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ARCHIVAR 209 - Archive in Nordrhein-Westfalen

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Die angestrebte Überlieferung wurde auf diese Weise <strong>in</strong> folgende<br />

Dokumentationsbereiche e<strong>in</strong>geteilt:<br />

1. Die Institution Universität (mit allen organisatorischen, rechtlichen,<br />

personellen und <strong>in</strong>frastrukturellen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

sowie Planungen und Außenkontakten)<br />

2. Forschung und Lehre als Kernaufgaben (mit Prüfungswesen<br />

und Titelvergabe)<br />

3. Organisationen der Studierenden<br />

4. Nachlässe (hauptsächlich von Professor<strong>in</strong>nen und Professoren)<br />

5. Sonstige Sammlungen (mit Bildern, dreidimensionalen Objekten,<br />

Tondokumenten, Filmen, Selbstdarstellung und Medienecho<br />

sowie zum akademischen, kulturellen und sportlichen<br />

Leben)<br />

Das Dokumentationsprofil befasst sich damit hauptsächlich mit<br />

e<strong>in</strong>er übergeordneten Ebene der Überlieferungsbildung. Im<br />

Arbeitsalltag ist es deshalb auf den E<strong>in</strong>zelfall herunterzubrechen.<br />

Detaillierte Äußerungen erfolgten nur bei Aktengruppen, die e<strong>in</strong>e<br />

hohe universitätsübergreifende Ähnlichkeit aufweisen, wie z. B.<br />

Personalakten. Das Dokumentationsprofil versteht sich gleichwohl<br />

auch hier als Handreichung, nicht als Vorschrift, und es ist<br />

an vielen Stellen offen für <strong>in</strong>dividuelle Lösungen.<br />

Bei se<strong>in</strong>er Erarbeitung wurde davon ausgegangen, dass Schriftgut<br />

zu bewerten ist, welches nach 1945/49 <strong>in</strong> wissenschaftlichen<br />

Hochschulen der Bundesrepublik entstanden ist. Damit konnte<br />

darauf verzichtet werden, die bisweilen anders gelagerten Überlegungen<br />

im Bereich von Altbeständen und <strong>in</strong>sbesondere der Über -<br />

lieferung aus der NS-Zeit ständig <strong>in</strong> Form von H<strong>in</strong>weisen auf<br />

Ausnahmen mit e<strong>in</strong>zubeziehen. Aus arbeitsökonomischen Gründen<br />

wurde von e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>beziehung der Stundentenwerke und der<br />

Universitätskl<strong>in</strong>ika abgesehen, bei denen sich besondere juristische<br />

und <strong>in</strong>haltliche Probleme ergeben. Auch auf e<strong>in</strong>e allzu tief -<br />

gehende Empfehlung zum Bereich der Nachlässe wurde ver -<br />

zichtet, weil hier – so wünschenswert sie wäre – aufgrund der<br />

Komplexität dieser Materie ke<strong>in</strong>e schnellen und e<strong>in</strong>deutigen<br />

Ergebnisse zu erwarten s<strong>in</strong>d. Da <strong>in</strong> der Arbeitsgruppe ke<strong>in</strong> Ver -<br />

treter e<strong>in</strong>es ostdeutschen Universitätsarchivs mitarbeitete, konnten<br />

schließlich auch spezifische Überlieferungen von DDR-<br />

Hochschulen nicht berücksichtigt werden – deren E<strong>in</strong>beziehung<br />

damit e<strong>in</strong> Desiderat bleibt.<br />

ÜBERLIEFERUNGSDICHTE<br />

Den Überlieferungs<strong>in</strong>halten wurde jeweils e<strong>in</strong>e von vier Kategorien<br />

zugeordnet: Vollarchivierung aller dazu jeweils vorhandenen<br />

Unterlagen (1), Teilarchivierung – schematische Auswahl (2),<br />

Teilarchivierung – <strong>in</strong>haltliche Auswahl (3) und schließlich Totalkassation<br />

(4). Diese Kategorisierung be<strong>in</strong>haltet neben der eigentlichen<br />

Bewertungsempfehlung auch e<strong>in</strong>e Priorisierung des Aufwands,<br />

der im jeweiligen Bereich getrieben werden soll oder<br />

kann. Da Unterlagen aus der Kategorie 1 unbed<strong>in</strong>gt zu übernehmen<br />

bzw. erwerben s<strong>in</strong>d, ist hierfür auch e<strong>in</strong> größerer Anteil an<br />

Arbeitszeit zu <strong>in</strong>vestieren – <strong>in</strong>sbesondere wenn bei den abgebenden<br />

