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IndustrIe HyBriDANTriEBE<br />

SimulationSumgebung<br />

zur analySe verSchiedener<br />

Hybridantriebs-Konfigurationen<br />

Der Antriebsstrang muss Anforderungen hinsichtlich Kraftstoffverbrauch und Abgasemissionen<br />

gerecht werden und gleichzeitig wirtschaftliche Gesichtspunkte sowie Kundenerwartungen erfüllen.<br />

Neue Konzepte mit mannigfaltigen Topologien rücken in den Fokus der Entwicklung und erhöhen<br />

die Freiheitsgrade, aber auch den Analyseaufwand. Eine von <strong>Bertrandt</strong> neu entwickelte Simulations-<br />

umgebung ermöglicht es, frühzeitig verschiedene Antriebsstrangkonfigurationen zu analysieren.<br />

48


AuTorEN<br />

dr.-Ing. olIver maIwald<br />

ist Teamleiter Powertrain<br />

in der <strong>Bertrandt</strong> ingenieurbüro<br />

GmbH in Neckarsulm.<br />

dIpl.-Ing. pamphIle poumbga<br />

ist Entwicklungsingenieur<br />

Powertrain-Applikation und<br />

Simulation in der <strong>Bertrandt</strong><br />

ingenieurbüro GmbH<br />

in Neckarsulm.<br />

dIpl.-Ing. rene regeIsz<br />

ist Entwicklungsingenieur<br />

Powertrain-Applikation und<br />

Simulation in der <strong>Bertrandt</strong><br />

ingenieurbüro GmbH<br />

in Neckarsulm.<br />

dIpl.-Ing. matthIas rühl<br />

verantwortet den<br />

Fachbereich Powertrain im<br />

<strong>Bertrandt</strong>-Konzern in Ehningen.<br />

KombInatIon moderner<br />

entwIcKlungswerKzeuge<br />

Effiziente und effektive Technik reduziert<br />

Kosten, Zeit und Aufwand des Entwicklungsprozesses.<br />

Nur durch die Kombination<br />

moderner Entwicklungswerkzeuge<br />

und technischem Know-how kann das<br />

herausfordernde Ziel von niedrigeren Emissionen<br />

und geringerem Kraftstoffverbrauch<br />

bei adäquater Motorleistung und Fahrspaß<br />

erreicht werden.<br />

In diesem Spannungsfeld entwickelte<br />

der <strong>Bertrandt</strong>-Konzern eine Simulationsumgebung,<br />

um frühzeitig verschiedene<br />

Antriebsstrangkonfigurationen zu analysieren.<br />

Die Intention ist es, unterschiedliche<br />

Maßnahmen quantitativ und qualitativ zu<br />

bewerten, und dabei Zusatzinformationen<br />

wie Navigations- oder Verkehrsdaten einzubeziehen.<br />

Als Folge dieser Analysefunktionalität<br />

der verschiedenen Antriebsstrangkonfigurationen<br />

auf Basis von<br />

Kraftstoffverbrauch, CO 2 - und Schadstoffemissionen<br />

werden die Konzept- und<br />

Serienentwicklungsprozesse zielführend<br />

unterstützt.<br />

aufbau der sImulatIon Im<br />

antrIebsstrangmodell<br />

Die Simulationsumgebung „Virtueller<br />

Antriebsstrang“, 1, basiert auf Matlab/<br />

Simulink. Einzelne Komponenten des<br />

Antriebsstrangs sind in Teilmodellen dargestellt<br />

und über Schnittstellen miteinander<br />

verknüpft. Das modular aufgebaute<br />

Gesamtmodell gewährleistet die Modifizierung<br />

von Teilmodellen, ohne dadurch<br />

andere Modelle zu beeinflussen.<br />

Das Gesamtmodell ist <strong>als</strong> zeitdiskrete<br />

Rückwärtssimulation konzipiert. Das<br />

heißt, die Fahrzeuggeschwindigkeit wird<br />

durch Vorgabe eines Geschwindigkeitsprofils<br />

wie zum Beispiel NEFZ, FTP75, US06<br />

oder Hyzem bestimmt. Über die Sollgeschwindigkeit<br />

des Fahrzeugs werden die<br />

vom Antriebsstrang aufzubringende Leistung,<br />

der Kraftstoffverbrauch, die Abgasemissionen<br />

und die Betriebspunkte des<br />

Verbrennungsmotors berechnet.<br />

grafIsche bedIenoberfläche<br />

Die Schnittstelle zwischen Benutzer und<br />

Simulationsumgebung ist eine grafische<br />

Oberfläche, über die die Antriebsstrangkonfiguration<br />

parametriert (siehe nächster<br />

Abschnitt „Modelle im Detail“) und der<br />

Simulationsablauf gesteuert wird. Nach<br />

Beendigung der Simulation werden alle<br />

Ergebnisgrößen wie zum Beispiel Motorleistung,<br />

Kraftstoffverbrauch und Mitteldruck<br />

in Dateiform gespeichert und grafisch<br />

visualisiert.<br />

modelle Im detaIl<br />

Die Beschreibung der Fahrzeugumgebung<br />

besteht hauptsächlich aus Informationen<br />

wie Fahrbahnsteigung, Luftfeuchte, Umgebungsdruck<br />

und Lufttemperatur. Diese<br />

Angaben sind für die Berechnung der Fahrwiderstände<br />

erforderlich.<br />

fahrzyKlus<br />

Als erstes Glied der Berechnungskette<br />

legt der Fahrzyklus die Sollgeschwindigkeit<br />

zeitlich fest. Die Vorgabe eines zeitlich<br />

definierten Fahrprofils bietet eine<br />

Basis für den Vergleich von Kraftstoffverbrauch<br />

und Schadstoffemissionen verschiedener<br />

Fahrzeuge beziehungsweise<br />

Antriebsstrangtopologien.<br />

Da die Fahrzeughersteller gesetzlich<br />

an die Kraftstoffverbrauchsermittlung<br />

in vordefinierten Fahrzyklen gebunden<br />

sind, bilden diese zugleich die Grundlage<br />

für die Antriebsstrangsimulation. Standardmäßig<br />

sind in der Simulationsumgebung<br />

die wichtigsten gesetzlichen Fahrzyklen<br />

wie NEFZ, FTP75, US06 sowie spezifische<br />

Zyklen wie Hyzem oder Artemis<br />

berücksichtigt. Zusätzlich können eigene<br />

Geschwindigkeitsprofile integriert<br />

werden.<br />

fahrermodell<br />

Die Sollgeschwindigkeit bildet die Eingangsgröße<br />

des Fahrermodells. Durch<br />

die Regelung der vom Fahrzeug geforderten<br />

Antriebsleistung versucht das <strong>als</strong><br />

PI-Regler entwickelte Fahrermodell die<br />

Ist-Geschwindigkeit der Sollgeschwindigkeit<br />

anzupassen. Hierdurch werden Über-<br />

und Unterschreitungen realitätsnah abgebildet,<br />

2. Um einen Fahrereinfluss auf<br />

das Abgastestergebnis auszuschließen<br />

oder verschiedene Antriebsstrangkonfigurationen<br />

direkt miteinander vergleichen<br />

zu können, kann die Geschwindigkeitsvorgabe<br />

im Fahrermodell exakt abgebildet<br />

werden. Das Fahrergewicht wird zu dem<br />

Leergewicht des Fahrzeugs addiert.<br />

01i2010 112. Jahrgang 49


IndustrIe HyBriDANTriEBE<br />

fahrwIderstände des<br />

gesamtfahrzeugs<br />

Innerhalb der Simulationsumgebung<br />

werden alle Leistungsflüsse (mechanisch,<br />

elektrisch) des gesamten Antriebsstrangs<br />

berechnet und die Einzelmodelle des<br />

Antriebsstrangs sequenziell miteinander<br />

verknüpft. Den Ausgangspunkt des<br />

Antriebsstrangmodells bildet die Ermittlung<br />

der erforderlichen Antriebsleistung,<br />

indem die vom Gesamtfahrzeug zu überwindenden<br />

Fahrwiderstände berechnet<br />

werden. Für die Berechnung des Gesamtwiderstands,<br />

der sich aus Roll-, Luft-,<br />

Steigungs- und Trägheitswiderstand<br />

zusammensetzt, werden die vom Benutzer<br />

definierten Parameter der Fahrzeugkonfiguration<br />

(Leergewicht inklusive Fahrer,<br />

Luftwiderstandsbeiwert, Frontfläche etc.)<br />

und die aktuelle Fahrgeschwindigkeit und<br />

-änderung benötigt. Das Radmodell wandelt<br />

die berechnete Leistungsanforderung<br />

in eine Drehmoment- und Drehzahlanforderung<br />

an den Antriebsstrang.<br />

achsübersetzungs- und<br />

dIfferentIalmodell<br />

Die erste Wandlung von Drehmoment und<br />

Drehzahl im „Virtuellen Antriebsstrang“<br />

erfolgt im Differentialmodell, das mit<br />

einem konstanten Wirkungsgrad und einer<br />

anwendungsspezifischen Übersetzung<br />

„bedatet“ ist. Last- und temperaturbedingte<br />

Wirkungsgradänderungen werden<br />

über Kennlinien/-felder berücksichtigt.<br />

getrIebemodell<br />

2 reglermodell „Fahrer“ (links) und resultierender qualitativer Geschwindigkeitsverlauf während einer Beschleunigungsphase (rechts)<br />

