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3 Lernen in der Leiharbeit - bei der Arbeitnehmerkammer Bremen

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Bericht > Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer<br />

<strong>Bremen</strong>


Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong><br />

Verfasser ><br />

<strong>Bremen</strong>, Mai 2009<br />

Bernd Strüßmann,<br />

Joachim Duhnenkamp<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong><br />

Prof. Dr. Gerhard Syben<br />

BAQ Forschungs<strong>in</strong>stitut für<br />

Beschäftigung Ar<strong>bei</strong>t Qualifikation,<br />

<strong>Bremen</strong><br />

Dr. André Holtrup<br />

Institut Ar<strong>bei</strong>t und Wirtschaft (iaw),<br />

<strong>Bremen</strong><br />

Herausgeber<strong>in</strong> ><br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong><br />

Körperschaft des öffentlichen Rechts<br />

Bürgerstraße 1, 28195 <strong>Bremen</strong><br />

Telefon: 0421·36301-0<br />

Telefax: 0421·36301-89<br />

<strong>in</strong>fo@ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer.de<br />

www.ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer.de<br />

Schutzgebühr 5,50 Euro<br />

Für Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong> ist<br />

diese Broschüre kostenlos.


Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong>


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong><br />

Bernd Strüßmann, Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong>............................9<br />

1.1 Die Wirtschaft atmet über die Zeitar<strong>bei</strong>t o<strong>der</strong> die Logik<br />

des wirtschaftlichen Lebens .........................................................11<br />

1.2 Entwicklung im Land <strong>Bremen</strong> ......................................................19<br />

1.2.1 Kennzeichnende Strukturen <strong>der</strong> Branche........................................21<br />

1.2.2 Entwicklung <strong>der</strong> Beschäftigung.....................................................30<br />

1.2.3 Kennzeichnende Merkmale <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbeschäftigung ..................32<br />

1.3 Betrieblicher E<strong>in</strong>satz und Tätigkeiten von<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern ......................................................................35<br />

1.3.1 Berufliche Tätigkeiten .................................................................38<br />

1.3.2 Bedeutung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t auf dem bremischen Ar<strong>bei</strong>tsmarkt .............41<br />

1.4 Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern ....................................45<br />

1.4.1 Beson<strong>der</strong>es Schutzbedürfnis <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer...........................45<br />

1.4.2 Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung und Ar<strong>bei</strong>tsvertrag ..................................47<br />

1.4.3 Löhne.......................................................................................60<br />

1.4.4 Zum Zusammenhang von Lohn und Verleihsatz ..............................66<br />

1.4.5 Ar<strong>bei</strong>tsschutz und Gesundheit ......................................................71<br />

1.5 Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> betrieblichen Flexibilisierungsprozessen .......................74<br />

1.5.1 Vorteile <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t für die Beschäftigten?...................................83<br />

1.5.2 Zeitar<strong>bei</strong>t: atypisch und prekär? ...................................................90<br />

2 E<strong>in</strong>e Auswertung <strong>der</strong> Rechtsfälle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rechtsberatung <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer<br />

Joachim Duhnenkamp, Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong> ...................93<br />

3 <strong>Lernen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong><br />

Prof. Dr. Gerhard Syben, BAQ Forschungs<strong>in</strong>stitut<br />

Beschäftigung Ar<strong>bei</strong>t Qualifikation, <strong>Bremen</strong> ................................ 101<br />

3.1 Fragestellung........................................................................... 105


4<br />

3.2 Methode und Durchführung....................................................... 110<br />

3.3 Ergebnisse .............................................................................. 111<br />

3.3.1 Fachar<strong>bei</strong>ter als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion............................. 115<br />

3.3.2 <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>s-Fachkräfte <strong>in</strong> kaufmännischen Funktionen................... 126<br />

3.3.3 <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sfachkräfte <strong>in</strong> Verwaltungsfunktionen ............................ 128<br />

3.3.4 Ingenieure <strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> s<strong>in</strong>d (fast) nicht <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er,<br />

son<strong>der</strong>n bleiben Ingenieure........................................................ 132<br />

3.4 Perspektiven <strong>der</strong> Untersuchung des <strong>Lernen</strong>s im Prozess<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t .............................................................................. 137<br />

4 Subjektives Erleben von Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

Dr. André Holtrup, Institut Ar<strong>bei</strong>t und Wirtschaft ........................ 141<br />

4.1 E<strong>in</strong>führung .............................................................................. 143<br />

4.2 Anlage <strong>der</strong> empirischen Untersuchung ........................................ 145<br />

4.3 Empirische Befunde ................................................................. 149<br />

4.3.1 Das E<strong>in</strong>kommen – e<strong>in</strong> zentraler Stolperste<strong>in</strong>................................. 149<br />

4.3.2 Der Klebeeffekt: reduzierte Erwartungen ...................................... 156<br />

4.3.3 Qualifizierung und Ar<strong>bei</strong>tsmarktchancen: unausgeschöpfte<br />

Potenziale............................................................................... 167<br />

4.3.4 Zeitar<strong>bei</strong>t und soziale Integration: zwischen zweiter Wahl<br />

und Normalisierung.................................................................. 176<br />

4.3.5 Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer, Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen und Disponenten:<br />

e<strong>in</strong> wichtiges Beziehungsverhältnis............................................. 190<br />

4.4 Schlussfolgerungen und Perspektiven.......................................... 203


Vorwort<br />

Liebe Leser<strong>in</strong>nen und Leser,<br />

die häufig extreme Unsicherheit und <strong>der</strong> prekäre Charakter des Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnisses<br />

zeigt sich gerade <strong>in</strong> <strong>der</strong> jetzigen Wirtschaftskrise.<br />

Wurden Zeitar<strong>bei</strong>ter <strong>bei</strong> günstiger Konjunktur von Unternehmen häufig<br />

e<strong>in</strong>gesetzt, um trotz guter Auftragslage auf die E<strong>in</strong>stellung neuer Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

verzichten zu können, gehören die Zeitar<strong>bei</strong>ter jetzt zu den ersten<br />

Opfern e<strong>in</strong>es Auftragsrückgangs.<br />

Da<strong>bei</strong> war gerade die Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> den vergangenen Jahren durch<br />

enorme Wachstumsraten gekennzeichnet – e<strong>in</strong>e sichtbare Folge <strong>der</strong> ab<br />

2004 umgesetzten Reform des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetzes, das<br />

den Verleih von Ar<strong>bei</strong>tskräften und damit die Zeitar<strong>bei</strong>t regelt. Die Neuregelung<br />

verbesserte deutlich die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für Zeitar<strong>bei</strong>tsbetriebe,<br />

„ihre“ Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer flexibel zu beschäftigen – und zwar<br />

sowohl im Rahmen kurzfristiger Beschäftigungsverhältnisse wie auch<br />

im zeitlich unbegrenzten Dauere<strong>in</strong>satz <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Entleihbetrieb.<br />

Für die Industrie- und Dienstleistungsunternehmen, die Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

nutzten, stand damit e<strong>in</strong> attraktives Flexibilisierungs<strong>in</strong>strument zur Verfügung,<br />

das sich auch zum Abbau eigenen Personals und zur Kostensenkung<br />

nutzen ließ.<br />

Aus Sicht <strong>der</strong> Politik schienen dennoch die beschäftigungs- und ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitischen<br />

Vorteile <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t solche Nachteile zu überwiegen.<br />

Als wichtigstes Argument wurde <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht <strong>der</strong> Nutzen<br />

für die Ar<strong>bei</strong>tnehmer angeführt: Zusätzliche Ar<strong>bei</strong>tsplätze <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

entlasten den Ar<strong>bei</strong>tsmarkt und können für Ar<strong>bei</strong>tsuchende als<br />

„Sprungbrett <strong>in</strong> die Festanstellung“ dienen. Die Reform versprach allerd<strong>in</strong>gs<br />

auch e<strong>in</strong>e für Ar<strong>bei</strong>tnehmer deutlich attraktiver gestaltete Zeitar<strong>bei</strong>t:<br />

Dafür stand e<strong>in</strong> generelles Gleichbehandlungsgebot, das die Zeitar<strong>bei</strong>ter<br />

<strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf Bezahlung und Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen mit den<br />

Stammkräften <strong>in</strong> den entleihenden Betrieben im Pr<strong>in</strong>zip gleichstellte.<br />

Ebenso sollte <strong>der</strong> ar<strong>bei</strong>tsrechtliche Schutz verbessert und das Tarifrecht<br />

gestärkt werden.<br />

5


6<br />

Dass diese Ziele im Wesentlichen verfehlt wurden und e<strong>in</strong>e Neuregelung<br />

– sprich „Reregulierung“ – <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t dr<strong>in</strong>gend erfor<strong>der</strong>lich ist,<br />

zieht sich – ungeachtet e<strong>in</strong>iger Nuancen <strong>der</strong> Bewertung – wie e<strong>in</strong> „roter<br />

Faden“ durch die Beiträge <strong>der</strong> vorliegenden Broschüre. Die Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer<br />

<strong>Bremen</strong> hat sich mit dem Thema Zeitar<strong>bei</strong>t mehrfach und<br />

<strong>in</strong>tensiv beschäftigt. Unsere Stellungnahmen an die Politik richteten<br />

sich auf den zu erneuernden Schutz <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer. Dazu gehört<br />

die Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>führung früher bestehen<strong>der</strong> Befristungsgrenzen sowie spezielle<br />

Beschäftigungsverbote. Sicherzustellen ist vor allem e<strong>in</strong> fairer gesetzlicher<br />

Anspruch auf tatsächliche Gleichbehandlung und gleiche Entlohnung<br />

mit den Stammbeschäftigten.<br />

Die Beiträge dieser Broschüre beleuchten den Zeitar<strong>bei</strong>tssektor unter<br />

ganz unterschiedlichen Blickw<strong>in</strong>keln:<br />

E<strong>in</strong>e Bestandsaufnahme liefert Daten und Analysen zu regionalen Beschäftigungsstrukturen<br />

<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t, erörtert davon ausgehend aber<br />

ebenso die für die Zeitar<strong>bei</strong>t gegenwärtig charakteristischen Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen.<br />

Gefragt wird nach den betrieblichen Motiven des zunehmenden<br />

E<strong>in</strong>satzes von Zeitar<strong>bei</strong>t wie nach den beschäftigungs- und<br />

ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitischen Auswirkungen dieser Verän<strong>der</strong>ungen. Die statistisch<br />

herausragenden, zentralen Problematiken prekärer Beschäftigung<br />

im Zeitar<strong>bei</strong>tssektor – Niedriglohnar<strong>bei</strong>t und Unsicherheit des Ar<strong>bei</strong>tsplatzes<br />

– ergeben sich nicht zuletzt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Auswertung von Daten aus<br />

unserer ar<strong>bei</strong>tsrechtlichen Beratungsar<strong>bei</strong>t.<br />

Die Grundproblematiken spiegeln sich aber auch <strong>in</strong> den Beiträgen, <strong>in</strong><br />

denen die subjektive Perspektive <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer aufgenommen<br />

wird und diese <strong>in</strong> systematisch geführten Interviews selbst zu Wort<br />

kommen. Welche Vor- und Nachteile sehen sie <strong>in</strong> ihrem ‚atypischen‘<br />

Beschäftigungsverhältnis? Wor<strong>in</strong> werden die Grundprobleme <strong>der</strong> Tätigkeit<br />

gesehen – im H<strong>in</strong>blick auf E<strong>in</strong>kommen, Beschäftigungssicherheit<br />

und den betrieblichen Status? Welche Erfahrungen und E<strong>in</strong>schätzungen<br />

schil<strong>der</strong>n sie zu den möglichen „Klebeeffekten“ <strong>der</strong> Tätigkeit im E<strong>in</strong>satzbetrieb.<br />

Bietet Zeitar<strong>bei</strong>t, wie <strong>in</strong> Branchenpublikationen meist betont,<br />

für Ar<strong>bei</strong>tnehmer effektive Möglichkeiten zur Qualifizierung im<br />

Rahmen <strong>in</strong>formeller Lernprozesse?


Alles <strong>in</strong> allem ergibt sich so e<strong>in</strong> profun<strong>der</strong> Überblick über die Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche<br />

<strong>in</strong> <strong>Bremen</strong>. Der Reformbedarf wird daraus offensichtlich<br />

und die Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong> verb<strong>in</strong>det mit <strong>der</strong> Publikation<br />

nicht nur das Ziel, ihre Mitglie<strong>der</strong> zu <strong>in</strong>formieren, son<strong>der</strong>n auch die For<strong>der</strong>ung,<br />

diesem Reformbedarf auf den zuständigen politischen Fel<strong>der</strong>n<br />

nachzukommen. Alle, die mit uns <strong>in</strong> dieser Frage am selben Strang ziehen,<br />

hoffen wir mit dieser Broschüre <strong>in</strong> ihrer Ar<strong>bei</strong>t zu unterstützen.<br />

Hans Driemel Dr. Hans-L. Endl<br />

Präsident Hauptgeschäftsführer<br />

7


Bernd Strüßmann<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong><br />

1 Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong><br />

9


1.1 Die Wirtschaft atmet über die Zeitar<strong>bei</strong>t o<strong>der</strong> die<br />

Logik des wirtschaftlichen Lebens<br />

Noch vor wenigen Monaten galt die Zeitar<strong>bei</strong>t als „Jobmotor“, <strong>der</strong> entscheidend<br />

zum Abbau von Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit <strong>bei</strong>getragen hatte. In ke<strong>in</strong>em<br />

an<strong>der</strong>en Wirtschaftsbereich waren <strong>in</strong> den letzten Jahren so erhebliche<br />

Beschäftigungszuwächse festzustellen wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tswirtschaft.<br />

Von Juni 2003 bis Juni 2008 stieg die Zahl <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer bundesweit<br />

von rund 326.000 auf rund 757.000 Beschäftigte an. Damit<br />

betrug <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbeschäftigten an den <strong>in</strong>sgesamt sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigten 2,8 Prozent. Zweifellos hat sich die<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t damit durchaus zu e<strong>in</strong>em „festen Bestandteil e<strong>in</strong>es flexiblen<br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarkts“ entwickelt. 1<br />

11<br />

Erwartungen schienen realistisch, dass die Zahl <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>ter bis zum<br />

Jahr 2010 die Millionengrenze überschreiten würde. 2 Warnend wies<br />

allerd<strong>in</strong>gs die Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t mit Blick auf den kommenden<br />

Wirtschaftsabschwung darauf h<strong>in</strong>, dass die Zeitar<strong>bei</strong>t als e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> ersten<br />

Branchen betroffen se<strong>in</strong> würde, wenn das Wachstum nachlasse. Denn<br />

schließlich „atmet die Wirtschaft über die Zeitar<strong>bei</strong>t“ 3 .<br />

Das bedeutet seit Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Rezession vor allem, dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tswirtschaft<br />

Personal abgebaut wird. Die Zeitar<strong>bei</strong>tskräfte würden<br />

von den Kundenunternehmen <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen nur als „Puffer“ betrachtet,<br />

um konjunkturelle Schwankungen von den Stammbelegschaften<br />

fernzuhalten, kommentiert e<strong>in</strong> Branchensprecher die neue Lage. 4<br />

Vom Personalabbau seien die Zeitar<strong>bei</strong>ter mit niedrigem Qualifikationsniveau<br />

als erste betroffen. 5<br />

1 Vgl. AOK (2007), S. 6.<br />

2 Vgl. Wirtschaftswoche (2009b).<br />

3 Vgl. Wirtschaftswoche (2008).<br />

4 Vgl. ZEIT ONLINE (2008).<br />

5 Vgl. Fasse/Stratmann (2008).


12<br />

Stellte sich die Zeitar<strong>bei</strong>t noch gestern als “e<strong>in</strong>e mo<strong>der</strong>ne und schützenswerte<br />

Branche, die ihren Beschäftigten tarifliche Sicherheit und <strong>der</strong><br />

Wirtschaft Flexibilität gewährleistet" 6 dar, wird jetzt <strong>der</strong> massive Abbau<br />

von Ar<strong>bei</strong>tsplätzen 7 angekündigt.<br />

Die Zeitar<strong>bei</strong>t – neben ihr auch die <strong>in</strong> den vergangenen Jahren „boomenden“<br />

flexiblen und weniger geschützten befristeten und ger<strong>in</strong>gfügigen<br />

Beschäftigungsverhältnisse – fallen <strong>der</strong> gegenwärtigen Wirtschaftskrise<br />

als erste zum Opfer. „Das ist die Logik des wirtschaftlichen Lebens.<br />

Man kann es auch so sehen: Zeitar<strong>bei</strong>t, die im Aufschwung noch<br />

nützlich war, schützt nun die Kernbelegschaft <strong>der</strong> Unternehmen“,<br />

kommentiert <strong>der</strong> Vorstandsvorsitzende <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t die<br />

Funktion <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krise. 8<br />

Schwerpunkte <strong>der</strong> Bestandsaufnahme<br />

Der vorliegende Bericht setzt sich mit <strong>der</strong> Entwicklung und Struktur <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>t im Land <strong>Bremen</strong> ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Synonym mit dem Begriff<br />

„Zeitar<strong>bei</strong>t“ wird im Folgenden auch von „<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>“ im Rahmen <strong>der</strong><br />

„Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung“ die Rede se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>gegangen wird auf die<br />

regionale Struktur und Entwicklung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t bis zum Juni 2008,<br />

als sich die Zahl <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer/<strong>in</strong>nen auf dem bisher höchsten<br />

Stand bewegte.<br />

Die Daten zur Beschäftigtenstruktur <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t im Land <strong>Bremen</strong><br />

zeichnen ke<strong>in</strong> grundsätzlich an<strong>der</strong>es Bild als das, welches sich auch <strong>in</strong><br />

an<strong>der</strong>er regionaler Abgrenzung immer wie<strong>der</strong> zeigt. Sozioökonomische<br />

Merkmale und E<strong>in</strong>satzschwerpunkte von Zeit- o<strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> s<strong>in</strong>d im<br />

Übrigen seit zwei Jahrzehnten <strong>in</strong> Deutschland stabil ausgeprägt 9 – abgesehen<br />

von regionalen strukturellen Unterschieden. Typische Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

wird <strong>in</strong> Vollzeit und überwiegend <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fertigung geleistet. Das meist<br />

6<br />

iGZ (2008).<br />

7<br />

Vgl. El-Sharif/Eubel (2008).<br />

8<br />

Wirtschaftswoche (2009a), S. 30.<br />

9<br />

Vgl. Jahn (2008), S. 25.


gefor<strong>der</strong>te Qualifikationsniveau ist e<strong>in</strong>e betriebliche Berufsausbildung,<br />

häufig aber auch, nämlich <strong>bei</strong> den sogenannten „Helfertätigkeiten“,<br />

noch nicht e<strong>in</strong>mal diese. Die Zeitar<strong>bei</strong>tsquote im Land <strong>Bremen</strong> hat im<br />

Juni 2008 ihren bislang höchsten Wert von 4,1 Prozent erreicht. Dieser<br />

Anteil mag auf den ersten Blick verhältnismäßig niedrig ersche<strong>in</strong>en,<br />

doch gehört damit die Zeitar<strong>bei</strong>t sicher bereits zu den größeren Branchen.<br />

Die bremische Zeitar<strong>bei</strong>tsquote ist deutlich höher als <strong>der</strong> Bundesdurchschnitt.<br />

H<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> Quote verbirgt sich allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> eklatanter Umbruch auf<br />

dem Ar<strong>bei</strong>tsmarkt. Fragt man nämlich, welche beruflichen Tätigkeiten<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern ausgeübt werden, zeigt sich, dass sich diese<br />

Beschäftigungsform auf bestimmte Branchen und Betriebsbereiche sowie<br />

Qualifikationsgruppen <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerschaft konzentriert. Wie die<br />

Auswertung zeigt, handelt es sich <strong>bei</strong> jedem zehnten Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>dustriellen und handwerklichen Fertigungsberuf um Zeitar<strong>bei</strong>t.<br />

In e<strong>in</strong>zelnen Berufsgruppen und Branchen ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

überdurchschnittlich. Für „Hilfsar<strong>bei</strong>ter/<strong>in</strong>nen“ stellt die<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t gegenwärtig be<strong>in</strong>ahe e<strong>in</strong>e Art „Regelar<strong>bei</strong>tsverhältnis“ dar.<br />

Die Zeitar<strong>bei</strong>t hat auf dem bremischen Ar<strong>bei</strong>tsmarkt e<strong>in</strong>e hohe Bedeutung<br />

bekommen. Der wachsende Anteil <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t g<strong>in</strong>g letztlich<br />

auch deutlich zulasten regulärer Beschäftigung. Es vollzieht sich deutlich<br />

e<strong>in</strong> Umbruch. Seit 2007 handelt es sich <strong>bei</strong> mehr als jedem zweiten<br />

neuen registrierten Stellenangebot <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong> um e<strong>in</strong>e Zeitar<strong>bei</strong>tsofferte.<br />

Bei e<strong>in</strong>er ganzen Reihe beruflicher Fach- und Hilfstätigkeiten waren<br />

im vergangenen Jahr Angebote außerhalb <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t kaum vorhanden.<br />

E<strong>in</strong> bedeuten<strong>der</strong> Schwerpunkt <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t liegt im Bereich von Hilfstätigkeiten,<br />

die statistisch <strong>in</strong> Rubriken wie „Hilfsar<strong>bei</strong>ter ohne nähere<br />

Angabe“, „Montierer“, „Lagerist“, „Bürohilfskraft“ und so weiter erfasst<br />

werden, relativ e<strong>in</strong>fache berufliche Grundqualifikationen voraussetzen<br />

und nur ger<strong>in</strong>ge E<strong>in</strong>ar<strong>bei</strong>tungszeiten erfor<strong>der</strong>lich machen. Gleichwohl<br />

werden entsprechende Ar<strong>bei</strong>tsplätze von den Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen bevorzugt<br />

mit ausgebildeten Fachkräften besetzt. E<strong>in</strong> zweiter Schwerpunkt<br />

wird durch viele Tätigkeiten gebildet, die klar e<strong>in</strong>e formale Qualifikation<br />

als Fachar<strong>bei</strong>ter/<strong>in</strong> o<strong>der</strong> Fachangestellte/r voraussetzen.<br />

13


14<br />

Die Zeitar<strong>bei</strong>t spielt als Instrument betrieblicher Flexibilisierungs- beziehungsweise<br />

Rationalisierungsstrategien gegenwärtig e<strong>in</strong>e wichtige Rolle.<br />

Viele Unternehmen bemühen sich darum, ihren Personalstamm nach<br />

dem Modell des „atmenden Betriebs“ auf e<strong>in</strong> möglichst niedriges Niveau<br />

zu verr<strong>in</strong>gern. Entsprechend wird nicht nur <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em außerordentlich<br />

auftretenden zusätzlichen Personalbedarf, son<strong>der</strong>n vermehrt auch<br />

zur Ergänzung des Stammpersonals auf Zeitar<strong>bei</strong>t zurückgegriffen. Da<br />

wegen <strong>der</strong> hohen Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit e<strong>in</strong> großes Potenzial qualifizierter Ar<strong>bei</strong>tskräfte<br />

auf dem Ar<strong>bei</strong>tsmarkt stets vorhanden ist, können die eng<br />

mit <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t kooperierenden Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen für<br />

ziemlich jeden möglichen Zweck stets abrufbereite Personalreserven<br />

verfügbar machen. Die Bedeutung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t als Rationalisierungsmittel<br />

dürfte <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em sich weiter verschärfenden Kostendruck auch <strong>in</strong><br />

Zukunft kaum ger<strong>in</strong>ger werden. Folgt man Überlegungen zur Rolle <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>t im Konjunkturverlauf, wären die Betriebe <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er erneuten<br />

wirtschaftlichen Belebung ohneh<strong>in</strong> mit Neue<strong>in</strong>stellungen vorwiegend<br />

zurückhaltend und würden zum Beispiel das Überstundenvolumen ausdehnen<br />

o<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t or<strong>der</strong>n. Abhängig von rechtlichen und an<strong>der</strong>en<br />

gesellschaftlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, beson<strong>der</strong>s aber mit dem Blick<br />

auf die Entwicklung <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en europäischen Län<strong>der</strong>n, ist es also<br />

durchaus möglich, dass die Zeitar<strong>bei</strong>t langfristig weiter wächst. 10<br />

10 Vgl. Boost/Buscher (2009), S. 80.


Zahl <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer zum Quartalsstichtag 1972 bis 2008<br />

(Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsstatistik)<br />

������������<br />

900.000<br />

800.000<br />

700.000<br />

600.000<br />

500.000<br />

400.000<br />

300.000<br />

200.000<br />

100.000<br />

0<br />

1973 1978 1983 1988 1993 1998 2003 2008<br />

Quellen: Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t, eigene Berechnungen.<br />

E<strong>in</strong>e Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit zentralen Problematiken des Beschäftigungsverhältnisses<br />

erfolgt im Kapitel 4 „Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen“. Sie ergibt,<br />

dass das vorgegebene politische Ziel <strong>der</strong> ab 2004 umgesetzten<br />

Reform <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung, die Zeitar<strong>bei</strong>t für Ar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

attraktiver zu gestalten, im Wesentlichen verfehlt wurde. S<strong>in</strong>n und<br />

Zweck <strong>der</strong> gesetzlichen Regelungen zur Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung soll<br />

es zwar se<strong>in</strong>, die „<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer“ vor den Gefahren e<strong>in</strong>es ansonsten<br />

„prekären“ Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisses umfassend zu schützen. Das Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetz<br />

erfüllt dieses Anliegen jedoch gegenwärtig<br />

nur unzulänglich.<br />

Die Löhne <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t s<strong>in</strong>d durchweg meist niedriger als die vergleichbarer<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmer im Normalar<strong>bei</strong>tsverhältnis. Die Beschäftigungsverhältnisse<br />

s<strong>in</strong>d überwiegend nur von kurzer Dauer. Als E<strong>in</strong>satz-<br />

15


16<br />

wechseltätigkeit <strong>in</strong> den „Randbelegschaften“ <strong>der</strong> Entleihbetriebe ist<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t oft zusätzlich mit physischen und psychischen Belastungen<br />

verbunden. Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer partizipieren weniger als die Stammkräfte<br />

<strong>in</strong> den Entleihfirmen von beruflichen Weiterbildungsangeboten. Dies<br />

trägt zum schlechten Image <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t als „hire and fire“-Branche<br />

<strong>bei</strong>.<br />

Entgegen <strong>der</strong> Kritik an problematischen Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

werden oftmals auch beson<strong>der</strong>e Vorteile <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t für die<br />

Beschäftigten <strong>in</strong>s Feld geführt. Zum e<strong>in</strong>en mobilisiere die Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche<br />

zusätzliche Ar<strong>bei</strong>tsplätze <strong>in</strong> den Entleihfirmen, die dort ohne<br />

ihre Mitwirkung nicht geschaffen würden. Zum an<strong>der</strong>en sei Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

beson<strong>der</strong>s für Ar<strong>bei</strong>tslose und Berufsanfänger e<strong>in</strong>e „Brücke <strong>in</strong> den Ar<strong>bei</strong>tsmarkt“.<br />

Wegen des flexiblen E<strong>in</strong>satzes auf unterschiedlichen Ar<strong>bei</strong>tsplätzen<br />

vermittle Zeitar<strong>bei</strong>t umfassende Kompetenzen, mit denen sich die Beschäftigungschancen<br />

von Ar<strong>bei</strong>tsuchenden stark erhöhen würden. „Brücken“-<br />

und „Klebeeffekte“ <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t – die Weiterbeschäftigung von<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tern im Entleihbetrieb – s<strong>in</strong>d nach seriösen Schätzungen eher<br />

als ger<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>zuschätzen.<br />

Mit dem aktuellen Beschäftigungsabbau <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche spiegelt<br />

sich letztlich auf beson<strong>der</strong>e Weise die Grundproblematik <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

im Betrieb: „Wenn die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer ar<strong>bei</strong>tsrechtlich <strong>in</strong> den<br />

Unternehmen angebunden wären, die sie beschäftigten, dann würden<br />

jetzt die Schutzmechanismen <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t und <strong>der</strong><br />

Tarifverträge <strong>in</strong> vollem Umfang greifen“, 11 erklärte kürzlich die Industriegewerkschaft<br />

Metall.<br />

Sie greifen jedoch nicht, auch wenn erst vor kurzem die Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche<br />

<strong>in</strong> den Kreis <strong>der</strong> Betriebe e<strong>in</strong>bezogen wurde, die für ihre Beschäftigten<br />

Kurzar<strong>bei</strong>tergeld beantragen können. Die Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer<br />

<strong>Bremen</strong> sieht jedoch weit größeren Bedarf für e<strong>in</strong>e umfassende<br />

11 IG Metall (2008b).


„Regulierung“ o<strong>der</strong> Neuordnung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en<br />

Mittelpunkt e<strong>in</strong>mal nicht die Flexibilitätsansprüche <strong>der</strong> Unternehmen,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer stehen sollte. Denn gerade<br />

dieser ist <strong>bei</strong> <strong>der</strong> letzten Reform <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung 2002 <strong>in</strong><br />

vielerlei H<strong>in</strong>sicht auf <strong>der</strong> Strecke geblieben.<br />

Angesichts <strong>der</strong> problematischen Entlohnung und Unsicherheit <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsplätze<br />

bleibt die Frage nach dem Nutzen für die Beschäftigten,<br />

die vonseiten <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche mit <strong>der</strong> Möglichkeit für Ar<strong>bei</strong>tnehmer/<strong>in</strong>nen<br />

beantwortet wird, sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>s flexiblen Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis<br />

auf beson<strong>der</strong>e Weise qualifizieren zu können. Für ger<strong>in</strong>ger<br />

qualifizierte Ar<strong>bei</strong>tslose böte die Zeitar<strong>bei</strong>t e<strong>in</strong> probates Mittel zur beruflichen<br />

Qualifikation. Ob und <strong>in</strong> welcher Weise e<strong>in</strong> solcher <strong>in</strong>formeller<br />

Kompetenzerwerb im Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnis und sozusagen als „Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

im Job“ möglich ist, untersucht Gerhard Syben <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Beitrag dieser<br />

Broschüre. Syben hat dort die Ergebnisse se<strong>in</strong>er systematischen Interviews<br />

mit Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern und Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<strong>in</strong>nen ausgewertet.<br />

Alles <strong>in</strong> allem veranschaulicht die Datenlage <strong>in</strong> Bezug auf die 2004 <strong>in</strong><br />

Kraft getretenen Än<strong>der</strong>ungen im Recht <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung,<br />

dass entscheidende Zielsetzungen zur Verbesserung <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen im Bereich <strong>der</strong> Leih- o<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t verfehlt wurden.<br />

• E<strong>in</strong> gefor<strong>der</strong>tes Gleichbehandlungspr<strong>in</strong>zip h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Entlohnung<br />

und sonstiger Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen des Entleihbetriebs wird<br />

durch den Tarifvertragsvorbehalt und die Praxis <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

nicht e<strong>in</strong>gelöst. Es handelt sich hier e<strong>in</strong>deutig um e<strong>in</strong>e<br />

Fehlkonstruktion des Gesetzes, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Tarifverträge nicht mehr die<br />

Funktion haben, den gesetzlichen Standard weiterzuentwickeln,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> diesem Fall schlicht außer Kraft zu setzen.<br />

• Bei Anwendung <strong>der</strong> hauptsächlichen Zeitar<strong>bei</strong>tstarifverträge ergeben<br />

sich <strong>der</strong>zeit Lohndifferenzen zwischen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern und<br />

Beschäftigten <strong>in</strong> Entleihunternehmen, die kaum ger<strong>in</strong>ger als vor<br />

<strong>der</strong> Neuregelung ausfallen.<br />

17


18<br />

• Der Verzicht auf ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsspezifische Befristungsnormen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Neuregelung, welche vorher den Beson<strong>der</strong>heiten<br />

des Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnisses Rechnung trugen (beson<strong>der</strong>es Befristungsverbot,<br />

Synchronisationsverbot) hat zwar zunächst nur zur<br />

Konsequenz, dass die e<strong>in</strong>schlägigen Regelungen des Teilzeit- und<br />

Befristungsgesetzes im Wesentlichen auch für das Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnis<br />

gelten. Doch offensichtlich nutzen viele Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

jetzt stärker die damit bestehenden Möglichkeiten zum<br />

Abschluss sachgrundlos befristeter Beschäftigungsverhältnisse. Bei<br />

e<strong>in</strong>er Neue<strong>in</strong>stellung kann daher e<strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>tsvertrag <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

gesetzlichen Rahmenfrist sachgrundlos befristet und bedarfsweise<br />

im Rahmen <strong>der</strong> gesetzlichen Zweijahresfrist bis zu dreimal verlängert<br />

werden. E<strong>in</strong> Großteil <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

erreicht wegen <strong>der</strong> Kürze <strong>der</strong> Laufzeiten nicht das Ende<br />

<strong>der</strong> ar<strong>bei</strong>ts- o<strong>der</strong> tarifvertraglich def<strong>in</strong>ierten Probezeiten, während<br />

<strong>der</strong>er e<strong>in</strong>e Kündigung ke<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>en Begründung bedarf. Die<br />

ursprüngliche Intention des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetzes,<br />

das Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnis zu e<strong>in</strong>em Dauerar<strong>bei</strong>tsverhältnis auszugestalten,<br />

bleibt damit bis heute une<strong>in</strong>gelöst. Verfolgt man ernsthaft<br />

dieses Ziel, ersche<strong>in</strong>t es angesichts <strong>der</strong> <strong>in</strong> vielen Bereichen <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>t dom<strong>in</strong>ierenden kurzzeitigen E<strong>in</strong>sätze dr<strong>in</strong>gend geboten,<br />

die gegenwärtig bestehenden Möglichkeiten zur sachgrundlosen<br />

Befristung von Ar<strong>bei</strong>tsverhältnissen erheblich e<strong>in</strong>zuschränken.<br />

Kurzzeitig befristete Ar<strong>bei</strong>tsverträge entlasten das Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

vom Kostenrisiko verleihfreier Zeiten, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

weiterzubeschäftigen beziehungsweise zu entlohnen<br />

ist.<br />

• E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Problematik stellt weiterh<strong>in</strong> die Abschaffung <strong>der</strong><br />

Höchstüberlassungsdauer dar. Es liegt auf <strong>der</strong> Hand, dass entsprechende<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnisse reguläre Ar<strong>bei</strong>tsplätze <strong>der</strong> Entleihfirmen<br />

beson<strong>der</strong>s dann verdrängen, wenn sich aus <strong>der</strong> dauernden<br />

Überlassung deutliche wirtschaftliche Vorteile für das Entleihunternehmen<br />

ergeben. Bei den uns bekannten Fällen werden entsprechende<br />

Vorteile nur deshalb möglich, weil die Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

deutlich schlechter entlohnt werden.


• E<strong>in</strong>e noch so umfassende Regulierung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

macht nur S<strong>in</strong>n, wenn auch für adäquate Formen <strong>der</strong> Vorbeugung<br />

und Kontrolle gesorgt wird, um Verstöße gegen Rechtsvorschriften<br />

auszuschließen und irreguläre Praktiken zu sanktionieren.<br />

Die Befunde <strong>der</strong> Rechtsberatung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer<br />

<strong>Bremen</strong> verweisen auf e<strong>in</strong>e hohe Dunkelziffer von Normenverletzungen.<br />

Zu for<strong>der</strong>n ist, die gesetzlich vorgesehene Überprüfung <strong>der</strong><br />

Unternehmen verstärkt wahrzunehmen und – speziell auch h<strong>in</strong>sichtlich<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung ar<strong>bei</strong>tsrechtlicher Vorschriften - unzuverlässige<br />

Unternehmen von <strong>der</strong> Marktteilnahme auszuschließen.<br />

• Die bestehenden Regelungen zur betrieblichen Mitbestimmung <strong>bei</strong><br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung nehmen auf die für die Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

charakteristische Aufspaltung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tgeberfunktionen zu wenig<br />

Rücksicht. Es sollte dafür Sorge getragen werden, dass Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

soweit wie möglich auch <strong>der</strong> betrieblichen Mitbestimmung<br />

im Entleihbetrieb unterliegen. Um zu vermeiden, dass reguläre Ar<strong>bei</strong>tsplätze<br />

<strong>in</strong> den Entleihunternehmen durch Zeitar<strong>bei</strong>t verdrängt<br />

werden, sollten Höchstquoten <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmerbeschäftigung<br />

im Entleihbetrieb e<strong>in</strong>geführt werden, <strong>der</strong>en tatsächliche Höhe stets<br />

<strong>der</strong> Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen sollte.<br />

1.2 Entwicklung im Land <strong>Bremen</strong><br />

19<br />

Methodische Anmerkung<br />

Den folgenden Angaben zur regionalen Entwicklung und Struktur <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>t liegt hauptsächlich die Statistik <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtigen<br />

Beschäftigung <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t zugrunde – neben<br />

e<strong>in</strong>igen Daten, die auf <strong>der</strong> Grundlage des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetzes<br />

(AÜG) für <strong>Bremen</strong> herangezogen werden können. Beide Statistiken<br />

liefern lei<strong>der</strong> nur unvollständige Informationen über den Umfang <strong>der</strong><br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>, was auch <strong>bei</strong> den quantitativen Informationen zusätzliche<br />

Interpretationen erfor<strong>der</strong>lich macht. Nach § 8 Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetz<br />

(AÜG) müssen <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>se<strong>in</strong>sätze von den Verleihfirmen<br />

regelmäßig an die zuständige Regionaldirektion <strong>der</strong> Bundesagentur für<br />

Ar<strong>bei</strong>t berichtet werden – <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong>


20<br />

an die Regionaldirektion Nie<strong>der</strong>sachsen-<strong>Bremen</strong>. Die AÜG-Statistik ergibt<br />

jedoch nur <strong>in</strong> wenigen Dimensionen differenzierte Angaben für das<br />

Land <strong>Bremen</strong>. H<strong>in</strong>zu kommt e<strong>in</strong> weiteres Problem. Besteht e<strong>in</strong> Betrieb<br />

aus mehreren Nie<strong>der</strong>lassungen, so ist die Regionaldirektion <strong>der</strong> Bundesagentur<br />

zuständig, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Bezirk <strong>der</strong> Hauptsitz des Verleihbetriebs<br />

liegt. Alle Nie<strong>der</strong>lassungen e<strong>in</strong>es Verleihbetriebs sowie die überlassenen<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer werden nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bezirksregionaldirektion gezählt, <strong>in</strong><br />

welchem <strong>der</strong> Hauptsitz des Betriebs liegt.<br />

E<strong>in</strong>e bessere regionale Zuordnung <strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>em Quartalsstichtag beschäftigten<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmer nach dem Ar<strong>bei</strong>tsortpr<strong>in</strong>zip ermöglicht die im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Sozialversicherungsmeldungen geführte Beschäftigtenstatistik.<br />

Da<strong>bei</strong> erfolgt e<strong>in</strong>e Zuordnung nach dem wirtschaftsfachlichen<br />

Schwerpunkt des Beschäftigungsbetriebs. Die Wirtschaftsgruppe „745<br />

Personal- und Stellenvermittlung, Überlassung von Ar<strong>bei</strong>tskräften“ lässt<br />

sich entsprechend <strong>der</strong> Systematik <strong>der</strong> Wirtschaftszweige (2003) weiter<br />

<strong>in</strong> die Untergruppen „74.501 Personal- und Stellenvermittlung“ sowie<br />

„74.502 Überlassung von Ar<strong>bei</strong>tskräften“ weiter aufteilen: Es ist aber<br />

nicht ausgeschlossen, dass Unternehmen dem Schwerpunkt „Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung“<br />

zugeordnet s<strong>in</strong>d, sich aber auch als Stellenvermittler<br />

betätigen - und umgekehrt. Innerhalb vieler Personaldienstleistungsunternehmen,<br />

aber auch im Zusammenwirken spezialisierter Betriebe<br />

s<strong>in</strong>d <strong>bei</strong>de Aktivitäten jedoch eng mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verzahnt. Deshalb wird<br />

im Folgenden auf e<strong>in</strong>e weitere Differenzierung <strong>bei</strong> den statistischen Daten<br />

weitgehend verzichtet. Interpretationsprobleme ergeben sich auch<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Beschäftigtenstatistik. Mit erfasst werden auch die <strong>in</strong>ternen<br />

Verwaltungsmitar<strong>bei</strong>ter <strong>der</strong> Personaldienstleistungsunternehmen, die<br />

auf etwa fünf Prozent <strong>der</strong> Beschäftigten geschätzt werden können. 12<br />

12 Das ergibt sich rechnerisch, wenn man entsprechende Angaben zu den<br />

marktführenden Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen heranzieht. Vgl. Lünendonk (2006).


1.2.1 Kennzeichnende Strukturen <strong>der</strong> Branche<br />

Das Marktvolumen <strong>der</strong> Personaldienstleistungen betrug im Jahr 2007<br />

bundesweit rund 14,6 Milliarden Euro. Der Markt für Personaldienstleistungen<br />

wird von e<strong>in</strong>igen Konzernen dom<strong>in</strong>iert. Die Branche ist dennoch<br />

durch e<strong>in</strong>e Vielzahl mittlerer und kle<strong>in</strong>er Betriebe gekennzeichnet.<br />

15.655 Betriebe mit ausschließlichem o<strong>der</strong> überwiegendem Schwerpunkt<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung wurden <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t<br />

im ersten Halbjahr 2008 gemeldet. Von den 8.290 als Hauptsitz gemeldeten<br />

Verleihbetrieben hatten nur 605 e<strong>in</strong>e Zahl von mehr als 150<br />

Beschäftigten. 13<br />

Die Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche erwirtschaftet ihre Umsätze nicht alle<strong>in</strong> durch<br />

die Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung. 14 Laut e<strong>in</strong>er Son<strong>der</strong>erhebung des Statistischen<br />

Bundesamtes entfielen im Jahr 2004 nur 3,1 Prozent <strong>der</strong> Umsätze<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirtschaftsgruppe Personal- und Stellenvermittlung, Überlassung<br />

von Ar<strong>bei</strong>tskräften auf die Stellenvermittlung, 2,8 Prozent auf<br />

an<strong>der</strong>weitige Leistungen, aber 94,1 Prozent auf die Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung.<br />

15 Zeitar<strong>bei</strong>tsbetrieben bietet sich die Ar<strong>bei</strong>tskräftevermittlung<br />

vor allem als e<strong>in</strong> „Zusatzgeschäft“ 16 an, das zusätzlich für Kundenb<strong>in</strong>dung<br />

sorgt und auch <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Gew<strong>in</strong>nung eigener Ar<strong>bei</strong>tskräfte genutzt<br />

werden kann.<br />

13<br />

Vgl. Bundesagentur (2008b), Tabelle 22.<br />

14<br />

Vgl. Brömser (2008), S. 478.<br />

15<br />

Vgl. Statistisches Bundesamt (2006).<br />

16 Volksbanken (2008), S. 4.<br />

21


22<br />

Struktur des Umsatzes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirtschaftsgruppe „Personal- und Stellenvermittlung,<br />

Ar<strong>bei</strong>tskräfteüberlassung“ im Jahr 2004<br />

Mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Bereich<br />

3,3%<br />

Hotel- und<br />

Gaststättengewerbe<br />

1,2%<br />

Stellenvermittlung<br />

3,1%<br />

Sonstige Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

21,9%<br />

Transport, Lager,<br />

Logistik<br />

18,9%<br />

An<strong>der</strong>weitige<br />

Leistungen<br />

2,8%<br />

Technischer<br />

Bereich<br />

37,4%<br />

Datenverar<strong>bei</strong>tung,<br />

Telekommunikation<br />

2,1%<br />

Quellen: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen.<br />

Kaufmännischer<br />

Bereich, Handel<br />

9,3%<br />

Die Geschäftsmodelle von Firmen, die sich im Bereich <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

betätigen, lassen sich nach gewissen Grundformen unterscheiden.<br />

E<strong>in</strong> hohes Marktvolumen konzentriert auf e<strong>in</strong>ige Großunternehmen,<br />

die neben dem hauptsächlichen Geschäft <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

e<strong>in</strong> breites Spektrum weiterer Personaldienstleistungen<br />

anbieten. Nach Angaben des Beratungsunternehmens Lünendonk<br />

GmbH beschäftigten alle<strong>in</strong> die 25 größten Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen <strong>in</strong><br />

Deutschland im Jahresdurchschnitt 2007 über 258.000 Mitar<strong>bei</strong>ter/<strong>in</strong>nen,<br />

17 also e<strong>in</strong> gutes Drittel <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche.<br />

Alle<strong>in</strong> Randstad, Manpower, Adecco, Persona Service und Tuja<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t beschäftigten mehr als 150.000 Mitar<strong>bei</strong>ter.<br />

Nicht nur die marktführenden Unternehmen sehen sich als Allround-<br />

Anbieter für Dienstleistungen „rund um das betriebliche Personal“, auch<br />

17 Vgl. Lünendonk (2008).


wenn die Umsätze überwiegend mit klassischer Zeitar<strong>bei</strong>t erzielt werden.<br />

Sie bieten Leistungen <strong>in</strong> folgenden Bereichen an:<br />

• Zeitar<strong>bei</strong>t;<br />

• „One-Site-Management“: Koord<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen im<br />

Betrieb;<br />

• Personalsuche, Auswahl von Stellenbewerbern, Vermittlung von<br />

Ar<strong>bei</strong>tskräften;<br />

• Beratung zur Personalplanung und Organisationsentwicklung;<br />

• Ausglie<strong>der</strong>ung von Unternehmensabteilungen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelner Betriebsfunktionen<br />

(Outsourc<strong>in</strong>g), zum Beispiel Gründung Callcenter;<br />

• Personalverwaltung, Abrechnung;<br />

• kommissarische Übernahme betrieblicher Managementfunktionen,<br />

Interimsmanagement 18 , zum Beispiel <strong>bei</strong> Betriebsübergang;<br />

• Beratung <strong>bei</strong> Umsetzung personeller Maßnahmen, betrieblicher<br />

Sozialpläne, „Outplacement“ (Ar<strong>bei</strong>tsvermittlung für gekündigte<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter).<br />

So wird <strong>bei</strong>spielsweise selbst die Übernahme des kompletten Personalmanagements<br />

von Kundenunternehmen angeboten und zwar „von<br />

<strong>der</strong> Rekrutierung geeigneter Mitar<strong>bei</strong>ter bis zur Personale<strong>in</strong>satzplanung<br />

und <strong>der</strong> Kontrolle <strong>der</strong> Prozesse“.<br />

Auch für die überwiegende Zahl kle<strong>in</strong>er und mittlerer Personaldienstleistungsunternehmen<br />

bildet die Zeitar<strong>bei</strong>t meist den Schwerpunkt. Sie<br />

18 Vgl. Alewell (2006).<br />

23


24<br />

konzentrieren sich <strong>in</strong> ihren Aktivitäten häufig auf Kunden bestimmter<br />

Branchen o<strong>der</strong> verleihen Ar<strong>bei</strong>tnehmer spezieller Berufsgruppen. In<br />

<strong>Bremen</strong> und Bremerhaven gibt es nur e<strong>in</strong>e Handvoll spezialisierter Stellenvermittlungsfirmen.<br />

Größere Zeitar<strong>bei</strong>tskonzerne verfügen für die unterschiedlichen<br />

Schwerpunkte über eigenständige Betriebe o<strong>der</strong> spezialisierte<br />

Abteilungen. In <strong>Bremen</strong> und Bremerhaven lässt sich nur e<strong>in</strong>e<br />

Handvoll spezialisierter Stellenvermittlungsfirmen nachweisen. 19<br />

Bei <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsvermittlung spielt sicher auch das Motiv e<strong>in</strong>e Rolle, Personal<br />

für eigene o<strong>der</strong> von an<strong>der</strong>en Firmen angebotene Zeitar<strong>bei</strong>t zu gew<strong>in</strong>nen.<br />

Grundsätzlich können Unternehmen aus allen Wirtschaftszweigen e<strong>in</strong>e<br />

Erlaubnis zur gewerblichen Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung erwerben, auch<br />

wenn <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tskräfteverleih nicht den primären Betriebszweck darstellt.<br />

Zwar wird rund jede zweite Erlaubnis von e<strong>in</strong>em „Mischbetrieb“<br />

erworben, doch wird von dieser Erlaubnis nicht immer und <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem<br />

Umfang Gebrauch gemacht. 20 Die Mischbetriebe stellen gut e<strong>in</strong> Drittel<br />

<strong>der</strong> Verleihbetriebe. 21 Viele dieser Firmen bieten ihren Kunden sowohl<br />

werkvertragliche Leistungen als auch die Überlassung von Personal an.<br />

Typische Branchen s<strong>in</strong>d: Installation von Anlagen, Wartung, Reparatur,<br />

Produktionsaufgaben, Logistik und Transport, Anlagen- und Gebäu<strong>der</strong>e<strong>in</strong>igung,<br />

Grau- und Grünflächenpflege, Hausmeisterdienste, Bedienen<br />

und Instandhaltung <strong>der</strong> technischen Gebäudeausrüstung, Handwerkerleistungen,<br />

Wach- und Pförtnerdienste, ebenso EDV- und Ingenieurdienstleistungen.<br />

19<br />

Der Bundesverband Personalvermittlung e.V. (BPV) nennt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Datenbank<br />

sechs Mitgliedsbetriebe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt <strong>Bremen</strong>, unter denen sich fünf Filialen<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> Deutschland führenden Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen bef<strong>in</strong>den. Davon Bremerhaven:<br />

drei, von denen zwei als „Ableger“ von Zeitar<strong>bei</strong>tskonzernen zu<br />

betrachten s<strong>in</strong>d.<br />

20<br />

Vgl. Deutscher Bundestag (2005), S. 29 f.<br />

21<br />

Vgl. Bundesagentur (2009), S. 7.


Steuerbare Umsätze (<strong>in</strong>sgesamt) im Bereich Vermittlung<br />

und Überlassung von Ar<strong>bei</strong>tskräften – Land <strong>Bremen</strong><br />

Tätigkeitsbereich 2003 2004 2005 2006<br />

Jahr<br />

25<br />

Personalüberlassung<br />

steuerbarer Umsatz <strong>in</strong> Tsd. Euro 99.775 134.334 177.006 225.404<br />

Betriebe 49 50 48 49<br />

Umsatz pro Betrieb <strong>in</strong> Tsd. Euro 2.036 2.687 3.688 4.600<br />

Personalvermittlung<br />

steuerbarer Umsatz <strong>in</strong> Tsd. Euro 22.690 14.719 15.157 18.171<br />

Betriebe 18 20 23 24<br />

Umsatz pro Betrieb <strong>in</strong> Tsd. Euro 1.261 736 659 757<br />

Personalüberlassung<br />

und Vermittlung<br />

steuerbarer Umsatz <strong>in</strong> Tsd. Euro 122.465 149.053 192.163 243.575<br />

Betriebe 67 70 71 73<br />

Umsatz pro Betrieb <strong>in</strong> Tsd. Euro 1.828 2.129 2 707 3.337<br />

Quellen: Statistisches Landesamt <strong>Bremen</strong>, eigene Berechnungen.<br />

E<strong>in</strong>ige wirtschaftliche Kennzahlen <strong>der</strong> Unternehmen im Bereich „Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

und Stellenvermittlung“ mit Sitz im Land <strong>Bremen</strong><br />

ergeben sich aus <strong>der</strong> Umsatzsteuerstatistik. Die Angaben beziehen sich<br />

nicht auf die Betriebsstätten, son<strong>der</strong>n nur auf die umsatzsteuerpflichtigen<br />

Unternehmen. Liegen zum Beispiel <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em Unternehmen mehrere<br />

Betriebe vor o<strong>der</strong> besteht e<strong>in</strong> Unternehmen aus mehreren örtlichen<br />

E<strong>in</strong>heiten wie Zweigbetrieben, wird es <strong>in</strong> dieser Statistik mit se<strong>in</strong>em<br />

Umsatz jeweils als E<strong>in</strong>heit erfasst. 22<br />

Die Zahl <strong>der</strong> umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen im Bereich Stellenvermittlung/Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

hat sich demnach zwischen 2003<br />

und 2006 im Bundesland <strong>Bremen</strong> nur ger<strong>in</strong>gfügig von 67 auf 73 erhöht.<br />

Da<strong>bei</strong> nahm die Zahl nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Unterklasse „Personal- und Stel-<br />

22 Zur Beschreibung: Statistisches Bundesamt, Sachgebiete Statistiken, Statistikcode:<br />

UMS030 - https://www-genesis.destatis.de/genesis/onl<strong>in</strong>e/.


26<br />

lenvermittlung“ zu, nämlich von 18 im Jahr 2003 auf 24 im Jahr<br />

2006, obwohl die gemeldeten Umsätze <strong>in</strong> diesem Bereich sogar rückläufig<br />

waren. Der durchschnittliche steuerbare Umsatz pro Steuerpflichtigen<br />

(<strong>in</strong>sgesamt) betrug im Jahr 2006 im Bereich Personalvermittlung<br />

rund 757.000 Euro. Bei <strong>der</strong> „Überlassung von Ar<strong>bei</strong>tskräften“ hat sich<br />

die Zahl von 49 Betrieben im Jahr 2006 gegenüber 2003 jedoch nicht<br />

verän<strong>der</strong>t. Der durchschnittliche Umsatz pro erfassten Betrieb errechnet<br />

sich <strong>in</strong> diesem Fall mit rund 4,6 Millionen Euro. Zusammen betrachtet<br />

ergibt sich für die Betriebe im Bereich Stellenvermittlung und Personalüberlassung<br />

somit e<strong>in</strong> durchschnittlicher steuerbarer Umsatz von rund<br />

3,3 Millionen Euro.<br />

Größenstruktur <strong>der</strong> Betriebe<br />

Zu den Betriebsstrukturen wird im Folgenden auf die Beschäftigtenstatistik<br />

<strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t Bezug genommen. Als "Betrieb" gilt<br />

hier die nach dem Meldeverfahren <strong>der</strong> Sozialversicherung def<strong>in</strong>ierte<br />

wirtschaftsfachliche und örtliche E<strong>in</strong>heit – die Nie<strong>der</strong>lassung o<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsstätte,<br />

für die e<strong>in</strong>e Betriebsnummer zugeteilt wurde und <strong>in</strong> <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigte tätig s<strong>in</strong>d. Unternehmen mit<br />

mehreren Ar<strong>bei</strong>tsstätten o<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassungen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de<br />

können unter bestimmten Umständen Betriebsteile e<strong>in</strong>zeln melden,<br />

ebenso aber auch mehrere Betriebe mit gleichem wirtschaftsfachlichem<br />

Schwerpunkt nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hauptbetrieb zusammenfassen. 23<br />

23 Vgl. Statistisches Bundesamt: Sachgebiete Statistiken, Statistik <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigten,(www.genesis.destatis.de/genesis/onl<strong>in</strong>e/).


Betriebsgrößen<br />

Insgesamt wurden im Land <strong>Bremen</strong> zum 30.6.2007 183 Beschäftigungsbetriebe<br />

im Bereich Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung und Stellenvermittlung<br />

gemeldet. Davon befanden sich 38 (o<strong>der</strong> rund e<strong>in</strong> Fünftel) <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Seestadt Bremerhaven. E<strong>in</strong> hoher Anteil <strong>der</strong> Betriebe ist relativ kle<strong>in</strong> –<br />

gut zwei Drittel aller gemeldeten Betriebe hat weniger als 50 sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigte, e<strong>in</strong> Drittel nur bis zu 19 Mitar<strong>bei</strong>ter.<br />

Betriebe und Betriebsgröße im Bereich „Personal- und Stellenvermittlung,<br />

Ar<strong>bei</strong>tskräfteüberlassung“<br />

Betriebe<br />

Land<br />

<strong>Bremen</strong><br />

Stadt<br />

<strong>Bremen</strong><br />

Stadt<br />

Bremerhaven<br />

<strong>in</strong>sgesamt 183 145 38<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

1-9 49 39 10<br />

10-19 11 * *<br />

20-49 56 42 14<br />

50-99 28 19 9<br />

100-249 34 31 3<br />

250-499 5 * *<br />

500 und mehr 0 0 0<br />

* anonymisiert<br />

Quellen: Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t, eigene Berechnungen<br />

27<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Beschäftigungsbetriebe ist jedoch ebenso wie die durchschnittliche<br />

Betriebsgröße <strong>in</strong> den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.<br />

Sie erhöhte sich zu den Stichtagen von 127 im Jahr 2003 auf 183<br />

im Jahr 2007 beziehungsweise um 44 Prozent. Die Zahl <strong>der</strong> Beschäftigten<br />

(Land) erhöhte sich pro Betrieb von 40 (<strong>bei</strong> 127 Betrieben) auf<br />

60 Beschäftigte, um 50 Prozent. Die Beschäftigten ar<strong>bei</strong>ten mit e<strong>in</strong>em<br />

höheren Anteil als noch im Jahr 2003 <strong>in</strong> größeren Betriebse<strong>in</strong>heiten.<br />

Wurden 2003 im Land <strong>Bremen</strong> erst 13 Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten<br />

gezählt, waren dies 2007 bereits 39, wo<strong>bei</strong> fünf Betriebe –<br />

sie bef<strong>in</strong>den sich alle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt <strong>Bremen</strong> - sogar zwischen 250 und<br />

499 Beschäftigte aufwiesen.


28<br />

An<strong>der</strong>s betrachtet, und das zeigt die höhere Beschäftigungsrelevanz <strong>der</strong><br />

größeren E<strong>in</strong>heiten, ar<strong>bei</strong>teten Mitte des Jahrs 2007 6.838 beziehungsweise<br />

63,5 Prozent <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>der</strong> Branche Stellenvermittlung/Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

<strong>in</strong> Betrieben mit mehr als 100 Mitar<strong>bei</strong>tern.


Betriebe und Betriebsgröße im Bereich „Personal- und Stellenvermittlung,<br />

Ar<strong>bei</strong>tskräfteüberlassung“<br />

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Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Betriebsgrößenklassen<br />

im Bereich „Personal- und Stellenvermittlung, Ar<strong>bei</strong>tskräfteüberlassung“<br />

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Quelle: Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t, eigene Berechnungen.<br />

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29


30<br />

1.2.2 Entwicklung <strong>der</strong> Beschäftigung<br />

Nach <strong>der</strong> Beschäftigtenstatistik waren Ende Juni 2008 im Land <strong>Bremen</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Branche „Personal- und Stellenvermittlung und Überlassung<br />

von Ar<strong>bei</strong>tskräften“ 11.705 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte<br />

tätig, davon 9.608 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt <strong>Bremen</strong> und 2.097 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt Bremerhaven.<br />

Damit betrug im Land <strong>Bremen</strong> <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 4,1 Prozent,<br />

was deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. In <strong>der</strong> Stadt <strong>Bremen</strong><br />

beträgt die Quote 4,0 Prozent. In <strong>der</strong> Stadt Bremerhaven hat sie mit<br />

4,6 Prozent e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s hohes Niveau erreicht.<br />

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirtschaftsgruppe<br />

Personal- und Stellenvermittlung, Überlassung von Ar<strong>bei</strong>tskräften<br />

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Quellen: Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t, eigene Berechnungen.<br />

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Die Anzahl <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer hat sich damit gegenüber Juni 2003<br />

(5.093 Beschäftigte) mehr als verdoppelt. Die Zahl <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tneh-


mer erhöhte sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt <strong>Bremen</strong> 2008 auf den 2,2-fachen, <strong>in</strong><br />

Bremerhaven sogar auf den 3,3-fachen Wert von Juni 2003. Neben<br />

den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ar<strong>bei</strong>teten Mitte 2007 im<br />

Bundesland noch circa 1.100 ger<strong>in</strong>gfügig Beschäftigte alle<strong>in</strong> im Bereich<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung. 24<br />

Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsquoten zu<br />

den Quartalsstichtagen seit Ende 2006.<br />

Stichtag 31.12.<br />

2006<br />

31.03.<br />

2007<br />

30.06.<br />

2007<br />

30.09.<br />

2007<br />

<strong>in</strong> Prozent<br />

31.12.<br />

2007<br />

31.03.<br />

2008<br />

30.06.<br />

2008<br />

Deutschland 2,2 2,3 2,5 2,6 2,5 2,6 2,8<br />

Land<br />

<strong>Bremen</strong> 3,2 3,4 3,9 3,9 3,8 3,9 4,1<br />

Stadt<br />

<strong>Bremen</strong> 3,3 3,4 3,9 3,8 3,7 3,8 4,0<br />

Stadt<br />

Bremerhaven 3,0 3,5 4,1 4,4 4,0 4,1 4,6<br />

Die Zeitar<strong>bei</strong>tsquote im Land <strong>Bremen</strong> liegt wie auch die an<strong>der</strong>er Ballungsräume<br />

deutlich über dem Bundesdurchschnitt, was unter an<strong>der</strong>em<br />

auf e<strong>in</strong>en für Großstadtregionen typischen starken Bestand mit Betrieben<br />

des verar<strong>bei</strong>tenden Gewerbes zurückgeführt werden kann 25 , <strong>in</strong> denen<br />

die Zeitar<strong>bei</strong>t beson<strong>der</strong>s stark verbreitet ist.<br />

31<br />

Mit 40,3 Prozent liegt <strong>der</strong> Anteil von E<strong>in</strong>pendlern unter den Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

<strong>in</strong> etwa <strong>bei</strong>m Wert für alle am Ar<strong>bei</strong>tsort Land <strong>Bremen</strong> beschäftigten<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmer (Juni 2007). Mit 47,8 Prozent deutlich erhöht<br />

fällt <strong>der</strong> E<strong>in</strong>pendleranteil <strong>bei</strong> den Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt Bremerhaven<br />

aus. In <strong>der</strong> Stadt <strong>Bremen</strong> beträgt die E<strong>in</strong>pendlerquote<br />

41,2 Prozent.<br />

24 Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirtschaftsunterklasse Überlassung von Ar<strong>bei</strong>tskräften (also<br />

ohne Stellenvermittlung) waren im Juni 2007 1.056 ger<strong>in</strong>gfügig Beschäftigte<br />

tätig.<br />

25 Vgl. Jahn/Wolf (2005), S. 6.


32<br />

Daten e<strong>in</strong>er Son<strong>der</strong>auswertung <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t weisen<br />

darauf h<strong>in</strong>, dass sich Zeitar<strong>bei</strong>t mit hohen absoluten Werten und Beschäftigungsquoten<br />

vor allem <strong>in</strong> den Großstädten <strong>der</strong> Metropolregion<br />

<strong>Bremen</strong>-Oldenburg konzentriert.<br />

Nach eigenen Berechnungen lag die Quote <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer bezogen<br />

auf alle Beschäftigten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Metropolregion <strong>Bremen</strong>-Oldenburg<br />

(rund 1,16 Millionen Beschäftigte) <strong>bei</strong> 3,3 Prozent. Sie ist <strong>in</strong> den Landkreisen<br />

(2,6 Prozent) deutlich niedriger als <strong>in</strong> den kreisfreien Städten<br />

(4,3 Prozent).<br />

Der Zuwachs <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>erbeschäftigung im Gebiet von Nie<strong>der</strong>sachsen<br />

ist bis 2005 beson<strong>der</strong>s auf den verstärkten E<strong>in</strong>satz <strong>bei</strong> Automobilherstellern<br />

und Zulieferbetrieben (Wolfsburg, Salzgitter, Emden und<br />

Oldenburg) sowie e<strong>in</strong>e steigende Nutzungs<strong>in</strong>tensität <strong>in</strong> <strong>der</strong> Luftfahrt<strong>in</strong>dustrie<br />

und im Schiffbau (Emden, Leer, Wesermarsch) zurückzuführen.<br />

26<br />

1.2.3 Kennzeichnende Merkmale <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbeschäftigung<br />

Sozioökonomische Merkmale<br />

In verschiedenen Dimensionen ergeben sich deutliche Abweichungen<br />

<strong>der</strong> sozioökonomischen Merkmale von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern und den sozialversicherungspflichtig<br />

beschäftigten Ar<strong>bei</strong>tnehmern <strong>in</strong>sgesamt:<br />

• Überwiegend männliche Beschäftigte: Nur 26 Prozent <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

s<strong>in</strong>d Frauen. Dieser Anteil ist erheblich niedriger als<br />

<strong>bei</strong> allen im Bundesland sozialversicherungspflichtig Beschäftigten<br />

(42,7 Prozent am 30.6.2008). Der Frauenanteil ist <strong>in</strong> Bremerhaven<br />

mit 21,6 Prozent noch etwas ger<strong>in</strong>ger als <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong> ausgeprägt.<br />

Der Beschäftigungsanteil von Frauen nahm seit Juni 2003 zu. Absolut<br />

stieg die Zahl <strong>der</strong> weiblichen Zeitar<strong>bei</strong>ter von 1.145 auf<br />

26 Vgl. Jahn/Wolf (2005), S. 3.


3.044. Dies bedeutete e<strong>in</strong>e Zunahme um 166 Prozent. Die Zahl<br />

<strong>der</strong> männlichen Zeitar<strong>bei</strong>ter stieg von 3.948 auf 8.661, womit die<br />

Zunahme von 119 Prozent deutlich darunter liegt.<br />

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirtschaftsgruppe<br />

Personal- und Stellenvermittlung, Überlassung von Ar<strong>bei</strong>tskräften<br />

(Ende Juni 2008)<br />

Land<br />

<strong>Bremen</strong><br />

<strong>in</strong> %<br />

Stadt<br />

<strong>Bremen</strong><br />

<strong>in</strong> % Bremerhaven<br />

33<br />

<strong>in</strong> %<br />

<strong>in</strong>sgesamt 11.705 100,0 9.608 100,0 2.097 100,0<br />

männlich 8.661 74,0 7.017 73,0 1.644 78,4<br />

weiblich 3.044 26,0 2.591 27,0 453 21,6<br />

Alter<br />

unter 25 Jahre 2.122 18,1 1.682 17,5 440 21,0<br />

25-49 Jahre 7.944 67,9 6.526 67,9 1.418 67,6<br />

50 Jahre und älter 1.639 14,0 1.400 14,6 239 11,4<br />

Staatsangehörigkeit<br />

darunter Deutschland 10.006 85,5 8.215 85,5 1.791 85,4<br />

darunter Ausland 1.678 14,3 1.372 14,3 306 14,6<br />

Berufsausbildung<br />

mit Berufsausbildung 5.926 50,6 4.917 51,2 1.009 48,1<br />

ohne Berufsausbildung 3.050 26,1 2.570 26,7 480 22,9<br />

Fach- und Hochschulabschluss<br />

380 3,2 362 3,8 18 0,9<br />

ke<strong>in</strong>e Zuordnung 2.349 20,1 1.759 18,3 590 28,1<br />

Ar<strong>bei</strong>tszeit<br />

darunter Vollzeit 10.302 88,0 8.297 86,4 2.005 95,6<br />

darunter Teilzeit 1.403 12,0 1.311 13,6 92 4,4<br />

Quellen: Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t; eigene Berechnungen.<br />

• Hoher Anteil ausländischer Ar<strong>bei</strong>tnehmer: 14,3 Prozent <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

s<strong>in</strong>d nichtdeutscher Nationalität. Dies ist im Vergleich<br />

zu ihrem kaum halb so hohen Anteil von 6,4 Prozent unter<br />

allen im Land <strong>Bremen</strong> sozialversicherungspflichtig Beschäftigten<br />

e<strong>in</strong>e deutlich stärkere Repräsentanz. Diese Quote hat sich übrigens<br />

seit 2003 langfristig kaum verän<strong>der</strong>t.


