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„Prekarisierung der Lebens- und Arbeitswelt“ Betroffenheit ...

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<strong>und</strong> an<strong>der</strong>er öffentlicher Gebäude, bis hin zur Mo<strong>der</strong>nisierung o<strong>der</strong> Renovierung aller öffentlichen<br />

Einrichtungen.<br />

Unsere bisherigen Erfahrungen sind sehr gemischt <strong>und</strong> nicht frei von Kritik an <strong>der</strong> Umsetzung<br />

des Landesvergabegesetzes. So stellen wir bei Baustellenbesuchen ständig fest, dass auf<br />

öffentlichen Baustellen die Tariftreue mit schöner Regelmäßigkeit unterlaufen wird. Nicht selten<br />

werden sogar die Mindestlöhne nicht ordnungsgemäß an die Arbeitnehmer gezahlt, die<br />

schließlich per allgemeinverbindlichen Mindestlohntarifvertrag vereinbart sind <strong>und</strong> dem<br />

Entsendegesetz unterliegen. Die verbindliche Tariftreueerklärung entpuppt sich meist nur als<br />

weißen Blatt Papier was die Auftragnehmer bedenkenlos unterschreiben. Oftmals mit dem<br />

Wissen, dass das Landesvergabegesetz keiner Kontrolle unterliegt. Eine eigenständige Kontrolle<br />

durch den Auftraggeber scheint nicht gewünscht o<strong>der</strong> gewollt zu sein <strong>und</strong> ist im Gesetz auch<br />

nicht so vorgesehen, wie wir es bräuchten. Von daher wird es in <strong>der</strong> Praxis auch nicht<br />

umgesetzt. Eine staatliche Kontrollbehörde gibt es in Bremen bis heute nicht. Zwar hat die neue<br />

rot-grüne Landesregierung die Schaffung einer Kontrollbehörde angekündigt aber bisher lässt es<br />

noch auf sich warten.<br />

Die schwere Krise in <strong>der</strong> Bauwirtschaft von Mitte <strong>der</strong> neunziger Jahre bis 2005 hatte einen<br />

erheblichen Anteil daran, dass die Unternehmer unter Preisdruck gerieten <strong>und</strong> sie mehr <strong>und</strong><br />

mehr in Versuchung gerieten den Arbeitnehmern den Tariflohn nicht mehr zu bezahlen. Das<br />

Landesvergabegesetz sollte dieser Entwicklung entgegenwirken. Dieser Versuch ist mit Sicherheit<br />

nicht vollends gelungen.<br />

Jetzt sprechen wir in <strong>der</strong> Baubranche bei den Tariflöhnen <strong>und</strong> auch beim Mindestlohn nicht vom<br />

Niedriglohnsektor, es soll aber schon einmal aufzeigen, dass das Vergabegesetz zwar einige<br />

Vorteile bietet aber in Teilen nicht funktioniert, um die Löhne zu sichern. Eher zählt, die zu<br />

unserem Organisationsbereich gehörige Gebäu<strong>der</strong>einigungsbranche, zu dem klassischen<br />

Niedriglohnsektor. Zwar liegt <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitige Tarifst<strong>und</strong>enlohn mit 7,87€ über den von Verdi, <strong>der</strong><br />

NGG <strong>und</strong> später dem DGB gefor<strong>der</strong>ten 7,50€ Mindestlohn, aber dennoch liegen viele<br />

Beschäftigte bei ihren Monatseinkommen sehr niedrig. Dies liegt darin begründet, dass die<br />

meisten Beschäftigten in dieser Branche nicht als Vollzeitkräfte arbeiten. Auch für diese Branche<br />

ist die öffentliche Hand als Auftraggeber von großer Bedeutung. Neben Schulen müssen auch<br />

Ämter, Museen <strong>und</strong> viele weitere öffentliche Gebäude gereinigt werden. Hier wurden bisher die<br />

Aufträge nicht nach dem Landesvergabegesetz vergeben, da es im Rahmentarif <strong>und</strong> im<br />

Lohntarifvertrag eine Allgemeinverbindlichkeit gab. Auch hier sind die Zustände nicht immer, so<br />

wie man es sich wünschen würde. So werden die zu reinigen Quadratmeter pro St<strong>und</strong>e oftmals<br />

so hoch angesetzt, dass die Reinigungskräfte die dafür zu Verfügung stehende Arbeitszeit meist<br />

überschreiten. Diese Überschreitungen gehen dann zu Lasten <strong>der</strong> Beschäftigten, dh. die<br />

Mehrarbeit wird nicht vergütet. Auch hier werden die Preisvorteile in die Angebote eingearbeitet,<br />

um sich Vorteile bei <strong>der</strong> Angebotsabgabe zu sichern <strong>und</strong> den Auftrag zu bekommen.<br />

Weiter wird oftmals die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall o<strong>der</strong> bei Feiertagen nicht an die<br />

meist geringfügig Beschäftigten gezahlt o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Urlaub nicht ordnungsgemäß abgerechnet.<br />

Das Gebäu<strong>der</strong>einigerhandwerk befand sich zwar nie so in einer Krise wie das Bauhauptgewerbe,<br />

aber dennoch ist <strong>der</strong> Preisdruck groß geworden, seit <strong>der</strong> Herausnahme aus <strong>der</strong> Handwerksrolle 1<br />

<strong>und</strong> das Überführen in die Handwerksrolle 2. Dies bedeutet, dass es für diese Branche kein<br />

Meisterzwang mehr gibt <strong>und</strong> somit je<strong>der</strong> eine Gebäu<strong>der</strong>einigerfirma gründen kann. Dies führt<br />

naturgemäß zu einem sich verschärfenden Wettbewerb. Bei den öffentlichen Auftraggebern zählt,<br />

bei angespannter Kassenlage, halt mehr <strong>der</strong> Preis, als die Qualität.<br />

Seit <strong>der</strong> Aufnahme in das Entsendegesetz im Juli dieses Jahres, scheint es aus<br />

Arbeitnehmersicht eine gewisse Entspannung zu geben. In <strong>der</strong> Praxis stellen wir vermehrt fest,<br />

dass Auftragnehmer stärker auf Einhaltung <strong>der</strong> Tarife achten, dies liegt wohl auch an den zu<br />

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