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Doris Klinger<br />

Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong><br />

Demenz im Pflegeheim<br />

<strong>Master</strong>arbeit<br />

zur Erlangung des akademischen Grades<br />

<strong>Master</strong> of Science MSc (Pflegemanagement)<br />

im Rahmen des Universitätslehrganges<br />

Pflegemanagement<br />

Mag. Dr. Berta Schrems<br />

Karl-Franzens-Universität Graz<br />

und UNI for LIFE<br />

Dornbirn, Mai 2012


Ehrenwörtliche<br />

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne<br />

fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den<br />

Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht<br />

habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inlän-<br />

dischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröf-<br />

fentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Versi-<br />

on.<br />

5. Mai 2012


Was bleibt –<br />

Vergessen,<br />

Verwirrung,<br />

Veränderung,<br />

Was bleibt ist ein Mensch<br />

Angst,<br />

Aggression,<br />

Anstrengung,<br />

Was bleibt ist ein Mensch<br />

Unsicherheit,<br />

Hilflosigkeit,<br />

Herausforderung.<br />

Was bleibt ist ein Mensch.<br />

Mit Sehnsucht und Liebe,<br />

Freude und Leid,<br />

Bedürfnissen nach<br />

Zuwendung und nach Geborgenheit.<br />

Was immer bleibt ist ein Mensch. Immer!<br />

(Mathilde Tepper)


Vorwort und Dank<br />

Mein persönlicher Zugang zum Thema ergibt sich aus meiner langjährigen Tätigkeit<br />

als DGKS in der Langzeitpflege. Seit meinem Arbeitseintritt vor über acht Jahren, hat<br />

sich die Bewohnerstruktur in meiner Arbeitsstelle, dem Haus der Generationen in<br />

Götzis, gravierend verändert. Die Zahl der Menschen <strong>mit</strong> Demenz steigt kontinuier-<br />

lich und bildet inzwischen <strong>mit</strong> über 80% die größte Gruppe der Bewohnerschaft. In<br />

unserer Einrichtung leben Menschen <strong>mit</strong> und ohne Demenz in gemischten Gruppen<br />

zusammen. Anhaltendes Rufen und ständiges Wandern der BewohnerInnen <strong>mit</strong><br />

kognitiven Einschränkungen macht ein Miteinander oft schwierig und führt bisweilen<br />

zu einem enormen Stress auf allen Seiten. Im Haus der Generationen gibt es sehr<br />

gute Konzepte für den Umgang <strong>mit</strong> demenziell Erkrankten, zu denen das Integrative<br />

Pflegekonzept von Maria Riedl und die Methode der Validation nach Naomi Feil zäh-<br />

len. Es existiert jedoch kein spezielles Wohnkonzept.<br />

Ziel meiner Arbeit ist es, in der Literatur nach einer geeigneten Wohnalternative zu<br />

suchen, die den Bedürfnissen der Beteiligten gerecht wird und zur Verbesserung der<br />

jetzigen Situation führt.<br />

An dieser Stelle möchte ich mich vor allem bei meiner Betreuerin, Frau Mag. Dr. Ber-<br />

ta Schrems, für die hilfreichen Anregungen bedanken und dafür, dass sie mir <strong>mit</strong> Rat<br />

und Tat zur Seite gestanden ist. Ein herzliches Dankeschön meiner großen Tochter<br />

Sarah, die mir <strong>mit</strong> ihren Computerfachkenntnissen sehr weitergeholfen hat. Gleich-<br />

zeitig möchte ich meinem Mann Fritz, sowie meiner jüngeren Tochter Desiree´ und<br />

besonders meiner Freundin Barbara danken, die mich bei der <strong>Master</strong>arbeit und auch<br />

während des Studiums unterstützt und mir ihre Zeit geschenkt haben.


Zusammenfassung<br />

Die Zahl der Demenzkranken wird in den nächsten Jahren drastisch ansteigen. Dies<br />

geht aus einem <strong>aktuell</strong>en Bericht der Weltgesundheitsorganisation hervor. Als<br />

Hauptgrund wird die steigende Lebenserwartung angegeben. Inzwischen gelten De-<br />

menzerkrankungen als Hauptursache für einen Heimeintritt. Grund dafür sind vor<br />

allem psychiatrische Symptome und Verhaltensauffälligkeiten, die meistens bei<br />

schweren und <strong>mit</strong>telschweren Demenzen auftreten und eine erhebliche Belastung<br />

und Herausforderung sowohl für Betroffene, als auch für MitbewohnerInnen und<br />

Pflegende darstellen. Der hohe Anteil an dementen BewohnerInnen und die immer<br />

geringer werdende Anzahl an nichtdementen BewohnerInnen, führen auch im<br />

Wohnbereich der Verfasserin der vorliegenden Arbeit, zu regelmäßigen Konfliktsitua-<br />

tionen. Vor dem Hintergrund dieser Problematik, wird im Rahmen einer Literaturar-<br />

beit nach geeigneten Versorgungsansätzen gesucht. Im Zentrum der Arbeit steht die<br />

Frage, ob eine herkömmlich traditionelle integrative Wohnform ohne Konzept, wie<br />

dies bei der Verfasserin zutrifft, noch zeitgemäß ist. Zudem soll aufgezeigt werden,<br />

wie sich die jeweiligen Konzepte auf demente und nichtdemente BewohnerInnen und<br />

die Pflegepersonen auswirken. Der Inhalt der einzelnen Kapitel, soll das nötige<br />

Grundwissen zur Krankheit Demenz, herausforderndem Verhalten und den unter-<br />

schiedlichen Versorgungsformen ver<strong>mit</strong>teln. Das Für und Wider der verschiedenen-<br />

Versorgungskonzepte, wird <strong>mit</strong> der kontrollierten Hamburger Evaluationsstudie be-<br />

sondere stationäre Dementenbetreuung belegt. In der Studie zeigt sich, dass jedes<br />

Versorgungskonzept sowohl Vor- als auch Nachteile aufweist und dass besondere<br />

Betreuungsformen bei <strong>mit</strong>telschwerer und schwerer Demenz und herausforderndem<br />

Verhalten – durch ein bedürfnisangepasstes Umfeld – gegenüber einer traditionellen<br />

Versorgung deutlich überlegen sind.


Abstract<br />

According to a recent World Health Organization´s Report, the number of dementia<br />

patients will increase dramatically in the years to come. The main reason for this lies<br />

in a general increase of people's life expectancy. Meanwhile dementia is considered<br />

a principal reason for a move to a nursing home for the elderly. This decision is main-<br />

ly taken due to the behavioural problems and psychiatric symptoms that go along<br />

with severe and moderately severe dementia and which pose a great challenge and<br />

a considerable burden for both, the person affected as well as the care-givers and<br />

room-mates.<br />

The high proportion of demented residents, combined with the shrinking number of<br />

non-demented residents, leads to frequent conflict situations, also in the nursing ho-<br />

me for elderly in Götzis. Against this background suitable care concepts are analysed<br />

in this master thesis. It centers around the question which concepts of living could<br />

stand the challenges mentioned. Furthermore, it illustrates the effects that different<br />

concepts can have on demented and non-demented residents as well as on the nur-<br />

sing staff.<br />

The different chapters contain basic knowledge of dementia as such, of the challen-<br />

ging behaviour associated with it and of the various care concepts. Based on the<br />

evaluation-study „Besondere stationäre Dementenbetreuung“ from Hamburg, the<br />

pros and cons of various concepts are analysed.<br />

The study shows that there are assets and drawbacks with every care concept. Mo-<br />

reover, it proves that when it comes to severe and moderately severe dementia, spe-<br />

cial care approaches outmatch traditional approaches by far, due to an individually<br />

adapted environment. Based on the results of this research and on an As Is/To Be-<br />

Analysis conducted in Chapter five for the home area „Zwurms1“, a partly integrated<br />

care concept can be introduced in Götzis by the aid of an accompanying project plan.


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis ................................................................................................ 1<br />

Abbildungsverzeichnis ........................................................................................ 2<br />

Tabellenverzeichnis ............................................................................................. 1<br />

Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................... 1<br />

1 Einleitung........................................................................................................ 2<br />

1.1 Problemstellung....................................................................................... 2<br />

1.2 Zielsetzung der Arbeit.............................................................................. 2<br />

1.3 Vorgehensweise ...................................................................................... 3<br />

2 Grundlagen der Demenz................................................................................ 6<br />

2.1 Epidemiologie.......................................................................................... 7<br />

2.2 Demenzformen und Verlauf..................................................................... 8<br />

2.2.1 Primäre und sekundäre Demenzen .............................................. 8<br />

2.2.2 Verlauf in drei Stadien................................................................. 11<br />

2.3 Symptome und Diagnostik..................................................................... 14<br />

2.3.1 Symptome der Demenz .............................................................. 14<br />

2.3.2 Diagnostik der Demenz............................................................... 17<br />

2.4 Therapien .............................................................................................. 19<br />

2.4.1 Nicht medikamentöse Therapie .................................................. 20<br />

2.4.2 Medikamentöse Therapie............................................................ 21<br />

3 Herausforderndes Verhalten bei Demenz.................................................. 23<br />

3.1 Begriffserklärung und Klassifizierung .................................................... 23<br />

3.2 Spezifische Verhaltensweisen bei Demenz........................................... 27<br />

3.3 Ursachen für herausforderndes Verhalten............................................. 29<br />

3.4 Erfassung von Verhaltensstörungen...................................................... 31<br />

3.5 Auswirkungen von herausforderndem Verhalten................................... 32<br />

3.5.1 Das Erleben der Betroffenen selbst ............................................ 33<br />

3.5.2 Das Erleben der MitbewohnerInnen............................................ 34<br />

3.5.3 Das Erleben der Pflegepersonen ................................................ 34<br />

4 Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz ................................. 35


4.1 Integrative Wohnformen ........................................................................ 36<br />

4.2 Teilintegrative Wohnformen................................................................... 38<br />

4.3 Segregative Wohnformen...................................................................... 39<br />

4.4 Studie zur Dementenbetreuung in Hamburg ......................................... 45<br />

5 Aufbau eines speziellen Versorgungskonzeptes im Pflegeheim Götzis. 55<br />

5.1 Ausgangslage........................................................................................ 55<br />

5.2 Probleme durch herausfordernde Verhaltensweisen............................. 56<br />

5.3 Ziele und Grundsätze ............................................................................ 71<br />

5.4 Konzeptionelle Grundsatzentscheidung ................................................ 72<br />

5.5 Vom IST-Zustand zum SOLL-Zustand .................................................. 73<br />

6 Fazit und Überlegungen zum weiteren Vorgehen ..................................... 76<br />

7 Literaturverzeichnis..................................................................................... 77<br />

8 Anhang.......................................................................................................... 85<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: Entwicklung Prävalenz und Inzidenz in Österreich von 2000 – 2050 8<br />

Abbildung 2: Hauptursachen der primären Demenzen........................................... 9<br />

Abbildung 3: Stresssymptome.............................................................................. 32<br />

Abbildung 4: Mini-Mental Status und Uhrentest ................................................... 87


Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: Verlaufsstadien bei Demenz................................................................ 13<br />

Tabelle 2: Psychologische und verhaltensbezogene Symptome IPA 1998.......... 24<br />

Tabelle 3: BPSD (International Psychogeriatric Association [IPA] 1998) ............. 25<br />

Tabelle 4: Kategorisierung von Agitation nach Cohen-Mansfield (1996).............. 26<br />

Tabelle 5: Gründe für die Entstehung von herausforderndem Verhalten ............. 31<br />

Tabelle 6: Übersicht über stationäre Versorgungsangebote für demenziell<br />

Erkrankte.............................................................................................................. 45<br />

Tabelle 7Rahmenbedingungen für die besonere stationäre Dementenbetreuung 49<br />

Tabelle 8: Vorteile teilintegrative und segregative Versorgung............................. 52<br />

Tabelle 9: Einschätzungsbogen zur Erfassung der Demenz................................ 58


Abkürzungsverzeichnis<br />

APA American Psychiatric Association<br />

Aufl. Auflage<br />

BMASK Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz<br />

BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren und Jugend<br />

BMSK Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz<br />

BMG Bundesministerium für Gesundheit<br />

BSF Behörde für Soziales und Familie<br />

bzw. beziehungsweise<br />

CT Computertomographie<br />

CMAI Cohen-Mansfield Agitation Inventory<br />

etc. et cetera<br />

d.h. das heißt<br />

DIMDI Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information<br />

DSM Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders<br />

GDS Global Deterioration Scale<br />

HDG Haus der Generationen<br />

Hg. Herausgeber<br />

ICD International Classification of Diseases<br />

IPA International Psychogeriatric Association<br />

MA Mitarbeiter<br />

MRT Magnetresonanztherapie<br />

NDB Need-Driven Dementia-Compromised Behavior<br />

o.D. ohne Datum<br />

o.V. ohne Verfasser<br />

S. Seite<br />

überarb. überarbeitet<br />

v.a. vor allem<br />

vgl. vergleiche<br />

WHO Weltgesundheitsorganisation<br />

z.B. zum Beispiel<br />

zit. n. zitiert nach


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim 1 Einleitung<br />

1 Einleitung<br />

1.1 Problemstellung<br />

Die demografische Entwicklung zeigt, dass die Menschen immer älter werden und<br />

da<strong>mit</strong> auch die Anzahl der Demenzerkrankten rasant ansteigt. Laut Angaben des<br />

Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) wird<br />

davon ausgegangen, dass österreichweit etwa ein Drittel der Hochaltrigen an De-<br />

menz erkranken. Bis zum Jahr 2050 wird insgesamt <strong>mit</strong> 233.800 demenziell er-<br />

krankten Menschen gerechnet (vgl. BMSK 2008, 8). Auch im Pflegeheim der Ge-<br />

meinde Götzis in Vorarlberg, macht sich der demografische Wandel stark bemerk-<br />

bar, denn der Anteil an demenziell erkrankten BewohnerInnen ist inzwischen auf<br />

80% angewachsen. In Götzis weist die Langzeitpflege einen integrativen Charak-<br />

ter auf, das heißt, Menschen <strong>mit</strong> und ohne Demenz werden gemeinsam in einer<br />

Wohngruppe betreut (vgl. Reggentin 2006, 34f.). Das herausfordernde Verhalten<br />

der demenziell Erkrankten, das sich vor allem darin zeigt, dass sie ruhelos her-<br />

umwandern, in Räume anderer BewohnerInnen eindringen, fremde Gegenstände<br />

verstecken oder ständig rufen, führt oft zu Auseinandersetzungen zwischen den<br />

BewohnerInnen (vgl. Messer 2009, 20). Dies lässt die bisherige Wohnform an ihre<br />

Grenzen stoßen und stellt so die altbewährte Wohngruppenform, in Frage (vgl.<br />

Bischof 2006, 35).<br />

1.2 Zielsetzung der Arbeit<br />

Aus der davor beschriebenen Problemstellung, lassen sich folgende Fragen ablei-<br />

ten:<br />

o Welche Versorgungskonzepte finden sich in der Literatur?<br />

o Wie wirkt sich das jeweilige Versorgungskonzept auf das Verhalten der Be-<br />

wohnerInnen aus?<br />

o Welche Wohnform lässt sich aus relevanten Rechercheergebnissen als ge-<br />

eignete für das Haus der Generationen in Götzis ableiten?<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 2


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim 1 Einleitung<br />

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, <strong>mit</strong> den gewonnenen Informationen ein geeig-<br />

netes Versorgungskonzept zu finden, das sowohl für BewohnerInnen <strong>mit</strong> und ohne<br />

Demenz, als auch für die Pflegenden eine Optimierung der gegenwärtigen Wohn-<br />

situation darstellt.<br />

1.3 Vorgehensweise<br />

Zur Beantwortung der Forschungsfragen dieser Arbeit wird die Methode der Lite-<br />

raturarbeit gewählt. Dieses Vorgehen bietet die Möglichkeit, durch eine systemati-<br />

sche Recherche relevante Ergebnisse aus Fachbüchern, Fachzeitschriften und<br />

elektronischen Datenbanken zusammenzutragen und die daraus gewonnen Er-<br />

kenntnisse darzustellen.<br />

Eine gezielte Suche nach medizinischer Fachliteratur erfolgte über das Suchportal<br />

MEDPILOT. Zudem wurde ein Zugang zu kostenlosen Broschüren über das Bun-<br />

desministerium für Gesundheit unter www.bmg.bund.de genützt. Die Literaturbe-<br />

schaffung erfolgte sowohl über den Buchhandel als auch über Bibliotheken (vor-<br />

wiegend über die Vorarlberger Landesbibliothek in Bregenz) <strong>mit</strong> einer gezielten<br />

Handsuche sowie einer Suche im Online-Katalog. Ergänzt wurde die Literaturre-<br />

cherche durch eine Internetsuche bei Google Scholar und Google Books. Bei den<br />

er<strong>mit</strong>telten Treffern wurde durch ein Schneeball-Verfahren nach weiterer relevan-<br />

ter Literatur gesucht. Bei der systematischen Literaturrecherche zum Thema<br />

Wohnalternativen im Pflegeheim fand keine zeitliche Eingrenzung statt. Schließ-<br />

lich wurden <strong>mit</strong> Hilfe des Übersetzungsprogrammes LEO.org<br />

(http://www.dict.cc/?s=Leo) für die Arbeit relevante Begriffe ins Englische<br />

übersetzt und anhand des Nachschlagwerkes Oxford English Dictionary<br />

überprüft.<br />

Die elektronische Datenbankrecherche wurde im November 2011 vom Deutschen<br />

Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) in folgenden ei-<br />

genen Datenbanken von DIMDI vorgenommen:<br />

o DAHTA Datenbank<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 3


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim 1 Einleitung<br />

o Deutsches Ärzteblatt<br />

o Springer Verlagsdatenbank<br />

o Thieme Verlagsdatenbank<br />

Eine weitere Literaturanalyse erfolgte durch die Fachdatenbanken<br />

o MEDLINE (größte medizinische Datenbank),<br />

o PubMed und<br />

o Gerolit (Gerontologie und Altenarbeit).<br />

Folgende Schlüsselwörter wurden gewählt: Demenz or dementia, integrativ and<br />

segregativ, herausforderndes Verhalten or Verhaltensauffälligkeiten and Demenz,<br />

Wohnalternativen and Demenz, nursing home and dementia. Die Schlüsselwörter<br />

wurden einzeln und in Verknüpfungen verwendet. Im Anschluss daran wurde ein<br />

Titel- und Abstractscreening durchgeführt. Die ausgewählten Arbeiten wurden<br />

teilweise übersetzt, zusammengefasst und in Abbildungen oder Tabellen darge-<br />

stellt.<br />

Die Arbeit ist in fünf Kapitel unterteilt. Ausgangslage im ersten Kapitel sind die<br />

demografischen und sozialen Entwicklungen, die eine bedürfnisangepasste Ver-<br />

sorgung in den Pflegeheimen dringend erforderlich machen.<br />

Im zweiten Kapitel werden die Grundlagen der Demenzerkrankung beschrieben,<br />

die eine Voraussetzung für die weitere Arbeit darstellen.<br />

Das dritte Kapitel beinhaltet das Thema herausforderndes Verhalten von Men-<br />

schen <strong>mit</strong> Demenz und die zugrunde liegende Problematik.<br />

Im daran anschließenden vierten Kapitel werden die Möglichkeiten der verschie-<br />

denen Versorgungskonzepte für demenerkrankte BewohnerInnen im Pflegeheim<br />

aufgezeigt.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 4


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim 1 Einleitung<br />

Im fünften Kapitel erfolgt die Vorstellung der eigenen Einrichtung, in der anhand<br />

einer IST-SOLL Analyse eine geeignete Wohnform für den Wohnbereich Zwurms1<br />

abgeleitet werden soll.<br />

Das sechste Kapitel beinhaltet eine Zusammenfassung der wesentlichen Aussa-<br />

gen und Ergebnisse.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 5


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

2 Grundlagen der Demenz<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Der Begriff Demenz leitet sich vom lateinischen Dementia ab und wird wörtlich <strong>mit</strong><br />

„ohne Geist“ übersetzt (vgl. Messer 2009, 14). Unter Demenz wird ein Sympto-<br />

menkomplex verstanden, der vor allem <strong>mit</strong> Störungen der Gedächtnisleistung ein-<br />

hergeht und einschneidende Veränderungen der Persönlichkeit verursacht (vgl.<br />

Gatterer & Croy 2005, 10). Das breit gefächerte Krankheitsbild zeigt unterschiedli-<br />

che Verlaufsstadien und kann bis zu 100 verschiedene Ursachen haben (vgl.<br />

Gerstner 2008, 12). Gegenwärtig stellt die Alzheimer Demenz die größte Gruppe<br />

der Demenzformen dar (vgl. Halek & Bartholomeyczik 2006, 21).<br />

Die gebräuchlichste Definition, nach der sich Demenzdiagnosen richten, ist die<br />

von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellte Internationale Klassifikation<br />

der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, die aus dem Englischen:<br />

International Classification of Deseases (ICD) abgeleitet ist (vgl. Reggentin &<br />

Dettbarn-Reggentin 2006, 18). Auf die Definition von Demenz in der <strong>aktuell</strong>en<br />

Version ICD-10, soll nun genauer eingegangen werden (vgl. Gerrig & Zimbardo,<br />

2008, 553).<br />

Laut ICD-10 ist Demenz „ein Syndrom als Folge einer meist chronischen oder fort-<br />

schreitenden Krankheit des Gehirns <strong>mit</strong> Störung vieler höherer kortikaler Funktio-<br />

nen, einschließlich Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen,<br />

Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen. Das Bewusstsein ist nicht getrübt.<br />

Die kognitiven Beeinträchtigungen werden gewöhnlich von Veränderungen der<br />

emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens oder der Motivation begleitet, gele-<br />

gentlich treten diese auch eher auf“. (Messer 2009, 15)<br />

Für eine endgültige Diagnosestellung gemäß der ICD-10, müssen demenzielle<br />

Symptome seit mindestens sechs Monaten vorhanden sein (vgl. Reggentin &<br />

Dettbarn-Reggentin 2006, 21). Der Demenzverlauf wird in drei Stadien – leichte,<br />

<strong>mit</strong>telschwere und schwere Demenz – eingeteilt (vgl. Reggentin & Dettbarn-<br />

Reggentin 2006, 21).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 6


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Die folgenden Punkte geben einen kurzen Überblick über die charakteristischen<br />

Merkmale einer Demenz nach der ICD-10 Definition:<br />

Demenzdefinition nach ICD-10<br />

o Gedächtnisstörung<br />

o Abbau des Denkvermögens<br />

o Veränderungen der Persönlichkeit<br />

o Beeinträchtigung der Selbstständig-<br />

keit im Alltag<br />

o ohne Bewusstseinsstörung<br />

o Dauer der Symptomatik > 6 Monate<br />

2.1 Epidemiologie<br />

Die Epidemiologie beschäftigt sich <strong>mit</strong> der Häufigkeit und den Ursachen von<br />

