ZBFS-Britze - AFET
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<strong>ZBFS</strong><br />
Zentrum Bayern Familie und Soziales<br />
Bayerisches La ndesjugenda mt<br />
Nr 4 Ju irAugLrsl 2011<br />
Mitteilungsblatt<br />
Kinder- und Jugendhilfe ist für alle dal<br />
Was bringt die Große Lösung?<br />
Worum es bei der Großen Lösung geht<br />
Ein weit reichendes Thema hat die Fachdiskussion der Kinder und Jugendhilfe<br />
wiecier einmal fest im Griff: Die Große Lösung! Hierunter ist ein zukünftig einheitli'<br />
ches Leistungsrecht, also die Zuständigkeit für alle iungen Menschen unter dem<br />
Dach der Kindet und Jugendhilfe, zu veßtehen. Der Hintergtund der aktuellen<br />
Debatte liegt in der notwendigen Umsetzung des lnklusionsgedankens, hervorge'<br />
rufen durch die UN Konventian ,,Ubeteinkommen über die Rechte von Menschen<br />
mit Behinderung, in Deutschlancl im Jaht 2009 ratifiziert. Hintet all dem neuerlich<br />
Gesagten und Geschriebenen verstecken sich zahlreiche Geschichten, viele Erwar<br />
tLtnoen, unterschiedliche Auffassungen, aber kaum eine konkrete Vorstellung. Es<br />
ist erstaunlich, über welch einen langen Zeitraum sich, trotz stetiger Behandlung<br />
der Thematik in den Fachgremien und Tagungsprogrammen, die Aussagen so<br />
vage halten köt1nen. Besonders sichtbar wird dies in dem Moment, in dem man<br />
versucht, die Thematik einer konkrcten Lösung zuzuführen.<br />
lm Folgenden wird informiert über einige Grundlagen für die zukünftige Fachdis'<br />
kussion. Eine Große Lösung auf operatlver Ebene, oder gär konkrete Empfehlun_<br />
gen können zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht aufgezeigt werden. Keiner Über<br />
blickt so recht die ganze Dimension dessen, was da möglicherweise auf die Juoendämter<br />
zukommt. Doch ist es durchaus möglich, die unterschiedlichen Aktivi_<br />
täten, Strömungen oder Meinungen aufzugreifen und zu bündeln. Ein Anfang liegt<br />
in dem Versuch, den bundesweiten Stand der Fachdebatte wiederzugeben.<br />
Regelmäßige lnformationen sollen auch künftig die bayerischen Jugendämter auf<br />
dem Laufenden halten. Denn frühzeitlges Mitdenken und Einbeziehen aller Betei<br />
ligten erspart späiere Korrekturen. Nicht jeder Fehler muss von Allen gemächt<br />
werdenl<br />
ln welcher Dimension bewegen wir uns in der Großen Lösung denn wirklich? Um<br />
sich die Größenordnung besser vorstellen zu können, zunächst einige Zahlen<br />
(Angaben zu Bayern finden sich in Klammern):rJährlich gibt es in Deutschland<br />
r!nd 170.000 Fälle von Einsliederungshilfen für junge Menschen. Davon werden in<br />
ca. 18 % oder 30.600 Fällen von seelischer Behinderung Leistungen in Zuständigkelt<br />
der Kinder und Jugendhilfe erbracht (2009 waren es in Bayern 3.568 Fälle').<br />
Das bundesweite Kostenvolumen der ElngllederLrngshilfe fllr l/llnderjährige in der<br />
Sozialhilfe beträgt ca.€1,8Mrd. jährllch; das Kostenvolumen der Elng iederungshllfe<br />
in der Klnder und Jugendhilfe beträgt ca. €l0,5 Mrd. jährllch (in Bayern 2009<br />
lagen die Ausgabcn für Minderjährige ln der Kifder und.iugendhi te bei rund a<br />
156 Mio.'). Dic Aussaben der Kinder und JLrgendhilte m Fcld der Hillen zur
ln ha ltsverzeich nis<br />
Thema<br />
Kinder'und Jusendhilfe ist für alle da!<br />
Was brtngt die Große Lösung?<br />
Entscheidu ns des B undesverwa ltu ngs<br />
gerichts zur Anwendbarkeit des t 86<br />
Abs.5 SGB Vtttbei Bestinnuns der<br />
ö d I ic h e n zu stä n d i g ke it<br />
Kapieren von Persanalausweisen zr<br />
Kontrotlzwecken<br />
u n g<br />
B aye r isch e J u g e n d sc h utzta s<br />
t nte n at io n a I e Ad o pt i o n s ve rm i tttu n g<br />
,,Wir lernen uns kennen: Ein Bitder'<br />
huch für neue Eltern"<br />
Vetzeichnis det Jusendänter<br />
La n d esi u s e n d h i I f ea u s sc h u ss<br />
'llPP<br />
Kreisjugendamt Trcunstein - Sieset<br />
int Bundeswettbewerb zur Sucht'<br />
,,H andbuch Pfles ekinderhitfe " ve r<br />
Cansazial 201 1 : Sazia t e N ac hh altigke it<br />
Zti Guter Letzt<br />
Erziehung belarlen sich bundesweit auf ca € 6 Mrd. jähnich (in Bayern 2009 ca'<br />
€ 550 Mio.').<br />
Somit lässt slch ein Rahmen bestinrmen, der verdeLrtlicht' dass die Kinder_ !nd Ju<br />
gendhllfe bei elner Transformation von Zuständigkeiten nlcht als kleiner David den<br />
;bermächtigen Goliath sch uckt, sondern clurchaus als gewlchtiger Partner in EF<br />
scheinung t;itt. Legt rnan gar die Gesamtäusgaben der Kinder'und Jugendhilfe zu<br />
crunde. liandelt ei sich bei der Einqliederungshilfe nur noch um einen klelnen, aber<br />
wichtigen Tellbereich, der an die Lebenslagen junger Menschen anknilpft, ohne eine<br />
