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Die Sprache des Parfums

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1.2.4. Inkongruenz auf der lexikalischen Ebene<br />

Inkongruenz auf der lexikalischen <strong>Sprache</strong>bene liegt vor, wenn in korrekt<br />

gebildeten Wortgruppen (z.B. Nominalguppen) die Bedeutungen der ein-<br />

zelnen Komponenten auf Grund konfligierender semantischer Merkmale<br />

nicht zueinander passen, wenn irgendeine Art von lexikalischer Solidari-<br />

tätsverletzung vorliegt und sich dadurch eine Abweichung zur Norm ma-<br />

nifestiert. Hoffstaedter (1986) betont, dass „eine zentrale Klasse seman-<br />

tischer Abweichungen (...) in der Verletzung von Selektionsrestriktionen“<br />

besteht (Hoffstaedter 1986: 22).<br />

Eine NGr bestehend aus Artikel + attributiv gebrauchtem Adjektiv als Ad-<br />

junkt + Substantiv ist im Deutschen ein Standardsyntagma, so dass sie<br />

im Satz<br />

Das grüne Auto nahm mich mit<br />

selbstverständlich ist. Variiert man aber den Satz zu<br />

*Das wütende Auto nahm mich mit<br />

fällt das Adjektiv wütend auf, weil es das semantische Merkmal [+<br />

menschliche Eigenschaft] enthält, Auto aber nicht ein Element aus der<br />

Kategorie Mensch ist, also in dem semantischen Merkmal [menschlich]<br />

nicht mit wütend übereinstimmt. Sicherlich können neben Menschen<br />

auch Tiere wütend sein. Tierische Wut wird aber in dieser Arbeit keine<br />

Rolle spielen. Der fiktive Umstand, dass in dem Roman Christine (King<br />

1986) ein Auto menschliche Charakterzüge annimmt, wütend wird und<br />

rachevolle Jagd auf Menschen macht, ist originell, aber als Marginalie zu<br />

behandeln.<br />

Zwischen wütend und Auto herrscht in jedem Fall semantische Inkon-<br />

gruenz. Auch hierbei wird der Leseprozess unterbrochen, weil die Kon-<br />

gruenzverletzung als ‚semantischer Fehler’ auffällt und dadurch geson-<br />

derte Aufmerksamkeit beansprucht. Man findet also erneut die Deauto-<br />

matisierung <strong>des</strong> Leseprozesses als Effekt der poetischen Sprachfunktion<br />

bestätigt.<br />

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