Krankheiten in Bevölkerungsgruppen (vgl. Koletzko 2007, 608). Demenz ist die am<br />

häufigsten vorkommende psychische Erkrankung im Alter, wobei die Alzheimer<br />

Demenz <strong>mit</strong> einem Anteil von 60% bis 80% die größte Gruppe darstellt, gefolgt<br />

von der gefäßbedingten (vaskulären) Demenz <strong>mit</strong> 10% bis 25% (vgl. BMSK 2008,<br />

8). Hauptursache für die steigende Demenz, ist die immer älter werdende Bevöl-<br />

kerung (vgl. Schmidtke 2006, 5). „Wir können oder müssen sogar <strong>mit</strong> hoher Wahr-<br />

scheinlichkeit da<strong>mit</strong> rechnen, dement zu werden, wenn wir nur alt genug werden“,<br />

lautet dazu die aussagekräftige Botschaft von Prof. Dr. Burkhard (2011). Gleich-<br />

zeitig <strong>mit</strong> der Erhöhung des Lebensalters, ist ein steiler Anstieg von Prävalenz<br />

(Erkrankungsrate) und Inzidenz (Neuerkrankungsrate) festzustellen (vgl. BMSK<br />

2008, 8). Gab es im Jahr 2000 in Österreich noch rund 90.500 demenziell Er-<br />

krankte, wird im Jahr 2050 <strong>mit</strong> etwa 233.800 Betroffenen gerechnet (vgl. BMSK<br />

2008, 8). Es wird prognostiziert, dass der jährliche Zuwachs an Neuerkrankungen<br />

von 23.600 auf 59.500 ansteigen wird, was einer Verdoppelung der an Demenz<br />

erkrankten Menschen gleichkommen würde (vgl. BMSK 2008, 8). Die nachfolgen-<br />

de Abbildung 1 veranschaulicht den massiven Anstieg von Prävalenz und Inzidenz<br />

<strong>mit</strong> zunehmendem Alter:<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 7


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Abbildung 1: Entwicklung Prävalenz und Inzidenz in Österreich von 2000 – 2050<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

2.2 Demenzformen und Verlauf<br />

Das Demenzsyndrom umfasst eine Reihe von Krankheitsbildern <strong>mit</strong> verschiede-<br />

nen Ursachen und unterschiedlichen Verläufen. Überblicksmäßig lassen sich De-<br />

menzen in primäre und sekundäre Demenzen einteilen. Während primäre Demen-<br />

zen 80% bis 90% aller Demenzarten ausmachen, liegt das Auftreten von sekundä-<br />

ren Demenzen bei 10% bis 20% (vgl. Lind 2007, 37).<br />

2.2.1 Primäre und sekundäre Demenzen<br />

Primäre Demenzen<br />

Primäre Demenzen entstehen durch eine direkte Schädigung des Gehirns und<br />

lassen sich in degenerative (fortschreitende) und nichtdegenerative (nichtfort-<br />

schreitende) Demenzerkrankungen gliedern (vgl. Kastner & Löbach 2010, 29).<br />

Ausschlaggebend dafür ist, ob der Gehirnabbau weiter voranschreitet, oder ob<br />

eine einmalige Schädigung des Gehirns vorliegt (vgl. Kastner & Löbach 2010,<br />

29f.).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 8


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Degenerative Demenzen sind irreversibel, das heißt nicht heilbar, sie lassen sich<br />

bestenfalls hinauszögern. Als Ursachen gelten (siehe Abbildung 2):<br />

o Alzheimer Demenz<br />

o Vaskuläre Demenz (Multi-Infarkt-Demenz)<br />

o Frontotemporale Demenz<br />

o Mischformen von Alzheimer Demenz und vaskulärer Demenz<br />

o Lewy-Körperchen Demenz<br />

In Abbildung 2 werden die häufigsten Ätiologien demenzieller Erkrankungen dar-<br />

gestellt:<br />

15%<br />

10%<br />

15%<br />

5%<br />

55% - 70%<br />

Abbildung 2: Hauptursachen der primären Demenzen<br />

Alzheimer Demenz<br />

Vaskuläre Demenzen<br />

Frontotemporale Demenz<br />

Mischformen<br />

Lewy-Körperchen Demenz<br />

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an LMU Klinikum Campus Innenstadt o.D.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 9


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Nichtdegenerative Demenzen sind teilweise heilbar, zumindest ist eine Verbesse-<br />

rung des Schweregrades möglich. Zu ihnen zählen:<br />

o Hirntumor<br />

o Schädel-Hirn-Trauma<br />

o Hydrozephalus<br />

o Gefäßentzündungen<br />

Sekundäre Demenzen<br />

Sekundäre Demenzen sind Folgeerscheinungen von Erkrankungen die außerhalb<br />

des Gehirns liegen und zum Teil behandelbar sind (vgl. Reggentin & Dettbarn-<br />

Reggentin 2006, 19). Durch eine erfolgreiche Therapie, kann es sogar zur Rück-<br />

bildung der Demenzsymptomatik kommen (vgl. Füsgen 2001, 38). Mögliche Ursa-<br />

chen für sekundäre Demenzen sind:<br />

o Medikamentös bedingte Demenzen<br />

o Alkoholdemenzen<br />

o Stoffwechselbedingte Demenzformen<br />

Differentialdiagnosen der Demenz<br />

Zur Abklärung einer primären Demenz sind neben sekundären Demenzen folgen-<br />

de Differentialdiagnosen auszuschließen, da diese behandelbar sind, bezie-<br />

hungsweise eine deutlich bessere Prognose aufweisen (vgl. Kastner & Löbach<br />

2010, 29f.):<br />

o Leichte kognitive Störung<br />

o Demenzsyndrom bei Depressionen (Pseudodemenz)<br />

o Akuter Verwirrtheitszustand (Delir)<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 10


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

2.2.2 Verlauf in drei Stadien<br />

Er wurde alt und vergaß was ist<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Er wurde alt und wusste nur noch was früher gewesen<br />

Er wurde alt und vergaß was früher gewesen<br />

Er wurde alt und vergaß vorgestern sich selbst<br />

Er wurde jung, jetzt da er auch das vergessen [sic!] vergaß.<br />

(Kurt Marit)<br />

Das vorangegangene Gedicht gibt einen ersten einprägsamen Einblick in die<br />

nachfolgenden Verlaufsstadien einer Demenz, bei der es in der dritten Phase zum<br />

Gedächtniszerfall kommt.<br />

Der Demenzverlauf wird in drei Stadien eingeteilt. Die Symptome treten bei jedem<br />

Menschen individuell auf (vgl. Kastner & Löbach 2010, 24). Oftmals gelten eine<br />

schwere Depression und beziehungsweise eine leichte kognitive Störung als Vor-<br />

läufer für eine demenzielle Entwicklung (vgl. Grond 2009, 48). Da Menschen <strong>mit</strong><br />

Demenz ihre Wünsche und Beschwerden nur schwer ausdrücken können, ist es<br />

wichtig zu beurteilen, in welchem Stadium sie sich gerade befinden (vgl. Lind<br />

2007, 35). Die verschiedenen Stadien der Demenz und ihre Merkmale orientieren<br />

sich an einer Einteilung nach Kurz (1995, 36f.):<br />

o Leichte Demenz (Vergessensstadium)<br />

o Gedächtnis: Vergesslichkeit steht im Vordergrund<br />

o Lebensführung: Lebensführung noch weitgehend selbstständig möglich<br />

o Sprache: Wortfindungsstörungen treten auf<br />

o Verhalten: Betroffene erleben sich als verändert, reagieren depressiv und<br />

<strong>mit</strong> Ausreden<br />

o Körperliche Befunde: körperlicher Befund ist unauffällig<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 11


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

o Mittelschwere Demenz (Verwirrtheitsstadium)<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

o Gedächtnis: Hochgradige Vergesslichkeit macht sich bemerkbar<br />

o Lebensführung: Selbstständige Lebensführung ist bereits stark einge-<br />

schränkt, die betroffenen Menschen sind im täglichen Leben deutlich auf<br />

Hilfe angewiesen<br />

o Sprache: Zunehmender Sprachzerfall, es kommen immer wieder dieselben<br />

Geschichten und Fragen<br />

o Verhalten: Vermehrt Angstzustände, Wahnphänomene, Unruhe und Ag-<br />

gressivität treten in den Vordergrund<br />

o Körperliche Befunde: Harninkontinenz und Verstopfung treten auf<br />

o Schwere Demenz (Hilflosigkeitsstadium)<br />

o Gedächtnis: Nun ist auch das Langzeitgedächtnis betroffen, die bekannte<br />

Umgebung und vertraute Personen werden nicht mehr erkannt<br />

o Lebensführung: Vollkommene Hilflosigkeit, Betroffene sind gänzlich auf Un-<br />

terstützung angewiesen<br />

o Sprache: Die Sprachfähigkeit geht immer mehr verloren<br />

o Verhalten: Ständige Unruhe wechselt <strong>mit</strong> Teilnahmslosigkeit (Apathie) ab,<br />

es kommt zu Schreien und Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus<br />

o Körperliche Befunde: Parkinsonähnliche Motorik tritt auf, ebenso Harn- und<br />

Stuhlinkontinenz; es kommt zu Schluckstörungen; letztendlich erfolgt durch<br />

das Schwinden der körperlichen Kräfte Bettlägerigkeit, verbunden <strong>mit</strong> einer<br />

erhöhten Infektionsgefahr (beispielsweise Lungenentzündung) (vgl. BMSK<br />

2008, 6).<br />

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Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Die folgende Tabelle 1 gibt einen Überblick über die drei Verlaufsstadien einer<br />

Demenz:<br />

Verlauf Leichte Demenz<br />

Pflege-Ort zu Hause<br />

Gedächtnis vergesslich<br />

Lebensführung<br />

weitgehend selbst-<br />

ständig<br />

Mittelschwere<br />

Demenz<br />

Sozialstation, Ta-<br />

gespflege<br />

hochgradige Ver-<br />

gesslichkeit<br />

eingeschränkt<br />

Schwere Demenz<br />

Heim (zu 70%)<br />

auch Langzeitge-<br />

dächtnis betroffen<br />

hilflos, total abhän-<br />

Entspricht dem Erwachsenenalter Schulkindalter Säuglingsalter<br />

Sprache Wortfindungsstörungen<br />

Verhalten reizbar, depressiv<br />

Körperliche<br />

Befunde<br />

unauffällig<br />

Sprachzerfall, er-<br />

zählt/fragtdassel- Karl-Franzens-Universität Graz 13<br />

be<br />

Angst, Wahn, Un-<br />

ruhe, Aggressivität<br />

Harninkontinenz,<br />

Verstopfung<br />

gig<br />

Sprachverlust<br />

Unruhe, Apathie,<br />

Schreien<br />

Harn- und Stuhlin-<br />

kontinenz,<br />

Hilfen Begleitung Versorgung Pflege<br />

Zugang rational<br />

Tabelle 1: Verlaufsstadien bei Demenz<br />

rational und emo-<br />

tional<br />

Quelle: in Anlehnung an Universität Witten/Herdecke 2007, [online].<br />

Schluckstörungen<br />

emotional


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

2.3 Symptome und Diagnostik<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Für die Diagnosestellung einer Demenzerkrankung ist eine genaue Beschreibung<br />

der Symptome erforderlich, auf die im Folgenden eingegangen werden soll (vgl.<br />

Kastner & Löbach 2010, 10).<br />

2.3.1 Symptome der Demenz<br />

Demenz ist ein Symptomenkomplex, bei dem es zu Störungen der kognitiven Leis-<br />

tungsfähigkeit, der Psyche, sowie des Verhaltens und der körperlichen Funktionen<br />

kommen kann.<br />

Nach Kastner & Löbach (2010, 10) werden Demenzsymptome folgenerdermaßen<br />

eingeteilt:<br />

o Kognitive Symptome<br />

o Psychische Symptome und Verhaltensveränderungen (Behavioural and<br />

Psychological Symptoms of Dementia )<br />

o Psychische Symptome<br />

o Verhaltensveränderungen (herausforderndes Verhalten)<br />

o Körperliche Symptome<br />

Kognitive Symptome<br />

Hauptmerkmal aller Demenzerkrankungen sind Gedächtnisstörungen (vgl. Kastner<br />

& Löbach 2010, 10). Anfangs stehen Kurzzeit- oder Merkstörungen im Vorder-<br />

grund, später folgen Langzeit- oder Erinnerungsstörungen (vgl. Grond 2009, 20).<br />

Zu den kognitiven Symptomen gehören laut Grond (2009, 20) folgende sechs<br />

Denk-Ausfälle:<br />

o Amnesie (Gedächtnisstörungen)<br />

o Aphasie (Wortfindungsstörungen)<br />

o Apraxie (Handlungsunfähigkeit)<br />

o Agnosie (Störung des Erkennens)<br />

o Abstraktions- (Rechnen-) und<br />

o Assessmentstörung (Urteilsstörung)<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 14


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Charakteristisch für alle Demenzen ist, dass sich gleichzeitig <strong>mit</strong> fortschreitender<br />

Erkrankung auch die kognitiven Symptome verschlechtern (vgl. Kastner & Löbach<br />

2010, 10).<br />

Psychische Störungen und Verhaltensveränderungen (Behavioural and Psy-<br />

chological Symptoms of Dementia)<br />

Innerhalb des Krankheitsverlaufs treten neben der kognitiven Symptomatik, nicht<br />

kognitive Symptome auf, zu denen psychische Störungen und Verhaltensverände-<br />

rungen zählen (vgl. Kastner & Löbach 2010, 13). Der nicht kognitive Symptomen-<br />

komplex ist für die Therapie und Betreuung enorm wichtig und wird als Behaviou-<br />

ral and Psychological Symptoms of Dementia (BPSD) bezeichnet (zu Deutsch:<br />

verhaltensbezogene und psychologische Symptome der Demenz) (vgl. Kastner &<br />

Löbach 2010, 13). In der Pflegewissenschaft hat sich schlussendlich aus einer<br />

Reihe von Begriffen die Bezeichnung „Herausforderndes Verhalten“ durchgesetzt<br />

(vgl. Kastner & Löbach 2010, 13). BPSD finden sich bei bis zu 92% der an De-<br />

menz erkrankten Menschen, wobei die Angaben über die Verteilung sehr unter-<br />

schiedlich sind (vgl. Grond 2005, 24). Psychische Störungen und Verhaltensver-<br />

änderungen werden von den Betreuenden als weitaus größere Belastung emp-<br />

funden, als das Auftreten kognitiver Symptome (vgl. Rodda, Boyce, Walker 2008,<br />

28).<br />

Psychische Symptome<br />

Für Kastner & Löbach (2010, 14f.) treten folgende psychischen Demenzsymptome<br />

gehäuft in Erscheinung:<br />

o Angst<br />

o Depressivität<br />

o Verkennungen und Halluzinationen<br />

o Frustrationen<br />

Im Gegensatz zu kognitiven Symptomen geht ein Fortschreiten der Erkrankung<br />

nicht immer <strong>mit</strong> einer Verschlechterung der psychischen Symptome einher, da<br />

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Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

sich diese zwischendurch wieder zurückbilden können (vgl. Kastner & Löbach<br />

2010, 13).<br />

Verhaltensveränderungen (herausforderndes Verhalten)<br />

Verhaltensveränderungen demenziell erkrankter Menschen, stellen eine hohe Be-<br />

lastung für die Betroffenen und ihr soziales Umfeld dar (vgl. Halek & Bartholo-<br />

meyczik 2006, 9). Eine wichtige Rolle spielt die Reaktion der Betreuenden, die<br />

sich positiv auswirken kann, jedoch auch eine negative Verstärkung der Verhal-<br />

tensweisen hervorrufen kann. Für Grond (2005, 24f.) stehen folgende Verhaltens-<br />

veränderungen im Vordergrund:<br />

o Unruhe<br />

o Weglaufen<br />

o Schreien<br />

o Aggressionen<br />

o Schlafstörungen<br />

o Antriebbsstörungen<br />

Es ist zu beobachten, dass die Häufigkeit der Verhaltensauffälligkeiten <strong>mit</strong> dem<br />

Schweregrad der Demenz steigt (vgl. Kastner & Löbach 2010, 13).<br />

Körperliche Symptome<br />

Körperliche Symptome zeigen sich je nach Art der Demenz, im Stadium der leich-<br />

ten, beziehungsweise schweren Demenz. Nach Kastner & Löbach (2010, 19f.)<br />

kommt es dabei zu<br />

o Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus – Schlafstörungen,<br />

o Mobilitätseinschränkungen,<br />

o Schmerzen und Sensibilitätsstörungen,<br />

o Harninkontinenz und<br />

o Schluck- und Essstörungen.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 16


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Das Auftreten körperlicher Symptome ist neben Aggressivität und starker Unruhe<br />

die Hauptursache für eine Aufnahme in ein Pflegeheim (vgl. Kastner & Löbach<br />

2010, 19).<br />

2.3.2 Diagnostik der Demenz<br />

Eine frühe Diagnosestellung verbunden <strong>mit</strong> einem raschen Therapiebeginn, kann<br />

die Prognose einer Demenz deutlich verbessern und hilft sowohl Betroffenen als<br />

auch Betreuenden, sich rechtzeitig auf kommende Veränderungen einzustellen<br />

(vgl. BMSK 2008, 7). Eine sorgfältige Diagnostik ermöglicht zudem den Aus-<br />

schluss von Symptomen des normalen Alterns beziehungsweise von behandelba-<br />

ren Krankheiten (vgl. BMSK 2008, 6f.). Die Erstellung einer Demenzdiagnose ist<br />

eine multiprofessionelle Aufgabe und beinhaltet laut Stoppe (2006, 57) folgende<br />

Verfahren:<br />

o Eigen- und Fremdanamnese<br />

o Körperliche und psychopathologische Untersuchungen<br />

o Screeningverfahren<br />

o Neuropsychologische Untersuchungen<br />

o Laboruntersuchungen<br />

o Bildgebende Verfahren<br />

Eigen- und Fremdanamnese<br />

Eine Anamnese bildet die Grundlage jeder Demenzdiagnostik, bei der Angaben<br />

von Angehörigen eine wichtige Rolle spielen, denn es oft vor, dass Betroffene ihre<br />

kognitiven Defizite verschweigen beziehungsweise verharmlosen, oder sie selbst<br />

nicht wahrnehmen (vgl. Schmidtke 2006, 32).<br />

Körperliche und psychopathologische Untersuchungen<br />

Körperliche Symptome wie Gangstörungen, Schluck- und Essstörungen, Inkonti-<br />

nenz oder ein gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus, müssen bereits in der Anamnese<br />

erhoben werden. Sowohl das Vorhandensein als auch das Fehlen können für die<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 17


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Diagnose sowie für die Feststellung des <strong>aktuell</strong>en Schweregrades von Bedeutung<br />

sein (vgl. Schmidtke 2006, 33f.).<br />

Psychopathologische Untersuchungen geben Aufschluss über psychiatrische Stö-<br />

rungen wie Wahn, Depressivität, Gedächtnisstörungen oder Störungen der Be-<br />

wusstseinslage (vgl. Stoppe 2006, 60).<br />

Screeningverfahren und Neuropsychologische Untersuchungen (Erweiterte<br />

Testpsychologie)<br />

Screening Tests sind Kurztests zur Erfassung kognitiver Leistungen (vgl. Stoppe<br />

2006, 61). Sie stellen ohne viel Aufwand eine große Hilfe sowohl für die Pflegen-<br />

den als auch die Ärzteschaft dar und sind gute Parameter für weitere, möglicher-<br />

weise aufwändige Untersuchungen (vgl. Stoppe 2006, 61).<br />

Der international am häufigsten eingesetzte Screening Test, ist der Mini-Mental-<br />

Status-Test (MMST) nach Folstein (vgl. Kastner & Löbach 2010, 47). Er spielt eine<br />

wichtige Rolle in der Verlaufskontrolle der Demenz und sollte halbjährlich wieder-<br />

holt werden (vgl. Kastner & Löbach 2010, 47). Ein weiterer einfacher und schnell<br />

durchführbarer Test zur Demenzerkennung, ist der Uhrentest (vgl. Kastner & Lö-<br />

bach (2010, 48). Die offiziellen Fragebogen für MMST und Uhrentest von der Spe-<br />

zialambulanz für Gedächtnisstörungen am AKH Wien sind im Anhang (siehe<br />

Anhang) ersichtlich.<br />

Neuropsychologische Untersuchungen erfassen <strong>mit</strong> Hilfe von standardisierten<br />

psychometrischen Tests gezielt die Leistungsfähigkeit kognitiver Funktionen wie<br />

beispielsweise Konzentration, Gedächtnis und Sprache (vgl. Theml & Jahn o.D.,<br />

zit. n. Förstl 2009, 265). Neuropsychologische Tests unterscheiden sich von den<br />

kürzeren Screeningtests durch eine höhere Testgüte, was ein Garant für reliablere<br />

(genauere) und validere (gültigere) Ergebnisse ist (vgl. Theml & Jahn o.D., zit. n.<br />

Förstl 2009, 265).<br />

Laboruntersuchungen<br />

Mit Hilfe von Laboruntersuchungen können primäre Demenzen ausgeschlossen<br />

und reversible sekundäre Demenzen aufgedeckt werden (vgl. Wallesch & Förstl<br />

2005, 139). Zur differentialdiagnostischen Routineuntersuchung gehören die<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 18


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Schilddrüsenparameter, <strong>mit</strong> deren Hilfe eine Hypothyreose festgestellt werden<br />

kann, die zu einer der wichtigsten reversiblen Demenzen zählt (vgl. Stoppe 2006,<br />

94f.).<br />

Liquoruntersuchungen sind nicht obligatorisch, sie werden jedoch beispielsweise<br />

bei Verdacht auf Entzündungen (HIV, Borreliose), bei metastasierenden Tumoren,<br />

oder bei einem Demenzbeginn vor dem 55. Lebensjahr durchgeführt (vgl. Füsgen<br />

2001, 75). Durch die Untersuchung des Liquors, lassen sich überdies spezielle<br />

Eiweiße nachweisen, die den Verdacht auf eine Alzheimer Demenz stützen kön-<br />

nen (vgl. Kastner & Löbach 2010, 63).<br />

Bildgebende Verfahren<br />

Zu den beiden wichtigsten bildgebenden Verfahren der Demenzdiagnostik gehö-<br />

ren die Computertomographie (CT) und die Magnetresonanztherapie (MRT) (vgl.<br />

