ARCHIVAR 209 - Archive in Nordrhein-Westfalen
ARCHIVAR 209 - Archive in Nordrhein-Westfalen
ARCHIVAR 209 - Archive in Nordrhein-Westfalen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
18. „INTERNATIONAL ARCHIVAL<br />
DAY“ DES IIAS<br />
Vom 20. bis 21. November 2008 fanden sich <strong>in</strong> Triest zum 18.<br />
Archivtag des „International Institute for Archival Science of<br />
Trieste and Maribor“ (IIAS) über 200 Archivar<strong>in</strong>nen und Archivare<br />
aus dem gesamten europäischen Raum e<strong>in</strong>. Auch Teilnehmer<br />
bzw. Referenten aus Übersee waren <strong>in</strong> gewohnter Weise anwesend.<br />
Dem derzeitigen Sitz des IIAS <strong>in</strong> Triest und se<strong>in</strong>en (slowenischen<br />
bzw. ehemals jugoslawischen) Anfängen entsprechend, kam<br />
die Mehrzahl der Besucher des Treffens jedoch aus Italien, Slowenien<br />
und den angrenzenden Staaten Ostmitteleuropas.<br />
Das 1985 als „Centre for Technical and Professional Problems <strong>in</strong><br />
<strong>Archive</strong>s“ unter Federführung des damaligen Direktors des<br />
Regionalarchivs von Maribor/Marburg, Dr. Peter Pavel Klas<strong>in</strong>c,<br />
gegründete IIAS öffnete sich von Beg<strong>in</strong>n an für den <strong>in</strong>ternationalen<br />
archivischen Fachaustausch, namentlich im Bereich der<br />
Archivtechnik und im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e Professionalisierung des<br />
Archivwesens im östlichen Mitteleuropa. Seit 1991 ersche<strong>in</strong>t<br />
jährlich die Zeitschrift „Atlanti“ („Review for modern archival<br />
theory and practice“), die im wesentlichen die Beiträge der<br />
Archivtage enthält. Diese s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong> der jeweiligen<br />
Muttersprache des Referenten gehalten, wobei aber durchgehend<br />
englische Zusammenfassungen geboten werden bzw. zahlreiche<br />
Beiträge unabhängig von der Herkunft des Referenten <strong>in</strong> englischer<br />
Sprache abgedruckt werden. Auch Band 18 von „Atlanti“<br />
umfasst auf über 400 Seiten im Wesentlichen die Druckfassungen<br />
der Referate der Triester Tagung. Seit dem Jahr 2005 hat das IIAS<br />
se<strong>in</strong>en Sitz im Staatsarchiv Triest. Gegenwärtig gehören dem IIAS<br />
als Institutsmitglieder Archivare aus 18 Staaten an.<br />
Der „International Archival Day“ wurde durch mehrere Berichte<br />
aus der Arbeit des IIAS eröffnet. Das Institut verfügt jetzt über<br />
e<strong>in</strong>e neuen, ansprechend gestalteten Webauftritt (www.iiastrieste-maribor.eu),<br />
der auch über die anderweitigen Aktivitäten<br />
des IIAS berichtet (z. B. e<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationales Onl<strong>in</strong>e-Wörterbuch<br />
zur Archivterm<strong>in</strong>ologie). Im Jahr 2008 zum zweiten Mal abgehalten<br />
wurde e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>wöchige „Archivschule“, e<strong>in</strong>e Fortbildungsveranstaltung<br />
für junge Kollegen, die hauptsächlich die Themen des<br />
Archivtags vertiefte.<br />
Die knapp 40 Referate des eigentlichen Archivtags behandelten <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er ersten Sektion das Thema der (im weitesten S<strong>in</strong>n) Sicherheit,<br />
während anschließend <strong>in</strong> der zweiten Sektion Fragen der<br />
Bewertung und der archivischen Öffentlichkeitsarbeit im Blickpunkt<br />
standen.<br />
Die der Sicherheitsthematik gewidmeten Vorträge zeigten, dass<br />
archivbauliche Fragen und Probleme naturgemäß <strong>in</strong> vielen<br />
Staaten e<strong>in</strong> „Dauerbrenner“ s<strong>in</strong>d; die aus teils leidvoller Erfahrung<br />
(z. B. <strong>in</strong> den jugoslawischen Nachfolgestaaten) erkannte<br />
Bedeutung e<strong>in</strong>er geeigneten ergänzenden Notfallplanung – etwa<br />
durch Notfallpläne und Katastrophenvorsorge – wurde ebenfalls<br />
175<br />
hervorgehoben. Des Weiteren wurden Aspekte der (Sicherungs-)<br />
Digitalisierung thematisiert sowie auch Fragen der Langzeitarchivierung<br />
elektronischer Akten aufgeworfen. In diesem Zusammenhang<br />
sei lediglich darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass <strong>in</strong> Polen im Frühjahr<br />
2008 e<strong>in</strong> eigenes „Nationales Digitales Archiv“ e<strong>in</strong>gerichtet<br />
wurde; dieses steht seitdem eigenständig neben den beiden<br />
weiteren polnischen Zentralarchiven.<br />
Von den Referaten mit Bezug auf die archivische Außenwirkung<br />
und „Kundenorientierung“ sollen an dieser Stelle die Statements<br />
aus Österreich (Steiermärkisches Landesarchiv) bzw. Kroatien<br />
(Kroatisches Staatsarchiv) hervorgehoben werden: Elisabeth<br />
Schöggl-Ernst (Graz) erläuterte die beachtlichen Konzepte des<br />
Steiermärkischen Landesarchivs, durch öffentlichkeitswirksame<br />
Aktivitäten sowie vor allem durch e<strong>in</strong>e verbesserte Erschließung<br />
(<strong>in</strong>klusive Digitalisierung und „digitalem Lesesaal“) se<strong>in</strong>e Serviceleistungen<br />
für die Benutzer zu verbessern. Vlatka Lemic stellte<br />
das gesamtkroatische Archivportal und Informationssystem<br />
„ARHiNET“ vor, <strong>in</strong> dem derzeit knapp 14.000 Archivfonds<br />
nachgewiesen werden; der Zugriff auf über 4.000 F<strong>in</strong>dmittel ist<br />
onl<strong>in</strong>e möglich. Das System unterstützt auch die Prozesse der<br />
Bewertung und Aussonderung von Archivgut.<br />
Fragen der Bewertung und Aussonderung wurden <strong>in</strong>nerhalb<br />
e<strong>in</strong>es weiten geographischen Rahmens (von Kanada und den<br />
USA über das östliche Europa bis h<strong>in</strong> zu Israel) behandelt. Nicht<br />
wenige dieser Vorträge verdienen sicherlich e<strong>in</strong>e vergleichende<br />
Lektüre, eröffnen sie doch <strong>in</strong>teressante E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> die <strong>in</strong>ternationale<br />
Praxis.<br />
Mehrere Vorträge von Teilnehmern der „Archivschule“ beschlossen<br />
den Archivtag des IIAS, der von e<strong>in</strong>er Ausstellungseröffnung<br />
im Triester Staatsarchiv sowie <strong>in</strong>ternen Arbeitssitzungen der<br />
Institutsmitglieder flankiert wurde.<br />
Der „International Archival Day“ zählt zweifellos zu den bedeutenderen<br />
europäischen Archivkongressen. Dem Besucher aus dem<br />
deutschen Sprachraum bietet er <strong>in</strong>sbesondere auch die Möglichkeit,<br />
sich kompakt über aktuelle Arbeitsergebnisse und Probleme<br />
der Kollegen v. a. <strong>in</strong> den ostmitteleuropäischen Nachbarstaaten zu<br />
<strong>in</strong>formieren. Es sei noch angemerkt, dass aufgrund der straffen<br />
Tagungslenkung das Programm ohne größere Verzögerungen<br />
durchgezogen werden konnte. Jedoch sollte nach Me<strong>in</strong>ung des Vf.<br />
für den nächstjährigen Archivtag, der wiederum <strong>in</strong> Triest stattf<strong>in</strong>den<br />
wird, e<strong>in</strong>e stärkere Akzentuierung auch auf die Diskussion<br />
der Beiträge gelegt werden – diese abschließende Bemerkung ist<br />
freilich nur als Randnotiz zu verstehen und ändert nichts am<br />
guten und sehr professionellen Gesamte<strong>in</strong>druck des Archivtags<br />
des IIAS.<br />
Joachim Kemper, München<br />
<strong>ARCHIVAR</strong> 62. Jahrgang Heft 02 Mai 2009