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Die Sprache des Parfums

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1.1.2. Poetizität als Selbstreferenz <strong>des</strong> sprachlichen Zeichens<br />

<strong>Die</strong> poetische Funktion lenkt nach Jakobson die Aufmerksamkeit auf die<br />

Nachricht als solche (vgl. Jakobson 1981: 25). <strong>Die</strong>s kann beispielsweise<br />

folgendermaßen geschehen. <strong>Die</strong> signifikantenseitig erzeugte, auditiv<br />

wahrnehmbare Qualität der regelmäßigen (= ungewöhnlichen) Lautung<br />

in dem oben bereits erwähnten Beispielsatz<br />

Herab, herab der Regen fällt; der Regen, Regen fällt herab<br />

hat durch seine ungewöhnliche lautliche Regelmäßigkeit, durch sein<br />

Metrum, die Eigenschaft, die Aufmerksamkeit <strong>des</strong> Lesers an das lautli-<br />

che Material zu binden und sie von der Signifikatenseite abzulenken.<br />

Link (1992) spricht angesichts dieses Phänomens von der Desemantisie-<br />

rung <strong>des</strong> Signifikaten zugunsten einer Semantisierung <strong>des</strong> Signifikanten<br />

und bezeichnet diesen Prozess als Überstrukturierung und als ein konsti-<br />

tutives Merkmal für so genannte überstrukturierte Texte (vgl. Link 1992:<br />

95 ff.). Bei der Konstruktion derartiger Texte besteht „das (…) Verfahren<br />

(…) darin, gleichzeitig lautliche und semantische Paradigmata auf das<br />

Syntagma <strong>des</strong> Textes abzubilden (…)“ (Link 1992: 93) und damit die<br />

Signifikantenseite zu semantisieren, also ihr gewissermaßen eine kom-<br />

munikative Relevanz zuzuschreiben sowie die Signifikatenseite zu de-<br />

semantisieren, also von der referentiellen Bedeutung abzulenken. Der<br />

Satz liefert einerseits die referentielle Information <strong>des</strong> Regnens. Ande-<br />

rerseits kann man argumentieren, dass die metrische Struktur <strong>des</strong> Bei-<br />

spielsatzes das Fallen der Regentropfen ikonisch repräsentiert, indem<br />

sie eine Ähnlichkeit aufweist mit dem zumin<strong>des</strong>t potenziell rhythmischen<br />

Tropfen <strong>des</strong> Regens. (Der Begriff der Ikonizität als motivierter Semiose-<br />

modus wird ausführlich rekonstruiert in Kapitel 1.4.3.)<br />

„Dadurch, daß das Prinzip der Abbildung einer paradigmatischen Ordnung auf<br />

ein Syntagma mehrfach (auf mehreren Ebenen der Struktur gleichzeitig) an-<br />

gewendet wird, entsteht eine enge gegenseitige Beziehung zwischen den E-<br />

benen. (...). Solche Texte sind (...) überstrukturiert“ (Link 1992: 93).<br />

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