Kastner & Löbach 2010, 62). Beide Methoden ermöglichen den Nachweis bezie-<br />

hungsweise Ausschluss von sekundären Demenzen (Raumforderungen wie Tu-<br />

more oder Blutungen, Durchblutungsstörungen oder Entzündungen), sowie die<br />

Feststellung typischer Atrophiekonstellationen, die Hinweise auf wichtige sympto-<br />

matische Demenzursachen liefern können (vgl. Schmidtke 2006, 64f.). Mit Hilfe<br />

der MRT ist eine feinere Darstellung der Hirnsubstanz möglich als <strong>mit</strong> einer CT, da<br />

sie eine höhere Sensitivität aufweist (vgl. Kastner & Löbach 2010, 62).<br />

2.4 Therapien<br />

Da primäre Demenzerkrankungen gegenwärtig nicht heilbar sind, steht eine Stabi-<br />

lisierung oder Verlangsamung der Progredienz sowie eine Verminderung der Be-<br />

gleitsymptome im Vordergrund (vgl. Kastner & Löbach (2010, 65). Eine exakte<br />

Demenzabklärung, verbunden <strong>mit</strong> einem Gesamtbehandlungskonzept, das sowohl<br />

medikamentöse als auch nicht medikamentöse Therapien enthält, kann laut Förstl<br />

(2009, 54) einen Demenzverlauf über drei Jahre hinauszögern. Nachfolgend wer-<br />

den die gebräuchlichsten nicht medikamentösen und medikamentösen Therapie-<br />

formen vorgestellt.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 19


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

2.4.1 Nicht medikamentöse Therapie<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Demenzerkrankte Menschen und ebenso ihr Umfeld, sind dermaßen unterschied-<br />

lich, dass es nicht möglich ist, Empfehlungen für eine bestimmte Therapie ab-<br />

zugeben (vgl. Kastner & Löbach 2010, 65). Dies erklärt auch, warum sich jede<br />

Behandlung an der Situation des Einzelnen orientieren muss (vgl. Kastner &<br />

Löbach 2010, 65). Die wichtigsten nicht medikamentösen Therapieansätze die laut<br />

Grond (1998, 43f.) zur Anwendung kommen, sind:<br />

o Psychotherapie<br />

o Soziotherapie<br />

o Milieutherapie<br />

o Somato- oder Körpertherapie<br />

Psychotherapie<br />

Psychotherapie für demenzerkrankte Menschen wird laut Kastner & Löbach (2010,<br />

67) den individuellen Bedürfnissen angepasst und enthält folgende Therapiebau-<br />

steine (vgl. Grond 2009, 71):<br />

Basisverhalten erfordert Wertschätzung und Geduld der Betreuenden, sowie einen<br />

validierenden Umgang (Verzicht auf Kritik und Richtigstellung, Eingehen auf die<br />

Verhaltensweise des demenzerkrankten Menschen) (vgl. Wallesch & Förstl 2005,<br />

169).<br />

Hirnleistungstraining (use it or lose it) ist oft <strong>mit</strong> Bewegungselementen verbunden<br />

und unterstützt sowohl die Demenzprävention als auch eine Verlangsamung des<br />

kognitiven Abbaus im Anfangsstadium (vgl. Grond 2009, 75f.).<br />

Realitätsorientierungstraining (ROT) ermöglicht, dass sich Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

im frühen Stadium dank Hinweisschildern und orientierendem Verhalten der Pfle-<br />

genden besser zurechtfinden.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 20


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Kreative Therapien wie Musiktherapie und Kunsttherapie rufen Erinnerungen<br />

wach, sprechen Sinne und Emotionen an und helfen Gefühle und Erleben auszu-<br />

drücken.<br />

Soziotherapie<br />

Soziotherapie ist ein wichtiger Baustein, um sich an die neue soziale Situation an-<br />

passen zu können (vgl. Kastner & Löbach 2010, 70). Für dieses Behandlungspro-<br />

gramm braucht es sowohl konstante Bezugspersonen, Information an Betroffene,<br />

Angehörige und Pflegende, als auch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit <strong>mit</strong><br />

anderen Berufsgruppen (vgl. Grond 2009, 78f.). Über soziale Aktivitäten sollen<br />

Kontakte zur Außenwelt und die Alltagsbewältigung gefördert, sowie herausfor-<br />

dernde Verhaltensweisen reduziert werden (vgl. Höwler, 2004, 326).<br />

Milieutherapie<br />

Mit Hilfe der Milieutherapie werden für demenziell erkrankte Menschen – unter<br />

Einbeziehung der Biografie – geeignete Rahmenbedingungen geschaffen (vgl.<br />

Krämer & Förstl 2008, 175). Dazu gehören ebenso konstante, einfühlsame und<br />

biografisch arbeitende Bezugspersonen, wie ein strukturierter Tagesablauf und<br />

eine gut überschaubare, orientierungserleichternde Umgebung (Wegmarkierung,<br />

Uhr, Ansprechen <strong>mit</strong> Namen, Familienfotos) <strong>mit</strong> Rückzugsmöglichkeiten (vgl.<br />

Grond 1998, 47).<br />

Somato- oder Körpertherapie<br />

Zu den körpertherapeutischen Therapien zählen Beschäftigungstherapien und<br />

Bewegungstherapien, die den Erhalt der Selbstständigkeit sowie die geistige und<br />

körperliche Aktivierung unterstützen (vgl. Grond 1998, 48).<br />

2.4.2 Medikamentöse Therapie<br />

Bevor Medikamente für eine Therapie eingesetzt werden, muss genau geprüft<br />

werden, ob keine behandelbaren Ursachen vorliegen (vgl. Schmidtke 2006, 233).<br />

Erfolgt eine Medikation, ist diese regelmäßig auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen,<br />

beziehungsweise, muss in Abständen festgestellt werden, ob ein Medikamenten-<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 21


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

bedarf noch nötig ist (vgl. Kastner & Löbach 2010, 78). Medikamentöse Therapien<br />

beinhalten folgende Gruppen:<br />

o Antidementiva<br />

o Psychopharmaka<br />

o Behandelbare Risikofaktoren (vgl. Kastner & Löbach 2010, 78f.)<br />

Antidementiva<br />

Antidementiva sind Psychopharmaka, die zielgerichtet zur Therapie von Demenz-<br />

erkrankungen eingesetzt werden, um das Fortschreiten der demenziellen Sym-<br />

ptome hinauszuzögern (vgl. Kastner & Löbach 2010, 75). Je frühzeitiger die<br />

Verabreichung von Antidementiva erfolgt, umso positiver sind die Auswirkungen<br />

auf Gedächtnisfunktion und Aufmerksamkeit (vgl. Grond 2000, 49). Antidementiva<br />

werden vor allem gegen Demenz vom Typ Alzheimer und bei vaskulären<br />

Demenzen eingesetzt (vgl. Grond 2000, 49).<br />

Psychopharmaka<br />

Psychopharmaka greifen gezielt in den Gehirnstoffwechsel ein und zeigen gene-<br />

rell eine symptomatische Wirkung (vgl. Kastner & Löbach, 75). Die in Klammern<br />

gestellten Psychopharmaka werden gegen folgende psychischen Symptome und<br />

Verhaltensveränderungen (herausforderndes Verhalten) verabreicht (vgl. Kastner<br />

& Löbach, 78):<br />

o schwere Aggressivität, Halluzinationen (Antipsychotika, Neuroleptika)<br />

o Depressivität (Antidepressiva)<br />

o Angst (Antidepressiva, Anxiolytika)<br />

o Unruhe (Antipsychotika, Antidepressiva, Antieptileptikum)<br />

o Schlafstörungen (Hypnotika, Antidepressiva, Neuroleptika)<br />

Behandelbare Risikofaktoren<br />

Oft treten vaskuläre Risikofaktoren wie die arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus<br />

oder Hypercholesterinämie auf, die ein erhöhtes Risiko für eine Demenz darstellen<br />

und behandelt gehören (vgl. Förstl et al. 2005, 70).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 22


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

3 Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

So einzigartig jeder Mensch ist, ist auch sein Demenzverlauf. Nicht jedes Verhal-<br />

ten muss bei allen Demenzerkrankten auftreten (Haberstroh et al. 2011, 78). Ge-<br />

wisse Verhaltensweisen wie Aggression, Davonlaufen und Rufen, kommen jedoch<br />

im Zuge einer demenziellen Entwicklung gehäuft vor und stellen sowohl für die<br />

Betreuenden als auch für das Umfeld eine große Herausforderung dar.<br />

Verhaltensauffälligkeiten sind nicht zuletzt auf unangepasste Reaktionen der Um-<br />

welt zurückzuführen, wie Christian Müller-Hergl dies <strong>mit</strong> folgendem Zitat verdeut-<br />

licht:<br />

„Demenz allein muss für die Menschen kein furchtbares Unglück sein, wenn Milieu<br />

und Beziehung stimmen und sich entsprechend dem Menschen anpassen (der<br />

dies selbst nicht mehr kann). Es gibt genügend Beispiele von Menschen, die der<br />

Demenz zum Trotz relativ glücklich gelebt haben“. (Müller-Hergl 2001, 79)<br />

3.1 Begriffserklärung und Klassifizierung<br />

In der deutschsprachigen Pflegeliteratur werden für gleichartige demenzielle Er-<br />

scheinungsbilder, nicht nur unterschiedliche Begriffe wie Verhaltensauffälligkeiten,<br />

Verhaltensstörungen, oder Verhaltensveränderungen verwendet, sondern es exis-<br />

tieren auch verschiedenartige Definitionen (vgl. Halek & Bartholomeyczik 2006,<br />

21f.).<br />

Definition und Beschreibung von herausforderndem Verhalten<br />

Der für Demenz charakteristische Symptomenkomplex, wird im englischsprachi-<br />

gen Raum unter anderen als inappropriate behaviour (unangemessenes Verhal-<br />

ten), disruptive behaviour (störendes Verhalten), oder challenging behaviour (ent-<br />

spricht dem deutschen Begriff des herausfordernden Verhaltens) bezeichnet (vgl.<br />

Halek & Bartholomeyczik 2006, 22).Während die Begriffe im Englischen einen in-<br />

trinsischen Ursprung des Verhaltens aufweisen – es wird angenommen dass die<br />

Demenzerkrankten gewissermaßen selbst die Auslöser sind – steht im deutsch-<br />

sprachigen Raum der Einfluss des Umfeldes im Vordergrund (vgl. Moniz-Cook<br />

1998 zit. n. Halek & Bartholomeyczik 2006, 22).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 23


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Der Ausdruck „Verhaltensstörungen“ wurde im Jahre 1996 – im Rahmen einer<br />

Konsensuskonferenz – von 660 Experten der International Psychogeriatric Asso-<br />

ciation (IPA) durch „behavioural and psychological symptoms of dementia (BSPD)<br />

– verhaltensbezogene und psychologische Symptome der Demenz“ – ersetzt.<br />

BSPD wird definiert als „Symptoms of disturbed perception, thought content, mood<br />

or behavior that frequently occur in patients with dementia.“ (Finkel, Costa e Silva,<br />

Cohen, Miller, Sartorius 1996, 7)<br />

Klassifizierung von Verhaltensformen<br />

Klassifikationssysteme dienen dazu, sich in der Vielfalt der möglichen Verhaltens-<br />

weisen zurechtzufinden (vgl. Höwler 2008, 20). BSPD kann beispielsweise je nach<br />

Ziel und Absicht strukturiert werden, während eine Kategorisierung der Symptome<br />

nach Psychopathologie, nach Funktion oder spezifischen Verhaltensformen erfol-<br />

gen kann (vgl. Halek & Bartholomeyczik 2006, 27). Der demenziell erkrankte<br />

Mensch darf jedoch nicht nur infolge einer Einteilung auf seine Symptome redu-<br />

ziert gesehen werden, sondern er muss <strong>mit</strong> all seinen Verhaltensbotschaften und<br />

Bedürfnissen wahrgenommen werden (vgl. Höwler 2008, 20). In den herkömmli-<br />

chen Klassifikationssystemen der Demenz, ICD-10 und DSM-IV, wird das Phäno-<br />

men herausforderndes Verhalten bzw. BPSD nicht eindeutig definiert, sondern<br />

nach unterschiedlichen psychologischen, medizinischen oder pflegerischen Ge-<br />

sichtspunkten eingeordnet (vgl. Höwler 2008, 20). Die nachfolgenden Tabellen 2,<br />

3 und 4 geben einen Überblick über jene Kategorisierungsmöglichkeiten, die in der<br />

Literatur häufig dargestellt werden (vgl. Halek & Bartholomeyczik 2006, 27).<br />

Verhaltensbezogene<br />

Symptome<br />

Psychologische<br />

Symptome<br />

Beobachtbare Symptome wie Aggressivität, Schreien, Unruhe, Agitation,<br />

Wandern, sexuelle Enthemmung, Horten (hoarding), Fluchen<br />

Aus Gesprächen <strong>mit</strong> BewohnerInnen und Angehörigen abgeleitete Sym-<br />

ptome wie Angst, depressive Verstimmung, Halluzinationen und Wahnvor-<br />

stellungen (delusion)<br />

Tabelle 2: Psychologische und verhaltensbezogene Symptome IPA 1998<br />

Quelle: in Anlehnung an Halek & Bartholomeyczik 2006, 27.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 24


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Gruppe I<br />

Am häufigsten, be-<br />

sonders belastend<br />

Gruppe II<br />

Durchschnittliche<br />

Häufigkeit und Be-<br />

lastung<br />

Gruppe III<br />

Selten, leichter zu<br />

bewältigen<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Psychologische Symptome Verhalten<br />

Wahnvorstellungen<br />

Halluzinationen<br />

Depressive Verstimmung<br />

Schlaflosigkeit<br />

Angst<br />

Fehldeutungen<br />

(misidentifications)<br />

Schreiten (pacing)<br />

Physische Aggression<br />

Wandern<br />

Unruhe (restlessness)<br />

Antriebslosigkeit<br />

Agitation<br />

Kulturell unangemessenes<br />

Verhalten<br />

Schreien<br />

Schreien<br />

Fluchen<br />

Wiederholtes Fragen<br />

Verfolgen (shadowing)<br />

Tabelle 3: BPSD (International Psychogeriatric Association [IPA] 1998)<br />

Quelle: Halek & Bartholomeyczik 2006, 28.<br />

Für die amerikanische Psychiaterin Jiska Cohen-Mansfield haben Agitiertheit be-<br />

ziehungsweise Agitation und herausforderndes Verhalten die gleiche Bedeutung.<br />

Folglich definiert sie den Begriff Agitierheit als „unangemessene verbale, sprachli-<br />

che oder motorische Aktivität, die nicht durch eindeutige Bedürfnisse oder Verwir-<br />

rung an sich erklärt werden kann“ und unterteilt diese in vier Kategorien, die in<br />

Tabelle 4 genauer ausgeführt werden (Cohen-Mansfield 1999, zit. n. Höwler 2008,<br />

19):<br />

o physisch aggressives Verhalten (zum Beispiel Schlagen)<br />

o physisch nicht aggressives Verhalten (z.B. zielloses Herumwandern)<br />

o verbal aggressives Verhalten (Schreien)<br />

o verbal nicht aggressives Verhalten (zum Beispiel Verweigerung)<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 25


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Kategorie Subkategorie<br />

Physisch nicht<br />

aggressives Ver-<br />

halten<br />

Verbal nicht ag-<br />

gressivesVerhal- ten<br />

Physisch aggres-<br />

sives Verhalten<br />

Verbal aggressives<br />

Verhalten<br />

Allgemeine Unruhe<br />

Repetetiver Manierismus (zum Beispiel<br />

das Schnippen oder Drehen der Finger<br />

oder komplexe Bewegungen <strong>mit</strong> dem<br />

ganzen Körper)<br />

Schreiten Versuch, einen anderen Ort zu<br />

erreichen<br />

Unpassender Umgang <strong>mit</strong> Gegenständen<br />

Unpassendes An-/Ausziehen<br />

Wiederholen von Sätzen<br />

Negativismus<br />

Nichts mögen<br />

Ständiges Anfordern von Aufmerksamkeit<br />

Verbale Rechthaberei (bosiness)<br />

Jammern/Wimmern<br />

Relevante und irrelevante Unterbrechun-<br />

gen<br />

Schlagen<br />

Stoßen<br />

Kratzen<br />

Angrapschen von Gegenständen und<br />

Menschen<br />

Treten und Beißen<br />

Schreien<br />

Fluchen<br />

Temperamentausbrüche<br />

Merkwürdige Geräusche<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Auftreten (Population in<br />

Altenheimen und Tages-<br />

zentren)<br />

Bei BewohnerInnen <strong>mit</strong> ei-<br />

nem <strong>mit</strong>tleren bis höheren<br />

Grad an Beeiträchtigung<br />

Bei Frauen <strong>mit</strong> Depression,<br />

<strong>mit</strong> schlechtem Gesundheits-<br />

zustand und Schmerz, <strong>mit</strong><br />

minimalen bis <strong>mit</strong>tleren kog-<br />

nitiven Beeinträchtigungen<br />

und schlechten sozialen Be-<br />

ziehungen<br />

Menschen <strong>mit</strong> schlechten<br />

sozialen Beziehungen<br />

Starke kognitive Beeinträch-<br />

tigungen<br />

Menschen <strong>mit</strong> schlechten<br />

sozialen Beziehungen<br />

Menschen <strong>mit</strong> Depression<br />

und Gesundheitsproblemen<br />

Tabelle 4: Kategorisierung von Agitation nach Cohen-Mansfield (1996)<br />

Quelle entnommen aus Halek & Bartholomeyczik 2006; Originalquelle: Cohen-Mansfield 1996.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 26


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

3.2 Spezifische Verhaltensweisen bei Demenz<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Mit fortschreitender Erkrankung geht die Möglichkeit <strong>mit</strong> der Umwelt zu kommuni-<br />

zieren immer mehr verloren, sodass demenziell erkrankte Menschen ihre Bedürf-<br />

nisse nur noch durch ihr Verhalten ausdrücken können (vgl. Haberstroh, Neumey-<br />

er, Prantl 2011, 11). Die spezifischen Verhaltensweisen werden von Haberstroh et<br />

al. (2011, 78f.) folgendermaßen eingeteilt:<br />

o herausfordernde Stimmungen<br />

o herausfordernde Verhaltensweisen<br />

o krankhaftes herausforderndes Verhalten<br />

Herausfordernde Stimmungen<br />

Für jede Stimmungslage gibt es bestimmte Auslöser. Vor allem spezielle heraus-<br />

fordernde Stimmungen – wie beispielsweise Depressivität, Angst oder Aggressivi-<br />

tät – die in Folge einer demenziellen Entwicklung vermehrt auftreten können, er-<br />

schweren es Pflegepersonen sich in die Betroffenen einzufühlen (Haberstroh et al.<br />

2011, 78).<br />

Depressivität<br />

Unter Depressivität im Rahmen einer demenziellen Entwicklung, wird eine abge-<br />

schwächte Form von Niedergeschlagenheit verstanden. Sie tritt vor allem im An-<br />

fangsstadium einer Demenz auf, wenn Gedächtnisstörungen und der Verlust von<br />

Fähigkeiten – wie beispielsweise einen Urlaub zu planen – von den Betroffen be-<br />

wusst wahrgenommen werden (vgl. Haberstroh et al. 2011, 9). Depressivität kann<br />

bei längerem Andauern in eine Depression übergehen.<br />

Angst<br />

Ängste zeigen sich vor allem im frühen Stadium einer Demenz, wenn betroffene<br />

Menschen merken, dass eine Veränderung ihrer Persönlichkeit stattfindet.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 27


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Aggressivität<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Aggressivität kann durch eine demenziell bedingte Veränderung der Persönlichkeit<br />

auftreten und führt dazu, dass aus ehemals verträglichen Menschen streitsüchtige<br />

Querulanten werden (vgl. Haberstroh et al. 2011, 78).<br />

Herausfordernde Verhaltensweisen<br />

Weglaufen<br />

Zielloses Umhergehen und Weglaufen kann situativ bedingt sein, wenn Menschen<br />

<strong>mit</strong> Demenz ihre Eltern oder Freunde aus längst vergangener Zeit suchen, oder<br />

ihren eigenen Wohnsitz nicht mehr erkennen und nach Hause wollen, auch wenn<br />

sie in ihrem Zuhause sind. Mit nach Hause kann im übertragenen Sinn ein Ort<br />

gemeint sein, der früher Sicherheit und Geborgenheit ver<strong>mit</strong>telt hat (vgl. Haber-<br />

stroh et al. 2011, 79).<br />

Nächtliche Unruhe<br />

Da die innere Uhr von Demenzerkrankten nicht mehr richtig funktioniert, kann es<br />

zu einer Tag-Nacht Umkehr kommen. Die Folgen sind, dass die Nacht zum Tag<br />

wird und so<strong>mit</strong> die demenziell Erkrankten nachts durch das Haus wandern (vgl.<br />

Pace, Treolar, Scott 2011, 16).<br />

Vokale Störungen<br />

Vokale Störungen – wie beispielsweise sich ständig wiederholende Äußerungen –<br />

sind neben körperlicher Aggressivität die größten Belastungsquellen für die Men-<br />

schen im Umfeld Demenzerkrankter (vgl. Halek & Bartholomeyczik 2006,40f.).<br />

Passivität/Apathie<br />

Durch Angst zu versagen, stellt sich bei Menschen <strong>mit</strong> Demenz oft eine Passivität<br />

ein, die meist zu Langweile und schlechter Laune führt und eine schlechte körper-<br />

liche Verfassung sowie den Verlust des Selbstvertrauens <strong>mit</strong> sich bringt (vgl. Ha-<br />

berstroh et al. 2011, 80).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 28


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Krankhaftes herausforderndes Verhalten<br />

Misstrauen und Wahn<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Misstrauen entsteht entweder demenzbedingt, oder es tritt bei denjenigen auf, die<br />

schon zeitlebens argwöhnisch waren (vgl. Haberstroh et al. 2011, 80). Meistens<br />

richtet sich das Misstrauen gegen pflegende Angehörige oder Pflegepersonen im<br />

nahen Umfeld und kann einige Monate andauern. Wenn das Misstrauen ansteigt<br />

und sich zusätzlich gegen Fremde richtet, wird von Wahn gesprochen (vgl. Haber-<br />

stroh et al. 2011, 80).<br />

Halluzinationen und Illusionen<br />

Halluzinationen treten bei klarem Bewusstsein auf. Es kommt meist zu visuellen<br />

oder auditiven Wahrnehmungen, die dazu führen, dass Betroffene beispielsweise<br />

Eindringlinge sehen oder Stimmen hören.<br />

Unter Illusion wird eine verzerrte Wahrnehmung verstanden, bei der beispielswei-<br />

se anstelle eines Risses in der Wand, eine Schlange gesehen wird. Illusionen tre-<br />

ten häufiger auf, wenn der sensorische Input begrenzt ist, wie zum Beispiel bei<br />

schlechten Lichtverhältnissen oder Taubheit (vgl. Pace & Treolar & Scott 2011,<br />