34<br />

• Jüngere und Ar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>der</strong> mittleren Jahrgänge: 14,0 Prozent<br />

<strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig Beschäftigten <strong>der</strong> Branche<br />

s<strong>in</strong>d 50 Jahre und älter. Die unter 25-Jährigen machen 18,1 Prozent<br />

<strong>der</strong> Beschäftigten aus, was gegenüber dem Wert von 2003<br />

(19,2 Prozent) etwas weniger ist. Der Anteil dieser Altersgruppe an<br />

allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Land <strong>Bremen</strong><br />

ist deutlich niedriger (10,1 Prozent). Gegenüber 2003 hat sich <strong>der</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> 25- bis 49-jährigen Beschäftigten kaum verän<strong>der</strong>t. Er<br />

beträgt rund zwei Drittel beziehungsweise 67,9 Prozent.<br />

• Vollzeitbeschäftigung: Der Anteil <strong>der</strong> Teilzeitbeschäftigten von<br />

12,0 Prozent fällt im Vergleich zu allen Beschäftigten im Land<br />

<strong>Bremen</strong> (19,5 Prozent) deutlich niedriger aus, hat sich aber gegenüber<br />

2003 (5,9 Prozent) fast verdoppelt.<br />

• Ausbildung: 50,6 Prozent <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig beschäftigten<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer verfügen über e<strong>in</strong>e Berufsausbildung.<br />

Das ist etwas ger<strong>in</strong>ger als <strong>bei</strong> den <strong>in</strong>sgesamt im Land <strong>Bremen</strong> Beschäftigten<br />

(55,2 Prozent). Nur 3,2 Prozent <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

besitzen e<strong>in</strong>en Fachhochschul- o<strong>der</strong> Hochschulabschluss. Bei allen<br />

im Land Beschäftigten beträgt dieser Wert immerh<strong>in</strong> 11,2 Prozent.<br />

Deutlich erhöht ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Beschäftigten ohne Berufsausbildung.<br />

Dieser beträgt 26,1 Prozent und ist damit deutlich gegenüber<br />

dem Wert von 12,9 Prozent <strong>bei</strong> allen Beschäftigten erhöht.<br />

Zu beachten ist <strong>bei</strong> diesen Angaben allerd<strong>in</strong>gs <strong>der</strong> hohe Anteil von<br />

20,1 Prozent <strong>der</strong> Beschäftigten, für die e<strong>in</strong>e Zuordnung nicht vorliegt.<br />

27<br />

27 Lässt man die ungeklärten Fälle außen vor, ergibt sich die folgende Verteilung<br />

(n=8.873): 64,6 Prozent mit, 30,5 Prozent ohne Berufsausbildung,<br />

4,9 Prozent Fachhochschul-/Hochschulabschluss.


1.3 Betrieblicher E<strong>in</strong>satz und Tätigkeiten von<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

E<strong>in</strong>e vom BAW Institut für regionale Wirtschaftsforschung für das Land<br />

<strong>Bremen</strong> vorgenommene Auswertung des IAB-Betriebspanels 2006 28<br />

ergibt, dass rund 5 Prozent aller Betriebe im Land <strong>Bremen</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tskräfte<br />

e<strong>in</strong>setzen, was deutlich über dem für Westdeutschland ermittelten<br />

Vergleichswert (3 Prozent) liegt. Am häufigsten wird Zeitar<strong>bei</strong>t im<br />

verar<strong>bei</strong>tenden Gewerbe genutzt, wo 16 Prozent <strong>der</strong> Betriebe davon<br />

Gebrauch machen.<br />

Anteil <strong>der</strong> Betriebe <strong>in</strong> Prozent nach Anzahl <strong>der</strong><br />

beschäftigten Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

zehn bis 19<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer; 4%<br />

fünf bis neun<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer;<br />

17%<br />

20 und mehr<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer; 8%<br />

drei bis vier<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer;<br />

23%<br />

e<strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer;<br />

32%<br />

zwei<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer;<br />

16%<br />

Quellen: Landsberg (2007a), eigene Berechnungen.<br />

28 Vgl. Landsberg (2007a).<br />

35


36<br />

In zwei Drittel <strong>der</strong> Betriebe mit Zeitar<strong>bei</strong>t wurden mehrere Zeitar<strong>bei</strong>ter<br />

beschäftigt. In 12 Prozent <strong>der</strong> Betriebe mit Zeitar<strong>bei</strong>t ar<strong>bei</strong>teten jeweils<br />

sogar mehr als 10 Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer. Aus e<strong>in</strong>er Längsschnittbetrachtung<br />

(2004 bis 2006) ergibt sich schließlich, dass drei Viertel <strong>der</strong> Bremer<br />

Betriebe, die Mitte des Jahres 2004 Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer beschäftigten,<br />

dies auch zwei Jahre später taten. Daraus wird geschlossen, dass die<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t häufiger als "ständige Schwankungsreserve" e<strong>in</strong>gesetzt wird<br />

und sich bereits vom Umfang her zu e<strong>in</strong>er „Konstanten <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Personalpolitik“ entwickelt hat. 29<br />

Auswertungen zum übergreifenden Vergleich <strong>der</strong> unterschiedlichen Intensität<br />

des E<strong>in</strong>satzes von Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> verschiedenen Wirtschaftszweigen<br />

liegen für das Land <strong>Bremen</strong> nicht vor.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Verbreitung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> <strong>der</strong> Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Region <strong>Bremen</strong> ergeben sich H<strong>in</strong>weise aus den Ergebnissen<br />

e<strong>in</strong>er 2007 von <strong>der</strong> Industriegewerkschaft Metall <strong>Bremen</strong> durchgeführten<br />

Betriebsrätebefragung. Da<strong>bei</strong> lagen Antworten aus 36 Betrieben<br />

mit zusammen rund 9.000 Beschäftigten vor, <strong>in</strong> denen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

e<strong>in</strong>gesetzt wurden. Die Zeitar<strong>bei</strong>terquote betrug <strong>in</strong> diesen Betrieben<br />

durchschnittlich 9,9 Prozent, <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er hohen Schwankungsbreite. Bei<br />

zehn Betrieben lagen die Zeitar<strong>bei</strong>terquoten über diesem Durchschnitt,<br />

<strong>bei</strong> drei Betrieben waren diese höher als 25 Prozent. Bei e<strong>in</strong>em Unternehmen<br />

mit knapp unter 100 Beschäftigten betrug <strong>der</strong> Anteil sogar<br />

knapp 50 Prozent. Dieses Unternehmen griff da<strong>bei</strong> auf e<strong>in</strong>e eigene<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma zurück. In knapp zwei Drittel <strong>der</strong> Betriebe diente Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

dem Zweck, Stammkräfte zu ersetzen. 30<br />

In <strong>der</strong> vom Beschäftigungsumfang her bedeutenden bremischen Automobil<strong>in</strong>dustrie<br />

spielte die Zeitar<strong>bei</strong>t nach unseren Feststellungen <strong>in</strong> den<br />

letzten Jahren vor allem im Bereich <strong>der</strong> Zuliefer<strong>in</strong>dustrie und <strong>bei</strong> Dienstleistungsanbietern<br />

e<strong>in</strong>e größere Rolle. Bundesweit kommt allerd<strong>in</strong>gs<br />

mittlerweile <strong>in</strong> neun von zehn Unternehmen des Automobilbaus Zeitar-<br />

29<br />

Vgl. Landsberg (2007a), S. 36; Landsberg (2007b).<br />

30<br />

Vgl. Edel (2008)


eit zum Zuge. Lediglich 14 Prozent <strong>der</strong> Unternehmen setzen im Produktionsbereich<br />

ke<strong>in</strong>e Zeitar<strong>bei</strong>t e<strong>in</strong>. 31<br />

Seit Langem hat die Zeitar<strong>bei</strong>t im Bereich Luftfahrzeugbau<br />

(EADS/Airbus) e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s hohe Bedeutung. Bei Airbus liegt die<br />

Fremdpersonalquote – Personale<strong>in</strong>satz externer Dienstleister und Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

- weit über 30 Prozent, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Bereichen über 50 Prozent.<br />

Im Schiffbau ist neben <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz sogenannter<br />

„Fremdfirmen“ auf den Werftbetrieben stark verbreitet. 2007 wurde <strong>bei</strong><br />

21 norddeutschen Werften, die rund 80 Prozent (16.246 Beschäftigte)<br />

aller erfassten Werftbeschäftigten repräsentierten, e<strong>in</strong>e Zeitar<strong>bei</strong>tsquote<br />

von 15,1 Prozent ermittelt. Auf neun Werften lag die Quote zwischen<br />

25 und 30 Prozent. 32<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t spielt e<strong>in</strong>e stärkere Rolle <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Offshore- beziehungsweise<br />

W<strong>in</strong>denergietechnik. In diesem Bereich bieten sich seit Langem beson<strong>der</strong>s<br />

Möglichkeiten für Schiffbau- und Zulieferbetriebe zur Produktdiversifizierung<br />

an.<br />

E<strong>in</strong> regionalspezifischer Schwerpunkt bildet die Zeitar<strong>bei</strong>t im Bereich<br />

Hafen, Logistik, Distribution: Die gewerbliche Ar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

bremischen Seehäfen wird pr<strong>in</strong>zipiell nicht durch Zeitar<strong>bei</strong>t geleistet. So<br />

s<strong>in</strong>d rund 3.800 Hafenfachar<strong>bei</strong>ter <strong>in</strong> den bremischen Häfen <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em<br />

im Jahre 1947 geschaffenen Gesamthafenbetriebsvere<strong>in</strong> und se<strong>in</strong>en<br />

Mitglie<strong>der</strong>n beschäftigt. Der Gesamthafenbetriebsvere<strong>in</strong> wurde gesetzlich<br />

vor allem „zur Schaffung stetiger Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse für Hafenar<strong>bei</strong>ter“<br />

e<strong>in</strong>gerichtet. 33 Er stellt gewissermaßen e<strong>in</strong>en „ideellen“ Gesamtar<strong>bei</strong>tgeber<br />

dar, so dass <strong>der</strong> überbetriebliche E<strong>in</strong>satz von Fachkräften<br />

auch nicht als gewerbsmäßige Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung e<strong>in</strong>zustufen ist.<br />

Für die Seehafenbetriebe ist allerd<strong>in</strong>gs auch <strong>der</strong> Bereich Distribution<br />

und Conta<strong>in</strong>erpack von Bedeutung, <strong>in</strong> dem im Jahr 2007 circa 1.800<br />

31 Vgl. Dudenhöffer/Büttner (2006), S. 30-36.<br />

32 Vgl. Ludwig/Tholen (2007), S. 26.<br />

33 § 1 des Gesetzes über die Schaffung e<strong>in</strong>es beson<strong>der</strong>en Ar<strong>bei</strong>tgebers für Hafenar<strong>bei</strong>ter<br />

(Gesamthafenbetrieb) vom 03.08.1950 (BGBl I S. 352).<br />

37


38<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmer beschäftigt waren. Im Transport- und Logistiksektor außerhalb<br />

<strong>der</strong> unmittelbar seehafenbezogenen Aktivitäten kommen Zeitar<strong>bei</strong>tskräfte<br />

<strong>in</strong> hohem Maße zum E<strong>in</strong>satz. Zeitar<strong>bei</strong>t ist nach Aussagen<br />

e<strong>in</strong>es Hafenexperten e<strong>in</strong>er Landesbehörde wegen <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s kurzfristigen<br />

Personalbedarfe im Logistikbereich für viele Betriebe quasi<br />

„unverzichtbar“ geworden.<br />

In den letzten Jahren fand die Zeitar<strong>bei</strong>t auch <strong>in</strong> Branchen und Betriebsstrukturen<br />

E<strong>in</strong>gang, <strong>in</strong> denen sie aus verschiedenen Gründen bisher<br />

als untypisch galt. Wir haben hierzu verschiedene Fälle <strong>bei</strong> unseren<br />

Recherchen genauer unter die Lupe genommen, wie zum Beispiel die<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t von Kassierer<strong>in</strong>nen und Kassierern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>zelhandelsbetrieb.<br />

Bemerkenswert ist die stärkere Verbreitung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t im<br />

Handwerk. Beispiele bieten Schlossereien (werkstattbezogene Kle<strong>in</strong>serienfertigung<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong>dustrienahe Auftragsar<strong>bei</strong>ten), Kfz-Service-Betriebe<br />

o<strong>der</strong> das Maler- und Lackiererhandwerk. Beachtlich ist ferner e<strong>in</strong> zunehmen<strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>satz von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern im Bereich <strong>der</strong> stationären<br />

Gesundheitsversorgung und Rehabilitation, das heißt <strong>bei</strong> Krankenpflege,<br />

Psychotherapie und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Altenpflege, wo e<strong>in</strong>ige E<strong>in</strong>richtungen zur Personalkostensenkung<br />

zentrale Leistungsbereiche <strong>in</strong> Servicegesellschaften<br />

ausgeglie<strong>der</strong>t haben und da<strong>bei</strong> auch vermehrt auf die Angebote von<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen zurückgreifen.<br />

1.3.1 Berufliche Tätigkeiten<br />

Die Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirtschaftsgruppe Personalvermittlung<br />

und Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung lassen sich nach dem<br />

Schwerpunkt <strong>der</strong> beruflichen Tätigkeit den jeweiligen Gruppen <strong>der</strong> offiziellen<br />

Berufssystematik zuordnen. Die Zuordnung gibt also nur Auskunft<br />

über den Tätigkeitsschwerpunkt, sagt aber nur wenig über die für<br />

die Ar<strong>bei</strong>t benötigten formalen Qualifikationen o<strong>der</strong> die beruflichen Abschlüsse<br />

<strong>der</strong> Beschäftigten aus. Der jeweiligen Berufsgruppe s<strong>in</strong>d nach<br />

<strong>der</strong> Berufsklassifikation meistens sowohl Helfer- als auch Fachkräftetätigkeiten<br />

zugeordnet.


Berufliche Tätigkeiten von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern (Ende Juni 2007)<br />

<strong>in</strong> <strong>Bremen</strong>.<br />

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Quellen: Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t, eigene Berechnungen.<br />

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39<br />

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Die folgenden Angaben beruhen auf Daten e<strong>in</strong>er Son<strong>der</strong>auswertung des<br />

Statistikservice Nordost <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t. Die Angaben beziehen<br />

sich hier auf die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im<br />

Bereich Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung und Stellenvermittlung am<br />

30.6.2007.<br />

Nach diesen Angaben handelt es sich im Land <strong>Bremen</strong> <strong>bei</strong> 57,7 Prozent<br />

<strong>der</strong> Beschäftigungsverhältnisse von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern um Produktionstätigkeiten<br />

<strong>in</strong> Industrie und Handwerk beziehungsweise Tätigkeiten<br />

<strong>in</strong> Fertigungsberufen. Zumeist wird für diese Tätigkeiten entwe<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>stiegsqualifikation als Fachar<strong>bei</strong>ter, <strong>bei</strong> den zugeordneten Helfertätigkeiten<br />

ke<strong>in</strong>e spezielle Qualifikation vorausgesetzt.<br />

37,8 Prozent <strong>der</strong> Beschäftigten können den „Dienstleistungsberufen“<br />

zugeordnet werden und 3,8 Prozent den „technischen Berufen“ (Techniker,<br />

Ingenieure und naturwissenschaftliche Tätigkeiten). Die Vertei-


40<br />

lung <strong>in</strong> den Städten <strong>Bremen</strong> und Bremerhaven unterscheidet sich nicht<br />

wesentlich. Nur die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten <strong>in</strong> technischen<br />

Berufen spielen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Seestadt Bremerhaven e<strong>in</strong>e etwas ger<strong>in</strong>gere<br />

Rolle als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt <strong>Bremen</strong>.<br />

Fertigungsberufe: Von 6.321 Zeitar<strong>bei</strong>t-Beschäftigungsverhältnissen im<br />

Bereich <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriellen und handwerklichen Fertigungsberufe lässt<br />

sich fast jedes dritte (1.904 Beschäftigte, 30,1 Prozent) dem Berufsfeld<br />

Metall zuordnen (Metallerzeuger, -bear<strong>bei</strong>ter 5,6 Prozent, Schlosser,<br />

Mechaniker und zugeordnete Berufe 22,8 Prozent, Montierer 1,7 Prozent).<br />

Beson<strong>der</strong>s bemerkenswert ist e<strong>in</strong> hoher Anteil von „Hilfsar<strong>bei</strong>tern<br />

ohne nähere Angabe“, die rund die Hälfte (49,1 Prozent) <strong>der</strong> Beschäftigten<br />

<strong>der</strong> Fertigungsberufe stellen.<br />

Insgesamt ar<strong>bei</strong>teten Mitte 2007 im Land <strong>Bremen</strong> 64.377 Beschäftigte<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em „Fertigungsberuf“, von denen 6.321 als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer beschäftigt<br />

waren. Dies bedeutet, dass je<strong>der</strong> zehnte Ar<strong>bei</strong>ter <strong>in</strong> Industrie<br />

und Handwerk (9,8 Prozent) als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer beschäftigt ist.<br />

Noch stärker verdichtet sich die Betroffenheit <strong>bei</strong> Hilfsar<strong>bei</strong>tern ohne<br />

nähere Tätigkeitsangabe. Insgesamt waren 4.658<br />

sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Land <strong>Bremen</strong> dieser<br />

Tätigkeit zugeordnet, von denen 3.101 als Zeitar<strong>bei</strong>tskräfte tätig waren.<br />

Dies bedeutet, dass im Bundesland zwei von drei beschäftigten<br />

Hilfsar<strong>bei</strong>tern (beziehungsweise 66,6 Prozent) <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma<br />

ar<strong>bei</strong>ten.<br />

Dienstleistungsberufe: 4.147 Beschäftigungsverhältnisse (Land) waren<br />

am 30.06.2007 dem Berufsabschnitt „Dienstleistungsberufe“<br />

zugeordnet, was 37,8 Prozent aller im Bereich Personal- und<br />

Stellenvermittlung und Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung beschäftigten<br />

Personen entspricht. Von allen Dienstleistungsbeschäftigten im Land<br />

<strong>Bremen</strong> ar<strong>bei</strong>teten 2,2 Prozent <strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t.<br />

1.687 beziehungsweise 40,7 Prozent <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>in</strong>nerhalb des<br />

Berufsabschnitts „Dienstleistungsberufe“ s<strong>in</strong>d Bürofachleute und<br />

-hilfskräfte. In dieser und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen an<strong>der</strong>en Berufsgruppen verbirgt<br />

sich e<strong>in</strong>e (unbekannte) höhere Anzahl <strong>in</strong>terner Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>der</strong>


Personaldienstleistungsfirmen. E<strong>in</strong> hoher Anteil von 26,2 Prozent ergibt<br />

sich auch aus <strong>der</strong> Zahl von 1.087 Lagerverwaltern, Lager- und<br />

Transportar<strong>bei</strong>tern.<br />

Technische Berufe: 418 Beschäftigte (Land) ar<strong>bei</strong>teten <strong>in</strong> technischen<br />

Berufen, da<strong>bei</strong> handelte es sich im Wesentlichen um Tätigkeiten, die<br />

Ingenieuren (44,7 Prozent) und Technikern (39,2) zugeordnet werden<br />

können. Zahl und Anteil <strong>der</strong> <strong>in</strong> Bremerhaven Beschäftigten dieser Berufsgruppe<br />

fallen relativ niedrig aus.<br />

Bei den technischen Berufen ergibt sich mit zwei Prozent e<strong>in</strong> unterdurchschnittlicher<br />

Anteil <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer an <strong>der</strong> gesamten Beschäftigung<br />

dieses Berufsbereichs. Die Zeitar<strong>bei</strong>tsbeschäftigung konzentriert<br />

sich hier auf die Berufsgruppen Ingenieure, Chemiker, Physiker<br />

(187) sowie Techniker (164).<br />

1.3.2 Bedeutung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t auf dem bremischen Ar<strong>bei</strong>tsmarkt<br />

41<br />

Verdrängung regulärer Ar<strong>bei</strong>tsplätze?<br />

In den vergangenen Jahren wuchs im Land <strong>Bremen</strong> die Beschäftigung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche kont<strong>in</strong>uierlich deutlich stärker als <strong>in</strong> allen an<strong>der</strong>en<br />

Branchen. Bei zunehmen<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t g<strong>in</strong>g die sozialversicherungspflichtige<br />

Beschäftigung im Land <strong>Bremen</strong> zwischen 2003 und<br />

2005 <strong>in</strong>sgesamt zurück. Noch Anfang 2008 lag die Zahl <strong>der</strong> Beschäftigten<br />

<strong>in</strong>sgesamt ohne Berücksichtigung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer unter dem<br />

Niveau von 2003. Im Gesamtzeitraum von Mitte 2003 bis Mitte 2007<br />

zeigt sich zunächst e<strong>in</strong> Rückgang <strong>der</strong> „Nicht-Zeitar<strong>bei</strong>tsplätze“ um rund<br />

7.200 Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse. Dies bedeutet nicht nur, dass sich die anhaltende<br />

Zunahme <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsplätze (+5.472) von <strong>der</strong> übrigen Entwicklung<br />

„abgekoppelt“ hat.<br />

In <strong>der</strong> folgenden Grafik wird die Entwicklung <strong>der</strong> Beschäftigtenzahl <strong>in</strong><br />

und außerhalb <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche dargestellt.


42<br />

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Bereich Zeitar<strong>bei</strong>t und <strong>in</strong><br />

den übrigen Wirtschaftszweigen<br />

285.000<br />

280.000<br />

275.000<br />

270.000<br />

265.000<br />

260.000<br />

255.000<br />

250.000<br />

100%<br />

99%<br />

98%<br />

97%<br />

96%<br />

95%<br />

94%<br />

93%<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

ohne Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

30.06.<br />

30.09.<br />

31.12.<br />

31.03.<br />

30.06.<br />

30.09.<br />

31.12.<br />

31.03.<br />

30.06.<br />

30.09.<br />

31.12.<br />

31.03.<br />

30.06.<br />

30.09.<br />

31.12.<br />

31.3.<br />

30.06.<br />

30.09.<br />

31.12.<br />

31.03.<br />

2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

ohne Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

30.06.<br />

30.09.<br />

31.12.<br />

31.03.<br />

30.06.<br />

30.09.<br />

31.12.<br />

31.03.<br />

30.06.<br />

30.09.<br />

31.12.<br />

31.03.<br />

30.06.<br />

30.09.<br />

31.12.<br />

31.3.<br />

30.06.<br />

30.09.<br />

31.12.<br />

31.03.<br />

30.06.<br />

2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />

Quellen: Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t, eigene Berechnungen.


Die Daten sche<strong>in</strong>en zwar die These e<strong>in</strong>er gewissen „Vorreiterfunktion“<br />

<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t während e<strong>in</strong>es Aufschwungs zunächst zu bestätigen: Danach<br />

s<strong>in</strong>d zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es wirtschaftlichen Aufschwungs Unternehmen<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Neue<strong>in</strong>stellung noch zurückhaltend und dehnen zunächst das<br />

Überstundenvolumen aus. In e<strong>in</strong>er nächsten Phase or<strong>der</strong>n sie häufiger<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer. “Sofern sich die wirtschaftliche Situation anhaltend<br />

positiv entwickelt, s<strong>in</strong>d sie dann offenbar zunehmend bereit, den steigenden<br />

Ar<strong>bei</strong>tskräftebedarf auch über eigene E<strong>in</strong>stellungen zu decken.“<br />

34 Erst anschließend gehen sie „gegebenenfalls dazu über, Personal<br />

fest e<strong>in</strong>zustellen“- wo<strong>bei</strong> sich dieses Personal auch aus den Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

speisen kann. 35 Doch man kann e<strong>in</strong> und dieselbe Entwicklung<br />

auch durchaus an<strong>der</strong>s <strong>in</strong>terpretieren. Bezogen auf die bremische<br />

Entwicklung ergeben sich auch Anzeichen dafür, dass e<strong>in</strong> unbekannter<br />

Anteil <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tszunahme auch ebenso zulasten von Ar<strong>bei</strong>tsplätzen<br />

außerhalb <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche erfolgte. Denn <strong>der</strong> „Boom“ <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

erfolgte fast zeitgleich mit e<strong>in</strong>em Verlust an Ar<strong>bei</strong>tsplätzen außerhalb<br />

<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tswirtschaft, was eben auch auf e<strong>in</strong>e mögliche Substitution<br />

regulärer Ar<strong>bei</strong>tsplätze durch Zeitar<strong>bei</strong>t h<strong>in</strong>weist.<br />

Stellenangebot<br />

Während bundesweit schon rund e<strong>in</strong> Drittel des von <strong>der</strong> Bundesagentur<br />

für Ar<strong>bei</strong>t erfassten Angebots an offenen Stellen (Bestand) auf das Konto<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t geht, s<strong>in</strong>d es im Land <strong>Bremen</strong> schon seit längerer Zeit gut<br />

zwei Drittel. So befanden sich im von <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t im<br />

März 2009 bezogen auf das Land statistisch erfassten Bestand von<br />

7.196 offenen Stellen 4.845 Stellen im Bereich <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

und Stellenvermittlung. Dies entspricht 67,3 Prozent <strong>der</strong> gemeldeten<br />

Stellen, was e<strong>in</strong> im Vergleich zum übrigen Bundesgebiet deutlich<br />

erhöhten Wert darstellt, wo rund jede vierte gemeldete Stelle <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>t zugeordnet werden kann.<br />

34 Buch/Janzen (2008), S. 7.<br />

35 Vgl. Bundesagentur (2008a), S. 32.<br />

43


44<br />

Gemeldete Stellen (Bestand) im Bereich Zeitar<strong>bei</strong>t und <strong>in</strong> den übrigen<br />

Wirtschaftszweigen<br />

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Quellen: Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t, eigene Berechnungen.<br />

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Um e<strong>in</strong> etwas konkreteres Verständnis des Ar<strong>bei</strong>tsplatzangebots zu bekommen,<br />

haben wir im Rahmen <strong>der</strong> Recherchen zu verschiedenen<br />

Zeitpunkten des Jahres 2008 regionale Stellenangebote <strong>der</strong> Jobbörse<br />

genauer untersucht – sozusagen aus <strong>der</strong> Bewerberperspektive: zum<br />

Beispiel h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Beschäftigungskonditionen <strong>bei</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Merkmale <strong>der</strong> da<strong>bei</strong> auftretenden Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen. In vielen Berufsbereichen<br />

gibt es demnach für Ar<strong>bei</strong>tsuchende kaum noch <strong>in</strong> rele-


vantem Umfang Beschäftigungsalternativen außerhalb <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche.<br />

Das gilt beson<strong>der</strong>s für die Ende 2008 <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong> am meisten<br />

nachgefragten gewerblichen Berufstätigkeiten: „Hilfsar<strong>bei</strong>ter ohne Tätigkeitsangabe“,<br />

die <strong>in</strong>sgesamt 35,1 Prozent des Bestands an offenen<br />

Stellen ausmachen (Oktober 2008), ebenso für „Elektriker“ (5,2<br />

Prozent), „Schlosser“ (4,0 Prozent) sowie „Lagerverwalter und Transportar<strong>bei</strong>ter“<br />

(3,7 Prozent).<br />

Die hohe Bedeutung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong>nerhalb des offiziell erfassten Stellenangebots<br />

ist allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> deutlicher H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensivere<br />

gegenseitige Abhängigkeitsbeziehung, die mittlerweile zwischen <strong>der</strong><br />

öffentlichen Ar<strong>bei</strong>tsvermittlung und den Personaldienstleistungsunternehmen<br />

besteht. Tatsächlich werden die Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen von<br />

<strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t als „Premiumkunden“ mit e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>en<br />

Service durchaus unterstützt. Den Firmen stehen persönliche Ansprechpartner<br />

zur Verfügung. Offenbar erhalten sie <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Stellenbesetzung<br />

auch häufiger Lohnkostenzuschüsse als Ar<strong>bei</strong>tgeber an<strong>der</strong>er Branchen.<br />

36 Nach Angaben <strong>der</strong> Bundesregierung waren im Januar 2008<br />

rund sieben Prozent <strong>der</strong> mit E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ungszuschüssen geför<strong>der</strong>ten Ar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

im Wirtschaftszweig Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung beschäftigt,<br />

was e<strong>in</strong> Mehrfaches ihres Anteils an allen Beschäftigten darstellt. 37<br />

1.4 Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

1.4.1 Beson<strong>der</strong>es Schutzbedürfnis <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

Die „gewerbliche Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung“ ist <strong>in</strong> Deutschland erst seit<br />

e<strong>in</strong>er 1967 vom Bundesverfassungsgericht getroffenen Grundsatzentscheidung<br />

38 rechtlich zulässig. Die Entscheidung beseitigte e<strong>in</strong> seit<br />

1927 bestehendes Verbot des gewerbsmäßigen Verleihs von Ar<strong>bei</strong>ts-<br />

36 Vgl. DGB (2008), S. 7.<br />

37 Vgl. Deutscher Bundestag (2008).<br />

38 Vgl. BVerfG (1967).<br />

45


46<br />

kräften. 39 Das Bundesverfassungsgericht schätzte <strong>in</strong> <strong>der</strong> damaligen Entscheidung<br />

den <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er Zulassung <strong>der</strong> gewerblichen Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

zu erwartenden Umfang und die ar<strong>bei</strong>tsmarktliche Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t wegen ihres ungewöhnlichen Charakters als äußerst ger<strong>in</strong>g<br />

e<strong>in</strong>. So würde es e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Lebenserfahrung wi<strong>der</strong>sprechen,<br />

„dass <strong>in</strong> Betrieben längere Zeit h<strong>in</strong>durch fremde Ar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

tätig s<strong>in</strong>d, die ihnen von an<strong>der</strong>en Unternehmern überlassen s<strong>in</strong>d, weiterh<strong>in</strong><br />

nur zu diesen Unternehmern <strong>in</strong> Rechtsbeziehungen stehen und<br />

<strong>der</strong> Weisungsbefugnis des Unternehmers, <strong>in</strong> dessen Betrieb sie tatsächlich<br />

ar<strong>bei</strong>ten, nicht unterstehen“ 40 . Dass diese Eigenart <strong>der</strong> gewerblichen<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung beson<strong>der</strong>e ar<strong>bei</strong>tsrechtliche Problematiken<br />

und Gefährdungen für die Ar<strong>bei</strong>tnehmer nach sich zieht, stand damals<br />

wie heute außer Frage.<br />

Und so spielte <strong>bei</strong> <strong>der</strong> 1972 e<strong>in</strong>geführten gesetzlichen Regelung des<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) 41 die politische Zielsetzung<br />

e<strong>in</strong>e zentrale Rolle, e<strong>in</strong>ige nach <strong>der</strong> Verfassungsgerichtsentscheidung<br />

eklatant auftretenden Missstände 42 im Bereich <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t durch<br />

straffe Regulierung e<strong>in</strong>zudämmen und „Verhältnisse herzustellen, die<br />

den Anfor<strong>der</strong>ungen des sozialen Rechtsstaats entsprechend e<strong>in</strong>e Ausbeutung<br />

<strong>der</strong> betreffenden Ar<strong>bei</strong>tnehmer ausschließen“ 43 . Ausgehend von<br />

e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>en Schutzbedürfnis des Leih- beziehungsweise Zeitar<strong>bei</strong>tnehmers<br />

unterliegt die gewerbliche Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung seither<br />

e<strong>in</strong>igen Restriktionen. Von <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche wurde die Regulierung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit allerd<strong>in</strong>gs meist als H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis ihrer geschäftlichen<br />

Aktivitäten kritisiert - zum Beispiel als „bürokratischer Hemmschuh,<br />

<strong>der</strong> s<strong>in</strong>nvolle ar<strong>bei</strong>tsteilige Produktionsformen erschwert und<br />

damit unwirtschaftlich macht“ 44 . Vor allem von Gewerkschaftsseite war<br />

39<br />

Vgl. Vitols (2003), S. 5.<br />

40<br />

BVerfG (1967).<br />

41<br />

Neubekanntmachung 7. August 1972, (BGBl I, S. 1393).<br />

42<br />

Vgl. Sandmann (1972), S. 500 f.<br />

43<br />

Bundestagsdrucksache VI/2303, S. 9: Zit. <strong>bei</strong> Thüs<strong>in</strong>g (2005), E<strong>in</strong>führung,<br />

Rz 14.<br />

44<br />

Deutscher Bundestag (1988), S. 5.


dem allerd<strong>in</strong>gs entgegengehalten worden, dass durch die Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

„e<strong>in</strong>e Störung des Ar<strong>bei</strong>tsmarktes und die Gefahr, dass<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer zu Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen ar<strong>bei</strong>ten müssen, die sozial-<br />

und ar<strong>bei</strong>tsrechtlich nicht denen vergleichbarer Stammbeschäftigter<br />

entsprechen“ 45 , heraufbeschworen würde. Seit 1974 legt die Bundesregierung<br />

e<strong>in</strong>en Bericht zur Umsetzung des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetzes<br />

und die Entwicklung <strong>der</strong> erlaubten und unerlaubten Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

vor. Schwerpunkte s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> rechtliche und soziale<br />

Schutz <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer sowie die Auswirkungen <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

auf den Ar<strong>bei</strong>tsmarkt. Seither wird immer wie<strong>der</strong> das<br />

Anliegen betont, das legale <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sverhältnis von <strong>der</strong> Typik <strong>der</strong> Aushilfstätigkeit<br />

möglichst zu e<strong>in</strong>em vollgültigen Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis weiterzuentwickeln,<br />

so dass zum Beispiel „<strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer wie an<strong>der</strong>e<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmer e<strong>in</strong>en Dauerar<strong>bei</strong>tsplatz <strong>bei</strong> se<strong>in</strong>em Verleiher erhält“ 46 ,<br />

wie es vor genau zwei Jahrzehnten formuliert wurde.<br />

1.4.2 Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung und Ar<strong>bei</strong>tsvertrag<br />

Der gewerbsmäßige Verleih von Ar<strong>bei</strong>tskräften ist e<strong>in</strong>e erlaubnispflichtige,<br />

staatlich beaufsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit. Die Erlaubnis kann<br />

unter bestimmten Umständen wi<strong>der</strong>rufen werden. Es gibt somit ke<strong>in</strong>e<br />

generelle Zulässigkeit <strong>der</strong> gewerblichen Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung, son<strong>der</strong>n<br />

nur e<strong>in</strong> restriktives „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt" 47 . Der Verleihbetrieb<br />

(die Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma) muss e<strong>in</strong>e Reihe gewerberechtlicher Voraussetzungen<br />

erfüllen, um e<strong>in</strong>e Erlaubnis erteilt zu bekommen. Sie soll<br />

dann nicht erteilt und gegebenenfalls entzogen werden, wenn e<strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>tgeber<br />

erwiesenermaßen wichtige Ar<strong>bei</strong>tgeberpflichten zum Nachteil<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmer verletzt hat. Aufsichtsbehörde ist die jeweils zuständige<br />

Regionaldirektion <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t.<br />

45 Deutscher Bundestag (1988), S. 5.<br />

46 Deutscher Bundestag (1988), S. 13.<br />

47 Schaub u.a. (2007), § 120, Rz 30.<br />

47


48<br />

Um e<strong>in</strong>e gewerbliche Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung handelt es sich, wenn<br />

e<strong>in</strong> <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em „Verleiher“ angestellter „<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer“ e<strong>in</strong>em Entleiher<br />

– dem Kunden o<strong>der</strong> Entleihbetrieb – gewerbsmäßig und gegen Entgelt<br />

überlassen wird. Die Grundlage dafür bildet e<strong>in</strong> „Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsvertrag“,<br />

<strong>der</strong> zwischen Verleiher und Entleiher geschlossen<br />

wird. Die Modalitäten des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsvertrags wirken<br />

sich zweifellos auf das <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sverhältnis aus. Für das Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis<br />

maßgeblich ist jedoch nur <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsvertrag zwischen dem<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>geber – <strong>der</strong> „Verleiher“ - und dem <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer.<br />

Die Leih- o<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t wird <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne häufig auch als e<strong>in</strong>e<br />

„Dreieckskonstellation“ zwischen Verleiher, Entleiher und Ar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

dargestellt.<br />

Verleiher<br />

Ar<strong>bei</strong>tgeber<br />

Ar<strong>bei</strong>tsvertrag<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsvertrag<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmer/<strong>in</strong><br />

Entleiher<br />

Im Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsvertrag verpflichtet sich <strong>der</strong> Verleiher gegenüber<br />

dem Entleiher (Kundenbetrieb), für die angefor<strong>der</strong>ten Tätigkeiten<br />

gegen e<strong>in</strong>e Vergütung angemessen qualifizierte Ar<strong>bei</strong>tnehmer zur<br />

Verfügung zu stellen. Er schuldet ihm somit nicht die spezifische Ar-


eitsleistung, son<strong>der</strong>n nur die entgeltliche Überlassung von Ar<strong>bei</strong>tskräften.<br />

48<br />

Daher gilt <strong>in</strong> aller Regel,<br />

• dass dem Kundenbetrieb für e<strong>in</strong>e(n) durch Krankheit, Urlaub o<strong>der</strong><br />

aus an<strong>der</strong>en Gründen verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten Mitar<strong>bei</strong>ter(<strong>in</strong>) umgehend Ersatz<br />

zur Verfügung gestellt wird;<br />

• dass <strong>der</strong> Verleiher berechtigt und verpflichtet se<strong>in</strong> kann, e<strong>in</strong>en Ar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

auszutauschen, <strong>der</strong> - aus welchen Gründen auch immer<br />

- nicht zur vertraglich zugesicherten Leistung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage ist;<br />

• dass <strong>der</strong> Verleiher e<strong>in</strong>e angemessene Auswahl und Bereitstellung<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmer zusichert.<br />

Erfüllt <strong>der</strong> zur Verfügung gestellte Ar<strong>bei</strong>tnehmer nicht die Erwartungen<br />

des Entleihers, haftet <strong>der</strong> Verleiher im Wesentlichen nur <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>deutig<br />

falschen Auswahl des Mitar<strong>bei</strong>ters. Der überlassene Ar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

wird daher im Pr<strong>in</strong>zip auch nicht wie e<strong>in</strong> externer Mitar<strong>bei</strong>ter beziehungsweise<br />

„Erfüllungsgehilfe“ des Verleihers angesehen. 49<br />

E<strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>tsvertrag wird nur zwischen dem <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer und se<strong>in</strong>em<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>geber begründet. Neben den allgeme<strong>in</strong>en gesetzlichen Vorgaben<br />

zum Ar<strong>bei</strong>tsvertrag (Bürgerliches Gesetzbuch, Nachweisgesetz) s<strong>in</strong>d<br />

im Vertrag e<strong>in</strong>ige beson<strong>der</strong>e Angaben zu machen, die sich auf die Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

beziehen (Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungserlaubnis,<br />

zuständige Aufsichtsbehörde, Art und Höhe <strong>der</strong> Entgeltleistungen für<br />

Zeiten, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer nicht e<strong>in</strong>gesetzt wird, Form <strong>der</strong><br />

Information über anstehende E<strong>in</strong>sätze o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Beendigung). Dem<br />

Verleiher obliegen auch während des externen E<strong>in</strong>satzes se<strong>in</strong>es Beschäftigten<br />

weiterh<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>e Ar<strong>bei</strong>tgeberpflichten.<br />

48 Vgl. Dieterich u.a. (2007), AÜG (140) E<strong>in</strong>leitung Rz. 16.<br />

49 Vgl. ebenda, Rz. 29.<br />

49


50<br />

Zwischen dem Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer und dem Entleiher besteht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

ke<strong>in</strong>e vergleichbare formelle Vertragsbeziehung. Obwohl die Interpretation<br />

naheliegt, lässt sich das <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sverhältnis daher auch nicht als<br />

„Doppelar<strong>bei</strong>tsverhältnis“ begreifen. 50 E<strong>in</strong>e zentrale Beson<strong>der</strong>heit des<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sverhältnisses ist die Aufspaltung von Ar<strong>bei</strong>tgeberfunktionen<br />

und konkreten betrieblichen Weisungsfunktionen zwischen dem Verleiher<br />

und dem Entleiher. Der Zeitar<strong>bei</strong>tgeber überträgt das ihm generell<br />

gegenüber dem Ar<strong>bei</strong>tnehmer zustehende Weisungsrecht (Direktionsrecht)<br />

für die zu leistenden Ar<strong>bei</strong>ten im Überlassungszeitraum an den<br />

Entleiher (Kundenbetrieb).<br />

Abgesehen von an<strong>der</strong>en, davon abweichenden ar<strong>bei</strong>tsvertraglichen o<strong>der</strong><br />

tarifvertraglichen Vorgaben, gelten für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer grundsätzlich<br />

immer auch die im E<strong>in</strong>satz-/Kundenbetrieb geltenden Regelungen beziehungsweise<br />

die jeweilige Betriebsordnung. Für den Zeitar<strong>bei</strong>tgeber<br />

und -ar<strong>bei</strong>tnehmer gelten ansonsten die üblichen ar<strong>bei</strong>tsvertraglichen<br />

Pflichten und Rechte. So ist die Verleihfirma für die Zahlung von Lohn-<br />

beziehungsweise Gehalt und Sozialversicherungs<strong>bei</strong>trägen, Urlaubsgewährung<br />

und so weiter zuständig und trägt die allgeme<strong>in</strong>e Fürsorgepflicht.<br />

Mit se<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz wird e<strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>in</strong> den Kundenbetrieb<br />

(Entleiher) e<strong>in</strong>geglie<strong>der</strong>t. Er unterliegt daher dessen Weisungsrechten<br />

zum Beispiel <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Zuweisung e<strong>in</strong>er bestimmten Ar<strong>bei</strong>tsaufgabe, e<strong>in</strong>es<br />

konkreten Ar<strong>bei</strong>tsplatzes und auch h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsausführung.<br />

Für den Zeitar<strong>bei</strong>tsbeschäftigten gelten meist auch die Ar<strong>bei</strong>tszeitregelung<br />

des Entleiherbetriebs sowie die Betriebsordnung und an<strong>der</strong>e Verfahrensregelungen.<br />

Auch <strong>der</strong> Entleiher hat e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Fürsorgepflicht<br />

gegenüber dem Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer, und zwar <strong>in</strong> gleicher Weise,<br />

wie er diese auch gegenüber se<strong>in</strong>en eigenen Beschäftigten zu erfüllen<br />

hätte (z.B. betrieblicher Ar<strong>bei</strong>ts- und Gesundheitsschutz, Sicherung<br />

mitgebrachter Sachen etc.).<br />

50 Vgl. Dieterich u.a. (2007), AÜG (140), Rz. 48-53.


51<br />

Gleichbehandlungsgebot und Tarifvertragsvorbehalt<br />

Das Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetz enthält e<strong>in</strong>e Reihe von Vorschriften,<br />

die e<strong>in</strong>en sozialen M<strong>in</strong>destschutz für die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer garantieren<br />

sollen (§§ 9-14 AÜG).<br />

Nach dem Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetz s<strong>in</strong>d grundsätzlich alle Vere<strong>in</strong>barungen<br />

unwirksam, die e<strong>in</strong>en Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer für die Zeit <strong>der</strong><br />

Überlassung <strong>bei</strong> den „wesentlichen Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen“ schlechter als<br />

die Ar<strong>bei</strong>tnehmer des Entleihbetriebs stellen, was beson<strong>der</strong>s das Ar<strong>bei</strong>tsentgelt<br />

betrifft. Zwei Ausnahmen lässt das Gesetz h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

Gleichbehandlung zu (§ 9 Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetz):<br />

• In den ersten sechs Wochen kann mit e<strong>in</strong>em zuvor ar<strong>bei</strong>tslosen<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer davon e<strong>in</strong>malig abgewichen werden, wenn <strong>der</strong><br />

Verleiher diesem für die Dauer von bis zu sechs Wochen m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong> Nettoar<strong>bei</strong>tsentgelt <strong>in</strong> Höhe se<strong>in</strong>es letzten Ar<strong>bei</strong>tslosengelds<br />

zahlt. Die Ausnahme gilt allerd<strong>in</strong>gs nicht, wenn mit dem Ar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

vorher und zeitnah bereits e<strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sverhältnis bestand.<br />

51 Diese Regelung soll e<strong>in</strong>en Anreiz zur E<strong>in</strong>stellung von Ar<strong>bei</strong>tslosen<br />

schaffen und die Möglichkeiten <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmarkt<strong>in</strong>tegration<br />

durch <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>, vor allem mittels <strong>der</strong> „Personal-Service-<br />

Agenturen“, verbessern.<br />

• E<strong>in</strong>e zweite Ausnahme hat sich mittlerweile zur Regel entwickelt.<br />

Vom Grundsatz gleicher Entlohnung kann nämlich abgewichen<br />

werden, wenn e<strong>in</strong> (wirksamer) Tarifvertrag davon abweichende<br />

Regelungen zulässt. Diese Öffnungsklausel führt zu <strong>der</strong> ungewöhnlichen<br />

Situation, dass für die Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer e<strong>in</strong> besserer gesetzlicher<br />

Anspruch (Gleichbehandlungspr<strong>in</strong>zip) durch Anwendung e<strong>in</strong>es<br />

Tarifvertrags verschlechtert werden kann, was angesichts <strong>der</strong><br />

51 Vgl. Thüs<strong>in</strong>g (2005), § 9, Rz. 36.


52<br />

üblichen Funktion von Tarifvere<strong>in</strong>barungen durchaus ungewöhnlich<br />

ersche<strong>in</strong>t. 52<br />

Vermeidung <strong>der</strong> Abwälzung verleihtypischer Unternehmerrisiken auf den<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer<br />

E<strong>in</strong>e zentrale Intention des AÜG besteht dar<strong>in</strong>, die Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer vor<br />

e<strong>in</strong>er Abwälzung verleihtypischer Unternehmerrisiken zu schützen, wozu<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e das Beschäftigungsrisiko <strong>in</strong> verleihfreien Zeiten gehört.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Urteil zur Zulässigkeit <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung 1967 klargestellt, dass sich <strong>bei</strong>m Ar<strong>bei</strong>tnehmer-Überlassungsvertrag<br />

die Rechtsbeziehungen zwischen dem Überlassenden<br />

und dem überlassenen Ar<strong>bei</strong>tnehmer von an<strong>der</strong>en Ar<strong>bei</strong>tsverhältnissen<br />

unterscheiden: „Sie s<strong>in</strong>d nicht auf e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zelnen Fall<br />

beschränkt, son<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d von Dauer und bleiben <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e während<br />

<strong>der</strong> Zeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>in</strong> dem fremden Betrieb tätig wird,<br />

weiter bestehen.“ 53<br />

Das bestehende Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis soll im Pr<strong>in</strong>zip von den rechtlichen<br />

Beziehungen zwischen Verleiher und Entleiher, zum Beispiel von <strong>der</strong><br />

Laufzeit des jeweiligen Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsvertrags, unabhängig<br />

se<strong>in</strong>. Kann <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tgeber durch e<strong>in</strong>en Auftragsmangel nicht die<br />

angebotene Ar<strong>bei</strong>tsleistung des Ar<strong>bei</strong>tnehmers <strong>in</strong> Anspruch nehmen,<br />

bleibt <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>geber auch <strong>in</strong> diesem Fall zur Lohnfortzahlung verpflichtet.<br />

Das Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnis wird im Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsrecht eigentlich<br />

wie e<strong>in</strong> „unbefristetes (Normal-) Dauerar<strong>bei</strong>tsverhältnis“ 54 gesehen,<br />

<strong>bei</strong> dem wegen des ständigen E<strong>in</strong>satzwechsels auch Leerlaufzeiten<br />

typisch s<strong>in</strong>d. Letztere s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> aller Regel nicht vom Ar<strong>bei</strong>tnehmer zu<br />

vertreten. Das gegenüber an<strong>der</strong>en Wirtschaftszweigen erhöhte Risiko<br />

<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma, den Lohn auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>satzlosen Zeitabschnitten<br />

weiterzubezahlen, ist dem Zeitar<strong>bei</strong>tgeber zumutbar, zumal entspre-<br />

52<br />

Vgl. Schaub u.a. (2007), § 120, Rz. 30.<br />

53<br />

BVerfG (1967).<br />

54<br />

Ulber (2004), S. 49.


chende Ausfallkosten im Rahmen des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsvertrages<br />

vom Kundenbetrieb ausreichend vergütet werden. Das Weiterbeschäftigungsrisiko<br />

liegt immer <strong>bei</strong>m Verleihbetrieb. Ist <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

<strong>in</strong> Leerlaufzeiten an <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t objektiv geh<strong>in</strong><strong>der</strong>t, se<strong>in</strong>e Ar<strong>bei</strong>tsleistung<br />

zu erbr<strong>in</strong>gen, weil ihm ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten geboten werden, hat<br />

er grundsätzlich weiter Anspruch auf die Vergütung (§ 615 BGB). Der<br />

Weitervergütungsanspruch des Zeitar<strong>bei</strong>tnehmers darf im Übrigen gemäß<br />

§ 11 Absatz 4, Satz 2 AÜG auch nicht durch e<strong>in</strong>en Vertrag aufgehoben<br />

o<strong>der</strong> beschränkt werden.<br />

Zweifellos kann auch die Befristung e<strong>in</strong>es Zeitar<strong>bei</strong>tsvertrags dazu genutzt<br />

werden, das Ar<strong>bei</strong>tgeberrisiko auf den Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer abzuwälzen.<br />

Mit <strong>der</strong> Reform <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung 2002 wurden allerd<strong>in</strong>gs<br />

spezielle Regelungen zur Befristung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse von<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern abgeschafft:<br />

53<br />

• E<strong>in</strong> „beson<strong>der</strong>es Befristungsverbot“, das den Abschluss e<strong>in</strong>es befristeten<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sverhältnisses nur aus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Person des Beschäftigten<br />

liegenden sachlichen Gründen o<strong>der</strong> wenn e<strong>in</strong> befristeter<br />

Vertrag unmittelbar an e<strong>in</strong>en vorherigen Ar<strong>bei</strong>tsvertrag mit dem<br />

Verleiher anschloss, erlaubte.<br />

• E<strong>in</strong> „Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>stellungsverbot“: Es war unzulässig, e<strong>in</strong>en Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

vor Ablauf e<strong>in</strong>er Dreimonatsfrist erneut e<strong>in</strong>zustellen.<br />

Nach <strong>der</strong> Neuregelung besteht für Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen grundsätzlich<br />

die Möglichkeit, Mitar<strong>bei</strong>tern <strong>bei</strong> fehlenden Anschlussaufträgen ordentlich<br />

zu kündigen und sie <strong>bei</strong> neuem Bedarf nach gewisser Zeit<br />

wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zustellen. 55<br />

• E<strong>in</strong> Synchronisationsverbot: Unzulässig war es, e<strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sverhältnis<br />

konkret für die Dauer e<strong>in</strong>er Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung <strong>bei</strong><br />

e<strong>in</strong>em Entleihbetrieb zu befristen.<br />

55 Vgl. Thüs<strong>in</strong>g (2005), § 3, Rz 112.


54<br />

• E<strong>in</strong>e Überlassungshöchstdauer, die zuletzt auf 24 Monate festgelegt<br />

war.<br />

Seit Abschaffung dieser Regelungen gelten jedoch zur Befristung generell<br />

die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG).<br />

Danach<br />

• ist die Befristung e<strong>in</strong>es Ar<strong>bei</strong>tsvertrages dann zulässig, wenn dafür<br />

nach den gesetzlichen Kriterien e<strong>in</strong> entsprechen<strong>der</strong> sachlicher<br />

Grund vorliegt;<br />

• muss <strong>bei</strong> zweckbefristeten Ar<strong>bei</strong>tsverhältnissen generell e<strong>in</strong> sachlicher<br />

Grund vorliegen;<br />

• ist e<strong>in</strong>e Befristung ohne Sachgrund unzulässig, wenn zwischen<br />

dem Ar<strong>bei</strong>tnehmer und demselben Ar<strong>bei</strong>tgeber bereits vorher e<strong>in</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis bestand;<br />

• kann jedoch auch ohne e<strong>in</strong>en sachlichen Grund e<strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis<br />

bis zu e<strong>in</strong>er Dauer von maximal zwei Jahren befristet werden.<br />

Innerhalb dieses Zeitraums darf es bis zu dreimal – <strong>bei</strong> tarifvertraglicher<br />

Regelung auch öfter - verlängert werden, wenn es ununterbrochen<br />

besteht. Erweiterte Spielräume bestehen dafür <strong>bei</strong> neu<br />

gegründeten Unternehmen, ebenso <strong>bei</strong> Ar<strong>bei</strong>tsverträgen mit über<br />

52-jährigen Ar<strong>bei</strong>tsuchenden.<br />

Genauer betrachtet, bietet allerd<strong>in</strong>gs auch das Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />

für die Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen kaum ernsthafte rechtliche Möglichkeiten,<br />

e<strong>in</strong>en Ar<strong>bei</strong>tsvertrag mit e<strong>in</strong>em Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer nach e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> im<br />

Teilzeit- und Befristungsgesetz genannten sachlichen Gründe zu befristen.<br />

So lässt sich zum Beispiel e<strong>in</strong> „vorübergehen<strong>der</strong> betrieblicher Bedarf“<br />

(§ 14 (1) 1. TzBfG) für das Beschäftigungsverhältnis nicht ohne<br />

weiteres von e<strong>in</strong>er Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma damit geltend machen, dass <strong>der</strong><br />

konkrete Bedarf für den E<strong>in</strong>satz <strong>bei</strong>m Kundenbetrieb nur „vorübergehen<strong>der</strong>“<br />

Natur ist. Ebenso ungeeignet wäre e<strong>in</strong>e Befristungsbegründung,


die auf die „Eigenart <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsleistung“ e<strong>in</strong>es Zeitar<strong>bei</strong>tnehmers abhebt<br />

(§ 14 (1) 4.). 56 Grundsätzlich muss nämlich davon ausgegangen<br />

werden, dass die Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma e<strong>in</strong>en Beschäftigten nach Beendigung<br />

se<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>satzes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kundenbetrieb <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Kunden<br />

e<strong>in</strong>setzt. Letztlich entfällt auch generell die Möglichkeit, die Laufzeit<br />

e<strong>in</strong>es befristeten Ar<strong>bei</strong>tsvertrags an die Laufzeit des E<strong>in</strong>satzes <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Kunden zu knüpfen. 57<br />

Praxis <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t: kurze Vertragslaufzeiten, häufige Beendigung durch<br />

ar<strong>bei</strong>tgeberseitige Kündigung<br />

Allerd<strong>in</strong>gs nutzen Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen durchaus häufig die nach<br />

dem TzBfG und Tarifverträgen bestehenden Möglichkeiten, e<strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis<br />

auch ohne sachlichen Grund zu befristen und <strong>bei</strong> Bedarf <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> gesetzlichen Rahmenfristen zu verlängern. 58 Wegen <strong>der</strong><br />

hohen Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit gibt es auf dem Ar<strong>bei</strong>tsmarkt meist genügend<br />

Ar<strong>bei</strong>tsuchende, die zur Aufnahme e<strong>in</strong>er kurz befristeten Tätigkeit bereit<br />

o<strong>der</strong> gezwungen s<strong>in</strong>d. Darüber h<strong>in</strong>aus ist es ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche<br />

üblich und für die größte Zahl <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnisse auch tarifvertraglich<br />

vorgesehen, dass auch befristete Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnisse ordentlich<br />

kündbar s<strong>in</strong>d. 59 Aus alledem ergeben sich Spielräume für Zeit-<br />

56 Vgl. Thüs<strong>in</strong>g (2005), § 3, Rz. 108.<br />

57 Vgl. Ulber (2008a), § 1, Rz. 32.<br />

58 Der BZA-DGB-Tarifvertrag erlaubt, abweichend vom maßgeblichen § 14 Absatz<br />

2 Satz 1 des Teilzeit und Befristungsgesetzes, e<strong>in</strong>en Ar<strong>bei</strong>tsvertrag bis<br />

zu e<strong>in</strong>er Gesamtdauer von zwei Jahren ohne Vorliegen e<strong>in</strong>es sachlichen<br />

Grundes zu befristen und da<strong>bei</strong> das Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis bis zu viermal zu verlängern.<br />

Vgl. BZA-DGB-Tarifgeme<strong>in</strong>schaft vom 22.07.2003, geän<strong>der</strong>t durch<br />

Än<strong>der</strong>ungstarifvertrag vom 22.12.2004, geän<strong>der</strong>t durch Än<strong>der</strong>ungstarifvertrag<br />

vom 30.05.2006.<br />

59 So gelten nach dem BZA-DGB-Tarifwerk (Kapitel 9.3) auf für befristete Verträge<br />

die ersten sechs Beschäftigungsmonate als Probezeit. Bei Neue<strong>in</strong>stellungen<br />

beträgt die Kündigungsfrist laut Tarifvertrag während <strong>der</strong> ersten zwei<br />

Wochen nur e<strong>in</strong>en Tag. Während <strong>der</strong> ersten drei Monate kann das Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis<br />

mit e<strong>in</strong>er Frist von e<strong>in</strong>er Woche gekündigt werden, danach gelten<br />

die gesetzlichen Kündigungsfristen. Beim IGZ-DGB-Manteltarifvertrag betragen<br />

die Fristen <strong>in</strong> den ersten vier Wochen <strong>der</strong> Probezeit zwei Tage, ab <strong>der</strong><br />

55


56<br />

ar<strong>bei</strong>tsfirmen, Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse ohne Angabe e<strong>in</strong>es Sachgrunds kurzzeitig<br />

zu befristen.<br />

Ulber weist nachdrücklich darauf h<strong>in</strong>, dass Verstöße gegen die Entgeltfortzahlungspflicht<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche häufig vorkommen und<br />

beson<strong>der</strong>s die gesetzlichen Kündigungs- und die Befristungsvorschriften<br />

„nahezu regelmäßig“ umgangen würden 60 , <strong>in</strong>dem zum Beispiel Befristungen<br />

„auf Wunsch des Ar<strong>bei</strong>tnehmers“ o<strong>der</strong> Eigenkündigungen <strong>der</strong><br />

Beschäftigten erzwungen beziehungsweise vorgetäuscht werden.<br />

Nach Angaben für das Jahr 2003 wurden <strong>in</strong> Betrieben, <strong>der</strong>en Hauptzweck<br />

<strong>der</strong> Verleih von Ar<strong>bei</strong>tskräften ist, 43 Prozent <strong>der</strong> Betriebsaustritte<br />

durch Ar<strong>bei</strong>tgeberkündigung beendet - <strong>in</strong> <strong>der</strong> übrigen Wirtschaft beträgt<br />

dieser Wert nur 34 Prozent. Bezogen auf die Summe <strong>der</strong> Kündigungen<br />

betrachtet, wird <strong>in</strong>nerhalb des Verleihsektors jedes dritte, außerhalb<br />

nur jedes siebte Beschäftigungsverhältnis durch ar<strong>bei</strong>tgeberseitige<br />

Kündigung aufgelöst. 61<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund wird e<strong>in</strong>e kurze durchschnittliche Beschäftigungsdauer<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern erklärlich, die auch trotz früherer<br />

Beschränkungen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Befristung von Ar<strong>bei</strong>tsverhältnissen stets ger<strong>in</strong>g<br />

blieb. Nach Untersuchungen von Antoni/Jahn stieg <strong>in</strong> Deutschland <strong>der</strong><br />

Mittelwert <strong>der</strong> Verweildauer im Verleihbetrieb von fünf Monate 1980<br />

bis auf acht Monate an, fiel dann aber bis 2003 wie<strong>der</strong> auf den Wert<br />

von 4,7 Monaten zurück. Die Hälfte <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer/<strong>in</strong>nen erreichte<br />

e<strong>in</strong>e Beschäftigungsdauer von maximal 2,1 Monaten (2003). 62<br />

Die Problematik des unsicheren Ar<strong>bei</strong>tsplatzes spiegelt sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Statistik<br />

<strong>bei</strong> den Angaben zur Beschäftigungsdauer von Zeitar<strong>bei</strong>tern. Frü-<br />

fünften Woche bis zum Ende des zweiten Monats e<strong>in</strong>e Woche. Vom dritten<br />

bis zum sechsten Monat ebenso zwei Wochen, danach s<strong>in</strong>d die gesetzlichen<br />

Kündigungsfristen e<strong>in</strong>zuhalten.<br />

60<br />

Vgl. Ulber (2004), S. 59.<br />

61<br />

Vgl. Promberger u.a. (2006), S. 30.<br />

62<br />

Vgl. Antoni/Jahn (2006).


her wie heute ist die Zeitar<strong>bei</strong>t durch e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s hohe Fluktuation<br />

gekennzeichnet.<br />

Offensichtlich haben auch e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong> den Jahren vor 2003 <strong>in</strong> mehreren<br />

Schritten bereits erfolgte Deregulierungen und die gesetzliche Verlängerung<br />

<strong>der</strong> Überlassungshöchstdauer nicht viel an diesem Charakter geän<strong>der</strong>t.<br />

Jahn/Antoni verglichen die Beschäftigungsstrukturen <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

kurz nach <strong>der</strong> letzten Reform <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung mit<br />

dem Zeitraum zwischen 1985 und 2002.<br />

57<br />

Als Ursache e<strong>in</strong>er niedrigen Dauer <strong>der</strong> Betriebszugehörigkeit im Verleihbetrieb<br />

vermuten sie vor allem die <strong>bei</strong> <strong>der</strong> letzten AÜG-Reform gelockerten<br />

Regelungen zur Befristung von Ar<strong>bei</strong>tsverhältnissen sowie die Abschaffung<br />

des Synchronisationsverbots. Kettenverträge hätten an Bedeutung<br />

gewonnen. „Es ist nicht auszuschließen, dass die Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen<br />

das Risiko verleihfreier Zeiten auf ihre Mitar<strong>bei</strong>ter und die Versichertengeme<strong>in</strong>schaft<br />

übertragen haben.“ 63 Wenn die Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen<br />

die damit erzielte Kostensenkung an die Entleihbetriebe weitergegeben<br />

hätten, könnte dies e<strong>in</strong> Grund für das kräftige Wachstum <strong>der</strong> Nachfrage<br />

an <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern gewesen se<strong>in</strong>. 64 Langfristig verän<strong>der</strong>t hatte sich bis<br />

2003 auch <strong>der</strong> Anteil von Beschäftigten unter allen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern,<br />

die vorher ar<strong>bei</strong>tslos waren. Anfang <strong>der</strong> 1980er Jahre betrug dieser<br />

noch 24 Prozent, lag 2003 aber bereits <strong>bei</strong> 43 Prozent. Schließlich<br />

g<strong>in</strong>g auch <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er zurück, die vorher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en<br />

sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit beschäftigt waren. Entsprechend<br />

stieg demgegenüber <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong>jenigen, die vorher bereits <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Verleiher tätig waren. „Offensichtlich haben die Verleiher die neuen<br />

Spielräume genutzt und zunächst befristet e<strong>in</strong>gestellt. Bei Vorliegen<br />

e<strong>in</strong>es neuen Kundenauftrags wurden die Mitar<strong>bei</strong>ter erneut rekrutiert.<br />

Somit dürfte e<strong>in</strong>e Folge <strong>der</strong> Deregulierung se<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Kettenar<strong>bei</strong>tsverträge<br />

zugenommen hat.“ 65<br />

63<br />

Jahn/Antoni (2006), S. 9.<br />

64<br />

Vgl. Antoni/Jahn (2006).<br />

65<br />

Ebenda, S. 6.


