„Prekarisierung der Lebens- und Arbeitswelt“ Betroffenheit ...

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22.10.2012 Aufrufe

erwartenden Strafen mit bis zu 500.000€ pro Einzelfall, wenn sie gegen die Bestimmungen gegen das Entsendegesetz verstoßen. Zwar war auch vorher der Lohntarif Allgemeinverbindlich, aber jetzt hat auch der Zoll Kontrollmöglichkeiten und es scheint so, als dass hier in Zukunft nicht nur der Lohn kontrolliert wird, sondern auch andere Tatbestände, die den Lohn drücken könnten. Im Ergebnis kann man also bisher feststellen, dass das bisherige Landesvergabegesetz kein reeller Schutz für die Arbeitnehmer und damit einen möglichen Weg aus der Niedriglohnexpansion darstellte. Nur durch andere gesetzliche Grundlagen scheint es bisher stärker gewährt zu sein. Rechtliche Erfahrungen und politische Spielräume Aufgrund des Landesvergabegesetzes haben bisher wenige Beschäftigte, unserer zu vertretenden Branchen, ihre tariflichen Lohnansprüche rechtlich und gerichtlich geltend gemacht. In einer gerichtlichen Entscheidung des Arbeitsgerichtes Nienburg wurde festgestellt, dass für den Arbeitnehmer keine Anspruchsgrundlage auf Zahlung eines Tariflohnes erwächst, auch wenn der Auftrag unter der Maßgabe des Landesvergabegesetzes erteilt wurde. Für die Praxis bedeutet dies, dass das Landesvergabegesetz nur Bindung für die Auftraggebende Stelle hat, auf die Unterzeichnung der Tariftreueerklärung zu achten. Wie dann später mit den Beschäftigten damit umgegangen wird, liegt dann nicht mehr im Einflussbereich der ausschreibenden und vergebenden Stelle. Bisher konnten wir nur über öffentlich wirksame Aktionen, wie z.B. Hochschule Bremerhaven, dafür sorgen, dass die Einhaltung der Tariftreue umgesetzt wird. Durch den öffentlichen Druck den wir hier erzeugen konnten, wurde politisch gehandelt. Dies kann aus unserer Sicht jedoch nicht sein, dass wir als Gewerkschaft, die Aufgabenfelder des Staates übernehmen. Wir sind kein Kontrollinstrument mit hoheitlichen Rechten. Aber auch der Zoll ist bisher nicht in der Verantwortung dies zu kontrollieren, dass es sich hier um eine Bundesbehörde handelt und somit keine Landestypischen Aufgaben übernehmen kann. Die Zollbehörde kontrolliert somit nur Mindestlöhne nach dem Entsendegesetz. Eine lobenswerte Ausnahme gab es im letzten Jahr, bei einem Straßenbauauftrag in Walle, durch das Amt für Straßen und Verkehr (ASV). Nach Hinweisen durch die IG BAU, wurde der Auftraggeber aktiv und hat Kontrollen durchgeführt. Dies führte dann zum Verlust des nachfolgenden Auftrages für den Auftragnehmer, einer Vertragsstrafe und einer Auftragssperre. Leider ist aber die Bereitschaft zu einem Einschreiten gegen die Verstöße gegen die Tariftreue und damit gegen das Landesvergabegesetz eher als gering einzustufen. Besonders bei den ausgegliederten Gesellschaften, wie Hansewasser, die SWB usw. Man versucht immer den Eindruck zu vermitteln, dass sie ja jetzt privatwirtschaftlich wären. Allerdings wurde bei einer Bürgerschaftsanfrage durch einige Abgeordnete an den zuständigen Senator, die Rechtslage geklärt, mit dem Ergebnis, das auch diese Gesellschaften dem Landesvergabegesetz unterliegen. Gleiches gilt für die landeseigenen Gesellschaften. Wie sehen jetzt nun die politischen Spielräume und Handlungsmöglichkeiten beim Landesvergabegesetz aus? Es soll noch im Dezember 07 eine Novellierung des Landesvergabegesetzes in erster Lesung in der bremischen Bürgerschaft beraten werden. Es ist vorgesehen Dienstleistungsbranchen wie dem Bewachungsgewerbe und der Gebäudereinigung mit aufzunehmen und die Krankenhäuser der Stadt. Eine spannende Diskussion dürfte sich um die Postdienstleistungen entwickeln. Zukünftig sollen soziale Kriterien, wie Ausbildung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf in die Bewertung bei Vergaben mit einfließen. Ob die Aufnahme solcher Kriterien sinnvoll ist und sich durchsetzen und umsetzen lassen, bleibt abzuwarten. Klar muss sein, dass es immer einen 4

