ARCHIVAR 209 - Archive in Nordrhein-Westfalen
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heraus heute selbst vielfältige <strong>in</strong>ternationale Projekte. Die <strong>Archive</strong>s<br />
NZ s<strong>in</strong>d Mitglied im Internationalen Archivrat und stellen<br />
das Sekretariat der Pacific Regional Branch des ICA, welchem 19<br />
Pazifikstaaten angehören. Das Archiv engagiert sich vor allem mit<br />
konkreten Projekten <strong>in</strong> der Region. Beispielsweise unterstützte e<strong>in</strong><br />
kle<strong>in</strong>es Team von Archivaren Anfang 2007 auf Niue/Tuvalu im<br />
Pazifik Commonwealth das dortige Nationalarchiv bei der Be -<br />
seitigung jener Schäden, die der Zyklon Heta am 6. Januar 2004<br />
h<strong>in</strong>terlassen hatte. Im April des vergangenen Jahres besuchte e<strong>in</strong>e<br />
neuseeländische Archivar<strong>in</strong> zusammen mit e<strong>in</strong>em Vertreter der<br />
Deutschen Botschaft Well<strong>in</strong>gton den Inselstaat Samoa. Die Ge -<br />
s präche griffen e<strong>in</strong>e jahrzehntealte Idee auf, wonach die verstreuten<br />
Akten aus deutscher Kolonialzeit (Laufzeit 1900 – 1914) mit<br />
Hilfe <strong>in</strong>ternationaler F<strong>in</strong>anzierung verfilmt und/oder digitalisiert<br />
und zugänglich gemacht werden sollen. 1955 war mit der Überführung<br />
von Akten aus der neuseeländischen Verwaltungszeit<br />
Samoas auch deutsches Archivgut <strong>in</strong> die <strong>Archive</strong>s NZ gelangt,<br />
welches erschlossen vorliegt und auch über Mikrofilm im Bundesarchiv<br />
zugänglich ist. Die <strong>in</strong> Samoa verbliebenen Archivalien<br />
h<strong>in</strong>gegen bef<strong>in</strong>den sich sowohl im noch aufzubauenden Nationalarchiv,<br />
als auch nach wie vor <strong>in</strong> den betreffenden Behörden.<br />
Dort s<strong>in</strong>d sie teilweise e<strong>in</strong>er permanenten Nutzung ausgesetzt,<br />
wie beispielsweise auf Grund von aktuellen Landstreitigkeiten<br />
die E<strong>in</strong>zelfallakten der Land and Titles Commission. Die <strong>Archive</strong>s<br />
NZ s<strong>in</strong>d darüber h<strong>in</strong>aus Mitglied des Council of Australasian<br />
<strong>Archive</strong>s and Records Authorities (CAARA) und der Australasian<br />
Digital Recordkeep<strong>in</strong>g Initiative (ADRI). Bei der Entwicklung von<br />
Digitalisierungsstrategien setzt man sowohl auf Partnerschaften<br />
auf nationaler Ebene, hier mit der Nationalbibliothek National<br />
Library of New Zealand/Te Puna Matauranga o Aotearoa und<br />
dem Nationalmuseum/Te Papa Tongarewa. Auf <strong>in</strong>ternationaler<br />
Ebene ist v. a. der fachliche Austausch mit <strong>Archive</strong>n <strong>in</strong> Australien<br />
bedeutend. Als jüngstes geme<strong>in</strong>sames Arbeitsergebnis wurde der<br />
vom Internationalen Archivrat anerkannte dreiteilige Standard<br />
Pr<strong>in</strong>ciples and Functional Requirements for Records <strong>in</strong> Electronic<br />
Office Environments veröffentlicht. Das Modul 2: Guidel<strong>in</strong>es and<br />
Functional Requirements for Electronic Records Management<br />
Systems wurde unter der Federführung Neuseelands erarbeitet. 8<br />
DIE MAORI IM ARCHIVWESEN<br />
NEUSEELANDS<br />
Die aus Polynesien stammenden Maori waren die ersten Siedler,<br />
welche zwischen 800 und 1300 <strong>in</strong> Neuseeland/Aotearoa ankamen.<br />
In dem Bestreben, Rechte, Kultur und Sprache se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dogenen<br />
Bevölkerung als <strong>in</strong>tegralen Bestandteil der Geschichte und<br />
im Alltag zu fördern, hat Neuseeland 1987 Maori als offizielle<br />
Sprache anerkannt. Alle rechtlichen Beziehungen zwischen den<br />
Stämmen (iwi) bzw. Unterstämmen (hapu) und dem neuseeländischen<br />
Staat basieren auf dem bereits mehrfach erwähnten Vertrag<br />
von Waitangi, dessen Auslegung und die Anerkennung se<strong>in</strong>er<br />
Rechtsfolgen auch nach 169 Jahren noch nicht abgeschlossen ist.<br />
Wie beide Faktoren die Arbeit der <strong>Archive</strong> bee<strong>in</strong>flussen, soll<br />
abschließend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Diskurs umrissen werden. Obwohl die<br />
Sprache der Maori/te reo Maori Bestandteil alltäglicher Begriffe<br />
wie Ortsbezeichnungen oder Tier- und Pflanzennamen ist, wird<br />
diese heute nur von ca. 130.000 Neuseeländern beherrscht und<br />
nur <strong>in</strong> Familien, sowie auf Vor- und Grundschulen begrenzt,<br />
praktiziert. Der Maori Anteil macht mit ca. 633 000 Personen<br />
heute etwa 14 % der Gesamtbevölkerung aus. Ziel des Maori<br />
Language Act war <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie, diese Sprache vor dem Aussterben<br />
zu bewahren. Die Anerkennung der Sprache umfasst e<strong>in</strong>zig<br />
