BGH, Beschluss vom 9. November 1998, StV 1999, 145 ... - unirep

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Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin BGH, Beschluss vom 9. November 1998, StV 1999, 145 – Klappmesser Sachverhalt: Der obdachlose Karl irrt nach einer Zechtour durch die Straßen als ihn Anton und Bruno entdecken, die in leicht angetrunkenem Zustand ebenfalls durch die Straßen laufen. Anton sagt zu Bruno: „Komm, lass uns den abziehen“ und beide laufen auf Karl zu, indem sie ihm entgegen rufen: „Wir hauen Dir gleich die Mütze vom Kopf!“. Nachdem sich Bruno in Karatestellung vor Karl aufgebaut hat, fordert Anton ihn auf, sein Geld herauszugeben. Karl, der von der tags zuvor abgeholten Arbeitslosenhilfe noch etwa 80 € bei sich hat, bekommt Angst, da er sich wegen seiner Trunkenheit den beiden jungen Männern gegenüber hilflos fühlt. Als Karl weitergehen will, stellen sich Anton und Bruno ihm in den Weg, schubsen ihn hin und her und beschimpfen ihn. Schließlich gibt Anton dem Karl eine schmerzhafte Ohrfeige. Darauf greift Karl in seine Jackentasche, öffnet darin sein Klappmesser, holt es heraus und sticht den in diesem Moment gerade vor ihm stehenden Bruno unvermittelt in die Brust. Dabei nimmt er die Möglichkeit, ihn tödlich zu verletzen, zumindest billigend in Kauf. Der Stich dringt Bruno direkt ins Herz und führt zu dessen Tod. Thema: Erforderlichkeit und Gebotenheit der Notwehr Materialien: – Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich

Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />

<strong>BGH</strong>, <strong>Beschluss</strong> <strong>vom</strong> <strong>9.</strong> <strong>November</strong> <strong>1998</strong>, <strong>StV</strong> <strong>1999</strong>, <strong>145</strong> – Klappmesser<br />

Sachverhalt: Der obdachlose Karl irrt nach einer Zechtour durch die<br />

Straßen als ihn Anton und Bruno entdecken, die in leicht angetrunkenem<br />

Zustand ebenfalls durch die Straßen laufen. Anton sagt zu Bruno:<br />

„Komm, lass uns den abziehen“ und beide laufen auf Karl zu, indem<br />

sie ihm entgegen rufen: „Wir hauen Dir gleich die Mütze <strong>vom</strong> Kopf!“.<br />

Nachdem sich Bruno in Karatestellung vor Karl aufgebaut hat, fordert<br />

Anton ihn auf, sein Geld herauszugeben. Karl, der von der tags zuvor<br />

abgeholten Arbeitslosenhilfe noch etwa 80 € bei sich hat, bekommt<br />

Angst, da er sich wegen seiner Trunkenheit den beiden jungen Männern<br />

gegenüber hilflos fühlt. Als Karl weitergehen will, stellen sich<br />

Anton und Bruno ihm in den Weg, schubsen ihn hin und her und beschimpfen<br />

ihn. Schließlich gibt Anton dem Karl eine schmerzhafte<br />

Ohrfeige. Darauf greift Karl in seine Jackentasche, öffnet darin sein<br />

Klappmesser, holt es heraus und sticht den in diesem Moment gerade<br />

vor ihm stehenden Bruno unvermittelt in die Brust. Dabei nimmt er<br />

die Möglichkeit, ihn tödlich zu verletzen, zumindest billigend in Kauf.<br />

Der Stich dringt Bruno direkt ins Herz und führt zu dessen Tod.<br />

Thema: Erforderlichkeit und Gebotenheit der Notwehr<br />

Materialien: –<br />

Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich


Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />

Lösungsübersicht:<br />

Strafbarkeit Karls wegen Totschlags gemäß § 212 StGB<br />

I. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

a) Tatbestandsmäßiger Erfolg (+)<br />

b) Kausalität (+)<br />

Der Stich war für Brunos Tod ursächlich.<br />

c) Objektive Zurechenbarkeit (+)<br />

2. Subjektiver Tatbestand (+)<br />

Karl handelte mit Eventualvorsatz.<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

