StGB - unirep - Humboldt-Universität zu Berlin

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Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin BGH, Urteil vom 20. Juni 1986, BGHSt 34, 115 – Gemischte Nutzung Sachverhalt: Anton ist Prokurist einer Gesellschaft, die ein Nachtlokal betreibt. Dieses befindet sich im Erd- und Untergeschoss eines fünfstöckigen Gebäudes, das mit Ausnahme einer im fünften Obergeschoss gelegenen Wohnung gewerblichen Zwecken dient. Anton setzt mit Hilfe von Benzin das Lokal im Erdgeschoss in Brand, da er Leistungen von der Gebäude- und Inventarversicherung erhalten will. Im Lokal entsteht ein Schaden in Höhe von 180.000 Euro. Auf das übrige Gebäude greift das Feuer aber nicht über. Anmerkungen: Kratzsch, JR 1987, 360; Schneider, JURA 1988, 460 Thema: Schwere Brandstiftung, § 306a StGB Problemstellung: Genügt es bei gemischt genutzten Gebäuden für die Annnahme des § 306a I Nr. 1 StGB, wenn nur der gewerblich genutzte Teil in Brand gesetzt wird? Materialien: Arbeitsblätter BT Nr. 50a Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich

<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong><br />

BGH, Urteil vom 20. Juni 1986, BGHSt 34, 115 – Gemischte Nut<strong>zu</strong>ng<br />

Sachverhalt: Anton ist Prokurist einer Gesellschaft, die ein Nachtlokal<br />

betreibt. Dieses befindet sich im Erd- und Untergeschoss eines fünfstöckigen<br />

Gebäudes, das mit Ausnahme einer im fünften Obergeschoss gelegenen<br />

Wohnung gewerblichen Zwecken dient. Anton setzt mit Hilfe von Benzin<br />

das Lokal im Erdgeschoss in Brand, da er Leistungen von der Gebäude-<br />

und Inventarversicherung erhalten will. Im Lokal entsteht ein Schaden in<br />

Höhe von 180.000 Euro. Auf das übrige Gebäude greift das Feuer aber<br />

nicht über.<br />

Anmerkungen: Kratzsch, JR 1987, 360; Schneider, JURA 1988, 460<br />

Thema: Schwere Brandstiftung, § 306a <strong>StGB</strong><br />

Problemstellung: Genügt es bei gemischt genutzten Gebäuden für die<br />

Annnahme des § 306a I Nr. 1 <strong>StGB</strong>, wenn nur der gewerblich genutzte<br />

Teil in Brand gesetzt wird?<br />

Materialien: Arbeitsblätter BT Nr. 50a<br />

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<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong><br />

Lösungsübersicht:<br />

A. Strafbarkeit wegen Brandstiftung, § 306 I Nr. 1 <strong>StGB</strong><br />

I. Tatbestand<br />

1. Gebäude im Sinne des § 306 I Nr. 1 <strong>StGB</strong> (+)<br />

2. Fremd (+)<br />

3. In Brand gesetzt (+)<br />

4. Vorsatz (+)<br />

II. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)<br />

B. Strafbarkeit wegen schwerer Brandstiftung, § 306a I Nr. 1<br />

I. Tatbestand<br />

1. Tatobjekt der Nr. 1: Gebäude (+)<br />

2. Der Wohnung von Menschen dienend:<br />

Problem: Gemischt genutzte Gebäude<br />

h.M.: Einzelfallentscheidung<br />

a.M.: (–) wenn Übergreifen ausgeschlossen<br />

a.M.: (–) nur bei tatsächlichem Übergreifen<br />

2. In Brand gesetzt (+)<br />

3. Vorsatz (+)<br />

II. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)<br />

C. Strafbarkeit wegen versuchten Betruges in einem besonders<br />

schweren Fall, §§ 263 I, III Nr. 5, 22 <strong>StGB</strong> (–)<br />

Es fehlt jedenfalls am unmittelbaren Ansetzen<br />

D. Strafbarkeit wegen Versicherungsmissbrauchs, § 265 I <strong>StGB</strong><br />

I. Tatbestand<br />

1. Sache, die gegen Untergang und Beschädigung versichert war<br />

2. Durch das Inbrandsetzen beschädigt (+)<br />

3. Vorsatz (+)<br />

4. Absicht, sich Leistungen aus Versicherung <strong>zu</strong> verschaffen (+)<br />

II. Rechtswidrigkeit und Schuld (+)<br />

E. Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung (Inventar), § 303 I <strong>StGB</strong><br />