gewissen politischen Willen geben muss, um Gesetze auch so umzusetzen, wie sie einmal angedacht waren. Ein entscheidender Punkt wird es sein, dass die vergebenden Stellen zu Kontrollen verpflichtet werden. Weiter soll, wenn es keine Tarifverträge gibt die repräsentativ sind und als Grundlage dienen können, der unterste Lohn des öffentlichen Dienstes gelten. Dieser liegt momentan bei 7,68€. Dieses wären dann die ersten Schritte in die richtige Richtung um den Dumpinglöhnen entgegen zu wirken. Und somit auch einer Ausweitung von weiteren Niedriglöhnen. Fazit: Das Landesvergabegesetz löst die Diskussion um einen gesetzlichen Mindestlohn nicht ab. Sondern kann nur ein Baustein sein diesen voran zu bringen. Die bisherige Form und Umsetzung dieses Gesetzes war nicht geeignet, die Niedriglöhne zu verhindern. Auch eine Novellierung wird nicht dazu führen, dass eine Gebäudereinigerin einen Arbeitsvertrag erhält, der ihr ein gesichertes Einkommen garantiert, da man nicht nur auf den Stundenlohn schauen darf, sondern sehen muss wie viel jemand arbeitet. Und in der Gebäudereinigung sprechen wir halt von überwiegend Teilzeitbeschäftigten oder Minijobs. Auch in anderen Branchen, wie dem Bewachungsgewerbe, wo die tariflichen Stundenlöhne unterhalb von 7,50€ liegen, kann ein Vergabegesetz nur dafür sorgen, dass die Löhne nicht in das Bodenlose fallen und tarifliche Bestimmungen eingehalten werden. Aber Tariflöhne von 5€ oder 6€ lassen sich damit nicht verhindern. Die Tariffierung von Löhnen liegt bisher noch bei den Tarifvertragsparteien, auch wenn sie unverschämt niedrig sind. Das Landesvergabegesetz ist also kein Ersatz für eine weiterführende Diskussion und Einführung eines Mindestlohnes in Deutschland. Dies ergibt sich auch nicht aus der Systematik dieses Gesetzes, denn es sollte ein Wettbewerbsinstrument zwischen Staat und den Anbietern sein. Es sollte verhindert werden, dass Anbieter bei ihren Angeboten unsauber kalkulieren und Preisvorteile nicht auf Kosten der Beschäftigten erwirtschaften. Dieses Gesetz muss mehr als Entscheidungshilfe für den öffentlichen Auftraggeber verstanden werden, bei der Beurteilung der Vergabe. Als Steuerungselement für die Festlegung von Lohnhöhen ist es in keiner Weise geeignet. Eine Expansion von Niedriglöhnen kann somit nicht durch dieses Gesetz verhindert werden. Dennoch muss das Landesvergabegesetz erhalten bleiben und verbessert werden, damit unlautere Lohnabschläge nicht die Regel werden. Letztlich darf hier auch nicht vergessen werden, dass Aufträge der öffentlichen Hand nicht unsere Ganze Wirtschaft ausmacht. Alle privatwirtschaftlichen Aktivitäten werden durch ein Landesvergabegesetz nicht erfasst. Selbst wenn es gelänge, bei Staataufträgen für höhere Löhne zu sorgen, so wäre das bei allen anderen Aufträgen privatwirtschaftlicher Natur durch ein Landesvergabegesetz nicht möglich. Die Diskussion um gesetzliche und oder tarifliche Mindestlöhne bleibt bestehen, die wir hier, so denke ich, fortführen können. Vielen Dank. 5

erwartenden Strafen mit bis zu 500.000€ pro Einzelfall, wenn sie gegen die Bestimmungen<br />

gegen das Entsendegesetz verstoßen. Zwar war auch vorher <strong>der</strong> Lohntarif Allgemeinverbindlich,<br />

aber jetzt hat auch <strong>der</strong> Zoll Kontrollmöglichkeiten <strong>und</strong> es scheint so, als dass hier in Zukunft<br />

nicht nur <strong>der</strong> Lohn kontrolliert wird, son<strong>der</strong>n auch an<strong>der</strong>e Tatbestände, die den Lohn drücken<br />

könnten.<br />

Im Ergebnis kann man also bisher feststellen, dass das bisherige Landesvergabegesetz kein<br />

reeller Schutz für die Arbeitnehmer <strong>und</strong> damit einen möglichen Weg aus <strong>der</strong><br />

Niedriglohnexpansion darstellte. Nur durch an<strong>der</strong>e gesetzliche Gr<strong>und</strong>lagen scheint es bisher<br />

stärker gewährt zu sein.<br />

Rechtliche Erfahrungen <strong>und</strong> politische Spielräume<br />

Aufgr<strong>und</strong> des Landesvergabegesetzes haben bisher wenige Beschäftigte, unserer zu vertretenden<br />

