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Die Sprache des Parfums

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nehmung <strong>des</strong> Lesers machen das stilistische Verfahren aus. Während<br />

eine dem Verb adäquate semantische Rolle automatisch dekodiert wird<br />

und damit nicht weiter auffällt, fällt deren Unangemessenheit sehr wohl<br />

auf, zieht die Leseraufmerksamkeit über Gebühr auf sich und muss da-<br />

her deautomatisiert dekodiert werden. Man kann also konsistenterweise<br />

vermuten, dass diese Kontrastwahrnehmung, die von den AL erspürt,<br />

teilweise sogar benannt und mit <strong>des</strong>kriptiven Mitteln an Hand <strong>des</strong> Ge-<br />

samtkorpus abgesichert wurde, verantwortlich ist für die Deautomatisie-<br />

rung <strong>des</strong> Leseprozesses. Damit kann sie legitimerweise als methodisch<br />

fundiert herausgearbeiteter, poetisch relevanter sprachlicher Stimulus<br />

gewertet werden, der die Dominanz der poetischen Funktion anzeigt.<br />

Nimmt man bei der Explikation der Verben diese jedoch als lexikalische<br />

Einheiten in den Blick, bietet sich das Konzept <strong>des</strong> Makrokontextes an<br />

um ihre poetische Relevanz nachzuweisen. Das situative Setting, in das<br />

die Texte eingebettet sind, also die Tatsache, dass die als Produktbe-<br />

schreibungen für ein Parfum werben, determiniert auch bezüglich der<br />

gebrauchten Verben die Erwartung, dass sie etwas über den Duft aus-<br />

sagen. Da aber die prozessual-dynamischen Verben zur Beschreibung<br />

<strong>des</strong> Duftes nichts beitragen, sondern lediglich auf ikonische Weise den<br />

Duftablauf simulieren, brechen sie von vornherein mit dem zu erwarten-<br />

den Makrokontext, noch bevor er sich textlich manifestiert hat. Der zu<br />

erwartende Makrokontext bleibt damit virtuell oder latent. Man würde als<br />

Kontext-Pattern Verben wie duften oder riechen erwarten. Es handelt<br />

sich bei dem inflationären Gebrauch prozessual-dynamischer Verben<br />

gewissermaßen um die synästhetische Inszenierung einer Synonymiere-<br />

lation zu duften und riechen. Weil diese Erwartung aber enttäuscht wird<br />

und die Inszenierung nicht akzeptiert wird, ziehen die semantisch unan-<br />

gemessenen Bewegungsverben sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Sie<br />

determinieren eine Kontrastwahrnehmung zu den erwarteten Verben <strong>des</strong><br />

virtuellen Makrokontextes und können somit ebenfalls als poetisch rele-<br />

vant betrachtet werden.<br />

<strong>Die</strong>se Verben sind insofern als synästhetisch im weiteren Sinne zu be-<br />

trachten, als sie vorgeben, bei der Beschreibung der Düfte eine informie-<br />

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