elgentl'lch wi lkLlrliche TrennLrng von Zustandigkeiten vorzunehrnen Dennoch dLlrfen<br />
bei einer Zr-rsammenführung zweier laufender Systeme insbesondere der Transfer<br />
von finanziellen und personellen Aufwendungen nicht unterschälzt werden Neben<br />
strukturellen und konzeptione en HeraLlsforderungen stellen slch strategische und<br />
programmatische. Nicht nur däs Handwerkszeug, auch die Haltungen mÜssen auf<br />
den Prüfstand.<br />
Ursprünge der Fachdiskussion um eine Große Lösung<br />
10<br />
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lli.rl I i,in'rr, rrri/::iriirli I il<br />
Schon wleder ein Perspektivenwechsell Dlesmal unein_<br />
gelöst aus der Gründerzeit des SGB Vlll: Spätestens seit<br />
diesem Zeitpunkt richtet sich die Kinder und Jugendhilfe<br />
laut ihrer eigenen Präambel an ale Kinder, Jugendlichen<br />
und Heranwachsenden. An alle? Nicht ganzl Unterschied_<br />
liche Zuständigkeiten bei den Sozialleistungsträgern las'<br />
sen diesen Anspruch bis heute nicht Realität werden Und<br />
doch hat die Große Lösung wleder Hochkonjunktur' Neu<br />
sind die lntensität und die Zeitdauer, mit der das Thema<br />
im Kontext von ,,lnk usion" in der Fachöffentlichkelt neue<br />
Beacht!ng findet.<br />
1990 scheiterte die Einführung eines einheltlichen Leis_<br />
tungsrechtes für alle iungen Menschen unter anderem an<br />
Vorbehalten der Betroffenenverbälrde, insbesondere der<br />
Angst vor Leistungsverschlechterungen und einer Päda_<br />
gogislerung von behinderungsbedingten Lebensumstän_<br />
den. Zudem konnten Zuständjgkeitsklärungen Lrnter<br />
schiedlicher öffenrlicherTrägerebenen nlcht zufrieden<br />
stellend gelöst werden.'ln der Foige wLlrde im Rahmen<br />
elner Kleinen Lösung 1995 die Zuständigkeit für seelisch<br />
behindefte junge IMenschen der Klnder und Jugendhilfe<br />
zugeordnet - der ,,schicksalhafte" q 35a SGB Vll war<br />
gebore n.<br />
,Vg . KomDat Jugendhitte; Heft 1/2010; Dortmund 2010; S. 5<br />
'Vgl. Bayerisches Landesaml f ür Statistlk urd Datenverarbei_<br />
tLrng; Kindetr und Jugendhi fe in Bavern 2009: Ergebnisse zu<br />
Teil 1 Erzieherische Hilfen; Milnchen 2010; S 5<br />
rVgl. Bayerisches Ländesami Jür Statlstik !nd Datenverarbel<br />
tung; Klnder un.l Jugendhilfe in Bavern 2009 Ergebn sse z! Tei<br />
4:Ausgaben !nd Einnahmen; ivlünchen 2010; s I<br />
a.a.O.<br />
, Vg . Hanna Permicnj htlprrwww.afeL-ev.de/organe gremien/
Thema<br />
Dle Einfuhrung einer Großen Lösung war bereits zLr jener Zeit Gesprächsthema. IVlit<br />
der gewählten Kleinen Lösung wär kaurn jemand zufrieden. Einem Lrnbeteiligten<br />
lnteressierten war der Sinn auch schwer zu erklären, Abgrenzungsschwierigkeiten<br />
der Soziälleistlrngssysteme und unterschiedliche Sichtweisen in der Prüfung der<br />
Leistungsvoräussetzungen fÜhrten immer wieder zu gerichtlichen Streitigkeiten,<br />
fachllchen Auseinandersetzungen und bürgerschaftlichern Unmut. Manche öffentlichen<br />
Jugendhllieträger vertreten bis heute die Auffassung, die Kinder und Jugendhilfe<br />
könne kein Rehabilltationsträger sein, die Zuständigkeit müsse zurückverlagert<br />
werden zurn Träger der Sozialhilfe. Andere sehen in der willkürlichen Trennung der<br />
Behlnderlrngsbereiche eine verpasste Chance und wünschen slch seit nunmehr 16<br />
.lahren eine Große LösLrng.<br />
Wiesner hielt zum Zeitpunkt der Einführung der Kleinen LösLrng diese iediglich für<br />
einen ersten Schritt in die richtlge Richtung: ,,Ziel muß es bleiben, alle Hilfen für<br />
Kinder, Jugendliche und ihre Eltern sowie für junge Volliährige bei den Jugend<br />
ämtern zu konzentrieren. Aber äuch dann bedarf es a lerdings noch eines koordinier<br />
ten Vorgehens mit änderen Leistungsträgern, insbesondere den Trägern der Kran<br />
kenversicherung."' Vor diesen bereits darnals angemahnten Aufgaben stehen wir bis<br />
heute. Einzig die inlerdisziplinäre Frühförderung hat es geschafft, eine Komplexleis<br />
tung unterschledlicher Zuständlgkeitsorgane und Kostenträger auf die Beine zu stel<br />
len. Sogar die Verantwoftlichen für das SGB V sind hier eine gelingende Kooperati<br />
on eingegangen. Dies kann für die Kinder und Jugendhife in ihren unterschiedlichen<br />
Geschäftsfeldern durchaus ein nachahmenswertes Eeispiel geben.<br />
Die aktuelle Neualfnahme der Fachdebätte um die Große Lösung speist sich aus<br />
unterschied ichen Ouellen. Während die llN Behindertenrechtskonvention mit ihrer<br />
RatifizierLrng in Deutschland im Jahr 2009 den gesamtgesellschaftlichen Blickwinkel<br />
auf die Bedeutung des Begriffs der lnklusion deutlich geschärft hat, ist für die<br />