Branchen, ihre tariflichen Lohnansprüche rechtlich <strong>und</strong> gerichtlich geltend gemacht. In einer<br />

gerichtlichen Entscheidung des Arbeitsgerichtes Nienburg wurde festgestellt, dass für den<br />

Arbeitnehmer keine Anspruchsgr<strong>und</strong>lage auf Zahlung eines Tariflohnes erwächst, auch wenn <strong>der</strong><br />

Auftrag unter <strong>der</strong> Maßgabe des Landesvergabegesetzes erteilt wurde. Für die Praxis bedeutet<br />

dies, dass das Landesvergabegesetz nur Bindung für die Auftraggebende Stelle hat, auf die<br />

Unterzeichnung <strong>der</strong> Tariftreueerklärung zu achten. Wie dann später mit den Beschäftigten damit<br />

umgegangen wird, liegt dann nicht mehr im Einflussbereich <strong>der</strong> ausschreibenden <strong>und</strong><br />

vergebenden Stelle.<br />

Bisher konnten wir nur über öffentlich wirksame Aktionen, wie z.B. Hochschule Bremerhaven,<br />

dafür sorgen, dass die Einhaltung <strong>der</strong> Tariftreue umgesetzt wird. Durch den öffentlichen Druck<br />

den wir hier erzeugen konnten, wurde politisch gehandelt. Dies kann aus unserer Sicht jedoch<br />

nicht sein, dass wir als Gewerkschaft, die Aufgabenfel<strong>der</strong> des Staates übernehmen. Wir sind kein<br />

Kontrollinstrument mit hoheitlichen Rechten. Aber auch <strong>der</strong> Zoll ist bisher nicht in <strong>der</strong><br />

Verantwortung dies zu kontrollieren, dass es sich hier um eine B<strong>und</strong>esbehörde handelt <strong>und</strong> somit<br />

keine Landestypischen Aufgaben übernehmen kann. Die Zollbehörde kontrolliert somit nur<br />

Mindestlöhne nach dem Entsendegesetz.<br />

Eine lobenswerte Ausnahme gab es im letzten Jahr, bei einem Straßenbauauftrag in Walle, durch<br />

das Amt für Straßen <strong>und</strong> Verkehr (ASV). Nach Hinweisen durch die IG BAU, wurde <strong>der</strong><br />

Auftraggeber aktiv <strong>und</strong> hat Kontrollen durchgeführt. Dies führte dann zum Verlust des<br />

nachfolgenden Auftrages für den Auftragnehmer, einer Vertragsstrafe <strong>und</strong> einer Auftragssperre.<br />

Lei<strong>der</strong> ist aber die Bereitschaft zu einem Einschreiten gegen die Verstöße gegen die Tariftreue<br />

<strong>und</strong> damit gegen das Landesvergabegesetz eher als gering einzustufen.<br />

Beson<strong>der</strong>s bei den ausgeglie<strong>der</strong>ten Gesellschaften, wie Hansewasser, die SWB usw. Man<br />

versucht immer den Eindruck zu vermitteln, dass sie ja jetzt privatwirtschaftlich wären.<br />

Allerdings wurde bei einer Bürgerschaftsanfrage durch einige Abgeordnete an den zuständigen<br />

Senator, die Rechtslage geklärt, mit dem Ergebnis, das auch diese Gesellschaften dem<br />

Landesvergabegesetz unterliegen. Gleiches gilt für die landeseigenen Gesellschaften.<br />

Wie sehen jetzt nun die politischen Spielräume <strong>und</strong> Handlungsmöglichkeiten beim<br />

Landesvergabegesetz aus?<br />

Es soll noch im Dezember 07 eine Novellierung des Landesvergabegesetzes in erster Lesung in<br />

<strong>der</strong> bremischen Bürgerschaft beraten werden. Es ist vorgesehen Dienstleistungsbranchen wie<br />

dem Bewachungsgewerbe <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gebäu<strong>der</strong>einigung mit aufzunehmen <strong>und</strong> die Krankenhäuser<br />

<strong>der</strong> Stadt. Eine spannende Diskussion dürfte sich um die Postdienstleistungen entwickeln.<br />

Zukünftig sollen soziale Kriterien, wie Ausbildung <strong>und</strong> Vereinbarkeit von Familie <strong>und</strong> Beruf in die<br />

Bewertung bei Vergaben mit einfließen. Ob die Aufnahme solcher Kriterien sinnvoll ist <strong>und</strong> sich<br />

durchsetzen <strong>und</strong> umsetzen lassen, bleibt abzuwarten. Klar muss sein, dass es immer einen<br />

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