Karl könnte durch Notwehr gemäß § 32 StGB gerechtfertigt sein.<br />

1. Notwehrlage<br />

a) Angriff (+)<br />

Durch Anton und Bruno gemeinsam.<br />

b) Gegenwärtigkeit (+)<br />

Der Angriff fand aktuell noch statt.<br />

c) Rechtswidrigkeit (+)<br />

Anton und Bruno handelten rechtswidrig.<br />

2. Notwehrhandlung<br />

a) Geeignetheit (+)<br />

Der Stich war geeignet, den Angriff abzuwenden.<br />

b) Erforderlichkeit (+)<br />

Hier str.: Musste Karl den tödlichen Stich androhen?<br />

c) Gebotenheit (+)<br />

3. Subjektives Rechtfertigungselement (+)<br />

III. Ergebnis: Totschlag (–)<br />

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Lösungsvorschlag:<br />

Strafbarkeit Karls wegen Totschlags gemäß § 212 StGB<br />

I. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

a) Tatbestandsmäßiger Erfolg<br />

Tatbestandsmäßiger Erfolg des § 212 StGB ist der Tod eines Menschen.<br />

Im vorliegenden Fall ist Bruno gestorben.<br />

b) Kausalität<br />

Der Stich mit dem Messer führte unmittelbar zum Tod des Bruno. Er<br />

kann nicht hinweg gedacht werden, ohne dass der Tod in seiner konkreten<br />

Gestalt entfiele.<br />

c) Objektive Zurechenbarkeit<br />

Brunos Tod ist dem Siegfried auch objektiv zuzurechnen, da dieser<br />

mit dem Messerstich ein konkretes Risiko für das Leben (und die körperliche<br />

Unversehrtheit) Brunos geschaffen und sich dieses Risiko<br />

auch im konkreten Todeserfolg realisiert hat.<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

Laut Sachverhalt nahm Karl die Möglichkeit, Anton tödlich zu verletzen,<br />

billigend in Kauf und handelte demzufolge mit Eventualvorsatz.<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

Karl könnte aber durch Notwehr gerechtfertigt sein. Eine Rechtfertigung<br />

nach § 32 StGB setzt objektiv das Vorliegen einer Notwehrlage und einer<br />

entsprechenden Notwehrhandlung sowie subjektiv einen Verteidigungswillen<br />

des Handelnden voraus.<br />

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1. Notwehrlage<br />

Erforderlich ist das Vorliegen eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs<br />

seitens Bruno und Anton auf geschützte Rechtsgüter des Karl.<br />

a) Angriff<br />

Ein Angriff ist jede durch menschliches Verhalten drohende Verletzung<br />

rechtlich geschützter Güter oder Interessen. Karl war einem Angriff der<br />

beiden Männer ausgesetzt. Diese schickten sich an, ihn gemeinschaftlich zu<br />

verprügeln und auszurauben, mithin also die Rechtsgüter der körperlichen<br />

Unversehrtheit und des Eigentums des Karls zu verletzen. Unerheblich ist<br />

dabei, dass Bruno – auf den Karl einstach – nicht derjenige war, der ihm<br />

unmittelbar zuvor die Ohrfeige gab. Vielmehr durfte sich Karl hier gleichermaßen<br />

sowohl gegen Anton als auch gegen Bruno zur Wehr setzen, denn<br />

beide verübten den Angriff auf Karl gemeinschaftlich.<br />

b) Gegenwärtigkeit<br />

Gegenwärtig ist der Angriff, wenn er unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet<br />

oder noch andauert. Der Angriff seitens Anton und Bruno dauerte<br />

zum Zeitpunkt des Messerstichs noch an.<br />

c) Rechtswidrigkeit<br />

Der Angriff ist grundsätzlich dann rechtswidrig, wenn der Angreifer nicht<br />

seinerseits gerechtfertigt ist. Der Angriff seitens Anton und Bruno war hier<br />

rechtswidrig. Weder hatten sie eine Rechtfertigung für ihr Verhalten, noch<br />

musste Karl einen solchen Angriff dulden.<br />

Insgesamt ist daher eine Notwehrlage i.S.v. § 32 StGB festzustellen.<br />

2. Notwehrhandlung<br />

Allerdings müsste der doppelte Messerstich Karls eine nach § 32 StGB geeignete,<br />

erforderliche und gebotene Notwehrhandlung darstellen.<br />

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a) Geeignetheit<br />

Die Verteidigungshandlung muss zur Abwehr des Angriffs geeignet sein. Dies<br />

ist der Fall, wenn durch sie der Angriff entweder ganz beendet oder zumindest<br />

abgeschwächt werden kann.<br />

Im vorliegenden Fall ist der Messerstich geeignet, den Angriff abzuwehren.<br />

Regelmäßig ist nämlich nichts geeigneter, als die Tötung des Angreifers, hier<br />

des Bruno, um die von ihm ausgehende Rechtsgüterverletzung (hier: körperliche<br />

