Die Sprache des Parfums

der morphologischen Form der Verben auf engem textlichen Raum fügt
ihrer Semantik noch eine Qualität hinzufügt, nämlich eine poetische.
Als subtilerer Sonderfall der lexikalischen Rekurrenz kann die Akkumula-
tion von Lexemen eines speziellen lexikalischen Feldes verstanden wer-
den.
Der Lyriker Georg Trakl verwendet dem Gedicht Verfall (entstanden
1909) eine hohe Zahl an Adjektiven, die visuelle/farbliche Beschrei-
bungsqualitäten haben. Sie können dem lexikalischen Feld Farbbe-
schreibungen zugeordnet werden. Sie gehören somit einem Paradigma
an und werden in diesem Gedicht in auffälliger Dichte auf die syntagma-
tische Linearität des Textes projiziert.
„Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten,
Folg ich der Vögel wundervollen Flügen,
Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen
Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.
Hinwandelnd durch den dämmervollen Garten
Träum ich nach ihren helleren Geschicken
Und fühl der Stunden Weiser kaum mehr rücken.
So folg ich über Wolken ihren Fahrten.
Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern.
Die Amsel klagt in den entlaubten Zweigen.
Es schwankt der rote Wein an rostigen Gittern,
Indes wie blasser Kinder Todesreigen
Um dunkle Brunnenränder, die verwittern,
Im Wind sich fröstelnd blaue Astern neigen“
(Trakl 1913: Verfall; Hervorhebungen von mir).
Die acht isolierten Adjektive sind:
klar, dämmervoll, hell, rot, rostig, blass, dunkel, blau.
Unabhängig von einer eventuellen Intention des Autors kann man fest-
stellen, dass die häufige Nennung entsprechender Farbbezeichnungen
41