Erweiterte Lebensrettende Maßnahmen - Erkan Arslan
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Kapitel 13 Kreislaufstillstand unter besonderen Umständen<br />
Vasodilatation denkbar, welche eine relative Hypovolämie<br />
nach sich zieht (exazerbiert durch den wahren<br />
Volumenverlust bei erhöhter Kapillarpermeabilität, die in<br />
einer Extravasation der intravasalen Flüssigkeit resultiert).<br />
Anaphylaktische Reaktionen variieren im Schweregrad,<br />
und das Fortschreiten kann schnell, langsam oder<br />
(unüblich) biphasisch sein. Selten gibt es verzögerte<br />
Manifestationen (möglicherweise bei Latex-Allergie) oder<br />
solche, die länger als 24 h anhalten.<br />
Das Fehlen übereinstimmender klinischer<br />
Manifestationen und eine große Palette möglicher<br />
Präsentationen kann die Diagnostik schwierig gestalten.<br />
Eine alternative Erklärung für die „Reaktion“ ist häufig.<br />
Die klinische Beurteilung erleichtert die Diagnose. Die<br />
Anamnese früherer allergischer Reaktionen ist genauso<br />
wichtig wie die des aktuellen Ereignisses. Im Besonderen<br />
sollte der Zustand der Haut, Pulsfrequenz, Blutdruck, die<br />
oberen Luftwege beurteilt und die Lunge auskultiert<br />
werden. Wenn möglich sollte der Peak Flow gemessen<br />
und dokumentiert werden. Die Diagnose anderer<br />
Zustände sollte erst nach Ausschluss einer Anaphylaxie<br />
erfolgen; fehlende Identifikation und Behandlung der<br />
Anaphylaxie kann tödlich sein.<br />
• ACE-Hemmer können Angio-Ödeme mit deutlichen<br />
Schwellungen der oberen Atemwege verursachen.<br />
Diese Reaktion kann jederzeit auftreten und steht<br />
nicht in Zusammenhang mit der initialen Einnahme.<br />
Die Schwellung reagiert unter Umständen nicht auf<br />
Adrenalin – die beste Therapie für diese Form des<br />
Angio-Ödems ist unklar. Früherkennung, Bebachtung<br />
und geeignetes Atemwegsmanagement ist<br />
notwendig.<br />
• Hereditäres Angio-Ödem ist familiär und<br />
nicht unterscheidbar vom Frühstadium<br />
eines anaphylaktischen oder eines<br />
medikamenteninduzierten Angio-Ödems. Beim<br />
hereditären Angio-Ödem fehlt die Urticaria. Die<br />
Behandlung erfolgt mit C1 Esterase Inhibitor als<br />
spezifisches Konzentrat.<br />
• Schweres Asthma zeigt Bronchospasmus und<br />
Stridor, welches auch bei der schweren Anaphylaxie<br />
häufig vorkommt. Asthmaanfälle präsentieren sich<br />
üblicherweise nicht mit Urticaria oder Angio-Ödemen.<br />
• Selten kann eine Panikattacke mit funktionalem<br />
Stridor als Ergebnis der forcierten Adduktion der<br />
Stimmbänder assoziiert sein. Wie beim Asthma ist<br />
aber hier keine Urticaria, Angio-Ödem, Hypoxie<br />
oder Hypotension zu beobachten. Die Diagnostik<br />
kann bedeutend erschwert sein, wenn Patienten<br />
nach Auftreten von Urticaria (z.B. nach Latexkontakt)<br />
panisch reagieren oder nach Adduktion der<br />
Stimmbänder hypoxisch werden.<br />
• Vasovagale Reaktionen (z.B. nach einer Impfung)<br />
können einen plötzlichen Kollaps und extreme<br />
Bradykardie verursachen, welche als Anaphylaxie<br />
missgedeutet werden kann. Üblicherweise ist die<br />
Erholungsphase nach einfachen Interventionen (z.B.<br />
Flachlagerung) relativ rasch und nicht assoziiert mit<br />
Urticaria, Angio-Ödem oder Bronchospasmus.<br />
148 <strong>Erweiterte</strong> <strong>Lebensrettende</strong> <strong>Maßnahmen</strong><br />
Behandlung (Abb 13.4)<br />
• Lagerung des Patienten in bequemer Position.<br />
Flachlagerung mit oder ohne Erhöhung der Beine<br />
kann bei Hypotension, nicht aber bei Atemnot<br />
hilfreich sein.<br />
• Vermutetes ursächliches Allergen beseitigen (z.B. Stop<br />
einer Infusion oder Bluttransfusion)<br />
• High-flow Sauerstoffgabe (15 l min –1)<br />
• Adrenalin sollte allen Patienten mit Schockzeichen,<br />
Atemwegsschwellung oder tatsächlichen<br />
Schwierigkeiten beim Atmen intramuskulär<br />
verabreicht werden. Inspiratorischer Stridor, Giemen,<br />
Zyanose, offensichtliche Tachykardie und verzögerte<br />
kapilläre Füllung weisen auf eine schwere Reaktion<br />
hin. Erwachsene sollten intramuskulär 0,5 ml<br />
Adrenalin in einer Verdünnung von 1:1000 erhalten<br />
(500 mcg). Bei fehlender Besserung sollte die Dosis<br />
nach 5 min wiederholt werden. Mehrere Dosen<br />
können notwendig sein, insbesondere wenn nur eine<br />
vorübergehende Besserung eintritt. Als α-Agonist<br />
verhindert Adrenalin die periphere Vasodilatation<br />
und reduziert Ödeme. Seine β-Agonisten-Anteile<br />
dilatieren die Atemwege, verbessern die myokardiale<br />
Kontraktion und supprimieren die Ausschüttung von<br />
Histamin und Leukotrienen.<br />
• Die intramuskuläre Gabe von Adrenalin ist sehr<br />
sicher. Unerwünschte Wirkungen sind extrem<br />
selten. Manchmal gab es Unsicherheit darüber, ob<br />
Komplikationen (z.B. myokardiale Ischämie) durch den<br />
Effekt des Allergens oder durch Adrenalin verursacht<br />
wurde.<br />
• Adrenalin intravenös (Verdünnung mindestens<br />
1:10.000) ist potentiell riskant und muss für Patienten<br />
mit unmittelbar lebensbedrohlichem ausgeprägtem<br />
Schock oder für spezielle Indikationen (z.B. während<br />
einer Anästhesie) reserviert bleiben. Eine zusätzlich<br />
zehnfach verdünnte Lösung (1:100.000) ermöglicht<br />
eine bessere Titrierung und erhöht die Sicherheit bei<br />
gleichzeitiger Reduktion des Risikos unerwünschter<br />
Effekte. Dies sollte zumindest unter EKG Überwachung<br />
durchgeführt werden. Bei ausreichender Erfahrung<br />
kann bei allen Patienten mit Zeichen schwerer<br />
Anaphylaxie Adrenalin auch i.v. appliziert werden.<br />
• Adrenalin kann unter Umständen bezüglich<br />
Rückbildung der klinischen Manifestation<br />
der Anaphylaxie versagen, im Speziellen bei<br />
Spätreaktionen oder bei Patienten, die mit β-Blocker<br />
behandelt sind. Andere <strong>Maßnahmen</strong> (im Besonderen<br />
der Volumenersatz) erhalten dann größere Bedeutung.<br />
• H1-Antihistaminika (z.B. Chlorphenamin 4mg oral<br />
oder 10-20 mg langsam iv.) sollten verabreicht<br />
werden. Ebenso überlegenswert ist ein H2-Blocker, z.B.<br />
Ranitidin 50 mg iv.<br />
• Corticosteroide sollten nach schweren Attacken<br />
gegeben werden, um Folgeschäden zu vermeiden.<br />
Dies ist im Besonderen bei Asthmatikern wichtig<br />
(erhöhtes Risiko einer schweren oder tödlichen<br />
Anaphylaxie), wenn sie schon vorher mit<br />
Corticosteroiden behandelt wurden. Corticosteroide<br />
European Resuscitation Council