Kinder- und Jugendhilfe bereits der T 1. KindeF und Jugendbericht aus dem Jahr<br />
2002 maßgeblich für die Vehemenz, mit der das Thema Große Lösung nun öffentlich<br />
diskutiert wlrd. Dle seinerzeitige Expertenkommission hatte sich für die prinzipielle<br />
Ausdehnung der ZLrständigkeit der Kinder und Jugendhllfe auf alle behinderten<br />
Kinder und Jugendlichen ausgesprochen und die Eundesreglerung hat diese For<br />
derung in ihrer Stellungnahme befürwortet.'Auch im 13. KindeF und Jugendbericht<br />
aus dem Jahr 2009, der unter anderem die Lebenssituation behinderter junger<br />
N/lenschen ln den Ellck nahrn, sow;e in der dazugehörigen Stellungnahme der<br />
BLrndesregierung, werden ohne jeweils die Eegrifflichkeit Große Lösung zu erwäh<br />
nen - primär Leistungsangebote, orientiert an den Lebenslagen junger l\lenschen<br />
und erst sekundär nach Behinderungen oder anderen Benachteiligungen und Be<br />
lastlrngen, gefordeft. Die Formulierungen blelben zwar vage, unterstützen aber ein<br />
elnheitliches Hllfesystem. Eine dazugehörige Expertlse von Fegert / Besier vergleicht<br />
die Vor und Nachteile einer Klelnen wle Großen Lösung und empfiehlt eindeutig<br />
eine Große Lösung. Untersucht wird darln äuch, in welcher Richtung die Ausgestaltung<br />
einer Großen Lösung erfolgen kann: Ob unter dem Dach der Sozialhife, oder<br />
Lrnter einer Gesamtverantworlung der KlndeF und Jugendhilfe. Auch hier ist das<br />
Ergebnis eindeutig: Dle bisherigen Erfahrungen der Jugendhilfe ln der Eingliederungshilfe<br />
zelgten oftmals eln interdis?lplinäres Vorgehen, ein Abnehmen der Häu'<br />
Wiesner Reinharcl; Elng edcrun.Jshl fe für see isch behlnclerte Kindet und Jugendliche<br />
crüide, Anforderungen ufcl Konseq!enzen; S. 23 f. in: Arbe tsgruppe Fachtagungen J!gencl<br />
hilfe; Vereln für Konrm!na wissenschaften (Hrsg )j E ng ederung seelischer behlnde{er Kin-<br />
.lei uicl Ju!end icher eine neue Aufgabe cler J!genciamler / Dokurrentatlon der Fachlag!ng<br />
vom30 un.l31. März 1995 in Boacnscc bel Ber ifj Berlln 1995; S. 19 39<br />
V!1. Deulschcr Bundestag;11. Kifder ufclJ!!endbericht; Drs. l4 / Sral; Berlin 2002; S. 23<br />
rrr i,l r'irii,'rl rrri,rirri,rri ; I I
Thema<br />
figkelt von juristischen Streitigkeiten und immer wleder auch den erzleherischen Be_<br />
darf .l-"r betroffenen behindenen Kinder. Die Kinder und Jugendhilfe sei besser ge<br />
eignet, die verschiedenen Bedarfslagen aller Kinder Lrnd Jugendlicher zu vereinen<br />
Zwel Jahre nach Erscheinen des 13. Kinder und Jugendberichtes sprechen Keupp/<br />
Lüders von erkennbaren Bemühungen einer Annäherung zwischen Kinder Llnd Ju_<br />
gendhllfe und Behinderten- bzw' EingliederLrngshllfen. nklusion sei als neu erkannte<br />
fachliche Herausforderung in der öffentlichen Debatte angekommen Sle konstatie<br />
ren jedoch ein nach wie vor eher geringes lnteresse an der Thenrätik im Bereich des<br />
Gesundheltswesens.'Dieses zu aktivieren, wird vermutlich ein Schlüssel für dle Be_<br />
wältigung der,,Herku es-Aufgabe" Große Lösung sein<br />
Aktuelle Entwicklungen auf der politischen Ebene<br />
Politische Grundlage der heutigen Diskussion ist ein Beschluss der Ministerinnen<br />
Lrnd Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder<br />
lASMK) vom '15./16. November 2007, wonach ein dringender Handlungsbedarf für<br />
dle Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe für Menschen mlt Behinderung fest<br />
gestellt wurde. hn Anschluss wurde eine interkonferenziel e Arbeitsgruppe einge<br />
richtet, clie eine Prüfung der Neuordnung von Zuständlgkeiten zur Sicherung der<br />
Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen vorgenommen hat Das<br />
Ergebnis war ein, dLrrchaus nicht unumstrittenes, Voturn für die Große Lösung Der<br />
Bericht mündete in die ASMK 2009, deren Folgebeschluss zu der Elnsetz!ng einer<br />
nun interministeriellen Arbeitsqruppe aus ASMK und Jugend_ und Fanrilienmlnis<br />
terkonferenz (JFMK) führte, die sämtllche Optionen prüfen und mögliche Konse_<br />
quenzen darstellen soll. Die JFMK folgte diesem Beschluss<br />
Diese Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Venretern der ASMK, der JFMK, des<br />
Bundes und der kommunalen Spitzenverbände hat auch den Auftrag, sich zur Lösung<br />
von Schnittstellenproblematiken zu äußern. Sie soll Verfahren entwickeln, \'!ie<br />
erzieherische Hilfen und behinderungsbedingte AufwendLrngen ohne Bruchstellen<br />
ineinander greifen können- Dabei sollen finanzie e, organlsatorische urld personelle<br />
Konsequenzen berücksichtigt werden. Dabei ist alen Beteiligten k ar' dass dje Große<br />
Lösung die größte Reform selt ln Kraft_Treten des SGB Vl I sein wlrd und von der<br />