Unversehrtheit und Eigentum des Karl) zu beenden.<br />

b) Erforderlichkeit<br />

Erforderlich ist die Verteidigungshandlung, wenn sie zur Abwehr des Angriffs<br />

geeignet ist und unter mehreren zur Verfügung stehenden, gleichermaßen<br />

wirksamen Mitteln das mildeste darstellt.<br />

Grundsätzlich gilt: „Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen!“ Dies<br />

bedeutet, dass das Recht, Notwehr auszuüben, nicht nur dann besteht, wenn<br />

das verteidigte und das (durch den Verteidiger) verletzte Rechtsgut (des Angreifers)<br />

in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen, also in etwa<br />

die gleiche Wertigkeit oder Qualität besitzen. Grund hierfür ist, dass der Verteidiger<br />

nicht nur seine angegriffenen Rechtsgüter vor Verletzung bewahrt,<br />

sondern zugleich die Rechtsordnung als solche verteidigt. Im Rahmen der<br />

Erforderlichkeit findet daher noch keine „wertende“ Güterabwägung statt.<br />

Der Verteidiger darf diejenige Abwehrmaßnahme ergreifen, die am effektivsten<br />

den Angriff beendet, mitunter also auch mit „schärferen Waffen zurückschlagen“.<br />

Das Risiko einer uneffektiven und erfolglosen Verteidigung braucht<br />

der Angegriffene nicht einzugehen.<br />

Problematisch ist aber regelmäßig der Fall, wenn dem Angegriffenen in der<br />

konkreten Verteidigungssituation (Notwehrlage) mehrere gleichermaßen<br />

wirksame Verteidigungsmittel zur Verfügung stehen, denn dann muss er dasjenige<br />

Mittel wählen, welches für den Angreifer am schonendsten ist und –<br />

bei gleicher Wirksamkeit – den geringsten Schaden anrichtet.<br />

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Insbesondere problematisch ist daher die Tötung des Angreifers, denn diese<br />

ist regelmäßig der schwerwiegendste Eingriff in dessen Rechtsgüter. Zu beachten<br />

ist jedoch, dass auch durch das Gebot des mildesten Mittels einer<br />

möglichen Tötung des Angreifers nicht per se die Erforderlichkeit abzusprechen<br />

ist. Entscheidend ist die konkrete Situation im Einzelfall. Ergibt sich danach,<br />

dass ein bloßes Wegstoßen oder Niederschlagen des Angreifers die<br />

Möglichkeit, dass dieser sich wieder aufrappelt und den Angriff fortsetzt,<br />

nicht beseitigen können, kann auch die Tötung des Angreifers erforderlich<br />

sein. Denn in diesem Fall wäre (nur) sie das effektivste Mittel auf welches<br />

sich der Verteidiger berufen dürfte.<br />

Im vorliegenden Fall durfte Karl Notwehr in Form des Messerstichs gegen<br />

Bruno üben, denn bereits infolge seiner körperlichen Unterlegenheit als Einzelner<br />

gegen zwei Angreifer hätte ein bloßes Wegstoßen des Bruno nicht<br />

gleichermaßen effektiv wie der Messerstich gewirkt und den gemeinschaftlichen<br />

Angriff beseitigt.<br />

Allenfalls – und dies betrifft eine Vielzahl von derartigen Angriffsfällen – käme<br />

hier ein Weglaufen Karls als gleichermaßen wirksames und milderes Verteidigungsmittel<br />

in Betracht. Diesbezüglich ist der <strong>BGH</strong> jedoch der Ansicht,<br />

dass eine „schmähliche“ oder „schimpfliche“ Flucht dem Angegriffenen niemals<br />

zuzumuten ist, selbst wenn sie das schonendste Mittel darstellt und den<br />

Angriff mit der gleichen Sicherheit beenden würde. Hierin schlägt sich wiederum<br />

der bereits genannte Grundsatz: „Das Recht braucht dem Unrecht<br />

nicht zu weichen!“ nieder. Zudem wird auch angezweifelt, dass das Ergreifen<br />

der Flucht begrifflich als Verteidigungshandlung i.S.d. § 32 StGB angesehen<br />

werden kann.<br />

Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass der doppelte Messerstich des<br />

Karl gegen Bruno als Verteidigungshandlung auch erforderlich war.<br />

c) Gebotenheit<br />

Eine geeignete und erforderliche Notwehrhandlung ist grundsätzlich auch<br />

geboten, wenn nicht das Notwehrrecht im konkreten Einzelfall einer sozialethischen<br />

