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Die Sprache des Parfums

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nige Art der Fragestellung. <strong>Die</strong> Farb- und Formkonstellation <strong>des</strong> Bil<strong>des</strong><br />

ist bereits seine Bedeutung. Das Bild sieht halt so aus; man muss es ja<br />

nicht verstehen.<br />

„’Das Bild sagt mir sich selbst’ – möchte ich sagen. D.h., daß es mir etwas<br />

sagt, besteht in seiner eigenen Struktur, in seinen Formen und Farben. (Was<br />

hieße es, wenn man sagte ‚Das musikalische Thema sagt mir sich selbst’?“<br />

(Wittgenstein 2 1980: 225).<br />

Oder man stelle sich den Fall vor, dass jemand ein umgedrehtes Pinkel-<br />

becken an die Wand montiert und es für ein Kunstwerk erklärt. ‚Wo ist<br />

die Bedeutung dieses Kunstwerks?’ ‚Was will uns der Künstler damit sa-<br />

gen?’ ‚Was will er ausdrücken?’ ‚Was ist daran schön?’ <strong>Die</strong>se Fragen<br />

sind wenig hilfreich. Dass das Pinkelbecken an der Wand hängt und als<br />

Kunst bezeichnet wird, ist bereits der Ausdruck <strong>des</strong> Künstlers. Was gibt<br />

es da noch zu fragen? Aber eine derartige Auffassung von Ästhetik<br />

scheint in der Alltagswahrnehmung leider schwer bis gar nicht wert-<br />

schätzbar zu sein, weil wahrscheinlich die illusorische Sehnsucht nach<br />

der ‚wahren’ tieferen Bedeutung eines Kunstwerks oder überhaupt eines<br />

Zeichens noch allzu verbreitet ist.<br />

Und die untersuchten Verben in den Parfumtexten? Wenn man durch die<br />

referentielle Brille irgendwelche Gebrauchstexte <strong>des</strong> Alltags betrachtet,<br />

geht man wie selbstverständlich davon aus, dass Verben eine Tätigkeit<br />

oder Handlung bezeichnen. Das ist normal. Selbst wenn es um Werbe-<br />

texte geht, von denen allgemein bekannt ist, dass sie immer auch sug-<br />

gestiven Charakter haben, kommt man nicht auf die Idee, die Verben<br />

hätten eine andere Funktion. Das ist genauso normal. Es erfordert schon<br />

einige kreative Anstrengung und Abstraktionsfähigkeit, von dieser kon-<br />

ventionell zementierten Rezeptionsgewohnheit abzurücken und in den<br />

Verben der Parfumtexte etwas Anderes zu sehen, in ihnen eine andere<br />

Funktion wahrzunehmen als diejenige der ‚Tuwörter’. Aber wer ist schon<br />

bereit diese Anstrengung aufzubringen, mit Ausnahme <strong>des</strong> Wissen-<br />

schaftlers, der ein Buch über die <strong>Sprache</strong> <strong>des</strong> <strong>Parfums</strong> schreibt? Und<br />

nebenbei: Was kann ein Parfum streng genommen eigentlich schon an-<br />

deres tun als riechen, duften oder gegebenenfalls stinken? Den Texten<br />

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