Mathematische Grundlagen und Anwendungen in der VWL
Mathematische Grundlagen und Anwendungen in der VWL Mathematische Grundlagen und Anwendungen in der VWL
Bergische Universität Wuppertal Fachbereich B - Wirtschaftswissenschaft Mathematische Grundlagen und Anwendungen in der Volkswirtschaftslehre Prof. Dr. P.J.J. Welfens Dipl.Ök. Jens Perret M.Sc. Wuppertal, Mai 2007
- Seite 2 und 3: Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 2 1
- Seite 4 und 5: Erweitern: df dx Rechenbeispiel: Be
- Seite 6 und 7: 1.2 Wurzeln Den Ausdruck a√ x nen
- Seite 8 und 9: 1.3 Logarithmus und Exponentialfunk
- Seite 10 und 11: ln y ✻ ✟✟ ✟✟ t1 ✟✟
- Seite 12 und 13: Anwendungsbeispiel (Vereinfachen ei
- Seite 14 und 15: erhält man zum Beispiel: u(10) = 1
- Seite 16 und 17: Anwendungsbeispiel (Technischer For
- Seite 18 und 19: 2.2.1 Ableitungen In diesem Abschni
- Seite 20 und 21: 2.2.2 Totales Differential Im Gegen
- Seite 22 und 23: 2.3 Maximierung versus Minimierung
- Seite 24 und 25: Man erkennt an der zweiten Gleichun
- Seite 26 und 27: 2.3.2 Lagrange-Multiplikatoren Erwe
- Seite 28 und 29: Das Verfahren als solches ändert s
- Seite 30 und 31: 2.4 Elastizität Während man die A
- Seite 32 und 33: 2.5 Differentialgleichungen Im folg
- Seite 34 und 35: Greift man die DGL 2.1 nochmal auf,
- Seite 36 und 37: Benutzt man die entsprechende Lösu
- Seite 38 und 39: vorkommt, ist somit der Grenzwert b
- Seite 40 und 41: die eigentliche Arbeit nur noch dar
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- Seite 44 und 45: Dieses Schema lässt sich für beli
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- Seite 48 und 49: Welche Form die Zahlen di,j und vi
- Seite 50 und 51: Formt man dieses Gleichungssystem u
Bergische Universität Wuppertal<br />
Fachbereich B - Wirtschaftswissenschaft<br />
<strong>Mathematische</strong> <strong>Gr<strong>und</strong>lagen</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Anwendungen</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Volkswirtschaftslehre<br />
Prof. Dr. P.J.J. Welfens<br />
Dipl.Ök. Jens Perret M.Sc.<br />
Wuppertal, Mai 2007
Inhaltsverzeichnis<br />
1 <strong>Gr<strong>und</strong>lagen</strong> 2<br />
1.1 Umformen von Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />
1.2 Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
1.3 Logarithmus <strong>und</strong> Exponentialfunktion . . . . . . . . . . . . . 7<br />
1.4 Abschätzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />
1.5 B<strong>in</strong>omische Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />
2 Differenzieren 12<br />
2.1 Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
2.2 Differenzieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
2.2.1 Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />
2.2.2 Totales Differential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />
2.3 Maximierung versus M<strong>in</strong>imierung . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />
2.3.1 Extremwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />
2.3.2 Lagrange-Multiplikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />
2.4 Elastizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
2.5 Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />
2.6 Halbwertszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
3 Matrizen 40<br />
3.1 E<strong>in</strong>führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
3.2 Determ<strong>in</strong>anten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
3.3 L<strong>in</strong>eare Gleichungssysteme <strong>und</strong> das Gauß-Verfahren . . . . . . 46<br />
3.4 Cramersche Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />
1
Kapitel 1<br />
<strong>Gr<strong>und</strong>lagen</strong><br />
1.1 Umformen von Gleichungen<br />
Addition:<br />
Multiplikation:<br />
Dividieren:<br />
Ersetzen:<br />
Ausklammern:<br />
Y = C + I | + G<br />
Y + G = C + I + G<br />
y = c + g | ∗ a<br />
ay = ac + ag<br />
Y = C + I | : L<br />
Y<br />
L<br />
Y C I<br />
= +<br />
L L L<br />
y = c + 3<br />
C I<br />
= +<br />
L L<br />
mit Y<br />
L<br />
= y, C<br />
L<br />
a(C + I) = aC + aI<br />
−(C + I) = −C − I<br />
(−1) ∗ (−a) = a<br />
−(C − I) = −C + I<br />
2<br />
= c <strong>und</strong> I<br />
L<br />
= 3
Erweitern:<br />
df<br />
dx<br />
Rechenbeispiel:<br />
Berechene den Wert für a:<br />
Alternativ:<br />
= 1 df<br />
dx<br />
df dy<br />
=<br />
dx dy<br />
df dy<br />
=<br />
dy dx<br />
(−2)(3 − 4) + a = 4 | Ausklammern<br />
(−2)3 − (−2)4 + a = 4<br />
−6 − (−8) + a = 4<br />
−6 + 8 + a = 4 | Zusammenfassen<br />
2 + a = 4 | − 2<br />
a = 4 − 2<br />
a = 2<br />
(−2)(3 − 4) + a = 4 | Zusammenfassen<br />
(−2)(−1) + a = 4<br />
2 + a = 4 | − 2<br />
a = 2<br />
Anwendungsbeispiel 1:<br />
Das Brutto<strong>in</strong>landsprodukt Y setzt sich zusammen aus dem Konsum C, den<br />
Investitionen I, den Staatsausgaben G <strong>und</strong> dem Exportüberschuss X’. Das<br />
heißt es gilt:<br />
Y = C + I + G + X ′<br />
Um das Brutto<strong>in</strong>landsprodukt pro Kopf zu bestimmen muss die Gleichung<br />
durch die Bevölkerungsanzahl B teilen, so dass man die folgende Gleichung<br />
erhält:<br />
Y C I G X′<br />
= + + +<br />
B B B B B<br />
Im Laufe <strong>der</strong> Zeit hat es sich e<strong>in</strong>gebürgert, statt <strong>der</strong> Brüche, die man allgeme<strong>in</strong><br />
auch Pro - Kopf - Größen nennt, Kle<strong>in</strong>buchstaben zu verwenden. Also<br />
statt Y<br />
B<br />
wird y verwendet <strong>und</strong> statt C<br />
B<br />
verwendet man c. Anstelle von i ver-<br />
wenden wir allerd<strong>in</strong>gs i’, da i <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>em Kontext bereits besetzt ist.<br />
Damit lässt sich die Gleichung schreiben als:<br />
y = c + i ′ + g + x ′<br />
3
Anwendungsbeispiel 2 (Relativer Preis <strong>und</strong> realer Preis):<br />
Beträgt <strong>der</strong> Brotpreis pi 1,20e pro kg (Stückpreis) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Milchpreis pj<br />
0,60e pro l, dann ist <strong>der</strong> relative Brotpreis pi/pj zu berechnen als:<br />
relativer Preis von Brot = λ = pi<br />
pj<br />
= 2 l Milch<br />
kg Brot<br />
An<strong>der</strong>s ausgedrückt heißt dies, dass e<strong>in</strong> Kilogramm Brot 2 Liter Milch kostet.<br />
An diesem Beispiel sieht man, dass die Dimension e<strong>in</strong>es Relativpreises<br />
e<strong>in</strong>e Mengenrelation darstellt. Wenn die Produktion nur aus Brot <strong>und</strong> Milch<br />
besteht, dann gilt für den Nom<strong>in</strong>alwert Y ′ <strong>der</strong> Produktion:<br />
Y ′ = piqi + pjqj<br />
Dividiert man die Gleichung durch pi, dann erhält man die Produktion ausgedrückt<br />
<strong>in</strong> Brote<strong>in</strong>heiten:<br />
Y ′<br />
pi<br />
= qi + pj<br />
qj<br />
pi<br />
Graphisch ist dies die Budgetgerade BB0:<br />
✻<br />
qi<br />
❍<br />
❍❍❍❍❍❍❍❍❍❍❍❍❍❍❍❍❍❍❍<br />
BB0<br />
lgα = pj<br />
pi<br />
Betrachtet man nun e<strong>in</strong>e volkswirtschaftliche Größe, die <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Art<br />
von Gelde<strong>in</strong>heit angegeben ist, muss zwischen ihrer nom<strong>in</strong>alen <strong>und</strong> realen<br />
Größen unterscheieden werden. Geht man zum Beispiel 2007 <strong>in</strong> den Supermarkt<br />
<strong>und</strong> kauft Brot zu e<strong>in</strong>em Stückpreis von 1,20e pro Stück, dann kann<br />
man sagen, dass Brot 2007 e<strong>in</strong>en nom<strong>in</strong>alen Preis von 1,20e aufweist. Um<br />
den realen Preis für Brot zu bestimmen, benötigt man noch das Preisniveau<br />
des Jahres 2007. Wir wollen an dieser Stelle unterstellen, dass <strong>der</strong> Preis<strong>in</strong>dex<br />
für Brot im Jahr 2007 bei 1,50 liegt. Der reale Preis für Brot im Jahr 2007<br />
bestimmt sich dann als Quotient von nom<strong>in</strong>alem Preis <strong>und</strong> Preisniveau. Es<br />
gilt:<br />
realer Preis von Brot =<br />
✂<br />
✂<br />
✂<br />
✂<br />
α<br />
nom<strong>in</strong>aler Preis von Brot<br />
Preisniveau<br />
4<br />
= 1, 20e<br />
✲<br />
qj<br />
1, 50<br />
= 0, 80e
1.2 Wurzeln<br />
Den Ausdruck a√ x nennt man auch a-te Wurzel von x 1 . Alternativ kann man<br />
hierfür auch x 1<br />
a schreiben. Das heißt aber, dass man mit Wurzeln wie mit<br />
Potenzen rechnen kann. In <strong>der</strong> <strong>VWL</strong> hat es sich über die Jahre e<strong>in</strong>gebürgert,<br />
dass anstelle von Wurzelausdrücken o<strong>der</strong> Komb<strong>in</strong>ationen von Potenzen <strong>und</strong><br />
Wurzeln alle<strong>in</strong>e mit Potenzen gearbeitet wird.<br />
Statt 1−b√ x b schreibt man : x b<br />
1 −b<br />
Für solche Potenzen gelten die folgenden Rechenregeln:<br />
x −a = 1<br />
x a x 0 = 1 x a+b = x a ∗ x b<br />
x a−b = xa<br />
x b<br />
Rechenbeispiele:<br />
x ab = (x a ) b = x b a<br />
√ 2<br />
4 = √ 4 = 2√ 22 = 2 2<br />
2 = 2 1 = 2<br />
3√ 3<br />
8 = √ 23 = 2 3<br />
3 = 2 1 = 2<br />
√ 2<br />
18 = √ 18 = 2√ 2 ∗ 9 = 2√ 32 ∗ 2 = 2√ 32 ∗ 2√ 2 = 3 2<br />
2 2√ 2 = 3 1 2 √ 2 = 3 √ 2<br />
Anwendungsbeispiel 1:<br />
Aus dem Rechnen mit Brüchen sollte <strong>der</strong> Satz: ” Durch e<strong>in</strong>en Bruch teilt man,<br />
<strong>in</strong>dem man mit dem Kehrwert multipliziert.“ noch e<strong>in</strong>igermassen bekannt<br />
se<strong>in</strong>. Dass dies tatsächlich stimmt, kann man mit den folgenden Regeln <strong>und</strong><br />
e<strong>in</strong> wenig Bruchrechnen auch nachweisen.<br />
df<br />
dy<br />
: dy<br />
dx<br />
= df<br />
dy<br />
1<br />
dy<br />
dx<br />
= df<br />
dy<br />
1<br />
1 = df<br />
dy<br />
dy<br />
dx<br />
−1 dy<br />
=<br />
dx<br />
df<br />
dy<br />
Macht man das ganze mit Zahlen so gilt zum Beispiel:<br />
2<br />
3<br />
: 4<br />
6<br />
= 2<br />
3 ∗<br />
1<br />
1 = 2<br />
3 ∗<br />
4<br />
6<br />
−1 4<br />
=<br />
6<br />
2<br />
3<br />
4−1 2 6<br />
∗ = ∗<br />
6−1 3 4<br />
(dy) −1 df dx<br />
=<br />
(dx) −1 dy dy<br />
= 12<br />
12<br />
1 Der wohl bekanntere Ausdruck √ x stellt nichts an<strong>der</strong>es dar als die zweite Wurzel von<br />
x <strong>und</strong> wird bisweilen auch als die Quadratwurzel von x bezeichnet.<br />
5<br />
= 1
Anwendungsbeispiel 2:<br />
E<strong>in</strong>e Cobb - Douglas - Produktionsfunktion weist die folgende Form auf:<br />
Y = K β L 1−β<br />
Will man nun die Arbeitsproduktivität, die durch den Ausdruck Y<br />
L gegeben<br />
ist, berechnen, so muss man die ganze Gleichung durch L teilen:<br />
Y<br />
L = KβL1−β L<br />
= K β L −β = K<br />
β L1−β<br />
= K<br />
β 1<br />
L<br />
L = Kβ L1 ∗ L−β L<br />
β = Kβ<br />
=<br />
Lβ K<br />
L<br />
β<br />
β L ∗ L−β<br />
= K<br />
L<br />
In dieser Gleichung kann die Kapital<strong>in</strong>tensität K durch den hierfür benutzten<br />
L<br />
Buchstaben k ersetzt werden, so dass sich die folgende Gleichung ergibt:<br />
Y<br />
L<br />
= kβ<br />
<strong>und</strong> mit <strong>der</strong> Def<strong>in</strong>ition des Pro-Kopf-E<strong>in</strong>kommens (y = Y ) folgt:<br />
L<br />
y = k β<br />
6<br />
=
1.3 Logarithmus <strong>und</strong> Exponentialfunktion<br />
Man spricht von e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Exponentialfunktion, wenn die Funktion<br />
die Form:<br />
f (x) = a x<br />
hat. Hierbei nennt man a Basis <strong>und</strong> x Exponenten . Im klassischen Fall gilt<br />
a = e = 2, 71.... e nennt man auch Eulersche Zahl. Die Umkehrfunktion zu<br />
e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Exponentialfunktion nennt man Logarithmus <strong>und</strong> sie hat<br />
die Gestalt:<br />
f (x) = loga (x)<br />
Man sagt hierzu auch Logarithmus zur Basis a . Betrachtet man Logarithmus<br />
zur Basis e 2 , so spricht man von dem natürlichen Logarithmus <strong>und</strong> schreibt:<br />
f (x) = ln (x)<br />
Diese beiden Typen von Logarithmusfunktionen hängen wie folgt zusammen:<br />
loga (x) =<br />
ln (x)<br />
ln (a)<br />
Das heißt man benötigt lediglich Rechenregeln für den natürlichen Logarithmus.<br />
Da wir weiter oben den Logarithmus als Umkehrfunktion <strong>der</strong> Exponentialfunktion<br />
beschrieben haben, gelten die folgenden Eigenschaften:<br />
ln (e x ) = x<br />
x = e ln(x) mit x > 0<br />
Die zweite Aussage muss auf x > 0 e<strong>in</strong>geschränkt werden da man <strong>in</strong> den<br />
Logarithmus nur Werte größer als Null e<strong>in</strong>setzen darf. Insbeson<strong>der</strong>e gelten<br />
für den Logarithmus noch die folgenden Regeln:<br />
ln(1) = 0<br />
ln(e) = 1<br />
ln(a ∗ b) = ln(a) + ln(b)<br />
<br />
a<br />
<br />
ln = ln(a) − ln(b)<br />
b<br />
ln a b = b ∗ ln(a)<br />
2 Damit es zu ke<strong>in</strong>en Verwechselungen kommt, wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur bisweilen auch e ′<br />
anstelle von e verwendet.<br />
7
Anwendungsbeispiel:<br />
Untersuchungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>VWL</strong> beschäftigen sich nicht alle<strong>in</strong> mit absoluten<br />
Werten wie dem BIP o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Geldmenge, son<strong>der</strong>n zu e<strong>in</strong>em sehr großen<br />
Teil mit Wachstumsraten solcher Größen. E<strong>in</strong> Beispiel hierzu ist das Wirtschaftswachstum.<br />
Die Frage ist nun, wie ausgehend von absoluten Werten<br />
e<strong>in</strong>e Wachstumsrate berechnet werden kann. Zunächst e<strong>in</strong>mal muss zwischen<br />
stetigen <strong>und</strong> diskreten Wachstumsraten unterschieden werden. Wor<strong>in</strong> besteht<br />
<strong>der</strong> Unterschied? Bei diskreten Wachstumsraten betrachtet man das Wachstum<br />
für e<strong>in</strong>e bestimmten Zeitraum h<strong>in</strong>weg. Das Wirtschaftswachstum kann<br />
man zum Beispiel als Wachstum <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Jahres, e<strong>in</strong>es Monats, aber<br />
auch e<strong>in</strong>es 10-Jahres-Abschnitts berechnen. Im Fall von stetigen Wachstumraten<br />
schaut man sich sehr sehr kle<strong>in</strong>e Perioden an. Auf diesen Fall werden<br />
wir uns im Kapitel über Ableitungen beziehen; hier sollen nur diskrete Wachstumsraten<br />
<strong>in</strong>teressieren. Wir betrachten beispielhaft das Wirtschaftswachstums<br />
(hier mir gY bezeichnet). Dieses kann man gemäß <strong>der</strong> nachfolgenden<br />
Formel berechnen, wobei Yalt das Brutto<strong>in</strong>landsprodukt zum Zeitpunkt 1 <strong>und</strong><br />
Yneu das Brutto<strong>in</strong>landsprodukt zum Zeitpunkt 2 ist:<br />
gY = Yneu − Yalt<br />
Diese Formel kann man umformen zu:<br />
Yalt<br />
1 + gY = Yneu<br />
Wendet man nun auf beiden Seiten den Logarithmus an so erhält man<br />
<br />
Yneu<br />
ln (1 + gY ) = ln = ln (Yneu) − ln (Yalt)<br />
Yalt<br />
Für x - Werte, die sehr nahe bei Null liegen (zum Beispiel 0,004), kann man<br />
den Logarithmus wie folgt abschätzen (siehe auch nächstes Kapitel):<br />
Yalt<br />
ln (1 + x) ≈ x<br />
Benutzt man diese Abschätzung auf die Gleichung für das Wirtschaftswachstum<br />
so erhält man die folgende Gleichung:<br />
gY = ln (Yneu) − ln (Yalt)<br />
Es ist von daher vorteilhaft die Entwicklung des realen Brutto<strong>in</strong>landsprodukts<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er halblogarithmischen Darstellung zu zeigen:<br />
8
ln y<br />
✻<br />
✟✟ ✟✟<br />
t1<br />
✟✟ ✟✟<br />
t3<br />
Die Steigung etwa im Zeitpunkt t1 bzw. t3 zeigt also die Wachstumsrate von<br />
Y .<br />
9<br />
✲<br />
t
1.4 Abschätzungen<br />
In diesem Kapitel sollen weniger theoretische <strong>Gr<strong>und</strong>lagen</strong> präsentiert werden;<br />
stattdessen sollen e<strong>in</strong>ige Beispiele gegeben werden, wie man <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen<br />
vorgehen kann. Hierbei wollen wir uns grob an zwei Aspekten ausrichten.<br />
Zum e<strong>in</strong>en sollen Abschätzungen bzgl. des Vorzeichens e<strong>in</strong>es komplizierten<br />
Ausdrucks vorgenommen werden, zum an<strong>der</strong>en sollen e<strong>in</strong>ige Möglichkeiten<br />
dargestellt werden wie komplizierte Ausdrücke durch Abschätzungen zwar<br />
ungenau, dafür aber von <strong>der</strong> Gestalt her e<strong>in</strong>facher werden. E<strong>in</strong> Beispiel für<br />
Letzteres ist das Anwendungsbeispiel des letzten Kapitels.<br />
Anwendungsbeispiel (Vorzeichenabschätzung):<br />
In e<strong>in</strong>em Land mit e<strong>in</strong>em Güter-, e<strong>in</strong>em Geld- <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Devisenmarkt kann<br />
<strong>der</strong> Multiplikator für den E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> Staatsausgaben auf das Brutto<strong>in</strong>landsprodukt<br />
wie folgt lauten:<br />
dY<br />
dG = −Uh′ (−Qq∗ + J + q∗Jq ∗ − Xq∗) Hierbei bezeichnet <strong>der</strong> Index q∗ die Ableitung nach q∗ .Qq∗ ist also die Ableitung<br />
<strong>der</strong> Funktion Q nach <strong>der</strong> Variablen q∗ . Nun stellt sich die Frage, ob<br />
bei e<strong>in</strong>em Anstieg <strong>der</strong> Staatsausgaben das Brutto<strong>in</strong>landsprodukt steigt (das<br />
heißt dY<br />
dG<br />
ist positiv) o<strong>der</strong> fällt (das heißt dY<br />
dG<br />
ist negativ). Während man für<br />
die ganzen Variablen ke<strong>in</strong>e exakten Werte hat, die man e<strong>in</strong>setzen kann, so<br />
weiss man doch, ob sie positiv o<strong>der</strong> negativ s<strong>in</strong>d. So s<strong>in</strong>d die Importe J immer<br />
positiv, da ke<strong>in</strong>e negativen Werte importiert werden können. Ebenso verhält<br />
es sich mit dem Wechselkurs q ∗ . Ferner weiß man aus an<strong>der</strong>en theoretischen<br />
Arbeiten, dass bei steigenden Wechselkursen die Importmenge zunimmt <strong>und</strong><br />
somit Jq∗ positiv ist. Ferner weiß man aus an<strong>der</strong>en Untersuchungen, dass U<br />
<strong>und</strong> Qq ∗ negativ s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> h′ positiv ist.<br />
Wenn aber q∗ <strong>und</strong> Jq∗ positiv s<strong>in</strong>d, dann ist auch q∗Jq ∗ positiv. Und da J<br />
auch positiv ist, ist auch J + q∗Jq ∗ positiv. Außerdem, wenn Qq∗ negativ<br />
ist, dann ist −Qq∗ positiv. Dies heißt aber, dass <strong>der</strong> ganze Ausdruck <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
r<strong>und</strong>en Klammer positiv ist, da −Qq∗ + J + q∗Jq ∗ positiv ist. Ferner ist U<br />
negativ, also ist −U positiv <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>em positiven h ′ ist auch −Uh ′ positiv.<br />
Multipliziert man diesen positiven Ausdruck mit <strong>der</strong> dem Ausdruck <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Klammer, <strong>der</strong> auch positiv ist, so ist das Ergebnis wie<strong>der</strong> positiv. Somit ist<br />
nachgewiesen, dass <strong>der</strong> betrachtete Multiplikator positiv ist. Also:<br />
dY<br />
> 0<br />
dG<br />
Mit Rückgriff auf die praktische Bedeutung heißt das, dass e<strong>in</strong>e Steigerung<br />
<strong>der</strong> Staatsausgaben zu e<strong>in</strong>em Anstieg des Brutto<strong>in</strong>landproduktes führt.<br />
10
Anwendungsbeispiel (Vere<strong>in</strong>fachen e<strong>in</strong>er Gleichung):<br />
Der nom<strong>in</strong>ale <strong>und</strong> <strong>der</strong> reale Wechselkurs s<strong>in</strong>d via <strong>in</strong>- <strong>und</strong> ausländischem Preisniveau<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> folgenden Weise mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en.<br />
q ∗ ∗ P<br />
= e<br />
P<br />
Hierbei beschreibt P ∗ das ausländische <strong>und</strong> P das <strong>in</strong>ländische Preisniveau.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e bei benachbarten Län<strong>der</strong>n ist anzunehmen, dass sich durch<br />
Handel die Preisniveaus <strong>der</strong> beiden Län<strong>der</strong> über die Zeit e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> angleichen<br />
<strong>und</strong> entsprechend auf lange Sicht P ≈ P ∗ gilt. Dies bedeutet aber, dass<br />
P ∗<br />
<strong>der</strong> Quotient P ≈ 1 ist <strong>und</strong> somit q∗ ≈ e ist. Theoretisch sollte es langfristig<br />
also ke<strong>in</strong>en Unterschied zwischen nom<strong>in</strong>alem <strong>und</strong> realem Wechselkurs geben.<br />
1.5 B<strong>in</strong>omische Formeln<br />
Auch wenn es nur e<strong>in</strong>e überschaubare Anzahl von <strong>Anwendungen</strong> für die b<strong>in</strong>omischen<br />
Formeln <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>VWL</strong> gibt, gehören sie doch zu dem Handwerkszeug<br />
e<strong>in</strong>es Jeden, <strong>der</strong> sich auch nur ansatzweise mit Formeln <strong>und</strong> Ähnlichem<br />
beschäftigt. Aus diesem Gr<strong>und</strong> seien sie hier kurz angegeben:<br />
I (a + b) 2 = a 2 + 2ab + b 2<br />
II (a − b) 2 = a 2 − 2ab + b 2<br />
III (a + b)(a − b) = a 2 − b 2<br />
III ′<br />
(a + b)(a − b)<br />
a<br />
= a2 − b 2<br />
a<br />
= a − b2<br />
a<br />
Insbeson<strong>der</strong>e die modifizierte Formel III ′ ist e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Maß für die Wechselkursvolatilität.<br />
Rechenbeispiel:<br />
(3 + 4y) 2 = 3 2 + 2 ∗ 3 ∗ 4y + (4y) 2 = 9 + 24y + 16y 2<br />
11
Kapitel 2<br />
Differenzieren<br />
2.1 Grenzwerte<br />
Anstatt mit e<strong>in</strong>er theoretischen E<strong>in</strong>führung soll dieses Kapitel durch e<strong>in</strong><br />
volkswirtschaftlich - praxisorientiertes Beispiel motiviert werden:<br />
Beispiel:<br />
Betrachten wir e<strong>in</strong> freiausgedachtes Land A. In diesem Land A liegt e<strong>in</strong>e Arbeitslosenrate<br />
von 20% vor. Um etwas gegen diese hohe Arbeitslosigkeit zu<br />
unternehmen, verabschiedet die Regierung des Landes e<strong>in</strong>ige Verordnungen,<br />
die zur Folge haben, dass die Arbeitslosenquote sich <strong>in</strong> jedem Jahr verr<strong>in</strong>gert.<br />
Ökonomen haben den E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> Verordnungen auf die Arbeitslosigkeit untersucht<br />
<strong>und</strong> dabei festgestellt, dass die Arbeitslosigkeit u auf die folgende<br />
Art <strong>und</strong> Weise von <strong>der</strong> Zeit t abhängt:<br />
u(t) = 15<br />
t<br />
Zu dem Zeitpunkt t1 = 1, <strong>der</strong> bei uns <strong>der</strong> Startzeitpunkt ist, liegt entsprechend<br />
e<strong>in</strong>e Arbeitslosenrate von u(1) = 15 + 5 = 20 vor. E<strong>in</strong> Jahr später, im<br />
Zeitpunkt t2 = 2 zeigen die staatlichen Verordnungen erste Wirkungen <strong>und</strong><br />
die Arbeitslosenrate liegt bei nur noch u(2) = 7, 5 + 5 = 12, 5. Die Frage, die<br />
allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht am meisten <strong>in</strong>teressiert ist danach, welche Wirkung<br />
die Verordnungen auf lange Sicht erreichen können; auf welchen Wert<br />
kann die Arbeitslosenzahl höchstens gesenkt werden. Hierfür ist es notwendig,<br />
sich für t e<strong>in</strong>en sehr weit entfernten, unendlich weit entfernten Zeitpunkt<br />
zu denken <strong>und</strong> zu bestimmen, welchen Wert die Arbeitslosenrate zu diesem<br />
Zeitpunkt annimmt. Setzt man <strong>in</strong> die Formel für u immer größere Werte so<br />
12<br />
+ 5
erhält man zum Beispiel:<br />
u(10) = 15<br />
15<br />
+ 5 = 6, 5 u(100) = + 5 = 5, 15<br />
10 100<br />
u(1000) = 15<br />
15<br />
+ 5 = 5, 015 u(10000) = + 5 = 5, 0015<br />
1000 10000<br />
Man erkennt also, dass sich u(t) immer mehr dem Wert 5 annährt. Würde<br />
man für t den Wert ∞ e<strong>in</strong>setzen, so würde man als Ergebnis 5 erhalten.<br />
In e<strong>in</strong>em solchen Fall sagt man auch, dass 5 <strong>der</strong> Grenzwert von u(t) für<br />
t → ∞ ist.<br />
An dieser Stelle ist festzuhalten, dass e<strong>in</strong>e Folge1 stets nur maximal e<strong>in</strong>en<br />
Grenzwert besitzen kann. In diesem Fall sagt man auch, dass die entsprechende<br />
Folge gegen den Grenzwert konvergiert. Damit allerd<strong>in</strong>gs nicht jedes<br />
mal e<strong>in</strong> entsprechend langer Antwortsatz zu schreiben ist, benutzt man die<br />
folgende Schreibweise:<br />
lim u(t) = 5<br />
t→∞<br />
Besitzt die Folge ke<strong>in</strong>en Grenzwert bzw. bekommt man ∞ als Ergebnis o<strong>der</strong><br />
ist <strong>der</strong> Grenzwert nicht e<strong>in</strong>deutig, so sagt man, dass die Folge divergiert.<br />
Bekommt man ∞ als Ergebnis, so schreibt man beispielsweise auch:<br />
lim t = ∞<br />
t→∞<br />
Bevor wir auf weitere Anwendungsbeispiele e<strong>in</strong>gehen werden, sollen zuerst<br />
die meist verwendeten Regeln zur Grenzwertberechnung angegeben werden.<br />
lim<br />
t→∞ c1 = 0, mit c ∈ R<br />
t<br />
lim ct = ∞, mit c ∈ R \ {0 }<br />
t→∞<br />
lim<br />
t→∞ ceat+b = ∞, mit a, b, c ∈ R<br />
lim<br />
t→∞ ce−at+b = 0, mit a, b, c ∈ R<br />
lim<br />
t→∞<br />
f(t) + g(t) = lim<br />
t→∞<br />
f(t) + lim<br />
t→∞ g(t)<br />
Weiterh<strong>in</strong> wollen wir noch Grenzwerte <strong>der</strong> folgenden Form berechnen:<br />
f(t)<br />
lim<br />
t→∞ g(t)<br />
1 E<strong>in</strong>e Folge ist e<strong>in</strong>e Funktion <strong>in</strong> die man nur positive ganze Zahlen e<strong>in</strong>setzt. u(t) ist<br />
e<strong>in</strong>e Folge, da t größer als 0 ist <strong>und</strong> nur ganze Zahlen als Zeitpunkte benutzt werden.<br />
13
Hierbei s<strong>in</strong>d f(t) <strong>und</strong> g(t) Polynome. Ferner sei v <strong>der</strong> Grad 2 von f(t) <strong>und</strong> w<br />
<strong>der</strong> Grad von g(t). Dann kann man drei Fälle unterscheiden. Im ersten Fall<br />
ist v > w, dann gilt:<br />
f(t)<br />
lim<br />
t→∞ g(t)<br />
Im zweiten Fall ist v < w, dann gilt<br />
f(t)<br />
lim<br />
t→∞ g(t)<br />
= ∞<br />
Der dritte Fall, bei dem v = w ist, ist etwas schwieriger. Hierbei muss man<br />
den Wert, <strong>der</strong> vor dem Term mit dem größten Exponenten <strong>in</strong> f(t) <strong>und</strong> den<br />
Wert, <strong>der</strong> vor dem Term mit dem größten Exponenten <strong>in</strong> g(t) steht betrach-<br />
ten. In dem Beispiel:<br />
= 0<br />
t<br />
lim<br />
t→∞<br />
2 − 3t<br />
3 − 3t2 ist sowohl <strong>der</strong> Grad von f(t) als auch <strong>der</strong> Grad von g(t) gerade 2. Der Ausdruck<br />
mit dem höchsten Exponenten <strong>in</strong> f(t) <strong>und</strong> <strong>in</strong> g(t) ist t 2 <strong>und</strong> vor dem<br />
t 2 steht <strong>in</strong> f(t) e<strong>in</strong>e 1 <strong>und</strong> <strong>in</strong> g(t) e<strong>in</strong>e -3. Der Grenzwert <strong>der</strong> gesamten Folge<br />
ergibt sich, <strong>in</strong>dem man den Wert aus f(t) durch den Wert aus g(t) teilt. Es<br />
gilt also:<br />
lim<br />
t→∞<br />
t2 − 3t 1<br />
=<br />
3 − 3t2 −3<br />
= −1<br />
3<br />
Weiterh<strong>in</strong> spielen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>VWL</strong> Funktionen / Folgen <strong>der</strong> folgenden Art e<strong>in</strong>e<br />
Rolle, um die verschiedensten Vorgänge zu beschreiben.<br />
an = exp(−bn) = e −bn = 1<br />
e bn<br />
Da die Exponentialfunktion für größer werdende n immer größer wird, gilt:<br />
lim<br />
n→∞ an = lim exp(−bn) = lim e<br />
n→∞ n→∞ −bn = lim<br />
n→∞<br />
Entsprechend gilt für Erweiterung folgen<strong>der</strong> Bauweise:<br />
lim exp(−bn) + g = 0 + g = g<br />
t→∞<br />
1<br />
= 0<br />
ebn 2 Der Grad e<strong>in</strong>es Polynoms ist <strong>der</strong> größte vorkommende Exponent. Zum Beispiel hat<br />
f(x) = x 3 + x 4 + 3x den Grad 4.<br />
14
Anwendungsbeispiel (Technischer Fortschritt):<br />
Das Niveau des technischen Fortschritts lässt sich zum Beispiel <strong>in</strong> Abhängigkeit<br />
<strong>der</strong> Zeit formulieren als:<br />
a(t) = a ∗ +ze −a′ t<br />
Hierbei s<strong>in</strong>d a∗, z <strong>und</strong> a ′ exogene Konstanten. Nun ist <strong>in</strong>teressant zu untersuchen,<br />
wie sich <strong>der</strong> technische Fortschritt auf lange Sicht entwickelt. Um diesen<br />
Steady State Wert des technischen Fortschritts zu bestimmen, berechnen wir<br />
den Grenzwert <strong>der</strong> obigen Funktion.<br />
lim a(t) = lim<br />
t→∞ t→∞ a ∗ +ze−a′ t<br />
= a ∗ +0 = a∗<br />
Anwendungsbeispiel (Wirtschaftswachstum):<br />
Gegen Ende dieses Kapitels werden wir im Rahmen <strong>der</strong> neoklassischen Wachstumstheorie<br />
für das Pro-Kopf-E<strong>in</strong>kommen zum Zeitpunkt t - y(t) - die folgende<br />
Formel herleiten:<br />
y(t) =<br />
<br />
C0e ′−(n+a)(1−β)t + s<br />
β<br />
1−β<br />
a + n<br />
Hier ist n die Wachstumsrate <strong>der</strong> Bevölkerung, s die Sparquote; e ′ ist die<br />
Eulerzahl <strong>und</strong> c0 ist e<strong>in</strong> Wert, <strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Anfangssituation zu bestimmen<br />
ist.<br />
Betrachtet man das Pro-Kopf-BIP für e<strong>in</strong>en sehr weit entfernten (unendlich<br />
fernen) Zeitpunkt, so bestimmt sich das Pro-Kopf-BIP als Grenzwert mit<br />
t → ∞. Durch e<strong>in</strong>e solche Untersuchung kann gezeigt werden, ob sich das Pro-<br />
Kopf-BIP e<strong>in</strong>em bestimmten Wert annähert o<strong>der</strong> ob es stetig weiterwächst.<br />
Im ersten Fall existiert e<strong>in</strong> Grenzwert für y(t), den man auch als Steady-<br />
State-Wert bezeichnet. Um diesen Wert zu berechnen, führt man sich vor<br />
Augen, dass im Exponenten <strong>der</strong> Funktion y(t) ke<strong>in</strong> t vorkommt. Somit muss<br />
man zuerst nur den Teil <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Klammer betrachten. Hier kommt<br />
nur im ersten Term e<strong>in</strong> t vor. Insbeson<strong>der</strong>e konvergiert dieser erste Term<br />
analog zu den letzten Beispiel gegen 0. Was <strong>in</strong> dem letzten Beispiel a ′ genannt<br />
wurde, heißt <strong>in</strong> diesem Beispiel (n + a)(1 − β) <strong>und</strong> z heißt C0; aber die<br />
Argumentation ist komplett analog. Somit muss man nur den zweiten Term<br />
<strong>und</strong> den Exponenten weiter betrachten. Entsprechend ergibt sich als Steady-<br />
