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ARCHIVAR 209 - Archive in Nordrhein-Westfalen

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NEUE BESEN KEHREN GUT<br />

DIE ERFOLGREICHE INTEGRATION<br />

DER FACHANGESTELLTEN FÜR<br />

MEDIEN- UND INFORMATIONS -<br />

DIENSTE IN DIE ARCHIVLANDSCHAFT<br />

NORDRHEIN-WESTFALENS. EINE<br />

EMPIRISCHE STUDIE<br />

E<strong>in</strong>leitung<br />

Über die beruflichen Perspektiven der Fachangestellten für<br />

Medien- und Informationsdienste (FAMIs) der Fachrichtung<br />

Archiv liegen bislang ke<strong>in</strong>e empirischen Untersuchungen vor.<br />

Zehn Jahre nach Schaffung des Ausbildungsberufs ist es daher an<br />

der Zeit, e<strong>in</strong>e Zwischenbilanz zu ziehen. Wie stets bei neuen<br />

Berufen bzw. bei der <strong>in</strong>haltlichen Umgestaltung bestehender<br />

Berufsbilder stellt sich die Frage nach den Chancen der Absolventen<br />

auf dem ersten Arbeitsmarkt. Manchmal kann der Arbeitsmarkt<br />

auch zukunftsfähig ersche<strong>in</strong>ende Berufsbilder bereits nach<br />

wenigen Jahren nicht mehr aufnehmen (z. B. e<strong>in</strong>ige der sog. IT-<br />

Berufe). Im Folgenden wird anhand empirischer Daten aus<br />

Nordrhe<strong>in</strong>-<strong>Westfalen</strong> untersucht, welche Entwicklungen der<br />

Arbeitsmarkt für die bisherigen Absolventen der Fachrichtung<br />

Archiv seit dem ersten Abschluss im Jahr 2001 gemacht hat und<br />

<strong>in</strong>wieweit sich der neue Beruf im Archivwesen etabliert hat.<br />

Studiendesign<br />

Im Jahr 1998 wurde der Ausbildungsberuf Fachangestellte(r) für<br />

Medien- und Informationsdienste neu geschaffen. Er löste e<strong>in</strong>ige<br />

bereits bestehende Ausbildungsberufe ab und schuf zugleich die<br />

Basis für neue, fachspezifisch qualifizierte Berufsbilder. In e<strong>in</strong>er<br />

Studie des Bundes<strong>in</strong>stituts für Berufsbildung (BIBB) aus dem<br />

Jahr 1992 heißt es zur Ausbildungssituation der nach Nach-<br />

Wende-Zeit: „Für die Fachangestellten des Bibliothekswesens<br />

wurde 1975 auf der Grundlage des BBiG die Ausbildungsordnung<br />

für den/die Assistenten/-<strong>in</strong> an Bibliotheken erlassen. Die ehemalige<br />

DDR hatte bereits 1970 den ‚Bibliotheksfacharbeiter’ e<strong>in</strong>geführt.<br />

Das Dokumentationswesen und se<strong>in</strong>e Professionalisierung<br />

nahm <strong>in</strong> den alten Bundesländern e<strong>in</strong>e von der Deutschen<br />

Gesellschaft für Dokumentation (DGD) sowie vom Vere<strong>in</strong> Deutscher<br />

Dokumentare (VDD) geprägte Sonderentwicklung. Sie hat<br />

sich weitgehend unabhängig von staatlicher E<strong>in</strong>flussnahme und<br />

außerhalb des staatlichen Verantwortungsbereiches vollzogen.<br />

1967 wurde e<strong>in</strong>e Berufsregelung für Dokumentationsassistenten/<br />

-<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>geführt. Bis heute absolvieren Dokumentationsassis -<br />

tenten/-<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>e Berufsausbildung und e<strong>in</strong>e Abschlussprüfung<br />

auf der Grundlage e<strong>in</strong>er von der DGD geschaffenen Ausbildungsund<br />

Prüfungsordnung. Im Archivwesen hat Bayern als e<strong>in</strong>ziges<br />

161<br />

Bundesland 1973 für den mittleren Archivdienst die Beamtenlaufbahn<br />

des Archivassistenten e<strong>in</strong>geführt. Ansonsten hatte im<br />

Archivbereich nur die frühere DDR e<strong>in</strong>en Beruf für Fachangestellte<br />

aufzuweisen, nämlich den 1962 e<strong>in</strong>geführten Facharbeiterberuf<br />

des Archivassistenten.“ 1<br />

In NRW bestand somit bis zu den ersten FAMI-E<strong>in</strong>stellungen ab<br />