58<br />

In <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t dom<strong>in</strong>ieren äußerst kurze Beschäftigungsverhältnisse.<br />

So betrug im Jahr 2006 die durchschnittliche Zahl <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

nach <strong>der</strong> Statistik <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung rund 580.000<br />

Personen. Demgegenüber weist die berufsgenossenschaftliche Statistik<br />

e<strong>in</strong>e über das Jahr verteilte Zahl von 1,3 Millionen Personen aus, die<br />

e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Zu- und Abgänge als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer tätig waren. 66<br />

Nach <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsstatistik für den Bereich <strong>der</strong> Regionaldirektion<br />

Nie<strong>der</strong>sachsen-<strong>Bremen</strong> <strong>der</strong> Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t hatten<br />

im ersten Halbjahr 2007 fast zwei von drei Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnissen <strong>in</strong><br />

Nie<strong>der</strong>sachsen und <strong>Bremen</strong> e<strong>in</strong>e kürzere Dauer als drei Monate. Bei<br />

46,4 Prozent <strong>der</strong> Männer und 47,6 Prozent <strong>der</strong> Frauen betrug die Beschäftigungsdauer<br />

nur e<strong>in</strong>e Woche bis unter drei Monate. Für 12,1 Prozent<br />

<strong>der</strong> männlichen und 16,1 Prozent <strong>der</strong> weiblichen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

endete das Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnis vor Ablauf e<strong>in</strong>er Woche.<br />

66 Vgl. Mai (2008), S. 473.


Beendete Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse zwischen Verleihern und <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmern<br />

nach Dauer des <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sverhältnisses im Bereich <strong>der</strong> Regionaldirektion<br />

Nie<strong>der</strong>sachsen-<strong>Bremen</strong> (1. Halbjahr 2007).<br />

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Quellen: Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t, eigene Berechnungen.<br />

Im Dezember 2007 waren 64,7 Prozent <strong>der</strong> neu gemeldeten Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

direkt vor Aufnahme <strong>der</strong> Tätigkeit ohne Beschäftigung. Weiter<br />

aufgeschlüsselt: 56,6 Prozent waren nur unmittelbar vor Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong><br />

Tätigkeit ohne Beschäftigung, 8,1 Prozent vorher überhaupt noch nicht<br />

beschäftigt. Von dem guten Drittel <strong>der</strong> unmittelbar vorher Beschäftigten<br />

(35,3 Prozent) kam wie<strong>der</strong>um gut je<strong>der</strong> dritte Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer aus<br />

e<strong>in</strong>em vorher schon <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Verleihunternehmen bestehenden<br />

Beschäftigungsverhältnis. Seit 2003 haben sich diese Anteile kaum<br />

verschoben.<br />

59


60<br />

1.4.3 Löhne<br />

Seit Jahrzehnten ergeben sich aus Berichten <strong>der</strong> Bundesregierung zur<br />

Umsetzung des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetzes H<strong>in</strong>weise auf die<br />

deutliche Benachteiligung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>ter gegenüber vergleichbar tätigen<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmern an<strong>der</strong>er Branchen h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Löhne und an<strong>der</strong>er<br />

Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen. Die Lohnunterschiede haben sich im Laufe <strong>der</strong><br />

1990er Jahre noch erheblich vergrößert. Während die Reallöhne männlicher<br />

Beschäftigter gesamtwirtschaftlich zwischen 1990 und 2001<br />

ger<strong>in</strong>gfügig stiegen, sanken die Löhne <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t. Somit vergrößerte<br />

sich <strong>der</strong> Lohnabstand sowohl absolut als auch relativ. 67 Der Abstand<br />

<strong>der</strong> Bruttomonatslöhne betrug <strong>in</strong> den Jahren 1991 bis 1995 <strong>bei</strong> Frauen<br />

rund 29 Prozent und <strong>bei</strong> Männern 36 Prozent. Die höchsten Unterschiede<br />

zwischen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern und regulär Beschäftigten ließen<br />

sich <strong>bei</strong> Personen ohne Berufsausbildung und Nichtfachar<strong>bei</strong>tern ermitteln.<br />

68 Die berufsgruppenbezogenen Bruttolohndifferenzen wurden mit<br />

22 bis 40 Prozent geschätzt. 69<br />

Entsprechend richteten sich <strong>bei</strong> <strong>der</strong> letzten Reform <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung<br />

Hoffnungen vor allem beson<strong>der</strong>s darauf, dass sich die materielle<br />

Situation <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>ter durch den <strong>in</strong> § 9 AÜG neu verankerten<br />

Gleichbehandlungsgrundsatz entscheidend verbessern würde. Grundsätzlich<br />

gilt zwar, dass Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>bei</strong> allen Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen<br />

nicht schlechter als die Stammbeschäftigten <strong>der</strong> Entleihbetriebe gestellt<br />

werden dürfen. Entsprechend unwirksam s<strong>in</strong>d danach „Vere<strong>in</strong>barungen,<br />

die für die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer für die Zeit <strong>der</strong> Überlassung an e<strong>in</strong>en Entleiher<br />

schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für e<strong>in</strong>en vergleichbaren<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen<br />

e<strong>in</strong>schließlich des Ar<strong>bei</strong>tsentgelts vorsehen ...“ (§ 9 Nr. 2<br />

AÜG). Zu den „wesentlichen Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen“ gehören neben dem<br />

67<br />

Vgl. Burda/Kvasnicka (2005), S. 14; vgl. auch Jahn/Rudolph (2002), DGB<br />

(2001), S. 11.<br />

68<br />

Vgl. Kvasnicka/Werwatz (2003).<br />

69<br />

Vgl. Deutscher Bundestag (2000), S. 26.


Ar<strong>bei</strong>tsentgelt und Zuschlägen auch Ar<strong>bei</strong>tszeit, Urlaub, Sozialleistungen.<br />

61<br />

Wie bereits dargestellt, kann jedoch neben e<strong>in</strong>er selten praktizierten<br />

Ausnahme <strong>bei</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stellung von Ar<strong>bei</strong>tslosen vom Gleichbehandlungsgrundsatz<br />

abgewichen werden, wenn e<strong>in</strong> für das <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sverhältnis<br />

gelten<strong>der</strong> Tarifvertrag angewendet wird, <strong>der</strong> abweichende – auch<br />

ungünstigere - Bestimmungen vorsieht. Nur für e<strong>in</strong>en ungewissen kle<strong>in</strong>en<br />

Bruchteil <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnisse kommt daher <strong>der</strong> Gleichbehandlungsgrundsatz<br />

zum Tragen.<br />

Der E<strong>in</strong>satz von Zeitar<strong>bei</strong>tern nach dem Grundsatz gleicher Entlohnung<br />

(„equal pay“) und Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen („equal treatment“) stellt gegenwärtig<br />

nur e<strong>in</strong>e Ausnahme dar. Nahezu alle Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

wenden Zeitar<strong>bei</strong>tstarifverträge an, <strong>der</strong>en Regelungen für die Beschäftigten<br />

zumeist ungünstigere Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen und E<strong>in</strong>kommen als für<br />

die Beschäftigten <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzbetriebe darstellen.<br />

Zu den wichtigsten Tarifregelungen zählen gegenwärtig die Vere<strong>in</strong>barungen<br />

• zwischen Tarifgeme<strong>in</strong>schaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes<br />

(DGB) und dem Bundesverband Zeitar<strong>bei</strong>t Personal-<br />

Dienstleistungen e.V. (BZA) sowie dem Interessenverband Deutscher<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen (iGZ e.V.);<br />

• zwischen <strong>der</strong> Tarifgeme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> Christlichen Gewerkschaften<br />

für Zeitar<strong>bei</strong>t und PSA (CGZP) und dem Ar<strong>bei</strong>tgeberverband Mittelständischer<br />

Personaldienstleister (AMP). 70<br />

70 Vgl. Tarifverträge zwischen AMP und CGB (Stand 06.07.2008);<br />

http://www.personalor<strong>der</strong>.de, Entgeltrahmentarifvertrag zwischen <strong>der</strong> Tarifgeme<strong>in</strong>schaft<br />

Christliche Gewerkschaften Zeitar<strong>bei</strong>t und PSA (CGZP) und<br />

dem Ar<strong>bei</strong>tgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) vom<br />

29.11.2004. Hier auch Verhandlungsergebnisse Juli 2008.


62<br />

Von den drei Ar<strong>bei</strong>tgeberverbänden <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche im Jahr<br />

2008 für <strong>Bremen</strong> s<strong>in</strong>d 94 Mitgliedsbetriebe (Nie<strong>der</strong>lassungen und Betriebsstätten)<br />

gemeldet, von denen sich 82 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt <strong>Bremen</strong> bef<strong>in</strong>den.<br />

Tarifverbände<br />

Land<br />

<strong>Bremen</strong><br />

Stadt<br />

<strong>Bremen</strong><br />

Bremerhaven<br />

Interessengeme<strong>in</strong>schaft<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t (IGZ)<br />

Bundesverband Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

29 29 0<br />

(BZA)<br />

AGV mittelständischer<br />

44 34 10<br />

Personaldienstleister 20 19 1<br />

zusammen 93 82 11<br />

Die Monatse<strong>in</strong>kommen <strong>der</strong> nach diesen Tarifverträgen beschäftigten<br />

Zeitar<strong>bei</strong>ter liegen <strong>in</strong> den untersten Lohngruppen deutlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe<br />

zum sozioökonomischen Existenzm<strong>in</strong>imum und können je nach zu versorgendem<br />

Haushalt den zusätzlichen Bezug von Hartz-IV-Leistungen<br />

erfor<strong>der</strong>lich werden lassen. Das Nettoe<strong>in</strong>kommen e<strong>in</strong>es Zeitar<strong>bei</strong>tnehmers,<br />

<strong>der</strong> 7,38 Euro pro Stunde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er 35-Stundenwoche verdient,<br />

liegt unter <strong>der</strong> Pfändungsgrenze. Bei e<strong>in</strong>em Fachar<strong>bei</strong>terstundenlohn<br />

von 9,37 Euro beläuft sich <strong>der</strong> Nettobetrag auf rund 1.000 Euro<br />

(Herbst 2008).<br />

Da<strong>bei</strong> repräsentieren die zwischen CGZP und AMP geschlossenen Tarifverträge<br />

e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s niedriges Lohnniveau, das den Verdacht des<br />

Lohndump<strong>in</strong>gs genährt hat und <strong>in</strong> <strong>der</strong> juristischen Diskussion Zweifel<br />

an den Tarifverträgen angestoßen hat. 71 Hier betragen die niedrigsten<br />

Stundenlöhne für Hilfsar<strong>bei</strong>ten im Tarifgebiet West 7,21 Euro, die niedrigsten<br />

Fachar<strong>bei</strong>terlöhne 8,45 Euro. In den östlichen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

betragen die vergleichbaren Tarife 6,00 Euro und 6,97 Euro. Da<strong>bei</strong><br />

sehen diese Tarifverträge zusätzliche Möglichkeiten vor, das Entgelt <strong>in</strong><br />

den ersten Beschäftigungsmonaten zusätzlich um 9,5 Prozent abzusenken.<br />

H<strong>in</strong>zu kommen weitere Öffnungsklauseln, nach denen von den<br />

71 Vgl. Schüren (2008), S. 297.


Bestimmungen des Tarifvertrags abgewichen werden kann. Ebenso<br />

können Betriebsvere<strong>in</strong>barungen mit Zustimmung <strong>der</strong> Tarifvertragsparteien<br />

zur Abän<strong>der</strong>ung von Tarifvertrags<strong>in</strong>halten führen.<br />

Zu Recht erklärte Bundesar<strong>bei</strong>tsm<strong>in</strong>ister Scholz vor nicht allzu langer<br />

Zeit vor Verbandsvertretern, dass <strong>der</strong> zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t e<strong>in</strong>geführte<br />

Gleichstellungsgrundsatz nicht e<strong>in</strong>gelöst werde. Scharf kritisierte<br />

er Zeitar<strong>bei</strong>tstarifverträge „die e<strong>in</strong>zig und alle<strong>in</strong> dem Ziel dienen, den<br />

Gleichstellungsgrundsatz zu umgehen und Lohndrückerei zulasten <strong>der</strong><br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer und Stammbelegschaften zu betreiben“, die nicht den<br />

Zielsetzungen des „Reformgesetzgebers“ entsprechen würden. 72<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ergaben sich im Zuge <strong>der</strong> bis Mitte 2008 noch anziehenden<br />

Konjunktur für Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Tätigkeitsbereichen<br />

und Regionen durchaus Probleme, zu den geltenden Zeitar<strong>bei</strong>tstariflöhnen<br />

ausreichend Fachkräfte e<strong>in</strong>zustellen. 73 Nach unseren Recherchen<br />

betonten beson<strong>der</strong>s Firmen mit den niedrigsten Tariflöhnen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Suche<br />

nach Ar<strong>bei</strong>tskräften, „übertarifliche“ Vergütungen zu leisten. Vertreter<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen räumten e<strong>in</strong>, <strong>bei</strong> für sie unverzichtbaren Fachkräften<br />

im E<strong>in</strong>zelfall vergütungsmäßig „oben noch etwas draufzulegen“.<br />

Wie die folgende Tabelle zeigt, ergibt die Verdiensterhebung für das<br />

produzierende Gewerbe und den Dienstleistungsbereich bezogen auf<br />

<strong>Bremen</strong> im Jahr 2008 erhebliche Unterschiede zwischen den Vergütungen<br />

<strong>der</strong> Personaldienstleistungsbranche und den Vergütungen <strong>in</strong><br />

allen erfassten Wirtschaftszweigen. Für alle Wirtschaftsbereiche ergab<br />

sich e<strong>in</strong>e durchschnittliche Stundenvergütung von 19,52 Euro (ohne<br />

Son<strong>der</strong>zahlungen). Dieser Wert liegt 46,4 Prozent über dem Wert, <strong>der</strong><br />

sich für die Branche „Personal- und Stellenvermittlung, Überlassung<br />

von Ar<strong>bei</strong>tskräften“ ermitteln lässt. In <strong>der</strong> untersten Leistungsgruppe<br />

72 Vgl. BMAS (2008).<br />

73 Der Fachkräftemangel hatte zur Folge, „dass E<strong>in</strong>satzbetriebe Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

wie<strong>der</strong> verstärkt übernehmen o<strong>der</strong> die tatsächlich gezahlten Löhne e<strong>in</strong>schließlich<br />

<strong>der</strong> sonstigen Leistungen über den im BZA-Tarifvertrag mit den<br />

DGB-Gewerkschaften vere<strong>in</strong>barten Bed<strong>in</strong>gungen liegen müssen“. Vgl. BZA<br />

(2007).<br />

63


64<br />

verdienten Beschäftigte <strong>der</strong> Personaldienstleister durchschnittlich nur<br />

8,69 Euro pro Stunde. Das waren 2,96 Euro beziehungsweise<br />

34,1 Prozent weniger als die Beschäftigten aller erfassten Wirtschaftsbereiche<br />

verdienten. Mit 59,9 Prozent ergibt sich <strong>der</strong> höchste relative<br />

Abstand <strong>in</strong> <strong>der</strong> nächsthöheren Leistungsgruppe 4. Der Lohnabstand ist<br />

<strong>bei</strong> den männlichen Beschäftigten deutlich höher als <strong>bei</strong> den weiblichen<br />

Beschäftigten (53,5 Prozent gegenüber 30,0 Prozent).<br />

Durchschnittliche Bruttostundenverdienste<br />

im produzierenden Gewerbe und Dienstleistungssektor<br />

sowie im Wirtschaftszweig Personal- und Stellenvermittlung,<br />

Überlassung von Ar<strong>bei</strong>tkräften - <strong>Bremen</strong> 2008<br />

Personal- und Stellenvermittlung,<br />

Überlassung<br />

von Ar<strong>bei</strong>tskräften<br />

produzierendes<br />

Gewerbe<br />

Differenz<br />

<strong>in</strong> Euro<br />

Differenz<br />

<strong>in</strong> %<br />

<strong>in</strong>sgesamt 13,33 19,52 6,19 46,4<br />

Leistungsgruppe 1 25,62 34,06 8,44 32,9<br />

Leistungsgruppe 2 23,97 23,68 -0,29 -1,2<br />

Leistungsgruppe 3 12,93 17,00 4,07 31,5<br />

Leistungsgruppe 4 9,87 15,12 5,25 53,2<br />

Leistungsgruppe 5<br />

Männer<br />

8,69 11,65 2,96 34,1<br />

<strong>in</strong>sgesamt 13,54 20,78 7,24 53,5<br />

Frauen<br />

Leistungsgruppe 1 27,43 35,64 8,21 29,9<br />

Leistungsgruppe 2 24,24 25,21 0,97 4,0<br />

Leistungsgruppe 3 12,96 17,94 4,98 38,4<br />

Leistungsgruppe 4 9,84 15,73 5,89 59,9<br />

Leistungsgruppe 5 8,85 12,74 3,89 44,0<br />

<strong>in</strong>sgesamt 12,34 16,04 3,70 30,0<br />

Leistungsgruppe 1 20,55 27,14 6,59 32,1<br />

Leistungsgruppe 2 22,05 19,51 -2,54 -11,5<br />

Leistungsgruppe 3 12,82 14,81 1,99 15,5<br />

Leistungsgruppe 4 10,02 12,25 2,23 22,3<br />

Leistungsgruppe 5 8,00 10,01 2,01 25,1<br />

Quelle: Statistisches Landesamt <strong>Bremen</strong>, eigene Berechnungen.<br />

Der Lohnabstand zwischen Zeitar<strong>bei</strong>tskräften und Stammbeschäftigten<br />

hängt von den im E<strong>in</strong>zelfall anwendbaren Branchentarifverträgen ab. So<br />

betrug nach e<strong>in</strong>er vom Institut für Wirtschaft und Gesellschaft (IWG)


durchgeführten Berechnung <strong>in</strong> Bezug auf die Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />

<strong>der</strong> niedrigste Zeitar<strong>bei</strong>tstarifbruttolohn für Hilfsar<strong>bei</strong>ten im Tarifgebiet<br />

West zwischen 7,00 Euro und 7,38 Euro pro Stunde - und damit<br />

nur rund 60 Prozent des Lohns vergleichbarer Industriebeschäftigter.<br />

Bruttolöhne <strong>in</strong> Tarifverträgen <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t und <strong>der</strong> Metall- und<br />

Elektro<strong>in</strong>dustrie (Westdeutschland 2007)<br />

Tarifverträge<br />

AMP/CGZP IGZ/DGB BZA/DGB<br />

Metall- und<br />

Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />

Hilfstätigkeiten 1.062 1.094 1.119 1.799<br />

Stundenlohn <strong>in</strong> Euro 7,00 7,21 7,38 11,86<br />

e<strong>in</strong>fache<br />

Fachar<strong>bei</strong>ten 1.244 1.259 1.421 2.021<br />

Stundenlohn <strong>in</strong> Euro 8,20 8,30 9,37 13,32<br />

Quellen: Institut für Wirtschaft und Gesellschaft Bonn e. V.;<br />

eigene Berechnungen<br />

Entsprechende Unterschiede zwischen Beschäftigten <strong>der</strong> Entleihbetriebe<br />

und Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern fallen oft noch größer aus, wenn weitere lohnwirksame<br />

Regelungen e<strong>in</strong>bezogen werden – zum Beispiel Nacht- und<br />

Wochenendzuschläge, Urlaubsanspruch, Son<strong>der</strong>zahlungen, Ar<strong>bei</strong>tsbefreiungen<br />

und Zusatzversorgungsleistungen. 74<br />

Nach Daten <strong>der</strong> Betriebsrätebefragung des WSI liegen <strong>in</strong> 76,4 Prozent<br />

<strong>der</strong> Betriebe die Löhne <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>ter niedriger als die <strong>der</strong> Stammkräfte,<br />

wo<strong>bei</strong> die durchschnittliche Differenz 29 Prozent beträgt. 75<br />

74 Gerade <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht lassen sich nach e<strong>in</strong>er vom Institut <strong>der</strong> Eisenbahnergewerkschaft<br />

Transnet, „Mobifair“, durchgeführten Analyse weitere erhebliche<br />

Unterschiede zwischen verschiedenen Zeitar<strong>bei</strong>tstarifverträgen nachweisen.<br />

Vgl. Mobifair (2007).<br />

75 Vgl. Seifert/Brehmer (2008), S. 339.<br />

65


66<br />

1.4.4 Zum Zusammenhang von Lohn und Verleihsatz<br />

Zu den gegenwärtigen Kernproblemen <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t gehören die zum<br />

Teil extremen Intensitäten <strong>der</strong> Nutzung von Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> Entleihbetrieben<br />

und die Verdrängung von regulären Ar<strong>bei</strong>tsplätzen: durch Besetzung<br />

freier Stellen mit Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern ebenso wie durch Ausgründung<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen. 76 E<strong>in</strong> treiben<strong>der</strong> Faktor ist da<strong>bei</strong> das niedrige<br />

Lohnniveau <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tstarifverträge, welches es den Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

erleichtert, im Vergleich zu den Selbstkosten <strong>der</strong> Entleihunternehmen<br />

noch preisgünstige Verleihsätze zu berechnen - trotz Gew<strong>in</strong>ns<br />

und an<strong>der</strong>er Zuschläge.<br />

Lohnt sich <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von Zeitar<strong>bei</strong>tern für den Entleihbetrieb? Die Betriebe<br />

vergleichen die Verleihsätze mit den Kosten e<strong>in</strong>es Stammbeschäftigten<br />

pro effektiv geleisteter Ar<strong>bei</strong>tsstunde.<br />

Nach e<strong>in</strong>er Musterrechnung kalkulierten Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen Ende<br />

<strong>der</strong> 1990er Jahre den Verleihsatz pro Stunde mit e<strong>in</strong>em Kalkulationsfaktor<br />

vom 2- bis 2,2-fachen (maximal 2,4-fachen) des <strong>in</strong>dividuellen<br />

Stundenlohns e<strong>in</strong>es <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmers. 77 Die direkten Lohnkosten des<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmers betragen <strong>in</strong> dieser Rechnung rund 72 Prozent, rund<br />

28 Prozent entfallen auf Geme<strong>in</strong>kosten und Gew<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma.<br />

Dies bedeutet im Pr<strong>in</strong>zip, dass die Verleihgebühren <strong>bei</strong> gleicher<br />

Entlohnung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer über den Kosten für Stammkräfte liegen<br />

müssen. Da aber die tariflichen Zeitar<strong>bei</strong>terlöhne häufiger <strong>in</strong> ähnlicher<br />

Größenordnung unter den Tarifen <strong>der</strong> Stammkräfte liegen, ergibt<br />

sich für Entleihbetriebe durch Zeitar<strong>bei</strong>t nicht unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> f<strong>in</strong>anzieller<br />

Mehraufwand.<br />

Nach e<strong>in</strong>er noch vor <strong>der</strong> letzten AÜG-Reform durchgeführten Betriebsbefragung<br />

betrugen die Verleihsätze von Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Regel weniger als die Vergleichskosten entsprechen<strong>der</strong> Stammbeschäftigter<br />

von Entleihunternehmen. Bei Hilfskräften lagen die Verleihsätze<br />

76 Vgl. We<strong>in</strong>kopf/Vanselow (2008), S. 12.<br />

77 Vgl. Schrö<strong>der</strong> (2005), S. 84 f.


sogar oft mehr als 25 Prozent unter den Selbstkosten <strong>der</strong> entleihenden<br />

Kundenbetriebe. Je höher die Qualifikation, desto mehr näherten sich<br />

allerd<strong>in</strong>gs die Stundenverrechnungssätze den Festanstellungskosten an.<br />

Bei Spitzenqualifikationen waren die Verleihsätze sogar oft höher als die<br />

Festanstellungskosten. 78 Ähnliches zeichnet sich <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er Unternehmensbefragung<br />

aus dem Jahr 1998 ab, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> die Entleihunternehmen<br />

sowohl <strong>bei</strong> gewerblichen Hilfstätigkeiten als auch <strong>bei</strong> gewerblichen<br />

Fachar<strong>bei</strong>tertätigkeiten häufiger von ger<strong>in</strong>geren Verleihsätzen gegenüber<br />

den Sätzen für Stammkräfte berichteten. 79<br />

Aus Wettbewerbsgründen geben Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen selten Auskunft<br />

darüber, wie sich ihre Stundenverrechnungssätze errechnen. Im<br />

Folgenden soll hierzu e<strong>in</strong>e Modellkalkulation durchgeführt werden, die<br />

auch zur Erläuterung <strong>der</strong> Differenz zwischen sche<strong>in</strong>bar hohen Stundenverrechnungssätzen<br />

und im Vergleich dazu ger<strong>in</strong>gen Stundenlöhnen <strong>der</strong><br />

Beschäftigten benutzt werden kann.<br />

Als Ausgangsmaterial liegt uns das Angebot e<strong>in</strong>er Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma vor,<br />

die Ar<strong>bei</strong>tnehmer mit folgenden Stundenverrechnungssätzen anbietet:<br />

Helfer ab 14,50 Euro<br />

Fachhelfer ab 16,50 Euro<br />

Fachar<strong>bei</strong>ter ab 20,50 Euro<br />

kaufmännisches Personal ab 19,90 Euro<br />

Die Verleihsätze <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen repräsentieren die Personalkosten<br />

e<strong>in</strong>schließlich Sozialversicherung, Lohnfortzahlung <strong>bei</strong> Urlaub o<strong>der</strong> im<br />

Krankheitsfall und so weiter, <strong>bei</strong> Ar<strong>bei</strong>tsausfall, den Gew<strong>in</strong>n, Geme<strong>in</strong>kosten<br />

wie Verwaltungspersonalkosten und an<strong>der</strong>e Sachkosten (Disponenten,<br />

Personalverwaltung, Miete, Werbung etc.).<br />

78 Vgl. Ammermüller u.a. (2003), S. 29.<br />

79 Vgl. Watzka (o.J.).<br />

67


68<br />

Beispielkalkulation<br />

Euro Euro<br />

Stundenlöhne Ar<strong>bei</strong>tnehmer 7,38 9,37<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerbrutto <strong>in</strong>kl. Son<strong>der</strong>zahlungen 1.139,00 1.439,00<br />

Auszahlung (Lohnsteuerkl. I, ke<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong>, ke<strong>in</strong>e Kirchensteuer)<br />

867,00 1.029,00<br />

Wochenar<strong>bei</strong>tszeit <strong>in</strong> Stunden 35,00 35,00<br />

Kalkulation des Verleihsatzes<br />

1. Berechnung <strong>der</strong> effektiv geleisteten Ar<strong>bei</strong>tszeit<br />

bezahlte Ar<strong>bei</strong>tsstunden pro Jahr (35 Std. x 52 Wochen) 1.820,00 1.820,00<br />

abzgl. Feiertage (10 x 7 Std.) -70,00 -70,00<br />

abzgl. Urlaub 25 Tage x 7 Std. -175,00 -175,00<br />

abzgl. Ausfallzeiten Krankheit ca. 5% -91,00 -91,00<br />

abzgl. Ausfallrisiko 5% -91,00 -91,00<br />

effektive Ar<strong>bei</strong>tsstunden pro Jahr 1.393,00 1.393,00<br />

effektive Ar<strong>bei</strong>tsstunden pro Monat 116,00 116,00<br />

2. Kosten des Verleihbetriebs<br />

Ar<strong>bei</strong>tgeberbrutto pro Monat 1.334,00 1.722,00<br />

zzgl. Geme<strong>in</strong>kosten etc. 20% von monatl. AG-Brutto 267,00 344,00<br />

kalkulierter Gew<strong>in</strong>n 6% 80,00 103,00<br />

zu berücksichtigende Gesamtkosten pro Monat 1.681,00 2.169,00<br />

3. monatliche Gesamtkosten<br />

pro monatl. effktiv geleisteter Stunden<br />

Quelle: Eigene Berechnungen.<br />

14,48 18,69<br />

Berechnungsbasis für das Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen ist die effektive Ar<strong>bei</strong>tszeit<br />

des Zeitar<strong>bei</strong>tnehmers, das heißt die unter Berücksichtigung<br />

se<strong>in</strong>es Urlaubsanspruchs und Ausfallzeiten tatsächlich von e<strong>in</strong>em Beschäftigten<br />

durchschnittlich leistbare Jahresar<strong>bei</strong>tszeit. In <strong>der</strong> folgenden<br />

Tabelle wird diese Berechnung <strong>bei</strong>spielhaft für Tarifgruppen des BZA-<br />

Tarifvertrags 2008 durchgeführt, die für Hilfsar<strong>bei</strong>ten (7,38 Euro) und<br />

Fachar<strong>bei</strong>ten (9,37Euro) <strong>in</strong>frage kommen. Ausgegangen wird von e<strong>in</strong>er


35-Stundenwoche. Demnach ist e<strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>ter unter Berücksichtigung<br />

von Urlaub, Ausfall- und e<strong>in</strong>satzlosen Zeiten rund 1.393 Stunden im<br />

Jahr, monatlich 116 Stunden, effektiv e<strong>in</strong>setzbar.<br />

Im Beispiel benötigt das Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen e<strong>in</strong>en Verleihsatz, <strong>der</strong><br />

etwas mehr als das Doppelte des Bruttostundenlohns beträgt. Der Gew<strong>in</strong>naufschlag<br />

wird hier mit 6 Prozent auf das Ar<strong>bei</strong>tgeberbrutto angesetzt.<br />

Geme<strong>in</strong>kosten und Gew<strong>in</strong>n betragen hier zusammen 26 Prozent.<br />

Diese Differenz erklärt allerd<strong>in</strong>gs auch den Wi<strong>der</strong>stand, die die For<strong>der</strong>ung<br />

nach gleicher Entlohnung von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmern im entleihenden<br />

Betrieb bis heute <strong>bei</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tgebern und Entleihern f<strong>in</strong>det. So äußerte<br />

auch schon <strong>der</strong> Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) zur<br />

Reform des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsrechts 2002 die Befürchtung,<br />

dass durch e<strong>in</strong>e Gleichstellung „die Kosten <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für die mittelständische<br />

Wirtschaft oftmals prohibitiv hoch“ wären und sich als „e<strong>in</strong><br />

großer Dämpfer“ für die Beschäftigungsform Zeitar<strong>bei</strong>t auswirken würde.<br />

„Denn die Entleihunternehmen müssten über die Löhne h<strong>in</strong>aus weiterh<strong>in</strong><br />

Kosten für die verleihfreien Zeiten und die Gebühren <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmer<br />

zahlen.“ 80 Ähnlich heißt es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Analyse des ifo<br />

Instituts, dass die „Wettbewerbsposition“ <strong>der</strong> Verleihbranche darauf<br />

beruhe, dass <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer durchschnittlich nur 65 Prozent des<br />

Bruttoentgelts vergleichbarer Beschäftigter im Entleihbetrieb erhielten.<br />

35 Prozent <strong>der</strong> Betriebe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrie würden <strong>bei</strong><br />

e<strong>in</strong>er Gleichbehandlung <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer weniger Zeitar<strong>bei</strong>t e<strong>in</strong>setzen.<br />

81 Wegen <strong>der</strong> Vielzahl von adm<strong>in</strong>istrativen Kosten würde ‚gleicher<br />

Lohn für gleiche Ar<strong>bei</strong>t‘ die „Zeitar<strong>bei</strong>t verteuern und so fast unmöglich<br />

machen“, argumentiert <strong>der</strong> Bundesverband Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Handreichung<br />

für die Öffentlichkeit. 82<br />

Sicher würde sich das Preisniveau für Zeitar<strong>bei</strong>t durch e<strong>in</strong>e konsequente<br />

Umsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erhöhen. Damit würde<br />

80<br />

DIHK (2002).<br />

81<br />

Vgl. Ochel (2003), S. 25.<br />

82<br />

BZA (2009), S. 1.<br />

69


70<br />

<strong>in</strong> vielen Fällen aber auch <strong>der</strong> Anreiz für Betriebe verr<strong>in</strong>gert, vorhandene<br />

eigene Beschäftigungsverhältnisse durch Zeitar<strong>bei</strong>t zu ersetzen.<br />

Interessanterweise hat die Bundesregierung die von den Zeitar<strong>bei</strong>tsverbänden<br />

kritisierte E<strong>in</strong>führung von Gleichbehandlungsgebot und Zeitar<strong>bei</strong>tstarifverträgen<br />

83 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit immer damit legitimiert, dass<br />

diese Regelung als Kompensation <strong>der</strong> im Zuge <strong>der</strong> AÜG-Reform vorgenommenen<br />

Deregulierungen im Ar<strong>bei</strong>tnehmerschutz zu verstehen sei. 84<br />

In e<strong>in</strong>er Publikation wiesen das zuständige Bundesar<strong>bei</strong>ts- und Wirtschaftsm<strong>in</strong>isterium<br />

durchaus nachdrücklich darauf h<strong>in</strong>, dass sich <strong>der</strong><br />

„bürokratische Mehraufwand" des Gleichbehandlungsgebots durch Anwendung<br />

e<strong>in</strong>es Tarifvertrags umgehen ließe: „Verleiher können die höheren<br />

Kosten und den bürokratischen Mehraufwand, <strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>er Anpassung<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen für jeden E<strong>in</strong>satz <strong>bei</strong> verschiedenen<br />

Entleihern verbunden ist, umgehen, wenn sie e<strong>in</strong>en Tarifvertrag anwenden.“<br />

85 Man könnte daher das gesetzgeberische Motiv zur Verankerung<br />

<strong>der</strong> Tariföffnungsklausel im Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetz durchaus<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Verbilligung <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> sehen. Fuchs hält dem jedoch entgegen,<br />

dass die Zeitar<strong>bei</strong>t wegen weiterer Kostenvorteile auch <strong>bei</strong> höheren<br />

Verleihsätzen auf <strong>der</strong> Basis von „equal pay“ für die Entleihunternehmen<br />

attraktiv bliebe. 86<br />

Es können heute kaum noch Zweifel darüber bestehen, dass das<br />

Gleichbehandlungspr<strong>in</strong>zip vornehmlich Druck auf Zeitar<strong>bei</strong>tsverbände<br />

und Gewerkschaften ausüben sollte, entsprechende Tarifverträge abzuschließen.<br />

Es galt <strong>der</strong> Bundesregierung als entscheiden<strong>der</strong> Erfolg des<br />

AÜG, „erstmalig für Deutschland e<strong>in</strong>e weitgehende Tarifierung <strong>der</strong> Zeit-<br />

83<br />

Vgl. Deutscher Bundestag (2006), S. 154.<br />

84<br />

Vgl. Deutscher Bundestag (2005), S. 14. Die Hartz-Kommission for<strong>der</strong>te<br />

e<strong>in</strong>e Deregulierung des Zeitar<strong>bei</strong>tsmarkts „unter <strong>der</strong> Bed<strong>in</strong>gung von Tarifverträgen“<br />

vornehmen zu können. Kommission „Mo<strong>der</strong>ne Dienstleistungen am<br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarkt“ (2002), S. 42.<br />

85<br />

BMWA (2003), S. 37.<br />

86<br />

Vgl. Fuchs (2009), S. 62.


ar<strong>bei</strong>tsbranche erreicht“ zu haben. 87 Doch geschah dies <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wirtschaftszweig,<br />

<strong>in</strong> dem seit jeher wegen <strong>der</strong> kurzen Dauer, Unsicherheit<br />

und Zersplitterung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplätze nur wenige Beschäftigte gewerkschaftlich<br />

organisiert s<strong>in</strong>d und die Verhandlungsmacht <strong>der</strong> Gewerkschaften<br />

<strong>bei</strong> Tarifverträgen von vornhere<strong>in</strong> eher als ger<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>zuschätzen<br />

war.<br />

1.4.5 Ar<strong>bei</strong>tsschutz und Gesundheit<br />

71<br />

Verschiedene Studien weisen auf erhöhte Gesundheitsrisiken und<br />

Unfallgefährdungen von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern im Betrieb h<strong>in</strong>. Da<strong>bei</strong> spielt<br />

die beson<strong>der</strong>e Charakteristik des Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnisses, dass<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>bei</strong> jedem neuen E<strong>in</strong>satz die Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tsumgebung beziehungsweise Abläufe, Anlagen, Werkzeuge und<br />

Materialien erst kennenlernen müssen, e<strong>in</strong>e wichtige Rolle. Für die<br />

E<strong>in</strong>haltung des Ar<strong>bei</strong>ts- und Gesundheitsschutzes haftet <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />

<strong>der</strong> Unternehmer des E<strong>in</strong>satzbetriebes. 88 Spezifische Unterschiede<br />

zwischen den Gefährdungen <strong>bei</strong> dieser Beschäftigungsform und <strong>bei</strong><br />

regulärer Beschäftigung lassen sich jedoch aus dem vorliegenden<br />

Zahlenmaterial nicht e<strong>in</strong>fach ableiten, weil dazu jeweils auch die<br />

Gefährdungspotenziale e<strong>in</strong>zelner Berufstätigkeiten mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

verglichen werden müssten. So weist <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsschutzbericht <strong>der</strong><br />

Bundesregierung 2006 darauf h<strong>in</strong>, dass die beson<strong>der</strong>e Gefährdung von<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern auch durch den großen Anteil von Ar<strong>bei</strong>tern im<br />

produzierenden Sektor bed<strong>in</strong>gt ist. Erhöhte Unfallgefahren ergeben sich<br />

auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en E<strong>in</strong>satzbranchen wie Transport o<strong>der</strong> Lagerwesen.<br />

Auch <strong>der</strong> hohe Anteil von fachlich weniger qualifizierten „Hilfskräften“<br />

führt zu statistisch erhöhten Risiken. Von rund 48.000 meldepflichtigen<br />

Ar<strong>bei</strong>tsunfällen betrafen gut drei Viertel – 35.000 - Hilfsar<strong>bei</strong>tskräfte,<br />

Handwerks- und verwandte Berufe sowie Montierer, Anlagen- und<br />

Masch<strong>in</strong>enbediener. H<strong>in</strong>weise auf relevante Unterschiede zwischen<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t und regulärer Beschäftigung ergaben sich mit <strong>der</strong> Befragung:<br />

87<br />

Vgl. Deutscher Bundestag (2006), S. 22.<br />

88<br />

Näheres vgl. VBG (o.J.).


72<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer ar<strong>bei</strong>ten durchschnittlich häufiger im Stehen (75,6<br />

Prozent), <strong>in</strong> Zwangshaltungen (18,7 Prozent), heben da<strong>bei</strong> häufiger<br />

schwere Lasten von mehr als 20 beziehungsweise 10 Kilogramm<br />

(Männer/Frauen, 37,2 Prozent), leiden häufiger unter Lärm (39,3<br />

Prozent), Kälte, Hitze Nässe, Zugluft (28,3 Prozent), Öl, Fett, Schmutz<br />

(21,6 Prozent). Wegen solcher Belastungen trägt kanpp je<strong>der</strong> zweite<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer e<strong>in</strong>e Schutzkleidung beziehungsweise<br />

Schutzausrüstung, auf welche nur rund je<strong>der</strong> fünfte Nicht-Zeitar<strong>bei</strong>ter<br />

angewiesen ist. 89<br />

Festzuhalten ist, dass die Zeitar<strong>bei</strong>t ke<strong>in</strong>e klar umrissene Branche mit<br />

typischen Berufstätigkeiten darstellt, son<strong>der</strong>n Tätigkeiten <strong>in</strong> allen<br />

möglichen Wirtschaftsbereichen umfasst. Allerd<strong>in</strong>gs lassen sich<br />

durchaus e<strong>in</strong>ige Spezifika benennen, die nach e<strong>in</strong>er explorativen Studie<br />

von Sczesny unter an<strong>der</strong>em zum Ar<strong>bei</strong>tsschutz <strong>bei</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t vor allem<br />

am temporären Charakter <strong>der</strong> Tätigkeit festzumachen s<strong>in</strong>d. Aufgaben,<br />

Ar<strong>bei</strong>tsrollen und Ar<strong>bei</strong>ts<strong>in</strong>halte, Ar<strong>bei</strong>tsort und -umgebung verän<strong>der</strong>n<br />

sich häufiger. Bei e<strong>in</strong>em Drittel <strong>der</strong> Entleihbetriebe existieren zusätzlich<br />

Unklarheiten über die Verantwortlichkeiten <strong>bei</strong>m Ar<strong>bei</strong>tsschutz. 90<br />

Bei Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern kann von e<strong>in</strong>em gegenüber an<strong>der</strong>en<br />

Beschäftigten zwei bis dreifach höheren Unfallrisiko ausgegangen<br />

werden. Von 2005 auf 2006 stieg die Unfallhäufigkeit <strong>bei</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern um 16 Prozent. 91 Neben den genannten Gründen<br />

können höhere Gefährdungen auch mit dem höheren Anteil <strong>der</strong><br />

beson<strong>der</strong>s unfallgefährdeten jüngeren Altersgruppen von Männern<br />

bed<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong>.<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t ist jedenfalls mit e<strong>in</strong>igen Risikofaktoren verknüpft, wie<br />

• e<strong>in</strong> erhöhter Anteil von Personen, die vorher nicht gear<strong>bei</strong>tet haben<br />

• sowie die durchschnittlich kurze Beschäftigungsdauer.<br />

89<br />

Vgl.Deutscher Bundestag (2007), S. 53.<br />

90<br />

Vgl. Sczesny u.a. (2008), S. 28.<br />

91<br />

Vgl. Pauli (2008).


Der Anteil <strong>der</strong> Unfälle von Hilfsar<strong>bei</strong>tern machte 39,9 Prozent aus. Der<br />

Unfallschwerpunkt war <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustrielle Produktionsbereich.<br />

Unfallursachen waren offensichtlich häufig Schwierigkeiten <strong>bei</strong>m<br />

Gebrauch von Werkzeugen und die Handhabung von an<strong>der</strong>en<br />

Gegenständen, daneben Unfälle <strong>bei</strong>m H<strong>in</strong>auf- und H<strong>in</strong>absteigen o<strong>der</strong><br />

allgeme<strong>in</strong> im Zusammenhang mit Bewegung, ebenso <strong>der</strong> Umgang mit<br />

Masch<strong>in</strong>en, Transport- und För<strong>der</strong>mitteln.<br />

Ar<strong>bei</strong>tsplätze <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> höherem Maß mit psychischen Belastungen<br />

verbunden. Unterschiede zu regulären Ar<strong>bei</strong>tsverhältnissen<br />

s<strong>in</strong>d am höchsten <strong>bei</strong> gewerblicher Hilfsar<strong>bei</strong>t, ger<strong>in</strong>ger <strong>bei</strong> Büroar<strong>bei</strong>t.<br />

So beurteilen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Befragung zwei Drittel <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>ter das Ar<strong>bei</strong>tsklima<br />

und die soziale Unterstützung am Ar<strong>bei</strong>tsplatz als nicht positiv,<br />

sie s<strong>in</strong>d verstärkt Leistungskontrollen ausgesetzt. Abgesehen von<br />

Belastungen durch wechselnde E<strong>in</strong>satzorte und Ar<strong>bei</strong>tszeiten s<strong>in</strong>d die<br />

Ar<strong>bei</strong>tsbeziehungen <strong>in</strong> deutlich höherem Maß durch Beziehungsstress<br />

und -unsicherheiten und persönlich zu leistende ‚Emotionsar<strong>bei</strong>t‘ gekennzeichnet.<br />

92<br />

E<strong>in</strong> mit Daten verschiedener Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> EU im Jahr 2000 durchgeführter<br />

Vergleich <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen von atypisch Beschäftigten und<br />

Beschäftigten im Normalar<strong>bei</strong>tsverhältnis zeigt e<strong>in</strong>e starke negative Abweichung<br />

<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t, wo<strong>bei</strong> die Unterschiede beson<strong>der</strong>s deutlich <strong>bei</strong><br />

den Kriterien<br />

• Entlohnung,<br />

• Weiterbildungsmöglichkeiten,<br />

• Handlungs- und Entscheidungsspielräume,<br />

• sozialer Unterstützung,<br />

• körperlicher Belastungen,<br />

• Zeitdruck und an<strong>der</strong>en Formen <strong>der</strong> Überfor<strong>der</strong>ung 93<br />

<strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung treten.<br />

92 Vgl. Wieland/Krajewski (2002), S. 11 ff.<br />

93 Vgl. Nienhüser/Matiaske (2003), S. 471.<br />

73


74<br />

Zur Erfassung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen, wie sie von Beschäftigten <strong>in</strong><br />

unterschiedlichsten Branchen persönlich beurteilt werden, benutzt e<strong>in</strong><br />

vom DGB entwickelter Index 15 Dimensionen <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsqualität. Die<br />

bundesweit durchgeführte repräsentative Befragung ergibt klare H<strong>in</strong>weise<br />

darauf, dass Zeitar<strong>bei</strong>t überwiegend als beson<strong>der</strong>s belastende Tätigkeit<br />

wahrgenommen wird, die kaum positive Berufs- und E<strong>in</strong>kommensperspektiven<br />

repräsentiert. In zentralen Dimensionen des Indexes ergeben<br />

sich auffällig niedrige Werte, die sich zum Beispiel von den durchschnittlichen<br />

Bewertungen unbefristet beschäftigter Ar<strong>bei</strong>tnehmer deutlich<br />

abheben. Beson<strong>der</strong>s niedrig wurde die Qualität <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplätze<br />

h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

• beruflichen Zukunftsaussichten,<br />

• Qualifizierungs- und Entwicklungsmöglichkeiten,<br />

• E<strong>in</strong>kommenssituation,<br />

• Aufstiegsmöglichkeiten,<br />

• Gestaltung <strong>der</strong> körperlichen Anfor<strong>der</strong>ungen sowie<br />

• den Möglichkeiten für e<strong>in</strong>e gewisse Kreativität <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausführung<br />

<strong>der</strong> Tätigkeiten beurteilt.<br />

Als „gute Ar<strong>bei</strong>t“ im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Kriterien wird <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplatz nur von<br />

zwei Prozent <strong>der</strong> befragten Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer e<strong>in</strong>gestuft. 94<br />

1.5 Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> betrieblichen Flexibilisierungsprozessen<br />

Verän<strong>der</strong>te Rolle <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> den Entleihbetrieben<br />

H<strong>in</strong>sichtlich des zunehmenden E<strong>in</strong>satzes von Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> den Unternehmen<br />

lassen sich aufgrund verschiedener Analysen und Fallstudien 95<br />

bezogen auf die Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>ige Trends erkennen:<br />

E<strong>in</strong> zunehmen<strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Unternehmen nutzt Zeitar<strong>bei</strong>t - auch im<br />

Zusammenhang mit an<strong>der</strong>en Instrumenten - vor allem als Mittel <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tszeitflexibilität. Fast je<strong>der</strong> vierte Betrieb zwischen 100 und 199<br />

94 Vgl. DGB (2007), S. 18.<br />

95 Vgl. Promberger (2006), Promberger/Theuer (2004).


Beschäftigten nutzt Zeitar<strong>bei</strong>t, <strong>bei</strong> den größeren Betrieben sogar mehr<br />

als 40 Prozent. Schwerpunkte s<strong>in</strong>d ar<strong>bei</strong>ts<strong>in</strong>tensive Fertigungsbetriebe<br />

und e<strong>in</strong>ige Dienstleistungsbranchen. Etwa je<strong>der</strong> vierte Ar<strong>bei</strong>tsplatz im<br />

Bereich <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> wird da<strong>bei</strong> als ger<strong>in</strong>g qualifiziert e<strong>in</strong>gestuft, was<br />

aber nicht bedeutet, dass diese Ar<strong>bei</strong>tsplätze nur mit ger<strong>in</strong>g qualifizierten<br />

Ar<strong>bei</strong>tskräften besetzt werden. Ob und <strong>in</strong> welchem Ausmaß Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

genutzt wird, hängt von unterschiedlichen betrieblichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

ab.<br />

E<strong>in</strong> engerer Zusammenhang besteht mit <strong>der</strong> Betriebsgröße und dem<br />

jeweils im Vor<strong>der</strong>grund stehenden Flexibilisierungskonzept.<br />

Daneben ist auch die Abhängigkeit von saisonalen und an<strong>der</strong>s begründeten<br />

Auftragsschwankungen von Bedeutung. 96<br />

E<strong>in</strong> steigen<strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Unternehmen nutzt Zeitar<strong>bei</strong>t beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>tensiv.<br />

Der Anteil von Entleihbetrieben mit mehr als 150 Beschäftigten, <strong>in</strong><br />

denen die Zeitar<strong>bei</strong>terquote über fünf Prozent lag, stieg alle<strong>in</strong> von 2002<br />

bis 2006 von 29,7 Prozent auf 46,1 Prozent an. Der Anteil <strong>der</strong> Entleihbetriebe<br />

mit mehr als 20 Prozent Zeitar<strong>bei</strong>t stieg von 6,5 Prozent<br />

auf 10,4 Prozent an. 97 Beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>tensiv erfolgt <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Großbetrieben<br />

des verar<strong>bei</strong>tenden Gewerbes. 2006 kamen <strong>in</strong> rund 45 Prozent<br />

<strong>der</strong> Betriebe des verar<strong>bei</strong>tenden Gewerbes mit mehr als 250 Beschäftigten<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>skräfte zum E<strong>in</strong>satz.<br />

75<br />

Mit ihrer enormen Zunahme lässt sich e<strong>in</strong>e deutlich gewandelte Funktion<br />

<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t feststellen. Zeitar<strong>bei</strong>t dient nicht mehr vorrangig dazu,<br />

kurzfristige Personalbedarfe und vorübergehende Bedarfsspitzen abzudecken,<br />

son<strong>der</strong>n vermehrt auch zur Erprobung neuer Ar<strong>bei</strong>tskräfte sowie<br />

um Stammbelegschaften durch „flexible Randbelegschaften“ zu ersetzen.<br />

98<br />

96 Vgl. Promberger u.a. (2006), S. 106.<br />

97 Vgl. Bellmann/Kühl (2007).<br />

98 Vgl. Seifert/Brehmer (2008), S. 340.


76<br />

Vor allem <strong>in</strong> Hochlohn-Produktionsbetrieben mit stark ar<strong>bei</strong>tsteiliger<br />

manueller Fertigung und bestimmten Dienstleistungsbetrieben stehen<br />

häufiger die Motive „Lohnkostensenkung und Tarifunterwan<strong>der</strong>ung“<br />

sowie die Vere<strong>in</strong>fachung e<strong>in</strong>es „Kapazitätsrückbau(s) im Falle rückläufiger<br />

Auslastung“ 99 im Vor<strong>der</strong>grund. Auch e<strong>in</strong>e im Auftrag <strong>der</strong> DIS AG<br />

geför<strong>der</strong>te Studie des Bonner Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft<br />

(IWG) unterscheidet <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Zielsetzung kurzfristige,<br />

unerwartete Personalbedarfe zu bewältigen e<strong>in</strong>erseits und weitergehenden<br />

personalstrategischen Zielsetzungen an<strong>der</strong>erseits (wie Senkung<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tskosten, Erhaltung gefährdeter Ar<strong>bei</strong>tsplätze und so weiter).<br />

Dazu gehört auch die Möglichkeit, „dass teurere Stammar<strong>bei</strong>tskräfte<br />

durch billigere Zeitar<strong>bei</strong>tskräfte ersetzt werden“ 100 .<br />

Inzwischen werden Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer „verstärkt auch planmäßig über<br />

lange Zeit e<strong>in</strong>gesetzt und ar<strong>bei</strong>ten <strong>in</strong> Ergänzung <strong>der</strong> <strong>in</strong> den Unternehmen<br />

beschäftigten Ar<strong>bei</strong>tnehmer“ 101 . Zwar wurde Zeitar<strong>bei</strong>t durchaus<br />

schon vor den Hartz-Reformen <strong>in</strong> Produktionsbereichen mit stark<br />

schwankendem Ar<strong>bei</strong>tsvolumen genutzt, um e<strong>in</strong>e betriebliche Personalreserve<br />

möglichst ger<strong>in</strong>g zu halten. Doch, darauf weist Ulber h<strong>in</strong>, liegt<br />

<strong>der</strong> entscheidende Wandel dar<strong>in</strong>, jetzt Dauerar<strong>bei</strong>tsplätze durch <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer<br />

ersetzen zu können. E<strong>in</strong>e Ursache ist <strong>der</strong> Wegfall <strong>der</strong><br />

Höchstüberlassungsdauer im Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsrecht. 102<br />

Wie e<strong>in</strong>e betriebsbezogene Analyse aufzeigt, verläuft <strong>der</strong> seit e<strong>in</strong>igen<br />

Jahren feststellbare Ersatz <strong>in</strong>dustrieller Ar<strong>bei</strong>tsplätze durch Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

seltener zeitlich zusammenhängend und <strong>in</strong> direkter Form. Offenbar fallen<br />

entsprechende Stellen bereits vorwiegend <strong>in</strong> Zeiten e<strong>in</strong>er schlechten<br />

Auftragslage weg, die auch <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em günstigeren konjunkturellen Umfeld<br />

<strong>in</strong> den Folgejahren nicht erneut geschaffen werden. Im Aufschwung<br />

wird <strong>der</strong> Personalbedarf vorsichtshalber durch <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ere<strong>in</strong>satz und<br />

befristete E<strong>in</strong>stellungen befriedigt. „Der sprunghafte Anstieg <strong>der</strong> Leihar-<br />

99<br />

Vgl. Promberger u.a. (2006), S. 147; Dörre (2007).<br />

100<br />

Miegel u.a. (2007), S. 13.<br />

101<br />

Olfert (2008), S. 127.<br />

102<br />

Vgl. Ulber (2008a), S. 25.


eitnehmerbeschäftigung ist demnach zu e<strong>in</strong>em guten Teil e<strong>in</strong> typisches<br />

‚Nachkrisenphänomen‘.“ 103<br />

Atypische Beschäftigung im Rahmen betrieblicher Flexibilisierungsprozesse<br />

Betriebswirtschaftliche Publikationen erklären den „Boom“ <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

oft mit den im Zuge <strong>der</strong> „Globalisierung“ gestiegenen Flexibilitätsanfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Unternehmen. 104 Demnach ist Zeitar<strong>bei</strong>t unter den<br />

Prämissen e<strong>in</strong>es scharfen <strong>in</strong>ternationalen Wettbewerbs wegen ihrer beson<strong>der</strong>s<br />

flexiblen Verfügbarkeit e<strong>in</strong> unverzichtbares Instrument zur Steuerung<br />

des mit <strong>der</strong> Auftragslage extrem schwankenden Personalbedarfs.<br />

77<br />

Mit diesem Erklärungsmuster werden jedoch entscheidende ökonomische<br />

Gründe für den verstärkten E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> den Betrieben<br />

eher verdeckt, die sich aus dem Potenzial <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t als Rationalisierungs<strong>in</strong>strument<br />

ergeben. Denn Zeitar<strong>bei</strong>t kann bedeutend zur Optimierung<br />

des Personale<strong>in</strong>satzes <strong>bei</strong>tragen.<br />

Da<strong>bei</strong> ergänzt Zeitar<strong>bei</strong>t den mittlerweile umfangreichen Instrumentenkasten<br />

betrieblicher Flexibilisierungs<strong>in</strong>strumente.<br />

Vorteile <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t für die Entleihunternehmen liegen beson<strong>der</strong>s auf<br />

folgenden Ebenen:<br />

• Verlagerung von Ar<strong>bei</strong>tgeberrisiken auf die Verleihfirma (Personalauswahl,<br />

Lohnfortzahlung, Weiterbeschäftigung <strong>bei</strong> Auftragsmangel,<br />

Kündigung).<br />

• Bei Tarifb<strong>in</strong>dung und hohen übertariflichen Leistungen <strong>der</strong><br />

Stammkräfte meist Kostenvorteil durch preisgünstigere Verleihsätze.<br />

103 Wassermann/Rudolph (2007).<br />

104 Vgl. Frensch (2002), S. 111.


78<br />

• Kurzfristige Anpassung des verfügbaren Personals an die Auftragslage.<br />

• Reduzierung <strong>der</strong> Personalreserve zum Beispiel für Ausfallzeiten wie<br />

Ar<strong>bei</strong>tsunfähigkeit und Urlaub.<br />

• Senkung <strong>der</strong> Qualifizierungskosten durch Nutzung <strong>der</strong> Ausbildung/Erfahrung<br />

<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>ter.<br />

• Ke<strong>in</strong>e Kosten <strong>der</strong> Personalgew<strong>in</strong>nung und Auswahl sowie <strong>der</strong> Personalverwaltung<br />

und -betreuung.<br />

E<strong>in</strong> nicht zu ger<strong>in</strong>g erachtendes Motiv für Zeitar<strong>bei</strong>t ist die mögliche<br />

Umgehung ar<strong>bei</strong>tsrechtlicher Verpflichtungen, die <strong>bei</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stellung<br />

von Mitar<strong>bei</strong>tern vom Entleihbetrieb e<strong>in</strong>zugehen wären. Es handelt sich<br />

da<strong>bei</strong> um e<strong>in</strong>en Sachverhalt, mit dem politische For<strong>der</strong>ungen nach e<strong>in</strong>em<br />

Abbau des Kündigungsschutzes und an<strong>der</strong>er ar<strong>bei</strong>tsrechtlicher<br />

Bestimmungen begründet werden, die zum Beispiel nach Auffassung<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tgeberverbände 105 und ihnen nahestehenden Wirtschafts<strong>in</strong>stituten<br />

für e<strong>in</strong>e zu ger<strong>in</strong>ge Bereitschaft <strong>der</strong> Unternehmen verantwortlich<br />

s<strong>in</strong>d, Dauerar<strong>bei</strong>tsplätze zu schaffen. 106<br />

So wird die zunehmende Nutzung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> Deutschland von<br />

CDU und FDP vor allem auf angeblich zu „starre“ Ar<strong>bei</strong>tsmarktstrukturen<br />

zurückgeführt. Von diesen Rigiditäten habe die Zeitar<strong>bei</strong>t letztlich<br />

<strong>bei</strong> ihrem Wachstum beson<strong>der</strong>s profitiert (FDP). 107 Erst die Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

böte „den Unternehmen die Chance, unkalkulierbare Kosten des bislang<br />

105 Vgl. z.B. BDI (2008).<br />

106 Sachverständigenrat (2005), S. 162: „E<strong>in</strong> zu rigi<strong>der</strong> Kündigungsschutz<br />

dämpft die Ar<strong>bei</strong>tsmarktdynamik, weil Unternehmen Ar<strong>bei</strong>tskräfte über Bedarf<br />

o<strong>der</strong> ungeeignete Personen länger beschäftigen müssen. Dies vorausschauend<br />

halten sich Unternehmen mit Neue<strong>in</strong>stellungen zurück, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>bei</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmern, die unter den beson<strong>der</strong>en Kündigungsschutz fallen.<br />

Damit geht e<strong>in</strong>e Verfestigung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit e<strong>in</strong>her, weil Ar<strong>bei</strong>tslose ger<strong>in</strong>gere<br />

Chancen auf e<strong>in</strong>en Ar<strong>bei</strong>tsplatz besitzen.“<br />

107 Vgl. iGZ (2005); Westerwelle (2008).


zu verkrusteten Ar<strong>bei</strong>tsmarktes <strong>in</strong> kalkulierbare Entleihgebühren <strong>bei</strong><br />

entsprechend unkomplizierter Anpassung <strong>der</strong> Beschäftigung an die jeweilige<br />

Kapazitätsauslastung umzuwandeln“ (CDU). 108<br />

Nach E<strong>in</strong>schätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung<br />

geht es den Unternehmen <strong>bei</strong>m Zeitar<strong>bei</strong>tere<strong>in</strong>satz nicht alle<strong>in</strong> darum,<br />

die Kündigungsschutzbestimmungen zu umgehen. Denn die Betriebe<br />

verfügten über diverse Flexibilisierungsalternativen zur Zeitar<strong>bei</strong>t – wie<br />

zum Beispiel die befristete E<strong>in</strong>stellung von Mitar<strong>bei</strong>tern. „Was <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong><br />

attraktiv macht ist, dass das Ar<strong>bei</strong>tsrecht <strong>in</strong> hohem Maße Richterrecht<br />

ist. Wenn es Kündigungen gibt, wird darüber oftmals vor den Gerichten<br />

entschieden. Das bedeutet für die Unternehmen Kosten, Aufwand<br />

und Unsicherheit. <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> ist nicht e<strong>in</strong> Instrument, um den<br />

Kündigungsschutz, son<strong>der</strong>n eher die sehr bürokratischen Regelungen,<br />

die wir <strong>bei</strong>m Kündigungsschutz haben, zu unterlaufen.“ 109<br />

Personelle Flexibilisierung verfolgt zudem das Ziel, den Personale<strong>in</strong>satz<br />

so weit wie möglich und nötig an den zeitlich und organisatorisch vorgegebenen<br />

Produktionsanfor<strong>der</strong>ungen auszurichten und e<strong>in</strong>e Vollauslastung<br />

des Personals zu erreichen, nicht f<strong>in</strong>anzierten Leerlauf ebenso wie<br />

e<strong>in</strong>en zu hohen Kostenaufwand <strong>bei</strong> Personalspitzen zu vermeiden. Flexibilisierung<br />

<strong>in</strong>tendiert da<strong>bei</strong> durchaus auch e<strong>in</strong>e „Steigerung <strong>der</strong> Spielräume<br />

des Managements <strong>in</strong> Fragen <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tszeit, <strong>der</strong> Zuteilung von<br />

Aufgaben, <strong>der</strong> Versetzung zwischen Ar<strong>bei</strong>tsplätzen sowie <strong>bei</strong>m Auf- und<br />

Abbau personeller Kapazitäten“ 110 .<br />

Den Unternehmen steht dazu allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e äußerst breite Palette von<br />

Instrumenten zur Verfügung, die offensiv zur Optimierung des Personale<strong>in</strong>satzes<br />

genutzt werden. Beträchtliche Flexibilitätsspielräume entstanden<br />

den Unternehmen <strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten vor allem durch immer<br />

flexiblere Ar<strong>bei</strong>tszeitregelungen, die <strong>bei</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmern wegen oft<br />

größerer beruflicher/privater Freiräume ke<strong>in</strong>eswegs immer auf Ableh-<br />

108<br />

iGZ (2005).<br />

109<br />

Brenke/Eichhorst (2008), S. 243.<br />

110<br />

Flecker (2005), S. 3.<br />

79


80<br />

nung stießen. Flexible Ar<strong>bei</strong>tszeitregelungen und Ar<strong>bei</strong>tszeitkonten 111<br />

dienten den Unternehmen aber stets auch dazu, Betriebszeiten ohne<br />

e<strong>in</strong>en vergleichbar zusätzlichen Personalaufwand – wie Überstunden -<br />

weiter auszudehnen und die Ar<strong>bei</strong>tnehmer stärker auf die eigenverantwortliche<br />

Sicherstellung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsergebnisse zu verpflichten. 112 Das<br />

häufige Endresultat s<strong>in</strong>d „völlig durchsichtige und greifbare ökonomische<br />

Vorteile für den Betrieb und e<strong>in</strong>e sich sehr schnell als Sche<strong>in</strong>souveränität<br />

erweisende Zeitverfügung <strong>bei</strong> den abhängig Beschäftigten“ 113 .<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t ergänzt die schon seit Langem <strong>in</strong> Unternehmen geübte Praxis,<br />

unprofitabel ersche<strong>in</strong>ende Funktionen und Leistungsbereiche organisatorisch<br />

auszuglie<strong>der</strong>n, um die Leistungen anschließend von externen<br />

Anbietern als „Fremdleistungen“ e<strong>in</strong>zukaufen (“Outsourc<strong>in</strong>g”).<br />

Dem unternehmensstrategischen Nutzen dieses Konzepts stehen allerd<strong>in</strong>gs<br />

auch verschiedene Nachteile gegenüber - wie e<strong>in</strong> fehlen<strong>der</strong> direkter<br />

Zugriff auf die Mitar<strong>bei</strong>ter des Dienstleistungserbr<strong>in</strong>gers, zusätzliche<br />

Transaktionskosten, e<strong>in</strong> möglicher E<strong>in</strong>flussverlust <strong>in</strong> Bezug auf Preis<br />

und Qualität <strong>der</strong> Leistung, e<strong>in</strong>e Abhängigkeit von e<strong>in</strong>zelnen Auftragnehmern<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> durch Personalabbau erzwungener Kompetenzverlust.<br />

Solche Nachteile s<strong>in</strong>d <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em gezielten E<strong>in</strong>satz von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

zu vermeiden. Sie können laut e<strong>in</strong>er Adecco-Studie zum Beispiel<br />

durch das sogenannte „Inhouse Outsourc<strong>in</strong>g“ begrenzt werden, <strong>bei</strong> dem<br />

die Ar<strong>bei</strong>tsplätze des Fremddienstleisters direkt im Betrieb des Auftraggebers<br />

untergebracht s<strong>in</strong>d. 114<br />

111<br />

Vgl. Groß u.a. (2000), S. 226.<br />

112<br />

Vgl. Lehndorff (o.J.), S. 42.<br />

113<br />

Negt (2001), S. 197.<br />

114<br />

Vgl. Adecco (2008).