Kinder- und Jugendhilfe im Allgemeinen und den Jugendämtern irn Besonderen<br />
eine qrundsätz iche fachpo itische Neuorientierung unter derll Gesichlspunkt der<br />
lnklusion erfordert. Eine bundespolltische Entscheidung über die Zukunft der Eln<br />
gliederungshi fe für junge [\,4enschen ist nach heutiger Sicht frühestens im Jahr 2013<br />
möglich, soll aber nach dem Wunsch des Bundesfamilienminislerlums (BIMFSFJ)<br />
noch in dieser Legislaturperiode erfolgen.<br />
Dle polltischen Befürworter einer Großen Lösung sprechen sich gegenseltig Mut zu<br />
Eine Grundlage für dle Richtung hin zur Großen Lösung ist bereits im Koalltionsver<br />
trag auf Bunclesebene für die laufende Legislaturperiode enthallen- Unter der Uber<br />
schrift,,Reform Kinder und Jugendhilfe" steht neben den bekannten Uberprüfungs<br />
vorhaben auch die Zielsetzung eines Abbaus von Schnittstellenproblemen zwischen<br />
der Jugendhilfe und anderen Hilfesystemen. Dies gelte insbesondere für die Fruhen<br />
Hifen und bei den Hilfen für jLrnge Menschen mit Behinderungen Hierzu sollen die<br />
'Vg . Besier T.; Fegert Jörg M; Psychisch belastete Klnder und Jrgend iche an der Schnilt_<br />
stelle zwlsche. Kincler !nd Jugendhilfe !nd Cesundheitssvstem; Expertise in dei Matar a ien<br />
13. Klnder und Jrocndberlchtj Ber ln 2009; S 993 fl<br />
^rnr<br />
'Vortrag Prol. Dr. KeLpp !nd Dr. Lüders z!r 1l8. Sitzung des Baver schei L.ndesju(loDdh fe<br />
a!sschLrsses anr 7 April 2011 ln München<br />
5-.,,1 rL i,lr i,r,r 1!i)i 'rr ; I l
Therra<br />
Standards weiterentwlckelt werden.''<br />
Auch die Kommission zur Wahrnehm!ng der Belange der Klnder, vulgo Kinderkommlssion,<br />
plädiert in ihrer Ste lunqnahme vom 26. Januar 20'11, ängesichts der<br />
Schnlttstellenprobleme für eine Zusarnmenfassung a ller Leistungen für iunge Men<br />
schen ufter einern Dach, also für die Große Lösung." Sie fordert mehr als lediglich<br />
die Zusammenfr:ihrung zweier Leistungssysteme: Neben der Sozial und Jugendhilfe<br />
müssten auch andere Systeme, insbesondere Schule und Gesundheitswesen, einbezogen<br />
und auf einen inklusiven Ansatz ausgerichtet werden.<br />
Position der BAG Landesiugendämter<br />
Wlchtige Grundsatzaussagen zur Großen Lösung haben inzwischen zahlreiche Ver<br />
bände der Kinder Lrnd Jugendhilfe getroffen. Die Bundesarbeitsgerneinschaft der<br />
Landesjugendämter hat sich bereits lm März 2009'' und zuletzt in ihrer 110. Arbeitstagung<br />
im März 2011 umfassend rnit der Thematik,, nk Lrsion von Kindern und Jugendlichen<br />
mit Behinderungen", lnsbesondere mit den Auswirkungen der UN-<br />
Behindenenrechtskonvention, auseinandergesetzt.'' Für den Bereich der Einrichtungen<br />
der Erziehungshilfe stellt sie dabeifest, dass diese selbst einen ,,exklusiven"<br />
Betreuungsbereich darstellen. Eine Einbeziehung behinderter oder von Behinderung<br />
bedrohter jLrnger Menschen in exklusive Betreuungsformen könne daher keine abschließende<br />
Zielsetzung sein. Vielmehr wird gefordert, dass neben konzeptioneilen,<br />
fachlichen, baulichen, schLrlischen und ausbildunqsbedinqten Ansprüchen sämtliche<br />
Förderungs- und Eingliederungsmaßnahmen die inklusiven Möglichkeiten im sozial_<br />
räumllchen Urnfeld berücksichtigen müssen. Bislang unterschiedliche PersonalbemessLrngsgrundlagen,<br />
Hilfeplanungen und Entge tregelungen müssten vereinheit<br />
licht werden, in dem die Fach' und Arbeitsbereiche aufeinander zlr gehen und von<br />
einander lernen. Damit würden alrch neue LösLrngen in der Förderung junger Men'<br />
schen notwendig, dle bislang lediglich in den Genuss einer Jugendhilfemaßnahrne<br />
Überlegungen im <strong>ZBFS</strong> - Bayerischen Landesiugendamt<br />
Unter dem Stichwort,,Zeit zurn Nachdenken" im weiten Feld des Kinderschutzes hat<br />
Sauter aLrs bayerischer Slcht bereits auf die Entwicklungen in der Diskussion rund<br />
um die Große Lösung hlngewlesen." Er fordert, sich die Zeit zu nehmen, gründlich<br />
nachzudenken. Vor einer gesetz ichen Regelung müssten folgende, nach wie vor<br />
brandaktuelle Punkte verbindlich gekläft werden:<br />
Die Veränderung von der heutlgen sozialpädagogischen Grundlegung der Kinder<br />
und Jugendhl fe hln zu einer heilpädagogisch-therapeutlschen Ausrichtung be<br />
dlngt elne Diskusslon um die komplette Programmatik der KlndeF Lrnd Jugendhilfe.<br />
Die Auswirkungen der Ganztagesbeschulung auf dle Kinder- und Jugendhllfe<br />
slnd bis heute noch nicht absehbar. Was mit den Leistungen des überört ichen<br />
Sozia hilieträgers in Bezug auf die schulischen Angebote unter einem gemeinsamen<br />
'' Vg .. Koalitionsvertrag CDU, CSU und FDP; 17. Leqis aturperiode; Wachstunr. Bildung. Zu<br />