State-Wert:<br />
<br />
lim C0e<br />
t→∞<br />
′−(n+a)(1−β)t + s<br />
β<br />
1−β<br />
a + n<br />
15<br />
=<br />
<br />
s<br />
a + n<br />
β<br />
1−β
2.2 Differenzieren<br />
Differenzieren als solches bezieht sich darauf, die Steigung e<strong>in</strong>er gegebenen<br />
Funktion f an e<strong>in</strong>er Stelle x0 zu bestimmen. Zu diesem Zweck er<strong>in</strong>nert man<br />
sich daran, dass die Steigung e<strong>in</strong>er Geraden <strong>der</strong> Form:<br />
f(x) = mx + c<br />
gerade m ist. S<strong>in</strong>d zwei Punkte (x0, y0) <strong>und</strong> (x1, y1) vorgegeben durch die<br />
die Gerade verlaufen soll, so kann man die Steigung auch berechnen als 3 :<br />
m = y1 − y0<br />
x1 − x0<br />
Diese Darstellung <strong>der</strong> Steigung motiviert dazu, den Differentialquotienten<br />
e<strong>in</strong>zuführen, durch welchen die Steigung f ′ (x0) e<strong>in</strong>er Funktion f an <strong>der</strong> Stelle<br />
x0 bestimmt werden kann. Der Differentialquotient hat die Form:<br />
f ′ f(x) − f(x0)<br />
(x0) = lim<br />
x→x0 x − x0<br />
Mit e<strong>in</strong>er <strong>der</strong>artigen Beschreibung <strong>der</strong> Steigung kann man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Volkswirtschaftslehre<br />
allerd<strong>in</strong>gs meist wenig anfangen; daher benutzt man an<strong>der</strong>e Wege,<br />
die zwar alle auf dem Differentialquotienten basieren, ihn allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />
explizit benutzen.<br />
Bevor auf die e<strong>in</strong>zelnen Methoden e<strong>in</strong>gegangen wird muss noch e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>teilung<br />
h<strong>in</strong>sichtlich des volkswirtschaftlichen H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>s <strong>der</strong> Steigungsbestimmung<br />
gemacht werden. Man kann generell zwischen e<strong>in</strong>er Ceteris-Paribus-<br />
Analyse <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Totalanalyse unterscheiden. Bei <strong>der</strong> Ceteris-Paribus-Analyse<br />
wird lediglich <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zelnen exogenen Größe auf die endogenen<br />
Größen betrachtet. Dies motiviert die Frage:<br />
Wenn e<strong>in</strong>e exogene Größe um e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit erhöht wird, um wie viele E<strong>in</strong>heiten<br />
erhöhen sich die endogenen Größen? (Der E<strong>in</strong>fachheit halber gehen wir<br />
zuerst davon aus, dass nur e<strong>in</strong>e endogene Größe vorliegt.)<br />
Diese Frage lässt sich durch die Ableitung, wie sie im folgenden Abschnitt<br />
dargestellt wird, beantworten. Bei <strong>der</strong> Totalanalysis dah<strong>in</strong>gegen wird <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>fluss aller exogenen Größen auf die endogenen Größen betrachtet. Hierbei<br />
stellt sich die Frage:<br />
Wenn jede exogene Größe um e<strong>in</strong>e bestimmte Menge verän<strong>der</strong>t wird, um wie<br />
viele E<strong>in</strong>heiten verän<strong>der</strong>en sich die endogenen Größen?<br />
Die Antwort auf diese Frage kann mit Hilfe des totalen Differentials gegeben<br />
werden. Dieses wird im übernächsten Abschnitt ausführlicher diskutiert.<br />
3 E<strong>in</strong>e genaue Erklärung des Folgenden kann unter an<strong>der</strong>em <strong>in</strong> [1] nachgelesen werden.<br />
16
2.2.1 Ableitungen<br />
In diesem Abschnitt soll e<strong>in</strong> Überblick über die verschiedenen Gr<strong>und</strong>typen<br />
von Funktion gegeben werden <strong>und</strong> wie ihre Ableitung lautet. Um komplizierte<br />
Ausdrücke behandeln zu können, müssen diese mit Hilfe <strong>der</strong> weiter unten<br />
angegebenen Ableitungsregeln <strong>in</strong> die Gr<strong>und</strong>typen zerlegt werden, so dass die<br />
hierfür geltenden Ableitungen verwendet werden können.<br />
Bevor auf die eigentlichen Ableitungsregeln e<strong>in</strong>gegangen wird, ist zuvor noch<br />
e<strong>in</strong>e Erklärung <strong>der</strong> verschiedenen Schreibweisen von Nöten. Berechnet man<br />
die Ableitung e<strong>in</strong>er Funktion f, die abhängig ist von den Variablen x <strong>und</strong> y,<br />
nach <strong>der</strong> Variablen x, so kann man dies auf verschiedene Arten schreiben.<br />
fx(x, y) =<br />
df(x, y)<br />
dx<br />
= ∂f(x, y)<br />
∂x<br />
Wäre x die e<strong>in</strong>zige Variable, so würde man statt fx(x) auch f ′ (x) schreiben.<br />
Unter Berücksichtigung dieser H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><strong>in</strong>formationen kann man sich die<br />
ersten Ableitungen anschauen. Im Folgenden beschränken wir uns auf die<br />
nachstehenden Standardfunktionen:<br />
f (x) = ax n ⇒ f ′ (x) = anx n−1 , n = 0<br />
f (x) = a ⇒ f ′ (x) = 0<br />
f (x) = exp (x) ⇒ f ′ (x) = exp (x)<br />
f (x) = ln (x) ⇒ f ′ (x) = 1<br />
x<br />
f (x) = s<strong>in</strong> (x) ⇒ f ′ (x) = cos (x)<br />
f (x) = cos (x) ⇒ f ′ (x) = −s<strong>in</strong> (x)<br />
Da diese Funktionen <strong>in</strong> ihrer re<strong>in</strong>en Form wenig direkte wirtschaftswissenschaftliche<br />
Relevanz besitzen, wollen wir uns als Nächstes damit ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
setzen, auf welche Arten solche Funktionen komb<strong>in</strong>iert werden können <strong>und</strong><br />
wie es dann mit Ableitungen aussieht.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e gelten für zusammengesetzte Funktionen die folgenden Regeln:<br />
L<strong>in</strong>earität : f (x) = g (x) + h (x) ⇒ f ′ (x) = g ′ (x) + h ′ (x)<br />
L<strong>in</strong>earität : f (x) = ag (x) ⇒ f ′ (x) = ag ′ (x)<br />
P roduktregel : f (x) = g (x) ∗ h (x) ⇒ f ′ (x) = g ′ (x) ∗ h (x) + g (x) ∗ h ′ (x)<br />
g (x)<br />
h (x) ⇒ f ′ (x) = g′ (x) ∗ h (x) − g (x) ∗ h ′ (x)<br />
h (x) 2<br />
Kettenregel : f (x) = g (h (x)) ⇒ f ′ (x) = h ′ (x) ∗ g ′ (h (x))<br />
Quotientenregel : f (x) =<br />
17
Anwendungsbeispiel (Cobb-Douglas - Produktionsfunktion):<br />
Betrachten wir e<strong>in</strong>e Cobb-Douglas - Produktionsfunktion des Typs:<br />
Y (K, L) = K β L 1−β<br />
dann kann man die Frage nach dem E<strong>in</strong>fluss des Kapitals auf das E<strong>in</strong>kommen<br />
Y , bei Konstanz <strong>der</strong> Arbeit, stellen. Hierzu betrachten wir die Ableitung:<br />
dY (K, L)<br />
dK<br />
Da <strong>in</strong> dem Ausdruck L 1−β ke<strong>in</strong> K vorkommt, ist dieser Ausdruck konstant<br />
<strong>und</strong> wir können die erste Ableitungsregel für die Standardfunktionen zum<br />
Ableiten verwenden, die da heißt:<br />
f (x) = ax n ⇒ f ′ (x) = anx n−1 , n = 0<br />
Entsprechend gilt für das Grenzprodukt des Kapitals e<strong>in</strong>er Cobb-Douglas-<br />
Produktionsfunktion:<br />
dY (K, L)<br />
dK<br />
= βK β−1 L 1−β = βK β−1 L −(β−1) = βk β−1 = dy(k)<br />
dk<br />
18
2.2.2 Totales Differential<br />
Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Ableitungen aus dem letzten Abschnitt,<br />
bei denen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>er exogenen auf die endogene Größe ceteris paribus<br />
betrachtet wurde, untersucht man bei <strong>der</strong> Bildung des totalen Differentials<br />
den E<strong>in</strong>fluss aller exogenen Größen auf die endogene Größe. Da alle exogenen<br />
Größen an diesem Prozess beteiligt s<strong>in</strong>d, benötigt man auch sämtliche partielle<br />
Ableitungen. Weiterh<strong>in</strong> muss man unterscheiden, auf welche Art e<strong>in</strong>e Funktion<br />
f vorgegeben ist. Liegt die Gleichung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Form f(x1, x2, x3, ...) = 0<br />
vor o<strong>der</strong> kann sie <strong>in</strong> dieses Format überführt werden, so bestimmt sich das<br />
totale Differential über die zweite <strong>der</strong> zwei folgenden Gleichungen. Liegt die<br />
Funktion f(x1, x2, x3, ...) allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Form vor, so dass sie nicht <strong>in</strong><br />
die Form f(x1, x2, x3, ...) = 0 umgewandelt werden kann, so benutzt man die<br />
erste Gleichung zur Bestimmung des totalen Differentials.<br />
f (x, y, z) ⇒<br />
f (x, y, z) = 0 ⇒<br />
df = ∂f ∂f ∂f<br />
dx + dy +<br />
∂x ∂y ∂z dz<br />
0 = ∂f ∂f ∂f<br />
dx + dy +<br />
∂x ∂y ∂z dz<br />
Beispiel:<br />
a) Die Gleichung x 2 y − y 3 = 4y − 1 lässt sich umschreiben zu:<br />
x 2 y − y 3 − 4y + 1 = 0<br />
Somit ist f(x, y) = x 2 y − y 3 − 4y + 1 = 0 <strong>und</strong> es muss die zweite Gleichung<br />
benutzt werden:<br />
0 = (2xy)dx + (x 2 − 3y 2 − 4)dy<br />
b) Ist h<strong>in</strong>gegen die Funktion f(x, y) = x 2 y − y 3 − 4y + 1 gegeben, so ist die<br />
erste Gleichung zu benutzen, da f(x, y) nicht notwendigerweise immer gleich<br />
Null ist. Entsprechend ergibt sich:<br />
df = (2xy)dx + (x 2 − 3y 2 − 4)dy<br />
19
Anwendungsbeispiel (Cobb-Douglas - Produktionsfunktion):<br />
Betrachten wir wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal die altbekannte Cobb-Douglas-Produktionsfunktion:<br />
Y (K, L) = K β L 1−β<br />
Dann bestimmt sich das totale Differential mit k = K<br />
L<br />
Gleichung als:<br />
dY = βk β−1 dK + (1 − β)k β dL<br />
; y = Y<br />
L<br />
nach <strong>der</strong> ersten<br />
Wird nun angenommen, dass sowohl <strong>der</strong> Kapitalbestand als auch das Arbeitsangebot<br />
um e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit angehoben werden (dK = dL = 1), so erhöht<br />
sich Y um:<br />
dY = βkβ−1 + (1 − β)kβ = kβ β<br />
k + 1 − β = y 1 − β 1 − 1<br />
<br />
k<br />
Dies ist <strong>in</strong>soweit von Interesse, als dass sich hierbei zeigt, dass die Verän<strong>der</strong>ung<br />
des Brutto<strong>in</strong>landsprodukts von dem Pro-Kopf-E<strong>in</strong>kommen abhängt. E<strong>in</strong>e<br />
Erhöhung von Kapital <strong>und</strong> Arbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em reichen Land br<strong>in</strong>gt entsprechend<br />
mehr Gew<strong>in</strong>n als e<strong>in</strong>e Erhöhung von Kapital <strong>und</strong> Arbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
armen Land.<br />
20
2.3 Maximierung versus M<strong>in</strong>imierung<br />
E<strong>in</strong>s <strong>der</strong> Ziele <strong>der</strong> Volkswirtschaftslehre ist es e<strong>in</strong>e optimale Situation zu<br />
beschreiben bzw. Bed<strong>in</strong>gungen zu benennen, die für das Erreichen dieser<br />
optimalen Situation notwendig s<strong>in</strong>d. Aber was heißt eigentlich optimale Situation.<br />
In e<strong>in</strong>er optimalen Situation sollen negative Größen wie zum Beispiel<br />
die Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> die Inflation möglichst ger<strong>in</strong>g se<strong>in</strong>. Alternativ sollen<br />
Größen wie das Pro-Kopf-E<strong>in</strong>kommen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kapitalbestand möglichst<br />
groß werden. Man verfolgt also stets das Ziel, e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> mehrere Größen zu<br />
maximieren o<strong>der</strong> zu m<strong>in</strong>imieren. Son<strong>der</strong>fälle f<strong>in</strong>den sich zum e<strong>in</strong>en dann,<br />
wenn mehrere Größen gleichzeitig maximiert <strong>und</strong> / o<strong>der</strong> m<strong>in</strong>imiert werden<br />
sollen. Zum an<strong>der</strong>en kann es aber auch se<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> Optimierungsprozess<br />
nur <strong>in</strong>nerhalb bestimmter Grenzen ablaufen kann, so dass solche Grenzen<br />
als Nebenbed<strong>in</strong>gungen Zugang <strong>in</strong> das Optimierungsproblem f<strong>in</strong>den. In dem<br />
e<strong>in</strong>fachsten Fall, dass nur Gleichungen als Nebenbed<strong>in</strong>gungen vorliegen, kann<br />
man die Probleme mit Hilfe von Lagrange-Multiplikatoren lösen. Bevor wir<br />
im zweiten Teil dieses Abschnitts auf diese Lagrange-Multiplikatoren e<strong>in</strong>gehen,<br />
werden wir zuerst diskutieren wie e<strong>in</strong>e Optimierung durchgeführt wird,<br />
wenn ke<strong>in</strong>e Nebenbed<strong>in</strong>gungen vorliegen.<br />
2.3.1 Extremwerte<br />
Zu diesem Zweck unterscheidet man zwischen e<strong>in</strong>er Notwendigen Bed<strong>in</strong>gung,<br />
die bisweilen auch als first or<strong>der</strong> classification bezeichnet wird <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er H<strong>in</strong>reichenden<br />
Bed<strong>in</strong>gung .<br />
Notwendige Bed<strong>in</strong>gung:<br />
Die Notwendige Bed<strong>in</strong>gung dient dazu, potentielle Maxima <strong>und</strong> M<strong>in</strong>ima<br />
(o<strong>der</strong> zusammenfassend Extrema) zu bestimmen. Zu diesem Zweck verdeutlicht<br />
man sich, dass e<strong>in</strong> Extremum dadurch gekennzeichnet ist, dass an <strong>der</strong><br />
Stelle des Extremums, sprich an dem jeweiligen Scheitelpunkt <strong>der</strong> Funktion<br />
genau e<strong>in</strong>e Steigung von 0 vorliegt. Dies macht <strong>in</strong>soweit S<strong>in</strong>n, als dass e<strong>in</strong>e<br />
Funktion zum Beispiel vor e<strong>in</strong>em Maximum steigt, also e<strong>in</strong>e positive Steigung<br />
hat <strong>und</strong> nach e<strong>in</strong>em Maximum fällt, also e<strong>in</strong>e negative Steigung hat. Somit<br />
muss sie im Maximum e<strong>in</strong>e Steigung von 0 haben. Aus dem letzten Abschnitt<br />
wissen wir aber, dass die Steigung e<strong>in</strong>er Funktion h<strong>in</strong>sichtlich e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zelnen<br />
Variablen durch ihre erste Ableitung bzgl. dieser Variablen gegeben ist.<br />
Die erste Ableitung e<strong>in</strong>er Funktion muss somit an <strong>der</strong> Stelle des Extremums<br />
0 se<strong>in</strong>. Berechnet man entsprechend alle Stellen, an denen die erste Ableitung<br />
e<strong>in</strong>er Funktion 0 wird, so erhält man alle möglichen Extrema. Bei e<strong>in</strong>er<br />
Funktion, die von mehreren Variablen abhängt, müssen die Ableitungen bzgl.<br />
aller Variablen gleich 0 se<strong>in</strong>. Während man bei e<strong>in</strong>er Funktion <strong>der</strong> Form f(x)<br />
21
nur e<strong>in</strong>e erste Ableitung <strong>und</strong> somit nur die Notwendige Bed<strong>in</strong>gung df<br />
= 0 dx<br />
hat, besteht die Notwendige Bed<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> Funktion f(x, y) aus den zwei<br />
Gleichungen df<br />
df<br />
= 0 <strong>und</strong> = 0.<br />
dx dy<br />
Da es allerd<strong>in</strong>gs noch Punkte <strong>der</strong> Funktion geben kann, <strong>in</strong> denen die erste<br />
Ableitung 0 ist, die aber ke<strong>in</strong>e Extrema <strong>der</strong> Funktion s<strong>in</strong>d, benötigt man<br />
noch die H<strong>in</strong>reichende Bed<strong>in</strong>gung.<br />
H<strong>in</strong>reichende Bed<strong>in</strong>gung:<br />
Um entscheiden zu können, ob es sich bei e<strong>in</strong>em Punkt, <strong>der</strong> die Notwendige<br />