50<br />

1 Aufbau und Komponenten der Simulationsumgebung „Virtueller Antriebsstrang“<br />

Direkt an das Differentialmodell schließt<br />

das Getriebemodell ohne Antriebswelle an,<br />

das <strong>als</strong> Automatikgetriebe mit Drehmomentwandler<br />

oder <strong>als</strong> Schaltgetriebe mit<br />

Anfahrkupplung konfigurierbar ist. In beiden<br />

Fällen müssen die Anzahl der Gangstufen<br />

und die zugehörigen Übersetzungen<br />

definiert werden. Unter Berücksichtigung<br />

eines leistungsabhängigen Wirkungsgrades<br />

werden Getriebeausgangsdrehzahl und<br />

-drehmoment in Getriebeeingangsdrehzahl<br />

und -drehmoment übersetzt. Temperaturbedingte<br />

Einflüsse werden über Kennlinien<br />

beziehungsweise -felder abgebildet.<br />

drehmomentwandlermodell<br />

Bei der Simulation eines Automatikgetriebes<br />

wird zusätzlich ein Modell aktiviert,<br />

welches abhängig von der Eingangs- und<br />

Ausgangsdrehzahl des Drehmomentwandlers<br />

das effektive Motordrehmoment und<br />

die Motordrehzahl berechnet. Die Charakteristik<br />

dieses Drehmomentwandlers ist<br />

3 Kennlinienabhängige<br />

Modellierung des<br />

Drehmomentwandlers<br />

bei Automatikgetrieben


4 E-Maschinenmodell im<br />

Motorbetrieb<br />

hierbei stark von der jeweiligen Fahrzeugapplikation<br />

abhängig. Als Folge wird in<br />

der Antriebsstrangsimulation jeder Drehmomentwandler<br />

durch spezifische Kennlinien<br />

oder -felder parametriert. Die notwendigen<br />

Kenngrößen können durch Auswertung<br />

von Getriebe- oder Fahrzeugtests<br />

generiert werden. 3 zeigt exemplarisch<br />

die Kennlinien eines Drehmomentwandlers<br />

in einem Serienfahrzeug.<br />

verbrennungsmotormodell<br />

Die vom Drehmomentwandler- beziehungsweise<br />

Getriebemodell berechneten<br />

Motorbetriebspunkte werden an das Verbrennungsmotormodell<br />

<strong>als</strong> Eingangsgrößen<br />

übergeben. In diesem Modell ist die<br />

Charakteristik des Verbrennungsmotors<br />

hinsichtlich des spezifischen Kraftstoffverbrauchs,<br />

der CO 2 -Emission etc. in<br />

Kennfeldern hinterlegt. Neben der drehzahlabhängigen<br />

Volllastkurve des Motordrehmoments<br />

sind die Leistungshyperbeln<br />

definiert. Für die Bewertung von<br />

kraftstoffverbrauchsmindernden Betriebsstrategien<br />

wird ergänzend die drehzahlabhängige<br />

Leistungskurve des minimalen<br />

Kraftstoffverbrauchs berechnet.<br />

Durch die zeitliche Veränderung von<br />

Motorlast und -drehzahl des Verbrennungsmotors<br />

werden auf Basis der Motorkennfelder<br />

sowohl Zeitverläufe <strong>als</strong> auch kumulierte<br />

Werte von Kraftstoffverbrauch und<br />

Abgasemissionen approximiert. Teilmodelle<br />

des Verbrennungsmotors sind unter<br />

anderem die Schubabschaltung und die<br />

Leerlaufregelung, die einen maßgeblichen<br />

Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch<br />

haben. Lastwechselvorgänge werden <strong>als</strong><br />

idealer, instantaner Betriebspunktwechsel<br />

modelliert. Dynamische Einflüsse auf das<br />

Motorverhalten sind derzeit nicht abgebildet.<br />

Stochastische Modellansätze zur<br />

Approximation dieser Effekte befinden sich<br />

in der Entwicklung.<br />

auswertung und vIsualIsIerung<br />

Die während der Simulation aufgezeichneten<br />

Zeitverläufe relevanter Ergebnisgrößen<br />