�<br />

Flexibilisierung –Instrumente und Maßnahmen<br />

„Interne Flexibilität“<br />

Ar<strong>bei</strong>tszeit<br />

Teilzeitbesch äftigung (ger<strong>in</strong>gfügige Beschäftigung )<br />

Ar<strong>bei</strong>tszeitverkürzung mit Entgeltkürzung<br />

Ar<strong>bei</strong>tszeitverlängerung (ohne Ausgleich)<br />

Ar<strong>bei</strong>tszeitkonten, Gleitzeit<br />

Abbau von Überstunden und Resturlaub<br />

Kapazitätsorientierte Ar<strong>bei</strong>tszeiten<br />

Son<strong>der</strong>schichten<br />

Wechselschichten<br />

Kurzar<strong>bei</strong>t<br />

Sabb aticals<br />

Ar<strong>bei</strong>tsorganisatio n und Ar<strong>bei</strong>t s<strong>in</strong>halt<br />

Unternehmensübergreifende Ar<strong>bei</strong>tskräftep ools<br />

Abordnung<br />

Projektar<strong>bei</strong>t<br />

Job Rotation<br />

Unternehmens<strong>in</strong>terne Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

Qualifizierung<br />

Lohn<br />

Leistungslohn<br />

Ertragsorientierte Vergütung<br />

Kapitalbeteiligung Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

„Externe Flexibilität“<br />

E<strong>in</strong>stellung, Entlassung<br />

Befristete Ar<strong>bei</strong>tsverträge<br />

E<strong>in</strong>stellungsstopp<br />

Betrieb sbed<strong>in</strong>gte Künd igun g<br />

Au fheb ungsverträge<br />

Outplacement<br />

Transfergesellschaften<br />

Konzern<strong>in</strong>terne Stellenvermittlung<br />

Altersteilz eit<br />

Zukauf von Fremdleistungen<br />

Au sglie<strong>der</strong>ung von Betriebsabteilungen<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

Fremdleistungsbezug<br />

(Werkverträge/Dienstleistungsverträge)<br />

Inhouse-Outsourc<strong>in</strong>g<br />

E<strong>in</strong>satz ‚Freelancer‘<br />

(In st ru men te e<strong>in</strong>es flex iblen Personale<strong>in</strong>satz es nach Deut sche Ges ellschaft für Personalwesen e.V.)<br />

Angesichts <strong>der</strong> vielfältigen Möglichkeiten zur Flexibilisierung sehen sich<br />

heutige Personalmanager nach Ergebnissen e<strong>in</strong>er Befragung überwiegend<br />

„als proaktive, flexibilitätsorientierte Gestalter“, die langfristige<br />

personalstrategische Planungen verfolgen und <strong>in</strong> ihr Kalkül auch die<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t e<strong>in</strong>beziehen. 115<br />

So hat sich auch durch die Entwicklung <strong>der</strong> günstigen Konjunktur <strong>in</strong><br />

den vergangenen Jahren <strong>der</strong> Handlungsbedarf <strong>der</strong> betrieblichen Interessenvertretungen<br />

<strong>in</strong> Bezug auf personelle Flexibilisierungsmaßnahmen<br />

nicht verr<strong>in</strong>gert. Zwischen 2005 und 2007 mussten sich 60,8 Prozent<br />

<strong>der</strong> Betriebsräte mit den Themen Personalabbau und Beschäftigungssicherung<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen, rund e<strong>in</strong> Drittel mit Sozialplänen, Ausglie<strong>der</strong>ung,<br />

Schließung o<strong>der</strong> Zusammenlegung von Betriebsteilen, ebenso<br />

mit auf den Prüfstand stehenden betrieblichen Sozialleistungen und<br />

Lohntarifen. Fast e<strong>in</strong> Viertel <strong>der</strong> Betriebsräte berichtete über Konflikte<br />

<strong>bei</strong>m E<strong>in</strong>satz von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>skräften und immerh<strong>in</strong> je<strong>der</strong> zehnte<br />

115 Vgl. DGFP (2005), S. 32.<br />

81


82<br />

(9 Prozent) über Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen, die mit e<strong>in</strong>er <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sfirma<br />

geführt wurden. 116<br />

Die verschiedenen Instrumente e<strong>in</strong>es flexiblen Personale<strong>in</strong>satzes werden<br />

<strong>in</strong> den Unternehmen ke<strong>in</strong>eswegs starr angewendet, son<strong>der</strong>n entsprechend<br />

den spezifischen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Branche und unterschiedlicher<br />

Betriebsabteilungen e<strong>in</strong>gesetzt. Entsprechend wird dann zum Beispiel<br />

neben flexiblen Ar<strong>bei</strong>tszeitregelungen wie Zeitkonten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion<br />

auf Zeitar<strong>bei</strong>t zurückgegriffen, während <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en E<strong>in</strong>heiten<br />

e<strong>in</strong>zelne Beschäftigungsverhältnisse befristet werden.<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t wird stärker genutzt, wo die regulären Lohntarife relativ hoch<br />

s<strong>in</strong>d und sich die Ar<strong>bei</strong>tsorganisation <strong>in</strong> hohem Maße auf Vollzeittätigkeiten<br />

stützt. In Kle<strong>in</strong>stbetrieben und Branchen mit ohneh<strong>in</strong> niedrigen<br />

Löhnen wird demgegenüber aus Kosten- und spezifischen ar<strong>bei</strong>tsorganisatorischen<br />

Gründen weit mehr auf M<strong>in</strong>ijobs zurückgegriffen. 117 So<br />

sche<strong>in</strong>t die Rationalisierung im E<strong>in</strong>zelhandel beson<strong>der</strong>s auf e<strong>in</strong>em verän<strong>der</strong>ten<br />

Mix von Vollzeittätigkeiten mit e<strong>in</strong>em steigenden Anteil – mittlerweile<br />

rund e<strong>in</strong> Viertel <strong>der</strong> Beschäftigten – von M<strong>in</strong>ijobs zu beruhen. 118<br />

E<strong>in</strong>e nach dem Pr<strong>in</strong>zip des „atmenden Unternehmens“ flexibel agierende<br />

Personalplanung kalkuliert das kont<strong>in</strong>uierlich ausgelastete Stammpersonal<br />

an se<strong>in</strong>er unteren Auslastungsgrenze. In neuen Automobilwerken<br />

wird von e<strong>in</strong>em Korridor <strong>der</strong> Kapazitätsauslastung zwischen 80 und<br />

140 Prozent ausgegangen, ohne dass <strong>in</strong> den Betrieben mit Personalzusatzkosten,<br />

zum Beispiel Überstundenzuschlägen, kalkuliert wird. Die<br />

Möglichkeiten dazu s<strong>in</strong>d vielfältig: Neben <strong>der</strong> <strong>in</strong>tensiven Nutzung von<br />

Werkverträgen, E<strong>in</strong>stellung von Aushilfen o<strong>der</strong> nur <strong>der</strong> konzern<strong>in</strong>ternen<br />

Abordnung von Ar<strong>bei</strong>tnehmern aus an<strong>der</strong>en Konzernteilen wird <strong>der</strong> flexible<br />

Personale<strong>in</strong>satz vor allem durch Ar<strong>bei</strong>tszeitkonten, befristete Beschäftigungsverhältnisse<br />

und Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung sichergestellt. 119<br />

116 Vgl. Schäfer (2008), S. 293 f.<br />

117 Vgl. Loose/Ludwig (2004).<br />

118 Vgl. Voss-Dahm (2005), S. 235.<br />

119 Vgl. Dudenhöffer/Büttner (2006). Im Vor<strong>der</strong>grund stehen Ar<strong>bei</strong>tsplätze mit<br />

e<strong>in</strong>fachen Qualifikationen. Der Anteil <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>ter an allen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Branche


1.5.1 Vorteile <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t für die Beschäftigten?<br />

Der Zeitar<strong>bei</strong>tsboom <strong>der</strong> vergangenen Jahre wäre nicht ohne e<strong>in</strong>e außerordentlich<br />

hohe Bereitschaft Ar<strong>bei</strong>tsuchen<strong>der</strong> zu erklären, f<strong>in</strong>anziell<br />

oft unzulängliche o<strong>der</strong> auch h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen<br />

objektiv unpassende Stellenangebote als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer anzunehmen.<br />

Für Ar<strong>bei</strong>tslose gelten jedoch seit den Hartz-Reformen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tsvermittlung verschärfte Zumutbarkeitskriterien. Auch verkürzte<br />

Zeiten des Ar<strong>bei</strong>tslosengeldbezugs erhöhen den Zwang, quasi jede beliebige<br />

Tätigkeit zur Verkürzung eigener Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit und Vermeidung<br />

sozialer Hilfebedürftigkeit – „Hartz IV“ - aufzunehmen. Entgegen e<strong>in</strong>er<br />

von Ar<strong>bei</strong>tgeberverbänden verbreiteten Kritik an e<strong>in</strong>er angeblich unzulänglichen<br />

Mobilität <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmer, ist die Bereitschaft von Ar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

ohneh<strong>in</strong> ausgesprochen hoch, <strong>bei</strong> drohen<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit<br />

e<strong>in</strong>en Berufs- o<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsortwechsel <strong>in</strong> Kauf zu nehmen. Rund 70<br />

Prozent würden laut e<strong>in</strong>er INFAS-/IAB-Studie zugunsten e<strong>in</strong>es Ar<strong>bei</strong>tsplatzes<br />

auch vorübergehend e<strong>in</strong>e Lohne<strong>in</strong>buße h<strong>in</strong>nehmen. 120<br />

Die oftmals gegenüber regulären Beschäftigungsverhältnissen ungünstigen<br />

Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t werden politisch vor allem mit<br />

<strong>der</strong> Aussage gerechtfertigt, dass die Zeitar<strong>bei</strong>t beson<strong>der</strong>e Vorteile zur<br />

beruflichen E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung von Ar<strong>bei</strong>tslosen böte. Zeitar<strong>bei</strong>t wird <strong>in</strong>sofern<br />

als e<strong>in</strong>e „Brücke zum Ar<strong>bei</strong>tsmarkt“ verstanden. Verbesserte Ar<strong>bei</strong>tsmarktchancen<br />

ergäben sich zum Beispiel durch den E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Entleihbetrieben, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Kontakt zu möglichen Ar<strong>bei</strong>tgebern<br />

ermöglicht. Zeitar<strong>bei</strong>t böte erhöhte Chancen zum Erwerb beruflicher<br />

Fähigkeiten und Erfahrungen und helfe, e<strong>in</strong>e Dequalifizierung zu<br />

vermeiden. 121 Die Hoffnung auf diesen “Brückeneffekt” und darauf,<br />

e<strong>in</strong>gesetzten Hilfskräften betrug 17 Prozent, an den Fachar<strong>bei</strong>tern 7 Prozent,<br />

<strong>bei</strong> den höher qualifizierten Kräften und solchen mit kaufmännischer Qualifikation<br />

nur 3 Prozent. Bei 23 Prozent <strong>der</strong> befragten Unternehmen waren<br />

mehr als 50 Prozent aller e<strong>in</strong>gesetzten Hilfskräfte Zeitar<strong>bei</strong>tskräfte. 9 Prozent<br />

aller Unternehmen rekrutierten zwischen 25 Prozent bis 50 Prozent ihrer<br />

Hilfskräfte von Zeitar<strong>bei</strong>tsanbietern.<br />

120<br />

Brixy/Christensen (2002), S. 2.<br />

121<br />

Z.B. Dormann (2006), S. 62.<br />

83


84<br />

möglicherweise im Entleihbetrieb e<strong>in</strong>e Festanstellung zu bekommen -<br />

<strong>der</strong> „Klebeeffekt“- stellen daher tatsächlich ebenso wie die Qualifizierungsmöglichkeiten<br />

für viele Ar<strong>bei</strong>tsuchende e<strong>in</strong>e Motivation dar, als<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer tätig zu werden.<br />

Brücken- und Klebeeffekt?<br />

Wie Ar<strong>bei</strong>tsuchende die beruflichen Perspektiven <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t e<strong>in</strong>schätzen,<br />

haben wir für die vorliegende Bestandsaufnahme <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zel<strong>in</strong>terviews<br />

und zwei Gruppendiskussionen versucht abzuklären. Insgesamt<br />

wurden 19 Ar<strong>bei</strong>tsuchende e<strong>in</strong>bezogen, von denen acht vorher schon<br />

e<strong>in</strong>mal als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer tätig waren.<br />

In diesen Befragungen zeigt sich erneut e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> systematisch angelegten<br />

biografischen Untersuchungen immer wie<strong>der</strong> feststellbare vornehmlich<br />

kritische Sicht auf die Zeitar<strong>bei</strong>t.<br />

Für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer ist diese Beschäftigungsform nur selten e<strong>in</strong>e „Ideallösung“,<br />

son<strong>der</strong>n weit häufiger e<strong>in</strong> Kompromiss zwischen eigenen<br />

Ansprüchen und den begrenzten Möglichkeiten des Ar<strong>bei</strong>tsmarkts. Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

wird von Betroffenen vorwiegend als „Übergangslösung o<strong>der</strong><br />

Sprungbrett <strong>in</strong> e<strong>in</strong> festes Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis“ 122 begriffen. Sie ersche<strong>in</strong>t<br />

notwendig, um Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit zu vermeiden o<strong>der</strong> dient als Übergangsphase<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em langfristigen persönlichen Karriereplan, oft aber auch<br />

nur als Zumutung und Behelf und Umweg (zurück) <strong>in</strong> die reguläre Beschäftigung.<br />

Hier liegt jedoch e<strong>in</strong> zentrales Problem: “Allenfalls <strong>in</strong> Ausnahmefällen<br />

führt Zeitar<strong>bei</strong>t zu Beschäftigung im Segment des Ersten<br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarktes; im Regelfall verstetigt Zeitar<strong>bei</strong>t verunsicherte Beschäftigungsperspektiven.”<br />

123<br />

E<strong>in</strong> kategorisches „Ne<strong>in</strong>“ zur Möglichkeit, als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer zu ar<strong>bei</strong>ten,<br />

kam <strong>in</strong> unseren Interviews nur von zwei Gesprächspartnern. Vorbehalte,<br />

die alle gegenüber <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t deutlich machen, werden vor<br />

allem an zu ger<strong>in</strong>gen Löhnen („das ist oft Ausbeutung“, „Hungerlöhne“)<br />

und <strong>der</strong> hohen Unsicherheit <strong>der</strong> Beschäftigung festgemacht, von <strong>der</strong> die<br />

122 Grimm (2004), S. 137.<br />

123 Bol<strong>der</strong> u.a. (2005), S. 160.


e<strong>in</strong>en aufgrund eigener Erfahrungen, die an<strong>der</strong>en vom Hörensagen aus<br />

dem Freundes- und Bekanntenkreis erzählen.<br />

Die Wi<strong>der</strong>stände fasst e<strong>in</strong> Gesprächspartner so zusammen: „Weil die<br />

Bezahlung meist so niedrig ist, weil man ständig woan<strong>der</strong>s ist, ke<strong>in</strong>en<br />

Kontakt zu Kollegen bekommt, auch als Mitar<strong>bei</strong>ter nicht so gut angesehen<br />

ist. Das wäre also nur e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> letzten Möglichkeiten.“ E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er<br />

erzählt von „schlechten Erfahrungen“: „Was F<strong>in</strong>anzen, Ar<strong>bei</strong>tse<strong>in</strong>sätze,<br />

die Beurteilung angeht, man kann sich nicht richtig festlegen. Man<br />

hat ke<strong>in</strong>e Entfaltungsmöglichkeiten, außer, man wird von <strong>der</strong> Firma, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> man beschäftigt wird, übernommen. Das ist aber immer fraglich.“<br />

Kritisch wird auf unzulässige Praktiken e<strong>in</strong>iger Zeitar<strong>bei</strong>tsar<strong>bei</strong>tsfirmen<br />

e<strong>in</strong>gegangen: „Wenn ke<strong>in</strong>e Aufträge da s<strong>in</strong>d, dann muss man zu Hause<br />

bleiben, dann kriegt man aber ke<strong>in</strong> Geld, obwohl man eigentlich angestellt<br />

ist. ... Ich f<strong>in</strong>de das ... menschenunwürdig. Dann kann ich aber<br />

auch gleich Hartz IV kriegen, dann habe ich wenigstens e<strong>in</strong> festes E<strong>in</strong>kommen.<br />

So dumm das jetzt kl<strong>in</strong>gt!“<br />

E<strong>in</strong>e zweite Frage lautete, ob man bessere Möglichkeiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Betrieb<br />

hat, e<strong>in</strong>gestellt zu werden, wenn man dort bereits als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

ar<strong>bei</strong>tet o<strong>der</strong> gear<strong>bei</strong>tet hat? Es ist durchaus symptomatisch,<br />

dass ke<strong>in</strong> Teilnehmer, auch nicht von denen mit Erfahrungen als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer,<br />

diese Frage klar positiv beantwortete. Stellvertretend sei<br />

Frau I. zitiert: “Das kommt sicher auch vor, aber ganz selten. Die (Firmen)<br />

wollen aber doch auch ke<strong>in</strong>e Verantwortung für die (Ar<strong>bei</strong>tnehmer)<br />

übernehmen.“ „Ne<strong>in</strong>“, argumentiert Herr R.:“Wenn die Firmen<br />

wirklich auf Dauer Personal suchen würden, würden sie doch sicher<br />

auch mehr ganz normal über die Zeitung nach Personal suchen.“ Der<br />

Brückeneffekt sei <strong>bei</strong> ihren Tätigkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t ke<strong>in</strong> Thema<br />

gewesen, berichtet Frau F.: „Es war immer so, dass (die Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma)<br />

immer gesagt hat, wir haben da e<strong>in</strong>en Auftrag und nach bestimmter<br />

Zeit müssen wir mal schauen, ob das weitergehen kann. Nach e<strong>in</strong>er<br />

bestimmten Zeit, wenn zum Beispiel die Leute aus dem Urlaub wie<strong>der</strong>gekommen<br />

s<strong>in</strong>d, aus Krankheit o<strong>der</strong> Schwangerschaft, da konnte man<br />

halt wie<strong>der</strong> gehen. Das waren immer wie<strong>der</strong> leere Versprechungen. Und<br />

das höre ich auch immer wie<strong>der</strong>.“<br />

85


86<br />

Ob sich die Beschäftigung als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer über kurz o<strong>der</strong> lang<br />

durch verbesserte Chancen auf dem Ar<strong>bei</strong>tsmarkt ausmünzt, lässt sich<br />

allerd<strong>in</strong>gs auch anhand e<strong>in</strong>gehen<strong>der</strong> Untersuchungen nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />

bestätigen. Danach wird die Quote des späteren Übergangs <strong>in</strong> reguläre<br />

Beschäftigung mit rund 30 Prozent geschätzt („Brückeneffekt“). Die<br />

eigentliche „Klebequote“ - <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

E<strong>in</strong>satzbetrieb e<strong>in</strong>e reguläre Anstellung bekommen – wird jedoch mit<br />

maximal rund 15 Prozent angegeben. 124 E<strong>in</strong>e höhere Quote ersche<strong>in</strong>t<br />

allerd<strong>in</strong>gs schon wegen <strong>der</strong> überwiegend kurzen Beschäftigungszeiten<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern illusorisch. 125 In den Betrieben werden letztlich<br />

auch reguläre Ar<strong>bei</strong>tsplätze durch Zeitar<strong>bei</strong>t ersetzt. Das ist auch speziell<br />

<strong>der</strong> Fall, wenn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Betrieb vakante Ar<strong>bei</strong>tsplätze <strong>in</strong> <strong>der</strong> Komb<strong>in</strong>ation<br />

von Ar<strong>bei</strong>tsvermittlung und Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung zunächst<br />

nur mit Zeitar<strong>bei</strong>tern besetzt werden, denen die spätere Möglichkeit zur<br />

Bewerbung nach e<strong>in</strong>er solchen Erprobung angeboten wird. Zeitar<strong>bei</strong>t als<br />

Mittel <strong>der</strong> Personalgew<strong>in</strong>nung und -erprobung (Werbung: „Try and Hire“)<br />

ist durchaus auf dem Vormarsch – wenn auch gegenwärtig <strong>in</strong> den<br />

Betrieben <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Personalauslese vor allem zu befristeten Ar<strong>bei</strong>tsverträgen<br />

gegriffen wird. 126 Um erste Berufserfahrungen sammeln zu können,<br />

s<strong>in</strong>d offenbar immer mehr Hochschulabsolventen dazu gezwungen,<br />

nach dem Studium <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t tätig zu werden. 127<br />

In Unternehmen, die Zeitar<strong>bei</strong>t nur als Flexibilitätspuffer betrachten,<br />

dürfte Zeitar<strong>bei</strong>t jedoch auch nur <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen als „Sprungbrett“ <strong>in</strong> das<br />

Unternehmen fungieren. Umgekehrt spielt Zeitar<strong>bei</strong>t dort, wo e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e<br />

Qualität und Dauerhaftigkeit <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplätze erfor<strong>der</strong>lich ist,<br />

die Zeitar<strong>bei</strong>t nur e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle. 128<br />

124<br />

Vgl. Promberger u.a. (2006a), S. 121.<br />

125<br />

Vgl. Hans-Böckler-Stiftung (2007).<br />

126<br />

Vgl. Boockmann/Hagen (2005), S. 315. Der Anteil befristeter Ar<strong>bei</strong>tsverträge<br />

an allen neu abgeschlossen Ar<strong>bei</strong>tsverträgen stieg alle<strong>in</strong> zwischen 2001<br />

und 2006 von 32 auf 43 Prozent. Vgl. IAB (2008).<br />

127<br />

Vgl. Uni (2005).<br />

128<br />

Vgl. Moser/Galais (2008).


Kompetenzerwerb <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t?<br />

Durch die bedeutende Zunahme <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t wurde das Interesse <strong>der</strong><br />

Berufsbildungsforschung an <strong>der</strong> Entwicklung modularer Weiterbildungskonzepte<br />

zur Unterstützung <strong>in</strong>formeller Lernprozesse am Ar<strong>bei</strong>tsplatz<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tern geweckt. 129 Durchaus vorbildlich ist zum Beispiel das<br />

Konzept <strong>der</strong> Randstad-Akademie „<strong>Lernen</strong> im Job“ 130 , das den Teilnehmern<br />

und Teilnehmer<strong>in</strong>nen auch Möglichkeiten zum Erwerb von IHK-<br />

Zertifikaten ermöglicht. Ob jedoch Zeitar<strong>bei</strong>t e<strong>in</strong>e eigenständige Qualität<br />

für Beschäftigte bietet, sich <strong>in</strong> Formen des <strong>in</strong>formellen <strong>Lernen</strong>s, also am<br />

Ar<strong>bei</strong>tsplatz berufliche Kompetenzen anzueignen, untersucht <strong>der</strong> Beitrag<br />

von Gerhard Syben <strong>in</strong> dieser Broschüre. Nach se<strong>in</strong>en Befunden müssen<br />

die Erfolgsaussichten dieses Ansatzes e<strong>in</strong>er „Qualifizierung durch Zeitar<strong>bei</strong>t“<br />

differenzierter beurteilt werden, wenn man die Qualifikationsstrukturen,<br />

Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen und konkreten Tätigkeiten von Zeitar<strong>bei</strong>tern<br />

berücksichtigt.<br />

Festzuhalten ist hier allerd<strong>in</strong>gs, dass die Möglichkeiten zur Weiterbildung<br />

<strong>in</strong> formellen Lernangeboten für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer relativ schwach<br />

ausgeprägt s<strong>in</strong>d und im Umfang zudem offenbar stark von <strong>der</strong> organisatorischen<br />

Nähe o<strong>der</strong> Distanz <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer zur betrieblichen<br />

Kernbelegschaft abhängen. 131 Trotz e<strong>in</strong>iger Erfahrungen mit Modellprojekten<br />

zur tätigkeitsbegleitenden Fortbildung lässt sich feststellen, dass<br />

nur e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger Anteil <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer mit grundständigen Berufsqualifikationen<br />

<strong>in</strong> den Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen über relevante Möglichkeiten<br />

zur beruflichen Weiterbildung verfügt, welche auch zu e<strong>in</strong>er umfassen<strong>der</strong>en<br />

und langfristigen Verbesserung ihrer beruflichen Beweglichkeit<br />

<strong>bei</strong>tragen können. Auch stellen sich kritische Fragen nach <strong>der</strong><br />

Qualität modularer Weiterbildungskonzepte, wenn mit den Abschlüssen<br />

we<strong>der</strong> konkrete Berechtigungen noch verbesserte E<strong>in</strong>kommenschancen<br />

verbunden s<strong>in</strong>d.<br />

129 Überblick vgl. Münchhausen u.a. (2004).<br />

130 Randstad (2008).<br />

131 Vgl. Bol<strong>der</strong> u.a. (2003), S. 8.<br />

87


88<br />

Je höher die speziellen beruflichen Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen jedoch<br />

s<strong>in</strong>d, desto wahrsche<strong>in</strong>licher partizipieren Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer an formellen<br />

Fortbildungsangeboten. Wenn Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen ihren Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

Qualifizierungsmöglichkeiten bieten, beschränken sich diese Aktivitäten<br />

allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> den meisten Fällen auf den direkten Bedarf am Ar<strong>bei</strong>tsplatz.<br />

Da<strong>bei</strong> stehen kürzere Qualifikationsmaßnahmen im Vor<strong>der</strong>grund,<br />

die im Entleihbetrieb benötigte Kompetenzen vermitteln (Textverar<strong>bei</strong>tung,<br />

CAD-Programm, „Staplerführersche<strong>in</strong>“, Schweißzertifikat). Wenige<br />

Unternehmen bemühen sich um den Aufbau von Lernsystemen, die<br />

über den unmittelbaren ar<strong>bei</strong>tsplatzbezogenen Fortbildungsbedarf h<strong>in</strong>ausgehen<br />

und zum Beispiel <strong>in</strong> entleihfreien Zeiten von Ar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

genutzt werden können. Zum Teil verlassen sich die Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen<br />

auf Unterweisungen, die <strong>in</strong> den Entleihbetrieben durchgeführt werden.<br />

Dennoch wird ausgerechnet vonseiten <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche immer<br />

wie<strong>der</strong> betont, dass e<strong>in</strong> „lebenslanges <strong>Lernen</strong>“ im Interesse flexibler<br />

Unternehmen von allen Ar<strong>bei</strong>tnehmern zukünftig verstärkt zu for<strong>der</strong>n<br />

ist. Kaum e<strong>in</strong> Begriff fasst die „neuen“ Anfor<strong>der</strong>ungen an Ar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

besser zusammen als das Leitbild <strong>der</strong> generellen „Beschäftigungsfähigkeit“<br />

(„Employability“). So wird es zum Beispiel von Brömser idealisiert,<br />

<strong>der</strong> aus dem Blickw<strong>in</strong>kel <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche auf e<strong>in</strong>e zukünftig verän<strong>der</strong>te<br />

Qualität von Bildung und Qualifikation e<strong>in</strong>geht. Er weist auf<br />

e<strong>in</strong>e zunehmende Dynamik und Innovationsabhängigkeit <strong>der</strong> Unternehmen<br />

sowie e<strong>in</strong>e wachsende Bedeutung von Wissen und Bildung h<strong>in</strong>,<br />

die e<strong>in</strong> neues Leitbild <strong>der</strong> Erwerbsar<strong>bei</strong>t erfor<strong>der</strong>lich machten: “Flexibel,<br />

lernbereit und mobil sollen sich die Ar<strong>bei</strong>tnehmer heute präsentieren,<br />

um die Produktivität ihres Ar<strong>bei</strong>tgebers und damit auch ihre eigene Beschäftigung<br />

zu sichern.“ 132<br />

Es handelt sich <strong>bei</strong> dieser Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong> „Beschäftigungsfähigkeit“ um<br />

e<strong>in</strong>e Br<strong>in</strong>gschuld des für se<strong>in</strong> Schicksal eigenverantwortlichen Ar<strong>bei</strong>tnehmers,<br />

<strong>der</strong> sich durch „lebenslanges <strong>Lernen</strong>“ entsprechend <strong>der</strong> wechselnden<br />

Verwertungs<strong>in</strong>teressen an se<strong>in</strong>er Ar<strong>bei</strong>tskraft ständig „fit“ zu<br />

halten hat. Offenbar nach dem Modell <strong>der</strong> „aktivierenden“ Ar<strong>bei</strong>ts-<br />

132 Brömser (2008), S. 497.


marktpolitik soll diese Beschäftigungsfähigkeit nicht nur vom Betrieb<br />

„geför<strong>der</strong>t“, son<strong>der</strong>n auch „gefor<strong>der</strong>t“ werden. Die Ar<strong>bei</strong>tnehmer müssten<br />

sich darauf e<strong>in</strong>stellen, dass das Normalar<strong>bei</strong>tsverhältnis auf <strong>der</strong><br />

„roten Liste“ stehe und zukünftig Erwerbsbiografien häufiger durch Unterbrechungen<br />

und vor allem atypische Beschäftigung gekennzeichnet<br />

seien. 133<br />

Das Paradigma „Beschäftigungsfähigkeit“ kennzeichnet die gewünschte<br />

neue Rolle <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmer nach dem Vorbild des „Ar<strong>bei</strong>tskraftunternehmers“<br />

134 , <strong>der</strong> eigenverantwortlich und stets aufs Neue die Qualität<br />

se<strong>in</strong>er Verwertungspotenziale für die Unternehmen verbessert. Sie entspricht<br />

e<strong>in</strong>er Erwartung gegenüber dem E<strong>in</strong>zelnen, die gegenwärtig<br />

auch zunehmend außerhalb des Ar<strong>bei</strong>tslebens Gültigkeit beansprucht:<br />

Fit zu bleiben. Gefragt s<strong>in</strong>d „<strong>in</strong>dividuelles Selbstmanagement und<br />

Selbstökonomisierung <strong>der</strong> Lebensführung, eigentätige Prävention und<br />

aktives Altern, lebenslanges <strong>Lernen</strong> und permanente Bewegung“ 135 . Vor<br />

diesem H<strong>in</strong>tergrund wird das Ziel, Beschäftigung zu för<strong>der</strong>n, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

politischen Begriff <strong>der</strong> „Employability“ durch den Ansatz ersetzt, die<br />

<strong>in</strong>dividuelle Beschäftigungsfähigkeit zu för<strong>der</strong>n, die als entscheidende<br />

Voraussetzung des sozialen und ökonomischen Wandels betrachtet<br />

wird. 136<br />

„Beschäftigungsfähigkeit" als Leitbild zukünftig benötigter Qualifikationen<br />

besteht zum e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> <strong>der</strong> Qualifikation des Erwerbstätigen, die sich<br />

begrifflich im Wesentlichen auf se<strong>in</strong>e "Wertschöpfungsfähigkeit" reduzieren<br />

lässt, zum an<strong>der</strong>en <strong>in</strong> <strong>der</strong> Flexibilität als berufliche "Anpassungsfähigkeit"<br />

an die vom Betrieb festgelegten Anfor<strong>der</strong>ungen und Rationalisierungsziele.<br />

Nicht zuletzt gewünscht ist auch e<strong>in</strong>e hohe räumliche<br />

Beweglichkeit. 137 Von den Individuen wird vor allem gefor<strong>der</strong>t, sich gezielt<br />

durch "self-management und self-market<strong>in</strong>g" zu entwickeln, so<br />

133 Vgl. Brömser (2008), S. 498 f.<br />

134 Vgl. Pongratz/Voß (2004).<br />

135 Lessenich (2008), S. 96.<br />

136 Vgl. Deeke/Kruppe (2003).<br />

137 Vgl. Blancke u.a. (2000), S. 9.<br />

89


90<br />

dass sie sich "auf flexibilisierten Ar<strong>bei</strong>tsmärkten (relativ) frei bewegen<br />

und dadurch ihre Existenz sichern können“. Beschäftigungsfähigkeit<br />

erweist sich letztlich auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „Befähigung“, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Randbelegschaft<br />

e<strong>in</strong>es Betriebs nur e<strong>in</strong>e vorübergehende, qualifikationsfremde und<br />

niedriger entlohnte Erwerbsar<strong>bei</strong>t zu leisten.<br />

1.5.2 Zeitar<strong>bei</strong>t: atypisch und prekär?<br />

Festzuhalten ist, dass die betriebliche Flexibilisierungspolitik zu e<strong>in</strong>em<br />

Boom unsicherer Ar<strong>bei</strong>tsplätze im Niedriglohnsektor geführt hat, <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch mit <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t wächst und gegenwärtig zu den<br />

großen „Kristallisationspunkten“ e<strong>in</strong>er zunehmenden Prekarität gezählt<br />

werden kann. 138 Die „Schleusen geöffnet“ haben da<strong>bei</strong> letztlich die<br />

Hartz-Reformen, beson<strong>der</strong>s die Deregulierung <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t und verän<strong>der</strong>te<br />

Normen <strong>der</strong> ger<strong>in</strong>gfügigen Beschäftigung, die das Lohnniveau beson<strong>der</strong>s<br />

unter Druck gerieten ließen. 139<br />

Forciert durch die Ar<strong>bei</strong>tsmarktreformen haben sich <strong>in</strong> den vergangenen<br />

Jahren e<strong>in</strong>er verhältnismäßig günstigen konjunkturellen Lage die<br />

schlecht entlohnten und unsicheren „Jobs“ <strong>in</strong> den Randbelegschaften<br />

<strong>der</strong> Betriebe vermehrt. Jedoch ke<strong>in</strong>eswegs ohne Auswirkungen auf die<br />

verme<strong>in</strong>tlich noch geschützten Stammbelegschaften: Denn gerade<br />

durch die „billigeren M<strong>in</strong>ijobber/<strong>in</strong>nen, aber auch Zeitar<strong>bei</strong>tskräfte und<br />

die Möglichkeit des Outsourc<strong>in</strong>gs von Tätigkeiten <strong>in</strong> Bereiche ohne Tarifb<strong>in</strong>dung<br />

o<strong>der</strong> mit niedrigen Tariflöhnen, ist das Lohngefüge am unteren<br />

Rand des Lohnspektrums erheblich unter Druck geraten“ 140 . Wenn<br />

<strong>in</strong> größerem Umfang Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer im Betrieb zum E<strong>in</strong>satz kommen,<br />

trägt dies auch zur Verunsicherung und Diszipl<strong>in</strong>ierung <strong>der</strong> Belegschaft<br />

<strong>bei</strong> 141 – teils auch als gewünschter Nebeneffekt entsprechen<strong>der</strong> Maßnahmen<br />

des Managements.<br />

138<br />

Vgl. Dörre (2008).<br />

139<br />

Vgl. Kal<strong>in</strong>a/We<strong>in</strong>kopf (2008).<br />

140<br />

Ebenda, S. 9.<br />

141<br />

Vgl. Holst (2009).


Die Bundesregierung versprach sich mit den Reformen <strong>der</strong> „Agenda<br />

2010“ mehr Flexibilität und Kostenentlastungen für die Betriebe, die<br />

ihren schwankenden Personalbedarf nunmehr verstärkt auch über die<br />

„atypische“ Beschäftigung decken konnten. Da<strong>bei</strong> ließ sich die so betriebene<br />

Ausweitung e<strong>in</strong>es Sektors niedrig entlohnter und unsicherer<br />

Ar<strong>bei</strong>t mit <strong>der</strong> Zielsetzung rechtfertigen, niedrigschwellige Beschäftigungsmöglichkeiten<br />

für ger<strong>in</strong>g qualifizierte Ar<strong>bei</strong>tnehmer zu schaffen.<br />

Aus Sicht des Bundeswirtschaftsm<strong>in</strong>isters galten als wichtigste Ursache<br />

e<strong>in</strong>es beson<strong>der</strong>s für „leistungsschwache“ Ar<strong>bei</strong>tnehmer zu ger<strong>in</strong>gen Ar<strong>bei</strong>tsplatzangebotes<br />

die zu hohen ‚Anspruchslöhne‘ entsprechen<strong>der</strong><br />

Qualifikationsgruppen und e<strong>in</strong>e zu ger<strong>in</strong>ge Lohnspreizung <strong>in</strong> den geltenden<br />

Tarifverträgen. 142 Auch die im Zuge <strong>der</strong> Hartz-Reformen erfolgte<br />

Neuregelung <strong>der</strong> ger<strong>in</strong>gfügigen Beschäftigung („M<strong>in</strong>i“- und „Midijobs“)<br />

zielte zugleich auf e<strong>in</strong>e Ausweitung des Niedriglohnsektors, auf positive<br />

Effekte für den Ar<strong>bei</strong>tsmarkt und nicht zuletzt e<strong>in</strong>e Entlastung <strong>der</strong> Sozialkassen.<br />

143<br />

Von den Protagonisten <strong>der</strong> Politik, die die Zunahme <strong>der</strong> atypischen Beschäftigung<br />

beför<strong>der</strong>ten, wird auf die Unvermeidbarkeit dieser Entwicklung<br />

h<strong>in</strong>gewiesen und auf die ‚geschaffenen Tatsachen‘ verwiesen. Wie<br />

es Florian Gerster im Jahr 2004 als Vorstand <strong>der</strong> Bundesagentur für<br />

Ar<strong>bei</strong>t formulierte, ist <strong>der</strong> Bruch mit alten Leitvorstellungen guter Ar<strong>bei</strong>t<br />

zukünftig notwendig: "Zeitar<strong>bei</strong>t, befristete Beschäftigung, Teilzeit und<br />

Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse ohne vollen Sozialversicherungsschutz werden die<br />

Kernbelegschaften <strong>in</strong> stärkerem Maß ummanteln. E<strong>in</strong>e Abkehr vom<br />

Leitbild unbefristeter Vollzeitbeschäftigung ist unabd<strong>in</strong>gbar.“ 144<br />

91<br />

142 Vgl. BMWA (2003).<br />

143 Vgl. Steck/Kossens (2003), S. 9.<br />

144 http://www.bwl.fh-wiesbaden.de/aktuelles/f-gerster.htm. E<strong>in</strong>e Position, die<br />

Florian Gerster auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Papier des Managerkreises <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-<br />

Stiftung als Koautor wie<strong>der</strong>holte, das bezeichnen<strong>der</strong>weise mit "Staatsmo<strong>der</strong>nisierung<br />

aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Wirtschaft" betitelt ist: Vgl. Managerkreis <strong>der</strong><br />

Friedrich-Ebert-Stiftung (2004), S. 19.


92<br />

Rund e<strong>in</strong> Viertel <strong>der</strong> Erwerbspersonen standen 2006 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em atypischen<br />

Beschäftigungsverhältnis wie Teilzeitar<strong>bei</strong>t, M<strong>in</strong>ijob, Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em befristeten Beschäftigungsverhältnis. 145 Als „atypisch“<br />

wird e<strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis bezeichnet, das sich <strong>in</strong> zentralen Punkten<br />

vom Normalar<strong>bei</strong>tsverhältnis unterscheidet. Unter „Normalar<strong>bei</strong>t“ wird<br />

üblicherweise e<strong>in</strong>e abhängige Erwerbsar<strong>bei</strong>t verstanden, <strong>der</strong>en Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

nach allgeme<strong>in</strong>er Auffassung als zumutbar und akzeptabel<br />

gelten. So handelt es sich um e<strong>in</strong>e auf Dauer angelegte, existenzsichernde,<br />

zeitlich geregelte, im Betrieb des Ar<strong>bei</strong>tgebers ausgeübte<br />

abhängige Vollzeitbeschäftigung, die weitgehend stabil und sozial abgesichert<br />

ausgestaltet ist. 146 Umgekehrt ist atypische Beschäftigung häufiger<br />

durch e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>geren Grad <strong>der</strong> beruflichen und sozialen Integration<br />

gekennzeichnet. 147<br />

Auch <strong>der</strong> „zweifelhafte Ruf“ <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t erklärt sich so letztlich vor<br />

allem aus ihren schwerwiegenden strukturellen Defiziten, die gegenüber<br />

dem Normalar<strong>bei</strong>tsverhältnis bestehen. 148 Zeitar<strong>bei</strong>t ist meistens „unterprivilegierte<br />

Ar<strong>bei</strong>t - ... im Schnitt schlechter bezahlt, weniger stetig,<br />

schlechter qualifiziert und seltener mitbestimmt“ 149 . Legt man die dafür<br />

maßgeblichen Indikatoren zugrunde, ist Zeitar<strong>bei</strong>t e<strong>in</strong>e „prekäre“ Beschäftigungsform,<br />

die eben häufig nicht existenzsichernd und <strong>in</strong>stabil<br />

angelegt ist und da<strong>bei</strong> auch e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Integration <strong>in</strong> soziale Sicherungssysteme<br />

bedeutet. 150<br />

145<br />

Vgl. Statistisches Bundesamt (2008); Sachverständigenrat (2008), dar<strong>in</strong><br />

Teil 5: Analyse Normalar<strong>bei</strong>tsverhältnisse und atypische Beschäftigung <strong>in</strong><br />

Deutschland.<br />

146<br />

Vgl. Bosch (2002), S. 108; Bosch (2003), S. 11-24.<br />

147<br />

Vgl. Dörre (2005).<br />

148<br />

Vgl. Seifert (2000).<br />

149<br />

Promberger (2006), S. 1.<br />

150<br />

Vgl. Koch, C. (2007), S. 11.


Joachim Duhnenkamp<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong><br />

2 E<strong>in</strong>e Auswertung <strong>der</strong> Rechtsfälle<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Rechtsberatung<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer<br />

93


Vorbemerkung<br />

Art und Umfang <strong>der</strong> Rechtsthemen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> ar<strong>bei</strong>ts- und sozialrechtlichen<br />

Beratung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong> behandelt werden,<br />

s<strong>in</strong>d gewissermaßen e<strong>in</strong> Spiegelbild <strong>der</strong> sich verän<strong>der</strong>nden Ar<strong>bei</strong>tsbeziehungen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs gibt die Statistik <strong>der</strong> Beratungsar<strong>bei</strong>t vor allem<br />

H<strong>in</strong>weise auf die potenziellen Konfliktfel<strong>der</strong> im Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis. Im<br />

Rahmen des Projekts „Bestandsaufnahme zur Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong>“ hat<br />

die Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong> die Beratungen des Jahres 2007 im<br />

Bereich des Ar<strong>bei</strong>ts- und Sozialversicherungsrechts <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong>-Stadt<br />

ausgewertet.<br />

Beratung<br />

Die Daten ergeben verschiedene H<strong>in</strong>weise auf spezifische Problemlagen<br />

und Fehlentwicklungen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung. Die Untersuchung<br />

beschränkte sich auf die Auswertung <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>ts- und Sozialversicherungsrechtsberatung<br />

<strong>der</strong> Kammer am Beratungsstandort<br />

<strong>Bremen</strong>-Stadt geführten persönlichen Rechtsberatungsgespräche.<br />

95<br />

Für die E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Gesamtdimension für das Land <strong>Bremen</strong> ist<br />

daher zu beachten, dass die nachfolgenden Ausführungen nur e<strong>in</strong>en Teil<br />

<strong>der</strong> Beratungsnachfrage wi<strong>der</strong>spiegeln; nicht berücksichtigt s<strong>in</strong>d die an<br />

den Standorten <strong>Bremen</strong>-Nord und Bremerhaven sowie die über die Betriebs-<br />

und Personalräteberatung an die Kammer herangetragenen<br />

Rechtsprobleme sowie ferner die Vielzahl nicht dokumentierter telefonischer<br />

Rechtsberatungen für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<strong>in</strong>nen und -ar<strong>bei</strong>tnehmer.<br />

Nach übere<strong>in</strong>stimmen<strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung aller Rechtsberater/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />

<strong>Bremen</strong>-Stadt war die Beratungsnachfrage aus dem Bereich Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

im Jahr 2007 eher ger<strong>in</strong>ger war als <strong>in</strong> den Vorjahren.<br />

Im Untersuchungsjahr 2007 wurden 228 Beratungen für Ar<strong>bei</strong>tnehmer/<strong>in</strong>nen<br />

<strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnissen aus 74 Betrieben <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche<br />

durchgeführt, <strong>in</strong> denen 297 abgrenzbare Rechtsprobleme mit<br />

den Beschäftigten erörtert wurden. Dies entspricht circa 3,6 Prozent <strong>der</strong>


96<br />

<strong>in</strong> <strong>Bremen</strong>-Stadt im Kalen<strong>der</strong>jahr 2007 <strong>in</strong> persönlichen Beratungsgesprächen<br />

behandelten Rechtsfälle.<br />

Hoher Anteil von Ratsuchenden aus dem Bereich <strong>der</strong> Helfer- und Anlerntätigkeiten<br />

Mit 46,1 Prozent auffallend hoch war <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Beschäftigten mit<br />

Ar<strong>bei</strong>tsverträgen im Bereich sogenannter ungelernter Tätigkeiten (Angaben<br />

über e<strong>in</strong>e Zusatzqualifikation, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> sogenannte „Staplersche<strong>in</strong>“,<br />

machten 13,3 Prozent <strong>der</strong> Ratsuchenden aus).<br />

Qualifikation <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rechtsberatung <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong>. Beratungsfälle <strong>Bremen</strong>-Stadt 2007<br />

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Der Fachar<strong>bei</strong>teranteil unter den Ratsuchenden lag mit circa 21,5 Prozent<br />

ebenso hoch wie <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Beschäftigten aus dem Bereich<br />

kaufmännischer Tätigkeiten/Verwaltungsberufe und Techniker.<br />

Der Anteil hoch qualifizierter und akademischer Tätigkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beratungsnachfrage<br />

lag demgegenüber <strong>bei</strong> lediglich 4,4 Prozent. 6,6 Prozent<br />

<strong>der</strong> Ratsuchenden machten ke<strong>in</strong>e Angabe zur ausgeübten Tätigkeit.<br />

Dom<strong>in</strong>anz kurzfristiger Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse<br />

Untersucht wurde weiterh<strong>in</strong> die Beschäftigungsdauer <strong>bei</strong>m aktuellen<br />

beziehungsweise letzten Ar<strong>bei</strong>tgeber zum Beratungszeitpunkt. Lediglich<br />

3,5 Prozent <strong>der</strong> Beschäftigten standen mit e<strong>in</strong>er Beschäftigungsdauer<br />

von mehr als fünf Jahren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em echten „Langzeitar<strong>bei</strong>tsverhältnis“<br />

zum betreffenden Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen.<br />

97


98<br />

Beschäftigungsdauer <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rechtsberatung<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong>. Beratungsfälle <strong>Bremen</strong>-Stadt<br />

2007<br />

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Für die Hälfte <strong>der</strong> Ratsuchenden bestand wegen kurzer Vertragslaufzeit<br />

ke<strong>in</strong> Kündigungsschutz:<br />

Insgesamt 46,5 Prozent <strong>der</strong> nachfragenden Ratsuchenden waren mit<br />

e<strong>in</strong>er Beschäftigungsdauer von unter sechs Monaten <strong>in</strong> <strong>der</strong> kündigungsschutzfreien<br />

Frühphase ihres Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisses mit ar<strong>bei</strong>tsrechtlichen<br />

Problemen konfrontiert.<br />

Zwischen e<strong>in</strong>em halben und e<strong>in</strong>em Jahr Beschäftigungszeit wiesen weitere<br />

22,4 Prozent <strong>der</strong> Ratsuchenden auf; e<strong>in</strong>e Beschäftigungszeit zwischen<br />

e<strong>in</strong>em und drei Jahren hatten 14,9 Prozent und zwischen drei<br />

und fünf Jahren weitere 5,2 Prozent <strong>der</strong> Ratsuchenden. Bei 7,5 Prozent<br />

<strong>der</strong> behandelten Fälle lag ke<strong>in</strong>e Angabe zur Beschäftigungsdauer vor.


Berücksichtigt man weiter, dass 50 Prozent <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmer<strong>in</strong>nen und<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmer aus <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche, die im Jahr 2007 die Ar<strong>bei</strong>tsrechtsberatung<br />

<strong>der</strong> Kammer <strong>in</strong> Anspruch genommen haben, zum Beratungszeitpunkt<br />

<strong>in</strong> gekündigter Stellung o<strong>der</strong> nach erfolgter Kündigung<br />

bereits aus dem Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis zum betreffenden Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

ausgeschieden waren, so lässt sich die immer wie<strong>der</strong> beschworene<br />

These von <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t als Jobmotor für Dauerbeschäftigung aus<br />

Sicht <strong>der</strong> Rechtsberatung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer nicht bestätigen.<br />

Gleiches gilt für den sogenannten „Klebeeffekt“: In lediglich zwei <strong>der</strong><br />

behandelten Rechtsfällen (was e<strong>in</strong>em Anteil von 0,9 Prozent) entspricht,<br />

war e<strong>in</strong>e Übernahme des/<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbeschäftigten durch das<br />

entleihende Unternehmen Gegenstand <strong>der</strong> Beratung.<br />

Rechtmäßigkeit von Kündigungen:<br />

Demgegenüber auffallend hoch war <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Beratungsfälle mit<br />

Fragen zur Rechtmäßigkeit von Kündigungen. Während <strong>der</strong> Anteil von<br />

Kündigungsschutzberatungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsrechtsberatung <strong>in</strong> <strong>Bremen</strong>-<br />

Stadt bezogen auf alle Branchen 15,6 Prozent im Jahre 2007 betrug,<br />

lag <strong>der</strong> Anteil im untersuchten Segment Zeitar<strong>bei</strong>t im gleichen Zeitraum<br />

mit 23,2 Prozent deutlich darüber.<br />

Lohnberechnung:<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Untersuchung <strong>der</strong> Beratungs<strong>in</strong>halte fällt weiterh<strong>in</strong> die<br />

überdurchschnittlich hohe Nachfrage an Beratung zum Thema Bezahlung<br />

auf. Klagen <strong>der</strong> Ratsuchenden über nicht, verspätet o<strong>der</strong> zu ger<strong>in</strong>g<br />

erfolgte Bezahlung beliefen sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rechtsberatung <strong>in</strong>sgesamt auf<br />

e<strong>in</strong>en Anteil von 17,1 Prozent aller durchgeführten Beratungen. Bezogen<br />

auf die Beschäftigungsverhältnisse im Zeitar<strong>bei</strong>tsbereich waren<br />

demgegenüber <strong>in</strong> 34,1 Prozent <strong>der</strong> Beratungsgespräche Probleme im<br />

Vergütungsbereich Gegenstand <strong>der</strong> Beratung.<br />

99


100<br />

Anteil <strong>der</strong> Beratungsthemen <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Rechtsberatung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong>. Beratungsfälle<br />

<strong>Bremen</strong>-Stadt 2007<br />

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Rechnet man die von den Ratsuchenden geschil<strong>der</strong>ten Probleme mit<br />

mittelbaren Vergütungsleistungen wie Fahrtkostenerstattungen, Spesen<br />

h<strong>in</strong>zu, so liegt <strong>der</strong> Anteil von Entgeltproblemen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beratung im Bereich<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnissen sogar <strong>bei</strong> 38,1 Prozent und somit<br />

deutlich mehr als doppelt so hoch wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> branchenübergreifenden<br />

Gesamtbetrachtung.<br />

Die Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer wird <strong>in</strong> den folgenden Jahren durch entsprechende<br />

Auswertungen <strong>der</strong> durchgeführten Beratungen die hier dargestellten<br />

Befunde erneut überprüfen und Entwicklungen des Sektors Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

aus <strong>der</strong> spezifischen Sicht e<strong>in</strong>er ar<strong>bei</strong>tsrechtlichen Beratungsstelle<br />

verfolgen.<br />

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Prof. Dr. Gerhard Syben<br />

BAQ Forschungs<strong>in</strong>stitut<br />

Beschäftigung Ar<strong>bei</strong>t Qualifikation, <strong>Bremen</strong><br />

3 <strong>Lernen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong><br />

101<br />

E<strong>in</strong>e explorative Studie zum Erwerb und zur Weiterentwicklung von<br />

beruflichen Kompetenzen im Prozess <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t <strong>bei</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<strong>in</strong>nen<br />

und <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern


102


Vorbemerkung<br />

103<br />

Für den rechtlich als Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung bezeichneten Sachverhalt<br />

hat sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit überwiegend <strong>der</strong> Begriff „<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>“<br />

gebildet. Dieser hatte von Anfang an e<strong>in</strong>e pejorative Konnotation. Es ist<br />

daher versucht worden, durch den Begriff „Zeitar<strong>bei</strong>t“ <strong>der</strong> negativen<br />

Bewertung dieser Beschäftigungsform entgegenzuwirken. Gegenstand<br />

<strong>der</strong> folgenden Betrachtungen s<strong>in</strong>d jedoch nicht die Umstände und Folgen<br />

<strong>der</strong> Überlassung von Ar<strong>bei</strong>tnehmern und Ar<strong>bei</strong>tnehmer<strong>in</strong>nen, son<strong>der</strong>n<br />

ausschließlich die Frage, ob diese beson<strong>der</strong>e Beschäftigungsform<br />

aufgrund ihrer Strukturelemente auch beson<strong>der</strong>e Lernchancen bietet.<br />

Für diese Betrachtung ist die Bezeichnung als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> o<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

nicht von Belang. Dennoch musste e<strong>in</strong>e Entscheidung für den Begriff<br />

getroffen werden, <strong>der</strong> <strong>in</strong> dieser Studie verwendet wird. Da diese Begriffe<br />

auch als Kampfbegriffe angesehen werden, soll für die Wahl e<strong>in</strong>e kurze<br />

sachliche und begriffslogische Begründung gegeben werden.<br />

Beschäftigungsverhältnisse s<strong>in</strong>d Folge des Kaufs und Verkaufs von Ar<strong>bei</strong>tskraft.<br />

Das zeitweise Überlassen e<strong>in</strong>er gekauften Sache gegen die<br />

Zahlung e<strong>in</strong>es Preises wird als „Verleihen“ bezeichnet. Folglich ist <strong>der</strong><br />

Begriff „Verleihen“ auch für die Weitervermietung gekaufter Ar<strong>bei</strong>tskraft<br />

korrekt. Es ist daher im Folgenden von „<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>“, „<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern“ und<br />

„<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<strong>in</strong>nen“ sowie von „Verleihunternehmen“ und „Entleihunternehmen“<br />

die Rede. E<strong>in</strong>e Übernahme <strong>der</strong> pejorativen o<strong>der</strong> gar anklagenden<br />

Konnotationen ist damit nicht verbunden ist. Abgesehen davon<br />

würden die Vorbehalte, die manche gegenüber <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> haben, ohneh<strong>in</strong><br />

nicht durch e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Bezeichnung beseitigt. E<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung des<br />

öffentlichen Ansehens von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> könnte höchstens Folge e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en<br />

Ausgestaltung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>ts- und Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen se<strong>in</strong>.<br />

Dies war jedoch nicht Gegenstand dieser Studie.<br />

E<strong>in</strong>e Studie auf dem Feld <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> kann, auch wenn sie nicht die<br />

Ar<strong>bei</strong>ts- und Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen thematisiert, son<strong>der</strong>n die weit<br />

weniger brisante Frage nach den Lernchancen stellt, ohnedies den<br />

Problemen nicht entgehen, die mit dieser Beschäftigungsform verbunden<br />

s<strong>in</strong>d. Das zeigte sich nicht zuletzt <strong>in</strong> dem außerordentlich schwierigen<br />

Zugang zu Interviewpartnern und Interviewpartner<strong>in</strong>nen. Es gebührt


104<br />

daher allen denjenigen, die sich für e<strong>in</strong> Gespräch im Rahmen dieser<br />

Studie bereitgefunden und e<strong>in</strong>em für sie selbst zunächst wenig relevanten<br />

Forschungszweck ihre Zeit zur Verfügung gestellt haben, e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s<br />

großer Dank.<br />

Zu danken habe ich weiterh<strong>in</strong> Vanessa von Bothmer und Adrian Klock,<br />

die sich an <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Interviews beteiligt und die Transkription<br />

geleistet haben, sowie Bernd Strüßmann, <strong>der</strong> mit Geduld und Verständnis<br />

die Fertigstellung dieses Manuskripts begleitet hat. Für Fehler<br />

und Versäumnisse dieser Studie b<strong>in</strong> ich selbstverständlich alle<strong>in</strong>e verantwortlich.