Bed<strong>in</strong>gung erfüllt, tatsächlich um e<strong>in</strong> Extremum handelt, gibt es mehrere<br />
Möglichkeiten. Die Variante, die hier benutzt wird, ist allerd<strong>in</strong>gs die bekannteste.<br />
Man bestimmt zuerst die zweite Ableitung <strong>und</strong> setzt <strong>in</strong> diese die möglichen<br />
Extrema e<strong>in</strong>. Ist das Ergebnis positiv, so handelt es sich um e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum,<br />
ist das Ergebnis negativ, so handelt es sich um e<strong>in</strong> Maximum. Sollte als Ergebnis<br />
0 rauskommen, so kann man ke<strong>in</strong>e Aussage treffen <strong>und</strong> muss auf e<strong>in</strong>e<br />
an<strong>der</strong>e Alternative ausweichen. In Bereichen <strong>der</strong> <strong>VWL</strong> mit denen wir uns hier<br />
beschäftigen, reicht diese Regel allerd<strong>in</strong>gs voll <strong>und</strong> ganz aus, da bisweilen bereits<br />
im Vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> bekannt ist, ob e<strong>in</strong> Maximum o<strong>der</strong> M<strong>in</strong>imum vorliegt <strong>und</strong><br />
sich lediglich die Frage stellt, an welcher Stelle sich dieses Extremum bef<strong>in</strong>det.<br />
Entsprechend kann unter bestimmten Umständen auch auf die H<strong>in</strong>reichende<br />
Bed<strong>in</strong>gung verzichtet werden.<br />
Während bis zu diesem Punkt stets davon ausgegangen wurde, dass e<strong>in</strong>e<br />
Ceteris Paribus Maximierung bzw. M<strong>in</strong>imierung stattf<strong>in</strong>det, ist e<strong>in</strong>e Maximierung<br />
auf Basis des totalen Differentials ebenso möglich. Hier wird als<br />
Notwendige Bed<strong>in</strong>gung das totale Differential wie im letzten Abschnitt bestimmt<br />
<strong>und</strong> gleich 0 gesetzt. Aus dieser Gleichung bestimmen sich dann die<br />
möglichen Extrema <strong>der</strong> Funktion.<br />
Beispiel (Ceteris Paribus):<br />
Zuerst wollen wir komplett losgelöst von praktischen Gesichtspunkten die<br />
folgende Funktion betrachten:<br />
f(x, y) = x 2 + y 2 + xy 2<br />
Die ersten Ableitungen bestimmen sich wie folgt:<br />
<br />
2 2x + y<br />
∇f(x, y) =<br />
2y + 2xy<br />
Diese ersten Ableitungen setzen wir gleich 0 <strong>und</strong> formen um.<br />
<br />
2x<br />
0<br />
=<br />
<br />
−y2 <br />
y(2x + 2)<br />
22
Man erkennt an <strong>der</strong> zweiten Gleichung, dass entwe<strong>der</strong> y = 0 o<strong>der</strong> x = −1<br />
se<strong>in</strong> muss. Für y = 0 folgt als Lösung direkt, dass auch x = 0 ist. Für x = −1<br />
lautet die erste Gleichung: −2 = −y 2 <strong>und</strong> somit gilt: y 2 = 2.Dies bedeutet<br />
aber, dass es zwei Lösungen gibt: y1 = √ 2 <strong>und</strong> y2 = − √ 2 Zu überprüfen ist<br />
nun nur noch, ob es sich bei den bestimmten möglichen Extrema tatsächlich<br />
um welche handelt <strong>und</strong> sollte dies <strong>der</strong> Fall se<strong>in</strong>, ob Maxima o<strong>der</strong> M<strong>in</strong>ima<br />
vorliegen. Hierzu bestimmen wir die zweiten Ableitungen <strong>der</strong> Funktion <strong>und</strong><br />
setzen <strong>in</strong> diese die potentiellen Extremstellen e<strong>in</strong>.<br />
<br />
2 2y<br />
Hf(x, y) =<br />
2y 2 + 2x<br />
<br />
2 0<br />
Hf(0, 0) =<br />
0 2<br />
Da sowohl <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ke obere E<strong>in</strong>trag dieser Matrix sowie die Determ<strong>in</strong>ante<br />
positiv s<strong>in</strong>d, ist die Matríx positiv def<strong>in</strong>it <strong>und</strong> es liegt e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum vor.<br />
Hf(−1, √ √<br />
2 2 2<br />
2) =<br />
2 √ <br />
2 0<br />
Hier ist das l<strong>in</strong>ke obere Element positiv <strong>und</strong> die Determ<strong>in</strong>ante negativ. Aufgr<strong>und</strong><br />
dieser Tatsache ist die Matrix <strong>in</strong>def<strong>in</strong>it, es liegt also ke<strong>in</strong> Extremum<br />
vor.<br />
Hf(−1, − √ 2) =<br />
2 −2 √ 2<br />
−2 √ 2 0<br />
Hier s<strong>in</strong>d wie<strong>der</strong> sowohl das l<strong>in</strong>ke obere Element als auch die Determ<strong>in</strong>ante<br />
positiv <strong>und</strong> somit ist die Matrix positiv def<strong>in</strong>it. Es liegt also an <strong>der</strong> gerade<br />
betrachteten Stelle ebenfalls e<strong>in</strong> Extremum, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum vor.<br />
Anwendungsbeispiel (Totales Differential):<br />
Während man bei den beiden obigen Beispielen die Lösungen explizit ausrechnen<br />
konnte, bietet e<strong>in</strong>e Extremwertbestimmung auf Basis des totalen<br />
Differentials lediglich die Möglichkeit, e<strong>in</strong>e Bed<strong>in</strong>gung herzuleiten, die erfüllt<br />
se<strong>in</strong> muss, damit e<strong>in</strong> Extremum vorliegt. In dem Fall, dass die betrachtete<br />
Funktion lediglich von e<strong>in</strong>er Variablen abhängt, wird das selbe Ergebnis bestimmt<br />
wie bei e<strong>in</strong>er Extremwertberechnung nach obigem Beispiel.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs ist es auch im Fall e<strong>in</strong>er Funktion <strong>in</strong> mehreren Verän<strong>der</strong>lichen aus<br />
Sicht <strong>der</strong> <strong>VWL</strong> akzeptabel, sich nur mit e<strong>in</strong>er Bed<strong>in</strong>gung zufrieden geben zu<br />
müssen, da, wie bereits erwähnt, zumeist bereits klar ist ob e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum<br />
o<strong>der</strong> Maximum vorliegt <strong>und</strong> lediglich e<strong>in</strong>e Bed<strong>in</strong>gung gesucht wird, die sicherstellt,<br />
dass dieses Extremum auch angenommen wird.<br />
23
Im beson<strong>der</strong>en wollen wir hier das Beispiel <strong>der</strong> Cobb-Douglas-Produktionsfunktion<br />
aus dem Kapitel über das totale Differential wie<strong>der</strong> aufgreifen <strong>und</strong> genauer<br />
betrachten. Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion ist dabei gegeben als:<br />
Y = K β L 1−β<br />
Bestimmt man zu dieser Funktion das totale Differential <strong>und</strong> setzt dieses<br />
gleich 0 so erhält man:<br />
0 = βK β−1 L 1−β dK + (1 − β)K β L −β dL = βk β−1 dK + (1 − β)k β dL<br />
Br<strong>in</strong>gt man den zweiten Term auf die an<strong>der</strong>e Seite <strong>und</strong> löst nach dK auf, so<br />
dL<br />
erhält man:<br />
βk β−1 dK = (β − 1)k β dL<br />
dK<br />
dL<br />
dK<br />
dL<br />
= (β − 1)kβ<br />
βk β−1<br />
(β − 1)<br />
= k<br />
β<br />
Da β zwischen 0 <strong>und</strong> 1 liegt, k allerd<strong>in</strong>gs (zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em s<strong>in</strong>nvollen<br />
volkswirtschaftlichem Kontext) stets positiv ist, ist <strong>der</strong> gesamte Ausdruck dK<br />
dL<br />
negativ. Entsprechend wurde durch diese Aufgabe gezeigt, dass im Optimum<br />
e<strong>in</strong>e Erhöhung des Faktors Arbeit stets e<strong>in</strong>e Verr<strong>in</strong>gerung des Faktors Kapital<br />
nach sich zieht.<br />
24
2.3.2 Lagrange-Multiplikatoren<br />
Erweitert man den Optimierungsansatz aus dem letzten Kapitel, so dass<br />
auch Nebenbed<strong>in</strong>gungen betrachtet werden können, benötigt man so genannte<br />
Lagrange-Multiplikatoren als Hilfsmittel. Bevor <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz dieser Multiplikatoren<br />
<strong>und</strong> ihre Bedeutung allerd<strong>in</strong>gs beschrieben wird, soll die Problemstellung<br />
kurz praktisch motiviert werden. Wie bereits angesprochen, ist das<br />
Ziel <strong>der</strong> <strong>VWL</strong>, Möglichkeiten aufzuzeigen wie verschiedene Probleme optimal<br />
gelöst werden können. Als Beispiel soll an dieser Stelle die Arbeitslosigkeit<br />
dienen. Das Ziel sollte es se<strong>in</strong> die Arbeitslosigkeit so ger<strong>in</strong>g wie möglich zu<br />
halten. Gehen wir an dieser Stelle davon aus, dass es ke<strong>in</strong>e natürliche Arbeitslosigkeit<br />
gibt; je<strong>der</strong> will theoretisch arbeiten, manche können es aber<br />
nicht. Dann ist das Ziel, e<strong>in</strong>e Arbeitslosenquote von 0 zu erreichen. E<strong>in</strong>e<br />
Möglichkeit, die Arbeitslosenquote zu senken, ist durch Beschäftigungen, die<br />
vom Staat f<strong>in</strong>anziert werden. Ist <strong>der</strong> Staat unbeschränkt, so kann er gerade<br />
soviel Arbeitsplätze anbieten, dass je<strong>der</strong> Arbeitslose e<strong>in</strong>en bekommt <strong>und</strong><br />
die Arbeitslosenquote somit 0 erreicht. Realistisch gesehen ist dies allerd<strong>in</strong>gs<br />
nicht möglich, da dem Staat nur e<strong>in</strong> bestimmtes Budget zur Verfügung steht,<br />
um gegen die Arbeitslosigkeit vorzugehen. Dieses Budget ist ger<strong>in</strong>ger als dasjenige,<br />
welches benötigt würde, um alle Arbeitslosen mit Jobs auszustatten.<br />
E<strong>in</strong>e Optimierung f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> diesem Fall unter <strong>der</strong> Nebenbed<strong>in</strong>gung des Budgetrahmens<br />
statt.<br />
Verlässt man die praktische Ebene wie<strong>der</strong>, so stellt sich die Frage wie die<br />
Nebenbed<strong>in</strong>gung s<strong>in</strong>nvoll <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Optimierungsproblem e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en werden<br />
kann. In e<strong>in</strong>em ersten Schritt betrachten wir dazu die sogenannte Lagrangefunktion<br />
L(x, y, λ) 4 . Hierbei beschreibt f(x, y) die zu maxi- / m<strong>in</strong>imierende<br />
ursprüngliche Funktion <strong>und</strong> g(x, y) die Gleichung <strong>der</strong> Nebenbed<strong>in</strong>gung. Die<br />
Lagrangefunktion ist dann gegeben als:<br />
L(x, y, λ) = f(x, y) + λ ∗ g(x, y)<br />
Die Notwendige Bed<strong>in</strong>gung ersetzt sich durch:<br />
dL<br />
(x, y, λ) = 0<br />
dx<br />
dL<br />
(x, y, λ) = 0<br />
dy<br />
dL<br />
(x, y, λ) = 0<br />
dλ<br />
4 Zur Vere<strong>in</strong>fachung wurden nur die Variablen x <strong>und</strong> y betrachtet. Die e<strong>in</strong>zelnen Gleichungen<br />
s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs beliebig erweiterbar.<br />
25
Die Lösungen dieses Gleichungssystems s<strong>in</strong>d dann auch wie<strong>der</strong> mögliche Extrema<br />
<strong>der</strong> Funktion. Im Gegensatz zu <strong>der</strong> Extremwertberechnung ohne Nebenbed<strong>in</strong>gung<br />
gibt es allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>reichende Bed<strong>in</strong>gung im eigentlichen<br />
S<strong>in</strong>n. Stattdessen bestimmt man die Funktionalmatrix <strong>der</strong> Nebenbed<strong>in</strong>gung:<br />
<br />
dg dg<br />
F (x, y) =<br />
dx dy<br />
Setzt man die möglichen Extremwerte <strong>in</strong> diese Matrix e<strong>in</strong> <strong>und</strong> die Matrix hat<br />
maximalen Rang, 5 so s<strong>in</strong>d diese Punkte zulässig; ansonsten handelt es sich<br />
um ke<strong>in</strong>e Extrema. Analog zu <strong>der</strong> H<strong>in</strong>reichenden Bed<strong>in</strong>gung ist dieser Schritt<br />
<strong>in</strong> nahezu allen praktischen <strong>Anwendungen</strong> erlässlich, da <strong>der</strong> Volkswirt se<strong>in</strong>e<br />
Ausgangsfunktionen zumeist so wählt, dass alle Ergebnisse zulässig s<strong>in</strong>d. Die<br />
übrig gebliebenen Punkte setzt man abschließend <strong>in</strong> die Ausgangsfunktion<br />
f(x, y) e<strong>in</strong>. Bei denjenigen mit e<strong>in</strong>em größeren Funktionswert handelt es sich<br />
um Maxima, bei denen mit e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>eren Funktionswert handelt es sich<br />
um M<strong>in</strong>ima.<br />
Soweit das Arbeiten mit e<strong>in</strong>er Nebenbed<strong>in</strong>gung, sollten weitere Nebenbed<strong>in</strong>gungen<br />
h<strong>in</strong>zukommen, so dass zum Beispiel e<strong>in</strong>e Optimierung <strong>der</strong> Funktion<br />
f(x, y, z) unter den Nebenbed<strong>in</strong>gungen g1(x, y, z) <strong>und</strong> g2(x, y, z) stattf<strong>in</strong>det,<br />
so än<strong>der</strong>t sich die Lagrangefunktion zu:<br />
L(x, y, z, λ1, λ2) = f(x, y, z) + λ1 ∗ g1(x, y, z) + λ2 ∗ g2(x, y, z)<br />
<strong>und</strong> die Notwendige Bed<strong>in</strong>gung ersetzt sich durch:<br />
dL<br />
(x, y, z) = 0<br />
dx<br />
dL<br />
(x, y, z) = 0<br />
dy<br />
dL<br />
(x, y, z) = 0<br />
dz<br />
dL<br />
(x, y, z) = 0<br />
dλ1<br />
dL<br />
(x, y, z) = 0<br />
dλ2<br />
Die Funktionalmatrix <strong>der</strong> Nebenbed<strong>in</strong>gungen lautet dann:<br />
<br />
F (x, y, z) =<br />
<br />
dg1<br />
dx<br />
dg2<br />
dx<br />
5 An dieser Stelle soll nicht näher auf die Rangberechnung e<strong>in</strong>er Matrix e<strong>in</strong>gegangen<br />
werden.<br />
26<br />
dg1<br />
dy<br />
dg2<br />
dy<br />
dg1<br />
dz<br />
dg2<br />
dz
Das Verfahren als solches än<strong>der</strong>t sich allerd<strong>in</strong>gs nicht <strong>und</strong> sollten noch weitere<br />
Nebenbed<strong>in</strong>gungen zu berücksichtigen se<strong>in</strong>, so s<strong>in</strong>d wie oben die Lagrangefunktion<br />
<strong>und</strong> die Funktionalmatrix entsprechend zu erweitern.<br />
Beispiel:<br />
Als erstes motivierendes Beispiel wollen wir die Funktion f(x, y) = −x 2 −<br />
y 2 + 9 betrachten, die unter <strong>der</strong> Nebenbed<strong>in</strong>gung y = −x + 2 maximiert<br />
werden soll. Zuerst bestimmen wir die Lagrangefunktion zu diesem Problem:<br />
L(x, y, λ) = −x 2 − y 2 + 9 + λ(y + x − 2)<br />
Die Ableitungen <strong>der</strong> Lagrangefunktion s<strong>in</strong>d wie folgt gegeben:<br />
⎛<br />
−2x + λ<br />
⎞<br />
∇L(x, y, λ) = ⎝ −2y + λ<br />
y + x − 2<br />
⎠<br />
Diese Funktion setzen wir gleich 0:<br />
⎛<br />
−2x + λ<br />
⎞ ⎛<br />
⎝ −2y + λ<br />
y + x − 2<br />
⎠ = ⎝<br />
Setzt man die ersten beiden Gleichung gleich, so erkennt man, dass x = y gelten<br />
muss, während aus <strong>der</strong> dritten Gleichung folgt, dass y +x = 2 ist. Ersetzt<br />
man <strong>in</strong> <strong>der</strong> dritten Gleichung y durch x, so erhält man 2x = 2 <strong>und</strong> somit<br />
x = 1 <strong>und</strong> damit auch y = 1. Aus <strong>der</strong> ersten Gleichung ergibt sich dann für<br />
λ e<strong>in</strong> Wert von 2, auf dessen Bedeutung wir an dieser Stelle allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />
näher e<strong>in</strong>gehen werden. Der Punkt (1,1) liefert e<strong>in</strong>en Zielfunktionswert von<br />
7. Da ke<strong>in</strong> Vergleichswert vorhanden ist, kann nicht direkt bestimmt werden<br />
ob es e<strong>in</strong> Maximum o<strong>der</strong> M<strong>in</strong>imum ist. Hierzu wählen wir e<strong>in</strong>en Vergleichswert.<br />
Unter an<strong>der</strong>em erfüllt <strong>der</strong> Punkt (0,2) ebenfalls die Nebenbed<strong>in</strong>gung.<br />
Berechnet man für ihn den Zielfunktionswert, so erhält man 5. Da dieser<br />
Vergleichswert kle<strong>in</strong>er als <strong>der</strong> Wert des möglichen Extremums ist, handelt es<br />
sich bei dem Extremum um e<strong>in</strong> Maximum. Anwendungsbeispiel:<br />
Um uns wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong> wenig mehr mit <strong>der</strong> Praxis zu beschäftigen, wollen wir<br />
e<strong>in</strong> Beispiel aus <strong>der</strong> Mikroökonomie aufgreifen. Wir betrachten die Produk-<br />
tionsfunktion e<strong>in</strong>es Gutes x mit den Inputfaktoren v1 <strong>und</strong> v2: x = v α 1 v β<br />
2 .<br />
Die möglichen Komb<strong>in</strong>ationen <strong>der</strong> Produktion werden durch e<strong>in</strong>e für die Gesamtproduktion<br />
zur Verfügung stehendes Budget K = p1v1+p2v2 beschränkt.<br />
Hierbei s<strong>in</strong>d p1 <strong>und</strong> p2 die Preise für die beiden Inputfaktoren. Wählt man<br />
beispielhaft die Parameter α = 0, 5 <strong>und</strong> β = 0, 3 <strong>und</strong> setzt ferner die Preise<br />
als p1 = 2 <strong>und</strong> p2 = 3, so erhält man für e<strong>in</strong> Budget von 1000 das folgende<br />
27<br />
0<br />
0<br />
0<br />
⎞<br />
⎠
Problem:<br />
Max. x(v1, v2) = v 0,5<br />
1 v 0,3<br />
2<br />
so dass 1000 = 2v1 + 3v2<br />
Die zu diesem Problem zugehörige Lagrangefunktion lautet:<br />
L(v1, v2, λ) = v 0,5<br />
1 v 0,3<br />
2 + λ(2v1 + 3v2 − 1000)<br />
<strong>und</strong> ihre Ableitungen s<strong>in</strong>d gegeben als:<br />
⎛<br />
0, 5v −0,5<br />
1<br />
v 0,3<br />
2 + 2λ<br />
⎞<br />
∇L(v1, v2, λ) = ⎝ 0, 3v 0,5<br />
1 v −0,7<br />
2 + 3λ ⎠<br />
2v1 + 3v2 − 1000<br />
Setzt man diese Ableitungen gleich 0 <strong>und</strong> teilt die erste Gleichung durch 2<br />
<strong>und</strong> die zweite Gleichung durch 3, so erhält man:<br />
⎛<br />
0, 25v<br />
⎝<br />
−0,5<br />
1 v 0,3 ⎞ ⎛<br />
2<br />
⎠ = ⎝<br />
−λ<br />
−λ<br />
1000<br />
⎞<br />
⎠<br />
0, 1v 0,5<br />
1 v −0,7<br />
2<br />
2v1 + 3v2<br />
Aus den ersten beiden Gleichungen folgt, dass 0, 25v −0,5<br />
1<br />
<strong>und</strong> somit 2, 5v 0,3<br />
2<br />
= v1v −0,7<br />
2<br />
v 0,3<br />
2<br />
= 0, 1v 0,5<br />
1 v −0,7<br />
2<br />
dies bedeutet aber, dass gilt: 2, 5v2 = v1. Dies<br />
kann man <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nächsten Schritt für v1 <strong>in</strong> die dritte Gleichung e<strong>in</strong>setzen,<br />
so dass man 1000 = 5v2 +3v2 = 8v2 erhält. Ausgerechnet ergibt dies v2 = 125<br />
<strong>und</strong> setzt man dies <strong>in</strong> die zuvor bestimmte Gleichung e<strong>in</strong>, so erhält man v1 =<br />
312, 5. Die ursprüngliche erste Gleichung liefert dann für λ den Wert 0,0602.<br />
Dieser Wert - das λ - gibt an, wieviel E<strong>in</strong>heiten des zu produzierenden Gutes<br />
bei e<strong>in</strong>er Abweichung um e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit von <strong>der</strong> Budgetgeraden zusätzlich<br />
hergestellt werden können. Daher wird λ auch als Schattenpreis bezeichnet.<br />
28
2.4 Elastizität<br />
Während man die Ableitung zum Beispiel e<strong>in</strong>er Produktionsfunktion nach<br />
dem Kapital K auch so auffassen kann, dass durch sie angegeben wird, um<br />
wieviel E<strong>in</strong>heiten sich Y erhöht, wenn man das Kapital um e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit<br />
erhöht, so gibt es noch e<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit, solche E<strong>in</strong>flüsse zu messen.<br />
Dies geschieht durch die Elastizität. Die Elastizität e<strong>in</strong>er Funktion f(x) an<br />
<strong>der</strong> Stelle x0 gibt an, um wieviel Prozent sich f än<strong>der</strong>t wenn man die Variable<br />
x ausgehend von x0 um e<strong>in</strong> Prozent erhöht. Die Elastizität berechnet sich wie<br />
folgt:<br />
Ef,x = ɛf (x) = x f ′ (x)<br />
f (x)<br />
Beispiel:<br />
Seien e<strong>in</strong>e Funktion <strong>und</strong> ihre erste Ableitung wie folgt gegeben:<br />
p(t) = exp(t 2 ) <strong>und</strong> p ′ (t) = 2t ∗ exp(t 2 )<br />
Dann berechnet sich die Elastizität <strong>der</strong> Funktion p als:<br />
ɛp (t) = t p′ (t)<br />
p (t) = t2t ∗ exp(t2 )<br />
exp(t2 )<br />
= t ∗ 2t = 2t2<br />
Liegt die Elastizität zwischen -1 <strong>und</strong> 1 so sagt man auch, dass die Funktion<br />
unelastisch ist. Ist die Elastizität h<strong>in</strong>gegen größer als 1 o<strong>der</strong> kle<strong>in</strong>er als -1,<br />
so sagt man, dass die Funktion elastisch ist. Um zu verstehen, was das im<br />
E<strong>in</strong>zelnen bedeutet betrachten wir das folgende Beispiel:<br />
Anwendungsbeispiel 1:<br />
Betrachten wir e<strong>in</strong>e Produktionsfunktion: Y = lnX<br />
Für die Elastizität gilt dann:<br />
Ef,x = x 1/X<br />
lnX<br />
= 1<br />
lnX<br />
Anwendungsbeispiel 2:<br />
Größen, mit denen man sich <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mikroökonomie beschäftigt,<br />
die <strong>in</strong> ihrer aggregierten Form allerd<strong>in</strong>gs auch für die Makroökonomie <strong>in</strong>teressant<br />
s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d die Angebots- <strong>und</strong> Nachfrageelastizitäten. Seien Angebots<strong>und</strong><br />
Nachfragefunktion wie folgt gegeben (P gibt hierbei den Preis des betrachteten<br />
Gutes an):<br />
QA(P ) = 8 − 2P<br />
QN(P ) = 2 + 0, 5P<br />
29
So berechnen sich die entsprechenden Elastizitäten folgen<strong>der</strong>massen:<br />
−2<br />
ɛQA (P ) = P<br />
8 − 2P<br />
0, 5<br />
ɛQN (P ) = P<br />
2 + 0, 5P<br />
= −2P<br />
8 − 2P<br />
= 0, 5P<br />
2 + 0, 5P<br />
Bei <strong>der</strong> Nachfrageelastizität kann man erkennen, dass <strong>der</strong> Zähler stets kle<strong>in</strong>er<br />
ist als <strong>der</strong> Nenner, somit ist die Elastizität stets positiv (da P positiv<br />
ist) <strong>und</strong> kle<strong>in</strong>er als 1. Die Nachfrage reagiert also stets unelastisch. Bei <strong>der</strong><br />
Angebotselastizität erkennt man, dass hier <strong>der</strong> Zähler stets größer ist als <strong>der</strong><br />
Nenner, entsprechend reagiert das Angebot stets elastisch auf Preisän<strong>der</strong>ungen.<br />
Es ist <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e erwähnenswert, dass für beliebige Angebots- <strong>und</strong><br />
Nachfragefunktionen <strong>der</strong> obigen Form diese Aussagen bestehen bleiben.<br />
Anwendungsbeispiel 3:<br />
Wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal betrachten wir den üblichen Verdächtigen, die Cobb-Douglas-<br />
Produktionsfunktion. Berechnet man die Elastizität von Y bzgl. K so erhält<br />
man:<br />
EY,K = ɛY (K, L) = K βKβ−1 L 1−β<br />
K β L 1−β<br />
= β<br />
Um dieses Ergebnis besser verstehen zu können greifen noch e<strong>in</strong>mal kurz auf<br />
die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion zurück <strong>und</strong> logarithmieren diese:<br />
lnY (K, L) = βlnK + (1 − β)lnL<br />
Nach lnK abgeleitet ergibt dies gerade β. Dies heißt aber, dass:<br />
dlnY<br />
(K, L) = β<br />
dlnK<br />
Dies kann man aber <strong>in</strong> Anlehnung an das entsprechende Kapitel auch als<br />
Wachstumsrate auffassen. Allgeme<strong>in</strong>er gilt sogar, dass die Wachstumsrate<br />
<strong>der</strong> Funktion f bzgl. x sich bestimmen lässt als:<br />
dln(f(x)) dln(f(x)) dx dln(f(x)) dx<br />
= =<br />
dln(x) dln(x) dx dx dlnx =<br />
f ′ −1 (x) dlnx<br />
=<br />
f(x) dx<br />
f ′ −1 (x) 1<br />
=<br />
f(x) x<br />
f ′ (x)<br />
x = ɛf(x)<br />
f(x)<br />
Während <strong>in</strong> Kapitel 1.3 diskrete Wachstumsraten betrachtet wurden erkennt<br />
man an diesem Beispiel, dass die Elastizität das stetige Pendant dazu ist.<br />
30
2.5 Differentialgleichungen<br />
Im folgenden Abschnitt wollen wir uns mit den e<strong>in</strong>fachsten Formen von Differentialgleichungen<br />
beschäftigen. Auch hierbei stellt sich die Frage nach dem<br />
praktischen S<strong>in</strong>n <strong>und</strong> Zweck dieser Sache. Während <strong>in</strong> <strong>der</strong> gr<strong>und</strong>legenden<br />
<strong>VWL</strong> wenig bis ke<strong>in</strong>e Differentialgleichungen vorkommen, ist jedoch lediglich<br />
<strong>der</strong> Schritt h<strong>in</strong> zur Wachstumstheorie notwendig, um e<strong>in</strong> breites Anwendungsfeld<br />
für Differentialgleichungen zu f<strong>in</strong>den. So ist es <strong>in</strong> <strong>der</strong> neoklassische<br />
Wachstumstheorie <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e das sogenannte SOLOW-Wachstummodell ,<br />
welches zur Bestimmung des langfristigen Pro-Kopf-E<strong>in</strong>kommens e<strong>in</strong>em die<br />
Fähigkeit abverlangt, e<strong>in</strong>e Bernoulli-Differentialgleichung lösen zu können.<br />
Anstatt allerd<strong>in</strong>gs direkt bei Bernoulli-Differentialgleichungen e<strong>in</strong>zusteigen,<br />
sollte man sich Schritt für Schritt darauf h<strong>in</strong>arbeiten.<br />
Wie auch <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en Abschnitten soll allerd<strong>in</strong>gs zuerst geklärt werden,<br />
worum es sich bei e<strong>in</strong>er Differentialgleichung (DGL) überhaupt handelt. Bei<br />
e<strong>in</strong>er DGL ist e<strong>in</strong>e Funktion X(t), kurz X, zu bestimmen, die allerd<strong>in</strong>gs nur<br />
<strong>in</strong>direkt gegeben ist. Insbeson<strong>der</strong>e ist e<strong>in</strong>e DGL e<strong>in</strong>e Funktion die abhängig<br />
ist von <strong>der</strong> Variablen t, <strong>der</strong> Funktion X <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er beliebigen Anzahl ihrer<br />
usw.. E<strong>in</strong>e DGL lässt sich somit schreiben als:<br />
Ableitungen dX<br />
dt , d2X d2t , d3X d3t f(t, X, dX<br />
dt , d2X d2 , ...) = 0<br />
t<br />
In dieser Form kann man allerd<strong>in</strong>gs wenig mit <strong>der</strong> Differentialgleichung anfangen.<br />
Wir betrachten daher zuerst nur den e<strong>in</strong>fachsten Fall e<strong>in</strong>er DGL. Bei<br />
<strong>der</strong> vorliegenden DGL handelt es sich um e<strong>in</strong>e l<strong>in</strong>eare, homogene DGL ersten<br />
Grades mit konstanten Koeffizienten. L<strong>in</strong>ear heißt die DGL, weil sowohl<br />
X als auch dX e<strong>in</strong>e 1 als Exponenten haben. Homogen heißt die DGL, da<br />
dt<br />
auf <strong>der</strong> rechten Seite 0 steht. Wäre sie <strong>in</strong>homogen, dann würde dort e<strong>in</strong>e<br />
Funktion F (t) = 0 stehen. Ferner hat die DGL den Grad 1, da nur die erste<br />
Ableitung vorkommt. Entsprechend hätte e<strong>in</strong>e DGL, <strong>in</strong> <strong>der</strong> auch die zweite<br />
Ableitung vorkommt, den Grad zwei. Abschließend spricht man von konstanten<br />
Koeffizienten, weil die Ausdrücke, die vor X <strong>und</strong> dX stehen, Zahlen s<strong>in</strong>d.<br />
dt<br />
Sollten dort Funktionen p(t) <strong>und</strong> q(t) stehen, so würden ke<strong>in</strong>e konstanten<br />
Koeffizienten mehr vorliegen. Doch zurück zu unserer Ausgangs-DGL:<br />
dX<br />
dt<br />
+ aX = 0, a ∈ R<br />
Die Lösung dieser DGL lässt sich e<strong>in</strong>fach angeben als:<br />
X(t) = C0e ′−at , a ∈ R<br />
31
Hierbei ist C0 e<strong>in</strong>e Zahl, die <strong>in</strong> dieser allgeme<strong>in</strong>en Lösung <strong>der</strong> DGL nicht<br />
genauer bestimmt werden kann. Hierzu benötigt man e<strong>in</strong>e Anfangsbed<strong>in</strong>gung<br />
<strong>der</strong> Form X(0) = t0 um C0 genauer zu bestimmen. Wir wollen allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />
genauer auf diesen Aspekt e<strong>in</strong>gehen.<br />
Der erste Schritt, diese DGL etwas allgeme<strong>in</strong>er zu gestalten, ist, dass man<br />
auf <strong>der</strong> rechten Seite anstelle <strong>der</strong> 0 e<strong>in</strong>e beliebige Zahl b zulässt, die nicht<br />
von t abhängt.<br />
dX<br />
+ aX = b, a, b ∈ R (2.1)<br />
dt<br />
Auch hier kann die Lösung <strong>der</strong> DGL relativ e<strong>in</strong>fach bestimmt werden <strong>und</strong><br />
lautet:<br />
X(t) = C0e ′−at + b<br />
, a, b ∈ R<br />
a<br />
Man erkennt, dass man für b=0 wie<strong>der</strong> genau das selbe Ergebnis bekommt<br />
wie für die homogene DGL.<br />
In e<strong>in</strong>em nächsten Schritt wollen wir die Voraussetzung von konstanten Koeffizienten<br />
aufheben. Hierzu kehren wir zu <strong>der</strong> homogenen Ausgangs-DGL<br />
zurück <strong>und</strong> ersetzen den Koeffizienten a durch die Funktion p(t):<br />
dX<br />
dt<br />
+ p(t)X = 0<br />
Um die Lösung dieser DGL zu bestimmen, kommt man nun nicht mehr herum,<br />
Integrale zu berechnen 6 . Insbeson<strong>der</strong>e ist die Lösung <strong>der</strong> DGL gegeben<br />
als:<br />
X(t) = C0e ′−R p(z)dz<br />
E<strong>in</strong> nächster Schritt ist es von DGL 2.1 auszugehen <strong>und</strong> auch anstelle von b<br />
e<strong>in</strong>e Funktion r(t) e<strong>in</strong>zuführen:<br />
dX<br />
dt<br />
+ p(t)X = r(t)<br />
Auch für die Lösung dieser Differentialgleichung ist es notwendig, Integrale<br />
zu berechnen. An <strong>der</strong> folgenden Lösung erkennt man deutlich, dass <strong>der</strong> erste<br />
Teil mit <strong>der</strong> Lösung <strong>der</strong> entsprechenden homogenen DGL übere<strong>in</strong>stimmt.<br />
Man nennt dies auch die homogene Lösung <strong>der</strong> DGL <strong>und</strong> den zweiten Teil<br />
<strong>der</strong> Lösung nennt man auch e<strong>in</strong>e partikuläre Lösung <strong>der</strong> DGL.<br />
X(t) = C0e ′−p(t) + e ′−p(t)<br />
<br />
e ′p(z) r(z)dz<br />
6 Auf Integralrechnung soll an dieser Stelle nicht e<strong>in</strong>gegangen werden, da diese Form<br />
von DGLs <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>VWL</strong> eher selten s<strong>in</strong>d.<br />
32
Greift man die DGL 2.1 nochmal auf, so kann man sie e<strong>in</strong> wenig erweitern,<br />
<strong>in</strong>dem man e<strong>in</strong>e Differentialgleichung <strong>der</strong> folgenden Form betrachtet:<br />
dX<br />
dt<br />
+ aX = bXβ<br />
In diesem Fall spricht man auch von e<strong>in</strong>er Bernoulli-Differentialgleichung.<br />
Für diesen Typ soll an dieser Stelle kurz dargestellt werden wie e<strong>in</strong>e solche<br />
Differentialgleichung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Differentialgleichung vom Typ 2.1 transformiert<br />
werden kann, so dass man zur Lösung auch die Lösung für 2.1 verwenden<br />
kann.<br />
Zuerst wird durch X β geteilt. Um diesen Schritt besser nachvollziehen zu<br />
können, ruft man sich <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung, dass teilen durch X β dasselbe ist, wie<br />
multiplizieren mit X −β , da X −β = 1<br />
X β . Die gesamte Gleichung wird entsprechend<br />
mit X −β mutlipliziert, was wie folgt aussieht:<br />
−β dX<br />
X<br />
dt + aXX−β = bX −β X β<br />
Nun sieht man bereits, dass sich das X −β <strong>und</strong> das X β auf <strong>der</strong> rechten Seite<br />
wegkürzen. Ferner lassen sich X <strong>und</strong> X −β zusammenfassen, da X = X 1 ist.<br />
Es folgt somit:<br />
−β dX<br />
X<br />
dt + aX1−β = b (2.2)<br />
Setzt man nun V = X1−β , so folgt mittels <strong>der</strong> Kettenregel <strong>und</strong> unter Beachtung,<br />
dass X = X(t) ist:<br />
dV<br />
dt<br />
1 dV<br />
1 − β dt<br />
dX<br />
= (1 − β)X−β<br />
dt<br />
dX<br />
=<br />
dt X−β<br />
Diesen Ausdruck kann man dann <strong>in</strong> Gleichung 2.2 e<strong>in</strong>setzen <strong>und</strong> erhält die<br />
folgende Differentialgleichung, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Form von Gleichung 2.1 vorliegt:<br />
1 dV<br />
1 − β dt<br />
+ aV = b<br />
Zum Abschluss mutlipliziert man die Gleichung noch mit (1 − β), so dass<br />
man das Ergebnis hiervon auf Basis von 2.1 bestimmen kann.<br />
dV<br />
dt<br />
+ a(1 − β)V = (1 − β)b ⇒<br />
V (t) = C0e ′−a(1−β)t + b<br />
a<br />
33
Um aus diesem Ergebnis die Lösung des ursprünglichen Problems X(t) zu<br />
bestimmen, macht man die oben angewendete Transformation V = X 1−β<br />
wie<strong>der</strong> rückgängig:<br />
X(t) 1−β = C0e ′−a(1−β)t + b<br />
X(t) =<br />
a ⇒<br />
<br />
C0e ′−a(1−β)t + b<br />
a<br />
1<br />
1−β<br />
Betrachtet man zu dieser Lösung die Startbed<strong>in</strong>gung X(0) = X0, so kann<br />
die Konstante C0 wie folgt bestimmt werden:<br />
<br />
X0 = C0 + b<br />
<br />
a<br />
X 1−β<br />
0 = C0 + b<br />
a<br />
C0 = X 1−β<br />
0<br />
− b<br />
a<br />
Beispiel (konstante Koeffizienten):<br />
Zuerst wollen wir den e<strong>in</strong>fachen Fall e<strong>in</strong>er l<strong>in</strong>earen Differentialgleichung mit<br />
konstanten Koeffizienten betrachten.<br />
dX<br />
dt<br />
= 3 − X, mit X(0) = 1<br />
Diese Differentialgleichung hat die allgeme<strong>in</strong>e Lösung:<br />
X(t) = C0e ′−t + 3<br />
Beachtet man weiterh<strong>in</strong> die gegebene Anfangsbed<strong>in</strong>gung X(0) = 1, so lässt<br />
sich <strong>der</strong> Parameter C0 wie folgt bestimmen:<br />
X(0) = C0e ′−0 + 3 = 1<br />
C0 + 3 = 1<br />
C0 = −2<br />
Hiermit ergibt sich die Lösung des speziellen Anfangswertproblems als:<br />
X(t) = −2e ′−t + 3<br />
Beispiel (nicht-konstante Koeffizienten):<br />
dX<br />
dt<br />
= 2t − tX, mit X(0) = 1<br />
34
Benutzt man die entsprechende Lösungsformel für e<strong>in</strong>e DGL mit nicht-konstanten<br />
Koeffizienten, so erhält man die folgende allgeme<strong>in</strong>e Lösung:<br />
X(t) = C0e −0,5t2<br />
+ e −0,5t2<br />
<br />
2ve 0,5v2<br />
dv<br />
X(t) = C0e −0,5t2<br />
+ 2e −0,5t2<br />
e 0,5t2<br />
X(t) = C0e −0,5t2<br />
+ 2<br />
Um den Parameter C0 bestimmen zu können, benutzen wir die Anfangsbed<strong>in</strong>gung<br />
X(0) = 1.<br />
X(0) = C0e −0,5∗02<br />
+ 2 = 1 ⇒ C0 + 2 = 1 ⇒ C0 = −1<br />
Damit ist die Lösung des Anfangswertproblems gegeben als:<br />
X(t) = −e ′−0,5t2<br />
+ 2<br />
Beispiel (Bernoulli-DGL):<br />
E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Beispiel für e<strong>in</strong>e Bernoulli-Differentialgleichung ist die folgende<br />
DGL:<br />
dX<br />
dt = X(t)2 − X(t), mit X(0) = 2<br />
Gemäß Lösungsformel ergibt sich:<br />
X(t) = C0e −t + 1 −1 =<br />
1<br />
C0e −t + 1<br />
Benutzt man nun auch hier die Anfangsbed<strong>in</strong>gung, so bestimmt sich <strong>der</strong><br />
Parameter C0 auf folgende Weise:<br />
X(0) =<br />
1<br />
C0e −0 + 1 = 2 ⇒ 1 = 2(C0 + 1) ⇒ C0 = −0, 5<br />
Somit lautet die spezielle Lösung des Anfangswertproblems:<br />
X(t) =<br />
1<br />
−0, 5e −t + 1<br />
= − 2<br />
e −t − 2<br />
Anwendungsbeispiel (Neoklassisches Wachstumsmodell):<br />
Nachdem nun das Pr<strong>in</strong>zip des Rechnens mit Differentialgleichungen e<strong>in</strong>igermassen<br />
veranschaulicht wurde, stellt sich die Frage nach Anwendungsmöglichkeiten<br />
dieser DGLs <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> <strong>VWL</strong>. Hierzu kann man sich merken,<br />
dass es mit DGLs sehr e<strong>in</strong>fach ist, Schw<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> Wachstumsvorgänge<br />
zu modellieren. Entsprechend ist das Haupte<strong>in</strong>satzgebiet <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>VWL</strong> die<br />
35
Konjunktur- <strong>und</strong> Wachstumstheorie. Wir werden uns <strong>in</strong> diesem Beispiel ebenfalls<br />
e<strong>in</strong> Beispiel aus <strong>der</strong> Wachstumstheorie anschauen. Insbeson<strong>der</strong>e ist dies<br />
das neoklassische Wachstumsmodell. Ausgangspunkt ist e<strong>in</strong>e Cobb-Douglas-<br />
Produktionsfunktion mit Harrod-neutralem technischen Fortschritt von dem<br />
Typ Y = K β (AL) 1−β . Dies kann man durch Anwendung <strong>der</strong> Hilfsmittel<br />
aus dem ersten Kapitel <strong>in</strong> Analogie zu dem dortigen Beispiel auch schreiben<br />
als y ′ = k ′β , wobei y ′ = Y das Pro-Kopf-BIP <strong>in</strong> Effizienze<strong>in</strong>heiten <strong>und</strong><br />
AL<br />
k ′ = K die Kapital<strong>in</strong>tensität <strong>in</strong> Effizienze<strong>in</strong>heiten bezeichnet. Ferner be-<br />
AL<br />
zeichnet man mit a die Wachstumsrate des technischen Fortschritts A <strong>und</strong><br />
mit n das Bevölkerungswachstum (Wachstum von L). Als Sparfunktion wird<br />
S = sY benutzt.<br />
In e<strong>in</strong>em nächsten Schritt betrachtet man die Gleichgewichtsbed<strong>in</strong>gung, dass<br />
das Grenzprodukt des Kapitals gleich den Ersparnissen se<strong>in</strong> muss: dK = S. dt<br />
Teilt man diese Gleichung durch AL um alles als Pro-Kopf-Größen <strong>in</strong> Effizienze<strong>in</strong>heiten<br />
zu bekommen, so erhält man:<br />
dK<br />
/AL = S/AL<br />
dt<br />
Setzt man auf <strong>der</strong> rechten Seite die Sparfunktion e<strong>in</strong> <strong>und</strong> rechnet die l<strong>in</strong>ke<br />
steht, so erhält man:<br />
Seite <strong>der</strong>art um, so dass dort dk′<br />
dt<br />
dk ′<br />
dt = sy′ − (n + a)k ′ = sk ′β − (n + a)k ′<br />
Hier erkennt man allerd<strong>in</strong>gs auf den ersten Blick, dass es sich um e<strong>in</strong>e Bernoulli-<br />
Differentialgleichung mit X(t) = k ′ handelt. Entsprechend kann man hierauf<br />
die oben hergeleitete Lösungsformel anwenden <strong>und</strong> erhält:<br />
k ′ (t) =<br />
<br />
C0e ′−(n+a)(1−β)t + s<br />
1<br />
1−β<br />
a + n<br />
Interessant ist für den Volkswirt <strong>in</strong> diesem Zusammenhang allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />
nur dieses Ergebnis, son<strong>der</strong>n ausgehend von diesem Ergebnis kann man sich<br />
überlegen, wie sich die Kapital<strong>in</strong>tensität langfristig entwickelt. Zu diesem<br />
Zweck muss man auf das zurückgreifen, was am Anfang dieses Kapitels im<br />
Abschnitt über Grenzwerte diskutiert wurde. Insbeson<strong>der</strong>e betrachten wir<br />
hier den Grenzwert:<br />
lim<br />
t→∞ k′ (t)<br />
Will man diesen Grenzwert berechnen, so erkennt man, dass <strong>der</strong> Teil mit <strong>der</strong><br />
Exponentialfunktion, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> großen Klammer steht, wegen se<strong>in</strong>em negativen<br />
Exponenten gegen 0 konvergiert <strong>und</strong> somit wegfällt. Da ke<strong>in</strong> weiteres t<br />
36
vorkommt, ist somit <strong>der</strong> Grenzwert bereits bestimmt <strong>und</strong> es gilt:<br />
lim<br />
t→∞ k′ 1<br />
s 1−β<br />
(t) =<br />
a + n<br />
Diesen Grenzwert bezeichnet man auch als Steady-State. Um dies kenntlich<br />
zu machen, bezeichnet man ihn mit k ′ #. Abschließend kann man noch diese<br />
Steady-State-Lösung <strong>in</strong> die Produktionsfunktion e<strong>in</strong>setzen <strong>und</strong> erhält als<br />
Steady-State-Lösung für das Pro-Kopf-BIP den Wert:<br />
y ′ # =<br />
<br />
s<br />
a + n<br />
β<br />
1−β<br />
37
2.6 Halbwertszeiten<br />
Halbwertszeiten haben weniger mit Differenzieren als mit allgeme<strong>in</strong>er Physik<br />
zu tun. Da wir allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> diesem Kapitel e<strong>in</strong>ige Beispiele diskutiert haben<br />
die <strong>in</strong> Bezug auf die <strong>in</strong> diesem Abschnitt vorgestellten Überlegungen relevant<br />
s<strong>in</strong>d, ist dieses Kapitel <strong>der</strong> ideale Ort, um über dieses Thema zu sprechen.<br />
Doch, wie kommt man von <strong>der</strong> physikalischen Halbwertszeit zu e<strong>in</strong>er volkswirtschaftlichen<br />
Halbwertszeit <strong>und</strong> was hat es überhaupt damit auf sich.<br />
Im wahrsten S<strong>in</strong>ne des Wortes handelt sich bei <strong>der</strong> Halbwertszeit um die<br />
Zeit, nach <strong>der</strong> sich e<strong>in</strong>e bestimmte Größe halbiert hat. In <strong>der</strong> Physik ist dies<br />
die Menge an radioaktivem Müll, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ökonomie Phänomene wie Arbeitslosigkeit<br />
o<strong>der</strong> technische Lücken. Wir wollen uns dem Thema zur besseren<br />
Erklärung zunächst über e<strong>in</strong> Beispiel näheren. In e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> vorhergehenden<br />
Anwendungsbeispiele wurde e<strong>in</strong>e von <strong>der</strong> Zeit abhängige Darstellung des<br />
Pro-Kopf-E<strong>in</strong>kommens hergeleitet <strong>und</strong> es wurde <strong>der</strong> Steady-State Wert für<br />
eben dieses bestimmt. Diese beiden Ergebnisse sollen hier kurz wie<strong>der</strong>gegeben<br />
werden:<br />
y ′ (t) =<br />
<br />
C0e ′−(n+a)(1−β)t + s<br />
y ′ # =<br />
a + n<br />
s<br />
a + n<br />
β<br />
1−β<br />
β<br />
1−β<br />
Da <strong>der</strong> Steady-State-Wert y ′ # erst nach e<strong>in</strong>er sehr sehr langen Zeit erreicht<br />
wird, kann es möglicherweise <strong>in</strong>teressant se<strong>in</strong> zu wissen, zu welchem Zeitpunkt<br />
t <strong>der</strong> Steady State Wert zum<strong>in</strong>dest zur Hälfte (sprich zu 50%) erreicht<br />
ist. Dies ist aber genau dann <strong>der</strong> Fall, wenn y ′ (t) = 0, 5∗y ′ # ist. Nun besteht<br />
38
die eigentliche Arbeit nur noch dar<strong>in</strong>, diese Gleichung nach t aufzulösen.<br />
<br />
C0e ′−(n+a)(1−β)t + s<br />
β<br />
β<br />
1−β<br />
s 1−β<br />
= 0, 5 ∗<br />
a + n<br />
a + n<br />
<br />
C0e ′−(n+a)(1−β)t + s<br />
<br />
= 0, 5<br />
a + n<br />
1−β<br />
<br />
s<br />
β ∗<br />
a + n<br />
C0e ′−(n+a)(1−β)t <br />
= 0, 5 1−β <br />
s<br />
β − 1 ∗<br />
a + n<br />
e ′−(n+a)(1−β)t = 1<br />
<br />
0, 5<br />
C0<br />
1−β <br />
s<br />
β − 1 ∗<br />
a + n<br />
<br />
1<br />
<br />
−(n + a)(1 − β)t = ln 0, 5<br />
C0<br />
1−β <br />
s<br />
β − 1 ∗<br />
a + n<br />
<br />
−(n + a)(1 − β)t = −ln(C0) + ln 0, 5 1−β <br />
s<br />
β − 1 + ln<br />
a + n<br />
Diese Gleichung lässt sich nun direkt nach t umstellen:<br />
<br />
1<br />
<br />
t = −<br />
−ln(C0) + ln 0, 5<br />
(n + a)(1 − β)<br />
1−β <br />
s<br />
β − 1 + ln<br />
a + n<br />
Auch wenn diese Formel e<strong>in</strong>em auf den ersten Blick wenig aufschlussreich<br />
ersche<strong>in</strong>t, so sieht man doch, dass man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat exakt e<strong>in</strong>en Zeitpunkt<br />
bestimmen kann, zu dem die Hälfte des Steady-State-Pro-Kopf-E<strong>in</strong>kommens<br />
erreicht ist.<br />
39
Kapitel 3<br />
Matrizen<br />
3.1 E<strong>in</strong>führung<br />
Unter e<strong>in</strong>er m x n - Matrix versteht man e<strong>in</strong> Zahlenschema <strong>in</strong> <strong>der</strong> folgenden<br />
Form:<br />
⎛<br />
⎜<br />
A = ⎜<br />
⎝<br />
a1,1<br />
a2,1<br />
.<br />
a1,2<br />
a2,2<br />
.<br />
· · ·<br />
· · ·<br />
. ..<br />
a1,n<br />
a2,n<br />
.<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
am,1 am,2 · · · am,n<br />
Wenn man mit Matrizen arbeitet, spricht man oft auch von von den Spalten<br />
bzw. Zeilen <strong>der</strong> Matrix. Ferner heißen die Werte a1,1, am,n usw. E<strong>in</strong>träge o<strong>der</strong><br />
Elemente <strong>der</strong> Matrix A - <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die E<strong>in</strong>träge, bei denen <strong>der</strong> erste <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> zweite Index gleich s<strong>in</strong>d, nennt man Diagonalelemente z. B. a1,1, a5,5 o<strong>der</strong><br />
am,m.<br />
E<strong>in</strong>en Vektor <strong>in</strong> <strong>der</strong> normalen Schreibform:<br />
⎛ ⎞<br />
⎜<br />
v = ⎜<br />
⎝<br />
kann man auch als 1 x n Matrix auffassen.<br />
E<strong>in</strong>e Matrix, <strong>in</strong> <strong>der</strong> alle Elemente außer den Diagonalelementen Null s<strong>in</strong>d,<br />
nennt man auch Diagonalmatrix <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Matrix, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sämtliche Elemente<br />
Null s<strong>in</strong>d, heißt Nullmatrix. Ferner nennt man e<strong>in</strong>e Matrix, die die gleiche<br />
Anzahl Spalten wie Zeilen besitzt, quadratisch.<br />
40<br />
v1<br />
v2<br />
.<br />
vn<br />
⎟<br />
⎠
Matrizenaddition<br />
Zwei Matrizen können nur dann addiert werden, wenn beide die gleiche Anzahl<br />
von Zeilen <strong>und</strong> die gleiche Anzahl von Spalten aufweisen. Ist diese Voraussetzung<br />
erfüllt, so wird die Addition wie folgt komponentenweise durchgeführt.<br />
⎛<br />
⎞ ⎛<br />
⎞ ⎛<br />
⎜<br />
⎝<br />
a1,1 · · · a1,n<br />
.<br />
. .. .<br />
am,1 · · · am,n<br />
⎟ ⎜<br />
⎠+ ⎝<br />
b1,1 · · · b1,n<br />
.<br />
. .. .<br />
bm,1 · · · bm,n<br />
⎟ ⎜<br />
⎠ = ⎝<br />
a1,1 + b1,1 · · · a1,n + b1,n<br />
.<br />
. .. .<br />
am,1 + bm,1 · · · am,n + bm,n<br />
Matrizenmultiplikation<br />
Multiplikation e<strong>in</strong>er Matrix A mit e<strong>in</strong>er Zahl k<br />
⎛<br />
⎜<br />
k ∗ A = k ∗ ⎝<br />
a1,1<br />
.<br />
· · ·<br />
. ..<br />
a1,n<br />
.<br />
⎞ ⎛<br />
⎟ ⎜<br />
⎠ = ⎝<br />
k ∗ a1,1<br />
.<br />
· · ·<br />
. ..<br />
k ∗ a1,n<br />
.<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
am,1 · · · am,n k ∗ am,1 · · · k ∗ am,n<br />
Dies bedeutet, dass bei dieser Art <strong>der</strong> Matrizenmultiplikation je<strong>der</strong> E<strong>in</strong>trag<br />
<strong>der</strong> Matrix mit <strong>der</strong> entsprechenden Zahl k multipliziert wird.<br />
Multiplikation e<strong>in</strong>er Matrix A mit e<strong>in</strong>em Vektor v<br />
⎛<br />
⎞ ⎛ ⎞ ⎛<br />
⎞<br />
⎜<br />
⎝<br />
a1,1 · · · a1,n<br />
.<br />
. .. .<br />
am,1 · · · am,n<br />
⎟ ⎜<br />
⎠ ∗ ⎝<br />
v1<br />
.<br />
vn<br />
⎟ ⎜<br />
⎠ = ⎝<br />
a1,1 ∗ v1 + · · · + a1,n ∗ vn<br />
.<br />
am,1 ∗ v1 + · · · + am,n ∗ vn<br />
Multiplikation von zwei Matrizen A <strong>und</strong> B<br />
Um zwei Matrizen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> multiplizieren zu können (also A ∗ B ausrechnen),<br />
muss die Anzahl <strong>der</strong> Spalten von Matrix A mit <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong><br />
Zeilen von Matrix B übere<strong>in</strong>stimmen. Insbeson<strong>der</strong>e gilt hier für die Matrix<br />