aus den Einzelmodellen werden dem<br />

Modul „Auswertung und Visualisierung“<br />

übergeben. Neben generell dargestellten<br />

Ergebnissen wie dem mittleren Kraftstoffverbrauch<br />

oder den kumulierten Schadstoffemissionen,<br />

kann der Anwender nach<br />

der Simulation zu einer detaillierten Konzeptanalyse<br />

übergehen. Die Bedienoberfläche<br />

ermöglicht eine selektive Auswahl<br />

von Ergebnisgrößen, welche ausgewertet<br />

und visualisiert werden sollen. Unter<br />

anderem sind dies folgende Größen:<br />

: Zeitverläufe der Abgasemissionen und<br />

Temperaturen<br />

: Zeitverläufe von Leistungsflüssen,<br />

Drehzahlen und Drehmomenten<br />

: Verteilung der Lastpunkte des Verbrennungsmotors<br />

im spezifischen<br />

Verbrauchskennfeld<br />

: Häufigkeitsverteilung der Lastpunkte<br />

des Verbrennungsmotors.<br />

Eine vor der Antriebsstrangsimulation<br />

wählbare Option zur Variantenanalyse<br />

ermöglicht nach Spezifikation des so<br />

genannten Parameterraums den automatischen<br />

Vergleich von verschiedenen<br />

Fahrzeug- und Antriebsstrangkonfiguratio-<br />

nen unter konstanten Belastungsbedingungen.<br />

Die integrierte Visualisierungsoption<br />

der Berechnungsergebnisse unterstützt<br />

die Konzeptbewertungen. Durch die<br />

beschriebene Option sind beispielsweise<br />

die folgenden Variantenrechnungen zur<br />

schnellen Konzeptbewertung automatisiert<br />

durchführbar:<br />

:<br />

:<br />

:<br />

:<br />

:<br />

:<br />

Raddimensionen<br />

Getriebe- und Achsübersetzungen<br />

Motoren- beziehungsweise<br />

Applikationsstände<br />

Fahrzyklen<br />

Hybridkonzepte, -topologien<br />

Betriebsstrategien.<br />

hybrIde antrIebsstränge<br />

Die Simulationsumgebung „Virtueller<br />

Antriebsstrang“ bietet auch die Möglichkeit,<br />

Elektrifizierungsfunktionalitäten im<br />

Antriebsstrang zu berücksichtigen. Hierzu<br />

wird das Basisfahrzeug um ein Batteriemodell<br />

und ein E-Maschinenmodell erweitert,<br />

das die Verwendung der E-Maschine <strong>als</strong><br />

Motor und Generator berücksichtigt. Die<br />

Leistungselektronik für die Wandlung,<br />

Gleich- und Wechselrichtung der elektrischen<br />

Spannung ist ebenfalls in das<br />

E-Maschinenmodell integriert. Zeitdiskret<br />

wird im Motorbetrieb, abhängig von der<br />

Drehzahl der E-Maschine und dem maximalen<br />

Batteriestrom, das aktuell höchste<br />

Drehmoment berechnet, das die E-Maschine<br />

bereitstellen kann. Der Vergleich des<br />

geforderten und des verfügbaren Antriebsmoments<br />

legt abhängig von der Betriebsstrategie<br />

das tatsächlich aufzubringende<br />

Drehmoment der E-Maschine fest, 4. Die<br />

01i2010 112. Jahrgang 51


IndustrIe HyBriDANTriEBE<br />

Leistungsanforderung der E-Maschine wird<br />

dem Batteriemodell übergeben, in dem der<br />

Ladezustand der Batterie berechnet wird.<br />

Dieses Modell basiert auf einer Ersatzkapazität<br />

und dem Innenwiderstand der Batterie.<br />

Die Wirkungsgrade der E-Maschine für<br />

Motor- beziehungsweise Generatorbetrieb<br />

und der Batterie sind durch betriebstemperaturabhängige<br />

Kennlinien in den Modellen<br />

hinterlegt.<br />

Die anwendungsspezifische Konfiguration<br />

der Hybridisierung im Antriebsstrang<br />

erfolgt durch die Definition des Elektrifzierungsgrades,<br />

der Topologie sowie der<br />

Betriebsstrategie, 5. Menügeführt wählt<br />