3.1 Fragestellung<br />

105<br />

Der Umfang gewerblicher Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung (<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>) hat <strong>in</strong><br />

Deutschland <strong>in</strong> <strong>der</strong> jüngsten Zeit stark zugenommen. Zwar ist <strong>der</strong> Anteil<br />

an <strong>der</strong> gesamten Beschäftigung nach wie vor ger<strong>in</strong>g, aber die Zuwachsraten<br />

haben dieser Beschäftigungsform zuletzt e<strong>in</strong>e erhebliche Aufmerksamkeit<br />

verschafft, die durch die Kampagne <strong>der</strong> Industriegewerkschaft<br />

Metall noch verstärkt worden ist. Auch im Zuge des Übergreifens <strong>der</strong><br />

F<strong>in</strong>anz- und dann <strong>der</strong> Wirtschaftskrise auf den Ar<strong>bei</strong>tsmarkt rückt <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong><br />

<strong>in</strong>s Blickfeld, da <strong>in</strong> manchen Branchen <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> den ersten Puffer<br />

darstellt, <strong>der</strong> abgebaut wird, wenn e<strong>in</strong>e Reduzierung <strong>der</strong> Beschäftigung<br />

erreicht werden soll.<br />

Als e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> wesentlichen Merkmale <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> gilt nämlich die<br />

Flexibilität des E<strong>in</strong>satzes <strong>der</strong> Beschäftigten. Zwar wird dieser Sachverhalt<br />

höchst unterschiedlich bewertet – Kritiker wie Befürworter gehen<br />

jedoch übere<strong>in</strong>stimmend davon aus, dass Ar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>in</strong> dieser Beschäftigungsform<br />

angesichts <strong>der</strong> wechselnden E<strong>in</strong>satzorte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage<br />

se<strong>in</strong> müssen, sich immer wie<strong>der</strong> auf neue Gegebenheiten e<strong>in</strong>zustellen.<br />

151 Wenn diese E<strong>in</strong>schätzung richtig ist, dann führt sie zu <strong>der</strong> Frage,<br />

ob dar<strong>in</strong> für die betroffenen Beschäftigten nicht nur auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite<br />

Belastungen, son<strong>der</strong>n auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite auch Lernchancen liegen.<br />

Diese Betrachtungsweise ergibt sich <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e, wenn zur Beschreibung<br />

des Kompetenzerwerbs von Beschäftigten auf die im Rahmen <strong>der</strong><br />

Politik des Lebenslangen <strong>Lernen</strong>s <strong>der</strong> Europäischen Union formulierten<br />

Konzepte zurückgegriffen wird. Diese stellen gegenüber <strong>der</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

verbreiteten Sichtweise e<strong>in</strong>e Erweiterung dar, da sie den Blick<br />

nicht alle<strong>in</strong> auf den Erwerb von Qualifikationen durch formale Bildungsprozesse<br />

richten, son<strong>der</strong>n neben diesen formalen auch die nichtformalen<br />

und <strong>in</strong>formellen Lernprozesse systematisch <strong>in</strong> die Betrachtung<br />

e<strong>in</strong>beziehen. Da<strong>bei</strong> ist beson<strong>der</strong>s die Unterscheidung zwischen nichtformalem<br />

und <strong>in</strong>formellem <strong>Lernen</strong> von Bedeutung. Während nichtformale<br />

Lernprozesse dadurch def<strong>in</strong>iert s<strong>in</strong>d, dass sie zwar nicht <strong>in</strong> ei-<br />

151 Vgl. als Beispiel: Sczesny u.a. (2008), S. 17.


106<br />

nem formalen Lernkontext stattf<strong>in</strong>den, aber bewusst auf das <strong>Lernen</strong><br />

abzielen (zum Beispiel <strong>in</strong>dividuelles Studium e<strong>in</strong>er Fachzeitschrift<br />

abends zu Hause), zeichnen sich <strong>in</strong>formelle Lernprozesse dadurch aus,<br />

dass e<strong>in</strong> Lernergebnis e<strong>in</strong>tritt, ohne dass das <strong>Lernen</strong> beabsichtigt war.<br />

<strong>Lernen</strong> geschieht also als ungeplante Nebenfolge e<strong>in</strong>er Handlung, die<br />

e<strong>in</strong> ganz an<strong>der</strong>es Ziel hat. Man will sich zum Beispiel für die Erledigung<br />

e<strong>in</strong>es Auftrages Hammer und Nägel aus <strong>der</strong> Materialausgabe holen und<br />

lernt gleichsam neben<strong>bei</strong> mit, dass es Beschaffungswege und Hierarchien<br />

von Zeichnungsberechtigten gibt, sowie welche Verhaltensregeln<br />

zu beachten s<strong>in</strong>d, wenn man Wert darauf legt, dass <strong>der</strong> eigene Auftrag<br />

zügig behandelt wird. O<strong>der</strong>: Man schlägt anschließend die Nägel <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

Brett und hält e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Brett dagegen, um die <strong>bei</strong>den zu fixieren und<br />

lernt da<strong>bei</strong>, <strong>in</strong> welchem W<strong>in</strong>kel man den Hammer halten muss, damit<br />

man den Nagel rechtw<strong>in</strong>klig <strong>in</strong> das Holz treibt und wie viele Schläge<br />

lang man die <strong>bei</strong>den Bretter festhalten muss, damit sie ihre Lage auch<br />

<strong>bei</strong> weiteren Hammerschlägen nicht mehr verän<strong>der</strong>n. Zu diesen Erkenntnissen<br />

könnte man auch mithilfe e<strong>in</strong>er mathematischen Lösung<br />

gelangen. Im wirklichen Leben wird man dies aber <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel lernen,<br />

<strong>in</strong>dem man es tut und auf diese Weise merkt – und da<strong>bei</strong> sich merkt –,<br />

welche Folge mit welcher Handlung offenbar üblicherweise verbunden<br />

ist. Daraus folgt auch, dass <strong>der</strong> oben verwendete Begriff „neben<strong>bei</strong>“<br />

ke<strong>in</strong>e Abwertung dieser Form des <strong>Lernen</strong>s bedeutet. Im Gegenteil: diese<br />

nicht <strong>in</strong>tendierten, <strong>in</strong>formellen Lernprozesse dürften quantitativ wesentlich<br />

häufiger und qualitativ m<strong>in</strong>destens genauso bedeutsam se<strong>in</strong>, wie<br />

das <strong>in</strong>tendierte formale und non-formale <strong>Lernen</strong>. 152 In e<strong>in</strong>er vere<strong>in</strong>fachten<br />

Weise kann <strong>in</strong>formelles <strong>Lernen</strong> auch als Erfahrungslernen o<strong>der</strong> Aufbau<br />

von beruflicher Erfahrung betrachtet werden.<br />

In <strong>der</strong> Berufs- und Wirtschaftspädagogik wird – ohne die Verwendung<br />

des Begriffs des <strong>in</strong>formellen <strong>Lernen</strong>s – dieses unbeabsichtigte <strong>Lernen</strong><br />

als gleichsam natürlicher Bestandteil des Ar<strong>bei</strong>tshandelns angesehen:<br />

„Nahezu jede Ar<strong>bei</strong>t im Betrieb bietet zugleich auch Lernchancen.“ 153<br />

152 Als e<strong>in</strong>e Form zwischen non-formalem und <strong>in</strong>formellen <strong>Lernen</strong> könnte man<br />

es ansehen, wenn jemand <strong>bei</strong>m praktischen Tun bewusst darauf achtet, wie<br />

die D<strong>in</strong>ge reagieren, um es <strong>bei</strong>m nächsten Mal zu wissen.<br />

153 Rebmann u.a. (2003), S. 142. Lediglich stark repetitive Tätigkeiten werden


Dieses „<strong>Lernen</strong> <strong>in</strong> Realsituationen“ wird als „situatives <strong>Lernen</strong>“ o<strong>der</strong><br />

„<strong>Lernen</strong> am Ar<strong>bei</strong>tsplatz, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> und durch die Ar<strong>bei</strong>t“ bezeichnet. 154<br />

107<br />

Betrachtet man diesen Vorgang des <strong>in</strong>formellen <strong>Lernen</strong>s etwas genauer,<br />

dann entspricht er – sehr vere<strong>in</strong>facht gesagt – dem Prozess des Erfahrungsaufbaus<br />

und ist offensichtlich von <strong>der</strong> Vertrautheit mit den Umständen<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t abhängig. Wenn die Ar<strong>bei</strong>tsaufgabe und die e<strong>in</strong>zelnen<br />

zu ihrer Erledigung erfor<strong>der</strong>lichen Verrichtungen sowie die Umgebungsbed<strong>in</strong>gungen,<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsort und die für die Erledigung zur Verfügung<br />

stehende Zeit bekannt und immer die gleichen s<strong>in</strong>d, gibt es ke<strong>in</strong>e<br />

Veranlassung, etwas an<strong>der</strong>s zu machen, als man es immer gemacht<br />

hat. Diese Rout<strong>in</strong>e entlastet von – im Extremfall: jeglicher – Überlegung,<br />

wie man die Ar<strong>bei</strong>t ausführen soll, und kann sogar dazu führen,<br />

dass selbst Bewegungen nicht mehr willentlich gesteuert werden müssen.<br />

In e<strong>in</strong>er solchen Umgebung gibt es nichts Neues und folglich auch<br />

we<strong>der</strong> Veranlassung noch Möglichkeit, zu lernen.<br />

Umgekehrt ist aber auch e<strong>in</strong>e Situation nicht lernför<strong>der</strong>lich, <strong>in</strong> <strong>der</strong> zuviel<br />

Neues auf e<strong>in</strong>mal bewältigt werden muss. Zwar führen dann vermutlich<br />

die meisten Handlungen zu e<strong>in</strong>em Lernergebnis, aber da die Möglichkeit,<br />

selbständig an Zielen orientiert s<strong>in</strong>nvoll zu handeln, stark e<strong>in</strong>geschränkt<br />

ist, bleibt das Gelernte bruchstückhaft und kann jedenfalls<br />

kurzfristig nicht im S<strong>in</strong>ne des Aufbaus von Handlungskompetenz verar<strong>bei</strong>tet<br />

werden.<br />

Lernför<strong>der</strong>lich dagegen s<strong>in</strong>d Situationen, <strong>in</strong> denen die meisten Umgebungsbed<strong>in</strong>gungen<br />

des Handelns vertraut, e<strong>in</strong>ige Elemente aber neu<br />

s<strong>in</strong>d. Diese neuen Elemente verlangen das Erproben von etwas bis dah<strong>in</strong><br />

Unbekanntem. Da überwiegend Vertrautheit mit <strong>der</strong> Situation besteht,<br />

bezieht sich das Erprobungshandeln nur auf e<strong>in</strong>ige Elemente. Es<br />

kann daher kontrolliert ausgeführt und im Bezug auf das Erreichen<br />

(o<strong>der</strong> auch Verfehlen) <strong>der</strong> gesetzten Ziele bewertet und Ursachen zugerechnet<br />

werden. Das Repertoire des Wissens und Könnens (auch des<br />

von dieser Bewertung ausgenommen.<br />

154 Vgl. ebenda, S. 151.


108<br />

Wissens um s<strong>in</strong>nvolle Unterlassungen) ist erweitert worden – mith<strong>in</strong>:<br />

Man hat etwas gelernt. 155<br />

Überträgt man diese Überlegungen auf die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>, dann lässt sich<br />

zunächst abstrakt die Hypothese formulieren, dass aus <strong>der</strong> Grundstruktur<br />

dieser Beschäftigungsform e<strong>in</strong>e Lernför<strong>der</strong>lichkeit abgeleitet werden<br />

kann. Die Beschäftigten agieren e<strong>in</strong>erseits von <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Vertrautheit<br />

mit Ar<strong>bei</strong>tsvollzügen, Materialien, Werkzeugen o<strong>der</strong> Masch<strong>in</strong>en und<br />

Anlagen sowie Verhaltensregeln und Qualitätsnormen aus, die sie kennen,<br />

und sie s<strong>in</strong>d an<strong>der</strong>erseits aufgrund <strong>der</strong> wechselnden E<strong>in</strong>satzorte<br />

immer e<strong>in</strong>igen Umgebungsbed<strong>in</strong>gungen ausgesetzt, die neu s<strong>in</strong>d und<br />

die sie nur bewältigen können, wenn sie lernen, diese zu berücksichtigen.<br />

Dieses <strong>Lernen</strong> muss nicht unbed<strong>in</strong>gt gezielt und bewusst vonstattengehen,<br />

son<strong>der</strong>n es kann sich auch um <strong>in</strong>formelles <strong>Lernen</strong> handeln,<br />

das erst im Lernergebnis sichtbar wird. In <strong>der</strong> Folge wäre dann zu erwarten,<br />

dass e<strong>in</strong>e Tätigkeit als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er beziehungsweise <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<strong>in</strong><br />

zum Aufbau von mehr Handlungskompetenzen führt, als e<strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis,<br />

das immer im gleichen betrieblichen Kontext stattf<strong>in</strong>det.<br />

Von dieser Überlegung gehen auch Galais und Moser aus, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Untersuchung von 433 <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern und <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<strong>in</strong>nen gefunden<br />

haben, dass diese das <strong>in</strong>formelle <strong>Lernen</strong> für sich für wichtiger halten als<br />

das formale <strong>Lernen</strong>. 156 Sie ziehen außerdem den Schluss, dass <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsplatzwechsel<br />

<strong>bei</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> den Aufbau von Meta-Kompetenzen<br />

(zum Beispiel Anpassungsfähigkeit) för<strong>der</strong>t. Lei<strong>der</strong> werden Befunde und<br />

Schlussfolgerungen an dieser Stelle jedoch nicht differenziert auf die<br />

Daten zum beruflichen H<strong>in</strong>tergrund, zum E<strong>in</strong>satzbereich und zu den<br />

155 Auch <strong>der</strong> Feststellung, dass Dispositions- und Entscheidungsspielräume<br />

Lernprozesse möglich und notwendig machen, liegt die gleiche Überlegung<br />

zugrunde: wo noch nicht alles festgelegt ist, müssen Situationen neu strukturiert<br />

und bekannte und unbekannte Elemente neu komb<strong>in</strong>iert werden. Neues<br />

und mith<strong>in</strong> <strong>Lernen</strong> ist die zwangsläufige Folge. Vgl. Dehnbostel (1998),<br />

S. 178.<br />

156 Galais/Moser (2008), S. 27. Galais und Moser merken an, dass diese Feststellung<br />

auch auf den ger<strong>in</strong>gen Umfang von Weiterbildungsangeboten für<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er zurückgeführt werden kann.


109<br />

Tätigkeiten im E<strong>in</strong>zelnen bezogen. Auch hat es offensichtlich ke<strong>in</strong>e Erfassung<br />

<strong>der</strong> ausgeübten Tätigkeiten im E<strong>in</strong>zelnen gegeben. Über die<br />

Abhängigkeit <strong>der</strong> Lernchancen von <strong>der</strong> beruflichen Tätigkeit kann daher<br />

nichts ausgesagt werden.<br />

E<strong>in</strong>e bundesweite repräsentative Befragung von Beschäftigten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> zeigt im Übrigen, dass <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er ihre Ar<strong>bei</strong>t im Bezug auf<br />

die Faktoren, die über Lernchancen entscheiden, ke<strong>in</strong>eswegs günstig<br />

beurteilen. Im Rahmen <strong>der</strong> Erwerbstätigenbefragung von Bundes<strong>in</strong>stitut<br />

für Berufsbildung und Bundesamt für Ar<strong>bei</strong>tsschutz und Ar<strong>bei</strong>tsmediz<strong>in</strong><br />

2006, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> auch Fragen zur Belastung durch verschiedene Umgebungsfaktoren<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t gestellt wurden, ist die Situation von Beschäftigten<br />

<strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> zu e<strong>in</strong>em Schwerpunkt <strong>der</strong> Auswertung gemacht<br />

worden. 157 Da<strong>bei</strong> zeigte sich, dass <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er <strong>in</strong> höherem Maße ständig<br />

wie<strong>der</strong>kehrende Ar<strong>bei</strong>tsaufgaben zu erledigen haben, als Beschäftigte<br />

<strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Ar<strong>bei</strong>tsformen und dass sie seltener vor neue Aufgaben<br />

gestellt werden und die Gelegenheit haben, Neues auszuprobieren. Dagegen<br />

ist ihre Unzufriedenheit mit Art und Inhalt <strong>der</strong> Tätigkeit und mit<br />

<strong>der</strong> Möglichkeit, ihre Fähigkeiten anzuwenden deutlich höher. Beson<strong>der</strong>s<br />

groß ist <strong>der</strong> Abstand <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> formalen und nichtformalen<br />

Weiterbildungsmöglichkeiten. 158<br />

Dieser Befund könnte durch die Berufsstruktur <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>in</strong><br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> bee<strong>in</strong>flusst worden se<strong>in</strong>, die sehr weitgespannt ist und bekanntlich<br />

Schwerpunkte <strong>bei</strong> Hilfstätigkeiten und im Bereich Schlosser<br />

und Elektriker hat, aber auch verschiedene Dienstleistungsberufe und<br />

Ingenieure umfasst. Weitere Aufschlüsse zur Lernför<strong>der</strong>lichkeit <strong>der</strong> Bed<strong>in</strong>gungen<br />

und Umstände <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur bisher<br />

jedoch nicht vorzuf<strong>in</strong>den.<br />

Zwar ist im Rahmen des Projektes „För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kompetenzentwicklung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t“ des Bundes<strong>in</strong>stituts für Berufsbildung auch das<br />

Konzept des „<strong>Lernen</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t“ angeführt worden. Darunter s<strong>in</strong>d<br />

157 Vgl. Bundesm<strong>in</strong>isterium für Ar<strong>bei</strong>t und Soziales (o.J.).<br />

158 Vgl. Bundesm<strong>in</strong>isterium für Ar<strong>bei</strong>t und Soziales (o.J.), S. 54 ff.


110<br />

jedoch „nicht-formalisierte Formen … wie <strong>bei</strong>spielweise begleitende<br />

Coach<strong>in</strong>g- o<strong>der</strong> Reflexionsgespräche, selbstgesteuertes <strong>Lernen</strong> o<strong>der</strong><br />

Qualitätszirkel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe“ verstanden worden und es wurde festgestellt:<br />

„Temporär Beschäftigte haben es häufig mit e<strong>in</strong>er Intensivierung<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t und des Zeitdrucks zu tun, aber unterstützende Maßnahmen<br />

durch die betriebliche Kompetenzentwicklung <strong>in</strong> den Unternehmen<br />

werden ihnen nicht zuteil.“ 159 Informelles <strong>Lernen</strong> im Ar<strong>bei</strong>tsprozess<br />

selbst und die Wirkungen e<strong>in</strong>er lernför<strong>der</strong>lichen Ar<strong>bei</strong>tsumgebung dagegen<br />

wurden <strong>in</strong> diesem Projekt nicht betrachtet. Auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er erläuternden<br />

Anmerkung wird das <strong>Lernen</strong> am Ar<strong>bei</strong>tsplatz nicht als <strong>in</strong>formelles<br />

<strong>Lernen</strong> im Ar<strong>bei</strong>tsvollzug verstanden, son<strong>der</strong>n als Ergebnis von auf <strong>Lernen</strong><br />

abzielenden Maßnahmen wie speziellen Lern<strong>in</strong>frastrukturen, <strong>der</strong><br />

Komb<strong>in</strong>ation von Lernorten o<strong>der</strong> dem E<strong>in</strong>bau von Lernzeiten am Ar<strong>bei</strong>tsplatz.<br />

160<br />

Insgesamt ist also festzustellen, dass bisher we<strong>der</strong> <strong>bei</strong> Untersuchungen<br />

zu den Bed<strong>in</strong>gungen und Folgen von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> die Wirkungen auf das<br />

<strong>in</strong>formelle <strong>Lernen</strong> noch <strong>bei</strong> den Analysen zum Konzept des <strong>Lernen</strong>s <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t die beson<strong>der</strong>e Situation von Beschäftigten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong><br />

betrachtet wurden. Die hier aufgeworfene Frage nach den Möglichkeiten<br />

des <strong>Lernen</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> bedarf deshalb <strong>der</strong> empirischen Überprüfung.<br />

Es sollte deshalb <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er explorativen Studie untersucht werden,<br />

ob und wenn ja, <strong>in</strong> welchem Maße und aufgrund welcher Mechanismen<br />

Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern und <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<strong>in</strong>nen zu <strong>in</strong>formellem<br />

<strong>Lernen</strong> und zu e<strong>in</strong>em auch für die Beschäftigten nützlichen Kompetenzaufbau<br />

führen.<br />

3.2 Methode und Durchführung<br />

Schon aufgrund <strong>der</strong> geschil<strong>der</strong>ten Ausgangslage <strong>der</strong> Forschung zum<br />

<strong>Lernen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> kam nur e<strong>in</strong> exploratives Vorgehen <strong>in</strong>frage. Es<br />

sollte also nicht die Frage beantwortet werden, ob <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> generell zu<br />

159<br />

Münchhausen (o.J.), S. 2.<br />

160<br />

Vgl. ebenda.


111<br />

<strong>Lernen</strong> führt. Dazu wäre e<strong>in</strong>e repräsentative Untersuchung über die<br />

ganze Breite <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> erfor<strong>der</strong>lich, was auch schon deswegen ausgeschlossen<br />

war, weil <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> bekanntlich e<strong>in</strong> sehr heterogenes<br />

Spektrum von Berufen, Tätigkeitsniveaus und E<strong>in</strong>satzfel<strong>der</strong>n umfasst.<br />

E<strong>in</strong>e repräsentative Stichprobe würde also e<strong>in</strong>en Umfang erfor<strong>der</strong>n, <strong>der</strong><br />

den für diese Studie vorgesehenen Zeit- und Mittelrahmen <strong>bei</strong> weitem<br />

gesprengt hätte. Vielmehr sollte <strong>der</strong> Frage nachgegangen werden, auf<br />

welche Elemente <strong>der</strong> beruflichen und betrieblichen Situation von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern<br />

und <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<strong>in</strong>nen <strong>Lernen</strong> – wenn es denn stattf<strong>in</strong>det –<br />

zurückgeht beziehungsweise welche Elemente von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> auch <strong>Lernen</strong><br />

nicht zulassen. Auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Ergebnisse dieser Ar<strong>bei</strong>t können<br />

dann Studien mit größerem Zuschnitt erfolgen, <strong>in</strong> denen das Vorhandense<strong>in</strong><br />

solcher Elemente und ihrer Wirkung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em größeren Umfang<br />

überprüft wird. Es wird hier also ke<strong>in</strong>e Untersuchung über <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong><br />

vorgelegt, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e explorative Betrachtung e<strong>in</strong>es Aspektes, <strong>der</strong> mit<br />

<strong>der</strong> Beschäftigungsform <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> verbunden ist.<br />

In dieser Studie sollten e<strong>in</strong>ige qualitative Interviews mit Beschäftigten <strong>in</strong><br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> aus unterschiedlichen Berufen und Qualifikationsniveaus geführt<br />

werden, um die Wirkung von Elementen <strong>der</strong> beruflichen und betrieblichen<br />

Situation von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern auf den Aufbau (o<strong>der</strong> die Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung)<br />

von Kompetenzentwicklung zu ermitteln. Ergänzend sollten die<br />

Berufsverläufe <strong>der</strong> Befragten betrachtet und gefragt werden, <strong>in</strong>wieweit<br />

sich daraus Rückschlüsse auf Möglichkeiten o<strong>der</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse des <strong>Lernen</strong>s<br />

ergeben. Zur Abrundung sollten ferner e<strong>in</strong>ige Aspekte <strong>der</strong> formalen<br />

Weiterbildung von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern betrachtet werden. Neben Interviews<br />

mit <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern wurden auch e<strong>in</strong>ige Gespräche mit Vertretern von<br />

Verleihunternehmen geführt.<br />

3.3 Ergebnisse<br />

Die für diese Studie befragten Ar<strong>bei</strong>tnehmer und Ar<strong>bei</strong>tnehmer<strong>in</strong>nen<br />

hatten sämtlich die Beschäftigungsform <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> gewählt, weil<br />

dieses für sie <strong>in</strong> ihrer jeweiligen berufsbiographischen Situation die e<strong>in</strong>zige<br />

Möglichkeit des Zutritts zum Ar<strong>bei</strong>tsmarkt gewesen war. Zwar kann<br />

e<strong>in</strong> solcher Befund aufgrund <strong>der</strong> genannten Umstände <strong>der</strong> Studie nicht


112<br />

verallgeme<strong>in</strong>ert werden. Es ist aber schon auffällig, dass die Befragten,<br />

wenn sie nicht erst am Anfang ihrer Berufskarriere stehen, gebrochene<br />

Berufsbiographien aufwiesen: nicht reibungslose Übergänge an <strong>der</strong> ersten<br />

Schwelle (aus <strong>der</strong> Schule <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Berufsausbildung) und an <strong>der</strong><br />

zweiten Schwelle (von <strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>in</strong> den Beruf), abgebrochene<br />

Ausbildungen, unterbrochene Berufsverläufe und vor allem Phasen<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit. Fragt man also entsprechend dem Ansatz dieser<br />

Studie danach, ob <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen Situation zum Kompetenzaufbau<br />

<strong>bei</strong>trägt, <strong>der</strong> Voraussetzung für den Zutritt zum und vor allem<br />

für das Verbleiben im Ar<strong>bei</strong>tsmarkt ist, dann fällt das Urteil zwiespältig<br />

aus. Offensichtlich hat <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> <strong>in</strong> weiten Teilen heute Funktionen<br />

übernommen, die früher die staatliche Ar<strong>bei</strong>tsverwaltung hatte.<br />

Sie ist zur Anlaufstelle von Ar<strong>bei</strong>tslosen geworden, denen durch eigene<br />

Anstrengungen <strong>der</strong> Zutritt zum Ar<strong>bei</strong>tsmarkt nicht gel<strong>in</strong>gt, und sie übernimmt<br />

sowohl die Verteilung dieser Ar<strong>bei</strong>tsuchenden <strong>in</strong> den ersten Ar<strong>bei</strong>tsmarkt<br />

als auch die Rücknahme <strong>der</strong>er, die dort vorerst o<strong>der</strong> dauerhaft<br />

ke<strong>in</strong>e Aufnahme f<strong>in</strong>den.<br />

In diesem Zusammenhang wird vonseiten e<strong>in</strong>iger Verleihunternehmer<br />

auch angeführt, dass es sich nicht selten um Ar<strong>bei</strong>tskräfte handelt, die<br />

<strong>in</strong> den Ar<strong>bei</strong>tsmarkt e<strong>in</strong>steigen wollen, die aber – selbst wenn sie e<strong>in</strong>e<br />

Ausbildung absolviert haben – nicht berufsfähig s<strong>in</strong>d. Verleihunternehmen,<br />

so wird argumentiert, machen sie dann gewissermaßen berufsfähig,<br />

<strong>in</strong>dem sie ihnen (vor allem durch die niedrigeren Lohnfor<strong>der</strong>ungen)<br />

E<strong>in</strong>satzchancen verschaffen, die sie sonst nicht hätten und die ihnen<br />

den Aufbau <strong>der</strong> notwendigen beruflichen Kompetenzen erlauben. Dies<br />

allerd<strong>in</strong>gs gilt nur dann, wenn <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tse<strong>in</strong>satz tatsächlich Lernchancen<br />

bietet.<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf die mit <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tstätigkeit verbundenen Lernchancen<br />

sche<strong>in</strong>t sich <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> selbst nun aber offenbar nicht von an<strong>der</strong>en Beschäftigungsformen<br />

zu unterscheiden. Beschäftigte mit höherer Qualifikation<br />

(etwa Ingenieure) haben größere Chancen, mit Ar<strong>bei</strong>tstätigkeiten<br />

betraut zu werden, die ihnen e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung ihrer Kompetenz<br />

gestatten; außerdem wählen sie eher Strategien formaler und nichtformaler<br />

Weiterbildung und setzen diese auch um. Beschäftigte mit<br />

ger<strong>in</strong>geren Qualifikationen werden dagegen eher <strong>in</strong> Tätigkeitsbereichen


e<strong>in</strong>gesetzt, <strong>in</strong> denen auch die Lernchancen ger<strong>in</strong>g s<strong>in</strong>d und sie weisen<br />

auch nur e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Teilnahme an formaler o<strong>der</strong> nicht-formaler Weiterbildung<br />

auf.<br />

113<br />

Die Komb<strong>in</strong>ation dieser <strong>bei</strong>den Befunde führt allerd<strong>in</strong>gs dazu, dass <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Beschäftigungsform <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> am unteren Rand e<strong>in</strong>e Kumulation<br />

negativer Faktoren stattf<strong>in</strong>det. <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> wird zum Aufnahmebecken<br />

für diejenigen, die bereits <strong>bei</strong>m E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Ausbildung e<strong>in</strong>e schlechtere<br />

Ausgangslage vorgefunden haben und die erhebliche Mühe hatten,<br />

überhaupt Zutritt zum Ar<strong>bei</strong>tsmarkt zu bekommen. Und sie vermittelt<br />

sie anschließend überwiegend <strong>in</strong> Tätigkeiten mit ger<strong>in</strong>gen Lernchancen<br />

und wenig formalen o<strong>der</strong> nicht-formalen Weiterbildungsangeboten. Diese<br />

Interpretation wird durch Daten aus dem Bericht <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

über „Sicherheit und Gesundheit <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t 2006“ gestützt. 161<br />

Nach den dortigen Ergebnissen haben <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er ger<strong>in</strong>gere Bildungsabschlüsse<br />

und beklagen deutlich häufiger als Beschäftigte <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Beschäftigungsformen, dass sie ständig wie<strong>der</strong>kehrende Ar<strong>bei</strong>ten zu<br />

erledigen haben und dass ihnen die Ar<strong>bei</strong>ten bis <strong>in</strong> alle E<strong>in</strong>zelheiten<br />

vorgeschrieben s<strong>in</strong>d. Dennoch geben fast doppelt so viel <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

wie Beschäftigte <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Beschäftigungsformen an, dass sie sich die<br />

für die Ar<strong>bei</strong>t erfor<strong>der</strong>lichen Kompetenzen selbst <strong>bei</strong>gebracht haben.<br />

Deutlich seltener dagegen berichten sie davon, dass sie mit neuen Aufgaben<br />

konfrontiert werden und dass sie Neues ausprobieren können.<br />

Auch s<strong>in</strong>d sie erheblich unzufriedener mit den Weiterbildungsmöglichkeiten.<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er wären also durchaus zum „<strong>Lernen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t“ <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Lage – die übertragenen Ar<strong>bei</strong>ten geben ihnen aber offenbar die<br />

Chance dazu nur auf e<strong>in</strong>em niedrigen Anfor<strong>der</strong>ungsniveau.<br />

Die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sbranche nimmt – und das ist zunächst sicherlich nicht<br />

negativ zu bewerten – zwar diejenigen auf, die schlechtere Voraussetzungen<br />

und ger<strong>in</strong>gere Chancen haben und folglich die Hilfe <strong>bei</strong>m Aufbau<br />

beruflicher Kompetenz am nötigsten hätten. Sie bietet diese Unterstützung<br />

aber nicht im erfor<strong>der</strong>lichen Umfang. Zwar gibt es auch Verleihunternehmen,<br />

die Qualifizierungsstrategien für ihre Beschäftigten<br />

161 Vgl. Bundesm<strong>in</strong>isterium für Ar<strong>bei</strong>t und Soziales (o.J.), S. 53 f.


114<br />

entwickelt haben. Soweit für Ar<strong>bei</strong>tse<strong>in</strong>sätze obligatorische Weiterbildung<br />

erfor<strong>der</strong>lich ist (zum Beispiel Staplersche<strong>in</strong>), wird diese Weiterbildung<br />

im Unternehmen angeboten. Beschäftigte, die an EDV-<br />

Ar<strong>bei</strong>tsplätzen bestimmte Software-Kenntnisse brauchen (zum Beispiel<br />

SAP), erhalten diese ebenfalls. In solchen Unternehmen hat man erkannt,<br />

dass man letzten Endes auch als Branche dauerhaft nicht erfolgreich<br />

ar<strong>bei</strong>ten kann, wenn man nicht <strong>in</strong> ständige Kompetenzentwicklung<br />

<strong>in</strong>vestiert. Dies wird nicht nur aktuell als Notwendigkeit angesehen,<br />

son<strong>der</strong>n es wird nach dieser Auffassung vor allem perspektivisch<br />

noch viel wichtiger werden. „Bisher hat die Branche von <strong>der</strong> großen<br />

Nachfrage nach Ar<strong>bei</strong>tskräften <strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t auf dem Markt profitiert, so<br />

dass man gelegentlich auch nicht so genau nach <strong>der</strong> Qualität sehen<br />

musste. Jetzt wird zunehmend verlangt, dass auch Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

ständig auf dem neuesten Stand s<strong>in</strong>d.“ (VU-2) 162 Allerd<strong>in</strong>gs wird seitens<br />

<strong>der</strong> Verleihunternehmen darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass – <strong>bei</strong> <strong>der</strong> generellen<br />

Tendenz <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er, vor allem an<strong>der</strong>en den Übergang <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

Stammar<strong>bei</strong>terverhältnis zu suchen – Ar<strong>bei</strong>tnehmer, die durch Weiterbildung<br />

ihre Kompetenz verbessert haben, dann auch objektiv bessere<br />

Voraussetzungen haben, das Verleihunternehmen anschließend schnell<br />

zu verlassen. Dies dämpft naturgemäß die Bereitschaft <strong>der</strong> Verleihunternehmen,<br />

<strong>in</strong> Weiterbildung ihrer Beschäftigten zu <strong>in</strong>vestieren.<br />

Es s<strong>in</strong>d vor allem die Strukturen <strong>der</strong> Tätigkeiten <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er <strong>in</strong> den<br />

Entleihunternehmen, die weniger lernför<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d, als die von Ar<strong>bei</strong>tskräften<br />

<strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Beschäftigungsformen. Dies setzt den Bemühungen<br />

um e<strong>in</strong>e Qualifizierung <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er im Ar<strong>bei</strong>tsprozess selbst<br />

ganz offensichtlich Grenzen.<br />

Berufsbildungspolitisch und zur Sicherung des Fachkräftebedarfs <strong>der</strong><br />

Wirtschaft könnte <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> also durchaus e<strong>in</strong>e Funktion im Rahmen<br />

162 Zitate aus den Interviews s<strong>in</strong>d wie folgt gekennzeichnet: FA für Beschäftigte<br />

mit e<strong>in</strong>er Ausbildung auf dem Niveau e<strong>in</strong>er betrieblichen Lehre; ING für Beschäftigte<br />

mit e<strong>in</strong>er Ausbildung zum Ingenieur an e<strong>in</strong>er Hochschule; VU für<br />

den Vertreter e<strong>in</strong>es Verleihunternehmens. Die römische Ziffer ist e<strong>in</strong>e Ordnungszahl.


115<br />

kompensatorischer Strategien <strong>der</strong> Qualifizierung für e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Beschäftigten<br />

übernehmen, dessen Berufsbiographie bisher den Aufbau<br />

e<strong>in</strong>er die Beschäftigungsfähigkeit sichernden Kompetenz nicht ermöglicht<br />

hat. Im Selbstlauf <strong>der</strong> D<strong>in</strong>ge dagegen sche<strong>in</strong>t sie nur die Ungleichheit<br />

von Lernchancen kumulativ zu verstärken.<br />

3.3.1 Fachar<strong>bei</strong>ter als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion<br />

Fachar<strong>bei</strong>ter mit e<strong>in</strong>er abgeschlossenen Berufsausbildung werden als<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er, wenn sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion beschäftigt werden, <strong>in</strong> aller<br />

Regel unterhalb ihrer Qualifikation e<strong>in</strong>gesetzt. Ihre Tätigkeiten s<strong>in</strong>d<br />

überwiegend e<strong>in</strong>fach und/o<strong>der</strong> weitgehend standardisiert und sie for<strong>der</strong>n<br />

die vorhandenen Kompetenzen nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem Umfange ab. Betrachtet<br />

man die Ar<strong>bei</strong>tsbereiche, <strong>in</strong> denen diese <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er e<strong>in</strong>gesetzt und die<br />

Tätigkeiten, mit denen sie betraut werden, dann fällt es schwer, Möglichkeiten<br />

des <strong>Lernen</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t zu entdecken. Zwar kommt es auch<br />

<strong>bei</strong> Stammbeschäftigten vor, dass sie unterhalb ihrer Qualifikation e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden. Es ist aber umgekehrt <strong>bei</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion<br />

offensichtlich e<strong>in</strong>e Ausnahme, wenn e<strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>tse<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Bereich erfolgt, <strong>der</strong> wirklich Kompetenzen auf dem Niveau e<strong>in</strong>er qualifizierten<br />

Fachar<strong>bei</strong>tertätigkeit erfor<strong>der</strong>t. E<strong>in</strong>e berufliche Weiterentwicklung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t von Fachar<strong>bei</strong>tern mit Produktionsberufen f<strong>in</strong>det somit<br />

<strong>in</strong> aller Regel nicht statt.<br />

Auch die Möglichkeiten <strong>der</strong> Teilnahme an formaler Weiterbildung s<strong>in</strong>d<br />

für diese Gruppe von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern stark e<strong>in</strong>geschränkt. Entleihende<br />

Betriebe s<strong>in</strong>d an e<strong>in</strong>er Weiterbildung von Beschäftigten auf dem Niveau<br />

von Fachar<strong>bei</strong>tern, die sie entleihen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht <strong>in</strong>teressiert und<br />

machen auch ke<strong>in</strong>e entsprechenden Angebote. Möglichkeiten <strong>der</strong> Teilnahme<br />

an den formalen Weiterbildungsangeboten <strong>der</strong> Entleihunternehmen,<br />

<strong>in</strong> denen die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er e<strong>in</strong>gesetzt werden, s<strong>in</strong>d zwar offenbar<br />

nicht völlig ausgeschlossen, erfor<strong>der</strong>n von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern aber den E<strong>in</strong>satz<br />

von entwe<strong>der</strong> Freizeit o<strong>der</strong> Urlaubstagen. Damit s<strong>in</strong>d <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

zur Wahrnehmung von Weiterbildung nicht nur auf ihre Eigen<strong>in</strong>itiative,<br />

son<strong>der</strong>n auch auf ihre eigenen Mittel angewiesen. Diese Bed<strong>in</strong>gung


116<br />

schränkt angesichts <strong>der</strong> unterdurchschnittlichen Vergütungen von Beschäftigten<br />

<strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> ihre Möglichkeiten deutlich e<strong>in</strong>.<br />

Die typische <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>erkarriere von Fachar<strong>bei</strong>tern <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion<br />

weist e<strong>in</strong>e Abfolge von beruflichen E<strong>in</strong>sätzen <strong>in</strong> unterschiedlichen Bereichen<br />

auf, die nur e<strong>in</strong>en losen Zusammenhang und e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen Bezug<br />

zu den jeweiligen Ausgangsqualifikationen haben. E<strong>in</strong> Befragter<br />

beschreibt se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>satzbereiche so: „Maler, Bodenleger, Hilfsar<strong>bei</strong>ter,<br />

Wirt, Produktionsar<strong>bei</strong>ter, Packer, Schrauber, Kurier und Bedienung<br />

e<strong>in</strong>es EDV-Ar<strong>bei</strong>tsplatzes <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Prüfung von e<strong>in</strong>zulagernden Teilen.“<br />

(FA-VI) E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Fachar<strong>bei</strong>ter hat mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Mensa gear<strong>bei</strong>tet und<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Küche e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartens, er hat Sitze und Türen <strong>in</strong> Fahrzeuge<br />

e<strong>in</strong>gebaut, am Band gear<strong>bei</strong>tet o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Beschäftigten die Werkzeuge<br />

angereicht. (FA-III)<br />

Die E<strong>in</strong>satzbereiche ausgebildeter gewerblicher Fachar<strong>bei</strong>ter <strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong><br />

entsprechen weitgehend angelernter Ar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion. So<br />

bedient <strong>bei</strong>spielsweise e<strong>in</strong> gelernter Mechatroniker als Masch<strong>in</strong>enführer<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Produktionsbetrieb <strong>der</strong> Nahrungsmittel<strong>in</strong>dustrie die Verpackungsmasch<strong>in</strong>en.<br />

Es handelt sich um e<strong>in</strong>en Mehrmasch<strong>in</strong>enar<strong>bei</strong>tsplatz,<br />

an dem die verschiedenen Masch<strong>in</strong>en „am Laufen gehalten“ werden<br />

müssen. Je nach Produkt stellt er die Steuerung <strong>der</strong> Masch<strong>in</strong>en<br />

um, verlegt Kabelbäume am Kran und bereitet die Montage des Krans<br />

vor. Dazu muss er die erfor<strong>der</strong>lichen Teile zusammensuchen und die<br />

Komponenten des Krans verdrahten. (FA-II)<br />

Die an solchen Ar<strong>bei</strong>tsplätzen gefor<strong>der</strong>ten Kenntnisse entstammen zwar<br />

dem Spektrum <strong>der</strong> beruflichen Ausbildung, stellen aber nur e<strong>in</strong>en<br />

schmalen und fachlich e<strong>in</strong>fachen Bereich <strong>der</strong> jeweiligen Qualifikation<br />

dar. Die konkreten Aufgaben f<strong>in</strong>den auf e<strong>in</strong>em niedrigen fachlichen Niveau<br />

und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Form standardisierter Abfolgen statt, <strong>der</strong>en – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

formalen S<strong>in</strong>ne natürlich vorhandener – Lerngehalt nach kurzer Zeit<br />

erschöpft ist. So verwun<strong>der</strong>t es nicht, dass die befragten Schlosser, die<br />

als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er tätig s<strong>in</strong>d, angeben, mehr leisten zu können als von<br />

ihnen verlangt wird. Sie s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Auffassung, durch ihre Ausbildung<br />

an<strong>der</strong>e Aufgaben erfüllen zu können und über Wissen und Können zu<br />

verfügen, das sie nicht anwenden können.


Werden <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Betrieb <strong>in</strong> Gruppen e<strong>in</strong>gesetzt, <strong>in</strong> denen<br />

mehrere Personen die gleiche Tätigkeit ausüben, so f<strong>in</strong>den sich „fast<br />

nur <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Halle“. (FA-VI) Über Gruppenar<strong>bei</strong>t, <strong>bei</strong> denen<br />

die Ar<strong>bei</strong>tsgruppen aus Stammar<strong>bei</strong>tskräften und <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern zusammengesetzt<br />

werden, wurde im Rahmen diese Studie nur selten berichtet.<br />

117<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er <strong>in</strong> dieser Situation werden nicht für Tätigkeiten e<strong>in</strong>gesetzt,<br />

die ihrem Qualifikationsniveau entsprechen. Das gefor<strong>der</strong>te Niveau liegt<br />

wesentlich niedriger, die Ar<strong>bei</strong>t ist mit sogenannten Je<strong>der</strong>mannqualifikationen<br />

zu bewältigen. Es müssen lediglich e<strong>in</strong>ige Informationen<br />

über Details <strong>der</strong> spezifischen betrieblichen Umstände e<strong>in</strong>geholt werden.<br />

Dazu reichen wenige Fragen.<br />

E<strong>in</strong>weisung o<strong>der</strong> E<strong>in</strong>ar<strong>bei</strong>tung f<strong>in</strong>den nicht statt und wären auch nicht<br />

nötig. „Man musste h<strong>in</strong>gehen und fragen, dann gab es entwe<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Antwort mit Erklärung o<strong>der</strong> auch gar nichts.“ (FA-VI) Auch an<strong>der</strong>e befragte<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er bezeichneten e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ar<strong>bei</strong>tung aufgrund <strong>der</strong> zu verrichtenden<br />

e<strong>in</strong>fachen Tätigkeiten als nicht nötig. Die Aufgaben konnten<br />

auf <strong>der</strong> Basis des während <strong>der</strong> Berufsausbildung erworbenen Wissens<br />

ohne weitere E<strong>in</strong>weisung erledigt werden. (FA-II) Aber auch dort, wo<br />

e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>weisung formal betrachtet durchgeführt wird, bleiben Zweifel,<br />

ob die getroffenen Maßnahmen <strong>der</strong> Tatsache angemessen s<strong>in</strong>d, dass es<br />

sich <strong>bei</strong> den <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern um ausgebildete Fachkräfte handelt, die <strong>in</strong><br />

dem Betrieb e<strong>in</strong>e wertschöpfende Ar<strong>bei</strong>t leisten sollen. So wurde e<strong>in</strong>em<br />

<strong>der</strong> Befragten e<strong>in</strong>e Person genannt, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> er sich melden muss, wenn<br />

er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en neuen Betrieb kommt. Von dieser wurde er dann an e<strong>in</strong>en<br />

Fachar<strong>bei</strong>ter aus dem Entleihbetrieb weitergereicht, von dem er „oft wie<br />

e<strong>in</strong> Lehrl<strong>in</strong>g“ behandelt wurde. (FA-III) Es ist vermutlich nicht abwegig,<br />

<strong>in</strong> dieser Schil<strong>der</strong>ung auch die E<strong>in</strong>schätzung von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern wi<strong>der</strong>gespiegelt<br />

zu sehen, die von Fachar<strong>bei</strong>tern, die Stammar<strong>bei</strong>tskräfte <strong>in</strong> den<br />

Entleihunternehmen s<strong>in</strong>d, nicht o<strong>der</strong> jedenfalls nicht ohne weiteres als<br />

vollwertige Kollegen angesehen werden.<br />

E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ar<strong>bei</strong>tung f<strong>in</strong>det aber vielfach auch da nicht statt, wo sie zur<br />

Sicherung e<strong>in</strong>er durchschnittlichen Ar<strong>bei</strong>tsleistung als erfor<strong>der</strong>lich angesehen<br />

werden müsste. So berichtet e<strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er, dass er an e<strong>in</strong>em


118<br />

Ar<strong>bei</strong>tsplatz e<strong>in</strong>gesetzt wurde, an dem mit SAP gear<strong>bei</strong>tet wurde, ihm<br />

aber ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>weisung <strong>in</strong> dieses Programm angeboten wurde, obwohl er<br />

den Wunsch danach geäußert hat. (FA-VI)<br />

In solchen Ar<strong>bei</strong>tsverhältnissen können Fachar<strong>bei</strong>ter ihre Kompetenzen,<br />

ihr Wissen und Können nicht zur Geltung br<strong>in</strong>gen. Die Abläufe verlangen<br />

we<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>es Wissen noch fachliche Kompetenz. Vielfach ist<br />

selbst die Ausformulierung des Ar<strong>bei</strong>tsauftrages entbehrlich, weil es<br />

sich um simple, standardisierte Rout<strong>in</strong>evorgänge handelt, die sich ständig<br />

<strong>in</strong> gleicher Weise wie<strong>der</strong>holen. (FA-VII)<br />

E<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die zu verrichtenden Tätigkeiten haben die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

an diesen Ar<strong>bei</strong>tsplätzen nicht. Diese s<strong>in</strong>d durch Masch<strong>in</strong>enabläufe<br />

vorgegeben. Wo Handlungsspielräume bestehen, beziehen sich diese<br />

nicht auf Inhalt, Zeitpunkt o<strong>der</strong> Art und Weise <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t und sie führen<br />

auch nicht zu e<strong>in</strong>er wahrnehmbaren Verän<strong>der</strong>ung des Ar<strong>bei</strong>tsablaufs.<br />

Der resignierte Kommentar: „Ich kann bestimmen, welche Teile ich<br />

zuerst wegsortiere“ (FA-VI) drückt aus, dass <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss auf die eigene<br />

Ar<strong>bei</strong>t als zu vernachlässigen empfunden wird.<br />

Lediglich <strong>in</strong> Ausnahmefällen kommt es zu Situationen, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong><br />

Problem auftritt, <strong>bei</strong> dem die Lösung nicht mit ger<strong>in</strong>gem Aufwand an<br />

Überlegung o<strong>der</strong> Kenntnissen gefunden werden kann. „Zum Beispiel<br />

kann ich manchmal nicht beurteilen, ob e<strong>in</strong> Teil noch aktuell ist und<br />

noch genutzt werden soll.“ (FA-VI) O<strong>der</strong> es taucht e<strong>in</strong> Aufgabenbestandteil<br />

auf, <strong>der</strong> noch nicht beherrscht wird und deswegen Unsicherheit<br />

erzeugt. E<strong>in</strong> Lernfortschritt f<strong>in</strong>det allerd<strong>in</strong>gs durch die Art <strong>der</strong> Bear<strong>bei</strong>tung<br />

solcher Probleme nicht statt. „Ich frage dann me<strong>in</strong>en Teamleiter.<br />

Wenn er es auch nicht weiß, wird das Teil <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Regal gelegt. Alle drei<br />

Wochen kommt jemand und beurteilt die D<strong>in</strong>ge. Diese Person wird <strong>in</strong><br />

allen Firmen des Unternehmens e<strong>in</strong>gesetzt.“ (FA-VI) We<strong>der</strong> lernt <strong>der</strong><br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er das Problem wirklich zu lösen, denn die Kriterien für die<br />

weitere Benutzbarkeit von Teilen bleiben ihm verborgen, noch hätte die<br />

Mitteilung für ihn selbst e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n. Se<strong>in</strong>e Tätigkeit bleibt simpel, mechanisch<br />

und wissensreduziert.


119<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite berichten die befragten <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er übere<strong>in</strong>stimmend,<br />

dass ihnen die Möglichkeit, etwas auszuprobieren, bevor es „sitzen“<br />

muss, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t nicht gegeben wird. Dies dürfte e<strong>in</strong> Ausfluss<br />

e<strong>in</strong>er generellen Form <strong>der</strong> Organisation von Ar<strong>bei</strong>t se<strong>in</strong>, die Lernchancen<br />

im Prozess <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t noch nicht als produktiv erkannt hat. Für <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

wirkt sich diese Restriktion deswegen zusätzlich als Nachteil aus,<br />

weil sie <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em häufigen Wechsel <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzbereiche und Entleihbetriebe<br />

ohne diese Lernchancen strukturell auf dem Niveau e<strong>in</strong>facher<br />

Verrichtungen gleichsam festgehalten werden, die eben ohne <strong>Lernen</strong> zu<br />

erledigen s<strong>in</strong>d.<br />

Dass durch diese Art <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation Kompetenzpotenziale verschenkt<br />

werden, die die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er <strong>in</strong> die Entleihbetriebe br<strong>in</strong>gen<br />

könnten, wird an e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Stelle deutlich. Die Frage, ob es <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>t die Möglichkeit gibt, mit Kollegen o<strong>der</strong> Vorgesetzten über Lösungen<br />

zu sprechen, die man sich für e<strong>in</strong> Problem ausgedacht hat, bevor<br />

man mit <strong>der</strong> Bear<strong>bei</strong>tung e<strong>in</strong>er Aufgabe beg<strong>in</strong>nt, beantworteten die<br />

meisten positiv. Man kann Kollegen ansprechen, die bereits länger <strong>in</strong><br />

dem Betrieb tätig s<strong>in</strong>d, dies eröffnet grundsätzlich Gesprächsmöglichkeiten<br />

und damit immer auch Lernchancen. Auch direkte Vorgesetzte<br />

o<strong>der</strong> Kollegen aus an<strong>der</strong>en Ar<strong>bei</strong>tsfel<strong>der</strong>n stellen sich <strong>in</strong> solchen Fällen<br />

als Gesprächspartner zur Verfügung. Der Status als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er ist dafür<br />

offenbar nicht h<strong>in</strong><strong>der</strong>lich.<br />

Während die Entleihbetriebe die dar<strong>in</strong> liegenden Möglichkeiten <strong>der</strong> Optimierung<br />

unmittelbarer Ar<strong>bei</strong>tsausführung zu sehen sche<strong>in</strong>en, f<strong>in</strong>det<br />

e<strong>in</strong>e systematische Nutzung des <strong>in</strong> dieser Verhaltensweise <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

liegenden Potenzials allerd<strong>in</strong>gs offenbar nicht statt. E<strong>in</strong> befragter<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er berichtet, dass se<strong>in</strong>e Verbesserungsvorschläge nicht wirklich<br />

angenommen wurden. Der entscheidende Parameter ist offensichtlich<br />

die Länge <strong>der</strong> bisherigen E<strong>in</strong>satzdauer. „Die Vorschläge von Fachar<strong>bei</strong>tern,<br />

die bereits länger <strong>in</strong> dem Unternehmen ar<strong>bei</strong>ten, werden gehört.<br />

Da<strong>bei</strong> macht <strong>der</strong> Status als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er o<strong>der</strong> Festangestellter ke<strong>in</strong>en<br />

Unterschied.“ (FA-III) Wenig rational ersche<strong>in</strong>t diese Verhaltensweise<br />

vor allem deswegen, weil damit gerade die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahrnehmung<br />

von Personen, die mit e<strong>in</strong>em Ablauf bisher nicht vertraut s<strong>in</strong>d, liegenden<br />

Potenziale nicht genutzt werden. Dies bee<strong>in</strong>trächtigt sowohl Lern-


120<br />

chancen <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er, als auch Möglichkeiten <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong><br />

Abläufe zum Nutzen <strong>der</strong> Entleihunternehmen.<br />

In an<strong>der</strong>en Fällen werden Lernchancen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bewältigung unvorhergesehener<br />

o<strong>der</strong> schwieriger Ar<strong>bei</strong>tsaufgaben liegen, den <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern<br />

nicht zur Verfügung gestellt. So könnte e<strong>in</strong> ausgebildeter Fachar<strong>bei</strong>ter<br />

Fehler selbständig korrigieren, wenn er die entsprechende Zugriffsbefugnis<br />

auf das Programm hätte. So aber muss er se<strong>in</strong>en Teamleiter<br />

fragen. Für ihn bleiben die Standardvollzüge, die auf e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gen<br />

Kenntnis- und Kompetenzniveau zu erledigen s<strong>in</strong>d.<br />

Auch wo Entscheidungen getroffen werden müssen, kann dies auf <strong>der</strong><br />

Basis von Kenntnissen erfolgen, die <strong>in</strong> kurzer Zeit erlernt werden können.<br />

Selbst e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>satz als Spr<strong>in</strong>ger, <strong>der</strong> def<strong>in</strong>itionsgemäß an verschiedene<br />

Ar<strong>bei</strong>tsplätze führt, br<strong>in</strong>gt ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Situation mit sich, da es<br />

sich um e<strong>in</strong>e Abfolge von Tätigkeiten auf dem gleichen niedrigen Niveau<br />

handelt: „Ventilatoren montieren, Gegenstände verpacken, Hilfstätigkeiten<br />

als Maler o<strong>der</strong> Bodenleger.“ (FA-VI)<br />

Bei E<strong>in</strong>sätzen, <strong>bei</strong> denen Hilfstätigkeiten ausgeführt werden, reicht dies<br />

aber auch aus. Zwar eignen sich <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em formalen S<strong>in</strong>ne<br />

auch unter solchen Bed<strong>in</strong>gungen neue Kenntnisse und neue Erfahrungen<br />

an. Diese aber bewegen sich auf e<strong>in</strong>em niedrigen Niveau, haben<br />

e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Tiefe und Reichweite und ke<strong>in</strong>erlei berufsfachlichen Inhalt.<br />

Von „<strong>Lernen</strong>“ im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Aufbaus neuer beruflicher Kompetenzen<br />

kann daher nicht gesprochen werden.<br />

In an<strong>der</strong>en E<strong>in</strong>satzbereichen haben <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er – es ist daran zu er<strong>in</strong>nern,<br />

dass es sich <strong>bei</strong> den hier Befragten ausschließlich um Fachar<strong>bei</strong>ter<br />

mit e<strong>in</strong>er abgeschlossenen Ausbildung handelte – gewisse Entscheidungsmöglichkeiten<br />

h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Aufgabenerledigung. Diese<br />

betrifft die Auswahl <strong>der</strong> zu verwendenden Werkzeuge und Materialien<br />

o<strong>der</strong> die Entscheidung über das Vorgehen Wahl. Gelegentlich ist auch<br />

nur <strong>der</strong> Term<strong>in</strong> für die Abgabe festgelegt, die Aufgabenerledigung selbst<br />

nicht. Da<strong>bei</strong> ist wie<strong>der</strong>um zu berücksichtigen, dass die objektiven Spielräume<br />

des Ausführungshandelns <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel durch sachliche Vorgaben<br />

und Rahmenbed<strong>in</strong>gungen begrenzt s<strong>in</strong>d.


121<br />

Ausgebildete Fachar<strong>bei</strong>ter fühlen sich durch solche Tätigkeiten oft gelangweilt<br />

o<strong>der</strong> unterfor<strong>der</strong>t. „Ich mache Standardkram. Habe wenig<br />

Bewegungsfreiraum und es geht nicht weiter.“ (FA-VI) Die Erfahrung<br />

solcher Ar<strong>bei</strong>tsbed<strong>in</strong>gungen kann zwar die Initiative des Bemühens um<br />

e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> eigenen Qualifikation angemessenere Ar<strong>bei</strong>t nicht grundsätzlich<br />

ersticken, sche<strong>in</strong>t aber die Hoffnung auf Realisierung dieser For<strong>der</strong>ungen<br />

zu dämpfen: „Ich habe immer versucht, dass ich Tätigkeiten bekomme,<br />

die e<strong>in</strong>en auch fachlich e<strong>in</strong> wenig for<strong>der</strong>n – soweit es möglich<br />

ist!“ (FA-VI) Die im Zuge von Ar<strong>bei</strong>tsteiligkeit entstehende Beschränkung<br />

<strong>der</strong> Aufgabenzuweisung an <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er, die daraus folgt, dass<br />

höherwertige Ar<strong>bei</strong>tsaufgaben, zu denen die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er durchaus <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Lage wären, alle<strong>in</strong> von Beschäftigten <strong>der</strong> Entleihunternehmen ausgeführt<br />

werden, trägt dazu <strong>bei</strong>, dass diese sich unterfor<strong>der</strong>t fühlen und<br />

ihr Kompetenzspektrum nicht ausschöpfen können.<br />

Auch die E<strong>in</strong>satzpolitik <strong>der</strong> Verleihunternehmen, wie die Erwartungen<br />

<strong>der</strong> entleihenden Firmen, sche<strong>in</strong>en <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Beschäftigung <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

von Ar<strong>bei</strong>tstätigkeiten auszugehen, die ohne beson<strong>der</strong>e Kenntnisse<br />

und Fachkompetenzen ausgeführt werden können. Ob Fachkenntnisse<br />

vorliegen, sche<strong>in</strong>t ke<strong>in</strong>eswegs immer als Kriterium für E<strong>in</strong>stellung und<br />

Beschäftigung angesehen zu werden. „Ich b<strong>in</strong> noch nie gefragt worden,<br />

was ich kann und weiß o<strong>der</strong> ob ich überhaupt e<strong>in</strong>e Ausbildung habe!“<br />

(FA-VI)<br />

Von Überfor<strong>der</strong>ung berichten <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er vor allem <strong>in</strong> quantitativer<br />

H<strong>in</strong>sicht. Auch dort, wo e<strong>in</strong> Entleihunternehmen stark auf <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

setzt und dadurch e<strong>in</strong>e hohe Personalfluktuation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Belegschaft<br />

durch die Abwan<strong>der</strong>ung von Stammbeschäftigten e<strong>in</strong>setzt, führen die<br />

entstehenden Lücken <strong>in</strong> <strong>der</strong> Belegschaft und die mangelnde betriebliche<br />

Erfahrung von Ersatzkräften zu e<strong>in</strong>er Überlastung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Beschäftigten,<br />

von <strong>der</strong> auch die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er betroffen s<strong>in</strong>d.<br />

Kennzeichnend für diese Vorgehensweise ist auch, dass <strong>der</strong> Zeitraum<br />

zwischen E<strong>in</strong>stellung <strong>bei</strong>m Verleihunternehmen, Ankündigung des Ar<strong>bei</strong>tse<strong>in</strong>satzes<br />

und Ar<strong>bei</strong>tsbeg<strong>in</strong>n <strong>bei</strong>m Entleiher oft nur so lang bemessen<br />

ist, wie für den Weg zwischen verleihendem und entleihendem Unternehmen<br />

benötigt wird. „Das g<strong>in</strong>g immer ganz schnell. Vormittags


122<br />

Vorstellung <strong>bei</strong>m Verleiher, Antwort: ‚Sie s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>gestellt. Sie können<br />

um 13.30 Uhr <strong>bei</strong>m Entleiher anfangen.’“ (FA-VI) „Der E<strong>in</strong>satz erfolgt<br />

von heute auf morgen, Zeit gibt es da überhaupt nicht.“ Wenn <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Betrieb am Freitag beendet ist, versuchen die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er,<br />

wenigstens vor dem kommenden Montag zu erfahren, wo sie als<br />

Nächstes e<strong>in</strong>gesetzt werden. Vere<strong>in</strong>zelt wurde von e<strong>in</strong>er Zeitspanne<br />

zwischen Ankündigung des Ar<strong>bei</strong>tsplatzes und dem Ar<strong>bei</strong>tsbeg<strong>in</strong>n von<br />

vier Tagen berichtet. Aber auch das empf<strong>in</strong>den die befragten <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

als „kurzen Zeitraum“. (FA-I)<br />

E<strong>in</strong>e fachliche Vorbereitung auf e<strong>in</strong>en neuen Ar<strong>bei</strong>tse<strong>in</strong>satz ist unter<br />

solchen Umständen begreiflicherweise nicht möglich. Offensichtlich<br />

verlassen sich Verleiher wie Entleiher darauf, dass die Fachar<strong>bei</strong>ter<br />

selbst über die Flexibilitätspotenziale verfügen, die für e<strong>in</strong>e kurzfristige<br />

E<strong>in</strong>ar<strong>bei</strong>tung erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d. „Da wurde gefragt: ‚Kannst du das? Ja,<br />

dann mach’.“ (FA-VII) Unter diesen Umständen entwickeln <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

Ausweichstrategien, um sich auf den neuen Ar<strong>bei</strong>tse<strong>in</strong>satz vorzubereiten.<br />

E<strong>in</strong>ige versuchen, wenigstens den Weg zum neuen E<strong>in</strong>satzbetrieb<br />

vorher zu erkunden, um am ersten Ar<strong>bei</strong>tstag Zeit zu sparen. (FA-III)<br />

E<strong>in</strong> Befragter antwortet auf die Frage nach <strong>der</strong> Möglichkeit e<strong>in</strong>er Vorbereitung:<br />

„Als ich nachgefragt habe: ‚Was soll ich da machen?’ bekam<br />

ich die Antwort: ‚Schlosserar<strong>bei</strong>ten eben.’ Der Verleiher hat selbst ke<strong>in</strong>e<br />

Ahnung, was da los ist.“ (FA-VI) Auch diese Beobachtung sche<strong>in</strong>t ke<strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>zelfall zu se<strong>in</strong>. 163<br />

Von den verliehenen Fachar<strong>bei</strong>tern wird dies unter allen Umständen als<br />

ungenügend angesehen. Auf jeden Fall aber gilt es als unangemessen,<br />

wenn es sich um entfernte E<strong>in</strong>satzorte handelt. „Bei, ich sag mal, leichten<br />

Tätigkeiten ist es nicht notwendig. In den neuen Ar<strong>bei</strong>tsverträgen<br />

<strong>der</strong> Leihfirmen steht aber zum Beispiel, dass e<strong>in</strong> bundesweiter E<strong>in</strong>satz<br />

möglich ist! Wirklich unglaublich! Da wäre e<strong>in</strong>e Vorbereitung schon gut,<br />

ist aber auch nicht selbstverständlich.“ (FA-VI)<br />

163 Vgl. Sczesny u.a. (2008), S. 25.


123<br />

Von Ar<strong>bei</strong>tsformen, <strong>in</strong> denen <strong>in</strong> das Ar<strong>bei</strong>tsprogramm auch Lernphasen<br />

<strong>in</strong>tegriert waren, also Abschnitte, <strong>in</strong> denen was Neues ausprobiert worden<br />

konnte, Erklärungen gegeben wurden o<strong>der</strong> regelrechte Unterweisung<br />

stattgefunden hat, haben die befragten <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er aus den Entleihbetrieben<br />

nicht berichtet. Eher ironisch schil<strong>der</strong>t e<strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

se<strong>in</strong>e ersten Ar<strong>bei</strong>tstage als „Lernphase“, weil er genügend Zeit hatte,<br />

sich auf eigene Faust durchzufragen. „E<strong>in</strong>e Schulung gab es aber nicht.<br />

Vor Ort gab es auch ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>weisung. E<strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er am PC ist sowieso<br />

e<strong>in</strong>e Ausnahme.“ (FA-VI)<br />

Die Weiterbildungsangebote <strong>der</strong> Entleihunternehmen stehen den <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern<br />

nur sehr begrenzt offen. In e<strong>in</strong>igen Entleihunternehmen gibt es<br />

selbst für die eigene Stammbelegschaft ke<strong>in</strong> Angebot an Weiterbildung.<br />

Die Frage, ob Weiterbildung, die den Stammbeschäftigten angeboten<br />

wird, auch den <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern offen steht, kann <strong>in</strong> diesen Fällen nicht<br />

beantwortet werden. In e<strong>in</strong>igen Entleihunternehmen können <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

an den vom Unternehmen angebotenen Weiterbildungskursen teilnehmen,<br />

<strong>in</strong> an<strong>der</strong>en nicht. Vorgefunden haben wir auch die Variante,<br />

dass die Weiterbildungsteilnahme für die Stammbeschäftigten als Ar<strong>bei</strong>tszeit<br />

gewertet wird, während die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er dafür Freizeit o<strong>der</strong><br />

Urlaubstage e<strong>in</strong>setzen müssten. Auch könnte es se<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />

Unternehmen Unterschiede danach vorgenommen werden, ob e<strong>in</strong> Weiterbildungsangebot<br />

neben dem beruflichen Nutzen auch e<strong>in</strong>e private<br />

Komponente haben kann (zum Beispiel Sprachkurse) o<strong>der</strong> ob es sich<br />

um re<strong>in</strong> berufliche Nutzungen handelt (zum Beispiel Software-Kurse).<br />

Letztere stehen dann auch den <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern offen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs konnten sich e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> befragten <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er nicht e<strong>in</strong>mal<br />

an E<strong>in</strong>weisungen zu Ar<strong>bei</strong>tsschutz und Unfallverhütung er<strong>in</strong>nern. Und<br />

Weiterbildungsangebote sche<strong>in</strong>en selbst da, wo sie bestehen, nicht immer<br />

e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>druck zu h<strong>in</strong>terlassen. „Es gab mal e<strong>in</strong>en Workshop über<br />

Dichtungen. Wozu <strong>der</strong> war, weiß ich auch nicht.“ (FA-VI) Auch s<strong>in</strong>d wir<br />

nicht auf Entleihunternehmen getroffen, <strong>in</strong> denen <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er auf dem<br />

Fachar<strong>bei</strong>terniveau systematisch <strong>in</strong> Weiterbildungsangebote und Maßnahmen<br />

<strong>der</strong> Kompetenzentwicklung e<strong>in</strong>bezogen werden.


