ARCHIVAR 209 - Archive in Nordrhein-Westfalen
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digen Unterlagen] Auswertung erforderlichen Programme oder<br />
vergleichbarer Hilfsmittel“ 13 . Dieser Bitte wäre auch entsprochen<br />
worden, jedoch gab es offensichtlich auf Jahre h<strong>in</strong>aus nicht zu<br />
lösende programmtechnische Probleme. Als die Justiz hilfsweise<br />
anbot, die ERBREG-Daten e<strong>in</strong>zelner großer Amtsgerichte auf<br />
CD-ROM zur Verfügung zu stellen, scheiterte die Umsetzung an<br />
<strong>in</strong>ternen Problemen im Archiv.<br />
Letzten Endes blieb nur der Weg, die e<strong>in</strong>zelnen Amtsgerichte um<br />
Mithilfe, d. h. um die Suche nach den Aktenzeichen ihrer eigenen<br />
entsprechenden Akten zu bitten. Für jedes der 55 Amtsgerichte<br />
des Rhe<strong>in</strong>landes war die entsprechende Liste getrennt erstellt<br />
worden, jeweils e<strong>in</strong>mal alphabetisch nach Familiennamen und<br />
e<strong>in</strong>mal chronologisch nach Sterbedatum sortiert. Zu den Städten<br />
Duisburg und Essen gab es nur jeweils e<strong>in</strong>e Liste, die dann nach -<br />
e<strong>in</strong>ander den jeweils drei Stadtteil-Amtsgerichten zugeleitet<br />
wurde; im Fall von Mönchengladbach-Rheydt erhielt das dortige<br />
Gericht zunächst die Liste mit den <strong>in</strong> Rheydt verstorbenen Per -<br />
onen, später auch noch die für Mönchengladbach angelegte Liste<br />
ohne die im Amtsgericht Mönchengladbach ermittelten Treffer.<br />
Zu 5) Folgende Schwächen unserer Datenermittlung waren zu<br />
akzeptieren: In zeitlicher H<strong>in</strong>sicht führte die Beschränkung auf<br />
die Sterbejahre ab 1900 dazu, dass möglicherweise e<strong>in</strong> kurz vor<br />
1900 Verstorbener nicht berücksichtigt wurde, obwohl aus<br />
irgend e<strong>in</strong>em Grund im Jahr 1900 oder kurz danach doch noch<br />
e<strong>in</strong>e Akte zu se<strong>in</strong>er Person oder zu der se<strong>in</strong>es Ehepartners angelegt<br />
wurde. Unter regionalem Aspekt war problematisch, dass<br />
zwar mit e<strong>in</strong>er gewissen Sicherheit die Akten zu jenen im Rhe<strong>in</strong>land<br />
prom<strong>in</strong>enten Personen erfasst wurden, die auch hier verstorben<br />
s<strong>in</strong>d, nicht aber zu jenen, die ihren Lebensabend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
anderen Region verbrachten und entsprechend <strong>in</strong> den dortigen<br />
Amtsgerichten aktenkundig geworden se<strong>in</strong> dürften. Umgekehrt<br />
s<strong>in</strong>d jene Persönlichkeiten, die <strong>in</strong> anderen deutschen Gebieten<br />
örtliche oder regionale Bedeutung gewannen, dort also prom<strong>in</strong>ent<br />
waren, aber zuletzt im Rhe<strong>in</strong>land lebten und hier verstarben,<br />
wohl eher selten erfasst worden.<br />
Unvollkommen blieb auch die Quellenauswahl: E<strong>in</strong>mal wäre es<br />
vermessen zu behaupten, alle theoretisch auswertbaren Nachschlagewerke<br />
seien aufgefunden und ausgewertet worden. Auch<br />
s<strong>in</strong>d manche Reihenwerke bis heute noch nicht abgeschlossen<br />
und werden <strong>in</strong> Zukunft fortgesetzt; von e<strong>in</strong>igen s<strong>in</strong>d erst im<br />
Laufe der Aktion e<strong>in</strong>zelne Folgebände erschienen; von manchen<br />
fehlen bis heute die geplanten abschließenden Bände. So hat sich<br />
der Umfang der Liste bereits <strong>in</strong> der Zeit nach der ersten Versendung<br />
von Anforderungsschreiben leicht vergrößert und wird sich<br />
auch <strong>in</strong> Zukunft noch weiter vergrößern – oder besser gesagt<br />
würde sich vergrößern, wenn die Quellenerhebung kont<strong>in</strong>uierlich<br />
fortgesetzt würde, was nicht gewährleistet ist. Und schließlich<br />
sei auch nicht verschwiegen, dass die E<strong>in</strong>tragungen im<br />
ERBREG vor allem für die älteren Jahrgänge nicht fehlerfrei und<br />
etwa bei den Vornamen oder den Lebensdaten gelegentlich un -<br />
vollständig s<strong>in</strong>d.<br />
UMSETZUNG DER LISTENAUSWAHL<br />
Es gab jedoch e<strong>in</strong>en besonderen Grund, nicht länger zu warten<br />
und mit dem Akquirieren der Akten zu beg<strong>in</strong>nen. Die 2004 neu<br />
e<strong>in</strong>geführte Aufbewahrungsfrist von 100 Jahren hatte e<strong>in</strong>e gewisse<br />
Dr<strong>in</strong>glichkeit erzeugt: Grundsätzlich s<strong>in</strong>d bereits heute die<br />
ersten acht bis neun Jahrgänge ab 1900 zu vernichten. Ob damit<br />
e<strong>in</strong>zelne Amtsgerichte schon begonnen haben, ist im Landesar-<br />
