BGH, Beschluss vom 10. März 1954 - unirep - Humboldt-Universität ...
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<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> zu Berlin<br />
tionen aus. Demnach müsste also das Vorliegen eines Unglücksfalls<br />
zu bejahen sein.<br />
Ein Unglücksfall ist ein plötzliches Ereignis, das erheblichen Schaden<br />
an Menschen oder Sachen verursacht und weiteren Schaden zu verursachen<br />
droht. Fraglich ist jedoch, ob auch ein versuchter Suizid als Unglücksfall<br />
zu betrachten ist. Nach einer Ansicht ist dies mit Blick auf die<br />
Straflosigkeit der Beihilfe zur Selbsttötung jedenfalls dann zu verneinen, wenn<br />
der Suizidversuch auf Grund freier, unbeeinflusster Entscheidung erfolgt.<br />
Eine solche freiverantwortliche Entscheidung sei zu respektieren.<br />
Hier liegen indes keine Anhaltspunkte dafür vor, ob die versuchte<br />
Selbsttötung eine Verzweiflungstat Bertas oder aber das Ergebnis einer<br />
freiverantwortlichen autonomen Entscheidung war. Diese faktische Unsicherheit<br />
spricht gegen die vorstehend genannte Ansicht insgesamt,<br />
denn oftmals ist nicht klar erkenn- bzw. aufklärbar, ob der Suizidversuch<br />
infolge einer freiverantwortlichen eigenen Entscheidung vorgenommen<br />
wurde oder ob es sich um eine Verzweiflungstat handelte.<br />
Daher stellt die Gegenansicht im Wesentlichen auf den zur Hilfe Aufgerufenen<br />
ab. Regelmäßig wird durch § 323c StGB zur Hilfeleistung verpflichtet,<br />
wer eine ernste Gefahrenlage wahrnimmt, welche sein Tätigwerden<br />
verlangt. Es ist dem Hinzukommenden kaum möglich, langwierige<br />
und in der Regel fruchtlose Überlegungen darüber anzustellen, ob<br />
der Suizident seine Tat zu Recht oder zu Unrecht, d.h. kraft freier Entschließung<br />
oder in geistiger Umnachtung, vorgenommen habe. Auch<br />
sprachlich bestehen keine Bedenken dagegen, die durch eine versuchte<br />
Selbsttötung herbeigeführte Gefahrenlage als Unglücksfall anzusehen.<br />
Nach dieser überzeugenden Ansicht ist daher ein Unglücksfall auch in<br />
der hier vorliegenden Konstellation eines Suizidversuchs zu bejahen.<br />
Weiterhin müsste Anton auch die ihm zur Abwendung des drohenden<br />
Schadens mögliche, erforderliche und zumutbare Hilfe nicht geleistet, also<br />
unterlassen haben.<br />
b) Nichtvornahme der Hilfeleistung<br />
Da hier ein Unglücksfall vorlag, hätte Anton, nachdem er diesen<br />
wahrgenommen hatte, entsprechende Maßnahmen zur Beseitigung<br />
<strong>Universität</strong>s-Repetitorium der <strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich