z.B. ein Projekt<br />
zur öffentlich verfügbaren Defibrillation zu etablieren.<br />
Nicht schaden heißt, dass nichts Nachteiliges bewirkt<br />
werden soll. So sollte eine Reanimation weder in<br />
aussichtslosen Fällen versucht werden noch dann, wenn<br />
der Wille des kompetenten Patienten dem entgegensteht.<br />
Gerechtigkeit impliziert die Verpflichtung, Nutzen<br />
und Risiken innerhalb einer Gesellschaft gleichmäßig<br />
zu verteilen. Wenn die Reanimation als Maßnahme<br />
angeboten wird, sollte sie im Rahmen der verfügbaren<br />
Ressourcen allen zur Verfügung stehen, die davon<br />
profitieren könnten.<br />
Autonomie bezieht sich darauf, dass Patienten selbst<br />
ihre eigenen informierten Entscheidungen treffen, statt<br />
dass Ärzte oder Pflegende für sie entscheiden. Dieses<br />
Prinzip wurde besonders während der letzten 30 Jahre<br />
eingeführt, ausgehend von legislativen Akten wie der<br />
Deklaration von Helsinki zu den Menschenrechten<br />
und ihren nachfolgenden Modifikationen und<br />
Ergänzungen. Autonomie verlangt, dass der Patient<br />
angemessen aufgeklärt wird, dass er kompetent ist, frei<br />
von unzulässigem Druck und dass seine Präferenzen<br />
konsistent sind.<br />
Vorausverfügungen<br />
KApItEL15<br />
Vorausverfügungen sind in vielen Ländern eingeführt<br />
worden, womit die Bedeutung der Patientenautonomie<br />
betont wird. Eine Reanimation darf nicht begonnen<br />
werden, wenn die CPR dem dokumentierten nachhaltigen<br />
Willen einer erwachsenen Person entgegensteht, die zum<br />
Zeitpunkt, als diese Vorausverfügung erlassen wurde,<br />
mental kompetent und sich der Implikationen bewusst<br />
war.<br />
Der Begriff Vorausverfügung bezieht sich auf jede<br />
Äußerung der Präferenzen von Patienten. Eine Ablehnung<br />
bedarf nicht der Schriftform, um gültig zu sein. Falls<br />
Patienten eine klare und konsistente Ablehnung verbal<br />
ausgedrückt haben, sollte dies denselben Status haben<br />
wie eine schriftliche Vorausverfügung. Patienten sollten<br />
sicherstellen, dass ihr Wille dem versorgenden Team<br />
und den Angehörigen bekannt ist, damit er umgesetzt<br />
werden kann.<br />
Beim plötzlichen außerklinischen Kreislaufstillstand<br />
kennen die Helfer gewöhnlich die Situation und den<br />
Willen des Patienten nicht, und eine Vorausverfügung ist<br />
häufig nicht gleich verfügbar. Unter diesen Umständen<br />
European Resuscitation Council <strong>Erweiterte</strong> <strong>Lebensrettende</strong> <strong>Maßnahmen</strong> 167<br />
KAP<br />
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