17).<br />

3.3 Ursachen für herausforderndes Verhalten<br />

Demenzerkrankte Menschen können ihre Umwelt nicht angemessen erfassen,<br />

was zwangsläufig zu einer Überforderung beziehungsweise Bedrohung führt. Die<br />

vorhergehende Aussage soll an folgendem Beispiels verdeutlicht werden:<br />

„Man stelle sich vor, man wäre als Tourist in einer arabischen Altstadt. In 30 Minu-<br />

ten gilt es den Treffpunkt zu finden, an dem der Reisebus auf die Touristen wartet,<br />

um sie zum Flughafen zu bringen. Doch in den unüberschaubaren winkeligen<br />

Gassen <strong>mit</strong> den nicht lesbaren arabischen Schriftzeichen, den unverständlichen<br />

Worten der Einheimischen ist eine Orientierung nicht möglich. Angesichts der<br />

Furcht, den Termin zu verpassen, wird man in Panik geraten, hin und her hetzen,<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 29


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

fluchen, vielleicht auch schreien, aggressiv werden oder auch in völlige Apathie<br />

verfallen, je nach Temperament und Persönlichkeitsstruktur.“ (Lind 2007, 44)<br />

Da<strong>mit</strong> die Ursachen für herausforderndes Verhalten verstanden werden, ist es<br />

wichtig, die Demenzerkrankten genau zu beobachten und ihre Biografie zu kennen<br />

(vgl. Haberstroh et al. 2011, 82). Seit den 1990er Jahren werden demenzspezifi-<br />

sche Verhaltensformen international erforscht (vgl. Halek & Bartholomeyczik 2006,<br />

49). Aus unterschiedlichen Forschungsansätzen wurde das sogenannte Bedürf-<br />

nisorientierte Verhaltensmodell bei Demenz entwickelt, das aus dem Englischen<br />

Need-Driven Dementia-Compromised Behavior Model (NDB-Modell) abgeleitet<br />

wird (vgl. Algase, Beck, Kolanowsky, Whall, Berent, Richards, Beattie. 1996, 10-<br />

19 zit. n. Halek & Bartholomeyczik 2006, 50). Auf Basis dieses Modells wird der<br />

Begriff herausforderndes Verhalten für Pflegende nachvollziehbar (vgl. Höwler<br />

2008, 122). Das NBD-Modell (siehe Tabelle 4) liefert Hintergründe und nahe lie-<br />

gende Gründe, die für die Entstehung von herausforderndem Verhalten verant-<br />

wortlich sind. Die nahe liegenden Gründe sind im Gegensatz zu den Hintergrün-<br />

den eher beeinflussbar (vgl. Haberstroh et al. 2011, 82).<br />

Neurologischer Status:<br />

Hintergründe Nahe liegende Gründe<br />

Innere Uhr, motorische Fähigkeiten, Gedächt-<br />

nis/Merkfähigkeit<br />

Gesundheitsstatus:<br />

Allgemeinzustand, (instrumentelle) Aktivitäten<br />

des tägliche Lebens<br />

Demogarfische Variablen:<br />

Geschlecht, Abstammung, Familienstand,<br />

Schulbildung, Beruf<br />

Physiologische Bedürfnisse:<br />

Hunger, Durst, Ausscheidung, Schmerz,<br />

Unwohlsein, Schlafstörungen<br />

Psychosoziale Bedürfnisse:<br />

Gefühle (Angst, Langeweile); Wunsch, dass<br />

die Unterstützung an die Fähigkeiten ange-<br />

passt wird<br />

Physikalische Umgebung:<br />

Umgebungsgestaltung, Routine/Heimalltag,<br />

Lichtstärke, Geräuschstärke<br />

Soziale Umgebung:<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 30


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Psychosoziale Variablen<br />

Persönlichkeit, Verhaltensreaktion bei Stress<br />

Herausforderndes Verhalten<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Personalausstattung und -stabilität, Umge-<br />

bungsatmosphäre, Präsenz anderer<br />

Tabelle 5: Gründe für die Entstehung von herausforderndem Verhalten<br />

Quelle: in Anlehnung an Haberstroh, Neumeyer, Prantl 2011, 83.<br />

Für jedes Verhalten gibt es einen Grund, der für den betroffenen Menschen immer<br />

einen Sinn ergibt. Der Grund, warum demenziell erkrankte Menschen sich <strong>mit</strong> Hil-<br />

fe bestimmter Verhaltensweisen verständlich machen, liegt in der abhanden ge-<br />

kommenen Fähigkeit zu kommunizieren und wurde bereits in Kapitel 3.4 Spezifi-<br />

sche Verhaltensweisen bei Demenz beschrieben (vgl. Haberstroh et al. (2011,<br />

81f.).<br />

3.4 Erfassung von Verhaltensstörungen<br />

Die Cohen-Mansfield Skala beziehungsweise der Cohen-Mansfield Agitation In-<br />

ventory (CMAI), ist das am weitesten verbreitete Messinstrument zur Einschät-<br />

zung und Dokumentation der Agitation im Rahmen einer Demenz (siehe 8<br />

Anhang) (vgl. Pace, Treloar, Scott 2011, 193). Mit Hilfe der Skala wird die Häufig-<br />

keit von Verhaltensveränderungen – wie beispielsweise Kratzen, Schlagen oder<br />

zielloses Umherwandern – innerhalb einer Woche festgestellt. Ziel ist, die Verhal-<br />

tensweisen zu differenzieren und gehäuft auftretende Veränderungen zu erkennen<br />

um sodann geeignete Maßnahmen zu setzen (vgl. Kastner & Löbach 2010, 52).<br />

Weitere Assessments zur Einschätzung nicht kognitiver Symptome (Herausfor-<br />

dernde Verhaltensweisen) sind<br />

o die Nurses observation Scale for Geriatric Patients (NOSGER) (siehe<br />

Anhang), zur Auswertung von Gedächtnis, Stimmung, Aktivitäten und Sozi-<br />

alverhalten (vgl. Grond 2009, 97f.),<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 31


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

o die BEHAVE-AD Skala zur Beurteilung von Verhaltensveränderungen bei<br />

der Alzheimer Demenz und<br />

o das Neuropsychiatrisches Inventar (NPI) das als Instrument für wissen-<br />

schaftliche Studien dient und es ermöglicht, das Belastungsausmaß der<br />

Pflegenden zu erfassen (vgl. Kastner & Löbach 2010, 52).<br />

3.5 Auswirkungen von herausforderndem Verhalten<br />

Das steigende Unvermögen die Umwelt angemessen zu bewältigen, führt bei de-<br />

menziell Erkrankten zu einer Zunahme der Stresssymptome. Diese werden je<br />

nach Persönlichkeitsstruktur unterschiedlich verarbeitet (siehe Abbildung 2) (vgl.<br />

Lind 2007, 44f.).<br />

Abbildung 3: Stresssymptome<br />

Quelle: in Anlehnung an Lind 2007, 45.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 32


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

3.5.1 Das Erleben der Betroffenen selbst<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

Laut Aussage demenzerkrankter Menschen, lässt sich ihr Bewusstseinszustand<br />

<strong>mit</strong> der Aufwachphase vergleichen, in der ein Mensch zwar nicht mehr schläft, je-<br />

doch auch noch nicht ganz wach ist und alles unsicher und verschwommen wahr-<br />

nimmt. Aus diesem Grund bezeichnen Haberstroh et al. (2011, 8) eine Demenz<br />

als Erkrankung zwischen Traum und Realität.<br />

Der Sozialpsychologe Tom Kitwood beschreibt sieben Zugänge, die einen Einblick<br />

in die subjektive Welt demenzerkrankter Menschen ermöglichen sollen (vgl. Kit-<br />

wood 2008, zit. n. Zimmermann 2009, 22.). Die denkbaren Zugänge sind<br />

o Berichte Betroffener, die sie zu Beginn der Demenz geschrieben haben,<br />

o strukturiertes Zuhören Betroffener in herbeigeführten Situationen,<br />

o aufmerksames Zuhören der Äußerungen im Alltag,<br />

o Beobachtung von Verhaltensweisen der Betroffenen,<br />

o Befragung von Menschen, die eine Krankheit <strong>mit</strong> ähnlichen Symptomen wie<br />

Konzentrations- oder Aufmerksamkeitsstörungen erlebt haben sowie<br />

o Einsatz der eigenen poetischen Vorstellungskraft.<br />

Betroffene erleben ihre demenzielle Erkrankung auf unterschiedlichste Art und<br />

Weise, was laut dem Psychologen Alan Jacques nicht zuletzt auf ihre individuellen<br />

Erfahrungen im Leben sowie auf Persönlichkeitsmerkmale zurückzuführen ist. Er<br />

unterscheidet auf Grundlage klinischer Erfahrungen, folgende sechs Typen der<br />

Persönlichkeit (Jacques 1988, zit. n. Zimmermann 2009, 23):<br />

o Den Abhängigen, der gerne Hilfe annimmt und nur wider Willen Selbstinitia-<br />

tive ergreift.<br />

o Den Unabhängigen, der denkt, dass er die Kontrolle hat und seine Krank-<br />

heit nicht anerkennen möchte.<br />

o Den Paranoiden, der schnell anklagt und misstraut.<br />

o Den Zwanghaften, der den Verlust von Kontrolle und Ordnung fürchtet und<br />

den Selbstzweifel plagen.<br />

o Den Hysterischen, der Aufmerksamkeit sucht.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 33


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Herausforderndes Verhalten bei Demenz<br />

o Den Psychopaten, der sehr impulsiv ist und sich nur um sich sorgt.<br />

Die unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmale lassen einen Einblick zu, wie un-<br />

terschiedlich die Betroffenen ihre Erkrankung erfahren (vgl. Zimmermann 2009,<br />

24).<br />

3.5.2 Das Erleben der MitbewohnerInnen<br />

Grond (2009, 56) gibt Ängste der MitbewohnerInnen vor unberechenbarer Ag-<br />

gression oder die Furcht, selbst an Demenz zu erkranken, an. Zudem spricht er<br />

vom Ekel der MitbewohnerInnen, wenn demenzerkrankte BewohnerInnen bei-<br />

spielsweise eine Urinpfütze im Flur hinterlassen, oder Ärger, wenn Demenzer-<br />

krankte schreien, in fremden Kästen wühlen, oder nachts ihr Bett nicht finden.<br />

3.5.3 Das Erleben der Pflegepersonen<br />

Pflegepersonen erleben <strong>mit</strong> demenziell erkrankten Menschen sowohl Belastungen<br />

als auch Glücksmomente (vgl. Haberstroh et al. 2011, 15f.). Als Begründung für<br />

eine Belastung werden vorwiegend fehlende Zeit- und Personalressourcen sowie<br />

Unsicherheit und Ängste im Umgang <strong>mit</strong> demenziell Erkrankten in Folge mangeln-<br />

der gerontopsychiatrischer Ausbildung angegeben. Als überaus belastend zeigen<br />

sich Kommunikationsschwierigkeiten und herausfordernde Verhaltensweisen (vgl.<br />

Haberstroh et al. 2011, 5). Neben Belastungen, treten auch bisweilen Glücksmo-<br />

mente auf, die besonders beim Singen von altem Liedgut entstehen. Momente, in<br />

denen demente Menschen hellwach werden, sich glückselig im Takt bewegen und<br />

von längst vergangenen Tagen träumen – kleine glücksbringende Augenblicke, an<br />

denen auch die Pflegepersonen Anteil haben.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 34


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

4 Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Aufgrund der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung und der da<strong>mit</strong> verbunde-<br />

nen Korrelation von Alter und Demenz, gewinnt die institutionelle Versorgung de-<br />

menzerkrankter Menschen immer mehr an Bedeutung (vgl. Zimmermann 2009,<br />

77). Erhebungen in verschiedenen Industrieländern zeigen, dass mindestens 40%,<br />

manchmal bis zu 75% der demenziell erkrankten Menschen, in stationären Ein-<br />

richtungen gepflegt und betreut werden und sich die Prozentanzahl der Aufnah-<br />

men <strong>mit</strong> ansteigendem Schweregrad der Demenz erhöht (vgl. Stoppe & Stiens<br />

2009, 20). Dies wird durch die Studie Canadian Study of Health and Aging nach-<br />

vollziehbar, <strong>mit</strong> der belegt wird, dass sich 20,6% der leicht, 44,6% der <strong>mit</strong>tel-<br />

schwer, sowie 85,4% der schwer an Demenz erkrankten Menschen in einer Insti-<br />

tution befinden (vgl. Graham et al. 1997, zit. n. Weyerer, Schäufele, Hendlmeier,<br />

Kofahl, Sattel, Jantzen, Schuhmacher 2004, 4). Reggentin & Dettbarn-Reggentin<br />

(2006, 11) geben an, dass der Anteil demenzerkrankter BewohnerInnen in den<br />

einzelnen Heimen sogar über 90% liegt. Dieser Entwicklung zufolge hat sich die<br />

Heimversorgung in den letzten Jahren stark gewandelt. Aus den ursprünglichen<br />

Altersheimen für körperlich beeinträchtigte Menschen, wurden vermehrt Pflege-<br />

heime für gerontopsychiatrische BewohnerInnen (vgl. Reggentin & Dettbarn-<br />

Reggentin 2006, 33). Sowohl in den Pflegeheimen, als auch außerhalb der statio-<br />

nären Einrichtungen, ist eine drastische Zunahme von <strong>mit</strong>telschweren und schwe-<br />

ren Demenzen festzustellen, die meist <strong>mit</strong> gravierenden Verhaltensveränderungen<br />

einhergehen und ein hohes Konfliktpotenzial im Zusammenleben von dementen<br />

<strong>mit</strong> nicht dementen BewohnerInnen darstellt (vgl. Weyerer et al. 2005, 1).<br />

In den meisten Pflegeheimen findet die bisher übliche traditionelle Versorgung<br />

statt, in der demenzerkrankte BewohnerInnen und nicht demenzerkrankte Bewoh-<br />

nerInnen gemeinsam versorgt werden, ohne dass nach einer besonderen Konzep-<br />

tion vorgegangen wird (vgl. Reggentin & Dettbarn-Reggentin 2006, 34). Viele<br />

Betreiber stationärer Einrichtungen sehen durch den Anstieg demenzieller Erkran-<br />

kungen die Grenzen dieser Versorgung und suchen vermehrt nach geeigneten<br />

Wohnalternativen (vgl. Reggentin & Dettbarn-Reggentin 2006, 34). In der Lang-<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 35


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

zeitpflege lassen sich folgende Wohnkonzepte für demenziell erkrankte Bewohne-<br />

rInnen unterscheiden:<br />

o das integrative Versorgungskonzept<br />

o das teilintegrative (teilsegregative) Versorgungskonzept oder Integrations-<br />

prinzip<br />

o das segregative Versorgungskonzept oder Domusmodell (vgl. Reggentin &<br />

Dettbarn-Reggentin 2006, 35)<br />

Ziel ist es, <strong>mit</strong> Hilfe der Konzepte die gewohnte Umgebung der BewohnerInnen<br />

aufrechtzuerhalten und auf ihre Bedürfnisse einzugehen (vgl. Zimmermann 2009,<br />

86). Im Folgenden werden die verschiedenen Wohnkonzepte und ihre Auswirkun-<br />

gen auf die BewohnerInnen und ihr Umfeld vorgestellt sowie die Vor- und Nachtei-<br />

le der unterschiedlichen Wohnformen <strong>mit</strong>einander verglichen.<br />

4.1 Integrative Wohnformen<br />

Von einer integrativen Versorgung wird gesprochen, wenn demenzerkrankte und<br />

nicht demenzerkrankte BewohnerInnen zusammenwohnen und während des Ta-<br />

ges gemeinsam betreut werden (vgl. Stoppe & Stiens 2009, 22). Die integrative<br />

Versorgungsform erfordert im Gegensatz zum traditionellen gemeinsamen Woh-<br />

nen ein Konzept und ist nur bei Menschen <strong>mit</strong> leichten, höchstenfalls <strong>mit</strong>telschwe-<br />

ren demenziellen Entwicklungen möglich, sofern keine schwerwiegenden Verhal-<br />

tensauffälligkeiten vorliegen (vgl. Grond 2009, 90).<br />

Das Konzept enthält vom Personal entwickelte Strategien – wie beispielsweise<br />

Maßnahmen zur Konfliktprävention – die ein Miteinander fördern sollen. Eine wich-<br />

tige Rolle nehmen orientierte MitbewohnerInnen ein, die in die Konzeptentwick-<br />

lung <strong>mit</strong> einbezogen werden, da<strong>mit</strong> sie Entscheidungen <strong>mit</strong>tragen können. Als<br />

Beispiel einer Entscheidung gilt der adäquate Umgang <strong>mit</strong> demenzerkrankten Be-<br />

wohnerInnen. Im Konzept ist festgelegt, dass für die kognitiv nicht eingeschränk-<br />

ten BewohnerInnen sowohl Rückzugsmöglichkeiten als auch entsprechende Akti-<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 36


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

vierungsangebote zur Verfügung stehen müssen. Da die unterschiedlichen Ver-<br />

sorgungsansätze noch zu wenig erforscht sind, existieren bisher kaum valide Er-<br />

gebnisse über die Auswirkungen auf die Betroffenen und ihr Umfeld. Die meisten<br />

Aussagen basieren auf den Erfahrungswerten des Pflegepersonals, die sie im<br />

Rahmen des Zusammenlebens beider Gruppen gesammelt haben und die auf den<br />

individuellen Situationen beruhen (vgl. Reggentin & Dettbarn-Reggentin 2006, 35).<br />

Pro integrative Versorgung<br />

Im Zusammenleben <strong>mit</strong> nicht demenzerkrankten BewohnerInnen wird beobachtet<br />

dass demenerkrankte BewohnerInnen<br />

o keine Stigmatisierung,<br />

o keine Ghettoisierung,<br />

o keine Umzüge in andere Wohnbereiche,<br />

o Normalität sowie<br />

o eine fördernde Umgebung erfahren (vgl. Kastner & Löbach 2010, 169).<br />

Contra integrative Versorgung<br />

Folgende Aspekte sprechen gegen ein Zusammenleben demenzkranker und nicht<br />

demenzkranker BewohnerInnen in einer integrativen Versorgungsform:<br />

o Überforderung demenzerkrankter BewohnerInnen im Alltag<br />

o hohes Konfliktpotenzial <strong>mit</strong> gesunden BewohnerInnen und deren Angehöri-<br />

gen<br />

o Demenzerkrankte erhalten disziplinarische Psychopharmaka-Gaben oder<br />

auf Wunsch/Zwang anderer<br />

o zu wenig Berücksichtigung der Bedürfnisse Demenzerkrankter<br />

o Ausgrenzung, Beschimpfungen und Unverständnis demenzkranker Bewoh-<br />

nerInnen durch Angehörige oder Menschen ohne kognitive Einschränkung<br />

o Ängste der Nicht-Erkrankten selbst dement zu werden<br />

o erschwerte Integration demenzerkrankter BewohnerInnen bei Verhaltens-<br />

änderung<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 37


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

o Ziel und Prioritätenkonflikt des Pflegepersonals<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

o Integratives Konzept als Testumgebung, bei Misslingen Wechsel der de-<br />

menzerkrankten BewohnerInnen in eine segregative Einrichtung (Kastner &<br />

Löbach 2010, 169).<br />

4.2 Teilintegrative Wohnformen<br />

In einer teilintegrativen Versorgung, die auch als teilsegregativ oder als Integrati-<br />

onsprinzip bezeichnet wird, leben demenzerkrankte BewohnerInnen gemeinsam<br />

<strong>mit</strong> nicht demenzerkrankten BewohnerInnen in einem Wohnbereich, werden je-<br />

doch innerhalb der Einrichtung über einen bestimmten Zeitraum in einer speziellen<br />

Gruppe nur für demenzerkrankte BewohnerInnen betreut (vgl. Reggentin & Dett-<br />

barn-Reggentin 2006, 36). Je nach Personalressourcen erstreckt sich die Betreu-<br />

ung durch gerontopsychiatrisch geschultes Personal von wenigen Stunden in der<br />

Woche bis zu einer ganztägigen Separierung für sieben Tage die Woche (vgl.<br />

Reggentin & Dettbarn-Reggentin 2006, 36). Diese Versorgungsform soll die inte-<br />

grativen Ansätze eines Pflegeheimes unterstützen und ist durchführbar, wenn in-<br />

nerhalb eines Wohnbereiches weniger als ein Drittel der BewohnerInnen an einer<br />

<strong>mit</strong>telschweren Demenz leiden (vgl. Grond 2009, 90). In der speziellen Tages-<br />

betreuung besteht die Möglichkeit, dass auch BewohnerInnen aus anderen<br />

Wohngruppen <strong>mit</strong>versorgt werden. Wichtig ist dass die Zusammensetzung nach<br />

Schweregrad und/oder herausforderndem Verhalten erfolgt (vgl. Reggentin &<br />

Dettbarn-Reggentin 2006, 36). Die teilintegrative Wohnform bietet nicht nur für<br />

demenzspezifische Aktivitäten einen Rahmen, sondern auch für besondere thera-<br />

peutische Maßnahmen. Außer dass genügend Gruppenräume für Mahlzeit und<br />

Aktivitäten vorhanden sein müssen, sind nur geringe bauliche Erfordernisse zu<br />

erfüllen. Im Konzept ist vorgesehen, dass sich dir Pflegepersonrn fachspezifisch<br />

intern oder extern weiterbilden und auch unterschiedliche gerontopsychiatrische<br />

Versorgungskonzepte kennenlernen (vgl. Reggentin & Dettbarn-Reggentin 2006,<br />

36).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 38


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

4.3 Segregative Wohnformen<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Das segregative (trennende) Konzept wird auch als Domusmodell bezeichnet (vgl.<br />

Kastner & Löbach 2010, 169). In der segregativen Wohnform leben demenzer-<br />

krankte BewohnerInnen gemeinsam in einem Wohnbereich und werden rund um<br />

die Uhr betreut (vgl. Stoppe & Stiens 2009, 22). Segregation wird für Gemein-<br />

schaften von acht bis zehn an Demenz erkrankten BewohnerInnen empfohlen<br />

(vgl. Grond 2009, 91). Die Gruppenkonstellation der demenziell erkrankten Be-<br />

wohnerInnen sollte nach Sympathie und nicht nach Schwere der Demenz erfol-<br />

gen. Es wird beobachtet, dass sich immer wieder Demenzerkrankte zueinander<br />

gesellen, die sich sympathisch sind, auch wenn zwischen ihnen kein Gespräch<br />

stattfindet. (vgl. Grond 2009, 91). Kennzeichnend für das segregative Konzept<br />

sind familienähnliche Strukturen, in denen sich demente BewohnerInnen <strong>mit</strong> Un-<br />

terstützung einer fachlich qualifizierten Pflege- oder Bezugsperson, hauswirt-<br />

schaftlich betätigen können. Die Biografie der einzelnen BewohnerInnen nimmt in<br />

dieser Wohnform eine bedeutende Rolle ein und wird sowohl in die Betreuung und<br />