Stellen Widerstände zu beobachten s<strong>in</strong>d, die e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive<br />

Überzeugungsarbeit notwendig machen. Sollte im Bereich der<br />

Kategorie 1 (durch welche Umstände auch immer) e<strong>in</strong> Überlieferungsverlust<br />

e<strong>in</strong>getreten se<strong>in</strong>, ist hier auch die Bildung e<strong>in</strong>er<br />

Ersatzüberlieferung anzustreben.<br />

Bei den Kategorien 2 und 3 – beides Bereiche e<strong>in</strong>er begrenzten<br />

Auswahl – wird dies nicht oder nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gerem Umfang<br />

an gestrebt. Aus diesen Kategorien sollte nicht nur quantitativ<br />

133<br />

weniger Material <strong>in</strong> das Archiv gelangen, es soll auch weniger<br />

Arbeitszeit dafür aufgewendet werden. Im Zweifel kann e<strong>in</strong>e<br />

lückenhafte Überlieferung <strong>in</strong> Kauf genommen werden, so dass<br />

sich der Universitätsarchivar nicht <strong>in</strong> endlosen Kämpfen um<br />

Übernahmen auch noch aus der letzten Registratur verzetteln<br />

muss. Dah<strong>in</strong>ter stehen (abgesehen davon, dass dies mangels Per -<br />

sonal ohneh<strong>in</strong> nicht möglich wäre) zwei Überlegungen: Erstens<br />

werden alle wesentlichen E<strong>in</strong>zelfälle, Entwicklungen und Entscheidungen<br />

über Unterlagen der Kategorie 1 nachvollziehbar<br />

gehalten, wenigstens <strong>in</strong> ihren Grundzügen. Vollkommen „bl<strong>in</strong>de<br />

Flecken“ s<strong>in</strong>d demnach nicht zu befürchten, sofern diese Kern -<br />

überlieferung übernommen werden kann. Und zweitens geht es<br />

bei der Auswahlarchivierung häufig nur um typische („repräsen-<br />

1 Dokumentationsziele und Aspekte der Bewertung <strong>in</strong> Hochschularchiven und<br />

<strong>Archive</strong>n wissenschaftlicher Institutionen. Beiträge zur Frühjahrstagung der<br />

Fachgruppe 8 – Archivare an Hochschularchiven und <strong>Archive</strong>n wissenschaftlicher<br />

Institutionen – des Verbandes deutscher Archivar<strong>in</strong>nen und Archivare<br />

am 23. und 24. März 2006 an der Universität des Saarlandes <strong>in</strong> Saarbrücken<br />

(= Universität des Saarlandes. Universitätsreden. Bd. 73). Saarbrücken 2007. Siehe<br />

auch Müller, Wolfgang: Frühjahrstagungen der Fachgruppe 8 im VDA 2005-<br />

2008. In: Archivar 61 (2008), S. 326-328.<br />

2 Bestehend aus Thomas Becker (UA Bonn), Werner Moritz (UA Heidelberg),<br />

Wolfgang Müller (UA Saarbrücken), Klaus Nippert (UA Karlsruhe), Max<br />

Plass mann (UA Düsseldorf). Verschiedene Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen haben<br />

darüber h<strong>in</strong>aus Anregungen zu E<strong>in</strong>zelaspekten gegeben, u. a. im Zuge der Diskussionen<br />

auf den Tagungen der Fachgruppe 8 und im Arbeitskreis Bewertung<br />

des VdA.<br />

3 Der Arbeitsgruppe war bewusst, dass der Begriff des Dokumentationsprofils<br />

– hier verstanden als e<strong>in</strong>e Bewertung und Sammlung umfassende Zieldef<strong>in</strong>ition<br />

der Überlieferungsbildung <strong>in</strong>sgesamt – bereits früher <strong>in</strong> der Bewertungsdiskussion<br />

genutzt wurde und dabei auf e<strong>in</strong>e überwiegende Ablehnung stieß.<br />

Diese bezog sich allerd<strong>in</strong>gs hauptsächlich auf das von Hans Booms vorgeschlagene<br />

Verfahren zur Erstellung e<strong>in</strong>es Dokumentationsprofils. Erst <strong>in</strong> den 1990er<br />

Jahren, als zeitweilig formalistische Ansätze <strong>in</strong> der Bewertungsdiskussion die<br />