F. Konkurrenzen: §§ 265, 303 I, 306 I Nr. 1, 306 a I Nr. 1, 52 <strong>StGB</strong>.<br />

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Lösungsvorschlag:<br />

A. Strafbarkeit Antons wegen Brandstiftung gem. § 306 I Nr. 1<br />

<strong>StGB</strong><br />

Indem Anton das Nachtlokal mittels Benzin <strong>zu</strong>m Brennen brachte, könnte<br />

er sich wegen einer Brandstiftung gem. § 306 I Nr. 1 <strong>StGB</strong> strafbar gemacht<br />

haben.<br />

I. Tatbestandsmäßigkeit<br />

Zu prüfen ist <strong>zu</strong>nächst die Tatbestandsmäßigkeit von Antons Verhalten. In<br />

objektiver Hinsicht setzt § 306 I Nr. 1 <strong>StGB</strong> das Inbrandsetzen eines Gebäudes<br />

voraus. Das Lokal ist wesentlicher Teil eines mit dem Erdboden<br />

verbundenen Bauwerks, das dem Schutz von Menschen und Sachen dient,<br />

mithin eines Gebäudes. Da dem Anton das Lokal auch nicht gehört, ist es<br />

als fremdes Gebäude taugliches Tatobjekt einer Brandstiftung. Anton hat<br />

dieses Gebäude auch mittels Benzin in Brand gesetzt, d.h. es in einer Weise<br />

entzündet, dass die Sache auch nach einer Entfernung des Zündstoffs<br />

selbstständig weiterbrennen konnte.<br />

In Kenntnis der Tatumstände wollte Anton das Lokal anzünden, handelte<br />

also mit dem in subjektiver Hinsicht erforderlichen Vorsatz (§ 15 <strong>StGB</strong>),<br />

hier in Form des dolus directus 1. Grades.<br />

II. Rechtswidrigkeit und Schuld<br />

Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich.<br />

III. Ergebnis<br />

Demnach hat sich Anton wegen einer Brandstiftung gem. § 306 I Nr. 1<br />

<strong>StGB</strong> strafbar gemacht. Die ebenfalls verwirklichte Sachbeschädigung, §<br />

303 I <strong>StGB</strong>, bezüglich des Gebäudes tritt hinter die Strafbarkeit wegen<br />

Brandstiftung <strong>zu</strong>rück.<br />

B. Strafbarkeit wegen schwerer Brandstiftung gem. § 306a I Nr. 1<br />

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<strong>StGB</strong><br />

Durch das Anzünden des Nachtlokals könnte sich Anton auch wegen einer<br />

schweren Brandstiftung gem. § 306a I Nr. 1 <strong>StGB</strong> schuldig gemacht haben.<br />

I. Tatbestandsmäßigkeit<br />

Zuerst ist die Tatbestandsmäßigkeit von Antons Verhalten <strong>zu</strong> prüfen.<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

Anton hat durch das Anzünden des Lokals ein Gebäude in Brand gesetzt.<br />

Fraglich ist jedoch, ob das Gebäude auch, wie von § 306a I Nr. 1 <strong>StGB</strong><br />

gefordert, der Wohnung von Menschen dient. Dieses Merkmal setzt voraus,<br />

dass die Räumlichkeit ihrer konkreten Verwendung nach <strong>zu</strong>mindest<br />

vorübergehend <strong>zu</strong>m Mittelpunkt des Aufenthalts von Menschen dient. Bezüglich<br />

des Nachtlokals wäre diese Vorausset<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> verneinen.<br />

Allerdings befindet sich das Nachtlokal in einem Gebäude, in dessen fünften<br />

Stock eine Wohnung liegt, so dass hier ein sog. gemischt genutztes Gebäude<br />

vorliegt. Ob eine schwere Brandstiftung auch dann gegeben sein kann,<br />

wenn bei einem sowohl <strong>zu</strong> Wohnzwecken als auch <strong>zu</strong> anderen Zwecken<br />

dienenden Gebäude ein Gebäudeteil in Brand gesetzt wird, der ausschließlich<br />

anderen – hier gewerblichen – Zwecken dient, ist umstritten.<br />

Eine besonders restriktive Ansicht will die Strafbarkeit nur dann bejahen,<br />

falls das Feuer tatsächlich auf den Wohntrakt übergegriffen hat. Dies ist hier<br />

nicht passiert, sodass die Strafbarkeit danach <strong>zu</strong> verneinen wäre. Nach einer<br />

etwas weiteren Meinung scheidet die Strafbarkeit nur dann aus, wenn<br />

ausgeschlossen werden kann, dass das Feuer auf den wohnlich genutzten<br />

Teil des Gebäudes übergreift. Mangels der Vorhersehbarkeit der Ausbreitung<br />

eines Feuers müsste man nach dieser Ansicht wohl eine Strafbarkeit<br />

annehmen.<br />

Nach h.M. jedoch genügt bereits das bloße Inbrandsetzen von gewerblich<br />

genutzten Räumen, wenn nach natürlicher Auffassung ein einheitliches <strong>zu</strong>sammenhängendes<br />