203<br />
chiv NRW Abteilung Rhe<strong>in</strong>land derzeit nicht bekannt, jedenfalls<br />
wird die Raumnot die Gerichte über kurz oder lang dazu zw<strong>in</strong>gen.<br />
Im August 2004 wurden die 55 Amtsgerichte angeschrieben mit<br />
der Bitte, zu den <strong>in</strong> den Listen aufgeführten Namen Nachlassakten<br />
<strong>in</strong> ihren Altbeständen zu ermitteln und dem Düsseldorfer<br />
Archiv als zuständigem Staatsarchiv zu übergeben. Soweit die<br />
ältesten Jahrgänge bereits hier lagern, sollten die Aktenzeichen<br />
übermittelt werden.<br />
Die Bereitschaft auf Seiten der Amtsgerichte zur Mitarbeit war<br />
naturgemäß unterschiedlich, sie reichte von Verständnis und<br />
Zustimmung, auch engagierter eigener Suche nach Akten sogar<br />
von Ehegatten und weiteren prom<strong>in</strong>enten Fällen, bis h<strong>in</strong> zum<br />
retardierenden H<strong>in</strong>weis auf den wegen Arbeitsüberlastung nicht<br />
zu leistenden Suchaufwand. Bei den großen Häusern, deren<br />
Listen bis zu 506 Namen (AG Köln) umfassten, war dieses Auf -<br />
wand-Argument nur zu verständlich. Im H<strong>in</strong>blick auf die drohende<br />
Vernichtung der ältesten Jahrgänge hatte das Archiv vor -<br />
sorglich se<strong>in</strong>e Mithilfe angeboten, brauchte sich letztlich aber nur<br />
bei zwei großen Amtsgerichten wirklich an der Sucharbeit zu<br />
beteiligen, was <strong>in</strong>sgesamt 5 Arbeitstage von Archivangestellten<br />
des mittleren Dienstes vor Ort im Amtsgericht kostete.<br />
Grundsätzlichen Widerstand aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes<br />
leistete nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Gericht, das jedoch mit H<strong>in</strong>weis<br />
auf die Rechtsgrundlage 14 überzeugt werden konnte. Graduellen<br />
Bedenken <strong>in</strong> dieser Richtung war das Archiv dadurch entgegengekommen,<br />
dass es dem e<strong>in</strong>zelnen Gericht freistellte, bei jüngeren<br />
Jahrgängen selbst e<strong>in</strong>e Zeitgrenze festzulegen, von der an e<strong>in</strong>e<br />
Übergabe solcher „jungen“ Akten noch als verfrüht ersche<strong>in</strong>en<br />
konnte und deshalb zunächst auf spätere Zeit aufgeschoben wer -<br />
den sollte. Es sollten dann jedenfalls die jetzt ermittelten Aktenzeichen<br />
zu e<strong>in</strong>er Kennzeichnung der Akten führen, die sicherstellt,<br />
dass diese Akten <strong>in</strong> Zukunft e<strong>in</strong>mal dem Staatsarchiv<br />
zugeleitet werden. Von dieser Möglichkeit machten drei größere<br />
und zwei kle<strong>in</strong>ere Amtsgerichte Gebrauch.<br />
Für den Umgang mit den Akten im Archiv, vor allem für die Be -<br />
nutzung, wurde festgehalten: Die Strafandrohung des § 203 StGB<br />
gilt selbstverständlich auch für Archivare. Nach dem Archivgesetz<br />
NRW s<strong>in</strong>d Testamente und Erbsche<strong>in</strong>e, da die Rechte von namentlich<br />
genannten Neugeborenen betroffen se<strong>in</strong> können, 90<br />
Jahre lang gesperrt und so während dieser Zeit vor unberechtigter<br />
E<strong>in</strong>sichtnahme geschützt. Danach allerd<strong>in</strong>gs ist derartiges<br />
Archivgut frei e<strong>in</strong>sehbar; e<strong>in</strong>e Ausnahme wäre nur gegeben, wenn<br />
bekannt würde, dass e<strong>in</strong> Berechtigter noch lebt, <strong>in</strong> diesem Fall<br />
8 E<strong>in</strong> Gesamtverzeichnis liegt <strong>in</strong> elektronischer Form vor und kann bei Bedarf<br />
gerne zur Verfügung gestellt werden.<br />
9 Leo Braun: Straßennamen <strong>in</strong> Eschweiler, Eschweiler 2005.<br />
10 Wulf Metzmacher: Der Düsseldorfer Nordfriedhof, 2002.<br />
11 Mathias Schmoeckel: Die Juristen der Universität Bonn im „Dritten Reich“,<br />
Köln 2004.<br />
12 Bestimmungen über die Aussonderung, Ablieferung und Vernichtung des<br />
Schriftguts der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Staatsanwaltschaften und der<br />
Justizvollzugsbehörden des Landes Nordrhe<strong>in</strong>-<strong>Westfalen</strong>, AV d. JM vom<br />
06.11.2008 (1452 – I. 8) – JMBl. NRW S. 270, Abschnitt III („Ablieferung“), Punkte<br />
1.3, 2 und 4 lassen größere Belastungen des Justizpersonals durch Wünsche<br />
des Staatsarchivs nicht zu.<br />
13 Dagegen zielt die Verwaltungsnorm „Bestimmungen über die Aussonderung“<br />
(siehe Anm. 12) Abschnitt III Punkt 4 nicht auf die technisch-organisatorischen<br />
Hilfsmittel der Justiz.<br />
14 ArchivG NRW §§ 2 (2) und 3 (1); Bestimmungen über die Aussonderung<br />
(siehe Anm. 12) Abschnitt III Punkt 1.<br />
<strong>ARCHIVAR</strong> 62. Jahrgang Heft 02 Mai 2009