der Anwender zwischen einer Mikro-,<br />

Mild- oder Vollhybridvariante, wobei ein<br />

Mikrohybrid einer Startstoppfunktion des<br />

Verbrennungsmotors entspricht. Bei der<br />

Auswahl der Mild- oder Vollhybridvariante<br />

52<br />

sind weitere Spezifikationen zu parametrieren.<br />

Diese beinhalten unter anderem die<br />

maximale Leistung des Elektromotors und<br />

die Batteriekapazität.<br />

Die Betriebsstrategie stellt das intelligente,<br />

sehr komplexe Zusammenwirken<br />

der Hybridkomponenten sicher. Dazu sind<br />

zahlreiche Regelungsansätze bereits in der<br />

Simulationsumgebung beinhaltet und<br />

neue Betriebsstrategien integrierbar.<br />

Durch das Antriebsstrangmanagement<br />

wird das Hybridfahrzeug etwa auf maximale<br />

Reichweite, niedrige Schadstoffemissionen<br />

oder Sportlichkeit abgestimmt.<br />

Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs<br />

bietet beispielsweise durch die Lastpunktverschiebung<br />

des Verbrennungsmotors<br />

Kraftstoffeinsparpotenzial. 6 zeigt das<br />

Schema einer Betriebsstrategie, bei der<br />

das Hybridfahrzeug abhängig von der<br />

6 Beispielhafte<br />

Betriebsstrategie bei<br />

einer Hybridfahrzeuganwendung<br />

geforderten Antriebsleistung rein elektrisch,<br />

im Bereich Lastpunktanhebung<br />

elektrifiziert oder rein verbrennungsmotorisch<br />

angetrieben wird. Je nach Batterieladezustand<br />

verschieben sich die Leistungsgrenzen<br />

P1 und P2 zwischen den<br />

verschiedenen Betriebsmodi. Verbrauchsungünstige<br />

Betriebspunkte des Verbrennungsmotors<br />

werden dadurch vermieden<br />

und der zusätzliche elektrische Antrieb<br />

effektiv eingesetzt.<br />

Die Erweiterung der Betriebsstrategie,<br />

zum Beispiel unter Berücksichtigung von<br />

Verkehrsfluss- oder topografischen Daten,<br />

ist durch die modular aufgebaute Simulationsumgebung<br />

darstellbar. Diese prädiktive<br />

Antriebsstrangregelung dient der vorausschauenden<br />

Berechnung der effizientesten<br />

Fortbewegungsmöglichkeit. Erste Ansätze<br />

berücksichtigen bereits topologi sche Daten<br />

in der Antriebsstrangregelung. Hierzu<br />

wurde ein eigener Zyklus mit Strecken-<br />

und Höheninformationen entwickelt.<br />

eleKtrofahrzeuge<br />

5 Darstellbare Hybridisierungsfunktionen<br />

<strong>als</strong><br />

Ergänzung zum konventionellen<br />

Antriebsstrang<br />

Die Hybridtechnik stellt in der derzeitigen<br />

Antriebsstrangentwicklung den Übergang<br />

vom verbrennungsmotorischen zum elektrischen<br />

Antrieb dar. Die Energiedichte der<br />

Batterien ist hierfür <strong>als</strong> eine Schlüsseltechnik<br />

der „Flaschenh<strong>als</strong>“ bei der völligen<br />

Elektrifizierung des An-triebsstrangs, weil<br />

die Reichweite bei rein elektrischer Fahrt<br />

derzeit zu gering und ihr Gewicht zu hoch<br />

ist. Elektrofahrzeuge sind jedoch aufgrund<br />

des hohen Gesamtwirkungsgrades ihres<br />

Antriebs und in Anbetracht der zuneh-


7 Bestimmung der verbrauchsoptimalen Elektrifizierungskombination aus E-Maschine und Batterie<br />

8 Vergleich der Betriebspunkte des Verbrennungsmotors im Motorkennfeld bei verschiedenen<br />

Antriebsstrangkonfigurationen im NEFZ-Fahrzyklus<br />

menden Knappheit fossiler Brennstoffe<br />

im urbanen Einsatzbereich eine vielversprechende<br />

Alternative zu konventionellen<br />