s.mdcnhäll : Zcilcf 3165 ff.<br />
" Vgl. Deltscher Buncleslag; Kommission zur Wahrnehmun!, der Belange der Kinder<br />
lKinderkommisslon); Kommissionsdrucksache'17/08 vonr 26.01.2011<br />
'Vg. BAG Landesjugenclämte' Vorlage Nr. 1020 vom 18.03.2009<br />
'Vg. BAC Lafclesjugenrlänrterj Vorlage Nr. 1039 vom 18.03.2011<br />
Dr. Robcrt Sa!ter Kindersch!tz - Zelt zLrm Nachdenken S. 11 f.; inr Bäverisches Landes<br />
l!gendanrt; Mittel rngsblatt Nr.5/2009; S. 1 13; Milnchen 2009<br />
'.ir,
Thema<br />
Dach der Kinder und JLrgendhllfe passlert, ist erst recht nicht einschätzbar.<br />
- Die blsherigen Flnanzströme Llnd dle Personalkapazltäten müssen bilanziert, ana<br />
lyslert und umgelenkt werden, damit sich jahrelange Verwerfungen, wie sie beim<br />
q 35a SGB Vlil ieidvoll zu erfahren wären. nicht wiederholen können.<br />
- Die OrganisationsstrLikturen der plötzlich groß werdenden Jugendämtet inklusl.<br />
ve deren hierarchischen Aufbau und Ablaufstrukturen, bedr:irfen einer konrplet<br />
ten Neuorganisation bei den öffentllchen Jugendhilfeträgern.<br />
Daher ist es Aufgabe der fachpolitischen VerwaltLrngen, der Verbände und der freien<br />
Träger, dlese Diskussion jetzt zu führen, bevor ein gesetzgeberischer Handlungsdruck<br />
erzeugt wird.<br />
Was macht die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe?<br />
lnzwischen wird die Diskussion nicht mehr nur auf der politischen Ebene geführt.<br />
VerbAnde, Träger und Einrichtungen der Jugend- und Behindertenhi fe füllen ihre<br />
Tagungsprogramme mit einer Fülle unterschiediicher Veranstaltungen zur Großen<br />
Lösung. Nur beispielhaft genannt seien die Annäherungen an den lnklusionsgedan<br />
ken als Ausdruck einer HaltLrng in der Katholischen Jugendfürsorge Augsburg, wel<br />
che der Träger in seiner Veröffentlichung ,,Perspektlven 20T 1" vertieft beschreibt.<br />
Hier werden die Fragen gestellt, wie gleichberechtigte Tellhabe verwirklicht werden<br />
kann und ob der jeweilige Lernoft dem konkreten IVlenschen gerecht werden kann.'5<br />
Eine gemelnsame Haltung soll auch bei Veranstaltungen entwicke t werden, an de<br />
nen öffentliche und freie Jugendhilfeträger gemeinsam mit den SchLrlen der Fräge<br />
nach den Auswirkungen einer Großen LösLrng unter dem Dach der KindeF und Ju'<br />
gendhilfe nachgehen.<br />
An einer welterführenddn Position zLrr Großen Lösung ärbeiten aktuell auch die bundesweii<br />
tätigen Erziehungshilfefachverbande <strong>AFET</strong> und lGfH. ln einer Expertenan<br />
hörung mit Vertreterinnen und Vertretern von Betroffenenverbänden, überörtlichen<br />
Sozialhilfeträgern, Einrichtungsträgern in beiden Systernen und Vertretern aus der<br />
Wissenschaft konnten die verschiedenen Sichlweiscn, Erfahrungen und Erwärtun<br />
gen am Beispie der Teilhabe und Hilfeplanung verdelrtlicht werden. Es ergaben<br />
sich vie e Ubereinstimmungen im Selbstverständnis und in der Zielsetzung einer<br />
Großen Lösung unter dem Dach der Kinder und Jugendhllfe. Die konkreten Verfah<br />
ren, Oualitäts- und Steuerungselemente sind jedoch nicht so direkt miteinander ver<br />
gleichbar Da gibt es noch viel zu tun. Vor al em auf der operativen Ebene müssen<br />
praktikable k eine Lösungen gefunden werden. Ängste und Hemmschwellen gilt es<br />
zu überwinden.<br />
Wie verhalten sich die zukünftigen KooperationspartnerT<br />
Aus dem Bllckwlnkel der KindeF Lrnd Jugendhife können derzeit lediglich vereinzelte<br />
Ste lungnahmen zusammengetragen werden. Eine grobe Zielrichtung (A!snahmen<br />
bestätlgen die Regel) lässt sich insgesamt dabei erkennen: Große Lösung ia,<br />
unter Vorbehalt der Wahrung eigener (Verbands ) lnteressenl<br />
Müller Fehling'" äußerte sich in der öffentlichen Anhörong des Eundestagsausschusses<br />
für Familie, Senioren, Frauen und JLrgend zum 13. Kinder und Jugendbericht<br />
pro Große Lösung. Damlt könne den sich oftma s kumu ierenden Bedarfslagen<br />
von Familien mit behinderten Klndern wirksam begegnet werden. Dle lnklusions<br />
'' Vg . Katho ische Jugen.lfürsorge AUSSb!rg iH s9.); Perspcktiven 20r 1j S. 8; A!gsb!rg 2011<br />
' Geschäi1sführer des BLrndesvcrbandcs für körper Lncl mehrfachbehin(lerte l/lenschef
Thema<br />
debatte verbiete eine Zusämmenlührung unter dem Dach der Sozialhilfe, fordere<br />
aber auch von der KincleF Llnd Jugendhllfe eine Veränderung Sein Credo lautet, mit<br />
derAnnäherung beider Systeme jetzt unumkehrbarzu beginnen, z B mkeinerge<br />
meinsamen HilfeplanLrng und dem Schaffen von Komplexleistungen.''<br />
Der Bundesverband der Lebenshilfe hat zLlr Thematik der KostenbeteiligLlng dezi_<br />