124<br />

So stellt sich <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>igen Fachar<strong>bei</strong>tern, die als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er tätig s<strong>in</strong>d,<br />

das Gefühl e<strong>in</strong>, dass sie ihre berufliche Kompetenz durch den E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong><br />

unterschiedlichen Betrieben nicht etwa erweitert, son<strong>der</strong>n dass sie<br />

durch die unterwertige Beschäftigung langsam verloren geht. Selbst<br />

nach e<strong>in</strong>em längeren E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Betrieb, <strong>in</strong> dem mo<strong>der</strong>nste Masch<strong>in</strong>en<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden, empf<strong>in</strong>det e<strong>in</strong> Fachar<strong>bei</strong>ter den Qualifikationsverlust,<br />

weil er selbst nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er lernför<strong>der</strong>lichen Weise an diesen<br />

Masch<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>gesetzt wird. „Ich traue mich noch, e<strong>in</strong>e ‚normale’ Masch<strong>in</strong>e<br />

zusammenzubauen, aber e<strong>in</strong>e mo<strong>der</strong>ne nicht. Da ist alles Hightech,<br />

das kann ich nicht mehr. Ich f<strong>in</strong>de nicht, dass ich me<strong>in</strong>en Horizont<br />

erweitern kann.“ (FA-VI) E<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> befragten <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er sehen<br />

dies zwar ebenso, weisen aber darauf h<strong>in</strong>, dass die Alternative für sie <strong>in</strong><br />

angelernter Ar<strong>bei</strong>t am Band bestünde, die sich noch negativer auf die<br />

Kompetenzentwicklung auswirken würde. An<strong>der</strong>e dagegen hoffen, dass<br />

sich ihre beruflichen Kompetenzen zum<strong>in</strong>dest nicht verr<strong>in</strong>gern: „Weniger<br />

auf ke<strong>in</strong>en Fall.“ (FA-I).<br />

Dennoch sche<strong>in</strong>en <strong>bei</strong> Fachar<strong>bei</strong>tern das Bewusstse<strong>in</strong> für die Notwendigkeit<br />

von Weiterbildung und das Interesse an <strong>der</strong> persönlichen Weiterentwicklung<br />

auch nach e<strong>in</strong>iger Zeit <strong>der</strong> qualifikationsreduzierenden<br />

Beschäftigung als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er erhalten geblieben zu se<strong>in</strong>. „Damit ich fit<br />

bleibe, versuche ich mich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freizeit fortzubilden und hole mir<br />

Fachbücher. Beson<strong>der</strong>s gefragt s<strong>in</strong>d EDV-Kenntnisse.“ (FA-VI)<br />

Immerh<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t die Situation <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen wenigstens<br />

<strong>der</strong> äußere Anlass für den Weiterbildungswunsch zu liefern.<br />

„Ich habe angefangen, mich für EDV zu <strong>in</strong>teressieren, weiß nicht, ob<br />

dass sonst so gekommen wäre als Schlosser. Musste mir aber alles selber<br />

<strong>bei</strong>br<strong>in</strong>gen.“ (FA-VI)<br />

Soweit die Vorstellung besteht, dass <strong>bei</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern die verleihfreie<br />

Zeit für Weiterbildung genutzt werden könnte, hält diese e<strong>in</strong>er Prüfung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Realität nicht stand. Der zentrale Grund liegt dar<strong>in</strong>, dass die Zeit<br />

zwischen den E<strong>in</strong>sätzen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel zu kurz ist. Verleihunternehmen<br />

weisen im Übrigen darauf h<strong>in</strong>, dass verleihfreie Zeiten oft auch erst<br />

kurzfristig bekannt werden. „E<strong>in</strong>e Weiterbildungsteilnahme ist dann<br />

schwer zu organisieren.“ (VU-2)


125<br />

Auch werden die E<strong>in</strong>sätze nicht so gestaltet, dass Zeit für e<strong>in</strong>e Weiterqualifizierungsmaßnahme<br />

bliebe; die Befunde zur Vorbereitungszeit auf<br />

e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz haben gezeigt, dass die verleihfreien Zeiten für die Beschäftigten<br />

(und vielleicht nicht e<strong>in</strong>mal vollständig für die Verleihbetriebe)<br />

nicht planbar s<strong>in</strong>d. Allerd<strong>in</strong>gs sehen auch die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er natürlich,<br />

dass sie verleihfreie Zeiten für Weiterbildung nutzen könnten. Hier freilich<br />

kommt dann <strong>der</strong> zweite H<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsgrund <strong>in</strong>s Spiel. Qualifizierende,<br />

qualitätsvolle Weiterbildung ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nur über f<strong>in</strong>anziellen E<strong>in</strong>satz<br />

erreichbar. Dies stößt <strong>bei</strong> den <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern mit ihren unter dem<br />

Durchschnitt liegenden E<strong>in</strong>kommen schnell an Grenzen. Hier könnten<br />

die Entleihbetriebe <strong>in</strong> die Pflicht genommen werden, aber auch die Verleihunternehmen<br />

als Beschäftigter wären gefragt. Nach den Erfahrungen<br />

<strong>der</strong> von uns befragten <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er gibt es <strong>in</strong> den Verleihunternehmen<br />

bisher zwar Unterstützung im E<strong>in</strong>zelfall, aber ke<strong>in</strong>e systematische Weiterqualifizierungspolitik.<br />

Und die befragten <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er berichten, dass ihnen auch ke<strong>in</strong>e Weiterbildungsangebote<br />

gemacht wurden. So bleiben alle<strong>in</strong> die Eigen<strong>in</strong>itiative<br />

und die Freizeit. „Ich beschäftige mich zu Hause mit dem PC,<br />

hauptsächlich über das Internet. Fachzeitschriften zur Computertechnik<br />

kaufe ich mir etwa alle vier Wochen.“ (FA-II) „Ich lese Fachbücher und<br />

besuche Sem<strong>in</strong>are von den Gewerkschaften.“ Da<strong>bei</strong> sche<strong>in</strong>t dann lernför<strong>der</strong>liche<br />

Tätigkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ganz an<strong>der</strong>en Bereich stattzuf<strong>in</strong>den.<br />

„Dann baue ich irgendwie immer an me<strong>in</strong>em Haus. Alles mache ich da:<br />

Gartenar<strong>bei</strong>t, Fliesen legen, Decken täfeln et cetera“ (FA-VI)<br />

Für <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er mit E<strong>in</strong>satzfeld Produktion, die beson<strong>der</strong>s an Fachkenntnissen<br />

im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

<strong>in</strong>teressiert s<strong>in</strong>d, ist offensichtlich das Internet e<strong>in</strong>e geeignete Quelle,<br />

die auch genutzt wird. Aber auch die klassische Quelle „Fachbuch“ wird<br />

dann genutzt, wenn sie ohne übermäßigen f<strong>in</strong>anziellen Aufwand zugänglich<br />

ist.<br />

So bleibt es nicht verwun<strong>der</strong>lich, dass Fachar<strong>bei</strong>ter auch nach längerer<br />

Beschäftigung als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er zwar ke<strong>in</strong>e Illusionen über ihren gegenwärtigen<br />

Stellenwert haben: „Ich b<strong>in</strong> mir sicher, dass die Entleihfirma<br />

nicht weiß, wo sie ihre Ar<strong>bei</strong>ter e<strong>in</strong>setzt. Wir werden nicht mal <strong>in</strong> <strong>der</strong>


126<br />

Personalabteilung geführt, son<strong>der</strong>n wie Schrauben s<strong>in</strong>d wir e<strong>in</strong> Posten<br />

im E<strong>in</strong>kauf.“ (FA-VI) Dennoch bleibt die Hoffnung auf e<strong>in</strong>e Stammbeschäftigung<br />

– und sei es als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er: „Aber ich b<strong>in</strong> seit drei Jahren<br />

<strong>bei</strong> diesem Entleiher. Ich war früher auch schon mal da. Ich ersetze<br />

e<strong>in</strong>en Stammar<strong>bei</strong>tsplatz. Aus <strong>der</strong> Betriebsversammlung letzten Monat<br />

konnte ich hören, dass es dem Unternehmen gut geht. Da b<strong>in</strong> ich wohl<br />

bis zur Rente sicher.“ (FA-VI)<br />

3.3.2 <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>s-Fachkräfte <strong>in</strong> kaufmännischen Funktionen<br />

E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Behandlung sche<strong>in</strong>en Beschäftigte mit e<strong>in</strong>er kaufmännischen<br />

Fachausbildung zu erfahren, wenn sie als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er tätig s<strong>in</strong>d.<br />

Zwar bef<strong>in</strong>den sich diese formal auf dem gleichen Qualifikationsniveau<br />

wie Fachar<strong>bei</strong>ter <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion, doch sche<strong>in</strong>en die Ar<strong>bei</strong>tsanfor<strong>der</strong>ungen<br />

kaufmännischer Tätigkeiten e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Art des E<strong>in</strong>satzes zu<br />

se<strong>in</strong>.<br />

E<strong>in</strong> gelernter Kaufmann für Bürokommunikation war im E<strong>in</strong>kauf e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Hier s<strong>in</strong>d Bedarfsmeldungen aus <strong>der</strong> Produktion mit vorliegenden<br />

Angeboten verschiedener Händler aus e<strong>in</strong>em Pool zu vergleichen und<br />

Bestellungen nach Preis und vom Händler angegebener Lieferzeit auszuführen.<br />

Dazu wird e<strong>in</strong>e schriftliche Bestellung verfasst und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>gang<br />

<strong>der</strong> Auftragsbestätigung registriert. Gelegentliche Telefonate mit<br />

Händlern, um Unklarheiten zu beseitigen, zählen als Unterbrechung <strong>der</strong><br />

Rout<strong>in</strong>e bereits zu den Ausnahmen. (FA-I)<br />

Charakteristischerweise ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe von E<strong>in</strong>käufern, <strong>in</strong> dem <strong>der</strong><br />

befragte Kaufmann beschäftigt war, die Ar<strong>bei</strong>t nach Verantwortung und<br />

Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen horizontal geteilt. Die vertraglichen Belange,<br />

nicht dem Normablauf folgenden Fälle o<strong>der</strong> Organisations- und Managementtätigkeiten,<br />

werden von den E<strong>in</strong>käufern des Entleihunternehmens<br />

selbst erledigt. Der befragte Kaufmann ist dennoch <strong>der</strong> Auffassung,<br />

dass die Tätigkeiten zwar nur e<strong>in</strong>em Teil <strong>der</strong> Ausbildung e<strong>in</strong>es<br />

Bürokaufmanns entsprechen, dass sie aber dem Tätigkeitsspektrum<br />

entstammen, das er während se<strong>in</strong>er Lehrzeit im Betrieb praktisch kennengelernt<br />

hat. Dort hatte er alle Fachabteilungen durchlaufen und an-


statt <strong>der</strong> im Ausbildungsplan vorgeschriebenen Bürotätigkeiten vor allem<br />

kaufmännische Sachar<strong>bei</strong>terfunktionen ausgeführt.<br />

127<br />

Auch <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht könnten sich Tätigkeiten von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern im<br />

kaufmännischen Bereich von denen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion unterscheiden. So<br />

än<strong>der</strong>n sich Regeln, Normen und Vorschriften, was verän<strong>der</strong>te Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die Ar<strong>bei</strong>tsausführung nach sich zieht. Auch kann im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Zuständigkeit die Auswahl neuer Lieferanten erfolgen; dies<br />

stellt dann e<strong>in</strong>en Ar<strong>bei</strong>tsvorgang auf e<strong>in</strong>er höheren Komplexitätsstufe<br />

dar. Allerd<strong>in</strong>gs könnte es für die Ar<strong>bei</strong>tssituation von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern, die<br />

nicht dem Entleihunternehmen angehören, typisch se<strong>in</strong>, dass diese über<br />

solche Konsequenzen erst dann <strong>in</strong>formiert werden, wenn die Konsequenzen<br />

unmittelbar bevorstehen. Bei E<strong>in</strong>sätzen von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern im<br />

kaufmännischen Bereich sche<strong>in</strong>t folglich die Form <strong>der</strong> Unterfor<strong>der</strong>ung,<br />

die für die Fachar<strong>bei</strong>ter überwiegend festgestellt wurde, eher e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>geren<br />

Umfang zu haben.<br />

Auch die Feststellung <strong>der</strong> fehlenden Vorbereitung und E<strong>in</strong>ar<strong>bei</strong>tung f<strong>in</strong>det<br />

sich <strong>bei</strong> dem als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er e<strong>in</strong>gesetzten Bürokaufmann <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Form nicht. Er berichtet von e<strong>in</strong>em Bewerbungsgespräch vor dem E<strong>in</strong>satz<br />

im Entleihunternehmen. Dadurch war ihm klar, welche Aufgaben<br />

er zu erfüllen haben werde. E<strong>in</strong>e darüber h<strong>in</strong>ausgehende Vorbereitung<br />

war daher nicht nötig. (FA-I)<br />

Es konnte im Zuge dieser explorativen Studie nicht geklärt werden, ob<br />

dies e<strong>in</strong>e Ausnahme war o<strong>der</strong> ob die entleihenden Unternehmen Unterschiede<br />

<strong>bei</strong>m E<strong>in</strong>satz von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern nicht nur zwischen Ingenieuren<br />

und betrieblich ausgebildeten Fachkräften, son<strong>der</strong>n auch <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

betrieblichen Fachkräfte zwischen <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern aus gewerblichen und<br />

aus kaufmännischen Berufen machen.<br />

Auch hier deuten die Befunde darauf h<strong>in</strong>, dass es <strong>bei</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> im<br />

kaufmännischen Bereich e<strong>in</strong>e Differenz zum E<strong>in</strong>satz von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern<br />

<strong>in</strong> den Bereichen <strong>der</strong> gewerblichen Produktion gibt. Wenn sich <strong>der</strong> Befund<br />

erhärten sollte, dass <strong>der</strong> berufliche E<strong>in</strong>satz von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern sich<br />

pr<strong>in</strong>zipiell von <strong>der</strong> <strong>der</strong> Stammbeschäftigten nicht unterscheidet, wird<br />

auch die Kompetenzentwicklung im Prozess <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t ähnlich verlau-


128<br />

fen. Nach dem Berufse<strong>in</strong>tritt f<strong>in</strong>den grundsätzlich Erweiterung und Verengung<br />

von Kompetenz parallel statt. Dies ist für den Übergang von (auf<br />

e<strong>in</strong> breites Berufsfeld gerichteter) Ausbildung <strong>in</strong> die (mit <strong>der</strong> Spezialisierung<br />

auf e<strong>in</strong> berufliches Tätigkeitsgebiet verbundenen) Berufsausübung<br />

generell charakteristisch.<br />

Gerade aus dem kaufmännischen Bereich kommt allerd<strong>in</strong>gs die E<strong>in</strong>schätzung,<br />

dass Stammbeschäftigte vom Unternehmen stärker dazu<br />

veranlasst würden, an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Offenbar<br />

fehlt die Bereitschaft <strong>der</strong> Unternehmen, <strong>in</strong> die Kompetenz von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern<br />

zu <strong>in</strong>vestieren, da diese nur kurzfristig im Unternehmen tätig<br />

s<strong>in</strong>d. Die befragten <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er hatten deshalb den E<strong>in</strong>druck, dass sie<br />

als Stammbeschäftigte mehr Kompetenzen hätten aufbauen können.<br />

Unter dem Aspekt <strong>der</strong> Fragestellung dieser Studie nach dem <strong>Lernen</strong> im<br />

Prozess <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t kann diese Unterscheidung, die für die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Personen selbstverständlich von erheblicher Bedeutung ist, nicht weiter<br />

verfolgt werden.<br />

Im kaufmännischen Bereich sche<strong>in</strong>en berufliche Spezialisierungen für<br />

die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er <strong>in</strong>teressant zu se<strong>in</strong>. Dies beruht offensichtlich nicht<br />

alle<strong>in</strong> auf fachlichem Interesse, son<strong>der</strong>n auch auf <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung,<br />

dass sich dadurch die beruflichen Chancen am ehesten verbessern lassen.<br />

In Zeiten <strong>der</strong> Globalisierung gew<strong>in</strong>nen auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahrnehmung<br />

<strong>der</strong> Beschäftigten Fremdsprachenkenntnisse zunehmend den Stellenwert<br />

e<strong>in</strong>er Selbstverständlichkeit.<br />

3.3.3 <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sfachkräfte <strong>in</strong> Verwaltungsfunktionen<br />

Die Situation bezüglich des <strong>Lernen</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t für Verwaltungskräfte,<br />

die <strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> tätig s<strong>in</strong>d, ähnelt weitaus eher <strong>der</strong> <strong>der</strong> Fachkräfte mit<br />

kaufmännischer Ausbildung als <strong>der</strong> von Produktionsfachar<strong>bei</strong>tern.<br />

Die Frage nach <strong>der</strong> Entsprechung von vorhandenen und <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong><br />

abgefor<strong>der</strong>ten Qualifikationen ist <strong>in</strong> den hier betrachteten Fällen auf<br />

den ersten Blick sehr e<strong>in</strong>fach, auf den zweiten dagegen weitaus weniger<br />

e<strong>in</strong>deutig zu beantworten. Der Grund liegt dar<strong>in</strong>, dass solche Ar<strong>bei</strong>ts-


129<br />

plätze häufig von Frauen e<strong>in</strong>genommen werden, die über weitaus höhere<br />

Qualifikationen verfügen, als sie auf solchen Ar<strong>bei</strong>tsplätzen abgefor<strong>der</strong>t<br />

werden. Diese Qualifikationen, die bis zu e<strong>in</strong>em wenigstens begonnenen<br />

Studium reichen können, s<strong>in</strong>d freilich für die konkrete Tätigkeit<br />

fachlich strenggenommen ohne Belang. So hat die Feststellung nur wenig<br />

S<strong>in</strong>n, dass die <strong>in</strong> fünf o<strong>der</strong> auch acht Semestern e<strong>in</strong>es Betriebswirtschaftsstudiums<br />

erworbenen Qualifikationen nicht auf e<strong>in</strong>em typischen<br />

Mischar<strong>bei</strong>tsplatz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Verwaltung abgefor<strong>der</strong>t werden. Wo die Tätigkeiten<br />

zum Beispiel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verwaltung e<strong>in</strong>es Materiallagers e<strong>in</strong>schließlich<br />

Bestellung und Ausgabe bestehen, dem Empfang <strong>der</strong> Menschen,<br />

die das Amt betreten, Tätigkeiten am PC e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>es<br />

Schreibdienstes für Vorgesetzte, Sekretariatsaufgaben, Postbear<strong>bei</strong>tung<br />

und <strong>der</strong> Erstprüfung von e<strong>in</strong>gegangenen Vorgängen, da ist e<strong>in</strong>e ehemalige<br />

Student<strong>in</strong> natürlich überqualifiziert. Allerd<strong>in</strong>gs fehlen ihr Kompetenzen,<br />

wie sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>schlägigen kaufmännischen o<strong>der</strong> verwaltungsbezogenen<br />

Fachausbildung vermittelt werden.<br />

Die hier gefor<strong>der</strong>ten Qualifikationen s<strong>in</strong>d zum Teil Fachqualifikationen,<br />

die üblicherweise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ausbildung erworben werden, e<strong>in</strong> Teil lässt<br />

sich aber auch als „gehobene Je<strong>der</strong>mannsqualifikationen“ bezeichnen.<br />

Damit schließt sich <strong>der</strong> Kreis dann allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong>sofern wie<strong>der</strong>, als solche<br />

„gehobenen Je<strong>der</strong>mannsqualifikationen“ eher <strong>bei</strong> Beschäftigten vorzuf<strong>in</strong>den<br />

s<strong>in</strong>d, die über e<strong>in</strong> Abitur o<strong>der</strong> wenigstens e<strong>in</strong>en mittleren Schulabschluss<br />

und auch über solche Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen,<br />

wie sie üblicherweise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Studium erworben werden. Beispielweise<br />

spielen <strong>in</strong> Verwaltungen – dies gilt nicht nur für den öffentlichen<br />

Dienst, son<strong>der</strong>n auch für die Verwaltungen großer Unternehmen – die<br />

Qualifikation zum Verständnis von <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er formalen Sprache abgefassten<br />

Texten (Ar<strong>bei</strong>tsanweisungen, Regeln, Gesetzestexte, Verordnungen<br />

et cetera) e<strong>in</strong>e erhebliche Rolle. Zur Bewältigung dieser Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

ist e<strong>in</strong> Studium unabhängig von se<strong>in</strong>er fachlichen Ausrichtung <strong>in</strong> jedem<br />

Falle hilfreich und stellt damit e<strong>in</strong>e brauchbare – wenn auch nicht immer<br />

honorierte – Voraussetzung für die Bewältigung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsanfor<strong>der</strong>ungen<br />

dar.<br />

So überrascht es nicht, dass sich solche Beschäftigten <strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> von<br />

den vielfältigen und abwechslungsreichen Tätigkeiten ausgelastet füh-


130<br />

len. Zwar gibt es <strong>in</strong> solchen Tätigkeiten auch Rout<strong>in</strong>en, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

dann, wenn e<strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er zwei bis drei Jahre dieselbe Stelle <strong>in</strong>nehat.<br />

Da das Tätigkeitsspektrum breit ist und darüber h<strong>in</strong>aus auch wechselnde<br />

Ar<strong>bei</strong>tsplätze <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Verwaltung ausgeübt werden, <strong>in</strong> denen<br />

teilweise unterschiedliche Tätigkeiten auszuführen s<strong>in</strong>d, enthalten die<br />

Ar<strong>bei</strong>tsanfor<strong>der</strong>ungen auch immer wie<strong>der</strong> neue Komponenten. Die Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen<br />

aber werden eher als unterfor<strong>der</strong>nd bewertet.<br />

Diese E<strong>in</strong>schätzung wird durch die Tatsache unterstrichen, dass Verwaltungskräfte<br />

als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er auch dann häufig an wechselnden Ar<strong>bei</strong>tsplätzen<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden, wenn sie <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong>selben Verwaltung<br />

<strong>in</strong> verschiedenen Abteilungen beschäftigt werden. Solche Versetzungen,<br />

die jedes Mal mit neuen Anfor<strong>der</strong>ungen verbunden s<strong>in</strong>d, können<br />

auch <strong>in</strong>nerhalb sehr kurzer Zeitspannen e<strong>in</strong>treten. Zwischen <strong>der</strong><br />

Ankündigung und dem Ar<strong>bei</strong>tsbeg<strong>in</strong>n am neuen Ar<strong>bei</strong>tsplatz liegen gelegentlich<br />

auch nur e<strong>in</strong> o<strong>der</strong> zwei Tage. Dies wäre nicht möglich, wenn<br />

es sich um Ar<strong>bei</strong>tsplätze mit anspruchsvollen Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen<br />

handelte. Allerd<strong>in</strong>gs wird selbst hier die erfor<strong>der</strong>liche E<strong>in</strong>ar<strong>bei</strong>tung<br />

nicht <strong>in</strong> allen Fällen geleistet.<br />

An solchen, auf wenig formalisierten Kompetenzen beruhenden Ar<strong>bei</strong>tsplätzen,<br />

f<strong>in</strong>det die Aneignung <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Qualifikationen so gut<br />

wie ausschließlich im Prozess <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t selbst statt. Dies sehen die<br />

Verwaltungskräfte <strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> selbst so. Daran werden sogar weitergehende<br />

Überlegungen über das <strong>Lernen</strong> im Prozess <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t geknüpft.<br />

Es wird abgewogen, ob <strong>der</strong> Kompetenzerwerb durch den E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

Betrieben mehr Vorteile bietet, weil man dadurch <strong>in</strong><br />

jeweils an<strong>der</strong>e Bereiche o<strong>der</strong> Branchen „re<strong>in</strong>schnuppern“ kann, o<strong>der</strong> ob<br />

vielmehr <strong>der</strong> Spezialisierungseffekt längerer E<strong>in</strong>satzzeiten die Kompetenz<br />

erhöht. E<strong>in</strong>e Festlegung <strong>in</strong> dieser (ja auch <strong>in</strong> dieser Allgeme<strong>in</strong>heit<br />

nicht zu entscheidenden) Frage erfolgt jedoch begreiflicherweise nicht.<br />

Das schließt nicht aus, dass Kollegen e<strong>in</strong>e auch teilweise formalisierte<br />

E<strong>in</strong>ar<strong>bei</strong>tung am Ar<strong>bei</strong>tsplatz vornehmen. Diese kann vor allem <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Erläuterung von Vorgängen und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weitergabe von Grundsätzen und<br />

Regeln, aber auch von Erfahrungen <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Bear<strong>bei</strong>tung bestehen. Auf<br />

dieser Basis sehen sich <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er, die ausschließlich on-the-job qua-


131<br />

lifiziert worden s<strong>in</strong>d, im Vergleich mit den gelernten Verwaltungsfachkräften<br />

ke<strong>in</strong>eswegs im Nachteil. Zwar wird anerkannt, dass diese Kollegen<br />

durch den Besuch e<strong>in</strong>er Verwaltungsfachschule bestimmte Grundlagen<br />

haben, die ihnen selbst fehlen. Im Bezug auf das Ar<strong>bei</strong>tsergebnis<br />

wird allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Unterschied nicht gesehen: „Das Ergebnis ist letztendlich<br />

allerd<strong>in</strong>gs auch da.“ (VA-11)<br />

Unter diesen Umständen sprechen die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er selbst davon, dass<br />

sie durch die Ar<strong>bei</strong>t - ergänzt durch nicht-formelle E<strong>in</strong>weisungen und<br />

E<strong>in</strong>ar<strong>bei</strong>tungen – ihre berufliche Kompetenz erweitert haben. „Da habe<br />

ich viel gelernt.“ (VA-11) Der ursprüngliche Qualifikationsh<strong>in</strong>tergrund<br />

des früher absolvierten Studiums sche<strong>in</strong>t allerd<strong>in</strong>gs noch durch, wenn<br />

diese Bemerkung mit <strong>der</strong> Ergänzung versehen wird, dass Kompetenzen,<br />

die <strong>in</strong> <strong>der</strong> privaten Wirtschaft gefor<strong>der</strong>t werden würden, sich eher verr<strong>in</strong>gert<br />

haben.<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf die Teilnahme an formaler Weiterbildung bef<strong>in</strong>den sich<br />

Verwaltungskräfte jedoch offenbar <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Beschäftigten<br />

<strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>en Stellung. Insbeson<strong>der</strong>e dann,<br />

wenn Verwaltungskräfte <strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> gleiche Tätigkeiten ausführen wie<br />

Stammbeschäftigte <strong>der</strong> Verwaltung, sche<strong>in</strong>en sie e<strong>in</strong>en erheblich leichteren<br />

Zugang zu formalen Weiterbildungsangeboten zu haben, als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

<strong>in</strong> Entleihunternehmen <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Wirtschaftszweigen. Das<br />

betrifft vor allem notwendige fachliche Qualifizierungen wie EDV-<br />

Schulungen und es ist unabhängig davon <strong>der</strong> Fall, ob die Initiative von<br />

<strong>der</strong> Verwaltung o<strong>der</strong> vom <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er ausgeht. An dieser Stelle haben<br />

wir auch den e<strong>in</strong>zigen Fall angetroffen, <strong>in</strong> dem die Kosten <strong>der</strong> Weiterbildung<br />

für e<strong>in</strong>en <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er vom Entleiher übernommen wurden.<br />

Die Attraktivität formaler Weiterbildung und fachlicher Grundkenntnisse<br />

sche<strong>in</strong>t allerd<strong>in</strong>gs durch, wenn auf die Frage nach gewünschten Weiterbildungs<strong>in</strong>halten<br />

neben speziellen Kenntnissen im Bereich <strong>der</strong> Buchhaltung<br />

und <strong>der</strong> EDV <strong>der</strong> Wunsch geäußert wird, „auch mal wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>iges<br />

von Grund auf lernen zu können.“ (VA-11)


132<br />

3.3.4 Ingenieure <strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> s<strong>in</strong>d (fast) nicht <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er, son<strong>der</strong>n<br />

bleiben Ingenieure<br />

Die Ar<strong>bei</strong>tsrealität von Ingenieuren, die <strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> tätig s<strong>in</strong>d, unterscheidet<br />

sich allerd<strong>in</strong>gs von <strong>der</strong> <strong>der</strong> gewerblichen Ar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />

Punkten erheblich. Ingenieure werden im Entleihbetrieb offensichtlich<br />

grundsätzlich als Ingenieure betrachtet, behandelt und e<strong>in</strong>gesetzt<br />

und nicht als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er. Natürlich wird die vertragsrechtliche Situation<br />

<strong>der</strong> Ingenieure als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er dadurch nicht verän<strong>der</strong>t und das Instrument<br />

<strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> dient offensichtlich auch hier vor allem <strong>der</strong> Reduktion<br />

des Anstellungsrisikos für das entleihende Unternehmen. Betrachtet<br />

man jedoch Ar<strong>bei</strong>tse<strong>in</strong>satz und Qualifikationsabfor<strong>der</strong>ung sowie<br />

Zuweisung von Aufgaben und Verantwortung, so gibt es starke Indizien<br />

dafür, dass im Mittelpunkt des Interesses <strong>der</strong> Entleihunternehmen die<br />

Qualifikation <strong>der</strong> Ingenieure steht und nicht ihr m<strong>in</strong><strong>der</strong>er ar<strong>bei</strong>tsrechtlicher<br />

Status als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er. Dadurch unterscheiden sich auch die Lernchancen<br />

von Ingenieuren im Entleihbetrieb deutlich von denen an<strong>der</strong>er<br />

Beschäftigter <strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>. Dies schlägt sich auch <strong>in</strong> ihrem Selbstbild<br />

und <strong>in</strong> ihrer Wahrnehmung von <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t nie<strong>der</strong>.<br />

Den deutlichsten Ausdruck f<strong>in</strong>det dies zunächst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Integration <strong>der</strong><br />

Ingenieur-<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er <strong>in</strong> die Ar<strong>bei</strong>tsorganisation <strong>der</strong> Unternehmen.<br />

Nicht nur sitzen Ingenieur-<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er Schreibtisch an Schreibtisch mit<br />

den Stammar<strong>bei</strong>ter-Ingenieuren, sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die Auftrags- und Bear<strong>bei</strong>tungsketten<br />

vollständig e<strong>in</strong>gebunden und übernehmen <strong>in</strong> diesem Rahmen<br />

auch bedeutsame und verantwortungsreiche Aufgaben wie die Projektentwicklung<br />

bis h<strong>in</strong> zur Leitung von Ar<strong>bei</strong>tsgruppen. Sie kommunizieren<br />

mit den Stammar<strong>bei</strong>ter-Ingenieuren und werden von Vorgesetzten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichen Weise wie Stammkräfte e<strong>in</strong>gewiesen und geführt. Offenbar<br />

schätzen die entleihenden Unternehmen den gegenwärtigen Ingenieurar<strong>bei</strong>tsmarkt<br />

so e<strong>in</strong>, dass sie über den Mechanismus <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong><br />

stets ausreichend qualifiziertes, motiviertes und loyales Ingenieur-<br />

Personal rekrutieren können, so dass sie die mit e<strong>in</strong>er Festanstellung<br />

verbundenen Risiken vermeiden können, ohne den Risiken zu unterliegen,<br />

die aus dem Verzicht auf e<strong>in</strong>e Betriebsb<strong>in</strong>dung entstehen können.<br />

Bestärkt werden sie vermutlich auch dadurch, dass die geliehenen Ingenieure<br />

<strong>in</strong> Selbstdarstellung und Selbstverständnis e<strong>in</strong>e deutlich stär-


kere B<strong>in</strong>dung an das Entleihunternehmen artikulieren, für das sie tätig<br />

s<strong>in</strong>d, als an das Verleihunternehmen, mit dem sie e<strong>in</strong>en Ar<strong>bei</strong>tsvertrag<br />

haben.<br />

133<br />

Der Typ des Ingenieur-<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ers hat deshalb auch den sicheren E<strong>in</strong>druck,<br />

dass die Tätigkeiten, für die er e<strong>in</strong>gesetzt wird, se<strong>in</strong>em Qualifikationsniveau<br />

entsprechen. Wie Stammar<strong>bei</strong>ter-Ingenieure auch, kann er<br />

schon nach kurzer Zeit das Gefühl entwickeln, eigentlich mehr zu machen,<br />

als se<strong>in</strong>e Stellenbeschreibung aussagt und als von e<strong>in</strong>em Berufse<strong>in</strong>steiger<br />

erwartet werden kann. Ger<strong>in</strong>gere Anfor<strong>der</strong>ungen entstehen<br />

wohl quantitativ, wenn man durch die Art <strong>der</strong> Organisation des Ar<strong>bei</strong>tsprozesses<br />

an Schnittstellen auf die Ergebnisse vorgelagerter Bereiche<br />

warten muss, nicht jedoch qualitativ, weil man etwa als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

nicht vollständig gefor<strong>der</strong>t wäre. Eigenes Wissen kann e<strong>in</strong>gebracht werden,<br />

die gefor<strong>der</strong>ten Tätigkeiten entsprechen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong><br />

Ingenieure „voll und ganz“ <strong>der</strong> Ausbildung.<br />

Dass Kompetenzen, Wissen und Können <strong>in</strong> den Tätigkeiten, für die <strong>der</strong><br />

Typ des Ingenieur-<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ers e<strong>in</strong>gesetzt wird, voll zur Geltung kommen,<br />

kann allerd<strong>in</strong>gs auch <strong>der</strong> aktuellen Situation <strong>der</strong> Studierenden wie<br />

<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Form <strong>der</strong> Ausbildung geschuldet se<strong>in</strong>. So wurde diese<br />

Aussage vor dem H<strong>in</strong>tergrund getroffen, dass Tätigkeiten <strong>in</strong> den Betrieben,<br />

<strong>in</strong> denen man als Ingenieur-<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er beschäftigt war, durch<br />

Praktika während des Studiums und danach o<strong>der</strong> durch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Kooperation<br />

mit dem Betrieb angefertigte Examensar<strong>bei</strong>t m<strong>in</strong>destens nicht<br />

völlig unbekannt waren. Dass e<strong>in</strong>e anschließende Beschäftigung nicht<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Normalar<strong>bei</strong>tsverhältnis, son<strong>der</strong>n im Status des <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ers<br />

erfolgt, tritt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bedeutung für den Ingenieur zurück, weil er nunmehr<br />

an gleichen Themen ar<strong>bei</strong>tet wie als Praktikant, aber auf e<strong>in</strong>em wesentlich<br />

höheren Niveau. Auch wird <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss auf Durchführung und Resultat<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t im Vergleich zur Praktikantenzeit als deutlich größer<br />

wahrgenommen. Man empf<strong>in</strong>det sich als wesentlich mehr akzeptiert,<br />

bis h<strong>in</strong> – je nach Aufgabe und Funktion – auch „als e<strong>in</strong> zentraler Punkt,<br />

an dem man sich wendet. Wenn es mal irgendwo nicht vorangeht,<br />

dann kl<strong>in</strong>gelt <strong>bei</strong> mir das Telefon heiß!“ (ING IV) Der ar<strong>bei</strong>tsrechtliche<br />

Status des <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ers tritt <strong>in</strong> dieser Darstellung vollständig h<strong>in</strong>ter den<br />

beruflichen Status des Ingenieurs zurück, <strong>der</strong> durch e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e


134<br />

Verb<strong>in</strong>dung von Fachkompetenz, E<strong>in</strong>satzfreude, Organisationstalent und<br />

Verantwortungsbereitschaft charakterisiert ist. Druck entsteht durch<br />

ehrgeizige Projektziele, nicht durch ar<strong>bei</strong>tsrechtliche Unsicherheit. Langeweile<br />

o<strong>der</strong> Unterfor<strong>der</strong>ung s<strong>in</strong>d Fremdwörter.<br />

Lernchancen gelten unter diesen Umständen als selbstverständlich und<br />

sie s<strong>in</strong>d es <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e dort, wo es bereits vor dem jetzigen Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis<br />

e<strong>in</strong>e Beziehung zum Beschäftigungsbetrieb durch Praktika<br />

o<strong>der</strong> Diplomar<strong>bei</strong>t gab, offensichtlich auch Realität. Es gibt <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Übernahme neuer Aufgaben e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>weisung, die – wenn sie Wünsche<br />

offen lässt – deswegen Wünsche offen lässt, weil sie immer Wünsche<br />

offen lässt und nicht, weil sie für e<strong>in</strong>en <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er etwa nachlässiger<br />

durchgeführt würde. Auch dass Ar<strong>bei</strong>tsaufgaben nicht bis <strong>in</strong>s Letzte<br />

ausformuliert s<strong>in</strong>d, so dass man sich e<strong>in</strong> Stück weit selbst zurechtf<strong>in</strong>den<br />

muss, wird als normaler Bestandteil <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tstätigkeit e<strong>in</strong>es Ingenieurs<br />

empfunden und nicht mit dem rechtlichen Verhältnis als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht.<br />

Soweit Lernchancen aus <strong>der</strong> Notwendigkeit abgeleitet werden, sich auf<br />

<strong>der</strong> Basis teilweise bekannter Ar<strong>bei</strong>tsumstände und eigener fachlicher<br />

Kompetenz die unbekannten Elemente e<strong>in</strong>er Ar<strong>bei</strong>tssituation zu erschließen,<br />

hat <strong>der</strong> Typ des Ingenieur-<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ers ke<strong>in</strong> Problem mit<br />

se<strong>in</strong>er Situation. „Jede Ar<strong>bei</strong>t hat ihre Rout<strong>in</strong>en, aber Projekte ergeben<br />

immer wie<strong>der</strong> neue Bereiche, <strong>in</strong> die man re<strong>in</strong>kommt, dadurch ist die<br />

Ar<strong>bei</strong>t doch relativ abwechslungsreich. … Die Aufträge s<strong>in</strong>d klar formuliert.<br />

Falls nicht, besteht die Möglichkeit zu fragen … Und mir obliegt<br />

sehr viel Freiheit. Es gibt e<strong>in</strong>e Prioritätenliste, die mit <strong>der</strong> Abteilung und<br />

dem Abteilungsleiter als Vorgesetztem abgesprochen und festgelegt<br />

wird. (In diesem Rahmen habe ich) relativ viel Handlungsfreiraum, wie<br />

die Themen bear<strong>bei</strong>tet werden … Die Organisation <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t ist also<br />

sehr frei und selbständig.“ (ING V)<br />

„Ich muss mich ständig auf neue Sachen e<strong>in</strong>stellen, das ist aber auch<br />

me<strong>in</strong> Anspruch und auch diesem Projekt geschuldet … Also me<strong>in</strong> Chef<br />

steckt den Rahmen ab. Er formuliert abstrakte Ziele und <strong>in</strong>nerhalb dieser<br />

Grenze kann ich mich frei bewegen. Also ich hab schon ne ziemlich


135<br />

hohe Entscheidungsgewalt. Die Leute, die unmittelbar am Projekt beteiligt<br />

s<strong>in</strong>d, die hören auch auf mich und müssen das auch. (ING IV)<br />

Ganz e<strong>in</strong>deutig empf<strong>in</strong>det dieser Typ des Ingenieur-<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ers sich<br />

als vollwertige Ar<strong>bei</strong>tskraft und nicht etwa als Lückenbüßer. „E<strong>in</strong> ganzes<br />

Projekt zu bear<strong>bei</strong>ten und e<strong>in</strong>zuführen ist ke<strong>in</strong>e Fließbandar<strong>bei</strong>t und<br />

ke<strong>in</strong>e Lückenbüßertätigkeit.“ (ING IV)<br />

Auch <strong>der</strong> Umgang mit <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation und dem Ar<strong>bei</strong>tsergebnis<br />

bestärken den Ingenieur-<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Auffassung, e<strong>in</strong>e ausbildungsgemäße<br />

und anspruchsvolle Tätigkeit mit persönlichen Entwicklungschancen<br />

auszuüben.<br />

Auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite muss das Ergebnis „sitzen“. Es wird nicht groß<br />

überprüft o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Frage gestellt. „Spielraum für Versuche ist nicht vorhanden,<br />

die D<strong>in</strong>ge werden dem Betriebsrat vorgestellt und da muss<br />

alles Hand und Fuß haben.“ (ING V)<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite wirken sich <strong>der</strong> <strong>in</strong>novative und projekthafte Charakter<br />

lernför<strong>der</strong>lich aus. Es werden Vorschläge gemacht und Ideen<br />

entwickelt, die diskutiert und besprochen werden. Daraus können sich<br />

Verbesserungsvorschläge ergeben, aus denen für das nächste Mal gelernt<br />

werden kann. „Das heißt, es gibt ke<strong>in</strong>e festgelegte Vorgehensweise,<br />

vielleicht wäre e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Weise besser gewesen, aber das Ziel<br />

wurde erreicht. Kann man dann aber nächstes Mal verbessern beziehungsweise<br />

<strong>bei</strong> neuen Entwicklungen berücksichtigen.“ (ING IV)<br />

Als beson<strong>der</strong>s hilfreich gerade für das <strong>Lernen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t wird die Unterstützung<br />

durch Vorgesetzte angesehen. „Mit dem Vorgesetzten (gibt<br />

es) wirklich e<strong>in</strong> sehr kommunikatives Verhältnis. Das br<strong>in</strong>gt sehr viel für<br />

das Wissen und das <strong>Lernen</strong> im Prozess <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t.“ (ING V)<br />

Steht auch <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsorganisation und <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Behandlung durch<br />

Vorgesetzte nicht <strong>der</strong> vertragsrechtliche Status als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> berufliche Status als Ingenieur im Vor<strong>der</strong>grund, so gilt das gleiche<br />

für die Möglichkeit formaler Weiterbildung. Mit dem Typ des Ingenieur-<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ers werden offenbar sogar Zielvere<strong>in</strong>barungen abgeschlossen,<br />

<strong>in</strong> denen Weiterbildung als e<strong>in</strong> Bestandteil aufgeführt wird. Dies geht


136<br />

bis dah<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong>em Ingenieur-<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er die gleiche <strong>in</strong>nerbetriebliche<br />

Weiterqualifizierung im Entleihbetrieb angeboten wird, wie den fest<br />

angestellten Ingenieuren.<br />

H<strong>in</strong>zu kommt, dass Ingenieure von sich aus e<strong>in</strong>e weiterbildungsaktive<br />

Gruppe s<strong>in</strong>d, die Lernchancen nutzt, wo sie sich bieten. Beson<strong>der</strong>s das<br />

non-formale <strong>Lernen</strong> durch die Lektüre von Fachzeitschriften steht im<br />

Vor<strong>der</strong>grund. Daneben gilt stetige Weiterqualifizierung auf dem Gebiete<br />

<strong>der</strong> EDV als wichtig, „um nicht e<strong>in</strong>zurosten und fit zu bleiben auch irgendwie<br />

für den Job“. (ING V) Außerdem s<strong>in</strong>d offenbar Sprachkurse e<strong>in</strong><br />

wichtiger Weiterbildungs<strong>in</strong>halt.<br />

Fachzeitschriften werden als Weiterbildungsquelle auch deswegen geschätzt,<br />

weil man da „eher mitbekommt, wie sich das eigene Unternehmen<br />

positioniert, also <strong>in</strong>tern; vor allem auch viel eher. Da wird <strong>in</strong>nerhalb<br />

des Unternehmens sehr spärlich mit umgegangen.“ (ING IV)<br />

Da<strong>bei</strong> ist auffällig, dass die Formulierung e<strong>in</strong>er Zugehörigkeit (<strong>bei</strong> aller<br />

bewusst-unbewussten Distanz als Ar<strong>bei</strong>tnehmer) vom Typ des Ingenieur-<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ers<br />

im H<strong>in</strong>blick auf das beschäftigende Entleihunternehmen<br />

vorgenommen wird und nicht im Bezug auf den Verleihbetrieb.<br />

„Ich habe ke<strong>in</strong>e Beziehung zum Verleiher aufgebaut, eher zum jetzigen<br />

Unternehmen. Den an<strong>der</strong>en sieht und hört man fast gar nicht.“ (ING V)<br />

Das verleihende Unternehmen bleibt Ansprechpartner für Fragen von<br />

Urlaub und Geld. Man hat sonst eher wenig Kontakt.<br />

Denn das eigentliche berufliche Ziel auch <strong>der</strong> Ingenieure ist es, nicht<br />

Ingenieur-<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er zu bleiben. „Ich b<strong>in</strong> gerade so froh, dass ich den<br />

geplanten Lehrgang machen kann. Hoffe auf Übernahme.“ (ING V) Im<br />

Entleihunternehmen werden allerd<strong>in</strong>gs <strong>der</strong>zeit generell ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>stellungen<br />

vorgenommen. Da<strong>bei</strong> hat er sich um e<strong>in</strong>e Festanstellung gleich<br />

nach Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Tätigkeit bemüht, bisher aber ohne Erfolg. Doch er<br />

hofft weiter und möchte <strong>in</strong> etwa zwei bis drei Jahren se<strong>in</strong> Ziel erreicht<br />

haben, e<strong>in</strong>e Festanstellung zu bekommen.


3.4 Perspektiven <strong>der</strong> Untersuchung des <strong>Lernen</strong>s im<br />

Prozess <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t<br />

137<br />

Die hier vorgelegte Studie hatte explorativen Charakter. Ihre Ergebnisse<br />

können nicht verallgeme<strong>in</strong>ert werden. Sie beanspruchen jedoch empirische<br />

Triftigkeit und Validität <strong>in</strong>sofern, als sie die reale Situation von<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern und <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<strong>in</strong>nen wie<strong>der</strong>geben. Der methodologische<br />

Stellenwert <strong>der</strong> Aussagen ist folglich <strong>der</strong> von Hypothesen, die <strong>in</strong> weiteren,<br />

dann nach Möglichkeit repräsentativ anzulegenden Untersuchungen<br />

zu prüfen wären.<br />

Solche weiterführenden Untersuchungen dürften die hier wie<strong>der</strong>gegebenen<br />

Befunde ergänzen, abrunden und erweitern, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen sicher<br />

auch differenzieren. So ist anzunehmen, dass <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er breiteren Auswahl<br />

auch solche E<strong>in</strong>satzbed<strong>in</strong>gungen von Fachar<strong>bei</strong>tern als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

<strong>in</strong> den Blick geraten werden, die bessere Lernchancen bieten, als<br />

das hier <strong>der</strong> Fall gewesen ist. Ob dadurch die grundsätzliche Differenzierung<br />

<strong>der</strong> Lernchancen von Beschäftigten <strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> nach den beruflichen<br />

E<strong>in</strong>satzbereichen verwischt werden würde, ist jedoch eher<br />

zweifelhaft. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite wurden nämlich <strong>in</strong> dieser Studie große<br />

E<strong>in</strong>satzbereiche von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern überhaupt nicht erfasst. Dies betrifft<br />

vor allem diejenigen, die von vornehere<strong>in</strong> für solche Tätigkeiten<br />

e<strong>in</strong>gestellt werden, <strong>in</strong> denen berufliche Qualifikationen gar nicht verlangt<br />

werden.<br />

Von Interesse wäre dann viel eher, mit welcher beruflichen Vorbildung<br />

und aufgrund welcher beruflichen Karriere Angehörige dieser Beschäftigtengruppe<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er und <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<strong>in</strong>nen geworden s<strong>in</strong>d, sowie,<br />

welche Rolle da<strong>bei</strong> Bildung – Ausbildung und Weiterbildung – gespielt<br />

haben o<strong>der</strong> vielleicht eben auch nicht haben spielen können. Denn dieser<br />

e<strong>in</strong>e Befund zieht sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise durch die hier betrachteten<br />

Fälle und ist im Kontext von Ar<strong>bei</strong>t generell und <strong>der</strong> speziellen Rolle <strong>der</strong><br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> <strong>der</strong>art plausibel, dass sich auch <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er größeren Fallzahl<br />

e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung kaum vorstellen lässt. Das ist <strong>der</strong> Zusammenhang<br />

von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> und vorgängigen gebrochenen beruflichen Karrieren, die<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel auch mit Form und Verlauf <strong>der</strong> vorherigen beruflichen Ausbildung<br />

zu tun haben. Dieser Sachverhalt eröffnet zugleich e<strong>in</strong>e be-


138<br />

schäftigungs- und qualifikationspolitische Perspektive, die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em ganz an<strong>der</strong>en Licht ersche<strong>in</strong>en lassen könnte, wenn entleihende<br />

und verleihende Unternehmen, aber auch die gesellschaftlichen Akteure<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmarkt- und <strong>der</strong> Bildungspolitik es wollten.<br />

Wenn es nämlich so ist, dass <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> zentralen Mechanismen<br />

geworden ist, <strong>der</strong> Bewerbern und Bewerber<strong>in</strong>nen, die aus ihrem<br />

bisherigen beruflichen Werdegang mit Problemen und Hypotheken belastet<br />

s<strong>in</strong>d, dennoch e<strong>in</strong>en, wenn auch prekären, Zugang zum Ar<strong>bei</strong>tsmarkt<br />

eröffnet, dann könnte e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>telligente Verb<strong>in</strong>dung von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong><br />

und beruflicher Qualifizierung sowohl durch formale als auch durch<br />

non-formale und <strong>in</strong>formelle Weiterbildung die Ar<strong>bei</strong>tsmarktchancen dieser<br />

Beschäftigtengruppe entscheidend verbessern. Es muss <strong>in</strong> <strong>der</strong> heutigen<br />

Debatte nicht lange betont werden, dass dies nicht nur gerecht<br />

gegenüber den betroffenen Menschen, son<strong>der</strong>n auch nützlich für die<br />

Unternehmen und die gesamte Volkswirtschaft wäre.<br />

Das alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> die Verantwortung <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> zu geben<br />

und weiter darauf zu vertrauen, dass diese ihr Interesse an Bildung<br />

auch durch <strong>in</strong>dividuelle Initiative verfolgen, hieße allerd<strong>in</strong>gs, das Problem<br />

<strong>bei</strong>seite zu schieben. Die Berufsverläufe von <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>ern und<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<strong>in</strong>nen zeigen ja gerade, dass Ar<strong>bei</strong>tsmarkte<strong>in</strong>tritt und Kompetenzentwicklung<br />

– aus welchen Gründen auch immer – im E<strong>in</strong>zelfall<br />

bisher nicht befriedigend gelungen waren. Es dürfte weniger Mühe erfor<strong>der</strong>n,<br />

um zu zeigen, welche strukturellen Faktoren (neben den <strong>in</strong>dividuellen)<br />

hierfür ursächlich s<strong>in</strong>d. Nicht zuletzt aber handelt es sich ganz<br />

praktisch um e<strong>in</strong>e Gruppe, die Weiterbildung beson<strong>der</strong>s nötig braucht,<br />

aber über beson<strong>der</strong>s wenige Ressourcen dazu verfügt. Ohne Frage müssen<br />

die Beschäftigten selbst dazu auch <strong>in</strong> die Verantwortung genommen<br />

werden. Gerade für <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er und <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<strong>in</strong>nen aber s<strong>in</strong>d ergänzende<br />

Hilfen beson<strong>der</strong>s nötig.<br />

E<strong>in</strong>e Ar<strong>bei</strong>t, die <strong>in</strong>tellektuelle und praktische Anreize enthält und damit<br />

<strong>Lernen</strong> ermöglicht, die also zum Aufbau von beruflicher Kompetenz und<br />

beruflicher Erfahrung führt, sowie ihre Ergänzung durch Unterstützung<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> formalen und non-formalen Weiterbildung wären zwar nicht die


e<strong>in</strong>zig mögliche und die e<strong>in</strong>zig notwendige, sicher aber nicht die<br />

schlechteste Voraussetzung dafür.<br />

139


140


Dr. André Holtrup<br />

Institut Ar<strong>bei</strong>t und Wirtschaft<br />

4 Subjektives Erleben von Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

141


142


4.1 E<strong>in</strong>führung<br />

143<br />

Die Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche verzeichnete Jahr für Jahr e<strong>in</strong> enormes Wachstum<br />

ihrer Beschäftigungszahlen. Die Zahl <strong>der</strong> Menschen <strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

hat sich alle<strong>in</strong> von 2003 (330.000) bis 2007 (715.000) mehr als verdoppelt.<br />

164 Diese Entwicklung ist mit ihren sozial- und ar<strong>bei</strong>tspolitischen<br />

Folgen höchst umstritten. Die e<strong>in</strong>e Seite sieht <strong>in</strong> ihr e<strong>in</strong>en erfolgreichen<br />

Jobmotor, <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>liche Flexibilität für Unternehmen bereitstelle<br />

und ökonomische Wettbewerbsfähigkeit för<strong>der</strong>e. Die an<strong>der</strong>e Seite<br />

betont h<strong>in</strong>gegen, dass es sich um e<strong>in</strong>e prekäre Beschäftigungsform<br />

handele, die durch Unsicherheit und Schlechterstellung gegenüber<br />

Normalbeschäftigung charakterisiert sei. Das Wachstum <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

wird von dieser Warte darüber h<strong>in</strong>aus als Anzeichen für e<strong>in</strong>en mehr<br />

o<strong>der</strong> weniger allgeme<strong>in</strong>en Nie<strong>der</strong>gang von Ar<strong>bei</strong>ts- und Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen<br />

gewertet. In <strong>der</strong> teilweise hitzig geführten öffentlichen Debatte<br />

um das Für und Wi<strong>der</strong> <strong>der</strong> Beschäftigungsform Zeitar<strong>bei</strong>t bleiben<br />

jedoch die Menschen, die <strong>in</strong> ihr beschäftigt s<strong>in</strong>d, zumeist im H<strong>in</strong>tergrund.<br />

Sie werden allenfalls gelegentlich mit ihren E<strong>in</strong>zelschicksalen als<br />

Kronzeugen für die e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Position <strong>in</strong>s Feld geführt. Die Fragen<br />

aber, wie Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer selbst ihre Situation erleben, deuten<br />

und bewerten, welche Erfahrungen sie machen, welche Perspektiven<br />

sie entwickeln, wo „<strong>der</strong> Schuh drückt“, aber auch welche positiven Aspekte<br />

sie sehen, bleiben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel unterbelichtet.<br />

Ähnliches lässt sich mit Blick auf die Forschung feststellen. Hier überwiegen<br />

– wenngleich wichtige – Fragestellungen und Beiträge aus e<strong>in</strong>er<br />

Meta-Perspektive, zum Beispiel zu Strukturdaten <strong>der</strong> Beschäftigung <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche 165 , dazu, welche Chancen und Potenziale Unter-<br />

164 Vgl. Bundesagentur 2009<br />

Die Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche wurde seit Herbst 2008 drastisch von <strong>der</strong> gegenwär<br />

tigen Konjunktur- und Wirtschaftskrise erfasst. Innerhalb e<strong>in</strong>es Jahres sank<br />

die Zahl <strong>der</strong> Beschäftigten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t von 734.000 (März 2008) auf<br />

etwa 520.000 (März 2009). Dies entspricht e<strong>in</strong>em Rückgang von ca.<br />

30 Prozent (Vgl. IW-Consult 2009).<br />

165 Vgl. Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t 2008c.


144<br />

nehmen mit ihr <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung br<strong>in</strong>gen 166 o<strong>der</strong> wie sich ihre betriebliche<br />

Nutzung verän<strong>der</strong>t 167 . Auch werden e<strong>in</strong>zelne Gesichtspunkte <strong>in</strong>s Zentrum<br />

gerückt, wie etwa Aspekte <strong>der</strong> Qualifizierung 168 o<strong>der</strong> des Verbleibs<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tsar<strong>bei</strong>tskräften 169 . Nicht zuletzt wird diskutiert, welche<br />

Antworten Gewerkschaften 170 o<strong>der</strong> betriebliche Interessenvertretungen<br />

171 auf den E<strong>in</strong>satz von Zeitar<strong>bei</strong>t geben, geben wollen o<strong>der</strong> geben<br />

sollten.<br />

Die subjektive Perspektive von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern spielt gewiss <strong>bei</strong> vielen<br />

Untersuchungen zum<strong>in</strong>dest am Rande e<strong>in</strong>e Rolle – im Mittelpunkt<br />

stehen sie eher selten. Ausnahmen stellen zwei lesenswerte und <strong>in</strong>struktive<br />

Studien von Noller/Vogel/Kronauer und Kraemer/Speidel dar.<br />

Die Untersuchung von Noller, Vogel und Kronauer 172 konzentriert sich<br />

da<strong>bei</strong> – gestützt auf Material, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie gewonnen<br />

wurde – <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf erwerbsbiographische Deutungen, Motive<br />

und Hoffnungen, die mit Zeitar<strong>bei</strong>t (und befristeten Beschäftigungsverhältnissen)<br />

verbunden s<strong>in</strong>d. Kraemer und Speidel 173 setzen, ebenfalls<br />

am Beispiel e<strong>in</strong>es Automobilwerkes, e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en Schwerpunkt auf<br />

Erfahrungen und Dynamiken sowohl betrieblicher als auch gesellschaftlicher<br />

Integration und Ausgrenzung von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern.<br />

Die <strong>bei</strong>den Untersuchungen von Noller/Vogel/Kronauer und Kraemer/Speidel<br />

stützen sich auf empirisches Material, das zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong><br />

2000er Jahre erhoben wurde. Seither haben sich aber mit den sogenannten<br />

„Hartz-Reformen“ e<strong>in</strong>ige für die Zeitar<strong>bei</strong>t wichtige ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitische<br />

Spielregeln und Rahmenbed<strong>in</strong>gungen verän<strong>der</strong>t. Hierzu<br />

166<br />

Vgl. IHK (2008); TNS Emnid (2008).<br />

167<br />

Vgl. Promberger (2006a); Bellmann/Kühl (2007); Seifert/Brehmer(2008);<br />

Holst (2009).<br />

168<br />

Vgl. Münchhausen (2007).<br />

169<br />

Vgl. Institut <strong>der</strong> deutschen Wirtschaft Köln (2008).<br />

170<br />

Vgl. Wölfle (2008).<br />

171<br />

Vgl. Wassermann/Rudolph (2007).<br />

172<br />

Vgl. Noller u.a. (2003) und auch Grimm (2004).<br />

173<br />

Vgl. Kraemer/Speidel (2004).


