Die Sprache des Parfums

Das Verb bestechen ist bereits im standardsprachlichen Deutsch in un-
eigentlicher Bedeutung lexikalisiert, wobei der Abstraktionsgrad bei Les-
art-2 höher ist als bei Lesart-1. Die konkrete sinnliche Erfahrung des
Stechens, also des Verletzens der Haut, die der abstrakt-
metaphorischen Lesart zu Grunde liegt, wird bei Wahrig (1994) nicht
thematisiert. Sie ist allerdings leicht rekonstruierbar durch die Paraphra-
sen in Tabelle 38.
Lesart Lexikalisiertes Abstraktum Konkrete Paraphrase
bestechen (1) Geld/Geschenke geben
bestechen (2) Aufmerksamkeit erregen
Tabelle 38: Paraphrasen des Verbs bestechen
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Jemanden stechen und dadurch
Aufmerksamkeit erregen
Beide Einträge bei Wahrig (1994) legen nahe, dass es sich beim Verb
bestechen um eine so genannte verblasste oder tote Metapher handelt,
bei der die ursprünglich konkrete Bedeutung des Stechens (einen Stich
geben) nicht mehr wahrgenommen wird (vgl. Nöth 2 2000: 346). Demge-
genüber steht jedoch die authentische Leserbemerkung, die empirisch
belegt, dass das Verb sehr wohl noch in der eigentlichen, konkreten Be-
deutung verstanden werden kann; immerhin wird die Assoziation zu ei-
nem „Messer” (AL-13) notiert. Die Annahme einer toten Metapher ist
damit genau genommen für diesen Fall falsifiziert und dieser Tatbestand
gibt nicht nur weitere Berechtigung, sondern macht es zur Pflicht, die
uneigentliche Verwendung dieses Verbs genau zu betrachten.
Einen weiteren interessanten Aspekt liefert der Kommentar von AL-25:
“Wie kann etwas Duftendes bestechen?” Angezweifelt wird hier die Herz-
note als duftenden Komponente des Parfums in der syntaktischen Funk-
tion des Subjekts. Auch wenn AL-25 nicht so weit geht, den konkret-
sinnlichen konzeptuellen Hintergrund des Stechens zu assoziieren, so
wird doch deutlich, dass bezüglich des Verbs bestechen die syntaktische
Rolle des Subjekts semantisch eigentlich nur von einem Menschen, zu-
mindest aber von einer belebten Entität, nicht aber von einem Parfum-