ARCHIVAR 209 - Archive in Nordrhein-Westfalen
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<strong>ARCHIVAR</strong> 62. Jahrgang Heft 02 Mai 2009<br />
LITERATURBERICHTE<br />
Diesem Archivführer ist e<strong>in</strong>e weite Verbreitung zu wünschen.<br />
Alle<strong>in</strong> die Angaben zur Geschichte des pommerschen Archivwesens<br />
s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Fundgrube für jeden Landeshistoriker. Die zahlreichen<br />
H<strong>in</strong>weise auf unbenutzbare, unverzeichnete oder nur sehr<br />
behelfsmäßig erschlossene Bestände <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen E<strong>in</strong>richtungen<br />
zeigen deutlich, welche Aufgaben bei der Bestandserschließung<br />
mehr als 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges noch vor<br />
den Archivaren, vor allem <strong>in</strong> Deutschland und Polen, liegen. Das<br />
Zustandekommen dieses Archivführers ist aber auch e<strong>in</strong> deutliches<br />
Zeichen für die Kooperationsmöglichkeiten zwischen den<br />
Institutionen – und es lässt hoffen, dass e<strong>in</strong>e der Brückenlandschaften<br />
im Ostseeraum auch im Bereich des Archivwesens und<br />
der Geschichtsforschung wieder als solche erkennbar wird.<br />
Haik Thomas Porada, Leipzig<br />
ARCHIVPFLEGE IN WESTFALEN-LIPPE<br />
Im Auftrage des Landschaftsverbandes <strong>Westfalen</strong>-<br />
Lippe hrsg. vom LWL-Archivamt für <strong>Westfalen</strong>, Münster.<br />
Nr. 68, April 2008, 60 S., u. Nr. 69, Oktober 2008,<br />
76 S., geh.<br />
Heft 68 bietet e<strong>in</strong>en bunten Strauß von Beiträgen. Am Anfang<br />
stehen die Laudationes auf Norbert Reimann, den langjährigen<br />
Leiter des Westfälischen Archivamtes, der am 29. Februar 2008 <strong>in</strong><br />
den Ruhestand getreten ist, und dessen Dankesrede. Den Reigen<br />
der archivfachlichen Aufsätze eröffnet Marcus Stumpf, der neue<br />
Leiter der Dienststelle. Er berichtet über die vernetzte Notfallvorsorge<br />
der Münsteraner <strong>Archive</strong> und Bibliotheken und nimmt dies<br />
zum Anlass, e<strong>in</strong>gehend auf die zw<strong>in</strong>gende Notwendigkeit e<strong>in</strong>er<br />
vorausschauenden Notfallplanung h<strong>in</strong>zuweisen. – Die unterschiedlichen<br />
Verfahren bei der Trocknung wassergeschädigten<br />
Schriftguts stellt Birgit Geller vor. Da aber die Trocknung „e<strong>in</strong>e<br />
komplexe Problematik“ <strong>in</strong> sich birgt, empfiehlt sie den <strong>Archive</strong>n,<br />
im Schadensfall Fachleute zu Rate zu ziehen, um optimale Ergebnisse<br />
zu erzielen. – Die Retrokonversion archivischer F<strong>in</strong>dmittel<br />
steht wohl bei allen <strong>Archive</strong>n auf der Agenda. Welche F<strong>in</strong>anzierungsmöglichkeiten<br />
die Deutsche Forschungsgeme<strong>in</strong>schaft<br />
(DFG) bietet und wie der Verfahrensweg ist, darüber <strong>in</strong>formiert<br />
Sigrid Schieber. – Dass die Stadtgeschichtsforschung zum Aufgabenfeld<br />
von Kommunalarchiven gehört, gibt es heute ke<strong>in</strong>e<br />
Zweifel mehr. Über die unterschiedlichen Formen der Stadtgeschichtsschreibung<br />
und über die damit verbundenen Probleme<br />
reflektiert Wilfried Ehbrecht, wobei er sich vor allem auf Beispiele<br />
des Instituts für vergleichende Städteforschung und des Stadtarchivs<br />
Münster bezieht. Dessen Arbeit ist für Ehbrecht vorbildlich,<br />
denn neben den eigenen Publikationen werden Initiativen<br />
aus der Bürgerschaft unterstützt und die Kooperation mit anderen<br />
E<strong>in</strong>richtungen (Universität, Altertumsvere<strong>in</strong>, Historische<br />
Kommission) gesucht, ohne dass die Übernahme und Er schlie -<br />
ßung von Beständen vernachlässigt werde. Das Münsteraner<br />
Stadtarchiv ist damit zu e<strong>in</strong>em „Zentrum städtischer Er<strong>in</strong>nerungskultur“<br />
geworden. – Der Schriftsteller Werner Wars<strong>in</strong>sky<br />
(1910-1992), ausgezeichnet mit dem ersten Europäischen Kulturpreis<br />
1953 für se<strong>in</strong>en Roman „Kimmerische Fahrt“, den u. a.<br />
Gottfried Benn und He<strong>in</strong>rich Böll gelobt haben, ist heute völlig<br />
<strong>in</strong> Vergessenheit geraten. Se<strong>in</strong> Nachlass gelangte 2001 <strong>in</strong>s Westfälische<br />
Literaturarchiv und wurde dort 2007 von Thomas Notthoff<br />
verzeichnet. Notthoff hofft, mit der Erschließung des Bestandes<br />
e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensivere Befassung mit dem weitgehend noch<br />