diert Ste ung genommen. Auch wenn er dem gesamten Ansinnen einer Großen<br />
Lösung unter dem Dach der Kinder und.lugendhilfe grundsätzlich aufgeschlossen<br />
gegenüber steht, dürfe ein Zusammenlegen der beiden Systeme nicht zu einer<br />
Mehrbelastung der Eltern führen. Elne weitergehende Kostenbeteiligung der Betrot<br />
fenen wird kategorisch abgelehnt.'' Allerdings ist eine Ungleichbehandlung von<br />
Personensorgeberechiigten innerhalb eines zukünftig gemeinsamen Hilfesysterns<br />
gleichfalls nicht gerechtfertigt. Somlt bleiben und entstehen an den Schnittstellen<br />
Brüche, die es im Sinne von Herausforderungen gemeinsam zu meistern gilt<br />
Das Sekretariät der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder hat sich aus<br />
fLlhrlich mit den Fragen der lnklusion im schulischen Alltag auseinandergesetzt.<br />
Unter Anderem hat es vor dem Hintergrund der Beschulung behlnderter Kinder in<br />
Regelschulen vorläufige Empfehiungen veröffentllcht. Darin heißt es: ,,Kinder und<br />
Jugendliche mit Behinderungen so len gemeinsam mit anderen unterrichtet und<br />
erzogen werden. n solchen Zusammenhängen ist es möglich, die Lebens- und<br />
Sozialraumbezüge dieser jungen Menschen zu erhalten und ihnen Gelegenheit zu<br />
qeben, diese Bezüge auf cler Grundlage ihrer Bedürfnisse weiterzuentwickeln<br />
Grundvoraussetzung dafÜr sind gegenseitiger Respekt und Rücksichtnahme. ".r'<br />
Die Schule hat also den lnklusionsgedanken aus der UN_Behindertenrechtskonventi<br />
on aufgegriflen und diskutiert öffentlich fleißig mit. Dies fast irnmer unter dem Vor<br />
behalt der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel, auch ln Bayern. Das Bayerische<br />
Erziehungs und Unterrichtsgesetz soll noch im Sommer dieses Jahres weitreichende<br />
Anderungen erfahren, die eine inklusive Beschulung möglichst vieler Kinder in<br />
den Regelschulen slcherstellen soll.'" Eine konkrete Außerung über die künftigen<br />
Kooperationsformen mit Jugend oderSozialhilfe im Bereich der Großen Lösung<br />
sucht man jedoch vergeblich. Über den allgemeinen Verweis der Zusammenarbeit'<br />
wie er auch bisher im BayEUG enthalten war, gehen dle Festlegungen nicht hinaus.<br />
Der Verband der Baverischen Bezirke hingegen lehnt jegliche Anderung des bisheri<br />
gen Status quo ab, ln einer Presserklärung lässt er verlaLlten, dass nach seiner Auf<br />
fassung clle bisherige Handhabung in Bayern praxisgerecht sei und damit,,Abgren<br />
zungsschwierigkeiten weitgehend vermieden" werden konnten. Ein Festha ten an<br />
dem bisherigen Lösungsansatz vermeide zudem ,,die schwerwiegenden Nachteile,<br />
die bei einer Zusammenführung aller Leistungen für Kinder und Jugendliche unter<br />
, Vgl. Deltscher Bundestagj Ausschuss für Faml ie, Senloren, Frauen und Jugendi öäentliche<br />
Afhörung vom 25.10.2010; Protokol N!mmer 17123; S. '10 J und vg IVIÜlleFFehling Norbedj<br />
Eine neue Klnder und J!gendhilfe für al e; in: Forum Erziehungshiifen; GFH (Hrsg.); Heft 4 /<br />
2010: S. 242 205<br />
'^ Vgl. Bunclesvereinlgung Lebenshi fe für t\4efschen mit gelstiger Behinderung; lnfo Nr' 7 zum<br />
parlämentarlschef Abencl der Lebenshilfe am 23. Februar 2010 ln Berlln<br />
''sekretariat der ständigen Konferenz der Kultusminister der Län.ler in der Bundesrepub lk<br />
DeLrtschland; Entw!rf zur schrift ichen Anhörung durch dle Fachdffent chkelt ,,lnklusive<br />
Bildung von Klndern !nd J!gen.llichen mll Behinderungen an Schulen"; unter:<br />
httpr/www.kmk.org/fileadmln/pdlB ldung/AllgBildung/Anhoer!ngstext_EntwLrrf 20'10 12_03<br />
205 AK.Fdtj abger!fen anr 14.04.2011; S.I<br />
''Vgl. Bayerlscher Landtag; Gesetzentwurf zur AnderLrng des Baverlschen Gesetzes tiber das<br />
Erziehungs uf.l Unler.ichtswesen Umsetzung der Behifd€denrechtskonvent on im baveri<br />
schcn Sch! wesen (lfkl!sion) vom 28.03.2011;Dts. 16/8100; München 2011<br />
lri 1,1 trirll,riiirr,,rsl,inrl i I i
Thema<br />
dem Dach der Jugendhilfe zu erwanen wären". Diese Position möchte der Verband<br />
auf Landes wie Bundesebene in die Disklrssion über die Reform einbringen.''<br />
Szenarien zukünftiger Schnittstellen<br />
Dle zukLlnftigen Herausforderungen können nätLlrgemäß zum äktuellen Zeitpunkt<br />
noch nicht bewältigt werden, da dle Grundlagen einer sich abzeichnenden Zusammenarbeit<br />
noch nicht feststehen. Für die Kinder und Jugendhilfe sind folgende<br />
Schnittsteilenproblenratiken zu nennen:<br />
Das SGB Xll geht von einem Begriff der ,.wesentlichen" Behinderung aus, für<br />
einen Anspruch qeqenüber der Kinder und Jugendhilfe ist bereits das Drohen<br />
einer Behinderung aLrsreichend-<br />
- Elternbeiträge und Kostenheranziehungen sind dem SGB Xll weltgehend fremd,<br />