Gebäude vorliegt. Kriterien für diese Beurteilung sind<br />

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z.B. ein gemeinsames Treppenhaus bzw. sonstige Verbindungen zwischen<br />

dem Gewerbe- und dem Wohntrakt. Nach dieser Auffassung wäre hier ein<br />

taugliches Tatobjekt gegeben.<br />

Zwar kann man für eine restriktive Auslegung geltend machen, dass der<br />

Gesetzgeber eben die Tatobjekte auf solche begrenzt hat, die Wohnzwecken<br />

dienen. Allerdings würde dies dem Charakter des § 306a <strong>StGB</strong> als<br />

abstraktes Gefährdungsdelikt widersprechen: Hintergrund der Norm ist die<br />

Gefährdung von Menschen – sei sie auch noch so abstrakt. Da die konkrete<br />

Entwicklung eines Feuers nie vorhersehbar ist, ist im Interesse einer effektiven<br />

Durchset<strong>zu</strong>ng der Zielrichtung der Norm der letztgenannten Ansicht<br />

<strong>zu</strong> folgen.<br />

Mithin genügt für die Verwirklichung des objektiven Tatbestands des §<br />

306a I Nr. 1 <strong>StGB</strong> das Inbrandsetzen des Gewerbetrakts eines gemischt<br />

genutzten Gebäudes.<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

Auch bezüglich der schweren Brandstiftung handelte Anton vorsätzlich,<br />

denn ihm war bekannt, dass er ein Gebäude in Brand setzte, welches auch<br />

Wohnzwecken dient.<br />

II. Rechtswidrigkeit und Schuld<br />

Rechtswidrigkeit und Schuld unterliegen keinen Bedenken.<br />

III. Ergebnis<br />

Folglich hat sich Anton wegen einer schweren Brandstiftung gem. § 306a I<br />

Nr. 1 <strong>StGB</strong> strafbar gemacht.<br />

C. Strafbarkeit wegen versuchten Betruges in einem besonders<br />

schweren Fall gem. §§ 263 I, III 2 Nr. 5, 22, 23 I <strong>StGB</strong><br />

Durch das Anzünden des Lokals könnte sich Anton <strong>zu</strong>dem wegen eines<br />

versuchten Betruges in einem besonders schweren Fall gem. §§ 263 I, III 2<br />

Nr. 5, 22, 23 I <strong>StGB</strong> strafbar gemacht haben.<br />

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I. Vorprüfung<br />

Die Tat wurde nicht vollendet, der Versuch ist gem. § 263 II <strong>StGB</strong> strafbar.<br />

II. Tatentschluss<br />

Anton müsste Tatentschluss, d.h. den auf alle subjektiven Tatbestandsmerkmale<br />

gerichteten Vorsatz sowie die sonstigen subjektiven Tatbestandsmerkmale<br />

vor<strong>zu</strong>weisen haben. Er wollte mittels einer Täuschung die<br />

Gebäude- und die Inventarversicherung <strong>zu</strong> einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung<br />

veranlassen, die sich in einem Vermögensschaden seitens<br />

der Versicherungen niederschlagen sollte. Stoffgleich <strong>zu</strong> dem Schaden wollte<br />

sich Anton mit den erwarteten Leistungen der Versicherungen bereichern,<br />

wobei er auch wusste, dass er auf die Leistungen keinen Anspruch<br />

hätte (vgl. § 103 VVG), d.h. diese rechtswidrig gewesen wären. Außerdem<br />

ist dem Anton ein sog. Quasi-Vorsatz hinsichtlich des Regelbeispiels des §<br />

263 III 2 Nr. 5 <strong>StGB</strong> vor<strong>zu</strong>werfen: Er hat das Lokal – eine Sache von bedeutendem<br />

Wert – <strong>zu</strong>m Zwecke des Vortäuschens eines Versicherungsfalls<br />

in Brand gesetzt. Tatentschluss hinsichtlich eines versuchten Betruges in<br />

einem besonders schweren Fall liegt folglich vor.<br />

III. Unmittelbares Ansetzen<br />

Anton müsste jedoch auch <strong>zu</strong>r Tatbegehung unmittelbar angesetzt haben, §<br />

22 <strong>StGB</strong>. Für ein unmittelbares Ansetzen muss der Täter subjektiv die<br />

Schwelle <strong>zu</strong>m „Jetzt geht’s los“ überschritten und objektiv <strong>zu</strong>r tatbestandsmäßigen<br />

Angriffshandlung angesetzt haben, d.h. das Verhalten muss nach<br />

dem Gesamtplan des Täters so eng mit der tatbestandlichen Ausführungshandlung<br />

verknüpft sein, dass es bei ungestörtem Fortgang unmittelbar <strong>zu</strong>r<br />