C = A ∗ B, dass C die gleiche Anzahl von Zeilen hat wie Matrix A <strong>und</strong><br />
die gleiche Anzahl von Spalten wie Matrix B. Beson<strong>der</strong>s muss man bei <strong>der</strong><br />
Multiplikation von zwei Matrizen darauf achten, dass für beliebige Matrizen<br />
A <strong>und</strong> B die Produkte A ∗ B <strong>und</strong> B ∗ A meist nicht gleich s<strong>in</strong>d. Es gilt also:<br />
A ∗ B = B ∗ A<br />
Für diese Rechenregeln s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e direkten wirtschaftlichen <strong>Anwendungen</strong><br />
vorhanden. Im Rahmen von späteren Abschnitten werden die hier angesprochenen<br />
Regeln allerd<strong>in</strong>gs wie<strong>der</strong> benötigt. E<strong>in</strong> Beispiel ist das Leontieff-<br />
Model, auf welches im übernächsten Kapitel e<strong>in</strong>gegangen wird.<br />
41<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠
3.2 Determ<strong>in</strong>anten<br />
Genauso wie die Matrixmultiplikation im letzten Kapitel, haben auch Determ<strong>in</strong>anten<br />
ke<strong>in</strong>e direkte Anwendungsmöglichkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirtschaftswissenschaft.<br />
Determ<strong>in</strong>anten können allerd<strong>in</strong>gs als Hilfsmittel o<strong>der</strong> Indikatoren <strong>in</strong><br />
verschiedenen Bereichen zur Anwendung kommen.<br />
Bevor man allerd<strong>in</strong>gs die Anwendungsmöglichkeiten von Determ<strong>in</strong>anten besprechen<br />
kann, ist zuerst zu klären, wie e<strong>in</strong>e Determ<strong>in</strong>ante überhaupt berechnet<br />
wird. Wir benutzen hier <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>fachung wegen nicht die mathematische<br />
Schreibweise, son<strong>der</strong>n beschreiben die tatsächliche praktische Anwendung.<br />
Man beg<strong>in</strong>nt mit dem e<strong>in</strong>fachen Fall e<strong>in</strong>er Matrix mit 2 Zeilen <strong>und</strong><br />
2 Spalten.<br />
Beispiel:<br />
<br />
4 3<br />
det<br />
7 6<br />
<br />
a b<br />
det<br />
c d<br />
<br />
= ad − bc<br />
<br />
= 4 ∗ 6 − 3 ∗ 7 = 24 − 21 = 3<br />
Anstatt nun für jede mögliche Größe von Matrizen e<strong>in</strong>e Formel aufzustellen,<br />
soll geklärt werden, wie man größere Matrizen so umformen kann, dass am<br />
Ende immer nur 2x2-Matrizen zu berechnen s<strong>in</strong>d. Hierbei kann man e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches<br />
Verfahren nutzen, um die Determ<strong>in</strong>ante e<strong>in</strong>er nxn-Matrix als mehrere<br />
Determ<strong>in</strong>anten von (n-1)x(n-1)-Matrizen zu schreiben. Dieses Verfahren soll<br />
hier angegeben werden:<br />
1. Wähle e<strong>in</strong>e Spalte o<strong>der</strong> Zeile aus, <strong>in</strong> <strong>der</strong> möglichst viele Nullen stehen.<br />
Bei <strong>der</strong> Matrix:<br />
⎛<br />
0 0<br />
⎞<br />
−2<br />
A = ⎝ 2 −6 3 ⎠<br />
8 3 1<br />
wäre dies zum Beispiel die erste Zeile, da diese zwei Nullen enthält.<br />
2. Als nächstes addiert man alle Elemente <strong>der</strong> gewählten Zeile o<strong>der</strong> Spalte<br />
auf.<br />
In unserem Beispiel wäre das: 0+0+(-2)<br />
Die Elemente müssen vor dem zusammenrechnen allerd<strong>in</strong>gs noch jeweils<br />
mit e<strong>in</strong>em Vorzeichen multipliziert werden, dass sich aus dem<br />
folgendem Schema entnehmen lässt:<br />
+1 −1 +1<br />
−1 +1 −1<br />
+1 −1 +1<br />
42
Dieses Schema lässt sich für beliebig große <strong>und</strong> kle<strong>in</strong>e Matrizen anpassen,<br />
wobei lediglich zu beachten ist, dass l<strong>in</strong>ks oben immer e<strong>in</strong>e +1<br />
steht <strong>und</strong> +1 <strong>und</strong> −1 sich abwechseln müssen.<br />
Betrachtet man zum Beispiel die obige Matrix A, so ist <strong>der</strong> −2 aus <strong>der</strong><br />
ersten Zeile e<strong>in</strong> +1 Vorzeichen zugeordnet o<strong>der</strong> <strong>der</strong> 3 aus <strong>der</strong> dritten<br />
Spalte ist e<strong>in</strong> −1 Vorzeichen zugeordnet.<br />
Für das Beispiel ergibt das: (+1)*0+(-1)*0+(+1)*(-2)<br />
Schließlich muss an jedes Element e<strong>in</strong>e gekürzte Determ<strong>in</strong>ante multipliziert<br />
werden. Diese gekürzte Determ<strong>in</strong>ante für e<strong>in</strong> Element ergibt<br />
sich, <strong>in</strong>dem aus <strong>der</strong> ursprünglichen Determ<strong>in</strong>ante die Zeile <strong>und</strong> Spalte<br />
gestrichen werden, <strong>in</strong> <strong>der</strong> das jeweilige Element steht.<br />
Für uns Beispiel bedeutet dies:<br />
<br />
<br />
−6 3<br />
2 3<br />
detA = (+1) ∗ 0 ∗ det<br />
+ (−1) ∗ 0 ∗ det<br />
3 1<br />
8 1<br />
<br />
2 −6<br />
+(+1) ∗ (−2) ∗ det<br />
8 3<br />
Die erste gekürzte Determ<strong>in</strong>ante ist entstanden, <strong>in</strong>dem die erste Zeile<br />
<strong>und</strong> erste Spalte <strong>der</strong> Ausgangsdeterm<strong>in</strong>ante entfernt wurden. Dies geschah,<br />
da die 0, die zu dieser Determ<strong>in</strong>ante gehört, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausgangsdeterm<strong>in</strong>ante<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Zeile <strong>und</strong> zweiten Spalte stand. Ensprechend<br />
entsteht die dritte gekürzte Determ<strong>in</strong>ante <strong>in</strong>dem die erste Zeile <strong>und</strong><br />
dritte Spalte <strong>der</strong> Ausgangsdeterm<strong>in</strong>ante entfernt wurden, da die −2 <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> ersten Zeile <strong>und</strong> dritte Spalte stand.<br />
Da es wie<strong>der</strong> Null ergibt, wenn man e<strong>in</strong>e Zahl mit Null multipliziert,<br />
können alle Teile, <strong>in</strong> denen 0 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausgangsdeterm<strong>in</strong>ante stand, weg-<br />
gelassen werden. Unser Beispiel wird damit zu:<br />
detA = (+1) ∗ (−2) ∗ det<br />
2 −6<br />
8 3<br />
Hieran wird ersichtlich, warum man e<strong>in</strong>e Zeile o<strong>der</strong> Spalte mit möglichst<br />
vielen Nullen wählen sollte: da entsprechend später weniger zu berechnen<br />
ist. Weiterh<strong>in</strong> sieht man, dass die Ausgangsdeterm<strong>in</strong>ante die Determ<strong>in</strong>ante<br />
e<strong>in</strong>er 3x3-Matrix war <strong>und</strong> dass das Ergebnis Determ<strong>in</strong>anten<br />
von 2x2-Matrizen s<strong>in</strong>d. Hat man nun aber größere Matrizen, so muss<br />
man das obige Verfahren möglicherweise mehrmals nache<strong>in</strong>an<strong>der</strong> anwenden.<br />
So reduziert man bei e<strong>in</strong>er 4x4-Matrix die Ausgangsdeterm<strong>in</strong>ante<br />
zuerst auf Determ<strong>in</strong>anten von 3x3-Matrizen <strong>und</strong> reduziert dann<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Schritt jede Determ<strong>in</strong>ante e<strong>in</strong>er 3x3-Matrix auf Determ<strong>in</strong>anten<br />
von 2x2-Matrizen.<br />
43
Beispiel:<br />
B =<br />
⎛<br />
⎜<br />
⎝<br />
1 2 3 4<br />
0 3 2 7<br />
0 1 3 2<br />
0 −1 0 4<br />
Zur Berechnung <strong>der</strong> Determ<strong>in</strong>ante wählt man zuerst diejenige Zeile o<strong>der</strong><br />
Spalte mit den meisten Nullen. In diesem Fall ist das unter an<strong>der</strong>em die<br />
erste Spalte. Entsprechend kann man schreiben:<br />
detB =<br />
⎛<br />
1<br />
⎜<br />
det ⎜ 0<br />
⎝ 0<br />
2<br />
3<br />
1<br />
3<br />
2<br />
3<br />
⎞<br />
4<br />
7 ⎟<br />
2 ⎠<br />
2 −1 0<br />
⎛<br />
4<br />
3 2 7<br />
= (+1) ∗ 1 ∗ det ⎝ 1 3 2<br />
−1 0 4<br />
⎞<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎛<br />
⎠ + (−1) ∗ 2 ∗ det ⎝<br />
2 3 4<br />
3 2 7<br />
1 3 2<br />
Da die 1 aus <strong>der</strong> ersten Spalte <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Zeile steht, hat sie gemäß dem obigen<br />
Vorzeichenschema e<strong>in</strong>e (+1) als Vorzeichen. Ferner werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> gekürzten<br />
Determ<strong>in</strong>ante die erste Zeile <strong>und</strong> Spalte entfernt. Da die 2 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Spalte<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> vierten Zeile steht hat sie gemäß dem Vorzeichenschema e<strong>in</strong>e (-1)<br />
als Vorfaktor <strong>und</strong> die vierte Zeile <strong>und</strong> erste Spalte wurden <strong>in</strong> <strong>der</strong> folgenden<br />
Determ<strong>in</strong>ante gestrichen. Die restlichen Ausdrücke fallen weg, da <strong>der</strong> entsprechende<br />
E<strong>in</strong>trag <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausgangsdeterm<strong>in</strong>ante 0 war.<br />
Auf jede <strong>der</strong> zwei entstandenen 3x3-Determ<strong>in</strong>anten wendet man das Schema<br />
nun erneut an.<br />
1.Fall:<br />
⎛<br />
detB1 = det ⎝<br />
3 2 7<br />
1 3 2<br />
−1 0 4<br />
= (+1) ∗ (−1) ∗ det<br />
⎞<br />
⎠<br />
2 7<br />
3 2<br />
= −(4 − 21) + 4(9 − 2) = 17 + 28 = 45<br />
wenn man die dritte Zeile zum Bearbeiten wählt.<br />
44<br />
<br />
<br />
3 2<br />
+ (+1) ∗ 4 ∗ det<br />
1 3<br />
<br />
⎞<br />
⎠
2.Fall:<br />
⎛<br />
2 3<br />
⎞<br />
4<br />
detB2 = det ⎝ 3 2 7 ⎠<br />
=<br />
1 3 2<br />
<br />
<br />
2 7<br />
3<br />
(+1) ∗ 2 ∗ det + (−1) ∗ 3 ∗ det<br />
3 2<br />
1<br />
<br />
3 2<br />
+(+1) ∗ 4 ∗ det<br />
1 3<br />
<br />
7<br />
2<br />
= 2(4 − 21) − 3(6 − 7) + 4(9 − 2) = 34 + 3 + 28 = 65<br />
wenn man die erste Zeile zum Entwickeln wählt.<br />
Diese beiden Ergebnisse setzt man dann <strong>in</strong> die Ausgangsrechnung e<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />
erhält:<br />
detB = (+1) ∗ 1 ∗ 45 + (−1) ∗ 2 ∗ 65 = 45 − 130 = −85<br />
Die Frage, die man sich im Zusammenhang mit Determ<strong>in</strong>anten häufig stellt,<br />
ist diejenige, ob e<strong>in</strong>e Determ<strong>in</strong>ante gleich Null o<strong>der</strong> ungleich Null ist. Beim<br />
Bestimmen von Multiplikatoren trifft man noch Unterscheidungen, ob die<br />
hierbei auftretenden Determ<strong>in</strong>anten positiv o<strong>der</strong> negativ s<strong>in</strong>d.<br />
45
3.3 L<strong>in</strong>eare Gleichungssysteme <strong>und</strong> das Gauß-<br />
Verfahren<br />
Im letzten Kapitel im Rahmen <strong>der</strong> Extremwertberechnung war es bereits notwendig,<br />
Gleichungssysteme zu lösen. Dort wurde implizit unterstellt, dass <strong>der</strong><br />
Leser bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage ist, mit Gleichungssystemen umzugehen.Während<br />
das Lösen von beliebigen Gleichungssystemen nicht e<strong>in</strong>heitlich zu beschreiben<br />
ist <strong>und</strong> lediglich Anweisungen wie Auflösen nach e<strong>in</strong>er Variablen <strong>und</strong><br />
gleichsetzen gegeben werden können, gibt es für l<strong>in</strong>eare Gleichungssysteme<br />
(LGS) e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Verfahren zu ihrer Lösung. Bei diesem Verfahren handelt<br />
es sich um das sogenannte Gauß-Verfahren. Theoretisch gesehen besteht das<br />
Gauß-Verfahren aus e<strong>in</strong>er geeigneten Abfolge <strong>der</strong> nachfolgenden drei Schritte:<br />
1. Vertausche zwei Zeilen.<br />
2. Multipliziere e<strong>in</strong>e Zeile mit e<strong>in</strong>er Zahl (die ungleich 0 ist.)<br />
3. Addiere zwei Zeilen.<br />
Praktisch betrachtet wird allerd<strong>in</strong>gs das Gleichungssystem zuerst <strong>in</strong> Matrixform<br />
geschrieben. Aus dem folgenden LGS 1 :<br />
wird <strong>in</strong> Matrixschreibweise:<br />
⎛<br />
⎝<br />
a1,1x1 + a1,2x2 + a1,3x3 = b1<br />
a2,1x1 + a2,2x2 + a2,3x3 = b2<br />
a3,1x1 + a3,2x2 + a3,3x3 = b3<br />
a1,1 a1,2 a1,3<br />
a2,1 a2,2 a2,3<br />
a3,1 a3,2 a3,3<br />
⎞ ⎛<br />
⎠ ⎝<br />
x1<br />
x2<br />
x3<br />
⎞<br />
⎛<br />
⎠ = ⎝<br />
Ziel des Gauß-Verfahrens ist es nun, das LGS so umzuformen, dass es wie<br />
folgt aussieht. Dies heißt, dass die Matrix auf <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Seite e<strong>in</strong>e obere<br />
Dreiecksmatrix se<strong>in</strong> muss:<br />
⎛<br />
⎝<br />
d1,1 d1,2 d1,3<br />
0 d2,2 d2,3<br />
0 0 d3,3<br />
⎞ ⎛<br />
⎠ ⎝<br />
x1<br />
x2<br />
x3<br />
⎞<br />
⎠ = ⎝<br />
1 Der E<strong>in</strong>fachheit halber betrachten wir nur e<strong>in</strong> Gleichungssystem mit drei Gleichungen<br />
<strong>und</strong> drei Variablen.<br />
46<br />
⎛<br />
b1<br />
b2<br />
b3<br />
v1<br />
v2<br />
v3<br />
⎞<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎠
Welche Form die Zahlen di,j <strong>und</strong> vi haben <strong>und</strong> ob sie ungleich 0 s<strong>in</strong>d, lässt<br />
sich im Vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> nicht sagen. Anstelle theoretisch zu erklären, wie das Verfahren<br />
im E<strong>in</strong>zelnen ablaufen soll, wird es anhand e<strong>in</strong>es Beispiels dargestellt.<br />
Beispiel:<br />
Im Folgenden werden wir das Gauß-Verfahren anwenden, wie es standardgemäß<br />
durchgeführt wird. Dies kann an e<strong>in</strong>igen Stellen zu e<strong>in</strong>em zusätzlichen<br />
Arbeitsaufwand führen, gewährleistet aber e<strong>in</strong>en Arbeitsablauf, <strong>der</strong> auch auf<br />
an<strong>der</strong>e Probleme <strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichen Art angewendet werden kann. Wir betrach-<br />
ten das folgende LGS:<br />
⎛<br />
⎝<br />
0 4 7<br />
2 2 4<br />
3 6 9<br />
⎞ ⎛<br />
⎠ ⎝<br />
x1<br />
x2<br />
x3<br />
⎞<br />
⎛<br />
⎠ = ⎝<br />
Man beg<strong>in</strong>nt damit, das LGS so umzustellen, dass alle Zeilen, die mit e<strong>in</strong>er<br />
Null beg<strong>in</strong>nen als letzte Zeilen <strong>in</strong> dem LGS stehen. Entsprechend werden die<br />
erste <strong>und</strong> die dritte Zeile vertauscht.<br />
⎛<br />
⎝<br />
3 6 9<br />
2 2 4<br />
0 4 7<br />
⎞ ⎛<br />
⎠ ⎝<br />
x1<br />
x2<br />
x3<br />
⎞<br />
⎛<br />
⎠ = ⎝<br />
Anschließend wird die erste Zeile durch den Wert des ersten Elements (<strong>in</strong><br />
diesem Fall die 3) geteilt. Dies ergibt:<br />
⎛<br />
1<br />
⎝ 2<br />
2<br />
2<br />
⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞<br />
3 x1 1<br />
4 ⎠ ⎝ x2 ⎠ = ⎝ 2 ⎠<br />
0 4 7<br />
0<br />
Hierauf folgend wird von den nachfolgenden Zeilen die erste Zeile so oft abgezogen,<br />
bis jeweils e<strong>in</strong>e 0 an erster Stelle steht. In dem vorliegenden Fall<br />
wird die erste Zeile zweimal von <strong>der</strong> zweiten Zeile abgezogen, da an <strong>der</strong> ersten<br />
Stelle <strong>der</strong> zweiten Zeile e<strong>in</strong>e 2 steht. Von <strong>der</strong> dritten Zeile wird die erste<br />
Zeile nicht weiter abgezogen, da hier an <strong>der</strong> ersten Stelle bereits e<strong>in</strong>e 0 steht.<br />
Führt man diese Rechnungen durch, so erhält man:<br />
⎛<br />
⎝<br />
1 2 3<br />
0 −2 −2<br />
0 4 7<br />
x3<br />
⎞ ⎛<br />
⎠ ⎝<br />
x1<br />
x2<br />
x3<br />
⎞<br />
0<br />
2<br />
3<br />
3<br />
2<br />
0<br />
⎠ = ⎝<br />