Antrieben. Das Antriebsstrangmodell<br />

ermöglicht daher auch die Simulation<br />

elektrischer Antriebsstränge. Die in einem<br />

Fahrzyklus geforderte Antriebsleistung<br />

wird von einer oder mehreren elektrischen<br />

Maschinen aufgebracht, die ihre Energie<br />

aus einer oder mehreren Batterien beziehen.<br />

Im beispielhaften Anwendungsfall<br />

eines Elektrofahrzeugs mit Radnabenmotoren<br />

wird bei der Antriebsimulation die<br />

geforderte Leistung auf zwei oder vier<br />

E-Maschinen verteilt. Der konventionelle<br />

Antriebsstrang inklusive Antriebachsen<br />

entfällt bei Radnabenantrieben und der<br />

mechanische Leistungsfluss reduziert sich<br />

auf die E-Maschinen und die Räder.<br />

eleKtrIfIzIerung eInes<br />

fahrzeugs der suv-Klasse<br />

In einem Anwendungsbeispiel wird ein<br />

SUV-Fahrzeug (äquivalente Schwungmasse<br />

größer <strong>als</strong> 2000 kg) mit Dieselmotor<br />

und einem konventionellen Antriebsstrang<br />

durch eine Parallelhybridkonfiguration<br />

erweitert. Um die bestmögliche<br />

Kombination aus E-Maschine und Batterie<br />

zu analysieren, wird auf Basis einer vordefinierten<br />

Betriebsstrategie mit dem Primärziel<br />

minimaler Kraftstoffverbrauch<br />

ohne gleichzeitige Beurteilung der Fahrdynamik<br />

eine Simulation durchgeführt, 7.<br />

Für dieses Anwendungsbeispiel und der<br />

zugrundeliegenden Betriebsstrategie ist<br />

eine Reduktion des Kraftstoffverbrauchs<br />

im Vergleich zum konventionellen<br />

Antriebsstrang (entspricht 100 %) um<br />

19 % möglich. Dazu sind eine elektrische<br />

Antriebsleistung von 20 kW und eine<br />

Kapazität der Lithium-Ionen-Batterie im<br />

Bereich von 8 Ah erforderlich. Die Simulationsdauer<br />

beträgt rund vier Stunden.<br />

Ein Vergleich der Lastpunkte des Dieselmotors<br />

im Motorkennfeld verdeutlicht das<br />

Optimierungspotenzial der Parallelhybridkonfiguration.<br />

Neben der rein-elektrischen<br />

Fahrweise wird der Verbrennungsmotor<br />

in Lastbereichen mit geringerem spezifischen<br />

Kraftstoffverbrauch (Lastpunktanhebung)<br />

betrieben, 8.<br />

zusammenfassung<br />

Mit der modular aufgebauten und flexiblen<br />

Softwareumgebung „Virtueller Antriebsstrang“<br />

hat der Entwicklungsdienstleister<br />

<strong>Bertrandt</strong> in Eigenverantwortung eine Analyse-<br />

und Auslegungsmöglichkeit für die<br />

Antriebsstrangentwicklung realisiert. Erste<br />

Validierungen mit realen Fahrzeugvergleichsdaten<br />

bestätigen die qualitative und<br />

quantitative Aussagefähigkeit bei adäquater<br />

Rechenleistung.<br />

Neben den zukünftigen Herausforderungen<br />

in der konventionellen Antriebsstrangtechnik<br />

wird sich der Komplexitätsgrad<br />

in der Antriebsstrangentwicklung<br />

durch die Zunahme der Hybrid- und Elektrofahrzeuge<br />

deutlich erhöhen. Leistungsfähige<br />

Entwicklungswerkzeuge werden<br />

diese Entwicklungstätigkeiten in einem<br />

stärkeren Maße unterstützen <strong>als</strong> bisher.<br />

<strong>Bertrandt</strong> geht mit der vorgestellten Softwareumgebung<br />

„Virtueller Antriebsstrang“<br />

einen weiteren Schritt, um <strong>als</strong><br />

Entwickler die Mobilität von Morgen<br />

mitzugestalten.<br />

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01i2010 112. Jahrgang 53

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