Sächsisches Archivblatt 1-2012 - Archivwesen - Freistaat Sachsen
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Schillerverein zu Leipzig – Stadtarchiv Leipzig<br />
bewahrt Vereinsnachlass<br />
Schillerhaus, Schillerweg, Schillerdenkmal und<br />
Schillerstraße sind allgegenwärtige Bestandteile<br />
des Leipziger Stadtbildes. Ihre Existenz bis<br />
auf den heutigen Tag ist das Resultat der sich<br />
seit der Vormärzzeit in Leipzig entwickelnden<br />
Erinnerungskultur an Friedrich Schiller, an seine<br />
Werke und vom Freiheits- und Einheitsgedanken<br />
getragenen Ideen. Maßgeblicher<br />
Initiator dieser Leipziger Erinnerungskultur<br />
war der Wegbereiter der deutschen Revolution<br />
von 1848/49 Robert Blum. Auf seine Anregung<br />
schloss man sich in Leipzig seit 1840<br />
mit jährlichen Schillerfesten an die in ganz<br />
Deutschland entwickelte Tradition der Ehrung<br />
des Nationaldichters an. Ein positiver Verlauf<br />
der Leipziger Feierlichkeiten, der herrschende<br />
Zeitgeist sowie die Aktivitäten des Festkomitees<br />
um Robert Blum führten am 24. Oktober<br />
1842 zur Gründung des Schillervereins zu<br />
Leipzig. Der im Stadtarchiv Leipzig erschlossene<br />
Vereinsnachlass birgt interessante Quellen<br />
zur Vereinsgeschichte mit sehr unterschiedlichen<br />
Facetten, die von zahlreichen Aktivitäten<br />
zur Erinnerung an Schiller und seine<br />
Werke, über Bildungsarbeit vielfältigster Art<br />
bis hin zur politischen Instrumentalisierung<br />
der Schillerverehrung in den verschiedenen<br />
gesellschaftlichen Systemen reichen.<br />
Den Schwerpunkt des Vereinsnachlasses (3,18 m)<br />
bilden die Akten zur allgemeinen Dokumentation<br />
der Vereinstätigkeit. Sie umfassen eine<br />
Laufzeit von 1840 bis 1948 und reichen somit<br />
inhaltlich von der ersten Leipziger Schillerfeier<br />
bis zur Löschung des Schillervereins aus dem<br />
Vereinsregister des Amtsgerichts Leipzig in<br />
der Sowjetischen Besatzungszone. Protokolle<br />
und Berichte von Generalversammlungen und<br />
Vorstandssitzungen, Rundschreiben und Statutenänderungen<br />
zeugen hauptsächlich von<br />
vereinsinternen Angelegenheiten. Korrespondenzen<br />
mit Vertretern der Stadtverwaltung,<br />
Verlegern und Buchhändlern geben interessante<br />
Einblicke in öffentlichkeitswirksame<br />
Belange. Die Schriftwechsel mit Künstlern, so<br />
z. B. mit dem Kapellmeister Albert Lortzing,<br />
Programmdiskussionen sowie Ankündigungen<br />
und Berichte über die Schillerfeiern zeugen<br />
von einem großen Organisationsaufwand und<br />
intensiver Vereinsarbeit. Texte von Festreden,<br />
zahlreiche Tafellieder und Gedichte, u. a. zur<br />
Huldigung Friedrich Schillers, geben Einblick<br />
in die Festkultur ihrer Zeit.<br />
Das Mitgliedswesen des Vereins wird besonders<br />
durch eine Sammlung von Dankschreiben<br />
der Ehrenmitglieder sowie Akten zur Mitglie-<br />
<strong>Sächsisches</strong> <strong>Archivblatt</strong> Heft 1-<strong>2012</strong> | 12<br />
derverwaltung dokumentiert. Das Konvolut<br />
umfasst u. a. Abrechnungslisten und Mahnungen<br />
zur Zahlung der Mitgliedsbeiträge<br />
sowie Ein- und Austrittserklärungen. Diese<br />
Dokumente belegen auch den zeitweise stark<br />
schwankenden Mitgliederstand des Vereins.<br />
Von rund 120 Mitgliedern in der Anfangszeit,<br />
wuchs der Verein zeitweise auf ca. 3.000 Mit-<br />
glieder an. Nach der 1848er Revolution und<br />
in der darauffolgenden Reaktionszeit sank<br />
seine Mitgliederzahl auf 65, was den größten<br />
Mitgliederschwund der Vereinsgeschichte<br />
darstellte. Mit 98 Mitgliedern im Jahr 1933<br />
war auch in der NS-Zeit die Vereinsmitgliederzahl<br />
gering. Die im Archivbestand befindlichen<br />
Mitgliederverzeichnisse verdeutlichen eine<br />
Ansichtspostkarte Schillerhaus Leipzig (Stadtarchiv Leipzig, Schillerverein zu Leipzig, Nr. 159)