Nun wechselt man zu <strong>der</strong> zweiten Zeile <strong>und</strong> betrachtet das zweite Element.<br />
Da dieses Element (-2) nicht 0 ist, muss diese Zeile nicht verschoben werden.<br />
47<br />
⎛<br />
⎞<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎠<br />
1<br />
0<br />
0<br />
⎞<br />
⎠
Stattdessen kann direkt durch dieses Element geteilt werden, so dass das LGS<br />
die folgende Gestalt annimmt.<br />
⎛<br />
1<br />
⎝ 0<br />
2<br />
1<br />
⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞<br />
3 x1 1<br />
1 ⎠ ⎝ x2 ⎠ = ⎝ 0 ⎠<br />
0 4 7<br />
0<br />
Wie im Schritt zuvor, wird ausgehend von <strong>der</strong> zweiten Zeile von je<strong>der</strong> folgenden<br />
Zeile entsprechend viel abgezogen, so dass unterhalb <strong>der</strong> zweiten Zeile<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> zweiten Spalte nur Nullen stehen. Für unser Beispiel heißt dies, dass<br />
von <strong>der</strong> dritten Zeile viermal die zweite abgezogen wird.<br />
⎛<br />
⎝<br />
1 2 3<br />
0 1 1<br />
0 0 3<br />
⎞ ⎛<br />
⎠ ⎝<br />
x3<br />
x1<br />
x2<br />
x3<br />
⎞<br />
⎛<br />
⎠ = ⎝<br />
Man erkennt, dass die Matrix auf <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Seite e<strong>in</strong>e obere Dreiecksmatrix<br />
ist. Somit ist das Ziel des Gauß-Verfahrens erreicht. Im nächsten Schritt löst<br />
man das Gleichungssystem durch Rückwärtse<strong>in</strong>setzen.<br />
Die dritte Zeile liefert (nachdem durch 3 geteilt wurde) x3 = 0. Dies setzt<br />
man <strong>in</strong> die zweite Gleichung e<strong>in</strong>. Diese liefert dann das x2 = 0. Setzt man x2<br />
<strong>und</strong> x3 <strong>in</strong> die erste Gleichung e<strong>in</strong>, so liefert diese schließlich x1 = 1.<br />
Anwendungsbeispiel:<br />
E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Modell für e<strong>in</strong>e Volkswirtschaft, die lediglich aus Haushalten<br />
<strong>und</strong> Unternehmen besteht, liefert das so genannte Leontieff-Modell. Zur e<strong>in</strong>fachen<br />
Umsetzung des Modells gehen wir von e<strong>in</strong>er Volkswirtschaft aus, <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> 3 Güter produziert werden. In unserem Fall seien diese Güter Öl, Brot<br />
<strong>und</strong> PCs. Ferner unterstellen wir, dass für die Herstellung von 100 E<strong>in</strong>heiten<br />
Computer 20 Computer, 30 E<strong>in</strong>heiten Öl <strong>und</strong> 20 Brote benötigt werden. Die<br />
Produktion von 1000 E<strong>in</strong>heiten Öl erfor<strong>der</strong>t 500 Computer, 200 E<strong>in</strong>heiten Öl<br />
<strong>und</strong> 300 E<strong>in</strong>heiten Brot. Außerdem erfor<strong>der</strong>t die Produktion von 10 Broten<br />
5 E<strong>in</strong>heiten Öl, 4 E<strong>in</strong>heiten Brot <strong>und</strong> drei Computer.<br />
Die Fragen, die sich nun stellen, s<strong>in</strong>d zum e<strong>in</strong>en, wieviel E<strong>in</strong>heiten dieser drei<br />
Güter dem Markt bei e<strong>in</strong>er vorgegebenen Produktionsmenge zur Verfügung<br />
stehen, Ferner stellt sich die Frage, wieviel E<strong>in</strong>heiten <strong>der</strong> Güter jeweils zu<br />
produzieren s<strong>in</strong>d, um e<strong>in</strong>e vorgegebene Marktnachfrage zu befriedigen.<br />
E<strong>in</strong> erster Schritt zielt darauf ab, die oben dargestellten Produktionszusammenhänge<br />
<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es l<strong>in</strong>earen Gleichungssystems darzustellen. Hierzu<br />
schreiben wir diese Zusammenhänge mathematisch h<strong>in</strong>:<br />
100 Computer = 20 Computer + 30 Öl + 20 Brot<br />
1000 Öl = 500 Computer + 200 Öl + 300 Brot<br />
10 Brot = 3 Computer + 5 Öl + 4 Brot<br />
48<br />
1<br />
0<br />
0<br />
⎞<br />
⎠
Formt man dieses Gleichungssystem um, so dass auf <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Seite nur noch<br />
e<strong>in</strong>zelne Mengen stehen, so erhält man:<br />
1 Computer = 0, 2 Computer + 0, 3 Öl + 0, 2 Brot<br />
1 Öl = 0, 5 Computer + 0, 2 Öl + 0, 3 Brot<br />
1 Brot = 0, 3 Computer + 0, 5 Öl + 0, 4 Brot<br />
Dies kann man weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> Matrixform wie folgt schreiben:<br />
⎛<br />
0, 8 −0, 3<br />
⎞ ⎛<br />
⎞<br />
−0, 2 Computerproduktion<br />
⎛<br />
Computernachfrage<br />
⎝ −0, 5 0, 8 −0, 3 ⎠ ⎝ Oelproduktion ⎠ = ⎝ Oelnachfrage<br />
−0, 3 −0, 5 0, 6 Brotproduktion<br />
Brotnachfrage<br />
Um nun zum Beispiel die Frage zu beantworten wieviel <strong>der</strong> drei Güter zu<br />
Beg<strong>in</strong>n produziert werden sollen um e<strong>in</strong>e Gesamtnachfrage von 1000 Computern,<br />
4000 E<strong>in</strong>heiten Öl <strong>und</strong> 250 E<strong>in</strong>heiten Brot zu produzieren löst man<br />
das folgende Gleichungssystem:<br />
⎛<br />
⎝<br />
0, 8 −0, 3 −0, 2<br />
−0, 5 0, 8 −0, 3<br />
−0, 3 −0, 5 0, 6<br />
⎞ ⎛<br />
⎠ ⎝<br />
Computerproduktion<br />
Oelproduktion<br />
Brotproduktion<br />
⎞<br />
⎛<br />
⎠ = ⎝<br />
1000<br />
4000<br />
250<br />
Löst man dieses Gleichungssystem, so erhält man als Lösung, dass zur Befriedigung<br />
dieser Nachfragemenge <strong>in</strong> etwa 30867 Computer, 43980 E<strong>in</strong>heiten<br />
Öl <strong>und</strong> 52500 Brote produziert werden müssen.<br />
Stellt man sich nun allerd<strong>in</strong>gs die Frage, wieviel E<strong>in</strong>heiten <strong>der</strong> Güter man bei<br />
e<strong>in</strong>er Produktion von jeweils 1000 E<strong>in</strong>heiten an den Markt absetzen kann, so<br />
ist die folgende Matrix-Vektor-Multiplikation auszurechnen:<br />
⎛<br />
⎝<br />
0, 8 −0, 3 −0, 2<br />
−0, 5 0, 8 −0, 3<br />
−0, 3 −0, 5 0, 6<br />
⎞ ⎛<br />
⎠ ⎝<br />
1000<br />
1000<br />
1000<br />
⎞<br />
⎛<br />
⎠ = ⎝<br />
⎞<br />
⎠<br />
Computerangebot an den Markt<br />
Oelangebot an den Markt<br />
Brotangebot an den Markt<br />
So erhält man e<strong>in</strong> Computerangebot an den Markt <strong>in</strong> Höhe von 390 E<strong>in</strong>heiten,<br />
e<strong>in</strong> Ölangebot von 948 E<strong>in</strong>heiten <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Brotangebot von -1410 E<strong>in</strong>heiten.<br />
Diese negative Zahl sagt aus, dass <strong>in</strong> diesem Fall -1410 Brote importiert<br />
werden müssen, damit e<strong>in</strong>e Produktion überhaupt erst möglich ist.<br />
49<br />
⎞<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎠
3.4 Cramersche Regel<br />
Wie auch das Gauß-Verfahren aus dem letzten Abschnitt, bietet auch das<br />
Verfahren nach Cramer, auch Cramersche Regel genannt, e<strong>in</strong>e Möglichkeit<br />
zum Berechnen <strong>der</strong> Lösungen e<strong>in</strong>es l<strong>in</strong>earen Gleichungssystems. Der Vorteil<br />
<strong>der</strong> Cramerschen Regel ist allerd<strong>in</strong>gs, dass im Gegensatz zum Gauß-Verfahren<br />
nicht sämtliche Lösungswerte auf e<strong>in</strong>mal berechnet werden müssen. Stattdessen<br />
kann man darauf beschränken, nur die jeweils benötigten Werte zu<br />
berechnen.<br />
Um die Cramersche Regel anwenden zu können, benötigt man zum e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong><br />
l<strong>in</strong>eares Gleichungssystem.<br />
Beispiel: 2 1<br />
1 2<br />
dx<br />
dy<br />
<br />
=<br />
4<br />
3<br />
Die Matrix die l<strong>in</strong>ks steht wird auch als Systemmatrix bezeichnet; wir nennen<br />
sie A <strong>und</strong> den Vektor auf <strong>der</strong> rechten Seite nennen wir b. Bevor wir weiter<br />
arbeiten, machen wir uns klar, dass die erste Spalte <strong>der</strong> Matrix A zu <strong>der</strong><br />
Variablen dx <strong>und</strong> die zweite Spalte <strong>der</strong> Matrix zu <strong>der</strong> Variablen dy gehört.<br />
Nun berechnet man zuerst die Determ<strong>in</strong>ante <strong>der</strong> Matrix A. Diese Determ<strong>in</strong>anten<br />
bezeichnet man auch als Systemdeterm<strong>in</strong>ante, da sie die Determ<strong>in</strong>ante<br />
<strong>der</strong> Systemmatix ist. In unserem Fall lautet sie:<br />
<br />
2 1<br />
det = 2 ∗ 2 − 1 ∗ 1 = 4 − 1 = 3<br />
1 2<br />
Die Systemdeterm<strong>in</strong>ante beträgt also 3. Ist man zum Beispiel an dem Lösungswert<br />
für die Variable dx <strong>in</strong>teressiert, so rechnet man wie folgt weiter. Zuerst<br />
wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Matrix A die erste Spalte durch den Vektor b ersetzt. (Wir er<strong>in</strong>nern<br />
uns; die erste Spalte gehörte zu dx.) Die verän<strong>der</strong>te Matrix, wir nennen<br />
sie B, sieht dann wie folgt aus:<br />
4 1<br />
3 2<br />
Auch von dieser Matrix B rechnen wir die Determ<strong>in</strong>ante aus:<br />
<br />
4 1<br />
det = 4 ∗ 2 − 3 ∗ 1 = 8 − 3 = 5<br />
3 2<br />
Hat man diese Determ<strong>in</strong>ante <strong>und</strong> die Systemdeterm<strong>in</strong>ante, so lässt sich <strong>der</strong><br />
Lösungswert für die Variable dx angeben als:<br />
<br />
dx = det(B)<br />
det(A)<br />
50<br />
= 5<br />
3
Will man jetzt statt dx die Variable dy berechnen, so ersetzt man <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Matrix nicht die erste, son<strong>der</strong>n die zweite Spalte, da die zweite Spalte dy<br />
zugeordnet war. Die entstehende Matrix nennen wir wie<strong>der</strong> B <strong>und</strong> sie sieht<br />
wie folgt aus:<br />
B =<br />
2 4<br />
1 3<br />
Ihre Determ<strong>in</strong>ante berechnet man dann auf die folgende Art:<br />
<br />
2 4<br />
det = 2 ∗ 3 − 4 ∗ 1 = 6 − 4 = 2<br />
1 3<br />
Entsprechend <strong>der</strong> oben bereits für dx verwendeten Formel ist dy gegeben als:<br />
dx = det(B)<br />
det(A)<br />
<br />
= 2<br />
3<br />
Soweit, so gut. E<strong>in</strong> solches Gleichungssystem muss allerd<strong>in</strong>gs nicht immer nur<br />
Zahlen enthalten, es kann auch gut se<strong>in</strong>, dass zum Beispiel die Systemmatrix<br />
A o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vektor <strong>der</strong> rechten Seite b irgendwelche Buchstaben enthalten.<br />
Wobei diese Buchstaben als Variablen aufzufassen s<strong>in</strong>d, die beliebig gewählt<br />
werden können. Beispiel:<br />
2 1<br />
1 2<br />
dx<br />
dy<br />
<br />
=<br />
a + b<br />
a − 2b<br />
<br />
; a, b ∈ R<br />
Die rechte Seite von diesem Gleichungssystem kann man allerd<strong>in</strong>gs noch an<strong>der</strong>s<br />
schreiben, <strong>in</strong>dem man auch die rechte Seite analog zu <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Seite<br />
des Gleichungssystems als Matrix schreibt.<br />
<br />
2<br />
1<br />
<br />
1 dx 1<br />
=<br />
2 dy 1<br />
1<br />
−2<br />
a<br />
b<br />
<br />
; a, b ∈ R<br />
Wer diesen Zusammenhang nicht direkt erkennt, sollte das Gleichungssystem<br />
<strong>in</strong> klassischer Form ausformuliert h<strong>in</strong>schreiben <strong>und</strong> es dann noch mal<br />
anschauen.<br />
In Vorbereitung auf die Anwendungsbeispiele am Ende des Abschnitts wollen<br />
wir hier den Fall betrachten das b = 0 gewählt wird. Damit vere<strong>in</strong>facht sich<br />
das ganze System zu:<br />
2 1<br />
1 2<br />
dx<br />
dy<br />
<br />
=<br />
a<br />
a<br />
<br />
; a ∈ R<br />
Dies ist wie<strong>der</strong>rum aber äquivalent zu <strong>der</strong> folgenden Formulierung:<br />
<br />
2 1 dx 1<br />
= a ; a ∈ R<br />
1 2 dy 1<br />
51
Nimmt man an, dass a nicht 0 ist, so kann man durch a teilen <strong>und</strong> erhält:<br />
<br />
2<br />
1<br />
dx<br />
1 a<br />
dy<br />
2 a<br />
<br />
1<br />
= ; a ∈ R<br />
1<br />
Genau wie oben, ist die Systemdeterm<strong>in</strong>ante 3. Um die Lösungsvariable dx<br />
a<br />
auszurechnen, ersetzt man nun die erste Spalte <strong>der</strong> Systemmatrix durch den<br />
Vektor, <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> rechten Seite steht <strong>und</strong> berechnet von dieser modifizierten<br />
Matrix B die Determ<strong>in</strong>ante:<br />
det<br />
1 1<br />
1 2<br />
<br />
= 1 ∗ 2 − 1 ∗ 1 = 2 − 1 = 1<br />
Dies bedeutet, dass die Lösungsvariable dx <strong>in</strong> <strong>der</strong> folgenden Form gegeben<br />
a<br />
ist:<br />
dx det(B) 1<br />
= =<br />
a det(A) 3<br />
Anwendungsbeispiel:<br />
An dieser Stelle wollen wir zuerst e<strong>in</strong>e Volkswirtschaft betrachten, die aus<br />
e<strong>in</strong>em Geld- <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en Geldmarkt besteht. In diesem Fall können Gleichgewichte<br />
auf diesen beiden Märkten beschrieben werden als:<br />
Y = cY (1 − τ) + I(r) + G Gütermarkt<br />
M/P = m(Y, i) Geldmarkt<br />
Im folgenden seien G, M <strong>und</strong> τ exogene <strong>und</strong> Y , r <strong>und</strong> i endogene Größen.<br />
Weiterh<strong>in</strong> gehen wir davon aus, dass <strong>in</strong> unserer Volkswirtschaft ke<strong>in</strong>e Inflation<br />
vorherrscht, so dass dr = di gilt. Auf Basis dieser Informationen stellen wir<br />
die Gleichungen zuerst um <strong>und</strong> bestimmen dann für beide Gleichungen das<br />
totale Differential.<br />
Y − cY (1 − τ) − I(r) − G = 0<br />
M/P − m(Y, i) = 0<br />
(1 − c(1 − τ))dY − Irdr = 1dG − cY dτ<br />
In Matrixschreibweise lautet dieses LGS:<br />
s + cτ) −Ir<br />
−mY −mi<br />
−mY dY − midr = 1/P dM<br />
dY<br />
dr<br />
<br />
1 0 −cY<br />
=<br />
0<br />
52<br />
0 1<br />
P<br />
⎛<br />
⎝<br />
dG<br />
dM<br />
dτ<br />
⎞<br />
⎠
Die Systemdeterm<strong>in</strong>ante, heißt die Determ<strong>in</strong>ante <strong>der</strong> Matrix auf <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken<br />
Seite, ergibt sich als detA = −mi(s + cτ) − IrmY . Da m negativ von i <strong>und</strong> I<br />
negativ von r abhängt sowie ferner m positiv von Y abhängt, folgt, dass die<br />
Systemdeterm<strong>in</strong>ante e<strong>in</strong> positives Vorzeichen aufweist.<br />
Nun kann man zum Beispiel mit Hilfe <strong>der</strong> Cramerschen Regel den Multiplika-<br />
tor dY<br />
dG<br />
berechnen. Hierzu wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Systemmatrix die erste Spalte, da diese<br />
dY zugeordnet ist, durch die Spalte aus <strong>der</strong> rechten Matrix ersetzt, die dG<br />
zugeordnet ist. Von dieser modifizierten Matrix wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt<br />
die Determ<strong>in</strong>ante berechnet.<br />
<br />
1 −Ir<br />
detA<br />
= −mi<br />
0 −mi<br />
Diese Determ<strong>in</strong>ante, geteilt durch die weiter oben bereits bestimmte Systemdeterm<strong>in</strong>ante,<br />
ergibt dann den gesuchten Multiplikator:<br />
dY<br />
dG =<br />
−mi<br />
−mi(s + cτ) − IrmY<br />
Da wie oben bereits erwähnt wurde m negativ von i abhängt, ist <strong>der</strong> entsprechende<br />
Multiplikator positiv. Dies entspricht auch den Ergebnissen e<strong>in</strong>er<br />
herkömmlichen Untersuchung.<br />
53
Literaturverzeichnis<br />
[1] PEMBERTON, M. <strong>und</strong> RAU, N. (2001) ” Mathematics for Economistsan<br />
<strong>in</strong>troductory textbook“, Manchester University Press, Manchester<br />
54