145<br />

zählen die <strong>bei</strong> Bezug von Ar<strong>bei</strong>tslosengeld II (Alg II, „Hartz IV“) geltenden<br />

Regelungen (z.B. verschärfte Zumutbarkeitskriterien, erhöhte Mobilitätsanfor<strong>der</strong>ungen,<br />

stärkere Berücksichtigung von Partnere<strong>in</strong>kommen<br />

etc.) ebenso wie die Lockerung zentraler Bestimmungen des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetzes.<br />

Dies be<strong>in</strong>haltet zum Beispiel den Wegfall<br />

des Synchronisationsverbots, <strong>der</strong> Überlassungshöchstdauer o<strong>der</strong> die<br />

E<strong>in</strong>führung des Gleichbehandlungsgrundsatzes von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

und vergleichbaren Stammkräften <strong>in</strong> Entleihbetrieben – wenn nicht, wie<br />

zu beobachten war, eigenständige Tarifverträge für die Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche<br />

abgeschlossen werden. Ziel dieser Studie ist es daher, Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

mit ihrem subjektiven Erleben <strong>in</strong> den Mittelpunkt zu rücken und<br />

sie auch selbst zu Wort kommen zu lassen. Ihre Erfahrungen, die sie <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t sammeln konnten, stehen hier ebenso im Fokus wie die<br />

Deutungen und Bewertungen ihrer Ar<strong>bei</strong>tssituation und Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen.<br />

Hieraus sollen Rückschlüsse und Gestaltungsh<strong>in</strong>weise für<br />

e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung <strong>der</strong> Beschäftigungsform Zeitar<strong>bei</strong>t abgeleitet<br />

werden, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Ansprüche und Interessen <strong>der</strong> Menschen, die <strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

beschäftigt s<strong>in</strong>d, stärker akzentuiert werden.<br />

Diese Studie wurde von <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong> f<strong>in</strong>anziell<br />

geför<strong>der</strong>t. Sie wäre ohne Zugänge zu Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern nicht durchzuführen<br />

gewesen. Me<strong>in</strong> Dank gilt daher Antje Edel von <strong>der</strong> IG Metall<br />

<strong>Bremen</strong>, die sehr behilflich da<strong>bei</strong> war, Gesprächspartner aus dem Umfeld<br />

des Ar<strong>bei</strong>tskreises „Menschen <strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t“ zu gew<strong>in</strong>nen. Er gilt<br />

gleichfalls den Geschäftsleitungen und Mitar<strong>bei</strong>tern <strong>der</strong> <strong>bei</strong>den Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

<strong>in</strong> <strong>Bremen</strong>, die es mir mit großem Engagement ermöglicht<br />

haben, mit e<strong>in</strong>igen ihrer Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer Interviews führen zu<br />

können. Nicht zuletzt b<strong>in</strong> ich me<strong>in</strong>en Interviewpartnern selbst zu Dank<br />

verpflichtet, die sich bereitgefunden haben, mir ihre Erlebnisse zu erzählen<br />

und ihre Sicht <strong>der</strong> D<strong>in</strong>ge zu erklären.<br />

4.2 Anlage <strong>der</strong> empirischen Untersuchung<br />

Angesichts <strong>der</strong> Ausrichtung <strong>der</strong> Untersuchung auf die subjektiven Perspektiven<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern wurde e<strong>in</strong> qualitativ-exploratives Vorgehen<br />

für notwendig erachtet. Nur so ließ sich sowohl e<strong>in</strong>e ausreichen-


146<br />

de Tiefe <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Datenerhebung gewährleisten als auch die notwendige<br />

Offenheit für die vielschichtigen Problemlagen, H<strong>in</strong>tergrundbed<strong>in</strong>gungen<br />

und Zusammenhängen sicherstellen, die sich erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Feldphase manifestieren.<br />

Die Erhebung stützte sich <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf das Instrument des „problemzentrierten<br />

Interviews“ 174 . Diese Methode stellt zum e<strong>in</strong>en darauf<br />

ab, dass die Befragten auf bestimmte Gesprächsstimuli möglichst umfassend<br />

antworten und <strong>in</strong> den entsprechenden Narrationspassagen ihre<br />

Ansichten, E<strong>in</strong>stellungen, Beweggründe und Deutungen artikulieren<br />

können. Zum an<strong>der</strong>en handelt es sich <strong>bei</strong>m „problemzentrierten Interview“<br />

um e<strong>in</strong> Instrument, das <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Leitfadens e<strong>in</strong>e teilweise<br />

Standardisierung <strong>der</strong> im Interview zu behandelnden Themenbereiche<br />

ermöglicht 175 . Darüber h<strong>in</strong>aus lässt es diese Interviewform zu, Vorkenntnisse<br />

– etwa aus Recherchen, Expertengesprächen o<strong>der</strong> Betriebs-<br />

und Ar<strong>bei</strong>tsplatzbegehungen – flexibel <strong>in</strong> die Gesprächssituation e<strong>in</strong>zubeziehen,<br />

um den wissenschaftlichen Ertrag des Interviews zu optimieren.<br />

Die Interviews mit Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern begannen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel mit Fragen<br />

zum beruflichen Werdegang und dem Ausbildungsh<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> Gesprächspartner.<br />

Hieran anschließend wurden die spezifische Biographie<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t, die Beschäftigung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em o<strong>der</strong> mehreren Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

und <strong>der</strong> Verlauf von E<strong>in</strong>sätzen thematisiert. Hier<strong>bei</strong> g<strong>in</strong>g<br />

es auch darum zu ermitteln, welche beruflichen Perspektiven und Ar<strong>bei</strong>tsmarktchancen<br />

sie für sich sehen und welche Rolle die Überlegung<br />

für sie spielt, möglicherweise von e<strong>in</strong>em Entleihbetrieb übernommen zu<br />

werden. Ebenso wurde das Verhältnis zum Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen beziehungsweise<br />

den Disponenten angesprochen und zum Beispiel erörtert,<br />

<strong>in</strong>wieweit diese auf Qualifizierungsbedarfe, E<strong>in</strong>satzwünsche und<br />

Entwicklungsmöglichkeiten ihrer externen Mitar<strong>bei</strong>ter e<strong>in</strong>gehen. E<strong>in</strong><br />

zentraler Gesprächsteil bestand dann dar<strong>in</strong> zu ermitteln, welche Ansprüche<br />

und Erwartungen die Interviewten an ihre Ar<strong>bei</strong>ts- und Be-<br />

174 Vgl. Witzel (1985)<br />

175 Vgl. Hopf (1991).


147<br />

schäftigungssituation stellen und wie zufrieden sie damit s<strong>in</strong>d. Um e<strong>in</strong>e<br />

Überfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Befragten angesichts dieser komplexen Frage zu<br />

vermeiden, wurde zu diesem Themenbereich e<strong>in</strong>e Aufstellung zentraler<br />

Aspekte vorgelegt (1. Ar<strong>bei</strong>tszeiten/Vere<strong>in</strong>barkeit von Privatleben und<br />

Beruf; 2. E<strong>in</strong>kommenschancen; 3. För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Beschäftigungsfähigkeit/Sicherheit<br />

des Beschäftigungsverhältnisses; 4. Ar<strong>bei</strong>tsschutz/Sicherheitsunterweisung/Ar<strong>bei</strong>ts-<br />

und Schutzkleidung; 5. Freude<br />

und Abwechslung <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t; 6. Autonomie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t; 7. stabiles<br />

Umfeld am Ar<strong>bei</strong>tsplatz; 8. Anerkennung von Kollegen; 9. Karriere und<br />

fachliche Entwicklungsmöglichkeiten; 10. Qualifizierungsmöglichkeiten).<br />

Vor allem g<strong>in</strong>g es hier<strong>bei</strong> um die Ausführungen, mit denen die<br />

Befragten ihre jeweilige E<strong>in</strong>schätzung erläuterten und fundierten. Zusammen<br />

mit den Äußerungen zur Berufsbiographie und den etwaigen<br />

Beweggründen, sich beruflich zu verän<strong>der</strong>n, kristallisierten sich die jeweiligen<br />

Präferenzstrukturen heraus und wurden <strong>der</strong> vorhandene Grad<br />

an Zufriedenheit mit <strong>der</strong> aktuellen Ar<strong>bei</strong>ts- und Beschäftigungssituation,<br />

aber auch Optimierungsbedarfe deutlich. E<strong>in</strong> weiterer Aspekt stellte im<br />

Folgenden darauf ab, wie das private Umfeld ihre Tätigkeit <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen beurteilt. Die Frage schließlich, wie die Befragten<br />

vor dem H<strong>in</strong>tergrund ihrer eigenen Erfahrungen und <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Debatte virulenten Positionen zu Vor- und Nachteilen <strong>der</strong><br />

Beschäftigungsform Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong>sgesamt bewerten, stellte den Abschluss<br />

des Gesprächs dar.<br />

Die Interviews wurden durchgängig vom Projektbear<strong>bei</strong>ter selbst durchgeführt<br />

und akustisch aufgezeichnet. Um den zeitlichen Aufwand <strong>der</strong><br />

Aufbereitung und Auswertung des erhobenen Materials <strong>in</strong> Grenzen zu<br />

halten, wurden die Tonaufzeichnungen direkt „ab Band“ paraphrasiert<br />

und <strong>in</strong> den für die Fragestellung zentralen Bereichen selektiv transkribiert.<br />

Hierdurch konnte gleich im ersten Aufbereitungsschritt e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terpretative<br />

Reduktion 176 <strong>der</strong> erhobenen Daten vollzogen werden. Die<br />

Auswertungstexte wurden nach Abschluss <strong>der</strong> Interviewparaphrase und<br />

-teiltranskription <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em auf theoretisch-konzeptionellen Überlegungen<br />

basierenden Kategoriensystem kodiert und verschlagwortet. Auf dieser<br />

176 Vgl. Lamnek (1995), S. 107 ff.


148<br />

Grundlage konnten die gewonnenen Texte und Textfragmente unkompliziert<br />

für die weitere Bear<strong>bei</strong>tung durch das Software-Tool MAXQDA<br />

verwaltet werden. Auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> thematisch geglie<strong>der</strong>ten MAXQDA-<br />

Outputs konnte das Material explikativ <strong>in</strong>terpretiert 177 und zu dem hier<br />

vorliegenden Forschungsbericht verar<strong>bei</strong>tet werden.<br />

Der Feldzugang wurde über zwei Wege organisiert. Zum e<strong>in</strong>en wurde <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>ladung zum Ar<strong>bei</strong>tskreis „Menschen <strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t“ <strong>der</strong> IG-Metall<br />

<strong>Bremen</strong> e<strong>in</strong> Anschreiben zirkuliert, <strong>in</strong> dem auf die Untersuchung h<strong>in</strong>gewiesen<br />

und Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer, die Interesse daran hatten, an dieser<br />

Studie als Interviewpartner mitzuwirken, gebeten, mit dem Projektar<strong>bei</strong>ter<br />

Kontakt aufzunehmen. Zum an<strong>der</strong>en haben es zwei Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

ermöglicht, mit e<strong>in</strong>igen ihrer Mitar<strong>bei</strong>ter Interviews durchführen<br />

zu können. 178<br />

Die Befunde dieser Studie beruhen auf <strong>der</strong> Basis von <strong>in</strong>sgesamt 14<br />

durchgeführten Interviews. 179 Die Interviews fanden im Zeitraum von<br />

Juni bis Oktober 2008 statt und dauerten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel zwischen 75<br />

und 90 M<strong>in</strong>uten. Drei <strong>der</strong> Gesprächspartner konnten aus dem Kontext<br />

des Ar<strong>bei</strong>tskreises „Menschen <strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t“ <strong>der</strong> IG Metall <strong>Bremen</strong> gewonnen<br />

werden, fünf Interviewpartner waren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em mittelständischen<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen und sechs <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Großunternehmen<br />

<strong>der</strong> Branche beschäftigt. Von den Befragten hatten zwölf e<strong>in</strong>e Berufsausbildung<br />

absolviert, e<strong>in</strong>er hatte e<strong>in</strong> Hochschulstudium abgeschlossen<br />

und e<strong>in</strong>er verfügte über ke<strong>in</strong>e Berufsausbildung. Aus dem<br />

Sample wurden zehn Interviewte als qualifizierte (bzw. als hochqualifizierte)<br />

Ar<strong>bei</strong>tskräfte und vier als Helfer e<strong>in</strong>gesetzt und e<strong>in</strong>gruppiert. Das<br />

Alter <strong>der</strong> Befragten streut zwischen Anfang 20 und Mitte 50. Im Sample<br />

waren vier Frauen und zehn Männer vertreten. Angesichts <strong>der</strong> ger<strong>in</strong>-<br />

177 Vgl. ebenda.<br />

178 Hier<strong>bei</strong> wurden sie explizit gebeten, darauf zu verzichten, ausschließlich<br />

beson<strong>der</strong>s loyale und zufriedene Gesprächspartner auszuwählen. Der Verlauf<br />

<strong>der</strong> Gespräche lässt darauf schließen, dass dieser Bitte entsprochen wurde.<br />

179 Aufgrund <strong>der</strong> relativen schmalen Datenbasis s<strong>in</strong>d daher nur vorsichtige Ver-<br />

allgeme<strong>in</strong>erungen möglich. Dennoch erlaubt sie explorative H<strong>in</strong>weise zur<br />

subjektiven Sicht von Zeitar<strong>bei</strong>tsnehmern auf ihre Situation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t.


149<br />

gen Fallzahl musste jedoch lei<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>e alters- und geschlechtsspezifische<br />

Form <strong>der</strong> Darstellung verzichtet werden, um die Anonymität <strong>der</strong><br />

Gesprächspartner zu gewährleisten.<br />

4.3 Empirische Befunde<br />

4.3.1 Das E<strong>in</strong>kommen: e<strong>in</strong> zentraler Stolperste<strong>in</strong><br />

Neben dem Pro und Contra personalpolitischer Flexibilität („Atmungsfähigkeit<br />

von Unternehmen“ versus „Beschäftigungsunsicherheit von Beschäftigten“)<br />

ist es vor allem das E<strong>in</strong>kommen, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Debatte für Zündstoff sorgt. Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer beziehen durchschnittlich<br />

29 Prozent weniger Lohn o<strong>der</strong> Gehalt als vergleichbare Ar<strong>bei</strong>tskräfte mit<br />

e<strong>in</strong>er Festanstellung 180 . Die e<strong>in</strong>e Seite betont da<strong>bei</strong>, dass <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tskräften die kostenbezogene Reaktionsfähigkeit von Betrieben<br />

auf schwankende Nachfragesituationen verbessere. Sie halte die<br />

Unternehmen konkurrenzfähig, <strong>in</strong>dem die Ar<strong>bei</strong>tskosten verbilligt würden.<br />

Die an<strong>der</strong>e Seite sieht durch diese E<strong>in</strong>kommensdifferenz das Pr<strong>in</strong>zip<br />

„gleiches Geld für gleiche Ar<strong>bei</strong>t“ verletzt und befürchtet durch diese<br />

„Billigkonkurrenz“ e<strong>in</strong>en wachsenden Druck auf allgeme<strong>in</strong>e Ar<strong>bei</strong>ts- und<br />

Beschäftigungsstandards. Unter <strong>der</strong>en Verfall hätten zunächst und bereits<br />

heute Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer zu leiden. Dies drohe später aber auch auf<br />

bisherige Stammar<strong>bei</strong>tskräfte überzuschlagen.<br />

Der herausgehobene Stellenwert <strong>der</strong> E<strong>in</strong>kommenssituation von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> öffentlichen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung zeigt sich auch <strong>in</strong><br />

den Ergebnissen dieser Studie. Lediglich für e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>eren Teil <strong>der</strong><br />

Interviewten ersche<strong>in</strong>t das E<strong>in</strong>kommen subjektiv unproblematisch.<br />

Demgegenüber ragt dieser Aspekt <strong>bei</strong> den meisten Gesprächspartnern<br />

aus <strong>der</strong> Bewertung ihrer Situation als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer negativ heraus<br />

und überlagert die teilweise erkennbaren positiven Bezüge auf Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

deutlich.<br />

180 Vgl. Seifert/Brehmer (2008), S. 339.


150<br />

Bei denjenigen, die an den <strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t zu erzielenden Löhnen und Gehältern<br />

eher weniger Anstoß nehmen – obwohl sie jeweils sehr wohl<br />

sehen, dass vergleichbare Festangestellte höhere E<strong>in</strong>künfte erzielen –,<br />

s<strong>in</strong>d drei Momente und Interpretationsmuster zu erkennen, die sich auf<br />

berufsbiographische Erfahrungen und Perspektiven sowie auf die <strong>in</strong>dividuelle<br />

Vermarktungsfähigkeit ihrer Ar<strong>bei</strong>tskraft beziehen.<br />

So wird erstens das E<strong>in</strong>kommen als akzeptabel e<strong>in</strong>geschätzt, wenn sich<br />

Beschäftigte schon vor ihrer Beschäftigung als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

prekären Erwerbslage o<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit befanden. Hier wird zum<br />

Beispiel das relativ ger<strong>in</strong>ge E<strong>in</strong>kommen nicht als E<strong>in</strong>buße gesehen,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Abstand zu Leistungen des ALG II („Hartz IV“) hervorgehoben.<br />

„O.k., das ist e<strong>in</strong> bisschen weniger Geld – aber was soll’s. Du hast<br />

Ar<strong>bei</strong>t. Lieber zu Hause sitzen, dazu habe ich auch ke<strong>in</strong>e Lust. Von<br />

Hartz IV leben – [...] da geht erst mal die Miete ab, dann hat man<br />

zum Leben noch 345 Euro. Und dann rechne mal um, was man <strong>bei</strong><br />

<strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t kriegt. Da kriege ich 800 Euro […] – da hat man immer<br />

noch drei bis vier Sche<strong>in</strong>e. Das ist besser als zu Hause hocken.“ (Z06)<br />

Beruht die E<strong>in</strong>schätzung dieses als Helfer e<strong>in</strong>gestellten Interviewpartners<br />

mit e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gen Qualifikationsh<strong>in</strong>tergrund auf dem Vergleich<br />

mit <strong>der</strong> ihm offen stehenden Alternative, sich <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsagentur/Arge<br />

ar<strong>bei</strong>tslos zu melden, kommen <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Beschäftigten<br />

zweitens die beruflichen Entwicklungsperspektiven zum Tragen. Er<br />

betrachte se<strong>in</strong>e Tätigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t als e<strong>in</strong>e berufliche Orientierungsphase,<br />

die vorübergehenden Charakter hat. Da er davon ausgeht,<br />

nicht auf Dauer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t zu bleiben und zugleich noch ke<strong>in</strong>en<br />

kosten<strong>in</strong>tensiveren Lebensstil kultiviert hat, kann er sich mit <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit<br />

gegebenen Situation durchaus arrangieren.<br />

„Ich denke immer, über das Geld sollen sich an<strong>der</strong>e Leute streiten,<br />

solange ich me<strong>in</strong> Gehalt kriege und das nicht unglaublich wenig<br />

ist. Was die an<strong>der</strong>en dann verdienen, das ist mir im Endeffekt egal.<br />

Sie sollen mir me<strong>in</strong> Gehalt überweisen, das ist bisher immer pünktlich<br />

gekommen, das war immer gutes Geld. Ob da nun die Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma


151<br />

unglaublich viel Geld damit verdient, das kann ich sowieso nicht bee<strong>in</strong>flussen.<br />

Solange ich me<strong>in</strong> Geld kriege, muss ich sagen, ist mir das<br />

egal.“ (Z12)<br />

Die <strong>bei</strong>den vorgestellten Interpretationsansätze bezogen sich <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie auf die prekäre Alternative von Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit o<strong>der</strong> darauf, nur<br />

zeitlich begrenzt <strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t beschäftigt zu se<strong>in</strong>. Daneben zeigen die<br />

Aussagen e<strong>in</strong>es weiteren Interviewpartners drittens, dass Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

nicht nur als Dienstleister für Unternehmen, son<strong>der</strong>n auch<br />

für Beschäftigte verstanden werden können. Angesichts e<strong>in</strong>er sich selbst<br />

attestierten Schwäche, sich <strong>in</strong> Bewerbungsgesprächen nicht gut „verkaufen“<br />

zu können, übernimmt das Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen die Aufgabe<br />

e<strong>in</strong>es Maklers <strong>der</strong> eigenen Ar<strong>bei</strong>tskraft. E<strong>in</strong>kommensabschläge werden<br />

daher gebilligt und E<strong>in</strong>kommensunterschiede im Vergleich zu Stammkräften<br />

als gerechtfertigt empfunden, weil diese Dienstleistung auch<br />

vergütet werden müsse.<br />

„Ne<strong>in</strong>, das ist gar nicht ungerecht. Denn sonst, wenn ich mich irgendwo<br />

vorstelle, gehe ich dah<strong>in</strong> und sage ‘Leute, hier habt ihr me<strong>in</strong>e<br />

Bewerbung’. Dann erzählen die mir erst mal lange Zeit gar nichts.<br />

Dann sagen die ‘vielleicht kommen Sie zum Vorstellungsgespräch’.<br />

Und dieses ganze Geschehen macht das Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen für<br />

mich. Die machen me<strong>in</strong>e Personalabrechung, die zahlen Krankenkasse<br />

wie je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Ar<strong>bei</strong>tgeber auch. Aber natürlich muss das, dass<br />

die von e<strong>in</strong>em Laden zum nächsten laufen nach dem Motto ‘hier, wir<br />

haben hier, braucht ihr?’ – das nehmen die mir ab und das muss auch<br />

bezahlt werden. Dass das natürlich <strong>bei</strong> mir irgendwo fehlt, ist klar.<br />

Und dadurch, dass ich mich nicht so gut verkaufen kann, ist das doch<br />

vollkommen <strong>in</strong> Ordnung.“ (Z02).<br />

Die Interviewten, denen das E<strong>in</strong>kommen und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>kommensunterschied<br />

eher weniger problematisch ersche<strong>in</strong>en, s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs im Untersuchungssample<br />

<strong>der</strong> deutlich kle<strong>in</strong>ere Teil. Für die größere Zahl stellt<br />

dieser Aspekt e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> größten Quellen von Kritik und Unzufriedenheit<br />

dar. Sie empf<strong>in</strong>den Ungerechtigkeiten im Vergleich zu Stammkräften<br />

o<strong>der</strong> verweisen darauf, dass sie angesichts ger<strong>in</strong>ger f<strong>in</strong>anzieller Mittel<br />

Abstriche <strong>bei</strong> ihrem Lebensstandard machen müssten.


152<br />

Die wohl größte negativ-emotionale Energie <strong>in</strong> Bezug auf die eigene<br />

Situation als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer resultiert aus dem Vergleich zu den E<strong>in</strong>kommen,<br />

die festangestellte Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>satzbetrieben erhalten.<br />

Dies wird von <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Befragten <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e dann als<br />

ungeme<strong>in</strong> ungerecht empfunden, wenn <strong>in</strong> diesen Entleihbetrieben e<strong>in</strong><br />

hohes Lohnniveau herrscht. „Das gibt e<strong>in</strong>em schon zu denken“ (Z04),<br />

„das ist schwierig“ (Z10), „das wurmt schon“ (Z03), „das ist ke<strong>in</strong><br />

schönes Gefühl, wenn man sieht, dass die fast das Doppelte haben“<br />

(Z04) s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Zusammenhang noch sehr zurückhaltende E<strong>in</strong>schätzungen.<br />

Drastischer und anschaulicher s<strong>in</strong>d hier die Ausführungen<br />

e<strong>in</strong>es Interviewpartners:<br />

„Das Schärfste <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satzbetrieb: da war e<strong>in</strong> älterer Kollege,<br />

<strong>der</strong> war da über 30 Jahre. Der packt da se<strong>in</strong>e Abrechnung aus –<br />

e<strong>in</strong> fester Kollege – und zeigt mir se<strong>in</strong> Jahresbrutto. Das war fast das<br />

dreifache von me<strong>in</strong>em. Das war aber ke<strong>in</strong> Meister o<strong>der</strong> Vorar<strong>bei</strong>ter, e<strong>in</strong><br />

ganz normaler Ar<strong>bei</strong>ter. Ist das gerecht? Ist das gerecht, nur weil <strong>der</strong><br />

30 Jahre da ist? Ne<strong>in</strong>, das ist nicht gerecht. So e<strong>in</strong>fach ist das. Nichts<br />

gegen den Mann, <strong>der</strong> war o.k. als Kollege – e<strong>in</strong> paar Jahre älter als<br />

ich. Ist das <strong>in</strong> Deutschland normal? Ne<strong>in</strong>! E<strong>in</strong> Witz ist das. [...] Man<br />

kann jetzt sagen ‘neidisch’, aber da stehe ich auch zu. Logisch werde<br />

ich da neidisch. Ich habe da nichts gegen den Mann, das ist o.k. Nur<br />

das kann es nicht se<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> Deutschland die Gehaltsschere so ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>geht.<br />

Der machte die gleichen Ar<strong>bei</strong>ten. [...] Da kriegen sie<br />

das gruseln. Also das Doppelte ist es immer. Das Doppelte ist es immer<br />

<strong>bei</strong> den festen Leuten, will ich mal so sagen, im Jahr, im Schnitt.<br />

[...] Da denkt man auch ‘ist man bescheuert, dass man dafür aufsteht?’“<br />

(Z13)<br />

Von vielen Befragten wird noch akzeptiert, dass sie <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em neuen<br />

E<strong>in</strong>satz nicht gleich das Leistungsniveau von e<strong>in</strong>gear<strong>bei</strong>teten Stammmitar<strong>bei</strong>tern<br />

erreichen und daher <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bezahlung gegebenenfalls zunächst<br />

Abstriche zu tolerieren hätten. Es s<strong>in</strong>d vor allem längere E<strong>in</strong>sätze,<br />

die Frustrationsgefühle und Zorn hervorrufen, wenn gleiche Leistung<br />

nicht mit gleichem Geld vergütet wird. Die <strong>bei</strong> manchen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

stärker ausgeprägte E<strong>in</strong>satzbereitschaft werde nicht mit f<strong>in</strong>anzieller<br />

Gleichstellung honoriert, während sich Stammkräfte aus Sicht <strong>der</strong>


Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer „den H<strong>in</strong>tern platt sitzen“ (Z11) und es an Engagement<br />

mangeln ließen:<br />

153<br />

„Ja, das nervt tierisch, weil wenn sie die gleiche Ar<strong>bei</strong>t machen,<br />

sich sehr schnell e<strong>in</strong>ar<strong>bei</strong>ten, sehr engagiert s<strong>in</strong>d und sehen dann, es<br />

fruchtet e<strong>in</strong>fach nichts und die machen da ihren Trott und verdienen<br />

e<strong>in</strong> Schwe<strong>in</strong>egeld mehr als man selber, dann b<strong>in</strong> ich manchmal doch<br />

e<strong>in</strong> wenig gefrustet. Das muss ich schon sagen. Das ärgert mich. Dann<br />

denke ich immer ‘me<strong>in</strong> Gott, die haben ja nun mal e<strong>in</strong> Drittel manchmal<br />

auch die Hälfte mehr als du für die Ar<strong>bei</strong>t und du sollst das hier<br />

dann auch leisten.’ Das kann man natürlich nicht <strong>bei</strong> kurzen E<strong>in</strong>sätzen<br />

erwarten, ist nur für lange E<strong>in</strong>sätze. Wenn sie nur zwei Wochen<br />

irgendwo s<strong>in</strong>d, dann ist es mir piepegal, was die verdienen. Ich sage<br />

mir immer, ich habe me<strong>in</strong> Geld und dann ist es o.k. Aber wenn sie<br />

e<strong>in</strong>en langfristigen E<strong>in</strong>satz machen und sie sehen dann, was für e<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>stellung die Festangestellten da zur Ar<strong>bei</strong>t zeigen und haben und<br />

ich verdiene dann noch sehr viel weniger und von mir wird <strong>der</strong> gleiche<br />

E<strong>in</strong>satz verlangt, dann f<strong>in</strong>de ich das schon frustrierend.“ (Z14)<br />

Diese Ungleichbehandlung im Vergleich zu Stammkräften wirft für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

die Frage auf, womit dies zu rechtfertigen sei. Bei e<strong>in</strong>em<br />

hochqualifizierten Interviewpartner, <strong>der</strong> schon seit Jahren <strong>in</strong> e<strong>in</strong> und<br />

demselben Entleihbetrieb e<strong>in</strong>gesetzt wird, reduziert sich <strong>der</strong> E<strong>in</strong>kommensunterschied<br />

auf die Nichtzahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld,<br />

während er ansonsten e<strong>in</strong> gleich hohes monatliches E<strong>in</strong>kommen<br />

bezieht. Obwohl er selbst mit <strong>der</strong> re<strong>in</strong>en Höhe des Gehalts zufrieden ist,<br />

so ist er doch verärgert über se<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzielle Benachteiligung:<br />

„Ich b<strong>in</strong> mit dem Gehalt zufrieden, mit dem, was ich verdiene.<br />

Das ist natürlich nur von me<strong>in</strong>em jetzigen Standpunkt. Wenn man<br />

natürlich e<strong>in</strong>e Vergleichbarkeit hat – Stichworte […] Weihnachtsgeld,<br />

Urlaubsgeld und all solche Geschichten – dann fragt man sich natürlich,<br />

warum kriegt <strong>der</strong> Kollege nebenan das und ich kriege das nicht.<br />

Da kommen dann die Fragen auf, warum das so ist. Generell b<strong>in</strong> ich<br />

damit zufrieden, was ich jetzt verdiene, aber wenn man sieht, <strong>der</strong><br />

kriegt noch mehr – warum kriege ich das nicht? Das ist die Frage, die<br />

ich habe.“ (Z08)


154<br />

Bei dieser Verärgerung über die Benachteiligung spielt, wie <strong>bei</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Befragten auch, die symbolische Dimension e<strong>in</strong>e wichtige Rolle. Der<br />

E<strong>in</strong>kommensunterschied zu Stammkräften wird als mangelnde Anerkennung,<br />

als Kritik an <strong>der</strong> eigenen Wertigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> symbolischen Hierarchie<br />

<strong>der</strong> Entleihbetriebe verstanden. E<strong>in</strong> weiterer, ebenfalls schon<br />

lange an e<strong>in</strong>en bestimmten Betrieb entliehener Fachar<strong>bei</strong>ter br<strong>in</strong>gt dies<br />

mit <strong>der</strong> Formulierung „<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Zeitfirma verdient man ja wie <strong>der</strong><br />

schlechteste Fachar<strong>bei</strong>ter dort, eher e<strong>in</strong> bisschen weniger“ (Z03) auf<br />

den Punkt.<br />

Der relationale Vergleich mit den E<strong>in</strong>kommensmöglichkeiten von<br />

Stammkräften schürt Unzufriedenheit mit <strong>der</strong> eigenen Ar<strong>bei</strong>tssituation<br />

als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer. Doch auch das absolute E<strong>in</strong>kommensniveau wird<br />

als unbefriedigend gesehen. Beson<strong>der</strong>s ausgeprägt ist dies <strong>bei</strong> denjenigen<br />

Befragten, die zuvor „regulär“ beschäftigt waren und höhere Löhne<br />

und Gehälter bezogen haben. E<strong>in</strong> Interviewter schil<strong>der</strong>t, dass er im Vergleich<br />

zu früher über die Zeitar<strong>bei</strong>t nur noch „das zum Überleben“<br />

(Z05) Notwendige verdiene. Neben dem ger<strong>in</strong>geren Stundenverdienst<br />

bemängelt er zudem den Wegfall von Son<strong>der</strong>zahlungen (Urlaubs- und<br />

Weihnachtsgeld), die ihm früher immer e<strong>in</strong>en gewissen konsumtiven<br />

Gestaltungsspielraum ermöglicht hätten:<br />

„Als ich noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er richtigen Firma war, da hatte ich auch Urlaubs-<br />

und Weihnachtsgeld, da konnte man wirklich sagen ‘Weihnachten<br />

– o.k. jetzt werden die K<strong>in</strong><strong>der</strong> gut beschenkt’. Und Urlaubsgeld<br />

– ja, das hat man dann für den Urlaub genommen. Das fällt ja<br />

jetzt alles weg. Jetzt ist das immer e<strong>in</strong> Gewürge. Im Urlaub: ‘wie machen<br />

wir das jetzt usw’.“ (Z05)<br />

Die Folgen des verr<strong>in</strong>gerten E<strong>in</strong>kommensniveaus als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

reichen jedoch viel weiter. Viele sehen auf Dauer ihren Lebensstandard<br />

gefährdet, s<strong>in</strong>d auf <strong>in</strong>nerfamiliäre f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung angewiesen<br />

und machen sich Sorgen um die Altersversorgung. E<strong>in</strong> Interviewpartner<br />

sagt hierzu:<br />

„Ich muss mir Gedanken machen, dass ich wie<strong>der</strong> fest unterkomme.<br />

Ich will nicht auf Dauer von Zeitar<strong>bei</strong>t leben. Weil, wir haben


155<br />

e<strong>in</strong> Haus zur Miete. Hätte ich me<strong>in</strong>e Familie nicht, dann könnte ich<br />

mir das gar nicht mehr erlauben, ich könnte mir auch ke<strong>in</strong> Auto mehr<br />

erlauben. Ich könnte von dem wenigen Lohn, da könnte ich gar nichts<br />

mehr mit machen. Und ich habe nun mal früher gut verdient, als ich<br />

normal angestellt war und me<strong>in</strong>en Lohn gekriegt habe. Da habe ich<br />

mir nie Sorgen machen müssen. Überzogenes Konto – das war mir so<br />

scheißegal, denn irgendwo ist das Geld ja wie<strong>der</strong> re<strong>in</strong>gekommen. Und<br />

dann kommt dazu, dass ich immer älter werde. Und ich muss irgendwann<br />

auch mal an später denken. Ich will auch noch mal irgendwas<br />

für me<strong>in</strong>e Rente tun. Wenn ich das mal erreiche, ich <strong>in</strong>s Rentenalter<br />

komme, dann werde ich auch nicht viel mehr Geld haben als jetzt.“<br />

(Z11)<br />

Es waren nicht wenige Befragte, die davon berichteten, dass sie auf<br />

weitere f<strong>in</strong>anzielle Ressourcen angewiesen waren, um überhaupt über<br />

die Runden zu kommen. Die Beanspruchung von Rücklagen „aus besseren<br />

Zeiten“, die nach und nach während <strong>der</strong> Beschäftigung <strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

verbraucht werden, Zuwendungen aus dem familiären Umfeld o<strong>der</strong><br />

„<strong>der</strong> Gang zum Sozialamt“ s<strong>in</strong>d hier nicht selten erfor<strong>der</strong>lich, um überhaupt<br />

den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Diese Existenz am<br />

unteren Rand ruft beson<strong>der</strong>s dann Frustrationen hervor, wenn die Befragten<br />

kont<strong>in</strong>uierlich und vollzeitig ar<strong>bei</strong>ten und da<strong>bei</strong> erleben, welchen<br />

Lebensstandard sich ihre Kollegen, denen sie tagtäglich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t<br />

begegnen, leisten können, nur weil sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Unternehmen mit e<strong>in</strong>em<br />

hohen Lohnniveau fest angestellt s<strong>in</strong>d. Hier ist e<strong>in</strong>e enorme Kluft<br />

<strong>in</strong> den Konsumerwartungen und -möglichkeiten festzustellen:<br />

„Wenn die dann erzählen, ‘ich war <strong>in</strong> Teneriffa zwei Wochen,<br />

dann war ich da und da’ o<strong>der</strong> ‘an me<strong>in</strong>em Haus mit Auto und Garten,<br />

da muss ich das und das machen, me<strong>in</strong> Auto muss <strong>in</strong> die Werkstatt’.<br />

Da denke ich ‘Hä, wovon träumen die eigentlich, wovon träume ich<br />

eigentlich?’“ (Z13)


156<br />

4.3.2 Der Klebeeffekt: reduzierte Erwartungen<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t gilt als Brücke <strong>in</strong> e<strong>in</strong> „reguläres“ Beschäftigungsverhältnis.<br />

Vor allem bezieht sich dies auf ihre Funktionen e<strong>in</strong>er erweiterten „Personalauswahl“<br />

o<strong>der</strong> als „Flexibilitätspuffer“, wenn sich Auftragsspitzen<br />

o<strong>der</strong> Personalengpässe verstetigen. Der empirische Umfang geglückter<br />

Übernahmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e direkte Anstellung <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em Kundenunternehmen,<br />

dem sogenannten „Klebeeffekt“, ist jedoch umstritten. Während das<br />

Ar<strong>bei</strong>tgeberlager e<strong>in</strong>e Quote von circa 25 Prozent angibt 181 , liegen<br />

Schätzungen aus dem gewerkschaftsnahen Umfeld mit 15 Prozent<br />

deutlich darunter 182 . Die Brisanz dieser Klebeeffekte liegt dar<strong>in</strong> begründet,<br />

dass Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen mit eben jenen Übernahmeaussichten<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter anziehen können, die darauf hoffen, sich <strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tse<strong>in</strong>sätzen<br />

so positiv zu präsentieren, dass sie von e<strong>in</strong>em Entleihbetrieb<br />

übernommen werden und E<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong> den Ar<strong>bei</strong>ts- und<br />

Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer lediglich e<strong>in</strong>en vorübergehenden<br />

Charakter haben. Das empirische Material dieser Studie<br />

bestätigt, dass viele Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer solche Hoffnungen auf e<strong>in</strong>e anschließende<br />

Festanstellung hegen und sich wünschen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Entleihbetrieb<br />

„kleben zu bleiben“. Es offenbart jedoch gleichzeitig e<strong>in</strong>e<br />

Ernüchterung h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Chancen, Zeitar<strong>bei</strong>t wirklich als Sprungbrett<br />

nutzen zu können.<br />

Das Motiv, von <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Festanstellung zu wechseln und<br />

nach Möglichkeit nur begrenzt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen beschäftigt<br />

zu bleiben, ist <strong>bei</strong> fast allen Befragten festzustellen. Lediglich<br />

e<strong>in</strong>e Person streicht heraus, dass sie mit ihrer Situation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

so zufrieden ist, dass alternative Angebote wirklich überzeugend se<strong>in</strong><br />

müssten, damit sie den Ar<strong>bei</strong>tgeber wechselt. Sie sieht sich allerd<strong>in</strong>gs<br />

mit dieser Haltung im Vergleich zu an<strong>der</strong>en als e<strong>in</strong>e „Beson<strong>der</strong>heit“:<br />

„Da b<strong>in</strong> ich e<strong>in</strong>e Beson<strong>der</strong>heit, muss man sagen. Ich b<strong>in</strong> da außen<br />

vor. Denn die meisten, die zu Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen gehen, die möch-<br />

181<br />

Vgl. Institut <strong>der</strong> deutschen Wirtschaft Köln (2008).<br />

182<br />

Vgl. Promberger (2008), S. 224.


157<br />

ten wirklich irgendwo fest anfangen. Und das ist nun gar nicht me<strong>in</strong>e<br />

Voraussetzung. Weil ich mir sage, wenn es passt, dann passt es. Und<br />

wenn es nicht passt, dann passt es nicht. Und die an<strong>der</strong>en, die kriegen<br />

dann schon e<strong>in</strong> langes Gesicht, weil die fest irgendwo anfangen<br />

möchten. Da b<strong>in</strong> ich e<strong>in</strong> Außenseiter, weil die meisten dann doch<br />

eben versuchen, fest irgendwo re<strong>in</strong>zurutschen. Was <strong>bei</strong> mir nicht an<br />

erster Stelle steht.“ (Z02)<br />

Mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung, dass Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer eher auf die Wirkung des<br />

Klebeeffekts hoffen, hat dieser Interviewpartner nach den Ergebnissen<br />

dieser Studie offensichtlich Recht. In <strong>der</strong> Tat begreifen viele Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

als Chance, sich <strong>in</strong> Entleihbetrieben gut vorzustellen. Zeitar<strong>bei</strong>t – dieser<br />

Aspekt wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er größeren Zahl von Gesprächen deutlich – wird als<br />

Möglichkeit gesehen, die eigenen Fähigkeiten und Charaktereigenschaften<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> praktischen Ar<strong>bei</strong>t jenseits spezieller Bewerbungssituationen<br />

unter Beweis zu stellen. So berichtet e<strong>in</strong> Gesprächspartner:<br />

„Ich b<strong>in</strong> halt so e<strong>in</strong> bisschen <strong>in</strong>trovertiert, ich werde langsam mit<br />

Leuten warm. Das ist <strong>in</strong> Bewerbungsgesprächen beson<strong>der</strong>s schlecht,<br />

weil man [...] muss ja wie <strong>bei</strong>m 100-Meter-Lauf sofort los ‘das kann<br />

ich, das b<strong>in</strong> ich’. Und genau das kann ich nicht. Und jetzt <strong>bei</strong> dem<br />

E<strong>in</strong>satzbetrieb – muss ich e<strong>in</strong>fach ohne falsche Bescheidenheit sagen<br />

– habe ich mich e<strong>in</strong>fach durch me<strong>in</strong>e Ar<strong>bei</strong>t vorgestellt. Die wissen<br />

jetzt e<strong>in</strong>fach, was kann <strong>der</strong> Mann, wie zuverlässig ist er. […] Dadurch<br />

habe ich mich dann natürlich schon durch die Zeitar<strong>bei</strong>t wirklich<br />

empfohlen. Das hätte ich […] natürlich sonst nicht gekonnt. Weil<br />

sonst wäre ich re<strong>in</strong>gekommen, wäre e<strong>in</strong>er von so e<strong>in</strong>em Stapel gewesen<br />

[…]. Insofern ist für mich Zeitar<strong>bei</strong>t schon auch e<strong>in</strong>e Chance.“<br />

(Z09)<br />

Dieser Interviewte macht gleichzeitig darauf aufmerksam, dass er mittlerweile<br />

se<strong>in</strong>e Beschäftigung <strong>bei</strong> dem Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen auch als<br />

Gelegenheit versteht, se<strong>in</strong>en Radius möglicher Beschäftigungsbereiche<br />

zu erweitern. Ähnlich <strong>in</strong>terpretiert dies e<strong>in</strong> weiterer Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer,<br />

<strong>der</strong> sich nach <strong>der</strong> Ausbildung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er beruflichen Orientierungsphase<br />

bef<strong>in</strong>det. Auch ihm ist es gelungen, sich neue Tätigkeitsfel<strong>der</strong> zu erschließen<br />

und e<strong>in</strong>e Bewerbungsauffor<strong>der</strong>ung durch e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satzbetrieb


158<br />

zu bekommen. Dementsprechend fällt se<strong>in</strong>e Bilanz zu se<strong>in</strong>en Beschäftigungsperspektiven<br />

positiv aus:<br />

„Je nachdem, was jetzt kommt – aber zum<strong>in</strong>dest die Möglichkeiten<br />

s<strong>in</strong>d durch die Zeitar<strong>bei</strong>t gestiegen. […] Wäre ich nicht <strong>in</strong> den<br />

Betrieben e<strong>in</strong>gesetzt worden, dann hätte mir die Chef<strong>in</strong> nicht sagen<br />

können ‘wollen Sie sich nicht bewerben?’ Also das ist schon durch die<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma passiert“ (Z12)<br />

S<strong>in</strong>d also <strong>in</strong> Bezug auf Übernahmechancen durchaus positive Erfahrungen<br />

festzustellen, so überwiegt <strong>bei</strong> den Befragten aber doch e<strong>in</strong>e skeptische<br />

Haltung. 183 Sie stellen fest, dass Übernahmen aus Zeitar<strong>bei</strong>t nur <strong>in</strong><br />

sehr begrenztem Umfang getätigt werden und sie nicht damit rechnen,<br />

attraktive Übernahmeofferten zu erhalten:<br />

„Also für mich ist das ke<strong>in</strong> Sprungbrett mehr. Glaube ich nicht.<br />

Weil die meisten Firmen holen sich <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er. Das ist ja alles geplant.<br />

So und so lange brauchen wir die – und dann wie<strong>der</strong> weg.“<br />

(Z04)<br />

„Es wird nicht kommen. Ich habe es aufgegeben, dass ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Firma komme, wo es Ar<strong>bei</strong>t gibt, die ich gerne – es muss noch nicht<br />

mal gerne se<strong>in</strong>, aber was ich mir vorstellen könnte – dass es da e<strong>in</strong>e<br />

Chance geben würde. Glaube ich nicht. Jetzt b<strong>in</strong> ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz.<br />

Und die übernehmen sowieso ke<strong>in</strong>en. […] Da wurde seit Ewigkeiten<br />

ke<strong>in</strong>er mehr e<strong>in</strong>gestellt. Die haben sich alle schon beworben. Auch<br />

über Jahre die Leute aus an<strong>der</strong>en Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen.“ (Z04)<br />

„Man hört immer wie<strong>der</strong>, dass jemand übernommen wurde – aber<br />

10 Prozent? Höchstens, höchstens. [...] Ich träume nicht mehr. Bei<br />

mir hat es sich beruflich ausgeträumt. Wie gesagt, ich habe schon<br />

zuviel mitgemacht“ (Z05)<br />

183 Hier<strong>bei</strong> muss allerd<strong>in</strong>gs berücksichtigt werden, dass das Sample aufgrund<br />

des Feldzugangs eben ke<strong>in</strong>e Personen be<strong>in</strong>haltet, die den Sprung von <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Anstellung geschafft haben.


159<br />

„Es wird ja auch ganz oft gesagt, dass das e<strong>in</strong>e Möglichkeit ist,<br />

<strong>bei</strong>m Kunden halt e<strong>in</strong>en Ar<strong>bei</strong>tsplatz zu f<strong>in</strong>den. Das ist dann ja auch –<br />

sehe ich zum<strong>in</strong>dest auch als Chance. Aber die Realität zeigt eigentlich<br />

e<strong>in</strong> ganz an<strong>der</strong>es Bild. Also ja, ich habe es miterlebt, wie es vielleicht<br />

zwei o<strong>der</strong> drei Kollegen geschafft haben, dann über e<strong>in</strong>e Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Dienstleistungsunternehmen <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em Kunden<br />

tätig zu werden, da fest e<strong>in</strong>gestellt zu werden, aber <strong>der</strong> ganz, ganz<br />

große Teil hat ke<strong>in</strong>e Chance. Funktioniert nicht.“ (Z08)<br />

„Es funktioniert h<strong>in</strong> und wie<strong>der</strong>. Es ist aber nicht diese große<br />

Zahl, was sie da immer gerne erzählen, dass alle da weitervermittelt<br />

werden. Das ist wirklich m<strong>in</strong>imal, sehr m<strong>in</strong>imal aus me<strong>in</strong>em Erfahrungskreis.“<br />

(Z10)<br />

„Vom E<strong>in</strong>satz her gefällt mir das gut. Aussichten, e<strong>in</strong>gestellt zu<br />

werden, gibt es nicht. Da s<strong>in</strong>d Leute, die ar<strong>bei</strong>ten da schon seit acht<br />

Jahren über Zeitar<strong>bei</strong>t.“ (Z11)<br />

Lassen sich <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Interviewpartner eher ernüchternde<br />

Erwartungen auf den „Klebeeffekt“ feststellen, s<strong>in</strong>d aus ihren Aussagen<br />

als Begründung für diese E<strong>in</strong>schätzung vor allem zwei Aspekte herauszudestillieren,<br />

die geme<strong>in</strong>sam die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>er Übernahme<br />

und Feste<strong>in</strong>stellung <strong>bei</strong>m Kunden torpedieren. Erstens wird auf die äußerste<br />

Zurückhaltung von Unternehmen h<strong>in</strong>gewiesen, wenn es darum<br />

geht, sich dauerhaft an Personal zu b<strong>in</strong>den. Es gäbe Befürchtungen,<br />

e<strong>in</strong>en zu großen Stamm an Mitar<strong>bei</strong>tern aufzubauen, mit dem nicht<br />

mehr flexibel auf wechselnde Markterfor<strong>der</strong>nisse reagiert werden könne.<br />

Selbst wenn durch die E<strong>in</strong>schaltung von Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen kurzfristig<br />

höhere Kosten entstünden, würden Übernahmen beson<strong>der</strong>s dann<br />

vermieden, wenn Entleihbetriebe gute Erfahrungen mit Zeitar<strong>bei</strong>tskräften<br />

machen würden und vor allem die positiven Aspekte (personalpolitische<br />

Flexibilität) für sich feststellen könnten:<br />

„E<strong>in</strong>e Firma, die Kontakt mit e<strong>in</strong>er Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma hat und dort<br />

positiv überrascht gewesen ist, die ist super knauserig mit E<strong>in</strong>stellungen.<br />

Es ist ja so schön praktisch, es ist so schön e<strong>in</strong>fach. Ich habe<br />

e<strong>in</strong>en Ar<strong>bei</strong>ter, muss mich da nicht darum kümmern. Auch wenn er


160<br />

umgerechnet zwei Euro mehr kostet als e<strong>in</strong> fester – o<strong>der</strong> ich weiß<br />

nicht, wie viel das ist. Aber das ist so die Mentalität, die so läuft. Die<br />

haben ja auch immer Angst, was ist denn jetzt <strong>in</strong> 14 Tagen – brechen<br />

wir e<strong>in</strong>, haben wir ke<strong>in</strong>e Ar<strong>bei</strong>t mehr? Das ist ja die Hauptangst von<br />

den Chefs.“ (Z01)<br />

E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer, <strong>der</strong> schon seit vielen Jahren <strong>in</strong> e<strong>in</strong> und<br />

demselben Betrieb e<strong>in</strong>gesetzt ist, kommt hier resigniert zu e<strong>in</strong>em ganz<br />

ähnlichen Ergebnis:<br />

„Ja, jetzt b<strong>in</strong> ich immer noch hier. […] Bei me<strong>in</strong>em Entleihbetrieb<br />

habe ich auch gesagt ‘ich komme auch ganz her’. Aber die Betriebe<br />

halten den Satz <strong>der</strong> Stammbesatzung so kle<strong>in</strong> wie möglich.<br />

Dann sagen sie ‘für die und die Zeit nehmen wir <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er’ – dann<br />

s<strong>in</strong>d sie ja besser dran. So ist das nun mal.“ (Z03)<br />

Ebenfalls <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne merkt e<strong>in</strong> Interviewter an, dass sich die<br />

Übernahmewahrsche<strong>in</strong>lichkeit <strong>in</strong> den letzten Jahren sehr stark e<strong>in</strong>getrübt<br />

habe und beklagt, dass sich immer mehr „amerikanische Verhältnisse“,<br />

geme<strong>in</strong>t ist e<strong>in</strong>e „hire-and-fire“-Mentalität <strong>in</strong> Politik und Unternehmen,<br />

ausbreiten, selbst wenn das kurzfristig höhere Kosten mit sich<br />

br<strong>in</strong>gen würde:<br />

„Momentan nicht mehr. Das war vielleicht mal vor e<strong>in</strong> paar Jahren.<br />

Da haben sie teilweise noch <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er übernommen, haben<br />

sich die e<strong>in</strong> halbes Jahr angeguckt, ‘Mensch, die s<strong>in</strong>d ja ganz gut’ –<br />

und dann haben sie die e<strong>in</strong>gestellt. Aber mittlerweile s<strong>in</strong>d die Unternehmen<br />

so drauf, praktisch amerikanische Verhältnisse. Die kosten<br />

zwar im Endeffekt mehr, die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er, aber wenn ich sie nicht<br />

brauche, dann b<strong>in</strong> ich sie sofort los.“ (Z05)<br />

Als zweite Begründung, warum Menschen eher weniger aus <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

fest übernommen werden, führen Befragte an, dass im Zuge <strong>der</strong><br />

fortschreitenden Liberalisierung des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetzes<br />

Anreize für Unternehmen verloren gegangen seien, Beschäftigte aus <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>t heraus selbst e<strong>in</strong>zustellen. Die Streichung <strong>der</strong> Überlassungs-


höchstdauer wird hier zum Beispiel von e<strong>in</strong>em Befragten als e<strong>in</strong> gravieren<strong>der</strong><br />

ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitischer Fehler e<strong>in</strong>geschätzt:<br />

161<br />

„Dieser berühmte Klebeeffekt – wenn ich das Wort schon höre –<br />

wie <strong>der</strong> Bundesverband Zeitar<strong>bei</strong>t sagt, ‚30 bis 40 Prozent <strong>der</strong> Leute<br />

werden übernommen von Kunden’. Das stimmt nicht. Ar<strong>bei</strong>tsmarktexperten<br />

sagen 10 bis 15 Prozent ist das Gros. Warum sollten die auch?<br />

Seit Januar 2004 ist die <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong> fast völlig freigegeben. Das heißt,<br />

früher durften sie maximal e<strong>in</strong> Jahr bleiben <strong>bei</strong>m Kunden, nachher<br />

zwei Jahre, danach mussten sie für drei Monate wie<strong>der</strong> weg. Seit Januar<br />

2004 dürfen sie bis zur Rente bleiben. Warum sollen die noch<br />

jemanden fest e<strong>in</strong>stellen, wenn die den Mann sowieso jeden Tag haben<br />

können?“ (Z13)<br />

Auch an<strong>der</strong>e Interviewte schließen sich diesem Votum im Pr<strong>in</strong>zip an.<br />

E<strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer führt aus, dass es ihm früher, vor 2004, schon<br />

e<strong>in</strong>mal gelungen sei, aus e<strong>in</strong>em Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnis übernommen zu<br />

werden. Hierzu sei es gekommen, weil er als e<strong>in</strong>gear<strong>bei</strong>tete Kraft ansonsten<br />

nach zwölf Monaten maximal erlaubter Überlassung m<strong>in</strong>destens<br />

für drei Monate <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Entleihunternehmen hätte e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden müssen und dem Kundenunternehmen nicht mehr zur<br />

Verfügung gestanden hätte. Nach <strong>der</strong> Reform des AÜG im Jahr 2003<br />

sei dieser Anreiz entfallen, so dass Übernahmen immer mehr von den<br />

personalpolitischen Grundhaltungen <strong>der</strong> Unternehmensleitungen abhängen:<br />

„Da b<strong>in</strong> ich als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er angekommen und b<strong>in</strong> dann auch<br />

nach e<strong>in</strong>em Jahr übernommen worden, weil e<strong>in</strong> Vorar<strong>bei</strong>ter sich dafür<br />

e<strong>in</strong>gesetzt hat. Das war aber damals noch die Regelung ‘zwölf Monate<br />

und nicht länger <strong>bei</strong>m gleichen Kunden’. Das ist ja heute nicht mehr.<br />

Heute können sie e<strong>in</strong>en ja so lange behalten wie sie möchten. Und<br />

das macht vieles kaputt von wegen Festübernahme. Dann hängt das<br />

immer von <strong>der</strong> persönlichen E<strong>in</strong>stellung des Firmenchefs ab. […] Und<br />

das war früher mehr, wo diese Laufzeitbegrenzung war. Da hatten sie<br />

ja mehr den Anreiz, den Mann zu behalten, weil sie ja nicht wissen,<br />

ob sie den nach drei Monaten – da musste man dann, glaube ich, drei<br />

Monate weg se<strong>in</strong> –, ob sie den dann wie<strong>der</strong> kriegen, weil man dann


162<br />

wie<strong>der</strong> <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Kunden ist. Und wenn man da e<strong>in</strong>gear<strong>bei</strong>tet<br />

ist, dann lassen sie e<strong>in</strong>en ja auch nicht wie<strong>der</strong> weg. Weil dann<br />

müssen sie ja wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en neuen anlernen.“ (Z10)<br />

Insgesamt fällt die ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitische Bilanz des sprunghaften<br />

Wachstums <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche ernüchternd aus. Viele Befragte erkennen<br />

an, dass das Instrument Zeitar<strong>bei</strong>t Berechtigung habe, wenn es<br />

wirklich vorrangig um die Beantwortung temporärer Auftragsspitzen<br />

o<strong>der</strong> Personalengpässe gehe. Es ist aber zum e<strong>in</strong>en generell wenig Verständnis<br />

dafür festzustellen, dass Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer, die beson<strong>der</strong>s flexibel<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden und den Unternehmen die gewünschte Flexibilität<br />

ermöglichen, Abstriche <strong>bei</strong> ihren Ar<strong>bei</strong>ts- und Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen<br />

h<strong>in</strong>nehmen müssten. Zum an<strong>der</strong>en wird von vielen darauf h<strong>in</strong>gewiesen,<br />

dass die Beschäftigungsform Zeitar<strong>bei</strong>t dazu genutzt werde,<br />

„reguläre“ Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse durch Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnisse zu ersetzen.<br />

Als Indiz für e<strong>in</strong>en solchen „Missbrauch“ gelten zahlreich zu beobachtende<br />

– und von den Interviewpartner teilweise selbst erlebte – E<strong>in</strong>sätze,<br />

<strong>in</strong> denen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer jahrelang und kont<strong>in</strong>uierlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong> und<br />

demselben Betrieb entsandt wurden. E<strong>in</strong> Befragter br<strong>in</strong>gt die Kritik auf<br />

den Punkt:<br />

„Also ich b<strong>in</strong> schon <strong>in</strong> Firmen gewesen, da waren wir zu 80 Prozent<br />

Zeitar<strong>bei</strong>ter. [...] Ich habe <strong>bei</strong> manchen Firmen das Gefühl, die<br />

Leben von den Zeitar<strong>bei</strong>tern. Also das steht <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Relation. Die<br />

Leute ar<strong>bei</strong>ten da ewig und drei Tage als Zeitar<strong>bei</strong>ter. Denen wird immer<br />

vorgehalten ‘strengt euch mal an, du wirst wohl e<strong>in</strong>gestellt’ und<br />

so. Da än<strong>der</strong>t sich aber nicht viel dran. […] Ursprünglich war Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

ja mal e<strong>in</strong>e Idee, Leute, die krank s<strong>in</strong>d, zu ersetzen o<strong>der</strong> Leute,<br />

die im Urlaub s<strong>in</strong>d, o<strong>der</strong> die Stoßzeiten zu ersetzen. Wenn man jetzt<br />

kurz vor Weihnachten sagt ‘das Weihnachtsgeschäft fängt an’. O<strong>der</strong><br />

um die Leute mit re<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen, um zu sehen, ‘kann <strong>der</strong>jenige das,<br />

dann stelle ich ihn e<strong>in</strong>’. O<strong>der</strong> <strong>in</strong> den Beruf re<strong>in</strong>zuschnuppern. Aber<br />

wenn ich seit zwei Jahren <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satzbetrieb b<strong>in</strong>, dann parke<br />

ich auf e<strong>in</strong>em Ar<strong>bei</strong>tsplatz. Und da kann man mir erzählen was man<br />

will.“ (Z01)


163<br />

Die E<strong>in</strong>schätzung, dass Zeitar<strong>bei</strong>t als e<strong>in</strong> Weg genutzt wird, schlichtweg<br />

„reguläre“ Beschäftigung zu substituieren, wird von vielen Interviewpartnern<br />

geteilt. Vor allem <strong>in</strong> Branchen und Betrieben mit hohem Lohnniveau<br />

gehe es vielen Unternehmen gar nicht vorrangig um e<strong>in</strong> Mehr an<br />

personalpolitischer Flexibilität, son<strong>der</strong>n darum, Personalkosten zu senken<br />

und Gew<strong>in</strong>ne zu maximieren, <strong>in</strong>dem geltende höhere Tarifentlohnungen<br />

umgangen werden. Beson<strong>der</strong>s augenfällig werde das <strong>bei</strong> solchen<br />

Unternehmen, die eigene Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen gründen, um<br />

dann Personal ausschließlich an das „Mutterunternehmen“ zu verleihen.<br />

Hier würde die ansonsten kosten<strong>in</strong>tensive E<strong>in</strong>schaltung eigenständiger<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen – mit eigenen Gew<strong>in</strong>nerwartungen – vermieden,<br />

um das Kostensenkungspotenzial von Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> vollem Umfang nutzen<br />

zu können. So berichtet e<strong>in</strong> Befragter:<br />

„Das machen viele Betriebe. Wo me<strong>in</strong> Sohn ar<strong>bei</strong>tet auch. [...]<br />

Die, die jetzt e<strong>in</strong>gestellt werden, die werden über e<strong>in</strong>e eigene Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma<br />

e<strong>in</strong>gestellt. Fünf Tage weniger Urlaub und zwei Euro weniger<br />

die Stunde. Von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld, da reden wir ja<br />

schon gar nicht. […] Komischerweise machen das ja hauptsächlich<br />

Firmen, denen es gut geht. Das heißt, es geht nur um Gew<strong>in</strong>nmaximierung,<br />

das hat nichts mit Wettbewerbsfähigkeit zu tun.“ (Z05)<br />

Es lässt sich feststellen, dass sich <strong>in</strong> den Augen <strong>der</strong> Befragten die<br />

Übernahmechancen <strong>in</strong> den letzten Jahren durch e<strong>in</strong>e zurückhaltende<br />

E<strong>in</strong>stellungspolitik und stärker wirkende Kostenkalkulationen von Unternehmen<br />

sowie die politische Neujustierung von Zeitar<strong>bei</strong>t drastisch<br />

e<strong>in</strong>getrübt haben. Angesichts dieser Entwicklung ist es nicht verwun<strong>der</strong>lich,<br />

dass viele e<strong>in</strong>e Übernahme als re<strong>in</strong>es Glückspiel begreifen. Mehr<br />

als sich „vernünftig zu benehmen“ (Z10), Engagement und E<strong>in</strong>satzbereitschaft<br />

zu zeigen, bleibt ihnen nicht. Sie können das Heft des Handelns<br />

<strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht nicht aktiv <strong>in</strong> die Hand nehmen. Sie vermitteln<br />

den E<strong>in</strong>druck, dass es ganz entscheidend darauf ankomme, zur rechten<br />

Zeit am rechten Ort zu se<strong>in</strong>. So berichtet e<strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer, dass er<br />

zu früh den E<strong>in</strong>satzbetrieb gewechselt hat, weil se<strong>in</strong>e Nachfolger dort<br />

von e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Übernahmewelle profitiert haben:


164<br />

„Ich hätte noch e<strong>in</strong> halbes, dreiviertel Jahr aushalten müssen,<br />

dann hätten sie mich wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong>gestellt.“ (Z01)<br />

Auch e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Interviewpartner berichtet von e<strong>in</strong>em glücklichen Zufall<br />

<strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er Bekannten:<br />

„Man kann das Glück haben, dass die jemanden suchen, wo man<br />

gerade ist. Es soll hier ja auch schon öfters vorgekommen se<strong>in</strong>. Ich<br />

kenne auch e<strong>in</strong>e, die war, glaube ich, nur drei Monate <strong>bei</strong> diesem<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen. Sie hatte das Glück, dass sie gleich <strong>bei</strong>m<br />

ersten E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Betrieb re<strong>in</strong> kam, wo sie gerade jemanden gesucht<br />

haben. Und dann haben sie sie gleich übernommen.“ (Z07)<br />

Auch wenn es also mit e<strong>in</strong>er Portion Glück gelegentlich zu Übernahmeangeboten<br />

kommt, so bedeutet das nicht, dass diese immer auch für<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer attraktiv s<strong>in</strong>d. Die Interviewten berichten von Offerten,<br />

die sie dann aber schließlich doch abgelehnt hätten. E<strong>in</strong> Grund hierfür<br />

ist erstens die Art <strong>der</strong> <strong>in</strong> Aussicht gestellten Tätigkeit. Vor allem, wenn<br />

qualifizierte Kräfte im Helferbereich e<strong>in</strong>gesetzt werden, können sie für<br />

sich ke<strong>in</strong>e befriedigende dauerhafte Perspektive sehen.<br />

„Wenn da e<strong>in</strong> Übernahmeangebot gekommen wäre – hätte man<br />

das annehmen wollen? Eigentlich nicht. Ich war halt die ganze Zeit <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Hilfsar<strong>bei</strong>terschiene, wo ke<strong>in</strong>e Angebote kamen und wo Angebote<br />

für mich eigentlich auch nicht attraktiv gewesen wären.“ (Z09)<br />

Ähnlich kl<strong>in</strong>gt es <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em Fachar<strong>bei</strong>ter, <strong>der</strong> das Angebot, vom Entleihbetrieb<br />

e<strong>in</strong>gestellt und dauerhaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> für se<strong>in</strong> Empf<strong>in</strong>den monotonen<br />

Fließfertigung e<strong>in</strong>gesetzt zu werden, ausgeschlagen hat:<br />

„Ich hätte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Firma anfangen können […], aber das würde<br />

ich nicht machen. Das ist mir so gegen den Strich gegangen da am<br />

Band. Da hätte ich anfangen können.“ (Z04)<br />

O<strong>der</strong> <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er weiteren Fachkraft, die mittlerweile viele Betriebe kennengelernt<br />

hat und ke<strong>in</strong>eswegs gewillt wäre, <strong>in</strong> jedem dieser Kundenunternehmen<br />

e<strong>in</strong> festes Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis e<strong>in</strong>zugehen:


165<br />

„Das ist so unterschiedlich. Ich habe ja nun so viele Firmen.<br />

Manche Firmen, da weiß ich ‘um Gottes willen, nie wie<strong>der</strong>’ und an<strong>der</strong>e<br />

da würde ich sagen ‘topp, da würdest du gerne bleiben’ – aber dann<br />

klappt es nicht.“ (Z14)<br />

Diese unterschiedlichen Statements verweisen darauf, dass Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

zwar versuchen, sich aus dieser Beschäftigungsform zu lösen,<br />

aber dennoch ar<strong>bei</strong>ts<strong>in</strong>haltliche Ansprüche aufrechterhalten und nicht<br />

nach jedem Strohhalm greifen, sich aus <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t zu verabschieden.<br />

Zudem zeigt sich zweitens, dass „reguläre“ Beschäftigungsverhältnisse<br />

jenseits <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t nicht zw<strong>in</strong>gend bessere E<strong>in</strong>kommenskonditionen<br />

bieten. Die zu erzielenden Löhne und Gehälter s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> vielen Bereichen<br />

gesunken, so dass sich e<strong>in</strong>e „reguläre Beschäftigung“ nicht immer<br />

als lukrative Alternative erweist, um e<strong>in</strong>er unbefriedigenden E<strong>in</strong>kommenssituation<br />

zu entr<strong>in</strong>nen. Hierzu die Aussagen von zwei Fachkräften:<br />

„Ja, ich hatte auch zweimal Vorstellungsgespräche. Aber da habe<br />

ich dann dankend abgelehnt. Das waren dann Firmen, die wie<strong>der</strong><br />

nichts bezahlen. E<strong>in</strong>e Firma wollte mich auf weltweite Montage schicken.<br />