Pflege, als auch in die Umgebungsgestaltung <strong>mit</strong>einbezogen (vgl. Zimmermann<br />

2009, 88).<br />

Special Care Units (SCU) und Domus-Einrichtungen<br />

Ebenso segregativ, jedoch eher pflegerisch-therapeutisch ausgerichtet, sind die<br />

Special Care Units, eine aus den USA stammende Versorgungsform. Im Konzept<br />

ist eine Betreuung für 12 bis 30 <strong>mit</strong>telschwer bis schwer an Demenz Erkrankte <strong>mit</strong><br />

einem besonderen Betreuungsbedarf vorgesehen. Es steht eine fachliche Betreu-<br />

ung im Vordergrund und nicht – wie in den Wohngruppen – hauswirtschaftliche<br />

Tätigkeiten (vgl. Reggentin & Dettbarn-Reggentin 2006, 37). Räumliche Abgren-<br />

zungen des Demenzbereiches, markierte Laufwege und Alarmanlagen an den<br />

Türen sollen ein Weglaufen der BewohnerInnen reduzieren. Qualifiziertes Perso-<br />

nal, an die BewohnerInnen angepasste psychologische Angebote und die Einbe-<br />

ziehung der Angehörigen in den Pflegeprozess, sind ebenfalls Bestandteile des<br />

Konzeptes (vgl. Zimmermann 2009, 113). Charakteristisch für Special Care Units<br />

und Domus-Einrichtungen sind<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 39


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

o räumliche Trennung (<strong>mit</strong> eigenem Eingang),<br />

o dementengerechte Gestaltung der Umgebung,<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

o spezifische Aufnahme- und Entlassungskriterien für zu Betreuende,<br />

o bessere personelle Ausstattung,<br />

o eigene fachliche Leitung,<br />

o besondere Fortbildung des Personals und<br />

o spezifische Betreuungskonzepte (WOJNAR 2001, 49f. zit. n. Reggentin &<br />

Dettbarn-Reggentin 2006, 37).<br />

Im Folgenden wird aufgeführt, welche Argumente für, beziehungsweise gegen<br />

eine segregative Versorgung sprechen.<br />

Pro segregative Versorgung<br />

In einer segregativen Versorgung erfahren Demenzerkrankte<br />

o Spezialisierung,<br />

o ein therapeutisches Milieu,<br />

o Stressreduktion,<br />

o Reduktion von Psychopharmaka,<br />

o Überschaubarkeit der Gruppe,<br />

o Professionalisierung,<br />

o weniger Überforderung und<br />

o weniger Konfrontation <strong>mit</strong> Gesunden (vgl. Kastner & Löbach 2010, 169).<br />

Zudem ist für das Pflegepersonal kein Schlichten von Konflikten zwischen Ange-<br />

hörigen und Demenzerkrankten nötig, und es besteht für sie kein Rechtfertigungs-<br />

zwang bei Verhaltensauffälligkeiten.<br />

Für Gatterer & Croy ergeben sich aus einer segregativen Betreuung folgende Vor-<br />

teile:<br />

o ein erhöhter Selbst- und Fremdschutz bei aggressivem Verhalten,<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 40


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

o keine geringe Toleranz der MitbewohnerInnen, die bei Verhaltensauffällig-<br />

keiten der Demenzerkrankten oft aggressiv reagieren,<br />

o bauliche Gegebenheiten, die an die Bedürfnisse der dementen Bewohne-<br />

rInnen angepasst sind und ein<br />

o Wegfall vom Suchen der verwirrten BewohnerInnen (vgl. Gatterer & Croy<br />

2005, 147).<br />

Grond führt als positive Aspekte einer segregativen Versorgungsform an, dass<br />

o die Biografien der Demenzerkrankten häufiger erhoben werden und selten<br />

eine Fixation stattfindet,<br />

o Demenzerkrankte mehr Kontakte zu Pflegenden haben und dadurch ihr Ge-<br />

fühlsausdruck im Gesicht positiver wirkt,<br />

o Demenzerkrankte psychiatrisch <strong>mit</strong> mehr Antidementiva und weniger Neu-<br />

roleptika versorgt werden,<br />

o Demenzerkrankte weniger überfordert sind,<br />

o Demenzerkrankte in Kleingruppen gefördert werden und<br />

o das Stationsmilieu einfach und übersichtlich ist (vgl. Grond 2009, 92).<br />

Contra segregative Versorgung<br />

Gegen eine segregative Versorgung spricht für Kastner & Löbach (2010, 169)<br />

o die Gefahr der Abschiebung demenzkranker BewohnerInnen,<br />

o die Förderung der Demenz,<br />

o eine Steigerung der Verhaltensstörungen,<br />

o die Überlastung der MitarbeiterInnen,<br />

o eine Angstauslösung für Demenzerkrankte im leichten Stadium,<br />

o dass leicht Erkrankte und Bettlägerige nur wenig profitieren,<br />

o eine hohe psychische Belastung für die Pflegenden und<br />

o die Notwendigkeit zur psychiatrischen Weiterbildung des Personals.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 41


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Wohnformen in Europa<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

In europäischen Ländern wie den Niederlanden, Frankreich, Schweden, und Eng-<br />

land begann in den 1980er Jahren die Entwicklung demenzgerechter Spezialabtei-<br />

lungen. Diese werden nach amerikanischem Vorbild unter dem Namen Special<br />

Care Units for Dementia (SCU) zusammengefasst und verfolgen segregative An-<br />

sätze. Sie sind maßgeblich für die Entwicklung spezieller Wohnformen in Deutsch-<br />

land (vgl. Zimmermann 2009, 87). In Deutschland werden entsprechende Instituti-<br />

onen als Domus-Einrichtungen bezeichnet. Sie sind vor allem durch das Hambur-<br />

ger Modellprogramm stationäre Dementenbetreuung bekannt, in dem sich diese<br />

Versorgungsform in 30 stationären Einrichtungen etabliert hat (vgl. Reggentin &<br />

Dettbarn-Reggentin 2006, 37). In Österreich gibt es erst vereinzelt spezielle De-<br />

menzeinrichtungen dieser Art (vgl. BMSK 2008, 15f.). Als bekannteste europäi-<br />

sche Wohnkonzepte gelten<br />

o das Anton-Pick-Hofje in den Niederlanden,<br />

o das Cantou Modell in Frankreich,<br />

o das Schweden-Modell,<br />

o Domus-Einheiten in England,<br />

o Sonnweid in der Schweiz sowie<br />

o Haus- und Wohngemeinschaften, die in Deutschland weit verbreitet sind<br />

(vgl. Kastner & Löbach 2010, 172f.).<br />

Nachfolgend soll näher auf die verschiedenen Wohnkonzepte eingegangen wer-<br />

den.<br />

Warme zorg in den Niederlanden<br />

Im Anton-Pick-Hofje in Holland, wird demenziell erkrankten Menschen ermöglicht,<br />

dass sie gemeinsam <strong>mit</strong> ihren selbstständig lebenden PartnerInnen in häuslicher<br />

Atmosphäre, jedoch separaten Wohnbereichen zusammenzuwohnen. Die Betreu-<br />

ung erfolgt ohne feste Tagesstruktur (vgl. Zimmermann 2009, 112). Unter warme<br />

zorg wird ein gelassener Umgang in Bezug auf eine Altersdemenz verstanden<br />

(vgl. Kastner & Löbach 2010, 173).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 42


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Cantou in Frankreich<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Das Cantou Konzept besteht bereits seit den 1960er Jahren Der Name Cantou<br />

leitet sich von Feuerstelle, beziehungsweise Herd ab, da sich das Leben in dieser<br />

Wohnform rund um den Herd abspielt (vgl. Kleiner 2005, 10). Eine sogenannte<br />

Hausfrau nimmt eine zentrale Rolle ein und ist sowohl für hauswirtschaftliche Tä-<br />

tigkeiten als auch für die Pflege von 12 BewohnerInnen zuständig. Die Betreuung<br />

erfolgt unter starker Mitwirkung der Angehörigen (vgl. Kastner & Löbach 2010,<br />

172).<br />

Group living Schweden<br />

Als Group-living werden in Schweden Gruppen bezeichnet, die in normalen<br />

Wohnhäusern wohnen und von Fachpersonen rund um die Uhr betreut werden.<br />

Eine Gruppe besteht aus sechs bis neun demenziell erkrankte BewohnerInnen.<br />

Das Konzept stößt an seine Grenzen, wenn Verhaltensstörungen, oder eine redu-<br />

zierte Kommunikationsfähigkeit auftritt (vgl. Zimmermann 2009, 112).<br />

Domus-Einheiten in England (Großbritannien)<br />

In Domus-Einheiten in England werden demenziell erkrankte Menschen <strong>mit</strong><br />

schweren Verhaltensauffälligkeiten in Form einer 1:1 Betreuung bis an ihr Le-<br />

bensende betreut. Eine Gruppe besteht aus 12 bis 32 demenzerkrankten Bewoh-<br />

nerInnen. Auf die psychischen und emotionalen Bedürfnisse wird größeren Wert<br />

gelegt, als auf die physischen Aspekte (vgl. Kastner & Löbach 2010, 172).<br />

Sonnweid in der Schweiz<br />

In einer sogenannten Pflegeoase leben geistig und körperlich schwer beeinträch-<br />

tigte BewohnerInnen, gemeinsam in einem Mehrpersonenraum (vgl. Skawran<br />

2009, 95). Eine Gruppe besteht aus sechs bis acht BewohnerInnen die völlig auf<br />

die Hilfe Dritter angewiesen sind. In der Schweiz ist das Konzept der Pflegeoasen<br />

zu einem festen Bestandteil geworden (Grond 2009, 92).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 43


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Wohngemeinschaften und Hausgemeinschaften<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Haus- und Wohngemeinschaften für Menschen <strong>mit</strong> Demenz – vor allem für Alz-<br />

heimer Erkrankte – stellen in den letzten Jahren vermehrt eine Alternative zu den<br />

herkömmlichen Pflegeheimen dar und lassen sich einteilen in<br />

o Wohngemeinschaften im stationären Bereich,<br />

o Hausgemeinschaften <strong>mit</strong> zentraler Bezugsperson und<br />

o Pflegewohngemeinschaften (vgl. Kastner & Löbach 2010, 170).<br />

Wohngemeinschaft im stationären Bereich<br />

Unter einer Wohngemeinschaft im stationären Bereich werden teilautonome<br />

Räumlichkeiten <strong>mit</strong> einem familiären Charakter innerhalb des traditionellen Pfle-<br />

geheimes verstanden. In Gruppengrößen von 10 bis 20 BewohnerInnen spielen<br />

hauswirtschaftliche Tätigkeiten eine zentrale Rolle. Vorbild dafür ist das Cantou<br />

Konzept in Frankreich (vgl. Kastner & Löbach 2010, 170f).<br />

Hausgemeinschaft <strong>mit</strong> zentraler Bezugsperson<br />

In der sogenannten Hausgemeinschaft übernehmen tagsüber Haushaltshilfen die<br />

Versorgung von Demenzerkrankten oder älteren unterstützungsbedürftigen Men-<br />

schen. Je nach Betreuungsbedarf, wird diese Funktion von SozialarbeiterInnen<br />

oder HauswirtschafterInnen übernommen und die pflegerische Fürsorge erfolgt<br />

durch hinzugezogene ambulante Pflegedienste. Als Vorbild für diese Wohnform<br />

gilt das Anton-Piek-Hofje Modell in den Niederlanden (vgl. Kastner & Löbach<br />

2010, 170).<br />

Pflegewohngemeinschaften<br />

In einer Gemeinschaft lebende BewohnerInnen werden von einem ambulant be-<br />

schäftigten Pflegedienst betreut, der nach dem Pflegebedarf sämtlicher Personen<br />

berechnet wird. Die Bemessung des Personalschlüssels erfolgt nach Schweregrad<br />

der Pflegebedürftigkeit. Vermieter oder Betreiber der Institution sind Vereine oder<br />

Privatpersonen (vgl. Kastner & Löbach 2010, 171).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 44


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Die nachfolgende Tabelle gibt einen zusammenfassenden Überblick über die sta-<br />

tionären Versorgungsangebote demenziell Erkrankter.<br />

Normales<br />

Heim<br />

Ohne geson-<br />

dertes Konzept<br />

Demenzkranke<br />

und Nicht-<br />

Demenzkranke<br />

werden ge-<br />

meinsamver- sorgt<br />

Integratives Woh-<br />

nen im Heim<br />

Mit gesondertem<br />

Konzept für De-<br />

menzkranke<br />

Demenzkranke und<br />

Nicht-Demenzkranke<br />

werden zum Teil<br />

gemeinsam versorgt<br />

Integratives<br />

Wohnen und<br />

Tagesgruppe<br />

(teilintegrativ)<br />

Mit Tagesgrup-<br />

pe für Demenz-<br />

kranke<br />

Demenzkranke<br />

und Nicht-<br />

Demenzkranke<br />

verbringen nur<br />

bestimmte Zei-<br />

ten gemeinsam<br />

Wohnbereich<br />

<strong>mit</strong> spezieller<br />

Wohngruppe<br />

segregativ (Do-<br />

musprinzip)<br />

eine Eta-<br />

ge/mehrereGe- bäudeteile nur für<br />

demenziell Er-<br />

krankte<br />

Wohngruppe <strong>mit</strong><br />

Milieuorientierung<br />

oder anderen Kon-<br />

zepten<br />

Feste Wohngruppe<br />

für demenziell Er-<br />

krankte<br />

Jeweils selbststän-<br />

dige Einheit <strong>mit</strong> ca.<br />

6-15 BewohnerIn-<br />

nen, in Kleingrup-<br />

pen auch integrativ<br />

<strong>mit</strong> Demenzkranken<br />

durchführbar<br />

Tabelle 6: Übersicht über stationäre Versorgungsangebote für demenziell Erkrank-<br />

te<br />

Quelle: in Anlehnung an Reggentin & Dettbarn-Reggentin 2006, 35.<br />

Die in Hamburg durchgeführte Studie Besondere und traditionelle stationäre<br />

Betreuung demenzkranker Menschen im Vergleich soll im Folgenden vorgestellt<br />

werden. Sie ermöglicht einen Einblick in die verschiedenen Wohnalternativen und<br />

deren Auswirkungen auf die Betroffenen und ihr Umfeld (vgl. Stoppe & Stiens<br />

2009, 22).<br />

4.4 Studie zur Dementenbetreuung in Hamburg<br />

Im deutschsprachigen Raum wurde in den Jahren 2001 bis 2003 die erste und<br />

seither einzige, umfangreiche und kontrollierte Längsschnittstudie, zu den Auswir-<br />

kungen besonderer stationärer Betreuungsformen durchgeführt. Die Studie Be-<br />

sondere und traditionelle stationäre Betreuung demenzkranker Menschen im Ver-<br />

gleich, wurde im Jahre 2005 von Siegfried Weyerer, Martina Schäufele und Ingrid<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 45


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Hendelmeier aufgezeichnet und in der Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie<br />

publiziert (vgl. Weyerer et al. 2005, 4). Ausgangslage für die Studie bildete das<br />

von 1991 bis 1993 durchgeführte Hamburger Modellprogramm stationäre Demen-<br />

tenbetreuung.<br />

Das Modellprogramm stationäre Dementenbetreuung (1991-1993)<br />

Bei der Entwicklung und Umsetzung neuer Wohnkonzepte für demenzerkrankte<br />

BewohnerInnen spielen die in Hamburg erhaltenen Erkenntnisse, eine maßgebli-<br />

che Rolle (vgl. Stoppe & Stiens 2009, 22). Da sich die Heimsituation durch eine<br />

immer größer werdende Zahl demenzerkrankter BewohnerInnen gravierend ver-<br />

ändert hatte, beschloss der Hamburger Senat im Jahre 1991 die Einrichtung eines<br />

Dementenprogrammes, das die Bezeichnung Modellprogramm stationäre Demen-<br />

tenbetreuung erhielt. Ziel war es, belastende Situationen, die vor allem durch Ver-<br />

haltensveränderungen bei <strong>mit</strong>telschweren und schweren Demenzen hervorgeru-<br />

fen werden, für alle Beteiligten zu verbessern (vgl. Stoppe & Stiens 2009, 22). Das<br />

Modellprogramm hatte eine Laufzeit von drei Jahren (1991 bis 1993) und es betei-<br />

ligten sich insgesamt 17 Hamburger Pflegeheime daran (vgl. Reggentin & Dett-<br />

barn-Reggentin 2006, 44). Für die zugelassenen Träger wurde der Personal-<br />

schlüssel für drei Jahre auf insgesamt 60 Pflegepersonalstellen erhöht, zusätzlich<br />

wurden die verschiedenen Einrichtungen modellhaft umgestaltet (vgl. Bruder<br />

2001, 17). Sämtliche Institutionen, die am Modellprogramm teilnahmen, erhielten<br />

den Auftrag, eigene Konzepte zu entwickeln (vgl. Reggentin & Dettbarn-Reggentin<br />

2006, 44). Es entstanden folgende Versorgungsangebote:<br />

o eine 24h Betreuung für demenzerkrankte BewohnerInnen innerhalb eines<br />

speziellen Wohnbereichs<br />

o eine konstante Gruppe demenzerkrankter BewohnerInnen, die tagsüber für<br />

eine bestimmte Zeitspanne außerhalb des Wohnbereichs betreut wurden<br />

o offene Angebote für demente und nicht demente BewohnerInnen (vgl. Kel-<br />

lerhof & Cappell 2004, 4)<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 46


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Das Modellprogramm endete im Jahre 1993 <strong>mit</strong> dem Ergebnis, dass sich sämtli-<br />

che Betreuungsformen durchwegs positiv auf demenzerkrankte BewohnerInnen,<br />

sowie auf andere HeimbewohnerInnen und das Pflegepersonal auswirken. Grund-<br />

sätzlich wurde eine 24-Stunden Betreuung innerhalb eines speziellen Wohnbe-<br />

reichs <strong>mit</strong> einem erhöhten Personalschlüssel empfohlen (vgl. Kellerhof & Cappell<br />

2000, 4).<br />

Fortsetzung und Ausbau der besonderen Betreuung und Pflege Dementer<br />

(ab 1997)<br />

In Hinblick auf die erfreulichen Resultate des Modellprogramms, entschied sich<br />

der Hamburger Senat im Jahre 1997 das Modell fortzusetzen und die Versorgung<br />

für BewohnerInnen <strong>mit</strong> fortgeschrittener Demenz und ausgeprägten Verhal-<br />

tensauffälligkeiten auszubauen. Demgemäß wurden 750 Betreuungsplätze de-<br />

mentengerecht umgestaltet und es entstanden folgende zwei Wohnkonzepte:<br />

o das segregative Versorgungskonzept (Domusprinzip), in dem ausschließ-<br />

lich demenzerkrankte BewohnerInnen in einem Wohnbereich wohnen und<br />

rund um die Uhr eine besondere Betreuung erhalten und<br />

o das teilintegrative Versorgungskonzept (Integrationsprinzip), in dem Be-<br />

wohnerInnen <strong>mit</strong> und ohne Demenz im gleichen Wohnbereich leben, tags-<br />

über jedoch über einen bestimmten Zeitraum ein spezielles Betreuungsan-<br />

gebot in einem eigens dafür vorgesehenen Wohnbereich erhalten (vgl.<br />

Stoppe & Stiens 2009, 22)<br />

Die Auswahl der 750 Betreuungsplätze erfolgte nach einem transparenten Aus-<br />

wahlverfahren (Öffentliche Bekanntgabe). Die nötigen Rahmenvereinbarungen<br />

(siehe Tabelle 7) für die besondere stationäre Dementenbetreuung in Hamburg,<br />

wurden von den Anbieterverbänden, den Pflegekassen und der Sozialbehörde<br />

festgelegt.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 47


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Die folgende Übersicht stellt die wesentlichen Bedingungen der Rahmenvereinba-<br />

rung dar:<br />

Thema Inhalt Operationalisierung<br />

Zielgruppe<br />

Grundsätze der<br />

Betreuung<br />

Betreuungsform<br />

Raumausstattung<br />

Personalausstattung<br />

Stark verhaltensauffällige Demente,<br />

die in normaler Pflege kaum oder<br />

gar nicht angemessen zu versorgen<br />

sind.<br />

Der Lebensraum und die Tagesges-<br />

taltung müssen an die Bedürfnisse<br />

der Bewohner angepasst sein.<br />

Die Einrichtung entwirft hierzu ein<br />

umfassendes Konzept.<br />

Domus-Prinzip:<br />

Die Teilnehmer wohnen zusammen<br />

in einem Wohnbereich und werden<br />

rundum-die-Uhr nach bestimmten<br />

Prinzipien betreut.<br />

Integrations-Prinzip:<br />

Die Teilnehmer wohnen verstreut in<br />

der Einrichtung und werden über<br />

eine bestimmte Zeit des Tages ge-<br />

meinsam betreut.<br />

Die Räumlichkeiten erfordern eine<br />

Anpassung an die Bedürfnisse der<br />

demenzkranken BewohnerInnen.<br />

Grundsätze für die Er<strong>mit</strong>tlung des<br />

Personalbedarfs<br />

Demenz durch MMST<br />

Verhaltensauffälligkeit durch Co-<br />

hen-Mansfield-Agitation-Inventory<br />

Beachtung der Biographie<br />

Pflegedokumentation<br />

Pflegeplanung<br />

angepasster Tagesablauf<br />

konstantes Verhalten des Perso-<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 48<br />

nals<br />

Fallbesprechungen <strong>mit</strong> Geron-<br />

topsychiatern<br />

mindestens durchgehend fünf<br />

Tage/Woche acht Stunden<br />

Gruppenraum<br />

Rückzugsmöglichkeiten<br />

Platz zum Wandern<br />

geräumige Sanitäranlagen<br />

Hinweise zur Gestaltung<br />

eine anwesende Pflegekraft<br />

je acht Bewohner<br />

Leitung <strong>mit</strong> besonderer Fortbil-<br />

dung<br />

Weiterbildung für alle neu Anfan-


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Begrenzung des<br />

Angebotes auf eine<br />

bestimmte Platzzahl<br />

Die Berufsvereinigung von Arbeitge-<br />

bern für Gesundheits- & Sozialberu-<br />

fe geht von einem Bedarf von 750<br />

Plätzen für die oben genannte Ziel-<br />

gruppe aus.<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

genden<br />

Regelmäßige Weiterbildungen<br />

Tabelle 7Rahmenbedingungen für die besonere stationäre Dementenbetreuung<br />

Quelle: in Anlehnung an Kellerhof & Cappell 2000, 5f.<br />

Evaluation der besonderen stationären Dementenbetreuung in Hamburg<br />

Nach der Etablierung der speziellen Wohnformen in Hamburg, wurde die Arbeits-<br />

gruppe Psychogeriatrie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim<br />

unter der Leitung von Professor Dr. Siegfried Weyerer <strong>mit</strong> der Evaluierung des<br />

