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Die Sprache des Parfums

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günstiger, auch bei eventuellen sprachlichen Mitteln voll auf die kreative<br />

Suggestion sprachlich evozierter Bilder und Szenarien zu setzen, bei<br />

denen der faktische Duft im Grunde zweitrangig ist. <strong>Die</strong>se Verbalsugges-<br />

tionen dürfen sich aber keinesfalls als <strong>des</strong>kriptiv tarnen, sondern müssen<br />

offen und selbstbewusst auftreten, denn durchschaut werden sie vom<br />

Leser ohnehin. Damit einher geht jedoch die Notwendigkeit einer hohen<br />

Sensibilität für poetische Sprachmittel, also eine hohe poetisch-<br />

kommunikative Kompetenz. Und die scheint mir auf Seiten der Verant-<br />

wortlichen für Parfumwerbetexte nicht immer gegeben zu sein.<br />

Einen kreativen und unbedingt begrüßenswerten poetisch-verbalen Vor-<br />

stoß in die Domäne der <strong>Sprache</strong> <strong>des</strong> <strong>Parfums</strong> riskiert der Münchner Lyri-<br />

ker Albert Ostermaier. Für ein Parfum-Special der Zeitschrift InStyle (Au-<br />

gust 2002) schrieb Ostermaier als Promotionsaktion Prosagedichte zu<br />

19 Frauenparfums renommierter Marken, darunter etwa Jean Paul Gaul-<br />

tier, Calvin Klein oder Bulgari. In diesen Texten versucht der Autor nicht<br />

krampfhaft, mit ‚schönen’ Worten einen Duft zu beschreiben, sondern die<br />

Texte sind strukturell poetisch angelegt. So heißt es beispielsweise über<br />

das Eau de Toilette Mania von Giorgio Armani:<br />

„Ich bin süchtig nach dir, wie ein Fieber strahlst du durch meine Nerven. Ich<br />

lege meine Hände in ein Eisfach und warte, dass sie auf deinen Wangen zer-<br />

springen in einen unendlichen Regen aus Fingerspitzentropfen. Ich will das<br />

Meer sein, die Summe der Flüsse, die auf den Wellen deines Körpers in dei-<br />

nen Bauchnabel fließen“ (Ostermaier 2002: 149).<br />

Und zu dem Duft L’eau der Firma Strenesse schreibt Ostermaier unter<br />

anderem:<br />

„<strong>Die</strong> Wolken, wie sie deine Haut erahnen und sich vom Wind den Schwung<br />

deiner Schultern erzählen lassen, bevor sie weiterziehen in einen warmen<br />

Gewitterregen“ (Ostermaier 2002: 150).<br />

Hier wird gar nicht erst der unsinnige Versuch unternommen, sich dem<br />

Parfumgeruch beschreibend zu nähern, sondern Ostermaier lässt seine<br />

verbale Kreativität buchstäblich von dem jeweiligen Duft sowie dem Na-<br />

men <strong>des</strong> <strong>Parfums</strong> inspirieren. Selbstverständlich ist der Output hochgra-<br />

dig subjektiv, aber genau das darf und muss er sogar sein. Ob ein syn-<br />

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