in der Kinder- und Jugendhilfe hingegen sehr differenriert ausgefühft<br />
- Zu klären werden die Altersgren?en sein, we che für elne Zuständlgkeit beider<br />
Systeme ausschlaggebend sind.<br />
- Die Bedeutung medizinischer Gutachten, der Einfluss der Leistllngserbringer und<br />
die Stellung der Verbände bei der Beratung slnd in der Fing iederungshi fe nach<br />
dem SGB Xll frir eine Beurteilung eines Anspruches und äuch für die Ausgestal'<br />
tung einer Maßnahme ungleich höher a s in der Klnder_ und Jugendhiie. Die<br />
Beurteilung eines Gutachtens und die etztendllche Entscheidung über Elgnung<br />
und Notwendlgkeit einer Hilfe obliegen nach dem SGB Vlli dem Jugendamt.<br />
- Das auf Antrag mit elnem Rechtsanspruch versehene persönliche Budget spielt in<br />
der Behindertenhllfe eine größere Rolle. Die Kinder und Jugendhilfe verhält sich<br />
hier aufgrund der im Regelfall zu der Lelstung der Eingliederung hinzukommenden<br />
Bewältigung der seelischen Störung bzw. Krankheit, oftmals kombiniert mit<br />
einem erzieherischen Bedarf, auch vor dem Hintergrund eigener fachlicher An<br />
sprüche, seh r zurückhaltend.<br />
- Die Steuerungsverfahren beider Sysieme Llnterscheiden slch erhebLich. So wird<br />
durch die bayerischen überörtllchen Sozialhllfeträger nicht für aLle Minderjährigen<br />
ein Gesamtplän erstellt. Geprrlft werden Anspruchsberechtlgung und Eig'<br />
nung der jeweillgen ntervention. Uberprüft wird anhand iähr icher EntwicklLrngs<br />
berichte cler Einrichtungen. Zielerreichungsgrade, Beendigungsfristen von Hilfen<br />
und Evaluation nehmen eine nur nachrangige Rolle ein. Dem steht ein quallfizier_<br />
tes und interdisziplinäres Hilfeplanverfähren gemäß S 36 SGB Vlll, mit dem An<br />
spruch einer halbjährlichen Fortschreibung in Federfaihrung des Jugendamtes<br />
gegenüber. Wünschenswert wäre hier aus Sicht der Kinde. und.lugendhilfe die<br />
Übernahme des (zwar arbeitsaufwändigen) JLrgendhilfeverfahrens, am Besten<br />
ergänzt um den aus der Frühförderung bekannten individuellen Behandlungs<br />
und Förderplan, optlmalerweise noch verbunden c.lt der Förderplanung der<br />
Schule.<br />
- Der dem SGB Xll eigene Grundsatz ,,arnbulant vor stationär" (5 I SGB Xll i. V. m.<br />
5t 12,13 SGB Xll) findet in der Kinder und Jugendhilfe so keine Anwendung<br />
Hier wird grundsätzlich von elner geeigneten, erforder ichen urld rechtzejtigen<br />
Leistungserbringung nach Feststellung der Leistungstatbestandsvoraussetzung<br />
ausgegangen.<br />
Die Grundprinzipien der Kinder- und Jugendhife, z. B. Partizipation, däs Subsi<br />
diaritätsprinzip, das Wunsch- und Wahlrecht, erfahren in der Eingliederungshife<br />
:' Vgl. Verband der Bayer schen Aezirkej Rcform cles I 35a SGB Vlll: A!lgabeiverle lung ist<br />
praxisgerecht; Pressemilteil!ng vom 19.05.2010; unter http://wwwbavb.zlrke..le/bavbezlrke<br />
php?id=512i abgerrfen anr 20 04.2011<br />
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Thema<br />
nicht annähernd eine solch wesentliche BedeutLlng wie in der Kinder- und Ju_<br />
gendhllfe. Wie können diese Prämlssen integriert werden?<br />
- Die Steuerung von Hilfen im SoziälraLlm derjungen [\lenschen muss in einer<br />
großen Lösung neu austariert werden. ln der Behindertenhilfe bislang weitge<br />
hend unbekannt, in der Kinder und Jugendhife umstrilten, werden sich hier<br />
Leistungserbringer, Kostenträger und nicht zuletzl die Leistungsberechtigten auf<br />
neJ. Former Jr d Wege einlo)sen müssen<br />
- Nach Wiesner mr:issen geschätzte € 1,85 Mrd. jährlich bLlndesweit von den auf<br />
unterschied ichsten Ebenen veroneten Sozialhllfeträgern in die kommunale<br />
Kinder und Jugendhilfe transferlert werden." Das wlrd spannend.<br />
Damit ejnhergehend müssen Personalströme geregeltwerden Fachliches Know<br />
how ist bei den öffent ichen und freien Trägern aLrfzubauen Auch die Ausbil<br />
dungsprofile und dle Fon- und Weiterbi dungsinha te für die Fachkräfte müssen<br />
auf eine Große Lösung ausgerichtet werden.<br />
Offen ist die Art und Weise der notwendigen Einbindung des sich bislang sehr<br />
zurückhaltenden Gesundheitswesens.<br />
Ungeklärt ist in Bayern die Zusammenarbeit mit den sich bislang äblehnend veF<br />
haltenden Bezirken.<br />
Schließlich gllt es, auch fÜr die gesamte KindeF und Jugendhilfe eine neue, eine<br />
inklusive Haltung zu entwickeln Llnd zu leben.<br />
Somit werden sich neue Schnlttstel en und Folgeprobleme auch in einem einheitlichen<br />
Lelstungsgesetz nicht verhindern lassen. Die wesentlichen Fragen liegen je_<br />
doch kelneswegs in einer. Abschied von der Großen Lösung, sondern irn Umgang<br />