2001 ke<strong>in</strong>e archivfachlich qualifizierte mittlere Mitarbeiterebene<br />

an den <strong>Archive</strong>n. Die oben zitierte Studie des BIBB unterscheidet<br />

folgende Ebenen der Beschäftigten an <strong>Archive</strong>n:<br />

• Fachpersonal (Wissenschaftlicher Archivar des höheren Dienstes,<br />

Archivar des gehobenen Dienstes),<br />

• Technisches Personal (Magaz<strong>in</strong>personal, Restaurator, Buchb<strong>in</strong>der,<br />

Fotograf),<br />

• Verwaltungspersonal,<br />

• sonstiges Personal (Hausmeister, Pförtner, Bote usw.).<br />

Gleichwohl war seit den 1980er Jahren e<strong>in</strong> Bedarf nach qualifiziertem<br />

Personal auf der mittleren Ebene festgestellt worden, im<br />

Bereich der <strong>Archive</strong> wurde dies u. a. vom Vorsitzenden des Verbands<br />

der Archivare (VdA) formuliert. 2 Die vor allem nach der<br />

Vere<strong>in</strong>igung der beiden Staaten geführte Diskussion mündete<br />

schließlich 1998 <strong>in</strong> die Schaffung der neuen Berufsausbildung<br />

Fachangestellte(r) für Medien- und Informationsdienste, die die<br />

Fachbereiche Archiv, Bibliothek, Bildagentur, Information und<br />

Dokumentation, Mediz<strong>in</strong>ische Dokumentation umfasst.<br />

Schon im Vorfeld der E<strong>in</strong>richtung des neuen Ausbildungsberufs<br />

wurde kontrovers darüber diskutiert, ob die <strong>Archive</strong> das ausgebildete<br />

Fachpersonal auch beschäftigen würden. Dass e<strong>in</strong> Bedarf<br />

vorhanden war, war weitgehend unstreitig; <strong>in</strong> Anbetracht der<br />

meist schlechten f<strong>in</strong>anziellen und personellen Ausstattung vor<br />

allem der kle<strong>in</strong>en <strong>Archive</strong>, z. B. im Bereich der Kommunen,<br />

wurden jedoch sowohl e<strong>in</strong> Verdrängungswettbewerb „von unten<br />

nach oben“ als auch e<strong>in</strong> Anstieg der Personalkosten befürchtet.<br />

Dass zusätzliches Personal bei den <strong>Archive</strong>n e<strong>in</strong>gestellt würde,<br />

war wegen der F<strong>in</strong>anzlage der öffentlichen Hand eher unwahrsche<strong>in</strong>lich.<br />

So wurde e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>e Verdrängung nicht fachspezifisch<br />

qualifizierter Mitarbeiter aus den <strong>Archive</strong>n erwartet, was<br />

die Qualität der Arbeit erhöhen, gleichzeitig jedoch tendenziell<br />

zu e<strong>in</strong>em Anstieg der Personalkosten der <strong>Archive</strong> führen würde.<br />

1 Wilhelm Doer<strong>in</strong>g/Günter Dettweiler: Berufsausbildung für Fachangestellte an<br />

<strong>Archive</strong>n, Bibliotheken, Bildagenturen und Bildstellen sowie Dokumentationsstellen.<br />

Schlussbericht e<strong>in</strong>es Forschungsprojektes. Berl<strong>in</strong> 1992 (BIBB: Wissenschaftliche<br />

Diskussionspapiere, H. 8); hier: Vorwort; Internetressource (mit<br />

zahlreichen vmtl. beim E<strong>in</strong>scannen unter Verwendung von Texterkennungs-<br />

Software entstandenen Fehlern): http://www.bibb.de/dokumente/pdf/<br />

wd_8_berufsausbildung_fuer_fachangestellte.pdf.<br />

2 Vgl. z. B. Hermann Rumschöttel: Zur Aus- und Weiterbildung der Archivare<br />

<strong>in</strong> der Bundesrepublik Deutschland. In: Aus der Arbeit der <strong>Archive</strong>. Beiträge<br />

zum Archivwesen, zur Quellenkunde und zur Geschichte. Festschrift für<br />

Hans Booms. Hg.: Friedrich P. Kahlenberg. Boppard 1989. (Schriften des Bundesarchivs,<br />

36), S. 187 ff.<br />

<strong>ARCHIVAR</strong> 62. Jahrgang Heft 02 Mai 2009

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