unveröffentlichten Werk zu <strong>in</strong>itiieren.<br />
Heft 69 ist dem 60. Westfälischen Archivtag gewidmet, der am 12.<br />
und 13. März 2008 <strong>in</strong> Iserlohn stattfand und zwei Generalthemen<br />
behandelte: die filmische Überlieferung und die historische<br />
Bildungsarbeit. In se<strong>in</strong>em Eröffnungsreferat warnt Peter Stettner,<br />
Dozent an der FH Hannover, vor der großen „Kraft und Fasz<strong>in</strong>ation<br />
von Filmbildern“. Auch wenn sie aus Dokumentarfilmen<br />
stammen, liefern sie ke<strong>in</strong> Abbild der historischen Realität. E<strong>in</strong><br />
quellenkritisches H<strong>in</strong>terfragen ist unerlässlich, um den Aussagewert<br />
richtig e<strong>in</strong>schätzen zu können. Daher s<strong>in</strong>d auch die entsprechenden<br />
Kontextmaterialien zu den Filmen (Aufträge, Treatments,<br />
Zensurkarten etc.) unbed<strong>in</strong>gt zu archivieren. Während<br />
Hans Hauptstock e<strong>in</strong>en Überblick über die regionalen Filmquellen<br />
beim WDR, über ihre Entstehung und Nutzung gibt, liefern<br />
Volker Jakob und Ralf Spr<strong>in</strong>ger vom LWL-Medienzentrum<br />
wichtige Informationen zum Erhalt von Filmen. Manfred Rasch<br />
zeigt anhand e<strong>in</strong>iger Beispiele, wie schwierig die Erschließung<br />
von (Industrie-)Filmen se<strong>in</strong> kann, wie f<strong>in</strong>dig man oft se<strong>in</strong> muss,<br />
um etwa das Entstehungsdatum e<strong>in</strong>es Films zu ermitteln. <strong>Archive</strong><br />
übernehmen nicht nur Filme, <strong>in</strong> seltenen Fällen produzieren sie<br />
diese auch selbst. Der Mendener Stadtarchivar Norbert Klauke<br />
hat seit 1992 das Stadtgeschehen per Videokamera festgehalten.<br />
Der Filmbestand, erschlossen mittels e<strong>in</strong>er Excel-Datei, ist zu<br />
e<strong>in</strong>er viel genutzten Dokumentation der stadtgeschichtlichen<br />
Ereignisse angewachsen, weshalb Klauke allen <strong>Archive</strong>n rät,<br />
se<strong>in</strong>em Beispiel zu folgen. Auch das Stadtarchiv Plettenberg<br />
wurde filmhistorisch aktiv. Es hatte 1997 Material e<strong>in</strong>es Amateurfilmers<br />
aus den 1930er Jahren erworben, zu dem auch Aufnahmen<br />
gehören, die anschauliche E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> den Alltag e<strong>in</strong>er<br />
Volksschule <strong>in</strong> der NS-Zeit vermitteln. Diese Filme bildeten die<br />
Ausgangsbasis für e<strong>in</strong>e DVD „Schule unterm Hakenkreuz“, die<br />
das LWL-Medienzentrum <strong>in</strong> enger Kooperation mit dem Stadtarchiv<br />
erstellt hat. Da die Filmsequenzen mit e<strong>in</strong>em kritischen<br />
Kommentar versehen s<strong>in</strong>d, der das Gezeigte historisch e<strong>in</strong>ordnet,<br />
fand die DVD bei vielen alten Plettenbergern ke<strong>in</strong>e positive<br />
Resonanz, trug sie doch dem Bedürfnis nach nostalgischer<br />
Er<strong>in</strong>nerung ke<strong>in</strong>e Rechnung. Sehr positiv h<strong>in</strong>gegen war die<br />
Aufnahme <strong>in</strong> der breiten Öffentlichkeit.<br />
Der Beitrag von Mart<strong>in</strong>a Wittkopp-Be<strong>in</strong>e leitet über zum zweiten<br />
Schwerpunktthema, der historischen Bildungsarbeit der Kommunalarchive.<br />
Stefan Schröder stellt die des Stadtarchivs Greven vor,<br />
die sich vor allem aus Ausstellungen, Publikationen und Archiv -<br />
führungen zusammensetzt, wobei besonders die Veranstaltungen<br />
für Grundschulk<strong>in</strong>der bemerkenswert s<strong>in</strong>d. Welche Quellen bei<br />
der Arbeit mit Schulklassen im Archiv oder bei Archivpräsentationen<br />
s<strong>in</strong>nvoll und nutzbr<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong>gesetzt werden können,<br />
demonstriert Wiltrud Fischer-Pache mit e<strong>in</strong>drucksvollen Beispielen<br />
aus dem Nürnberger Stadtarchiv.<br />
Das Thema wurde auf dem Archivtag <strong>in</strong> drei Arbeitssitzungen<br />
(Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler im Archiv; Praktika im Archiv;<br />
Historische Bildungsarbeit im Internet) vertieft, über die Roswi -<br />
tha L<strong>in</strong>k, Kathar<strong>in</strong>a Tiemann sowie Eckhard Möller und Andreas<br />
Ruppert berichten. Berichte aus der Praxis standen im Mittelpunkt<br />
der ersten Arbeitssitzung, die die Schwierigkeiten verdeutlichen,<br />
den außerschulischen Lernort Archiv zu etablieren.<br />
Vielfach fehlen bei den Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrern selbst die