Verwirklichung des gesamten Straftatbestandes führen soll oder in<br />

unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr steht. Durch<br />

das bloße Inbrandsetzen hat Anton jedoch noch nicht <strong>zu</strong>m Betrug<br />

angesetzt; dafür wäre die Meldung des Schadensfalls an die Versicherung<br />

erforderlich, <strong>zu</strong> der es hier noch nicht gekommen ist.<br />

IV. Ergebnis<br />

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Mangels unmittelbaren Ansetzens scheidet also eine Strafbarkeit Antons<br />

wegen versuchten Betruges in einem besonders schweren Fall gem. §§ 263<br />

I, III 2 Nr. 5, 22, 23 I <strong>StGB</strong> aus.<br />

D. Strafbarkeit wegen Versicherungsmissbrauch gem. § 265 I <strong>StGB</strong><br />

Das Anzünden des Lokals könnte sich jedoch als Versicherungsmissbrauch<br />

gem. § 265 I <strong>StGB</strong> darstellen.<br />

I. Tatbestandsmäßigkeit<br />

Sowohl das Inventar als auch das Gebäude waren gegen Untergang und<br />

Beschädigung versichert. Die Tathandlung der Beschädigung liegt vor,<br />

wenn der Täter auf die Sache als solche in einer Weise körperlich eingewirkt<br />

hat, dass ihre Unversehrtheit oder bestimmungsgemäße Brauchbarkeit<br />

mehr als nur unerheblich beeinträchtigt und im Vergleich <strong>zu</strong> ihrer bisherigen<br />

Beschaffenheit nachteilig verändert worden ist. Durch das Feuer wurden<br />

das Inventar und der Gebäudeteil beschädigt, wenn nicht sogar zerstört,<br />

d. h. so wesentlich beschädigt, dass sie ihre bestimmungsgemäße<br />

Brauchbarkeit vollständig verloren haben. Anton handelte auch wissentlich<br />

und willentlich, d.h. vorsätzlich. Zudem handelte er auch in der Absicht, sich<br />

Leistungen aus den Versicherungen <strong>zu</strong> verschaffen.<br />

II. Rechtswidrigkeit und Schuld<br />

Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe sind nicht ersichtlich.<br />

III. Ergebnis<br />

Anton hat sich folglich wegen eines Versicherungsmissbrauchs gem. § 265 I<br />

<strong>StGB</strong> strafbar gemacht. Die Subsidiaritätsklausel greift nicht, da § 263<br />

<strong>StGB</strong> nicht einmal im Versuch erfüllt ist.<br />

E. Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung gem. § 303 I <strong>StGB</strong><br />

Darüberhinaus kommt eine Strafbarkeit Antons wegen Sachbeschädigung<br />

gem. § 303 I <strong>StGB</strong> am Inventar in Betracht. Durch das Feuer wurde nicht<br />

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dem Anton gehörendes Inventar, mithin fremde Sachen, beschädigt bzw.<br />

gar zerstört. Diesbezüglich handelte Anton auch vorsätzlich. Mangels Eingreifens<br />

von Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen hat sich Anton<br />

demnach wegen Sachbeschädigung nach § 303 I <strong>StGB</strong> am Inventar strafbar<br />

gemacht.<br />

F. Konkurrenzen<br />

Alle Delikte (§§ 265 I, 303 I, 306 I Nr. 1, 306a I Nr. 1 <strong>StGB</strong>) wurden<br />

durch eine Handlung im natürlichen Sinne, nämlich dem Anzünden des Gebäudes<br />

verwirklicht. Die schwere Brandstiftung verdrängt dabei nicht die<br />

einfache Brandstiftung im Wege der Spezialität, da die Delikte <strong>zu</strong>m einen<br />

unterschiedliche Rechtsgüter – Eigentum / Körper und Gesundheit –<br />

schützen, und <strong>zu</strong>m anderen beim Anzünden eines tätereigenen<br />

Wohngebäudes nur § 306a und nicht § 306 <strong>StGB</strong> erfüllt ist, sodass von der<br />

Spezialität nicht gesprochen werden kann.<br />

Die Sachbeschädigung am Inventar könnte man als typischerweise bei der<br />

Brandstiftung verwirklichtes Urecht ansehen und im Wege der Konsumtion<br />

<strong>zu</strong>rücktreten lassen. Dagegen spricht jedoch, dass Anton gerade für die<br />

Zerstörung des Inventars eine eigenständige Versicherungsprämie kassieren<br />

wollte, sodass ein eigenständiges Unrecht vorliegt.<br />

Alle Delikte stehen daher <strong>zu</strong>einander in Tateinheit, <strong>zu</strong> behandeln gem. § 52<br />

<strong>StGB</strong>.<br />

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