BGH, Urteil vom 13. Januar 1995, BGHSt 41, 8 - unirep - Humboldt ...
BGH, Urteil vom 13. Januar 1995, BGHSt 41, 8 - unirep - Humboldt ...
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Universitäts-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-Universität zu Berlin<br />
<strong>BGH</strong>, <strong>Urteil</strong> <strong>vom</strong> <strong>13.</strong> <strong>Januar</strong> <strong>1995</strong>, <strong>BGH</strong>St <strong>41</strong>, 8 –Drogendealer<br />
Sachverhalt: Um an Geld zu kommen, verspricht Anton dem Drogendealer<br />
Bruno wahrheitswidrig die Lieferung von 5 kg Haschisch gegen Zahlung<br />
von 5.000 Euro. Bruno zahlt das Geld. Da Anton in der Folgezeit nichts<br />
mehr von sich hören lässt, beginnt Bruno immer intensiver auf die Lieferung<br />
des Haschisch zu drängen. Doch Anton beabsichtigt immer noch nicht, das<br />
Haschisch tatsächlich zu liefern. Als Bruno nun damit beginnt, in den einschlägigen<br />
Kreises zu behaupten, Anton sei ein Betrüger, wird es diesem zu<br />
bunt. Zwar ist sich Anton sicher, dass ihn Bruno nicht bei der Polizei anzeigen<br />
würde, da er sich sonst selbst als Drogendealer entlarven müsste. Dennoch<br />
beschließt er, Bruno zu töten, da er fürchtet, dass sich sein Ruf als<br />
zuverlässiger Drogenlieferant im „Milieu“ sonst verschlechtern könnte. Unter<br />
dem Vorwand, das Haschisch übergeben zu wollen, vereinbart Anton<br />
mit Bruno ein nächtliches Treffen in einem abgelegenen Waldstück am<br />
Stadtrand. Als Bruno in dem Glauben, die Drogen nun zu erhalten, am vereinbarten<br />
Treffpunkt erscheint, erschießt ihn Anton mit seiner Pistole. Strafbarkeit<br />
Antons?<br />
Thema: Verdeckungsabsicht<br />
Materialien: –<br />
Universitäts-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich
Universitäts-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-Universität zu Berlin<br />
Lösungsübersicht:<br />
A. Strafbarkeit gemäß § 263 I StGB (+)<br />
Vollendet bereits mit Abschluss des Vertrages<br />
B. Strafbarkeit gemäß §§ 211, 212 StGB<br />
I. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) Tod eines anderen Menschen (+)<br />
b) Mordmerkmal „Heimtücke“ (+)<br />
2. Subjektiver Tatbestand<br />
a) Tötungsvorsatz (+)<br />
b) Mordmerkmal „Verdeckungsabsicht“ (+/–)<br />
Problem: Muss der Täter eine mögliche<br />
Strafverfolgung abwenden wollen?<br />
c) Mordmerkmal Habgier (–)<br />
d) Mordmerkmal „niedrige Beweggründe“ (+)<br />
nur wenn „Verdeckungsabsicht“ abgelehnt wird<br />
II. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)<br />
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Universitäts-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-Universität zu Berlin<br />
Lösungsvorschlag:<br />
A. Strafbarkeit gemäß § 263 I StGB<br />
Durch das wahrheitswidrige Vorspiegeln der Bereitschaft, dem Bruno 5 kg<br />
Haschisch zu verschaffen und die daraufhin von Bruno irrtumsbedingt geleistete<br />
Zahlung von 5.000 Euro, hat sich Anton wegen eines Betruges gemäß<br />
§ 263 I StGB strafbar gemacht. Vollendet war die Tat bereits mit Abschluss<br />
des Vertrages, sofern Bruno, was anzunehmen ist, vorleistungspflichtig<br />
war. Getäuscht wurde über die innere Tatsache der Zahlungsbereitschaft.<br />
B. Strafbarkeit gemäß §§ 211, 212 StGB<br />
Indem Anton den Bruno tötete, um den begangenen Betrug unentdeckt zu<br />
lassen und seinen Ruf im „Milieu“ zu wahren, könnte Anton sich wegen eines<br />
Mordes gemäß §§ 211, 212 StGB strafbar gemacht haben.<br />
I. Tatbestand<br />
1. Objektiver Tatbestand<br />
a) Tod eines anderen Menschen<br />
Bruno wurde durch den Schuss Antons getötet<br />
b) Mordmerkmal „Heimtücke“<br />
Als Anton den Bruno unter dem Vorwand, das Haschisch übergeben zu<br />
wollen, zur Nachtzeit in ein entlegenes Waldstück lockte, versah Bruno sich<br />
keines Angriffs durch Anton und war mithin arglos. Da er auf Grund dieser<br />
Arglosigkeit auch zu keiner angemessenen Verteidigung in der Lage war,<br />
war er zudem wehrlos. Anton hat somit das Mordmerkmal der Heimtücke<br />
verwirklicht.<br />
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2. Subjektiver Tatbestand<br />
a) Tötungsvorsatz<br />
Vorliegend handelte Anton mit direktem Tötungsvorsatz.<br />
b) Subjektives Mordmerkmal „Verdeckungsabsicht“<br />
Indem Anton den Bruno hier auch deshalb tötete, damit der vorangegangene<br />
Betrug nicht aufgedeckt werde, könnte er das Mordmerkmal der „Verdeckungsabsicht“<br />
erfüllt haben. Allerdings kam es ihm vorliegend gerade<br />
nicht darauf an, eine mögliche Strafverfolgung wegen Betrugs zu verhindern,<br />
weil er nicht davon ausging, dass ihn Bruno bei der Polizei anzeigen würde.<br />
Daher ist fraglich, ob das Mordmerkmal der „Verdeckungsabsicht“ bereits<br />