damit und in cler Hinführung zu einer tragfähigen Bewältigung der anstehenden<br />
EntwicklLrngsaufgaben- Besondere Beachtung erfordert hierbei dle bislang in iedem<br />
Bundes and Lrnterschiedliche Ansiedlung und Finanzierung der Sozialhilfekosten. Es<br />
gllt, für jedes BLrndesland gesondert, eine eigene und tragfähige Lösung zu konzipie_<br />
ren, die von allen Beteiligten unterstützt werden kann. ln Bayern sind hler die Bezirke<br />
wesentljch betroffen, dle frühzeitig und ,,proaktiv" in den Beratungs und Umstrukturlerungsprozess<br />
der Kinder und Jugendhilfe mit eingebunden werden mÜssen.<br />
Eine zweite, wesentllche und bislang in der Fachdebatte noch nicht beantwonete<br />
Herausforderung liegt in dern gesetzllchen Aufbau einer neuen Kinder und Jugendhife.<br />
Der Spannungsbogen relcht hier von einer Erweiterung des bisherigen<br />
q 35a SGB Vl I bis hin zu einer komplett neuen Struktur, die dem nklusionsgedanken<br />
in allen Handlungsbereichen Bechnung trägt."<br />
Ausblick<br />
Wenn Du es eillg hast, gehe langsaml<br />
Die politischen und legislatlven Weichenstel ungen bleiben abzuwarten Dennoch<br />
siehen die Zeichen sichtbar auf Veränderlrng. linter Eetelligung aller von der Gro<br />
ßen Lösung Tangierter ist es nötlg, slch vorzubereiten und Schnittstellen_ wie Or<br />
ganisationsfragen bereits jetzt anzugehenl Die Kinder und Jugendhllfe steht vor<br />
einer gewaltigen Herauforderung, die nur im Rahmen elnes langen Reiormprozesses<br />
::V9.htlp://www.deutscher verein.de/03-events/2010/materia len/pdf 7V%20437<br />
1 o%z]v oü agy"2oP t af %20%20Dro/'20%20Wlesner pdf<br />
:rVgl. Wiesner Relnhar.l; Noch einma zum Stand der D nge: Was wäre, wenn dle große<br />
Lösung käme? Und was sagt die Kinder ufd Jugenclhilfe clazuT; n:Arbeitsgr!ppe Fach<br />
taguigen Jugenclhilfe im Deuischen nstit!t für Urbanistlk (Hrs9.); Psvchlsch gestört oder<br />
,,nur" verhaltefsäuffä1 ig7; Eigefver ag; Ber in 2011; S. 200 t.<br />
r,l iiirlr,:ri ,r,r:ii i:rli I 1i 9
Tlr e rrai Inf o<br />
bewältigt werden kann. Wiesner fordert zu Recht,<br />
rnachen, zu einem inklusiven llilfesystem für al e<br />
slch bereits heute auf den Weg zLl<br />
Kinder, Jugendlichen und ihre<br />
Haräld <strong>Britze</strong><br />
1'Vsl. Wiesner Reinhard; Wie ermög lcht man indiv duelle Ansätze für Klnder mit Teilhabe<br />
beelnträchtigung; ln:Aktion Psychlsch Kranke, Weiß Peier, Peukert Reinhard lHrsg ); See is'h',"<br />
Gesundheit und Tei habe von Klndern und Jusendlichen braucht Hi fei; Psvchiatrle Verlag,<br />
Bonn 2011:S.73<br />
,\iiyrr'r.,r. li.ll 1'.1 ,-;"r . i-!.iili.rg, il!ica(leie Lc siL-lrrgen<br />
E ntscheidu ng des Bundesverwaltungsgerichts zur<br />
Anwendbarkeit des 5 86 Abs. 5 SGB Vlll bei Bestimmung<br />
der örtlichen Zuständigkeit<br />
1. Vorbemerkung<br />
Klarstellende EntscheidLrngen des BLrndesverwaltlrngsgerlchts {BVerwG) ergehen in<br />
aller Regel zu Problematiken allgemeiner BedeLrtung, die sowohl auf dem Verwal_<br />
tungsweg wle aLrch in den Llnteren und mittleren Gerichtsinstanzen keiner einheitli_<br />
chen Beurteilung zugefühlt werden konnten. Dabei ergingen gelegentlich auch Entscheidungen,<br />
die in der Praxis durchaus ambivalent aufgenomrnen wLrrden Dass<br />
eine höchstrichterliche Entscheidung Verllnsicherung der Jugendhilfepraxis in die_<br />
sem Ausmaß hervorrufen kann, dr:lrfte dabei allerdings ein NovLlrn darstellen (vgl.<br />
dazu auch u. a.. JAmt 20111233 fl.).<br />
Auch wenn höchstrichterlicher Rechtsprechung in aller Regel richtungsweisende<br />
Funktion zukommt, ist gleichwohl festzustellen, dass sich auch diese Entscheldungen<br />
immer nur mit konkreten Einzelfällen befassen und daraus nicht zwangsläufig<br />
eine flächendeckend gültige WirkLlng erwächsen kann (!nd därf), wie die vorliegen<br />
de Entscheidung deutlich macht.<br />
Daneben solte nicht Übersehen werden, dass aLlch Gerichte in ihren Entscheidungs<br />
praxis bei der lnterpretation ge tenden Rechts durchaus an den Wortlaut bestehen<br />
der Gesetze gebunden sind. Eine Entscheidung, die den Gesetzeswortlaut dabei<br />
nahezu komplett ignoriert, muss 2urnindest fachlich stark hinterfragt werden-<br />
2. Systematik der örtlichen Zuständigkeit<br />
Die örtliche Zuständigkeit für Jugendhilfeleistungen wird nach den Vorschriften des<br />
5 86 SGB V ll an die unterschiedlichen Aufenthalte geknüpft Dabei wird zunächst<br />
vom ldealfall des S 86 Abs. 1 Satz 1 SGB V ll ausgegafgen, dass sich die gesamte<br />
Fami ie bei Beginn der Leistung im g eichen Jugendamtsbezirk aufhält Die folgenclen<br />
Absätze rege n die Zusläncligkeit filr dlc unterschledlichsten fami iären Konstel