ARCHIVAR 209 - Archive in Nordrhein-Westfalen
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<strong>ARCHIVAR</strong> 62. Jahrgang Heft 02 Mai 2009<br />
MITTEILUNGEN UND BEITRÄGE<br />
DES LANDESARCHIVS NRW<br />
ALTE BETRIEBS- UND<br />
BERECHTSAMSAKTEN<br />
DER BERGVERWALTUNG<br />
RECKLINGHAUSEN GESICHERT<br />
Bekanntlich s<strong>in</strong>d Behördenauflösungen und -umzüge Sternstunden<br />
für den Archivar. Verwaltungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel dann<br />
bereitwilliger, sich von älteren Unterlagen zu trennen, von denen<br />
sie me<strong>in</strong>ten, sie hätten diese bislang noch gebrauchen können.<br />
Das Schaffen von Platz für Neues genießt plötzlich oberste<br />
Priorität. Beachtung wird nur noch dem geschenkt, was dem<br />
laufenden Dienstgeschäft dient. Wie gut für das Archivwesen,<br />
wenn sich <strong>in</strong> Zeiten vermehrter Um- und Neuorganisationen<br />
bzw. umfassender Verwaltungsreformen die Registratoren oder<br />
Sachbearbeiter <strong>in</strong> den Behörden dann noch an die zuständigen<br />
<strong>Archive</strong> und erst recht an archivgesetzliche Bestimmungen er -<br />
<strong>in</strong>nern! Im günstigsten Fall erreichen Aussonderungslisten recht -<br />
zeitig die Archivare, so dass Bewertungen und Übernahmen von<br />
alten Unterlagen geregelt erfolgen können. Wesentlich ungünstiger<br />
gestaltet sich die Lage, wenn ke<strong>in</strong>e von der Behörde erwirkte<br />
Aussonderung erfolgt.<br />
Buchstäblich <strong>in</strong> letzter Sekunde konnten am 13. November 2008<br />
ältere und jüngere Betriebs- und Berechtsamsakten der Bergverwaltung<br />
Reckl<strong>in</strong>ghausen bzw. des ehemaligen Bergamts Reckl<strong>in</strong>ghausen<br />
gesichert werden, nachdem das Landesarchiv Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
<strong>Westfalen</strong> zuvor erfahren hatte, dass e<strong>in</strong>e Verlegung von Mitarbeitern<br />
sowie von Bergbauunterlagen nach Dortmund zur dortigen<br />
Bezirksregierung Arnsberg Abteilung 8 Bergbau und Energie <strong>in</strong><br />
NRW unmittelbar bevorstünde. Da seitens der Bergverwaltung<br />
dem Landesarchiv Nordrhe<strong>in</strong>-<strong>Westfalen</strong> ke<strong>in</strong>e Anbietungslisten<br />
zugeschickt worden waren, wurde auf Initiative des Landesar -<br />
chivs Nordrhe<strong>in</strong>-<strong>Westfalen</strong> Abteilung <strong>Westfalen</strong> spontan e<strong>in</strong>e Be -<br />
sichtigung der noch im Kellergewölbe der Bergverwaltung untergebrachten<br />
Altregistratur vorgenommen. Währenddessen standen<br />
vor der Tür der Bergverwaltung die Transporter des Umzugsunternehmens<br />
und Conta<strong>in</strong>er zur Entsorgung. Der Ertrag dieser<br />
letztlich dann doch auf zwei Tage anberaumten Bewertungs- und<br />
Übernahmeaktion kann sich zweifelsfrei sehen lassen. Neben<br />
schätzungsweise 100 jüngeren Betriebsakten, unter denen sich<br />
zahlreiche Abschlussbetriebspläne wichtiger Zechen und Kokereien<br />
des Sprengels bef<strong>in</strong>den, 1 wurden rund 1.000 ältere Berecht -<br />
sams akten übernommen. Diese dokumentieren die Besitz- und<br />
Eigen tumsverhältnisse im Bergbau des Ruhrgebiets vor allem auf<br />
M<strong>in</strong>eralien wie Ste<strong>in</strong>kohle, Erze, Salz, Alaun und Schwefelkies<br />
zwischen den 1820er Jahren und Ende der 1960er Jahre. Im<br />
Bergamtsbezirk befanden sich bedeutende Zechen wie M<strong>in</strong>ister<br />
Achenbach, M<strong>in</strong>ister Ste<strong>in</strong>, Gneisenau, Victor-Ickern, Ewald,<br />
Schlägel & Eisen, Fürst Hardenberg und Zollern. Zum Teil ent -<br />
halten die übernommenen Berechtsamsakten sogar Abschriften<br />
von Berechtsamen aus dem 17. und 18. Jahrhundert sowie Belehnungsrisse<br />
aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie ergänzen<br />
die bislang überlieferten Betriebsakten sowohl des e<strong>in</strong>stigen<br />
Oberbergamts Dortmund als auch der nachgeordneten Bergamtsverwaltungen<br />
und bieten e<strong>in</strong>e gute Alternative zu den bei der<br />
Bezirksregierung Arnsberg Abteilung 8 Bergbau und Energie <strong>in</strong><br />
NRW (ehemaliges Landesoberbergamt <strong>in</strong> Dortmund) dauerhaft<br />
verwahrten Berechtsamsakten. Die von der Bergverwaltung<br />
Reckl<strong>in</strong>ghausen übernommenen Akten sollen im Laufe des<br />
Jahres 2009 erschlossen und für die Benutzung bereitgestellt<br />
werden. Die Bergbaubestände des Landesarchivs Nordrhe<strong>in</strong>-<br />
<strong>Westfalen</strong> Abteilung <strong>Westfalen</strong> wurden <strong>in</strong>zwischen fast vollständig<br />
verzeichnet. Die entsprechenden F<strong>in</strong>dbücher s<strong>in</strong>d teilweise<br />
schon onl<strong>in</strong>e abrufbar unter www.archive.nrw.de.<br />
Mit Auflösung der Bergverwaltung Reckl<strong>in</strong>ghausen endet e<strong>in</strong>e<br />
Epoche der Bergverwaltungsgeschichte des Ruhrgebiets, die vor<br />
ca. 140 Jahre begann. Nach der Reform der preußischen Bergbauverwaltung<br />
und des preußischen Bergrechts <strong>in</strong> den 1850er und<br />
1860er Jahren war um 1870 das Bergrevier Reckl<strong>in</strong>ghausen<br />
geschaffen worden. Aufgrund des Anwachsens der Montanwirt-