das Recht, te reo Maori vor Gericht zu benutzen zu können und<br />
bedeutet ke<strong>in</strong>esfalls e<strong>in</strong>e Verpflichtung zu e<strong>in</strong>er Zweisprachigkeit<br />
auf allen Ebenen. Im öffentlichen Ersche<strong>in</strong>ungsbild ist Maori<br />
daher oftmals nur <strong>in</strong> Organisations- und Funktionsbezeichnungen<br />
anzutreffen. Daneben s<strong>in</strong>d aber Riten und Gebräuche der<br />
Maori heute fester Bestandteil offizieller Anlässe. Besonders aus -<br />
führliche Begrüßungsrituale und Gesang s<strong>in</strong>d dabei e<strong>in</strong> wichtiger<br />
Bestandteil <strong>in</strong> der Kultur der Maori. So verfügen auch die <strong>Archive</strong>s<br />
NZ über e<strong>in</strong> eigenes waiata, e<strong>in</strong>e Art Hymne, die bei besonderen<br />
Anlässen geme<strong>in</strong>sam von den MitarbeiterInnen gesungen<br />
wird. Die Eröffnungszeremonie des <strong>Archive</strong>s New Zealand Auck -<br />
land Regional Office/Te Rua Mahara o Poutukeka im September<br />
2007 beispielsweise fand <strong>in</strong> Anwesenheit der Premierm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />
Helen Clark und von Repräsentanten der ortsansässigen Stämme<br />
Te Akitai und Ngati Te Ata hapu statt. E<strong>in</strong> sogenannter tohunga<br />
segnete das Gebäude. E<strong>in</strong> weiteres Beispiel für die Respektierung<br />
der Kultur der ersten Bewohner Neuseelands ist die Bereitstellung<br />
e<strong>in</strong>er Wasserschale vor dem E<strong>in</strong>gang zur Dauerausstellung<br />
im constitution room der Well<strong>in</strong>gtoner Dienststelle. Das Wasser<br />
soll der symbolischen Re<strong>in</strong>igung der Lebenden dienen, bevor<br />
diese über die Quellen <strong>in</strong> ehrfurchtsvollen Kontakt mit ihren<br />
Vorfahren treten. Se<strong>in</strong>e juristische Verankerung f<strong>in</strong>det auch dies<br />
im PRA. In Anerkennung der Verantwortung der Krone aus dem<br />
Vertrag von Waitangi sieht dieser u. a. vor, bei allen Angelegenheiten<br />
tikanga Maori angemessen zu berücksichtigen. Tikanga Maori<br />
steht u. a. für die Art und Weise, die Etikette und auch das<br />
tradierte Wissen der Maori. Sehr verallgeme<strong>in</strong>ernd heißt dies, den<br />
„Maori way of do<strong>in</strong>g th<strong>in</strong>gs“ <strong>in</strong> die tägliche Aufgabenerledigung<br />
zu <strong>in</strong>tegrieren. Laut PRA haben dem unabhängigen Archivrat<br />
m<strong>in</strong>destens zwei Personen anzugehören, die über tikanga Maori<br />
Wissen verfügen. Innerhalb der Organisation der <strong>Archive</strong>s NZ<br />
gibt es mit der Funktion des Kaihautu e<strong>in</strong>en verantwortlichen<br />
Ansprechpartner für tikanga Maori auf Leitungsebene. Mit e<strong>in</strong>em<br />
kle<strong>in</strong>en Team ist dieser <strong>in</strong>nerhalb der eigenen Dienststelle vor<br />
allem beratend tätig. Ihm werden sowohl Strategiedokumente als<br />
auch Arbeitspläne e<strong>in</strong>zelner Referate zur Kenntnis gegeben.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus agiert der Kaihautu auch <strong>in</strong>itiierend. Im Rah -<br />
men e<strong>in</strong>es aktuellen Digitalisierungsprojektes brachte man<br />
erfolgreich ArchivmitarbeiterInnen und Volontäre <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den<br />
für e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same CD Edition von Quellen des<br />
Ta<strong>in</strong>ui iwi zusammen. E<strong>in</strong>e jüngst durchgeführte Umfrage bei<br />
den Maori-Geme<strong>in</strong>den vor Ort hatte das Ziel, das NRAM sowie<br />
das Dienst leis tungs angebot der <strong>Archive</strong>s NZ bekannt zu machen<br />
und die konkreten Bedürfnisse vor Ort herauszuf<strong>in</strong>den. Die<br />
Auswertung der Fragebögen zeigte, dass die Kommunen beim<br />
Aufbau ihrer <strong>Archive</strong> v. a. Beratung und Unterstützung <strong>in</strong> konservatorischen<br />
Fragen suchen und zudem erheblichen Fortbildungsbedarf<br />
signalisieren. 198 der ursprünglich 270 versandten Fragebögen<br />
waren ausgefüllt zurückgereicht worden. Damit lag die<br />
Umfragebeteiligung überdurchschnittlich hoch. Nicht zuletzt<br />
können die gesammelten Informationen helfen, weitere E<strong>in</strong>richtungen<br />
als Aufbewahrungsorte von Überlieferungen mit schützenswertem<br />
Charakter aufzuspüren und als <strong>Archive</strong> öffentlichen<br />
Interesses anzuerkennen. Solche, im PRA verankerten Anerkennungen,<br />
kann der M<strong>in</strong>ister auf Empfehlung des Archivrates,<br />
7 http://cont<strong>in</strong>uum.archives.govt.nz/.<br />
8 www.ica.org.<br />
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<strong>ARCHIVAR</strong> 62. Jahrgang Heft 02 Mai 2009