Einschränkung unterliegt. Das Merkmal der „Gebotenheit“ stellt<br />

damit eine Wertungsebene im Rahmen der Notwehrhandlung dar.<br />

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Die Frage der Einschränkung des Notwehrrechts stellt sich regelmäßig<br />

beim Gebrauch tödlicher Waffen. Zwar ist auch eine Verteidigungshandlung,<br />

die das Leben des Angreifers gefährdet, nicht ausgeschlossen, jedoch<br />

ist dabei regelmäßig zu fordern, dass einem unbewaffneten Angreifer gegenüber:<br />

1. der Gebrauch der Waffe angedroht, 2. bei der Verwendung<br />

von Schusswaffen ein Warnschuss abgegeben, und 3. die Waffe auf weniger<br />

empfindliche Körperteile gerichtet wird, bevor diese (ultima ratio) lebensgefährlich<br />

eingesetzt wird.<br />

Im vorliegenden Fall hätte Karl also an sich den unbewaffneten Angreifern<br />

den Einsatz des Messers zuerst androhen oder es drohend vorzeigen müssen<br />

oder aber Stiche gegen weniger sensible Körperregionen, wie die Arme<br />

oder Beine, führen müssen.<br />

Die Regel der vorherigen Pflicht zur Androhung gilt aber nicht ausnahmslos.<br />

Der Angegriffene braucht sich nicht auf Mittel und Möglichkeiten verweisen<br />

lassen, deren Abwehrerfolg ungewiss ist, sondern er darf diejenige Verteidigung<br />

wählen, die eine sofortige und endgültige Beseitigung der Gefahr<br />

verspricht.<br />

Danach kann unter Umständen, je nach Art, Maß und Stärke des Angriffs,<br />

Verteidigungsmöglichkeiten des Angegriffenen und „Kampflage“, auch ein<br />

vorher nicht angedrohter lebensgefährlicher Messereinsatz im Einzelfall zur<br />

Abwehr geboten sein. Dies ist regelmäßig eine Abwägungsfrage des jeweiligen<br />

Einzelfalls!<br />

Diese Ausnahme von der Androhung soll der Vereinbarkeit zweier sich<br />

widersprechender Rechtsprinzipien, nämlich einerseits dem der „unbeschränkten<br />

Zulässigkeit der Notwehr“ und andererseits dem der „weitgehenden<br />

Vermeidung tödlicher Verteidigungsmaßnahmen“ dienen.<br />

Vorliegend war Karl betrunken und sah sich zwei Angreifern gegenüber.<br />

Das bloße Drohen mit dem Messer, dessen drohendes Vorzeigen oder<br />

auch Stiche in andere, weniger sensible Körperregionen hätten den Angriff<br />

nicht mit ausreichender Sicherheit beendet. Außerdem hatte Karl bereits<br />

erfolglos versucht, die Angreifer verbal zu vertreiben. Naheliegend ist auch<br />

die Annahme, dass Anton und Bruno durch ein solches Verhalten womöglich<br />

noch mehr gereizt und in ihrer Aggressionslust noch weiter bestärkt<br />

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worden wären.<br />

In einem Gefühl der Überlegenheit („zwei gegen einen“) gegenüber einem<br />

durch Trunkenheit in seiner körperlichen Abwehr- und Reaktionsfähigkeit<br />

beeinträchtigten Menschen hätten sie auch versuchen können, dem Karl<br />

das Messer gewaltsam abzunehmen.<br />

Die Notwehrhandlung Karls war daher geboten.<br />

3. Subjektives Rechtfertigungselement<br />

Der Angegriffene muss auch – unter Kenntnis der rechtfertigenden Umstände<br />

– mit dem erforderlichen Willen, seine Rechtsgüter zu verteidigen,<br />

handeln. Dies war hier bei Karl unzweifelhaft der Fall.<br />

Es liegen damit sämtliche Voraussetzungen des § 32 StGB vor, so dass die<br />

Rechtswidrigkeit ausscheidet.<br />

III. Ergebnis<br />

Mangels Rechtswidrigkeit der Tötung des Bruno entfällt eine Strafbarkeit<br />

des Karl wegen Totschlags gemäß § 212 StGB.<br />

Lösungsalternative:<br />

Die Prüfung der Strafbarkeit wegen § 212 StGB wäre unter der Annahme,<br />

Karl hätte nicht sofort zustechen dürfen, wie folgt fortzusetzen:<br />

III. Schuld<br />

Karl könnte wegen Notwehrexzesses gem. § 33 entschuldigt sein. Er<br />

könnte die Grenzen der Notwehr aus Furcht überschritten haben. Es<br />

läge dann ein so genannter „intensiver Notwehrexzess“ vor, der unstreitig<br />

dem § 33 StGB unterfällt.<br />

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