Modellprogrammes beauftragt (vgl. Zimmermann 2009, 114). Für die Evaluations-<br />

studie der besonderen stationären Dementenbetreuung in Hamburg wurde ein<br />

Längsschnitt-Vergleichsgruppen Design <strong>mit</strong> zwei Erhebungspunkten im Abstand<br />

von einem halben Jahr gewählt.<br />

Untersuchungspopulation<br />

Im Rahmen der Studie, wurde die Situation von demenzerkrankten BewohnerIn-<br />

nen in Hamburger Einrichtungen systematisch <strong>mit</strong> einer Kontrollgruppe aus Mann-<br />

heimer Altenpflegeheimen verglichen. Insgesamt nahmen 28 Hamburger Mo-<br />

delleinrichtungen, <strong>mit</strong> 594 BewohnerInnen teil. Als Vergleichsgruppe, wurden de-<br />

menzerkrankte BewohnerInnen aus einer Zufallsstichprobe von elf Mannheimer<br />

Altenpflegeheimen ausgesucht, von denen 573 Personen die Hamburger Kriterien<br />

erfüllten, also verhaltensauffällig und mobil waren. Die Mannheimer Gruppe wurde<br />

ausschließlich traditionell integrativ versorgt und erhielt weder spezielle Aktivie-<br />

rungsangebote, noch erfolgte eine zusätzliche personelle oder bauliche Verände-<br />

rung (vgl. Weyerer et al. 2005, 5).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 49


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Fragestellung und Ziele des Vorhabens<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Im Rahmen der Studie wurden folgende Fragestellungen untersucht:<br />

o Wie unterscheiden sich die Hamburger Gruppen, die segregativ (Do-<br />

musprinzip), beziehungsweise teilsegregativ (Integrationsprinzip) betreut<br />

werden voneinander?<br />

o Welche Unterschiede lassen sich zwischen Demenzerkrankten der beson-<br />

deren Versorgung (Hamburg) und einer vergleichbaren Gruppe, die traditi-<br />

onell integrativ versorgt wird (Mannheim) feststellen?<br />

o Wie unterscheiden sich Arbeitsbelastung und psychische Verfassung der<br />

Pflegenden in der besonderen Dementenbetreuung, im Vergleich zu Pfle-<br />

genden in traditionell integrativen Einrichtungen (vgl. Weyerer et al. 2005,<br />

16)<br />

Laut Aussage der Arbeitsgruppe Psychogeriatrie am Zentralinstitut für Seelische<br />

Gesundheit in Mannheim unterscheiden sich demenzkranke BewohnerInnen in<br />

Hamburger Modelleinrichtungen im Querschnitt signifikant von BewohnerInnen in<br />

traditionellen Altenpflegeheimen. Um die Forschungsfragen beantworten zu kön-<br />

nen, wurden von ihnen die nachfolgenden fünf Hypothesen aufgestellt.<br />

Im Vergleich zur Referenzgruppe in traditionellen Altenpflegeheimen<br />

o weisen sie eine bessere Lebensqualität auf;<br />

o werden häufiger psychiatrisch versorgt;<br />

o ist die nicht sachgerechte Einnahme von Medikamenten (nach Beers et al.)<br />

niedriger;<br />

o werden freiheitseinschränkende Maßnahmen seltener angewandt;<br />

o werden Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals als weniger belastend er-<br />

lebt (vgl. Weyerer 2010, 26).<br />

Die verschiedenen methodischen Zugänge zur Messung der Lebensqualität waren<br />

die Selbstbeurteilung der Demenzerkrankten, eine systematische Beobachtung<br />

durch geschulte BeobachterInnen (beispielsweise Dementia Care Mapping) und<br />

Beurteilungen durch das Pflegepersonal (vgl. Weyerer 2010, 16).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 50


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Ergebnisse<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Vergleich teilintegrative und segregative Versorgung in Hamburg<br />

Im Vergleich zwischen dem teilintegrativen und dem segregativen Versorgungs-<br />

konzept, ergaben sich für die BewohnerInnen die nachfolgend angeführten Vor-<br />

und Nachteile.<br />

Vorteile der teilintegrativen Versorgung (Integrationsprinzip) gegenüber der<br />

segregativen Versorgung<br />

Sowohl die Besuchshäufigkeit (56,1% versus 33,7%) als auch die Einbindung in<br />

die Pflege und Betreuung (74,0% versus 62,8%) waren in der teilintegrativen<br />

Wohnform höher als in der segregativen Versorgungsform (vgl. Zimmermann<br />

2009, 115). Signifikante Unterschiede ergaben sich im Bereich der Aktivitäten, da<br />

bei den BewohnerInnen des Integrationsprinzip eine häufigere Teilnahme an den<br />

Aktivitäten erfolgte als bei den BewohnerInnen des Domusprinzips. Folgende Akti-<br />

vitäten standen beiden Gruppen zur Verfügung:<br />

o Heimveranstaltungen (71,4% versus 53,5%)<br />

o Aktivitäten außerhalb der Einrichtung (76,4% versus 64,1%)<br />

o Körperliche Aktivierung (93,0% versus 72,9%)<br />

o Gedächtnistraining (84,2% versus 55,3%)<br />

o Gruppenangebote (91,7% versus 72,9%)<br />

o Einzelbetreuung (75,0 versus 60,3%) (vgl. Weyerer et al. 2005, 6)<br />

Vorteile der segregativen Versorgung (Domusprinzip) gegenüber der teilin-<br />

tegrativen Versorgung<br />

Bei der segregativen Wohnform wurden häufigere Biographieerhebungen (83,4%<br />

versus 69,6%) festgestellt und es erfolgte eine höhere gerontopsychiatrische Be-<br />

handlung (67,0% versus 52,0%). Insgesamt wurden mehr Antidementiva und An-<br />

tidepressiva (80,6% versus 69,3%) verabreicht, dafür weniger Neuroleptika<br />

(37,3% vs. 47,8%). Die Vor- und Nachteile beider Versorgungskonzepte sind<br />

nachfolgend in einer Übersicht zusammengestellt.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 51


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Angehörige:<br />

•Besuchshäufigkeit<br />

•Einbindung in Pflege und<br />

Betreuung<br />

Aktivitätenrate<br />

Dekubitusrate<br />

Biographie erhoben<br />

gerontopsychiatrische Behand-<br />

lung<br />

Psychopharmakaeinnahme<br />

•Antidementiva,Antidepressiva<br />

•Neuroleptika<br />

häufiger<br />

häufiger<br />

häufiger<br />

häufiger<br />

seltener<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

häufiger<br />

häufiger<br />

insgesamt<br />

häufiger<br />

niedriger<br />

Tabelle 8: Vorteile teilintegrative und segregative Versorgung<br />

Quelle: vgl. Weyerer et al. 2005, 6.<br />

Vergleich der Situation Demenzerkrankter in der besonderen Dementen-<br />

betreuung in Hamburg und der traditionellen Versorgung in Mannheim<br />

In Bezug auf die Lebensqualität fanden sich deutliche Unterschiede in der beson-<br />

deren Dementenbetreuung in Hamburg im Vergleich zu der traditionell integrativen<br />

Versorgung in Mannheim. Den Hypothesen entsprechend war die besondere De-<br />

mentenbetreuung der traditionellen Versorgung gegenüber in vielen Bereichen<br />

überlegen. Die Ergebnisse sollen anhand der nachfolgenden Aspekte aufgezeigt<br />

werden. (vgl. Weyerer 2005, 6).<br />

Bei BewohnerInnen der besonderen Dementenbetreuung erfolgen<br />

o eine stärkere Einbindung der Angehörigen und Ehrenamtlichen (32,6 %<br />

versus 17,3%) als bei der traditionellen Versorgung,<br />

o mehr Sozialkontakte zum Pflegepersonal (49,7% versus 40,0%) als bei der<br />

traditionellen Versorgung,<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 52


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

o im Gesichtsausdruck sind häufiger positive Gefühle wie Interesse (49,3%<br />

versus 29,8%) und Freude (36,4% versus 26,0%) festzustellen als bei Be-<br />

wohnerInnen der traditionellen Versorgung,<br />

o es finden weniger freiheitsentziehende Maßnahmen wie Bettgitter (22,0%<br />

versus 40,1%) und Fixierung <strong>mit</strong> Gurt oder Stecktisch (7,3% versus 19, 1%)<br />

statt als bei der traditionellen Versorgung außerdem erhalten die Bewohner<br />

der besonderen Dementenbetreuung<br />

o eine bessere gerontopsychiatrische Versorgung (60,9% versus 35,3%) als<br />

diejenigen der traditionellen Versorgung (vgl. Weyerer 2005 5f.).<br />

Veränderungen im zeitlichen Verlauf der traditionell integrativen Versorgung<br />

Mannheim im Vergleich zu der besonderen Betreuung in Hamburg<br />

Entgegen den Erwartungen der Arbeitsgruppe rund um Professor Doktor Siegfried<br />

Weyerer nahmen die Verhaltensauffälligkeiten der traditionell integrativ versorgten<br />

BewohnerInnen in Mannheim im zeitlichen Verlauf stärker ab als bei den Demenz-<br />

kranken der besonderen Betreuung in Hamburg (vgl. Weyerer et al. 2005, 9).<br />

Vergleich der Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastungen des Pflegeper-<br />

sonals in Hamburg und Mannheim<br />

In Hamburg nahmen an der schriftlichen Mitarbeiterbefragung 21 von insgesamt<br />

31 Einrichtungen teil. In Mannheim beteiligten sich sämtliche 11 traditionell inte-<br />

grativen Institutionen an der Mitarbeiterbefragung. Die Arbeitssituation wurde – <strong>mit</strong><br />

Ausnahme des sozialen Klimas – von den Pflegenden in der besonderen Demen-<br />

tenbetreuung signifikant günstiger bewertet, als von den Beschäftigten der traditi-<br />

onellen Institutionen. Grund dafür waren vor allem die Umgebungsfaktoren, die<br />

dazu beigetragen haben, das herausfordernde Verhalten der demenzerkrankten<br />

BewohnerInnen zu reduzieren. Bei den Pflegenden in der besonderen Dementen-<br />

betreuung war zudem die Häufigkeit der depressiven Symptomatik erheblich ge-<br />

ringer als bei den Pflegenden der traditionell integrativen Versorgung (vgl. Weye-<br />

rer 2005, 18).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 53


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Umsetzung und Schlussfolgerungen<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Die Studie liefert eindeutige Hinweise, dass besondere Betreuungsformen für de-<br />

menziell erkrankte BewohnerInnen <strong>mit</strong> herausforderndem Verhalten gegenüber<br />

einer traditionellen Versorgung eine Reihe von Vorteilen haben. Dass Angehörige<br />

und Ehrenamtliche häufiger in die Pflege und Betreuung eingebunden werden<br />

zählen ebenso dazu wie die häufigeren Sozialkontakte demenzkranker Bewohne-<br />

rInnen zu den Pflegenden. Außerdem sind im Gefühlsausdruck der demenzer-<br />

krankten BewohnerInnen vermehrt Interesse und positive Gefühle festzustellen<br />

und die Aktivitätenrate innerhalb und außerhalb der Einrichtungen ist höher. Als<br />

weiterer positiver Effekt wurden weniger freiheitsentziehende Maßnahmen und<br />

eine bessere gerontopsychiatrische Versorgung nachgewiesen. Die hohe Arbeits-<br />

zufriedenheit der Pflegenden in der besonderen Dementenbetreuung ergibt sich<br />

aus einem erhöhten Personalschlüssel und den Qualifizierungen der Pflegeperso-<br />

nen (vgl. Zimmermann 2009, 126f.).<br />

Für die Verfasser der Studie wäre ein wichtiger nächster Schritt, hypothesengelei-<br />

tet zu überprüfen, in welchem Umfang sich die einzelnen Bausteine – wie bei-<br />

spielsweise ein höherer Personalschlüssel – auch in der traditionell integrativen<br />

Versorgung der demenzerkrankten BewohnerInnen auswirken (vgl. Weyerer et<br />

al.2005, 9).<br />

Vergleichsmöglichkeiten der Hamburger Studie zu anderen Studien<br />

Im deutschsprachigen Raum gibt es neben der Hamburger Studie kaum ver-<br />

gleichbare wissenschaftliche Arbeiten. Am ehesten lässt sich das Modellprojekt<br />

Einführung milieutherapeutisch orientierter Demenzgruppen im stationären Be-<br />

reich da<strong>mit</strong> vergleichen (vgl. Weyerer et al. (2004) zit. n. Zimmermann 2009, 120).<br />

Ziel des Modellprojektes war es, in der Langzeitpflege einen Beitrag zu einer ver-<br />

besserten Versorgung von BewohnerInnen <strong>mit</strong> einer <strong>mit</strong>telschweren Demenz zu<br />

leisten (vgl. Zimmermann 2009, 120). Die Ergebnisse der Evaluationsstudie unter-<br />

schieden sich kaum von denen der Hamburger Studie. Ihnen fehlt es jedoch an<br />

Aussagekraft, da durch die niedrige Anzahl der untersuchten BewohnerInnen nur<br />

eine stark eingeschränkte quantitative Auswertungsmöglichkeit besteht<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 54


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

5 Aufbau eines speziellen Versorgungskonzeptes im<br />

Pflegeheim Götzis<br />

5.1 Ausgangslage<br />

Der größte Risikofaktor für eine Demenzerkrankung stellt das Alter dar. Laut Ex-<br />

pertenschätzungen liegt in Österreich die Zahl der an Demenz erkrankten Men-<br />

schen bei über 100.000 (vgl. BMASK 2008, 1). In einer bundesdeutschen Studie<br />

konnte gezeigt werden, dass Demenzerkrankungen <strong>mit</strong> 43% der Hauptgrund für<br />

eine Heimaufnahme sind (BMASK 2008, 9). Auch im Pflegeheim der Gemeinde<br />

Götzis in Vorarlberg, macht sich der demografische Wandel stark bemerkbar,<br />

denn der Anteil an demenziell erkrankten BewohnerInnen liegt inzwischen bei<br />

80%. In Götzis weist die Langzeitpflege einen traditionell integrativen Charakter<br />

auf, das heißt, Menschen <strong>mit</strong> und ohne Demenz werden gemeinsam in einer<br />

Wohngruppe betreut (vgl. Reggentin 2006, 34f.). Der hohe Anteil an demenzkran-<br />

ken BewohnerInnen und die immer geringer werdende Anzahl an nicht demenz-<br />

kranken BewohnerInnen führen derzeit vor allem im Wohnbereich Zwurms1 zu<br />

regelmäßigen Konfliktsituationen. Dies lässt die bisherige Wohnform an ihre Gren-<br />

zen stoßen und stellt so die altbewährte Wohngruppenform in Frage (vgl. Bischof<br />

2006, 35). Vor dem Hintergrund dieser Problematik wurde nach einer geeigneten<br />

Versorgungsform recherchiert, die – an die Bedürfnisse der BewohnerInnen <strong>mit</strong><br />

Demenz angepasst – im Wohnbereich Zwurms1 eingeführt werden soll.<br />

Kurzbeschreibung der Ausgangslage<br />

Ausgangslage für die Literaturarbeit ist die unzufriedenstellende gegenwärtige<br />

Wohnsituation im Wohnbereich Zwurms1.<br />

Vorstellung der Einrichtung<br />

Das Götzner Pflegeheim ist eines von 49 Pflegeheimen in Vorarlberg und im Haus<br />

der Generationen dessen Träger die Marktgemeinde ist, angesiedelt. Im Haus der<br />

Generationen, findet tagtäglich über verschiedene Betreuungsangebote ein buntes<br />

Miteinander der Generationen statt. Vor rund vier Jahren wurde gleichzeitig <strong>mit</strong><br />

der Generalsanierung des inzwischen 30 Jahre alten Haustraktes der Neubau des<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 55


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Pflegeheims eröffnet. Das Pflegeheim bietet 74 BewohnerInnen ein Daheim und<br />

ist über zwei Geschoße, in vier Wohnbereiche für jeweils 18 BewohnerInnen auf-<br />

geteilt. Die Wohnbereiche sind nach außen offen und die BewohnerInnen können<br />

sowohl den Wohnbereich als auch das Haus jederzeit verlassen. Die Betreuung<br />

der BewohnerInnen ist nach dem integrativen Pflegekonzept von Maria Riedl,<br />

ausgerichtet (Riedl 2006, 15f.). Es handelt sich dabei um ein ganzheitliches<br />

Betreuungskonzept, bei dem die Förderung des Selbsthilfepotenzials der Bewoh-<br />

nerInnen sowie die Biografiearbeit im Mittelpunkt stehen. Jeder der vier Wohnbe-<br />

reiche, die nach Götzner Aussichtspunkten benannt sind, hat ein fest zugeordne-<br />

tes Mitarbeiterteam.<br />

Vorstellung des Wohnbereiches Zwurms 1<br />

Der Wohnbereich Zwurms 1 befindet sich in der ersten Etage des neuen Traktes.<br />

Ein großer offener, lichtdurchfluteter Aufenthaltsraum <strong>mit</strong> einer integrierten Kü-<br />

chenzeile bildet das Zentrum des Wohnbereichs und ist <strong>mit</strong> allen Bewohnerzim-<br />

mern verbunden. Der <strong>mit</strong> Sichtbeton modern gehaltene Aufenthaltsraum, in dem<br />

die Mahlzeiten gemeinsam <strong>mit</strong> sämtlichen BewohnerInnen eingenommen werden,<br />

ist tagsüber von Präsenzkräften (Heimhilfen) besetzt. Zum Wohnbereich gehört<br />

eine große Terrasse. Ein langer, heller Gang verbindet den Neubau <strong>mit</strong> dem Alt-<br />

bau. Im Aufenthaltsbereich verteilt stehen Sofas und Sitzgelegenheiten, die von<br />

den Demenzerkrankten gerne für eine Rast in Anspruch genommen werden. Er-<br />

klärungstafeln, Gegenstände und Kalender geben Orientierung.<br />

5.2 Probleme durch herausfordernde Verhaltensweisen<br />

So einzigartig jeder Mensch ist, so ist auch sein Demenzverlauf. Nicht jedes Ver-<br />

halten muss bei allen Demenzerkrankten auftreten. Gewisse Verhaltensweisen<br />

wie Aggression, Weglaufen und ständiges Rufen, kommen jedoch bei <strong>mit</strong>tleren<br />

und schweren Stadien der Demenz gehäuft vor und stellen sowohl die Betreuen-<br />

den als auch die MitbewohnerInnen der demenzerkrankten BewohnerInnen vor<br />

große Herausforderungen (vgl. Haberstroh et al. 2011, 78). Um einen Einblick in<br />

die Problematik des Wohnbereichs Zwurms1 zu erhalten, sollen nachfolgend jene<br />

Situationen präzisiert werden, die durch herausfordernde Verhaltensweisen ent-<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 56


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

stehen und <strong>mit</strong> Hilfe eines geeigneten Versorgungskonzeptes gelöst werden sol-<br />

len.<br />

Beschreibung der BewohnnerInnen des Wohnbereichs Zwurms1<br />

Anhand der verschiedenen Demenzstadien sollen jene BewohnerInnen erfasst<br />

werden, die für eine spezielle Versorgung in Frage kommen (vgl. Bär 2010, 250).<br />

Im Wohnbereich Zwurms1 findet bei 75% der BewohnerInnen eine demenzielle<br />

Entwicklung statt. Von insgesamt 18 BewohnerInnen befinden sich fünf Bewohne-<br />

rInnen im Stadium der leichten beziehungsweise <strong>mit</strong>tleren Demenz, zwei Bewoh-<br />

nerinnen leiden an einer schweren Demenz. Sämtliche BewohnerInnen im <strong>mit</strong>tle-<br />

ren Demenzstadium wurden <strong>mit</strong> Hilfe eines Mini-Mental-Status-Test (MMST) nach<br />

Folstein gerontopsychiatrisch abgeklärt. Um eine erste Übersicht darüber zu erhal-<br />

ten, in welcher Demenzstufe sich die BewohnerInnen befinden, wurde der Bogen<br />

zur Erfassung der Demenz aus der Literatur von Marion Bär verwendet. Der Bo-<br />

gen ist im Rahmen des Projekts neue Betreuungsmodelle entstanden und soll im<br />

Anschluss vorgestellt werden (Bär, 2010, 251).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 57


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Einschätzungsbogen zur Erfassung des Demenzstadiums<br />

Grad der Beeinträchtigung Anzeichen<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Leichte Demenz Erkennbare Beeinträchtigung des Gedächtnisses, vor<br />

allem bei Ereignissen, die gerade erst vergangen sind<br />

(Beispiel Verlegen von Gegenständen, Vergessen von<br />

Terminen).<br />

Hin und wieder sind Schwierigkeiten in der Orientierung<br />

erkennbar, vor allem im Bereich der zeitlichen Orientie-<br />

rung (welcher Tag ist heute? Welches Jahr?) und der<br />

örtlichen Orientierung (in welcher Ortschaft befinde ich<br />

mich?).<br />

Schwierigkeiten treten auf bei Tätigkeiten und Freizeitbe-<br />

schäftigungen, die kompliziert und nicht vertraut sind.<br />

Es besteht noch kaum Hilfebedarf bei der Körperpflege<br />

und beim Ankleiden.<br />

Mittelgradige Demenz Ernsthafte Beeinträchtigung des Gedächtnisses. Nur<br />

sehr gut gelerntes Material wird behalten.<br />

Es können keine Angaben mehr darüber gemacht wer-<br />

den, wo man lebt und welches Datum/Jahr gerade ist.<br />

Auch vertraute Tätigkeiten/Freizeitbeschäftigungen kön-<br />

nen, wenn sie kompliziert sind, nicht mehr problemlos<br />

ausgeübt werden (Beispiel: eine Bewohnerin, die ihr<br />

Leben lang viel gestrickt hat, kommt <strong>mit</strong> Nadel und Fa-<br />

den nicht mehr zurecht).<br />

Bei der Körperpflege und beim Ankleiden wird Aufsicht<br />

und teilweise Unterstützung nötig.<br />

Schwere Demenz Schwere Beeinträchtigung des Gedächtnisses. Selbst<br />

nahestehende Personen werden oft nicht erkannt.<br />

Auch einfache, gut eingeübte Tätigkeiten wie beispiels-<br />

weise die Einnahme der Mahlzeiten können ohne Unter-<br />

stützung nicht mehr bewältigt werden.<br />

Bei der Grundpflege wird umfassende Unterstützung<br />

benötigt.<br />

Tabelle 9: Einschätzungsbogen zur Erfassung der Demenz<br />

Quelle: Bär 2010, 251.<br />

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Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Spezifische Verhaltensweisen<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Bei den BewohnerInnen des Wohnbereichs Zwurms1 zeigt sich folgende De-<br />

menzsymptomatik:<br />

Sieben BewohnerInnen weisen folgende kognitiven Symptome auf:<br />

o Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus – Schlafstörungen (2)<br />

o Mobilitätseinschränkungen (6)<br />

o Harninkontinenz (7)<br />

o Schluck- und Essstörungen (2)<br />

Drei BewohnerInnen weisen folgende psychischen Symptome auf:<br />

o Angst (1)<br />

o Depressivität (1)<br />

o Halluzinationen (1)<br />

Sieben BewohnerInnen weisen folgende herausfordernden Verhaltensweisen auf:<br />

o Unruhe (2)<br />

o Weglaufen (1)<br />

o Rufen (1)<br />

o Aggressionen (1)<br />

o Schlafstörungen (2)<br />

o Antriebbsstörungen (1)<br />

o Gegenstände verstecken (1)<br />

o Wandern (2)<br />

Die folgenden Beispiele sollen die <strong>aktuell</strong>e Situation und Problematik und deren<br />

