BGH, Beschluss vom 25. März 1988, BGHSt 35, 246 – Kaiser ...

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Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin gung gerechtfertigt sein kann, der auch Kenntnis von ihr hatte. Diese Streitfrage stellt sich als Ausprägung des grundsätzlichen Streits um die Erforderlichkeit eines subjektiven Rechtfertigungselements dar. Vorliegend soll der h.M. gefolgt werden, welche ein subjektives Rechtfertigungselement für erforderlich hält. Armin handelte allerdings unzweifelhaft auch in Kenntnis der Einwilligung der Martha. III. Ergebnis Vorliegend willigte Martha wirksam in die Körperverletzung welche nach h.M. objektiv-tatbestandsmäßig auch in dem hier erfolgten ärztlichen Eingriff zu sehen ist ein, so dass Armin gerechtfertigt handelte. Armin hat sich daher nicht gemäß § 223 I StGB strafbar gemacht. B. Strafbarkeit Armins wegen schwerer Körperverletzung gemäß §§ 223 I, 226 I Nr. 1 StGB hinsichtlich der Eileiterunterbrechung Armin könnte sich wegen einer schweren Körperverletzung gemäß §§ 223 I, 226 I Nr. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er die Eileiterunterbrechung an Martha vornahm. I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand Wie bereits oben dargestellt, liegt nach h.M. auch bei einem medizinisch indizierten ärztlichen Heileingriff eine objektiv tatbestandsmäßige körperliche Misshandlung i.S.v. § 223 I StGB vor. Folglich erfüllt die von Armin durchgeführte Eileiterunterbrechung an Martha den objektiven Tatbestand der Körperverletzung. Da Martha hierdurch auch ihre Fortpflanzungsfähigkeit verlor, liegt auch der objektive Tatbestand des § 226 I Nr. 1 StGB vor. Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich

Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin 2. Subjektiver Tatbestand Armin nahm die Eileiterunterbrechung mit vollem Wissen und Willen vor. Er handelte also vorsätzlich. II. Rechtswidrigkeit Fraglich ist aber auch hier, ob Armin möglicherweise gerechtfertigt handelte. 1. Rechtfertigende Einwilligung Eine Einwilligung scheidet hier aus, da keine entsprechende Erklärung seitens der Martha vorlag. Ihre in dem Behandlungsvertrag erklärte Einwilligung bezog sich nämlich ausschließlich auf den Kaiserschnitt, nicht aber auf eine darüber hinausgehende Maßnahme wie die Eileiterunterbrechung. 2. Mutmaßliche Einwilligung Mangels einer entsprechenden ausdrücklich oder konkludent erklärten Einwilligung Marthas kann vorliegend aber eine Rechtfertigung Armins aufgrund einer mutmaßlichen Einwilligung in Betracht kommen. Auf den Rechtfertigungsgrund der mutmaßlichen Einwilligung ist regelmäßig erst dann zurückzugreifen, wenn keinerlei Einwilligungserklärung des Rechtsgutsinhabers vorliegt. Aus Sicht des Täters (= subjektives Rechtfertigungselement!) sind zwei Konstellationen der mutmaßlichen Einwilligung denkbar, nämlich: a) der Täter handelt im (überwiegenden) Interesse des Verletzten oder b) das Handeln des Täters liegt zwar nicht im (primären) Interesse des Verletzten, berührt aber lediglich solche Interessen, deren Schutz dem Verletzte ohnehin gleichgültig waren. Die erste Konstellation ist dem rechtfertigenden Notstand gemäß § 34 StGB sehr ähnlich. Der Unterschied zu § 34 StGB besteht jedoch in der Personenidentität. Während § 34 StGB den Eingriff des Täters in Rechtsgüter eines Dritten zu Gunsten des von einer Gefahr Bedrohten rechtfertigt, betrifft die mutmaßli- Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich

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2. Subjektiver Tatbestand<br />

Armin nahm die Eileiterunterbrechung mit vollem Wissen und Willen<br />

vor. Er handelte also vorsätzlich.<br />

II. Rechtswidrigkeit<br />

Fraglich ist aber auch hier, ob Armin möglicherweise gerechtfertigt<br />

handelte.<br />

1. Rechtfertigende Einwilligung<br />

Eine Einwilligung scheidet hier aus, da keine entsprechende Erklärung<br />

seitens der Martha vorlag. Ihre in dem Behandlungsvertrag erklärte<br />

Einwilligung bezog sich nämlich ausschließlich auf den <strong>Kaiser</strong>schnitt,<br />

nicht aber auf eine darüber hinausgehende Maßnahme wie die Eileiterunterbrechung.<br />

2. Mutmaßliche Einwilligung<br />

Mangels einer entsprechenden ausdrücklich oder konkludent erklärten<br />

Einwilligung Marthas kann vorliegend aber eine Rechtfertigung Armins<br />

aufgrund einer mutmaßlichen Einwilligung in Betracht kommen.<br />

Auf den Rechtfertigungsgrund der mutmaßlichen Einwilligung ist regelmäßig<br />

erst dann zurückzugreifen, wenn keinerlei Einwilligungserklärung<br />

des Rechtsgutsinhabers vorliegt.<br />

Aus Sicht des Täters (= subjektives Rechtfertigungselement!) sind zwei<br />

Konstellationen der mutmaßlichen Einwilligung denkbar, nämlich: a)<br />

der Täter handelt im (überwiegenden) Interesse des Verletzten oder b)<br />

das Handeln des Täters liegt zwar nicht im (primären) Interesse des<br />

Verletzten, berührt aber lediglich solche Interessen, deren Schutz dem<br />

Verletzte ohnehin gleichgültig waren. Die erste Konstellation ist dem<br />

rechtfertigenden Notstand gemäß § 34 StGB sehr ähnlich. Der Unterschied<br />

zu § 34 StGB besteht jedoch in der Personenidentität. Während §<br />

34 StGB den Eingriff des Täters in Rechtsgüter eines Dritten zu Gunsten<br />

des von einer Gefahr Bedrohten rechtfertigt, betrifft die mutmaßli-<br />

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