Überhand gewannen, wurde auch die Vorstellung, <strong>in</strong>haltliche Ziele zu def<strong>in</strong>ieren,<br />

grundsätzlich zurückgewiesen. In jüngerer Zeit werden jedoch wieder<br />

<strong>in</strong>haltliche und formale Kriterien der bei der Überlieferungsbildung gleichermaßen<br />

berücksichtigt. Es gibt also ke<strong>in</strong>en Grund, den Begriff des Dokumentationsprofils<br />

aus Pr<strong>in</strong>zip abzulehnen, obgleich auch umgekehrt – jedenfalls<br />

für die Arbeitsgruppe – gilt, dass er durchaus durch e<strong>in</strong>en besseren ersetzt werden<br />

könnte, wenn er sich denn <strong>in</strong> der Diskussion durchsetzen würde. Vgl. auch<br />

die Positionen des Arbeitskreises Archivische Bewertung im VdA – Verband<br />

deutscher Archivar<strong>in</strong>nen und Archivare zur archivischen Überlieferungsbildung<br />

vom 15. Oktober 2004. In: Der Archivar 58 (2005), S. 91-94.<br />

4 Nachweise dazu f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> der Druckfassung des Dokumentationsprofils:<br />

Dokumentationsprofil für <strong>Archive</strong> wissenschaftlicher Hochschulen. E<strong>in</strong>e<br />

Handreichung von Thomas Becker, Werner Moritz, Wolfgang Müller, Klaus<br />

Nippert und Max Plassmann. Saarbrücken 2009. - Vgl. nur zuletzt Becker, Thomas:<br />

Archivische Bewertung der Unterlagen <strong>in</strong> Universitätsarchiven und anderen<br />

öffentlichen <strong>Archive</strong>n. In: Kretzschmar, Robert/ Rehm, Clemens/ Pilger,<br />

Andreas (Hrsg.): 1968 und die Anti-Atomkraft-Bewegung der 1970er-Jahre:<br />

Überlieferungsbildung und Forschung im Dialog (= Werkhefte der Staatlichen<br />

Archivverwaltung Baden-Württemberg. Serie A. Bd. 21). Stuttgart 2008, S. 75-<br />

85; Plassmann, Max: Spartenübergreifende Überlieferungsbildung am Beispiel<br />

der Mediz<strong>in</strong>ischen Akademie Düsseldorf im Nationalsozialismus. In: Tagungsband<br />

Kolloquium „1933“ – Hochschularchive und die Erforschung des<br />

Nationalsozialismus, Universitätsarchiv Köln, 8.4.2008 [im Druck].<br />

5 H<strong>in</strong>zu kommt <strong>in</strong> den meisten Universitäten das Fehlen geordneter Schriftgut -<br />

strukturen. Zumeist fehlen Aktenpläne, oder sie f<strong>in</strong>den nur auf Teilbereiche<br />

Anwendung. Da die Verhältnisse und die Verwaltungsgebräuche zwischen den<br />

Universitäten nur bed<strong>in</strong>gt vergleichbar s<strong>in</strong>d, wäre die Nennung konkreter Aktenzeichen<br />

oder konkreter Provenienzstellen, von denen bestimmte Unterlagen<br />

zu übernehmen s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> der universitätsübergreifenden Diskussion zumeist<br />

nicht möglich. Daher muss e<strong>in</strong> Universitäts-Dokumentationsprofil zwangsläufig<br />

vom Inhalt der Unterlagen ausgehen. Vgl. Moritz, Werner: Moderieren <strong>in</strong><br />

der Nische. Zur Situation der Universitätsarchive <strong>in</strong> den „alten Bundesländern“.<br />

In: Ders.: Kle<strong>in</strong>e Schriften. Herausgegeben von Sab<strong>in</strong>e Happ und Klaus Nippert.<br />

Heidelberg 2007, S. 215-228; Speck, Dieter: Universitätsarchive. Klassische<br />

Behördenarchive oder varia mixta obscura? In: Das Archivwesen im 20. Jahrhundert.<br />

Bilanz und Perspektiven. Vorträge des 60. Südwestdeutschen Archivtags<br />

am 3. Juni 2000 <strong>in</strong> Aalen. Stuttgart 2002, S. 111-122; Brübach, Nils / Murk,<br />

Karl (Hrsg.): Zur Lage der Universitätsarchive <strong>in</strong> Deutschland. Beiträge e<strong>in</strong>es<br />

Symposiums (= Veröffentlichungen der Archivschule Marburg. Nr. 37). Marburg<br />

2003; Meuthen, Erich: Zur archivischen Situation <strong>in</strong> den Hochschulen<br />

des Landes Nordrhe<strong>in</strong>-<strong>Westfalen</strong>. In: Der Archivar 51 (1998), Sp. 439-446.<br />

<strong>ARCHIVAR</strong> 62. Jahrgang Heft 02 Mai 2009

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