Ursachen und Auswirkungen im Wohnbereich Zwurms1 wiedergeben, die durch<br />

das Zusammenleben der BewohnerInnen <strong>mit</strong> und ohne Demenz entsteht.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 59


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Alltag in Zwurms1<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Die Fallbeispiele wurden von der Verfasserin selbst erlebt und beschrieben. Es<br />

sind Gegebenheiten, die jeden Tag – manchmal mehrmals am Tag – vorkommen.<br />

Quelle: Privatarchiv<br />

Frau L. wandert und wandert<br />

Es ist sieben Uhr morgens und Dienstwechsel. Frau L. wandert von einem Ende<br />

des Ganges zum anderen. Die Nachschwester informiert, dass sie schon seit drei<br />

Stunden unterwegs ist. Jeder der ihr im Wohnbereich begegnet und sie begrüßt,<br />

wird kurz von ihr zur Kenntnis genommen. Manchmal lächelt sie und nimmt dann<br />

ihren Weg sogleich wieder auf. Lift und Treppenhaus werden vom Pflegepersonal<br />

<strong>mit</strong> Blumenstöcken etwas verdeckt gehalten, sämtliche Stiegen im Haus sind <strong>mit</strong><br />

kleinen Türen verschlossen. Trotzdem ist das Team ständig auf der Suche nach<br />

Frau L. und macht sich Sorgen, wenn sie wieder einmal nicht auffindbar ist. Es<br />

kommt immer wieder vor, dass Frau L. es schafft, die Stiegentüre selbst zu öffnen,<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 60


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

oder sie begleitet fremde Besucher, die in Richtung Ausgang gehen und verlässt<br />

so meist unbemerkt das Haus. Frau L. hat früher in einer Nachbargemeinde von<br />

Götzis gewohnt. Den Weg dorthin kennt sie noch, die Bedeutung einer roten Am-<br />

pel ist ihr jedoch verloren gegangen. Dies hat laut Passanten schon zu gefährli-<br />

chen Situationen auf der Straße geführt hat. Gegen 19 Uhr geht sie zu Bett und<br />

schläft dann meistens bis um fünf Uhr morgens. Dann wandert sie wieder weiter.<br />

Symptomatik<br />

o umherwandern<br />

o weglaufen<br />

Auswirkungen der Weglauftendenz<br />

o Belastung für Mitarbeiter<br />

o Sorge für Angehörige und Pflegepersonen<br />

o Gefahr für die Betroffene<br />

Frau L. wandert weiter<br />

Das Pflegeteam hat die Tochter von Frau L. gebeten, Hausanzüge für ihre Mutter<br />

zu bringen, da<strong>mit</strong> sie bei ihrer Wanderung im leichten Nachthemd nicht friert. In<br />

ihrer Mobilität ist Frau L. nicht eingeschränkt, sie ist körperlich fit und hat Ausdau-<br />

er. Sie hat keine Zeit für eine Morgenwäsche oder das Anziehen der Tagesklei-<br />

dung. Trotzdem ist sie im Laufe des Vor<strong>mit</strong>tags in Hose und Pullover unterwegs,<br />

denn jede Mitarbeiterin des Pflegeteams zieht Frau L., wenn sie bereit dafür ist,<br />

ein Kleidungsstück mehr an. Bis sie fertig angekleidet ist.<br />

Symptomatik<br />

o umherwandern<br />

Auswirkungen<br />

o Belastung für Mitarbeiter (tägliche Pflege, ankleiden) worin zeigt sich kon-<br />

kret die Belastung?<br />

Keine Zeit zum Essen<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 61


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Frau K. tagsüber beinahe ohne Unterbrechung unterwegs. Manchmal trifft sie Frau<br />

L., die ebenfalls wandert. Sie nehmen kurz Kenntnis voneinander ohne stehen zu<br />

bleiben. Dazwischen macht sie Ruhepausen auf einem Sofa oder setzt sich auf<br />

einen Stuhl- es muss kein bestimmter sein. Es kommt oft vor, dass ihr jemand<br />

vom Pflegeteam einen kleinen Tisch dorthin stellt, wo sie sich gerade niedergelas-<br />

sen hat. Dann isst sie.<br />

Symptomatik<br />

o fehlendes Interesse am Essen, Ablenkung oder Konzentrationsstörung<br />

Auswirkungen<br />

o Gewichtsabnahme<br />

Verschlossene Zimmertüren<br />

Frau N. ist wütend. Sie möchte, dass ihr Zimmer abgesperrt wird. In ihrer Nasszel-<br />

le ist eine große Pfütze. Ihre Unterwäsche wurde dafür zum Aufwischen benutzt.<br />

Außerdem fehlen ihre Hausschuhe. Diejenigen, die vor ihrem Bett stehen, sind ihr<br />

viel zu groß. Sie sagt, dass sie schon weiß, wer die Übeltäterin ist.<br />

Symptomatik<br />

o Betreten fremder Zimmer, benützen fremder Gegenstände<br />

Auswirkungen<br />

o Ärger und verbale Ausfälligkeiten bei den MitbewohnerInnen<br />

Unverständnis<br />

Herr W. sitzt im Rollstuhl. Um sich da<strong>mit</strong> fortzubewegen, stößt er sich <strong>mit</strong> den Bei-<br />

nen vom Boden ab. Aus der Biografie geht hervor, dass Herr W. vor seiner de-<br />

menziellen Entwicklung ein sehr kommunikativer Mensch war. Er kann sich zwar<br />

verbal nicht mehr <strong>mit</strong>teilen, sucht jedoch den Kontakt zu seinem Umfeld, indem er<br />

<strong>mit</strong> dem Rollstuhl zu jedem hinfährt und ihm die Hand zur Begrüßung entgegen-<br />

streckt. Diese Art der Kontaktaufnahme praktiziert er den ganzen Tag über, denn<br />

er braucht keine Ruhephasen. Zwischendurch öffnet er die Türen der Bewohner-<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 62


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

zimmer und besucht seine MitbwohnerInnen. Er ist selten ein willkommener Gast<br />

und bekommt dies jeden Tag –meistens verbal – zu spüren. Mit großem Unver-<br />

ständnis nimmt er dies entgegen.<br />

Symptomatik<br />

o kann sich verbal nicht <strong>mit</strong>teilen<br />

Auswirkungen<br />

o Unverständnis beim Betroffenen selbst<br />

o Unverständnis und Stresssituationen beim Umfeld<br />

o Orientierte BewohnerInnen wünschen keinen Kontakt <strong>mit</strong> Herrn W.<br />

Kleiderlos<br />

Es ist Kaffeezeit und im Aufenthaltsbereich sitzen BewohnerInnen und Angehöri-<br />

ge. Lautes Schimpfen und Gelächter ertönt, denn Frau L. sitzt ohne Kleidung auf<br />

der orangen Couch. Eine Angehörige legt schützend die Hand vor die Augen ihrer<br />

kleinen Tochter. „Das ist doch allerhand“, meint sie. Ein Mitbewohner ruft empört:<br />

„Du Sau“. Schnell hüllt eine Pflegende Frau L. in eine schützende Decke und be-<br />

gleitet sie in ihr Zimmer. Sie sagt nichts und ist ihr beim Ankleiden behilflich. Ein<br />

wenig später sitzt Frau L. kauernd in einem Winkel des Aufenthaltsraumes. Sie<br />

weint.<br />

Symptomatik<br />

o enthemmt<br />

Auswirkungen<br />

o Unverständnis, Schamgefühl bei den BewohnerInnen und Angehörigen<br />

o große Traurigkeit bei der Betroffenen (ein Herz wird nicht dement)<br />

Aggressivität<br />

Die Tochter von Frau K. informiert, dass sie ihre Mutter am Sonntag zu einer Fa-<br />

milienfeier abholen möchte. Sie bittet darum, dass die Mutter zu diesem Anlass<br />

eine schöne Frisur erhält. Die Bewohnerin wehrt sich lautstark und wird tätlich. Sie<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 63


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

schlägt die Pflegende, tritt nach ihr und lässt keine Haarwäsche zu. Im Laufe des<br />

Tages bemühen sich zwei weitere Kolleginnen die Haare der Bewohnerin zu wa-<br />

schen. Ohne Erfolg. Die Tochter ist verärgert, dass ihre Mutter eine ungepflegte<br />

Frisur hat.<br />

Symptomatik<br />

o aggressiv<br />

Auswirkungen<br />

o Pflegende fühlt sich überfordert und doppelt schuldig. Einerseits der Be-<br />

wohnerin gegenüber und andererseits der Tochter gegenüber<br />

o Stresssituation für Betroffene und Pflegende<br />

o Tochter ist verärgert<br />

Konkurrenz<br />

Die Töchter von Frau M. sind traurig und zugleich verärgert. Ihre Mutter wiegt lie-<br />

bevoll eine Puppe im Arm. Sie nennt sie ihr Kind. Sie spricht flüsternd <strong>mit</strong> dem<br />

Kind, streichelt und tätschelt es. „Für uns hatte sie nie Zeit, als wir Kinder waren.<br />

Sie war mehr Geschäftsfrau als Mutter. Daran, dass sie uns gestreichelt hat, kön-<br />

nen wir uns überhaupt nicht erinnern. Und diese Plastikpuppe ist ihr Ein und Al-<br />

les.“ Eine Pflegende erklärt den Töchtern, dass die Puppe keine Konkurrenz für<br />

sie darstelle. Ihre Mutter befinde sich durch ihre demenzielle Entwicklung, auf der<br />

Erreichbarkeitsstufe eines Kindergartenkindes. In diesem Alter würden viele Mäd-<br />

chen gerne <strong>mit</strong> Puppen spielen. Die Töchter atmen sichtlich auf.<br />

Symptomatik<br />

o Bewohnerin befindet sich auf der Zeitebene ihrer Kindheit<br />

Auswirkungen<br />

o Anfängliches Unverständnis der Töchter<br />

o Aufklärungsbedarf von Seiten des Pflegepersonals nötig<br />

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Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Andauerndes Rufen<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Frau P. ruft tagsüber ständig „ja und hallo“. Herr F. rät ihr in unfeiner Art „die Klap-<br />

pe zu halten“ und zwar sofort. Frau P. ruft weiter. Herr F. ärgert sich immer mehr<br />

und schimpft immer lauter zurück. Nun beginnt auch Frau W. „hallo“ zu rufen. Sie<br />

hat Demenz im schweren Stadium. Herr F. verlangt die Polizei.<br />

Symptomatik<br />

o Rufen<br />

Auswirkungen<br />

o Stresssituation für Herrn F. und die Pflegenden<br />

Gegenstände verstecken<br />

Herr Sch. sucht seine Lieblingsjacke. Sie ist seit drei Tagen nicht auffindbar. Eine<br />

Pflegende fragt Frau L. ob sie die Jacke vielleicht gesehen hat. Diese verneint. Sie<br />

suchen gemeinsam im Zimmer von Frau L. Diese holt einen Koffer unter dem Bett<br />

hervor. Im Koffer ist ein Polster, darin ist die Jacke.<br />

Symptomatik<br />

o Gegenstände verstecken<br />

Auswirkungen<br />

o Traurigkeit bei Herrn Sch.<br />

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Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Quelle: Privatarchiv<br />

Mögliche Gründe für herausforderndes Verhalten<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Menschen <strong>mit</strong> Demenz verlieren nach und nach die Fähigkeit zu kommunizieren.<br />

Umso wichtiger ist es, sensibel auf ihre Bedürfnisse zu reagieren. Die nachfolgen-<br />

den Bedürfnisse können Auslöser für herausfordernde Verhaltensweisen darstel-<br />

len.<br />

Physiologische Bedürfnisse<br />

Zu den physiologischen Bedürfnissen zählen Hunger, Durst, Ausscheidung,<br />

Schmerz, Unwohlsein und Schlafstörungen.<br />

Psychosoziale Bedürfnisse<br />

Gefühle wie Angst und Langeweile können ebenfalls Gründe für herausforderndes<br />

Verhalten sein. Zu den psychosozialen Bedürfnissen zählt, dass die BewohnerIn-<br />

nen in ihren verbliebenen Fähigkeiten unterstützt und gefördert werden.<br />

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Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Physikalische Umgebung<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Eine an die demenzerkrankten BewohnerInnen angepasste Umgebungsgestaltung<br />

reduziert oftmals herausfordernde Verhaltensweisen. Bespiele dafür sind die<br />

Lichtstärke und die Lautstärke. Im eigenen Heimalltag ist zu beobachten, dass die<br />

BewohnerInnen auf Geräusche sehr empfindlich reagieren- sei es <strong>mit</strong> Angst,<br />

Flucht oder Aggression.<br />

Soziale Umgebung<br />

Um herausfordernde Verhaltensweisen zu reduzieren genügt oftmals die Präsenz<br />

von bekannten Personen. Es müssen nicht unbedingt Angehörige sein, sondern<br />

es können auch Bezugspflegepersonen sein. Eine Umgebungsatmosphäre die<br />

demenzerkrankten BewohnerInnen entspricht (Biografie) trägt zur Entspannung<br />

für die Betroffenen und ihr Umfeld bei.<br />

Probleme die durch herausforderndes Verhalten entstehen können<br />

Die durch herausfordernde Verhaltensweisen entstehende Problematik lässt sich<br />

aus den geschilderten Fallbesprechungen in Kapitel 5.2 ableiten.<br />

Probleme der demenzerkrankten BewohnerInnen<br />

o sie stoßen auf Ablehnung bei den MitbewohnerInnen<br />

o tägliche Konfrontation <strong>mit</strong> den eigenen Defiziten die ihnen von den Mitbe-<br />

wohnerInnen transportiert werden, führen zu Angst und Unsicherheit<br />

o Einweisung auf die Gerontopsychiatrie<br />

o Orientierungslosigkeit<br />

o können sich nicht äußern, <strong>mit</strong>teilen, Sprachstörungen treten auf<br />

o Angst durch Verkennungen<br />

o Verlust der Identität<br />

o Ausgrenzung, Beschimpfung und Unverständnis<br />

o Störreize: Aktivierung, Radio, die für demenziell erkrankte Menschen nötige<br />

ruhige Atmosphäre fehlt (Besuche, Aktivierungsrunden)<br />

o zeigen Verhaltensauffälligkeiten wie beispielsweise Aggression<br />

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Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

o Gefahr der Unterernährung<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

o Probleme bei der Körperpflege, Einnahme der Mahlzeiten und Medikamen-<br />

te<br />

o Selbst- und Fremdgefährdung (Weglauftendenz- rote Ampel, Betreten<br />

fremder Zimmer)<br />

o psychiatrische Symptome (Verfolgungswahn, Rückzug)<br />

o anhaltende Unruhe (ruheloses Umhergehen, gestörter Tag/Nachtrhythmus)<br />

Probleme der orientierten BewohnerInnen<br />

o Benutzung der Toilette durch MitbewohnerInnen, Gegenstände werden ver-<br />

steckt<br />

o Schamgefühl, wenn BewohnerIn sich entkleidet und nackt im Aufenthalts-<br />

bereich sitzt<br />

o Angst selber so zu enden („lieber erschießen, bevor ich so werde“)<br />

o „Lauter Verrückte, <strong>mit</strong> diesen Depperten will ich nichts zu tun haben“<br />

o fühlen sich gestört durch ständiges Rufen<br />

o Zimmer wird von Fremden betreten<br />

o zeigen kein Verständnis für ein Leben in der Vergangenheit (Dementen-<br />

puppe als Kind)<br />

o Konfliktpotentiale (Verteilen von Ausscheidungen, fremde Gegenstände<br />

nehmen)<br />

Probleme der der Pflegenden entstehen durch<br />

o verbale, teilweise körperliche Aggression (Psyche)<br />

o verschlossene Zimmertüren- aufsperren/ betreten fremder Zimmer (Zeitfak-<br />

tor, stört den Arbeitsfluss)<br />

o weglaufen und Weglauftendenz (Zeitfaktor, Sorge und Belastung, Verant-<br />

wortung)<br />

o durch fehlende Kommunikation sind Schmerzen schwer zu erkennen (Hilf-<br />

losigkeit)<br />

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Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

o psychiatrische Symptome wie Depression, Verfolgungswahn (Psyche)<br />

o zu wenig gerontopsychiatrisch ausgebildetes Pflegepersonal (Hilflosigkeit)<br />

o körperliche Störungen wie Inkontinenz (Ekel) Gehstörungen, Schluckstö-<br />

rungen (Hilflosigkeit)<br />

o Umfeld richtet sich nach den BewohnerInnen- Essenszeiten (gute Teamar-<br />

beit nötig, Flexibilität)<br />

o demenzerkrankte und orientierte BewohnerInnen- zwei Lebenswelten sto-<br />

ßen aufeinander (unbefriedigende Situation, Überforderung)<br />

o Rechtfertigung gegenüber Angehörigen (Frisur), BesucherInnen und Mit-<br />

bewohnerInnen<br />

o zwischen zwei Stühlen stehen, können nicht jeder Bewohnergruppe gerecht<br />

werden (Frustration)<br />

o schwierige Beziehungsarbeit trotz Validationsausbildung (Hilflosigkeit)<br />

o Einhaltung von Wertschätzung und Würde trotz herausforderndem Verhal-<br />

ten (Überforderung)<br />

o gestörter Schlaf- Wachrhythmus (Psyche)<br />

o ständiges Rufen während der Aktivierung (Störung)<br />

o keine Rückzugsmöglichkeiten (Belastung)<br />

o Umgebung passt sich an BewohnerInnen an (Flexibilität)<br />

o großmöglichste Mobilität ermöglichen (Rundlauf, Personalressourcen)<br />

o Herausforderung Demenz (geringere Bezahlung als in Akutpflege führt zu<br />

Ärger und Unverständnis<br />

Probleme, die durch die offene Wohnstruktur entstehen<br />

Im Wohnbereich Zwurms1 liegt eine offene Wohnstruktur vor. Die einzige Rück-<br />

zugsmöglichkeit ist das eigene Bewohnerzimmer. Eine erhebliche Belastung durch<br />

herausfordernde Verhaltensweisen wie ständiges Rufen tritt vor allem im Zeitraum<br />

von 15 bis 17 Uhr auf. Zu dieser Zeit finden die Nach<strong>mit</strong>tagsjause und anschlie-<br />

ßend die einstündige Nach<strong>mit</strong>tagsaktivierung statt.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 69


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Andererseits…<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

o Gesunde können demenzerkrankten, orientierungslosen BewohnerInnen<br />

helfen und sie unterstützen. So können Ressourcen gestärkt und eine Stei-<br />

gerung des Selbstwertgefühls bei den orientierten BewohnerInnen bewirkt<br />

werden.<br />

o Gesunde sehen, dass sie integriert bleiben, wenn sie erkranken und haben<br />

so eventuell weniger Angst vor einer eigenen Erkrankung. Im Wohnbereich<br />

Zwurms1 sind schon vereinzelt Freundschaften zwischen orientierten und<br />

demenzerkrankten BewohnerInnen entstanden.<br />

Schlussfolgerungen und Lösungsansätze<br />

Aus den Problemen der angeführten Gruppen lassen sich folgende Schlüsse zie-<br />

hen:<br />

Demenzerkrankte BewohnerInnen benötigen<br />

eine bedürfnisangepasste Betreuung und Umgebung – möglicherweise in eigenen<br />

Räumlichkeiten – kann entscheidend zur Entspannung der Situation beitragen Da-<br />

zu gehören Validation und Biografiearbeit ebenso, wie spezialisierte gerontopsy-<br />

chiatrische Hilfeleistungen und angepasste Aktivierungsangebote. Eine Lärm- und<br />

Geräuschreduktion, Orientierung durch Schilder und das Schaffen eines entspre-<br />

chenden Milieus entspricht ebenfalls den Bedürfnissen der demenzerkrankten<br />

BewohnerInnen.<br />

Orientierte BewohnerInnen benötigen<br />

Informationen zum Thema Demenz und Auszeiten von ihren demenzerkrankten<br />

MitbewohnerInnen.<br />

Pflegende benötigen<br />

durch den hohen Aufwand für Betreuung und Beaufsichtigung und um für sämtli-<br />

che BewohnerInnen die nötige Sicherheit zu gewährleisten einen angemessenen<br />

Personalschlüssel. Zudem sind Fort- und Weiterbildungen im gerontopsychiatri-<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 70


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

schen Bereich, Schulungen in Validation und biografischem Arbeiten erforderlich.<br />

Ethische Konflikte (BewohnerInnen lassen Körperpflege nicht zu Abwehr bei Ag-<br />

gression), Hilflosigkeit und Überforderung erfordern Psychohygiene, Ausgleich in<br />

der Freizeit, Teamsitzungen und bei Bedarf Angebote für Supervision. Eine Ko-<br />

operation <strong>mit</strong> den Konsiliarärzten ist für eine adäquate Behandlung und Versor-<br />

gung unerlässlich. Insgesamt benötigen die Pflegenden ein – an die Bedürfnisse<br />

der BewohnerInnen angepasstes – Wohnkonzept.<br />

Eine offene Wohnstruktur benötigt<br />

eine Rückzugsmöglichkeit für demenzerkrankte BewohnerInnen. Speziell für den<br />