dann erfüllt ist, wenn der Täter lediglich außerstrafrechtliche Konsequenzen<br />
seiner Vortat verhindern will oder ob die Verdeckungsabsicht voraussetzt,<br />
dass durch die Tötung eine befürchtete Strafverfolgung des Täters verhindert<br />
wird.<br />
Dem Wortlaut nach spricht § 211 II StGB von der Verdeckung einer „anderen<br />
Straftat“. Es ist also zu entscheiden, ob dies impliziert, dass sich die<br />
Verdeckung dieser „anderen Straftat“ auch regelmäßig auf die (befürchtete)<br />
Strafverfolgung beziehen muss.<br />
Nach einer Ansicht, der auch der <strong>BGH</strong> im vorliegenden Fall folgte, genügt<br />
es, dass es dem Täter um die Vermeidung außerstrafrechtlicher Konsequenzen<br />
geht. Verdeckungsabsicht verlange nicht, dass er für den Fall des<br />
Bekanntwerdens seiner vorangegangenen Straftat mit Strafverfolgung rechnet.<br />
Hierfür spreche, dass Mord kein Rechtspflegedelikt sei und es daher<br />
regelmäßig für die Annahme einer Verdeckungsabsicht genüge, dass der<br />
Täter möglicherweise auch nur außerstrafrechtliche Konsequenzen einer<br />
begangenen Straftat zu verhindern sucht. Denn Qualifikationsgrund der Tötung<br />
sei allein die Verknüpfung von Unrecht – in Form der Vortat – mit<br />
weiterem Unrecht – Anschlusstötung. Es fänden sich keine Anhaltspunkte<br />
dafür, den Wortlaut des § 211 II StGB zwingend dahingehend zu interpretieren,<br />
dass außerstrafrechtliche Verdeckungszwecke nicht dem Mordmerkmal<br />
der „Verdeckungsabsicht“ unterfallen sollen. Wenn die Tötung zur<br />
Verhinderung der strafrechtlichen Verfolgung einer (vorangegangenen)<br />
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Straftat einen Mord begründet, so müsse dies doch erst recht für die Verhinderung<br />
außerstrafrechtlicher, in der Regel weniger einschneidender,<br />
Konsequenzen gelten, da hierbei die Zweck-Mittel-Relation zu einer noch<br />
erheblicheren Verwerflichkeit der Tötung führe. Hiernach handelte Anton<br />
also mit Verdeckungsabsicht.<br />
Die Gegenansicht verlangt für die Bejahung einer Verdeckungsabsicht, dass<br />
die Motivation des Täters auf die Verhinderung einer Strafverfolgung wegen<br />
der Vortat gerichtet ist. Die weite Auslegung der Verdeckungsabsicht<br />
durch die erstgenannte Ansicht beseitige die spezifische Unrechtsqualität<br />
und die Konturen des Mordmerkmals und führe daher zur Rechtsunsicherheit.<br />
Zudem erfordere die regelmäßig gebotene restriktive Auslegung von<br />
Mordmerkmalen eine Beschränkung der Verdeckungsabsicht auf die strafrechtliche<br />
Verfolgung der Vortat. Erfolgt eine Tötung, um lediglich zivilrechtliche<br />
oder soziale, d.h. außerstrafrechtliche, Konsequenzen zu verhindern,<br />
so fehle der funktionale Bezug zwischen Tötung und Vortat, welcher<br />
von § 211 II StGB vorausgesetzt werde und der spezifischen Unrechtsqualität<br />
Rechnung trage. Der Bereich der außerstrafrechtlichen Verdeckungszwecke<br />
beinhalte zudem regelmäßig Motive, welche systematisch eher den<br />
„niedrigen Beweggründen“ zuzuordnen seien. Anton hätte vorliegend demnach<br />
nicht mit Verdeckungsabsicht gehandelt.<br />
Die besseren Argumente sprechen vorliegend für die zuletzt genannte Ansicht.<br />
Zwar ließe der Wortlaut des § 211 StGB auch eine weitere Interpretation,<br />
wie von der ersten Ansicht gefordert, zu. In der Tat ist vor dem Hintergrund<br />
des maximalen Strafrahmens des § 211 StGB aber eine restriktive<br />
Auslegung der Mordmerkmale geboten, sodass, gerade auch im Hinblick<br />
auf die Existenz des Mordmerkmals der „niedrigen Beweggründe“ als Auffangtatbestand,<br />
eine Tatkonstellation wie die gegebene nicht unter das<br />
Mordmerkmal der „Verdeckungsabsicht“ subsumiert werden kann. Anton<br />
handelte mithin nicht mit Verdeckungsabsicht.<br />
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b) Subjektives Mordmerkmal der Habgier<br />
Anton tötete dem Bruno hier nicht deswegen, um das Haschisch nicht liefern<br />
zu müssen, weshalb Habgier im vorliegenden Fall ausscheidet.<br />
c) Subjektives Mordmerkmal „niedrige Beweggründe“<br />
Indem Anton den Bruno tötete, um seinen guten Ruf im Drogen“milieu“<br />
nicht zu verlieren, handelte er aus einem Motiv heraus, das nach allgemeiner<br />
sittlicher Anschauung verachtenswert ist, auf tiefster Stufe steht und daher<br />
besonders verwerflich ist. Er erfüllt damit das Mordmerkmal des „niedrigen<br />
Beweggrundes“.<br />
II. Rechtswidrigkeit und Schuld<br />
Vorliegend sind weder Rechtfertigungs-, noch Entschuldigungsgründe ersichtlich.<br />
Anton handelte daher rechtswidrig und schuldhaft. Er hat sich mithin<br />
eines Mordes gemäß §§ 211, 212 StGB strafbar gemacht.<br />
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