Wohnbereich Zwurms1 zwischen 14 und 17 Uhr. Genügend Ruheplätze und Ni-<br />

schen und freie Wege um den Bewegungsdrang ausleben zu können sollten<br />

ebenfalls vorhanden sein.<br />

5.3 Ziele und Grundsätze<br />

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, <strong>mit</strong> den gewonnenen Informationen der Litera-<br />

turrecherche ein geeignetes Versorgungskonzept zu finden, das sowohl für Be-<br />

wohnerInnen <strong>mit</strong> und ohne Demenz, als auch für die Pflegenden eine Optimierung<br />

der gegenwärtigen Wohnsituation darstellt.<br />

In der Langzeitpflege lassen sich neben der traditionellen integrativen Versorgung<br />

folgende Wohnkonzepte für demenziell erkrankte BewohnerInnen unterscheiden:<br />

o Teilintegratives oder teilsegregatives Versorgungskonzept (Integrations-<br />

prinzip): demenzerkrankte und nichtdemenzerkrankte BewohnerInnen le-<br />

ben gemeinsam in einem Wohnbereich und werden tagsüber in eigenen<br />

Räumlichkeiten in einer speziellen Gruppe nur für demenzerkrankte Be-<br />

wohnerInnen betreut.<br />

o Segregative Betreuung (Domusmodell): Demenzerkrankte BewohnerInnen<br />

leben gemeinsam in einem demenzgerecht gestalteten Wohnbereich und<br />

erhalten eine rund um die Uhr Betreuung<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 71


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Mit der Einführung eines neuen Wohnkonzeptes sollen folgende Ziele erreicht<br />

werden:<br />

o es soll eine an die demenzerkrankten BewohnerInnen angepasste de-<br />

menzgerechte Versorgung ermöglicht werden<br />

o es soll zur Entlastung der MitbewohnerInnen führen<br />

o es soll eine Entschleunigung der Pflegepersonen ermöglichen<br />

o das Wohlbefinden für sämtliche Beteiligten soll gefördert werden<br />

5.4 Konzeptionelle Grundsatzentscheidung<br />

Aus den relevanten Rechercheergebnissen lässt sich für den Wohnbereich<br />

Zwurms1 eine teilintegrative Wohnform ableiten. Es soll ein ausgeglichenes Mit-<br />

einander von demenzerkrankten und nichtdemenzerkrankten BewohnerInnen er-<br />

möglicht werden, indem die demenzerkrankten BewohnerInnen tagsüber in eige-<br />

nen Räumlichkeiten in einer speziellen Gruppe betreut werden. Eine teilintegrative<br />

Versorgung, ist durchführbar, wenn innerhalb eines Wohnbereiches, bei weniger<br />

als einem Drittel der BewohnerInnen, eine <strong>mit</strong>telschwere Demenz auftritt (vgl.<br />

Grond 2009, 90). Dies trifft im Wohnbereich Zwurms1 derzeit zu. Zu diesem Er-<br />

gebnis haben auch die Erkenntnisse aus den verschiedenen Praktikas beigetra-<br />

gen, auf die nun eingegangen wird.<br />

Entscheidungshilfe durch fachspezifische Praktikumsstellen<br />

Im Rahmen der <strong>Master</strong>ausbildung erhielt die Verfasserin während verschiedener<br />

Praktikas einen Einblick in teilintegrative und segregative Versorgungskonzepte.<br />

Jedes der angeführten Konzepte wies sowohl Vor- als auch Nachteile auf. Es ließ<br />

den Schluss zu, dass keines der Konzepte direkt für die eigene Einrichtung über-<br />

nommen werden kann, sondern eine Anpassung auf die dortige Situation (wie bei-<br />

spielsweise Schweregrade der Demenz, Personalsituation, bauliche Umgebung)<br />

erfolgen muss. Da im Wohnbereich Zwurms1 die größte Belastung vor allem<br />

hauptsächlich in die Zeit der Nach<strong>mit</strong>tagsjause zwischen 14 und 17 Uhr durch<br />

ständiges Rufen fällt, würde eine teilintegrative Betreuung, in der die BewohnerIn-<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 72


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

nen vor allem <strong>mit</strong> herausforderndem Verhalten Zeitraum eine spezielle Betreuung<br />

erhalten, was zu einer Entlastung für alle Beteiligten bringen/darstellen führen.<br />

Zudem war zu beobachten, dass orientierte BewohnerInnen gegenüber den her-<br />

ausforderndem Verhalten ihrer MitbewohnerInnen toleranter sind, wenn sie wis-<br />

sen, dass diese in einem geregelten Zeitraum in eigenen Wohn betreut werden.<br />

Auffallend war, dass die BewohnerInnen die in der traditionellen Versorgungsform<br />

ständig am Wandern waren und Weglauftendenz hatten, im Zeitraum von 14 und<br />

17 Uhr, in der sie separat betreut wurden und angepasst dies nicht der Fall war.<br />

Dies konnte über einen Zeitraum von einer Woche beobachtet werden. Für die<br />

teilintegrative Versorgung erhielten die Pflegepersonen einen höheren Personal-<br />

schlüssel als bei der traditionellen Versorgung und laufende Fort- und Weitebil-<br />

dungen zum Thema Demenz.<br />

5.5 Vom IST-Zustand zum SOLL-Zustand<br />

Erst wenn man weiß, welchen Hafen man ansteuert,<br />

kann man den Wind richtig nutzen. (aus Dürrmann 2001, 129)<br />

Mit Hilfe den folgenden vier Phasen eines Projekts soll ein beispielhafter Projekt-<br />

auftrag für die Einführung eines teilintegrativen Versorgungskonzeptes entstehen.<br />

o Definitionsphase oder Anfangsphase<br />

o Planungsphase<br />

o Umsetzungsphase<br />

o Reflexion und Projektabschluss<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 73


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Definitionsphase<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

Mit der Gewinnung der MitarbeiterInnen soll bereits in der Definitionsphase be-<br />

gonnen werden. Wichtig ist dabei, dass sie sich freiwillig und gerne dafür ent-<br />

scheiden.<br />

Arbeitsschwerpunkte der Definitionsphase:<br />

o Durchführung einer IST-SOLL Analyse<br />

o Festlegung der Projektziele<br />

o Analyse der verfügbaren Ressourcen<br />

o Grobplanung<br />

o Projektauftrag (vgl. Bär 2010, 51ff.)<br />

Erstellung eines Projektauftrages<br />

Für die Erstellung eines Projektauftrages, werden im Rahmen einer Grobplanung<br />

die <strong>mit</strong> den Zielen im Zusammenhang stehenden Aufgaben definiert.<br />

Projekt<br />

„Leben <strong>mit</strong> Demenz im Wohnbereich Zwurms1“<br />

Ziel: Entwicklung und Einführung eines integrativen Versorgungskonzeptes zur<br />

bedürfnisorientierten Betreuung demenziellerkrankter BewohnerInnen <strong>mit</strong> <strong>mit</strong>tlerer<br />

und schwerer Demenz im Wohnbereich Zwurms1 im Pflegeheim Götzis bis Okto-<br />

ber 2013<br />

Aufgabenstellung:<br />

• Zusammenstellung des Pflege- und Betreuungsteams,<br />

• Qualifizierung der MA,<br />

• Entwicklung eine gemeinsamen Leitbildes,<br />

• Einarbeitung in und Auswahl von methodischen Ansätzen zur Pflege und<br />

Betreuung,<br />

• Neustrukturierung des Tagesablaufs,<br />

• Neugestaltung der Innenausstattung des Wohnbereichs<br />

• Auswahl und Erarbeitung der Konzeptbestandteile,<br />

• Umstellung der Pflegeplanung und –dokumentation<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 74


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Bis zum Projektende soll Folgendes erreicht sein:<br />

Stationäre Wohnformen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz<br />

• Alle MitarbeiterInnen des Pflege- und Betreuungsteams haben eine Fortbil-<br />

dung zur Betreuung demenzkranker Menschen besucht,<br />

• Ausstattung der neuen Räumlichkeit <strong>mit</strong> alltagsnahem Mobiliar ist abge-<br />

schlossen,<br />

• Leitfaden für die Pflegplanung, der sich an den Erfordernissen in der Ver-<br />

sorgung zur Betreuung demenzerkrankter Menschen orientiert, ist erstellt<br />

und wird angewendet,<br />

• Geontopsychiatrische Pflegestandards sind eingeführt und werden in der<br />

Pflegeplanung verwendet,<br />

• Biografiebogen für die Pflegedokumentation ist entwickelt und wird kontinu-<br />

ierlich geführt,<br />

• Das schriftliche Pflege- und Betreuungskonzept ist fertiggestellt.<br />

Budget:<br />

• Innenausstattung des Wohnbereichs<br />

• Basisfortbildung der MitarbeiterInnen<br />

Termine, Meilensteine:<br />

• Prokjektstart<br />

• Beginn der Planung<br />

• Eröffnung des neuen Wohnbereichs Stüble/Beginn der Umsetzung<br />

• Fertigstellung/schriftliche Konzept<br />

• Projektende<br />

AuftaggeberIn:<br />

ProjektleiterIn:<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 75


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim<br />

Fazit und Überlegungen zum weiteren Vorgehen<br />

6 Fazit und Überlegungen zum weiteren Vorgehen<br />

Es wurde deutlich, dass eine bedürfnisgerechte Versorgung für demenzerkrankte<br />

BewohnerInnen <strong>mit</strong> dem hohen Anteil an <strong>mit</strong>tleren und schweren Demenzerkran-<br />

kungen erforderlich ist. Eine stationäre Einrichtung in der die demenzerkrankten<br />

BewohnerInnen <strong>mit</strong> den nicht demenzerkrankten BewohnerInnen ohne Konzept<br />

<strong>mit</strong>versorgt werden, scheint sowohl für die Betroffenen als auch für die Mitbewoh-<br />

nerInnen und Pflegenden nicht mehr tragbar und zeitgemäß. Ob die Versorgung<br />

teilintegrativ oder segregativ erfolgen soll, ist in jedem Setting neu zu überprüfen.<br />

Da jeder demenziell erkrankte Mensch als Individuum seine individuellen Bedürf-<br />

nisse hat, gibt es kein Einheitskonzept. Aus den Recherchen ging jedoch hervor,<br />

dass eine integrative Wohnform für BewohnerInnen <strong>mit</strong> leichter Demenz und die<br />

segregative Wohnform für <strong>mit</strong>tlere bis schwer demenziell erkrankte BewohnerIn-<br />

nen <strong>mit</strong> herausfordernden Verhaltensweisen geeignet ist. Für den Wohnbereich<br />

Zwurms1 wird eine teilintegrative Versorgung vorgesehen.<br />

Gut vorstellbar ist, dass sich zwei Wohnbereiche am Versorgungskonzept beteili-<br />

gen, so können personelle Ressourcen genützt werden.<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 76


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim Literaturverzeichnis<br />

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STOPPE, G. (2006). Demenz, Springer Verlag, München<br />

STOPPE, G.; STIENS, G (Hg). (2009): Niedrigschwellige Betreuung von Demenz-<br />

kranken: Grundlagen und Unterrichtsmaterialien, W. Kohlhammer GmbH,<br />

Stuttgart<br />

TEPPER, M. (o.D.): Zitate zum Thema Demenz. Online im Internet<br />

http://alternbildung.wetpaint.com/page/Zitate+zum+Thema+Demenz [Stand<br />

10.02.2012]<br />

THEML, T.; JAHN, Th. (o.D.): Neuropsychologische Untersuchung. In: Förstl, H.<br />

(Hg.) (2009): Demenzen in Theorie und Praxis, 2. aktual. überarb. Aufl.,<br />

Heidelberg, S. 165<br />

UNIVERSITÄT WITTEN /HERDECKE (2007), Demenz-Leitlinie Haupttext. Online<br />

im Internet unter http://www.evidence.de/Leitlinien/leitlinien-<br />

intern/Demenz_Start/DemenzText/demenztext.html [Stand 18.03.2012]<br />

WALEWSKI, M. (2002a): Demenz in Altenpflegeheimen: Studie zur Bewohner-<br />

struktur im Hinblick auf gerontopsychiatrisch bedingte Pflegeprobleme,<br />

Schlütersche, Hannover<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 82


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim Literaturverzeichnis<br />

WALEWSKI, M. (2002b): Herausforderung Demenz: Die Pflege zwischen An-<br />

spruch und Alltagsbedingungen, Schlütersche, Hannover<br />

WALLESCH, C-W.; FÖRSTL, H. (Hg.) (2005): Demenzen, Thieme, Stuttgart<br />

WESTHOFF, E. (2010): Nicht verstecken! Reden! Wie Menschen <strong>mit</strong> Behinderung<br />

leben, Books on Demand, Norderstedt<br />

WEYERER, S. (2010): Demenzkranke in Einrichtungen der stationären Altenhilfe:<br />

Besondere und traditionelle Versorgung im Vergleich: Pflegeoasen – eine<br />

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WEYERER, S.; SCHÄUFELE, M. (2006): Evaluation der besonderen stationären<br />

Dementenbetreuung in Hamburg In: Bundesministerium für Familie, Senio-<br />

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https://docs.google.com/viewer?a=v&q=cache:bQNlaMITvloJ:www.bmfsfj.d<br />

e/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/Demenz-<strong>aktuell</strong>e-<br />

Foschung-und-<br />

Projek-<br />

te,property%3Dpdf,bereich%3Dbmfsfj,sprache%3Dde,rwb%3Dtrue.pdf+:Qu<br />

erschnittsbefra-<br />

gung+anhand+eines+von+der+Arbeitsgruppe+Psychogeriatrie+entwickelte<br />

n+und+validierten+Fragebogens&hl=de&gl=at&pid=bl&srcid=ADGEESg9Ef<br />

w6lV_xhiz-<br />

bUiRrzHHK6SJ0fD5S70ySAxUKUUPWaISe0wEFMSTehM6gQNtfkUoywvl<br />

N4B7ck1xT6KB8cDNzvBZ-<br />

TbkzqAC_AiPVJQELbQC1ZMAaBNbOrrR2efJv33VBaGC&sig=AHIEtbTJ5<br />

maVZ-xE5RWh_UcnVWRsoH1XFA [Stand 30.04. 2012]<br />

WEYERER, S.; SCHÄUFELE, M.; HENDLMEIER, I. (2005): Besondere und tradi-<br />

tionelle stationäre Betreuung demenzkranker Menschen im Vergleich. In:<br />

Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie. Band 38, Nummer 293, Steinkopff<br />

Verlag, Darmstadt, S. 1-10<br />

WITTEN/HERDECKE (2007): Demenz-Leitlinie Haupttext. Online im Internet unter<br />

http://www.evidence.de/Leitlinien/leitlinien-<br />

intern/Demenz_Start/DemenzText/demenztext.html [Stand 11.02.2012]<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 83


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim Literaturverzeichnis<br />

WOJNAR, J. (2001): Demenzkranke verstehen. In: Dürrmann, P (Hg.) (2001): Be-<br />

sondere stationäre Dementenbetreuung, Verlag W. Kohlhammer GmbH,<br />

Hannover<br />

ZIMMERMANN; J. (2009): Leben <strong>mit</strong> Demenz: Spezielle Wohnformen für demen-<br />

ziell erkrankte Menschen, Diplomica Verlag GmbH, Hamburg<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 84


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim 8 Anhang<br />

8 Anhang<br />

Die nachfolgenden Fragebogen für MMST und Uhrentest von der Spezialambu-<br />

lanz für Gedächtnisstörungen am AKH Wien zur Verfügung gestellt.<br />

Der Mini-Mental-Status<br />

Orientierungsvermögen<br />

Richtige<br />

Antwort = 1<br />

Punkt<br />

Total<br />

Punkte<br />

1. Fragen Sie nach: Jahr 1<br />

Jahreszeit 1<br />

Monat 1<br />

Datum 1<br />

Wochentag 1<br />

2. Fragen Sie nach: Staat 1<br />

Merkfähigkeit<br />

Bundesland 1<br />

Stadt bzw. Ortschaft 1<br />

Spital 1<br />

Stockwerk 1<br />

3. Nennen Sie 3 Gegenstände (z.B. Uhr, Schilling,<br />

Boot). Der Patient soll sie wiederholen (1 Punkt für<br />

jede korrekte Antwort). Wiederholen Sie die 3 Beg-<br />

riffe, bis der Patient alle gelernt hat.<br />

Aufmerksamkeit und Rechnen<br />

4. Beginnend <strong>mit</strong> 100, jeweils 7 subtrahieren (1<br />

Punkt für jede korrekte Antwort; Stopp nach 5<br />

Antworten). Andere Möglichkeit: Lassen Sie ein<br />

Wort <strong>mit</strong> 5 Buchstaben rückwärts buchstabieren<br />

(z.B. WIESE).<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 85<br />

3<br />

5


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim 8 Anhang<br />

Erinnerungsfähigkeit<br />

5. Fragen Sie nach den Namen der unter (3) ge-<br />

nannten Gegenstände (1 Punkt für jeden richtigen<br />

Begriff).<br />

Sprachvermögen und Verständnis<br />

6. Zeigen Sie einen Bleistift und eine Uhr. Der<br />

Patient soll diese benennen (1 Punkt pro richtiger<br />

Antwort).<br />

7. Lassen Sie nachsprechen: "Bitte kein Wenn und<br />

Aber."<br />

8. Lassen Sie eine 3teilige Anweisung ausführen,<br />

z.B. "Nehmen Sie das Blatt Papier in die rechte<br />

Hand, falten Sie es in der Mitte und legen Sie es<br />

auf den Boden"<br />

9. Der Patient soll folgende auf einem Blatt (groß!)<br />

geschriebene Aufforderung lesen und sie befolgen:<br />

"Schließen Sie die Augen."<br />

10. Lassen Sie den Patienten einen Satz eigener<br />

Wahl schreiben: <strong>mit</strong> Subjekt und Prädikat; soll<br />

einen Sinn ergeben. (Bei der Bewertung spielen<br />

Schreibfehler keine Rolle.)<br />

11. Lassen Sie den Patienten unten stehende Abb.<br />

nachzeichnen (1 Punkt, wenn alle Seiten und Win-<br />

kel richtig sind und die Überschneidungen ein<br />

Viereck bilden).<br />

Total Punkte 30<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 86<br />

3<br />

2<br />

1<br />

3<br />

1<br />

1<br />

1


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim 8 Anhang<br />

Abbildung 4: Mini-Mental Status und Uhrentest<br />

Der Mini-Mental-Status (Mini Mental State Examination, MMSE, nach Folstein et al. 1975).<br />

Uhren - Test<br />

Sagen Sie dem Patienten: "Bitte zeichnen Sie eine Uhr <strong>mit</strong> allen Zahlen und Zei-<br />

gern. Die Zeiger sollen die Zeit 9:30 anzeigen. "<br />

Auswertung Uhren-Test:<br />

1. Ist die Zahl "12" oben ? 2 Punkte<br />

2. Sind alle 12 Zahlen vorhanden ? 1 Punkt<br />

3. Sind der Stunden- und Minutenzeiger vorhanden ? 2 Punkte<br />

4. Entspricht die von Ihnen angegebene Uhrzeit der Zeigerstellung ? 2 Punkte<br />

Maximum mögliche Punkte 7 Punkte<br />

Quelle: Arbeitsgruppe Psychogeriatrie, ZI Mannheim, J5, 68159 Mannheim<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 87


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim 8 Anhang<br />

Quelle: https://docs.google.com/viewer?a=v&q=cache:w9wFh2efQaIJ:www.kleeblatt-<br />

ggmbh.de/fileadmin/kleeblatt/user_upload/PDF/Cohen-Mansfield-Skala.pdf+Quelle:+Cohen-<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 88


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim 8 Anhang<br />

Mans-<br />

field+Skala+(mod.)&hl=de&gl=at&pid=bl&srcid=ADGEESihcXnJaobPQD4jfXeTPvaq21ofPLuu1D8<br />

1dNHIfiJeNWJcZfFIkvthHyiyHP6wwzWkz4nEstITJPj1h6KB-<br />

Mnd_TPTMz02DLQ8s63t79_alqaYMLXY1V9O2nzq5kZW215UZetH&sig=AHIEtbSfNImaHqkjmwd<br />

ZYHxz6rK7J7QRlg<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 89


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim 8 Anhang<br />

Quelle: http://www.demenz-wg.de/texte/0_NOSGER-Skala.pdf<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 90


Wohnalternativen für Menschen <strong>mit</strong> Demenz im Pflegeheim 8 Anhang<br />

Bestimmung des Schweregrades der Demenz in 7 Stufen durch die Global Deteri-<br />

oration Scale (GDS) nach Berry Reisberg:<br />

Stadium 1<br />

Keine Einbußen<br />

Stadium 2<br />

Zweifelhafte kognitive Einbußen<br />

Vergisst vertraute Gegenstände und früher bekannte Namen.<br />

Stadium 3<br />

Geringe kognitive Einbrüche<br />

Wortfindung, Objektbeschreibung, Konzept-Definition, verbale Flüssigkeit, Orientierung an fremden<br />

Orten, verlegt und verliert Wertgegenstände, Arbeitsleistung, Konzentration, Ausbildung von<br />

Gedächtnis, depressive Verstimmung.<br />

Stadium 4<br />

Mäßige Einbußen<br />

Wortfindung…, Schreiben nach Diktat, Ausbildung von Gedächtnis, komplexe Aufgaben (z.B. Umgang <strong>mit</strong> Finan-<br />

zen oder serielle Subtraktion), Mimik-Gestik, Erinnerung der letzten 10 Jahre des eigenen Lebenslaufs, Orientie-<br />

rung an bekannten Orten.<br />

Stadium 5<br />

Mittelschwere kognitive Störung<br />

Auch formale Aspekte der Sprache, koordinatives Assoziieren, Schreiben nach Diktat, kommt ohne Hilfe nicht mehr zurecht - z.B.<br />

bei der Auswahl situationsgerechter Kleidung; Mimik-Gestik; der eigene Lebenszusammenhang; Orientierung generell in Raum und<br />

Zeit, auch in bekannter Umgebung.<br />

Stadium 6<br />

Schwere kognitive Einbrüche<br />

Sprache; apraktische Störungen; Kleidung, Ernährung, Hygiene; Tag-Nacht-Rhythmus: Lebenszusammenhang; Zählen -1 bis 10- vorwärts und<br />

rückwärts, Persönlichkeitsveränderungen und Gefühlsstörungen; Inkontinenz.<br />

Stadium 7<br />

Sehr schwere kognitive Einbrüche<br />

Häufig totaler Sprachverlust; Verlust der Fähigkeit zu gehen und der Fähigkeit zu sitzen; Verlust der Fähigkeit zu lächeln; Das Gehirn scheint den Körper nicht mehr<br />

zu steuern; Inkontinenz; Gedächtnis; Orientierung; Stupor; Koma.<br />

Üblich ist zur Schweregrad-Bestimmung auch das Clinical Dementia Rating (CDR).<br />

cc<br />

CDR 0 = keine Demenz<br />

CDR 0,5 = fragliche Demenz<br />

CDR 1 = leichte Demenz<br />

CDR 2 = <strong>mit</strong>telschwere Demenz<br />

CDR 3 = schwere Demenz<br />

Quelle: Die Alzheimer-Krankheit, Christoph Hock, Gunter Narr Verlag, 2000<br />

Karl-Franzens-Universität Graz 91

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