Da habe ich gefragt, wie es mit Auslöse und so weiter aussieht.<br />

Da hieß es dann: ‘Ja, wir zahlen ja das Hotelzimmer’. Damit war für<br />

mich das Thema eigentlich gegessen. Auch Stundenlohn – das war<br />

dasselbe wie <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er Leihfirma. Da gab es überhaupt ke<strong>in</strong>en Anreiz,<br />

warum ich dann mit Familie und so weiter auf Montage gehen sollte.“<br />

(Z05)<br />

„Ich würde gerne irgendwo an<strong>der</strong>s ar<strong>bei</strong>ten – auch fest. Meistens<br />

scheitert es wirklich an den F<strong>in</strong>anzen. Ich bekomme nicht das, was<br />

ich möchte. Die Löhne s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Bereich sehr runtergegangen.<br />

Und ich habe ja schon so viele Bewerbungsgespräche geführt und<br />

teilweise haben die mir das Gehalt für e<strong>in</strong>en Vollzeitjob geboten, was<br />

ich hier für weniger Stunden kriege. […] Dann habe ich das abgelehnt.<br />

Man muss aber alles können. Sagen wir mal so: 20 Jahre alt<br />

se<strong>in</strong>, 30 Jahre Berufserfahrung, am liebsten für 5 Euro die Stunde<br />

ar<strong>bei</strong>ten. So sieht es aus.“ (Z14)


166<br />

Für ganz viele Befragte stellen drittens die zunächst zu erwartenden<br />

Vertragskonditionen e<strong>in</strong> wichtiges Hemmnis für e<strong>in</strong>en erfolgreichen<br />

Wechsel von <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Kundenunternehmen dar. Betriebe<br />

s<strong>in</strong>d nicht nur <strong>in</strong>sgesamt zurückhaltend, überhaupt Personal selbst e<strong>in</strong>zustellen,<br />

son<strong>der</strong>n bieten – wenn überhaupt – zunächst nur befristete<br />

Ar<strong>bei</strong>tsverträge an. Das ist für diejenigen Interviewpartner, die e<strong>in</strong>en<br />

unbefristeten Vertrag mit ihrem Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen haben, gänzlich<br />

unattraktiv.<br />

„Ich sage mir, bevor ich mich irgendwo bewerbe, wo e<strong>in</strong>e Stelle<br />

nur für drei Monate o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> halbes Jahr ausgeschrieben wird, da<br />

bleibe ich lieber <strong>bei</strong> diesem Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen und habe me<strong>in</strong>en<br />

Festvertrag.“ (Z07)<br />

E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Gesprächspartner br<strong>in</strong>gt zum Ausdruck, dass die „Taube<br />

auf dem Dach“ zwar vorübergehend mehr Geld bedeute, er aber lieber<br />

„den Spatz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand“ behalte und kommt zu dem Schluss:<br />

„Ich b<strong>in</strong> schon so viele Jahre hier, da gehe ich nicht auf Zeitvertrag.<br />

Entwe<strong>der</strong> geben sie mir e<strong>in</strong>en Festvertrag o<strong>der</strong> gar ke<strong>in</strong>en. Da<br />

kann ich auch <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Zeitfirma bleiben.“ (Z03)<br />

Ganz entscheidend <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em Tausch e<strong>in</strong>es unbefristeten Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnisses<br />

gegen e<strong>in</strong>en befristeten Ar<strong>bei</strong>tsvertrag mit e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en<br />

Unternehmen ist die Frage <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmarktrisiken, die sie damit e<strong>in</strong>gehen<br />

würden. Po<strong>in</strong>tiert kommt dies <strong>in</strong> dem Statement „e<strong>in</strong>e Befristung<br />

ist heutzutage doch Selbstmord – das nutzt mir nichts“ (Z13) zum<br />

Ausdruck. Dieser Interviewte schil<strong>der</strong>t se<strong>in</strong>e Befürchtung vor Sanktionen<br />

seitens <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsagentur, wenn das befristete Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis dann<br />

nicht verstetigt o<strong>der</strong> verlängert wird und er auf die Zahlung von Ar<strong>bei</strong>tslosengeld<br />

angewiesen wäre:<br />

„Ich habe noch nie <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben e<strong>in</strong>en befristeten Ar<strong>bei</strong>tsvertrag<br />

unterschreiben müssen. Da b<strong>in</strong> ich nicht scharf drauf. Es nutzt<br />

mir doch nichts, für e<strong>in</strong> halbes Jahr befristet irgendwo e<strong>in</strong>e höhere<br />

Bezahlung zu bekommen. Dann geht das vor<strong>bei</strong> und dann dreht mir<br />

das Ar<strong>bei</strong>tsamt noch e<strong>in</strong>en Strick daraus, dass ich den Job gegen e<strong>in</strong>e


167<br />

Befristung aufgegeben habe und die mir dann e<strong>in</strong>e Sperrzeit verhängen.<br />

Das ist wirklich so, wenn ich selbst gekündigt habe hier und das<br />

an<strong>der</strong>e geht dann schief o<strong>der</strong> läuft e<strong>in</strong>fach aus nach e<strong>in</strong>em halben<br />

Jahr [...] Dann musst du zum Ar<strong>bei</strong>tsamt und ‘ja, warum haben sie<br />

den an<strong>der</strong>en Job aufgegeben? Der war doch sicher – auch wenn <strong>der</strong><br />

schlechter bezahlt war’. Und deswegen tue ich mich so schwer wegzukommen.<br />

Also wenn, dann nur fest gleich, aber das kriegen sie e<strong>in</strong>fach<br />

nicht mehr. Das kriegen sie gar nicht mehr.“ (Z13)<br />

Mit dieser Befürchtung, von <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsagentur dafür bestraft zu werden,<br />

wenn <strong>der</strong> Übergang von <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> e<strong>in</strong> „reguläres“ Beschäftigungsverhältnis<br />

über e<strong>in</strong>e Befristung scheitert, steht dieser Interviewte<br />

nicht alle<strong>in</strong>e dar. In e<strong>in</strong>er Vielzahl von Gesprächen taucht diese Überlegung<br />

auf, die angesichts <strong>der</strong> weit verbreiteten Unternehmenspraxis,<br />

zunächst Personal nur befristet anzustellen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat die Möglichkeiten,<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t als Sprungbrett zu nutzen, unter e<strong>in</strong>e schwere Hypothek<br />

stellen würde. Hier besteht somit e<strong>in</strong> dr<strong>in</strong>glicher Klarstellungsbedarf.<br />

4.3.3 Qualifizierung und Ar<strong>bei</strong>tsmarktchancen: unausgeschöpfte<br />

Potenziale<br />

Die Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Wahrnehmung <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie als Dienstleistungsanbieter für Unternehmen verstanden. Hier geht<br />

es um Flexibilität, Personalauswahl und <strong>in</strong> den letzten Jahren verstärkt<br />

um Kosteneffizienz. Für Ar<strong>bei</strong>tnehmer wird Zeitar<strong>bei</strong>t vor allem als e<strong>in</strong>e<br />

Möglichkeit wahrgenommen, Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit zu beenden o<strong>der</strong> zu vermeiden<br />

und damit als Brücke <strong>in</strong> den ersten Ar<strong>bei</strong>tsmarkt thematisiert.<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> dieser Perspektive auf e<strong>in</strong>e Rolle als „Beschäftigung<br />

des Übergangs“, „Beschäftigung zweiter Wahl“ und damit als nachrangige<br />

und ungünstigere Erwerbsalternative gegenüber „normaler“ Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse<br />

festgelegt zu se<strong>in</strong>. Der häufig anzutreffende Slogan „Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

– so ar<strong>bei</strong>tet man heute“ signalisiert allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e, ebenfalls<br />

mögliche Lesart. Hier wird Zeitar<strong>bei</strong>t mit Mo<strong>der</strong>nität assoziiert und<br />

als e<strong>in</strong>e Beschäftigungsform skizziert, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Auflösung o<strong>der</strong> Abmil<strong>der</strong>ung<br />

von Zwängen ankl<strong>in</strong>gt, die <strong>in</strong> „regulären“ Ar<strong>bei</strong>tsverhältnissen<br />

vorzuf<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d. Abwechslung, variierende kurzfristige Engagements


168<br />

und stets neue Erfahrungsmöglichkeiten werden gegenüber dauerhaftem<br />

Festgelegtse<strong>in</strong>, Standardisierung und Monotonie hervorgehoben. Auch<br />

wenn dies angesichts <strong>der</strong> dom<strong>in</strong>anten Nutzungsstrategien von Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

im Schatten <strong>der</strong> daraus resultierenden Ar<strong>bei</strong>tssituation für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

– unbefriedigende E<strong>in</strong>kommenschancen gepaart mit unklaren<br />

Beschäftigungsperspektiven – steht, zeigt sich im empirischen Material,<br />

dass dieser Aspekt von vielen Interviewten im Pr<strong>in</strong>zip als e<strong>in</strong> Pluspunkt<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>t angesehen wird.<br />

Positive Potenziale von Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

Die überwältigende Mehrheit <strong>der</strong> Gesprächspartner würde sehr gerne<br />

ihre Beschäftigung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t gegen e<strong>in</strong> „normales“ Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis<br />

e<strong>in</strong>tauschen, weil sie unzureichende E<strong>in</strong>kommenschancen<br />

wahrnehmen und sie dauerhaft ke<strong>in</strong>e positive Entwicklungsperspektive<br />

für sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t sehen. 184 Ansätze zu e<strong>in</strong>er positiveren Wahrnehmung<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>t s<strong>in</strong>d gleichwohl unter dieser überlagernden<br />

Grundhaltung zu erkennen. In diesem S<strong>in</strong>ne werden die Chancen dieser<br />

Beschäftigungsform durchaus gesehen. Von e<strong>in</strong>er Vielzahl von Befragten<br />

werden die mit wechselnden E<strong>in</strong>sätzen e<strong>in</strong>hergehenden Möglichkeiten,<br />

Erfahrungen zu sammeln, Kompetenzen und Fähigkeiten auszubauen<br />

o<strong>der</strong> Gelegenheiten sich beruflich neu zu orientieren, <strong>in</strong> bisher<br />

weniger bekannte und vertraute Tätigkeitsfel<strong>der</strong> und Unternehmen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zuschnuppern,<br />

als positive Aspekte von Zeitar<strong>bei</strong>t gesehen und erwähnt.<br />

Welche dieser Momente als Chance betrachtet wird, variiert<br />

jedoch mit den vorherrschenden E<strong>in</strong>satztypen, <strong>der</strong> Qualifikation und <strong>der</strong><br />

berufsbiographischen Phase.<br />

Als e<strong>in</strong> wichtiger Punkt auf <strong>der</strong> Habenseite von Zeitar<strong>bei</strong>t wird erstens<br />

die Möglichkeit angesehen, ansonsten eher unübliche Erfahrungen zu<br />

machen und da<strong>bei</strong> den eigenen Horizont zu erweitern. „Das s<strong>in</strong>d alles<br />

so Erfahrungen, die macht ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er. Das machst du nur durch<br />

184 Dieser Befund ist nochmals zusammenfassend hervorzuheben, damit die<br />

auch festzustellenden positiven Ansätze nicht über<strong>in</strong>terpretiert werden. Nur<br />

wenn diese grundlegenden Rahmenbed<strong>in</strong>gungen an<strong>der</strong>s aussähen, könnte<br />

sich Zeitar<strong>bei</strong>t ggf. als echte und langfristige Alternative darstellen.


169<br />

e<strong>in</strong>e Leihfirma“ (Z04), äußert sich etwa e<strong>in</strong> Gesprächspartner, <strong>der</strong> h<strong>in</strong><br />

und wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> kurzzeitigen Son<strong>der</strong>e<strong>in</strong>sätzen aktiv ist. Ersichtlich wird<br />

zudem, dass die spezifischen Bed<strong>in</strong>gungen von Zeitar<strong>bei</strong>t bestimmte<br />

Basisfähigkeiten voraussetzen und för<strong>der</strong>n. Neben <strong>der</strong> Fähigkeit, sich<br />

zügig e<strong>in</strong>zuar<strong>bei</strong>ten und sich <strong>in</strong> die jeweiligen Anfor<strong>der</strong>ungen des E<strong>in</strong>satzes<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zudenken, wird vor allem hervorgehoben, dass sich Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

durch e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Maß an Flexibilität <strong>in</strong> <strong>der</strong> eigenständigen<br />

Anwendung und Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten auszeichnen<br />

müssten. So berichtet e<strong>in</strong> Interviewpartner aus e<strong>in</strong>em adm<strong>in</strong>istrativen<br />

Tätigkeitsbereich, dass er sich im Vergleich zu langjährigen Stammkräften<br />

e<strong>in</strong> Mehr an geistiger Beweglichkeit bewahrt habe und auch bewahren<br />

müsse:<br />

„Ich habe nun me<strong>in</strong>e Flexibilität, ich kann mich schnell <strong>in</strong> diese<br />

Programme re<strong>in</strong>fuchsen. […] O.k., e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ar<strong>bei</strong>tungszeit<br />

braucht man immer. Das ist eben das, was ich schon gemerkt habe<br />

von <strong>der</strong> Flexibilität her. Das haben viele, die lange Jahre <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Firma s<strong>in</strong>d und dann wechseln – da kriegen die teilweise Probleme,<br />

sich eben wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong> neues Programm e<strong>in</strong>zuar<strong>bei</strong>ten.“ (Z02)<br />

Für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e „soft skills“ erfor<strong>der</strong>lich, da<br />

nicht nur die jeweiligen Aufgaben und damit e<strong>in</strong>hergehende Anfor<strong>der</strong>ungen,<br />

son<strong>der</strong>n auch soziale Kontexte wechseln. Dazu zählt, sowohl<br />

e<strong>in</strong> Gespür für das soziale Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> im Entleihbetrieb als auch e<strong>in</strong><br />

unbefangenes kommunikatives Verhalten gegenüber wechselnden Kollegen<br />

zu entwickeln. So berichtet e<strong>in</strong> Interviewpartner, dass er se<strong>in</strong>e<br />

anfängliche Scheu, offen auf an<strong>der</strong>e und unbekannte Menschen zuzugehen,<br />

mittlerweile habe ablegen können:<br />

„Man lernt da schon was. Ich will nicht sagen, dass das alles<br />

schlimm ist, was ich da so im Laufe <strong>der</strong> letzten Jahre alles gemacht<br />

habe. Das ist irgendwo auch ganz gut. Ich habe mich mittlerweile<br />

auch daran gewöhnt, auf fremde Leute zuzugehen, was mir früher zum<br />

Beispiel schwergefallen ist. Da habe ich früher Horror davor gehabt,<br />

‘och, schon wie<strong>der</strong> neue Leute, schon wie<strong>der</strong> neues Umfeld, schon<br />

wie<strong>der</strong> neue Ar<strong>bei</strong>t, schon wie<strong>der</strong> was weiß ich’. Mittlerweile habe ich<br />

diese Panik eigentlich gar nicht mehr so. Und ich habe auch nicht


170<br />

mehr so die Angst, auf fremde Leute zuzugehen und sie anzusprechen“<br />

(Z11)<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t bietet also die Möglichkeit, „immer wie<strong>der</strong> etwas Neues zu<br />

sehen“ (Z10), e<strong>in</strong> „bisschen rumzukommen mit an<strong>der</strong>en Ar<strong>bei</strong>ten“<br />

(Z03). Sie ermöglicht – an<strong>der</strong>s als im Fall von Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit – „am<br />

Ball zu bleiben“ (Z14). Beson<strong>der</strong>e Bedeutung habe Zeitar<strong>bei</strong>t als<br />

Chance, vor allem am Anfang des Berufslebens Berufserfahrung zu<br />

sammeln o<strong>der</strong> sich beruflich neu zu orientieren. So schil<strong>der</strong>t e<strong>in</strong> Gesprächspartner:<br />

„Ich denke auch immer, dass ist Erfahrung, die ich hier sammele.<br />

Als das s<strong>in</strong>d ja wöchentlich neue Erfahrungen hier. […] Ich kriege<br />

durch die Zeitar<strong>bei</strong>t E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> viele verschiedene Sachen. Das ist<br />

natürlich auf jeden Fall positiv. Das ist fast nicht zu bezahlen. Also<br />

<strong>der</strong> Erfahrungsschatz, den man hier sammelt, ist fast nicht zu bezahlen.<br />

Auch wenn das sehr anstrengend ist, sich immer neu auf den E<strong>in</strong>satz<br />

e<strong>in</strong>zustellen – du gehst mit dem Gedanken daran, ‘du bist <strong>in</strong> zwei<br />

o<strong>der</strong> drei Tagen wie<strong>der</strong> weg’. […] Vom Erfahrungsschatz ist das e<strong>in</strong>fach<br />

unbezahlbar. Du lernst so viele verschiedene Kunden und Strukturen<br />

kennen. Das ist schon gut. Auf jeden Fall.“ (Z12)<br />

Auch e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Gesprächspartner berichtet von e<strong>in</strong>er deckungsgleichen<br />

E<strong>in</strong>schätzung:<br />

„Man lernt viel. Es war auch gut, um Berufserfahrung zu sammeln.<br />

Wenn man sich ständig auf was Neues e<strong>in</strong>stellen muss, neue<br />

Kollegen neue Kunden. Man kann auch sehr viel mitnehmen“ (Z07)<br />

Auch an<strong>der</strong>e Interviewte sehen Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ähnlichen Licht.<br />

Auch sie konzedieren, dass sie ermöglicht, Berufserfahrungen zu sammeln.<br />

„So für junge Leute ist das gar nicht mal so schlecht. Wenn die<br />

erst mal <strong>in</strong> Betriebe kommen, dann müssen die sowieso erst mal was<br />

lernen, Berufserfahrung. [...] Was Nachteiliges ist das erst mal nicht“.<br />

(Z03)


171<br />

Gleichwohl sehen sie nicht wenige langjährige Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

beruflichen Situation, <strong>in</strong> <strong>der</strong> ihnen eher <strong>der</strong> S<strong>in</strong>n nach e<strong>in</strong>er regulären<br />

Festanstellung steht als danach, weiterh<strong>in</strong> diese theoretischen Vorzüge<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>t genießen zu wollen, die für an<strong>der</strong>e aber gegebenenfalls<br />

nützlich se<strong>in</strong> könnten. Zwei Beispiele hierzu:<br />

„Ich weiß eigentlich auch gar nicht, was <strong>der</strong> Vorteil davon se<strong>in</strong><br />

soll. […] Vielleicht für jemanden, <strong>der</strong> halt sagt ‘o.k., ich t<strong>in</strong>gele halt<br />

gerne. Ich möchte viel sehen, ich b<strong>in</strong> noch jung. Gerade Abschluss<br />

gemacht und jetzt geht’s los. Jetzt will ich mal e<strong>in</strong> bisschen herumbasteln,<br />

gucken, Erfahrung sammeln.’“ (Z08)<br />

„Klar, das ist immer <strong>in</strong>teressant, wenn man <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Job<br />

ist von dem Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen. Da lernst du immer neue Sachen<br />

kennen, lernst neue Leute kennen, lernst an<strong>der</strong>e Stadtgebiete kennen,<br />

wenn du Glück hast, vielleicht auch an<strong>der</strong>e Städte. Aber ich persönlich<br />

b<strong>in</strong> nicht <strong>der</strong> Typ dafür. Es gibt Leute, die machen das, um e<strong>in</strong><br />

bisschen was zu sehen, e<strong>in</strong> bisschen Berufserfahrung zu sammeln –<br />

auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Bereichen, wenn sie Glück haben. Aber ich b<strong>in</strong> eigentlich<br />

immer lieber an me<strong>in</strong>em Ort, wo ich weiß ‘so und so läuft<br />

das, so und so funktioniert das’.“ (Z01)<br />

Wenngleich des Öfteren <strong>in</strong> dieser speziellen Dimension e<strong>in</strong>e positive<br />

Sichtweise auf Zeitar<strong>bei</strong>t anzutreffen ist, ist nach den E<strong>in</strong>satzgebieten<br />

<strong>der</strong> Befragten zu differenzieren. Unterschiede ergeben sich vor allem<br />

zwischen denjenigen, die – ungeachtet ihrer beruflichen Qualifikation –<br />

zumeist als Helfer e<strong>in</strong>gesetzt werden und weniger anspruchsvolle Aufgaben<br />

wahrnehmen und denjenigen, die als Fachkräfte beschäftigt werden.<br />

Im Bereich e<strong>in</strong>facher Helfertätigkeiten ermöglichen variierende<br />

E<strong>in</strong>sätze Abwechslung. So berichtet e<strong>in</strong> Fachar<strong>bei</strong>ter, dessen spezifische<br />

berufliche Qualifikationen allerd<strong>in</strong>gs kaum <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t e<strong>in</strong>gebracht<br />

werden kann, dass e<strong>in</strong>e Festanstellung <strong>in</strong> diesem Bereich unter<br />

ar<strong>bei</strong>ts<strong>in</strong>haltlichen Gesichtspunkten (unter denen des E<strong>in</strong>kommens und<br />

<strong>der</strong> Sicherheit jedoch sehr wohl) gar nicht unbed<strong>in</strong>gt attraktiv wäre:<br />

„Selbst Ar<strong>bei</strong>t, die gut ist, die ich manchmal mache, da frage ich<br />

mich ‘könntest Du das 20 bis 30 Jahre lang machen?’ Oh, ne<strong>in</strong>. An


172<br />

e<strong>in</strong>em Stück, immer die gleiche Ar<strong>bei</strong>t o<strong>der</strong> ungefähr die gleiche Tätigkeit?[…]<br />

Das weiß ich nicht, ob ich das so machen könnte. Glaube<br />

ich nicht. Das ist zu monoton. Das merken die gar nicht, die immer<br />

da<strong>bei</strong> s<strong>in</strong>d. Das merkt man nur, wenn man mal wie<strong>der</strong> dah<strong>in</strong> kommt.“<br />

(Z13)<br />

Dieser Befragte weist aber auch auf weiteres Problem h<strong>in</strong>, das mit solchen<br />

Aushilfstätigkeiten o<strong>der</strong> kurzfristigen E<strong>in</strong>sätzen verbunden ist. Se<strong>in</strong>e<br />

fachliche Qualifikation verliert an Wert, je länger er im Helferbereich<br />

e<strong>in</strong>gesetzt wird. Auch <strong>bei</strong> an<strong>der</strong>en ist diese E<strong>in</strong>schätzung festzustellen,<br />

die e<strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer auf die Formel br<strong>in</strong>gt: „Als Lagerist kann ich<br />

nicht als Zimmermann besser werden“ (Z04). Und selbst wenn die<br />

E<strong>in</strong>sätze <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> beruflichen Qualifikation entsprechen, so ergeben<br />

sich weitere Hemmnisse, die eigenen Fähigkeiten auszubauen.<br />

E<strong>in</strong> Interviewter aus dem adm<strong>in</strong>istrativen Bereich schil<strong>der</strong>t, dass zwar<br />

durch fast jeden E<strong>in</strong>satz kle<strong>in</strong>ere Erfahrungsgew<strong>in</strong>ne zu erzielen seien,<br />

aber auch, dass <strong>bei</strong> kurzfristigen Engagements zur Beseitigung von Personalengpässen<br />

vor allem Standardtätigkeiten zu erledigen seien, das<br />

„Grundgeschäft“ aufrechterhalten werden solle, während anspruchsvollere<br />

Aufgaben den Kräften vorbehalten blieben, die <strong>in</strong> den entsprechenden<br />

Betrieben langfristig beschäftigt seien:<br />

„Ich habe jetzt aus jedem E<strong>in</strong>satz irgendetwas mitgenommen für<br />

mich, sowohl vom ar<strong>bei</strong>tstechnischen her als auch von <strong>der</strong> Zusammenar<strong>bei</strong>t<br />

her, Ar<strong>bei</strong>tsaufbau her. Ja, aber das ist ja nicht gefragt,<br />

wenn ich […] me<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz habe. Da möchte <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tgeber das<br />

genauso haben, wie die Stammkraft das da macht. Da muss ich mich<br />

darauf e<strong>in</strong>schießen, das muss ich sehr schnell. Weil <strong>bei</strong> Kurzzeite<strong>in</strong>sätzen,<br />

e<strong>in</strong>, zwei, drei, vielleicht auch vier Wochen spielt das ke<strong>in</strong>e<br />

Rolle.“ (Z14)<br />

In <strong>der</strong> Gesamtbetrachtung machen die unterschiedlichen Statements<br />

und E<strong>in</strong>schätzungen <strong>der</strong> Befragten deutlich, dass Zeitar<strong>bei</strong>t positive<br />

Potenziale für die <strong>in</strong>dividuelle Entwicklung haben kann. So können<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Qualifikationsprofil entwickeln, das<br />

durch soziale Kompetenzen, Flexibilität und e<strong>in</strong>en breiten Erfahrungsschatz<br />

gekennzeichnet ist. Inwieweit diese positiven Aspekte zu ihrer


173<br />

optimalen Entfaltung kommen können, ist jedoch jeweils nach Qualifikation,<br />

Erwerbsbiographie und subjektiven Präferenzen sehr unterschiedlich.<br />

Zudem wird ersichtlich, dass das positive Potenzial von<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t aber auch an spezifische Grenzen stößt: Indem nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>geschränktem<br />

Maße betriebsspezifische Qualifikationen erworben werden,<br />

verbessern sich die Chancen auf den <strong>in</strong>ternen Ar<strong>bei</strong>tsmärkten <strong>in</strong> E<strong>in</strong>satzbetrieben<br />

nur ger<strong>in</strong>gfügig, die perspektivisch e<strong>in</strong>e „reguläre“ Beschäftigung<br />

<strong>in</strong> Aussicht stellen könnten.<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t und Qualifizierung<br />

In <strong>der</strong> öffentlichen Debatte wird die potenzielle Brückenfunktion <strong>in</strong> den<br />

ersten Ar<strong>bei</strong>tsmarkt als e<strong>in</strong>e Stärke von Zeitar<strong>bei</strong>t gehandelt. Sie biete<br />

ar<strong>bei</strong>tslosen o<strong>der</strong> von Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit bedrohten Personen e<strong>in</strong>en Weg<br />

zurück <strong>in</strong> das Erwerbssystem beziehungsweise sorge dafür, erst gar<br />

nicht aus ihm herauszufallen. Für ger<strong>in</strong>ger Qualifizierte o<strong>der</strong> Langzeitar<strong>bei</strong>tslose<br />

ermögliche sie, Basisqualifikationen (Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit<br />

etc.) unter Beweis zu stellen, Fachkräfte könne sie vor dem Verfall<br />

ihres Qualifikationsprofils schützen. Aus <strong>der</strong> Perspektive ihrer Brückenfunktion<br />

bleibt Zeitar<strong>bei</strong>t somit im günstigsten Fall e<strong>in</strong>e vorübergehende<br />

Beschäftigung und mündet <strong>in</strong> e<strong>in</strong> „reguläres“ Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis.<br />

Diese Brückenfunktion sehen die Gesprächspartner mehrheitlich skeptisch.<br />

Dies gilt sowohl, wie bereits geschil<strong>der</strong>t, <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf den sogenannten<br />

„Klebeeffekt“ als auch auf die Chancen auf dem allgeme<strong>in</strong>en<br />

externen Ar<strong>bei</strong>tsmarkt. Die mit Zeitar<strong>bei</strong>t e<strong>in</strong>hergehenden Möglichkeiten,<br />

Erfahrungen zu sammeln, sich zu orientieren o<strong>der</strong> Abwechslung <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t zu haben, werden zwar positiv gewürdigt, e<strong>in</strong>e Verbesserung<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Ar<strong>bei</strong>tsmarktsituation wird jedoch von den meisten<br />

nicht gesehen. „Bisher hat mir das nichts genutzt“ (Z10) o<strong>der</strong> „das ist<br />

brotlose Kunst“ (Z13) s<strong>in</strong>d diesbezüglich e<strong>in</strong>deutige Urteile. Diese ernüchternde<br />

Bilanz hängt natürlich wesentlich damit zusammen, dass<br />

offensichtlich relativ wenige ar<strong>bei</strong>ts<strong>in</strong>haltlich und monetär attraktive<br />

Ar<strong>bei</strong>tsstellen auf dem „normalen“ Ar<strong>bei</strong>tsmarkt angeboten werden.<br />

Möglicherweise hat sie aber auch etwas mit den Qualifizierungsmöglichkeiten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t zu tun. Üblicherweise wird <strong>in</strong> ihr eher das<br />

Potenzial zur <strong>in</strong>formellen Qualifizierung (Erfahrung sammeln, Basisqualifikationen,<br />

Soft Skills etc.) gesehen. Explizite Weiterbildungsmaßnah-


174<br />

men, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ar<strong>bei</strong>tswelt mit ständig steigenden Qualifikationserfor<strong>der</strong>nissen<br />

an Bedeutung gew<strong>in</strong>nen, sche<strong>in</strong>en weniger üblich zu se<strong>in</strong>.<br />

Die E<strong>in</strong>schätzung e<strong>in</strong>es Fachar<strong>bei</strong>ters:<br />

„<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sfirmen machen ke<strong>in</strong>e Qualifizierungen. Wenn sie so<br />

etwas lesen, dann hat das das Ar<strong>bei</strong>tsamt bezahlt“. (Z05)<br />

E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Interviewpartner teilt diese Me<strong>in</strong>ung. Er kommt daher zu<br />

dem Schluss, dass Zeitar<strong>bei</strong>t h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> kont<strong>in</strong>uierlichen Ausweitung<br />

des Qualifikationsportfolios e<strong>in</strong>e Sackgasse darstelle:<br />

„Die Perspektiven <strong>in</strong> diesen Firmen – wenn ich sage, ich will diese<br />

Fortbildung zum Beispiel – das ist wohl ganz schwierig. Fortbilden<br />

– die machen da zwar Werbung mit, aber es wird nicht so gemacht,<br />

wie es gesagt wird, sage ich mal. […] Fortbildung, Weiterbildung – da<br />

bleibt man stehen „ (Z10)<br />

Auch wenn dies e<strong>in</strong>e bedenkliche Diagnose darstellt und dazu Anlass<br />

gibt, die Zeitar<strong>bei</strong>t schnellstmöglich wie<strong>der</strong> zu verlassen, so berichten<br />

an<strong>der</strong>e Gesprächspartner allerd<strong>in</strong>gs auch von positiven Beispielen.<br />

Hier<strong>bei</strong> handelt es sich zum e<strong>in</strong>en um Qualifizierungen, die zw<strong>in</strong>gend<br />

erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d, um überhaupt den Anfor<strong>der</strong>ungen des E<strong>in</strong>satzes und<br />

des Entleihbetriebs gerecht zu werden. Zum an<strong>der</strong>en verweisen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

aus dem adm<strong>in</strong>istrativen Bereich auf sehr gute E-Learn<strong>in</strong>g-<br />

Angebote, mit denen sie vor allem ihre EDV-Kenntnisse auf dem Laufenden<br />

halten o<strong>der</strong> ausweiten können. Insgesamt zeigt sich damit, dass<br />

sich Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen zwar gegenüber Weiterbildungsmaßnahmen<br />

zurückhaltend verhalten, jedoch auch e<strong>in</strong>e gewisse Öffnung für<br />

diesen Problemkontext zu verzeichnen ist, an die im Pr<strong>in</strong>zip für die zukünftige<br />

Weiterentwicklung von Zeitar<strong>bei</strong>t mit e<strong>in</strong>er stärkeren Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> subjektiven Interessen von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern angeknüpft<br />

werden kann.<br />

E<strong>in</strong> wichtiger Punkt <strong>in</strong> Bezug auf Qualifizierungsmöglichkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>t ist ebenso wie <strong>bei</strong> dem Aspekt <strong>der</strong> E<strong>in</strong>kommensmöglichkeiten<br />

<strong>der</strong> relationale Vergleich zu „regulär“ beschäftigten Stammkräften. Bei<br />

<strong>der</strong> Frage, ob es <strong>in</strong> dieser Dimension e<strong>in</strong>e spezifische Benachteiligung


175<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern gibt, ist e<strong>in</strong> geteiltes Me<strong>in</strong>ungsbild festzustellen.<br />

Weil es auch für feste Mitar<strong>bei</strong>ter nur wenig Bildungsangebote geben<br />

würde, fühlen sich zahlreiche Befragte <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht kaum benachteiligt.<br />

Dies br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> Gesprächspartner auf die Formel: „Ja, mehr Geld<br />

kriegen die, mehr aber auch nicht“ (Z03). An<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong>um stellen <strong>bei</strong><br />

Qualifizierungsmaßnahmen e<strong>in</strong>en Vorteil für Normalbeschäftigte fest. So<br />

diagnostiziert e<strong>in</strong> Interviewpartner mit Hochschulabschluss, <strong>der</strong> seit<br />

vielen Jahren ausbildungsadäquat <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em Kunden e<strong>in</strong>gesetzt ist, e<strong>in</strong>e<br />

mehrfache Benachteiligung. Zum e<strong>in</strong>en stellt er fest: „Schulungen bekommen<br />

<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die Stammar<strong>bei</strong>tskräfte“ (Z05). Zum an<strong>der</strong>en<br />

gibt es für ihn im Gegensatz zu se<strong>in</strong>en fest angestellten Kollegen ke<strong>in</strong>en<br />

Platz im betrieblichen Personalentwicklungssystem. Dies ist von beson<strong>der</strong>er<br />

Bedeutung, weil die berufliche (Weiter-) Entwicklung von Hochqualifizierten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nur zu e<strong>in</strong>em untergeordneten Teil über formelle<br />

Qualifizierungen bestimmt wird. Erwerbsperspektiven und fachliche<br />

Karriere s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Bereich <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie davon abhängig,<br />

dass sie ihr Kompetenzprofil über <strong>in</strong>teressante und herausfor<strong>der</strong>nde<br />

Tätigkeiten und Projekte anpassen und schärfen können.<br />

„Man wird dort zu Anfang recht viel an die Hand genommen. Und<br />

die E<strong>in</strong>ar<strong>bei</strong>tung ist auch eigentlich, so was ich mitbekommen habe,<br />

sehr strukturiert aufgebaut. Es gibt dort auch Entwicklungspläne. Man<br />

hat halt auch ganz an<strong>der</strong>e Perspektive, man kann für sich selbst sagen:<br />

‘o.k., ich mache das jetzt zwei Jahre, aber ich möchte halt mehr’,<br />

dann kann man das auch <strong>in</strong>itiieren. Man kann dann Entwicklung für<br />

sich selbst vorantreiben. Entwicklungspläne werden ausgear<strong>bei</strong>tet, was<br />

weiß ich, was es da alles gibt. Aber das gibt es für uns natürlich<br />

nicht.“ (Z08)<br />

Dieser Interviewte kommt zu dem Ergebnis, dass er durch se<strong>in</strong>e Beschäftigung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t und trotz se<strong>in</strong>er langjährigen Anwesenheit<br />

im Betrieb noch immer den Status e<strong>in</strong>es „Externen“ hat, <strong>der</strong> sich negativ<br />

auf se<strong>in</strong>e beruflichen Entwicklungschancen im Betrieb auswirkt:<br />

„Die [Festangestellten; A.H.] s<strong>in</strong>d immer e<strong>in</strong>en Schritt vorne.<br />

Immer. […] Man hat immer das Gefühl, man ist außen vor. […] Man<br />

hat doch immer so e<strong>in</strong> bisschen das Gefühl, man ist e<strong>in</strong>fach nur se-


176<br />

condhand, obwohl man eigentlich mitkriegt, man kann genauso viel<br />

[…]. Da hat man doch immer das Gefühl, dass man benachteiligt ist.<br />

Eigentlich schon. Ja def<strong>in</strong>itiv.“ (Z08)<br />

4.3.4 Zeitar<strong>bei</strong>t und soziale Integration: zwischen zweiter Wahl und<br />

Normalisierung<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t bedeutet e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Form <strong>der</strong> Sozial<strong>in</strong>tegration. Dies gilt vor<br />

allem, wenn Zeitar<strong>bei</strong>t als Flexibilitätspuffer für Unternehmen fungiert<br />

und Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>in</strong> häufig wechselnden Entleihbetrieben e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden. Im „Normalar<strong>bei</strong>tsverhältnis“, das wesentlich auch durch e<strong>in</strong>e<br />

starke Betriebsb<strong>in</strong>dung charakterisiert wird, ist e<strong>in</strong>e langfristige Zugehörigkeit<br />

und Integration <strong>in</strong> den sozialen Kontext des Ar<strong>bei</strong>tsplatzes und<br />

des Betriebs angelegt. Dieses Beschäftigungsverhältnis weist somit den<br />

Mitar<strong>bei</strong>tern e<strong>in</strong>en bestimmten Platz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Betriebsgeme<strong>in</strong>schaft und<br />

damit auch e<strong>in</strong>en bestimmten sozialen Status zu. 185 Dieses Charakteristikum<br />

trifft für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer nur bed<strong>in</strong>gt zu. Sie haben – beson<strong>der</strong>s<br />

<strong>in</strong> kurzfristigen E<strong>in</strong>sätzen – ke<strong>in</strong>en gefestigten Ort im sozialen Leben am<br />

Ar<strong>bei</strong>tsplatz und müssen sich immer wie<strong>der</strong> neu <strong>in</strong> das soziale Umfeld<br />

e<strong>in</strong>fügen und mit den Kollegen „warm“ werden. Es lassen sich damit<br />

spezifische Herausfor<strong>der</strong>ungen feststellen, mit denen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

im Alltag konfrontiert s<strong>in</strong>d. Diese beziehen sich zum e<strong>in</strong>en auf die unmittelbare<br />

Integration am Ar<strong>bei</strong>tsplatz, zum an<strong>der</strong>en aber auch auf<br />

Rückwirkungen auf das private Umfeld.<br />

185 Auch wenn sich dies von e<strong>in</strong>er „regulären“ Beschäftigung strukturell unterscheidet,<br />

bedeutet das nicht, dass Festangestellte per se <strong>in</strong> allen Dimensionen<br />

<strong>der</strong> betrieblichen Integration bessergestellt s<strong>in</strong>d. Sie verfügen zwar <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

über e<strong>in</strong>en bestimmten Platz im betrieblichen Umfeld, sie können aber gerade<br />

hier<strong>in</strong> dauerhaft von Ausgrenzung, Marg<strong>in</strong>alisierung o<strong>der</strong> Stigmatisierung betroffen<br />

se<strong>in</strong>. Nicht zuletzt offensichtlich vermehrt auftretende Mobb<strong>in</strong>g-Phänomene<br />

machen darauf aufmerksam, dass e<strong>in</strong>e „reguläre“ Beschäftigung nicht immer<br />

mit e<strong>in</strong>er paradiesisch anmutenden Sozial<strong>in</strong>tegration am Ar<strong>bei</strong>tsplatz gleichzusetzen<br />

ist.


177<br />

Integration am Ar<strong>bei</strong>tsplatz<br />

Aufgrund <strong>der</strong> zeitlich begrenzten Tätigkeit werden Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer nur<br />

unvollständig <strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>tsgruppen <strong>in</strong>tegriert. Es bilden sich Umgangsformen<br />

zwischen regulär Beschäftigten und Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern heraus, die<br />

durch e<strong>in</strong>e gewisse Distanz gekennzeichnet s<strong>in</strong>d. Hieraus wird jedoch<br />

mit Blick auf Kollegen ke<strong>in</strong> Vorwurf formuliert, son<strong>der</strong>n dies grundsätzlich<br />

als e<strong>in</strong>e strukturelle Eigenart von Zeitar<strong>bei</strong>t angesehen:<br />

„Ich me<strong>in</strong>e, was sollen die tun. Man ist <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer, die<br />

wissen auch, dass man nicht für ewig da bleibt. Also das muss man<br />

von <strong>bei</strong>den Seiten sehen. Die wissen, dass das e<strong>in</strong> halbes Jahr, e<strong>in</strong><br />

Jahr, vielleicht zwei Jahre dauert. Ich weiß, dass das nicht ewig ist.<br />

Also, was will man da wie<strong>der</strong> von den Festangestellten erwarten. Das<br />

ist im Pr<strong>in</strong>zip e<strong>in</strong>e Scheißsituation für <strong>bei</strong>de Seiten.“ (Z05)<br />

E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer besteht dar<strong>in</strong>,<br />

sich immer wie<strong>der</strong> neu <strong>in</strong> e<strong>in</strong> soziales Umfeld <strong>in</strong>tegrieren zu müssen.<br />

Das bedeutet, immer wie<strong>der</strong> „<strong>der</strong> Neue“ zu se<strong>in</strong>, so dass sich Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

e<strong>in</strong> „dickeres Fell“ (Z05) zulegen müssen. Sich immer wie<strong>der</strong><br />

„den Neuen-Status abzurubbeln“ (Z09), sich immer wie<strong>der</strong> erst<br />

„Respekt erar<strong>bei</strong>ten“ (Z10) zu müssen, ist e<strong>in</strong>e Facette davon. E<strong>in</strong>e<br />

an<strong>der</strong>e ist, e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s Gespür dafür zu entwickeln, „wie <strong>der</strong> Hase<br />

läuft“ (Z01), also wie die offiziellen, aber auch die ungeschriebenen<br />

Hierarchiestrukturen und Weisungsbefugnisse im Unternehmen aussehen,<br />

um sich e<strong>in</strong>erseits produktiv <strong>in</strong> die Ar<strong>bei</strong>tsabläufe e<strong>in</strong>fügen zu können,<br />

sich aber an<strong>der</strong>erseits auch vor Ausgrenzungsbestrebungen o<strong>der</strong><br />

Anordnungsanmaßungen von Kollegen schützen zu können.<br />

„In e<strong>in</strong>er Zeitar<strong>bei</strong>tsfirma musst du dich eben immer wie<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> neues Unternehmen e<strong>in</strong>fügen, wissen, wer hat dir was zu sagen,<br />

wer me<strong>in</strong>t, dir was zu sagen zu haben.“ (Z01)<br />

Von e<strong>in</strong>em Großteil <strong>der</strong> Interviewpartner wird akzeptiert, dass sie sich<br />

aufgrund <strong>der</strong> spezifischen Konstellation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t immer wie<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Situation wie<strong>der</strong>f<strong>in</strong>den, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sie neue Kontakte mit Kollegen<br />

aufbauen müssen. Vergeme<strong>in</strong>schaftung am Ar<strong>bei</strong>tsplatz ist für sie also<br />

zumeist nur e<strong>in</strong>e befristete Erfahrung. Dieser Zustand besitzt jedoch für


178<br />

die meisten ke<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Attraktivität. Dies gilt beson<strong>der</strong>s vor dem<br />

H<strong>in</strong>tergrund von Erfahrungen <strong>der</strong> Ausgrenzung o<strong>der</strong> Benachteiligung,<br />

von denen e<strong>in</strong>ige Interviewte <strong>in</strong> unterschiedlicher Art und Ausprägung<br />

berichten.<br />

E<strong>in</strong> Gesprächspartner, <strong>der</strong> für Helfertätigkeiten e<strong>in</strong>gesetzt wird, schil<strong>der</strong>t<br />

<strong>bei</strong>spielsweise wie ihm gewöhnlich die Aufgaben <strong>in</strong> Entleihbetrieben<br />

zugewiesen werden. Er berichtet, dass er von se<strong>in</strong>em Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

zu e<strong>in</strong>em Kundenunternehmen h<strong>in</strong>bestellt wurde. Er wartete<br />

morgens vor <strong>der</strong> Frühschicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kant<strong>in</strong>e mit vielen an<strong>der</strong>en darauf,<br />

auf unterschiedliche Abteilungen und Aufgaben verteilt zu werden. Er<br />

erzählt auch, dass schon mehrere se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>sätze abrupt beendet wurden.<br />

Ohne für ihn ersichtlichen zum Beispiel verhaltensbed<strong>in</strong>gten Grund<br />

o<strong>der</strong> Anlass und ohne weitere Erklärung von Vorgesetzten aus den jeweiligen<br />

Kundenunternehmen wurde ihm mitgeteilt, dass se<strong>in</strong> Engagement<br />

für den Betrieb beendet sei und er sofort nach Hause gehen könne<br />

o<strong>der</strong> am nächsten Tag nicht mehr zu ersche<strong>in</strong>en brauche. Obwohl dies<br />

unter den Interviewten <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige <strong>der</strong>artige Bericht ist, damit also ke<strong>in</strong>e<br />

Verallgeme<strong>in</strong>erung statthaft ist, verweisen diese Erfahrungen doch darauf,<br />

dass es im Rahmen <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t durchaus Praktiken gibt, die<br />

eher an e<strong>in</strong> Tagelöhnerwesen er<strong>in</strong>nern als an e<strong>in</strong>en mo<strong>der</strong>n-aufgeklärten<br />

Umgang mit Ar<strong>bei</strong>tskräften. Diese Schil<strong>der</strong>ungen verweisen zugleich<br />

darauf, dass viele Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer die Zeitar<strong>bei</strong>t als e<strong>in</strong>e Beschäftigungsform<br />

wahrnehmen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> ihnen generell nur wenig Respekt und<br />

Anerkennung entgegengebracht wird. E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Befragter zieht e<strong>in</strong>e<br />

Parallele zwischen Zeitar<strong>bei</strong>t und <strong>der</strong> Sklaverei:<br />

„Sklaven haben es besser. Sklaven gehören dem Besitzer. Das<br />

heißt, dass er Interesse daran hat, dass sie Unterkunft haben und satt<br />

werden. Wir s<strong>in</strong>d letzen Endes völlig austauschbar. Das geht jetzt<br />

nicht gegen dieses Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen, das geht generell gegen<br />

die Branche. Ich sage mal, wenn ich jetzt wirklich mit dem Geld nicht<br />

auskommen würde und zu Hause hungrig herumsitzen würde – das<br />

wäre <strong>der</strong> Firma ja egal. Wenn ich nicht mehr ar<strong>bei</strong>ten kann, dann<br />

fliege ich raus und draußen steht e<strong>in</strong>e kilometerlange Schlange, wo<br />

sie neue Leute herkriegen. […] Bei den re<strong>in</strong>en Hilfstätigkeiten, da


kann man jeden von <strong>der</strong> Straße pflücken, den eben <strong>in</strong> Klamotten stecken,<br />

h<strong>in</strong>stellen und dann ist man ...“ (Z09)<br />

179<br />

In dieser sicherlich dramaturgisch überzogenen, aber dennoch bedrückenden<br />

Botschaft zeigt sich e<strong>in</strong> Grundtenor, den nicht wenige Interviewte<br />

teilen. Obwohl viele auch von positiven Aspekten <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

berichten und ke<strong>in</strong>em Schwarz-Weiß-Schema folgen, so s<strong>in</strong>d Zeitar<strong>bei</strong>ter<br />

doch von mehr o<strong>der</strong> weniger fe<strong>in</strong>en und subtilen Formen <strong>der</strong> symbolischen<br />

Ausgrenzung betroffen. E<strong>in</strong>ige berichten davon, dass sie zum<br />

Beispiel die Ar<strong>bei</strong>tskleidung als nicht-orig<strong>in</strong>äre Mitar<strong>bei</strong>ter des Entleihbetriebs<br />

kenntlich mache, an<strong>der</strong>e verweisen darauf, dass sie sich lediglich<br />

als „Nummer auf dem Papier“ (Z01) gesehen fühlen, sie e<strong>in</strong>e<br />

„Leihbanane“ (Z08) seien. Die eigene Ar<strong>bei</strong>tskraft und Funktion im E<strong>in</strong>satzbetrieb<br />

reduziere sich darauf, das „Ar<strong>bei</strong>tsgerät Mensch“ zu se<strong>in</strong>:<br />

„Ja, man ist nicht <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Firma richtig angestellt, son<strong>der</strong>n ist<br />

e<strong>in</strong>fach nur gemietetes Ar<strong>bei</strong>tsgerät. Genauso wie an<strong>der</strong>e Leute ihre<br />

Firmenwagen leasen, s<strong>in</strong>d wir halt geleast. Das ist natürlich nicht<br />

wirklich gut für das Selbstwertgefühl.“ (Z09)<br />

Mangeln<strong>der</strong> Respekt kann mitunter nur Folge e<strong>in</strong>er fehlenden Sensibilität<br />

von E<strong>in</strong>satzbetrieben für Anerkennungsbedürfnisse von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

se<strong>in</strong>. In diesem S<strong>in</strong>ne stößt e<strong>in</strong>igen Interviewten negativ auf,<br />

dass sie im offiziellen Sprachgebrauch von E<strong>in</strong>satzbetrieben als<br />

„Fremdar<strong>bei</strong>tskraft“ bezeichnet werden und an<strong>der</strong>s als „reguläre“ Beschäftigte<br />

nicht als Personalkosten, son<strong>der</strong>n als „E<strong>in</strong>kauf“ o<strong>der</strong> „Materialkosten“<br />

(Z08) adm<strong>in</strong>istriert werden.<br />

„Ja, es hört sich ganz viel verboten an. […] Das s<strong>in</strong>d zwar nur<br />

kle<strong>in</strong>ere Sachen, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e nimmt sich das zu Herzen, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

nimmt sich das nicht zu Herzen, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e lacht darüber. Aber es<br />

s<strong>in</strong>d so viele D<strong>in</strong>ge, die dann e<strong>in</strong> Gesamtbild ausmachen. Wissen Sie,<br />

wie wir abgerechnet werden? [...] Wir s<strong>in</strong>d Materialkosten! Wir werden<br />

unter Materialkosten abgelegt. Also ich sage mal, wenn man sich das<br />

wirklich zu Herzen nimmt, dann kann e<strong>in</strong>en das schon ganz schön<br />

frustrieren. Das muss man ganz ehrlich sagen. Weiß ich nicht, ich<br />

f<strong>in</strong>de das eigenartig. Ich f<strong>in</strong>de das manchmal ganz schön entwürdi-


180<br />

gend, erniedrigend. [...] Auch wenn es überhaupt ke<strong>in</strong>e Auswirkungen<br />

hat, es ist e<strong>in</strong>fach nur bescheuert.“ (Z08)<br />

Es lässt sich festhalten, dass e<strong>in</strong>e Vielzahl von Praktiken gegen die<br />

symbolischen Anerkennungsbedürfnisse von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern verstoßen<br />

und – absichtlich o<strong>der</strong> unabsichtlich – allgeme<strong>in</strong>e klimatische Bed<strong>in</strong>gungen<br />

schaffen, die <strong>der</strong> Attraktivität <strong>der</strong> Beschäftigungsform Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

nicht zuträglich s<strong>in</strong>d. Darüber h<strong>in</strong>aus lassen sich aus dem Material<br />

weitere konkrete Rout<strong>in</strong>en ableiten, die zu e<strong>in</strong>er Schlechterstellung von<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern führen. So wird von e<strong>in</strong>em mitunter rüden Umgangston<br />

im Helferbereich berichtet, wo<strong>bei</strong> aber nicht def<strong>in</strong>itiv zu klären ist,<br />

ob hier e<strong>in</strong>e generell negative Eigenart <strong>in</strong> Abteilung o<strong>der</strong> Betrieb die<br />

Ursache ist o<strong>der</strong> ob es sich um e<strong>in</strong> spezifisches Verhalten gegenüber<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tskräften handelt. Als e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Ärgernis taucht zudem<br />

e<strong>in</strong>e Benachteiligung <strong>bei</strong> <strong>der</strong> betrieblichen Verpflegung auf. So berichtet<br />

e<strong>in</strong> Gesprächspartner davon, dass er nicht <strong>in</strong> den Genuss des subventionierten<br />

Kant<strong>in</strong>enessens käme und beklagt sich, dass er nicht nur weniger<br />

E<strong>in</strong>kommen erziele, son<strong>der</strong>n auch noch mehr Geld für den Kant<strong>in</strong>enbesuch<br />

zu zahlen habe:<br />

„Es ist schon so, als <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er ist man doch was an<strong>der</strong>es –<br />

zweitrangig. Der Witz ist, als Beispiel jetzt, da [<strong>in</strong> dem Entleihbetrieb],<br />

da gibt es e<strong>in</strong>e Kant<strong>in</strong>e, da kann man essen gehen. Wir bezahlen<br />

das Doppelte von dem, was die Stammkräfte bezahlen. […] Das<br />

ist doch e<strong>in</strong> Witz, o<strong>der</strong>? [...] Die verdienen mehr als das Doppelte von<br />

dem, was wir haben. […] Ich me<strong>in</strong>e, die haben mit uns schon billige<br />

Ar<strong>bei</strong>tskräfte und dann ziehen die uns da auch noch die Knete aus <strong>der</strong><br />

Tasche“. (Z11)<br />

Diese Gemengelage von symbolischem Ausschluss aus <strong>der</strong> Kernbelegschaft<br />

und substanzieller Benachteiligung lässt sich auch für den Ar<strong>bei</strong>tsprozess<br />

selbst feststellen. E<strong>in</strong> Hochqualifizierter berichtet davon,<br />

dass er nicht umfassend <strong>in</strong> die Informationsflüsse <strong>in</strong>tegriert sei und e<strong>in</strong>er<br />

se<strong>in</strong>er fest angestellten Kollegen „ganz gründlich darauf (guckt),<br />

dass ich nicht zu viele Informationen kriege“ (Z08). Er steht damit <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er für ihn, se<strong>in</strong>e Produktivität und berufliche Entwicklung wichtigen<br />

Dimension regelmäßig <strong>in</strong> <strong>der</strong> zweiten Reihe. Zudem werde sehr darauf


181<br />

geachtet, dass die <strong>in</strong>teressanten Aufgaben, durch die sich Hochqualifizierte<br />

für beruflichen Aufstieg empfehlen könnten, den Stammkräften<br />

vorbehalten bleiben und die Verteilung dieser Aufgaben im Kompetenzbereich<br />

<strong>der</strong> Festangestellten angesiedelt ist:<br />

„Ich weiß von me<strong>in</strong>em Kollegen, er ist da sehr konsequent, dass<br />

er auch die Person ist, die da angesprochen wird, wenn es um qualitativ<br />

höherwertige Ar<strong>bei</strong>t geht: ‘Das macht ke<strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer’. Er<br />

macht das, man spricht mit ihm darüber. Auch wenn wir es vielleicht<br />

besser wüssten, aber man spricht mit ihm darüber. […] Er pickt sich<br />

halt immer raus, was ihm gefällt. Viele D<strong>in</strong>ge, die macht er dann<br />

nicht. Die machen wir dann, das gefällt ihm nicht. Ja, das f<strong>in</strong>de ich<br />

nicht so toll. […] Ich beobachte halt auch, wie er dann versucht, Ar<strong>bei</strong>t<br />

zu delegieren zu se<strong>in</strong>en eigenen Stammmitar<strong>bei</strong>tern. Und da<br />

stößt er dann sofort an die Grenzen. Die sagen dann ganz trocken:<br />

‘Was willst denn du eigentlich?’. Ich habe das zwar auch schon gemacht,<br />

aber ich kann das nicht zu oft machen. [...] Ne<strong>in</strong>, das ist dann<br />

schon irgendwie so, dass man eigentlich nicht so viele Möglichkeiten<br />

hat.“ (Z08)<br />

An<strong>der</strong>e Interviewte berichten ebenfalls davon, dass sie weniger attraktivere<br />

Ar<strong>bei</strong>ten zugewiesen bekommen. Dies wird zum Teil darauf zurückgeführt,<br />

dass es sich eben um Hilfstätigkeiten handele, die oftmals<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern wahrgenommen werden. Teilweise werden zunächst<br />

auch e<strong>in</strong>fachere Aufgaben zugewiesen, damit sich Kollegen und<br />

Vorgesetzte <strong>in</strong> den Entleihbetrieben e<strong>in</strong> Bild von den Fähigkeiten des<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tspersonals machen können. Anspruchsvollere Tätigkeiten werden<br />

dann erst im weiteren Verlauf des E<strong>in</strong>satzes übertragen. E<strong>in</strong>e offene<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern durch die Übertragung von<br />

„Drecksar<strong>bei</strong>t“ ist <strong>bei</strong> den befragten Personen recht selten zu erkennen,<br />

kommt aber auch vor, wie <strong>der</strong> Bericht e<strong>in</strong>es Helfers zeigt:<br />

„Mit den Leihfirmen kann ich das machen. Das wollte mit mir<br />

auch e<strong>in</strong>er machen. Da hat er gesagt: ‘Ey du, komm’ mal her, mach<br />

das mal weg’. […] Er denkt, wir s<strong>in</strong>d die billigen Leihkräfte und könn-


182<br />

ten die Drecksar<strong>bei</strong>t machen. […] Die sagen ‘ja, hier, billige Ar<strong>bei</strong>tskräfte’.“<br />

(Z06)<br />

Die Anwesenheit von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern kann auf die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Stammbelegschaft auf unterschiedliche Art und Weise wirken. E<strong>in</strong>erseits<br />

können zeitlich befristet e<strong>in</strong>gesetzte Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer als disponible<br />

Randbelegschaft verstanden werden, die im Krisenfall auch zuerst<br />

abgebaut wird. Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer fungieren somit für „regulär“ beschäftigte<br />

Mitar<strong>bei</strong>ter als e<strong>in</strong> Puffer für die Stabilisierung <strong>der</strong> eigenen Ar<strong>bei</strong>tsplatzsicherheit.<br />

„Der Stammkollege sagt natürlich, ich ar<strong>bei</strong>te hier <strong>bei</strong> diesem<br />

Unternehmen – wenn hier abgebaut werden soll, dann geht <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer.<br />

Das ist ja auch nachvollziehbar irgendwo. Muss man ja<br />

ganz ehrlich sagen. Schön ist das nicht.“ (Z08)<br />

E<strong>in</strong>e weitaus brisantere Konstellation ergibt sich, wenn Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

auf Kernbelegschaften treffen, die <strong>in</strong> ihren Beschäftigungsperspektiven<br />

verunsichert s<strong>in</strong>d. Unter solchen Bed<strong>in</strong>gungen führt die Präsenz<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern den Stammkräften offensichtlich vor Augen, dass<br />

sie gegebenenfalls durch solcherart Beschäftigte ersetzt werden könnten.<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer werden dann nicht als Puffer, son<strong>der</strong>n als Bedrohung<br />

wahrgenommen. In e<strong>in</strong>er solchen Situation werden Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

weniger leicht am Ar<strong>bei</strong>tsplatz und im Betrieb <strong>in</strong>tegriert. Ihnen<br />

werden Probleme bereitet o<strong>der</strong> es werden ihnen Ste<strong>in</strong>e <strong>in</strong> den Weg gelegt.<br />

Hier<strong>bei</strong> lassen sich drei Eskalationsstufen erkennen. E<strong>in</strong> Gesprächspartner<br />

aus dem kaufmännischen Bereich berichtet etwa, dass<br />

er mitunter gegen Vorurteile anzukämpfen habe, wenn er Kollegen von<br />

<strong>der</strong> Qualität se<strong>in</strong>er Ar<strong>bei</strong>t überzeugen wolle:<br />

„Ich habe es gemerkt, es gibt eben auch Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>bei</strong> Firmen,<br />

die Zeitar<strong>bei</strong>tspersonal nicht mögen. Ich musste auch durch me<strong>in</strong>e<br />

Ar<strong>bei</strong>t überzeugen. Das hat <strong>bei</strong> dem e<strong>in</strong>en ganz schön lange gedauert.<br />

Zwar wollte er mich danach nicht mehr gehen lassen, aber das war<br />

e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Geschichte. […] Der ist gegen Zeitar<strong>bei</strong>tspersonal. Ich<br />

weiß nicht aus welchem Grunde, aber da habe ich erst mal wirklich<br />

über e<strong>in</strong>en Monat gebraucht, um den zu überzeugen. Und das ist


183<br />

dann nicht e<strong>in</strong>fach. Weil, das s<strong>in</strong>d dann auch teilweise die Vorurteile,<br />

die von den Betrieben aus herrschen, von wegen ‘Zeitar<strong>bei</strong>tspersonal<br />

will uns unseren Job wegnehmen’.“ (Z02)<br />

Die Aussagen e<strong>in</strong>es weiteren Befragten weisen darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tspersonal zwar nicht unbed<strong>in</strong>gt den Ar<strong>bei</strong>tsplatz von<br />

Festangestellten <strong>in</strong> Frage stelle, sehr wohl aber ihre Ar<strong>bei</strong>ts- und Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen,<br />

hier am Beispiel des Stundenlohns. Dies führe<br />

dazu, dass Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer e<strong>in</strong>en schweren Stand hätten:<br />

„Da gab es dann <strong>in</strong> den nächsten Tagen so e<strong>in</strong> bisschen Stunk<br />

von den Festangestellten. Weil die natürlich <strong>in</strong> dem Moment auch<br />

ihre Felle davonschwimmen sahen, weil die sich natürlich auch gesagt<br />

haben, ‘wenn da jemand unseren Job gut kann für 7,50, dann kriegen<br />

wir nicht mehr lange unsere 14 Euro’. [...] Das hat man dann schon<br />

gemerkt, dass wir, ja nicht direkt gemobbt wurden, aber schon so e<strong>in</strong><br />

bisschen Druck bekommen haben die nächsten Tage.“ (Z09)<br />

Noch deutlich gravieren<strong>der</strong> als <strong>bei</strong> den <strong>bei</strong>den vorherigen Befragten<br />

stellt sich die Situation dar, wenn es <strong>in</strong> E<strong>in</strong>satzbetrieben akute Pläne<br />

zum Stellenabbau gibt. E<strong>in</strong> Interviewter beschreibt, dass Stammmitar<strong>bei</strong>ter<br />

offensichtlich systematisch versucht haben, die Ar<strong>bei</strong>tsleistung<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern schlecht aussehen zu lassen, um sich selbst für<br />

e<strong>in</strong>e Weiterbeschäftigung zu empfehlen:<br />

„Das g<strong>in</strong>g schon ganz schön heiß her. Da wurden auch fiese Mittel<br />

angewendet. Das g<strong>in</strong>g schon so e<strong>in</strong> bisschen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Art von Mobb<strong>in</strong>g<br />

über. Das muss man ehrlich sagen. Mobb<strong>in</strong>g gegenüber den<br />

<strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>skräften. Also das war ziemlich unangenehm. Gut, das ist<br />

natürlich subjektiv empfunden. Man kriegt das halt mit, dass man<br />

dann Informationen vorenthält, die <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer benötigt –<br />

sonst kann er se<strong>in</strong>e Ar<strong>bei</strong>t nicht machen. Man hält Informationen vor,<br />

sagt aber im gleichen Weg ‘du musst das abgeben. Wie sieht’s denn<br />

aus?’ Der <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer, <strong>der</strong> steht da. […] Das ist von Kollegen<br />

gewesen. Das war im Rahmen dieses Umstrukturierungsprogramms,<br />

wo man eigentlich überhaupt nicht wusste, was eigentlich los war.<br />

Und da hat man natürlich nach dem schwächsten Glied geguckt. Man


184<br />

hat geschaut, ‘was können wir da machen?’ Man konnte schon beobachten,<br />

dass sich Stammkollegen zusammengetan haben und dann<br />

auch mal geguckt haben, wen man von den <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>skräften bee<strong>in</strong>flussen<br />

kann, was man da machen kann. [...] Ich b<strong>in</strong> davon nicht betroffen<br />

gewesen. Man hat das zwar auch mal kurz versucht, aber ich<br />

b<strong>in</strong> dann auch so direkt, dass ich das direkt raushaue. Aber ich kenne<br />

das von e<strong>in</strong>, zwei Kollegen. Das habe ich selbst gesehen. Von e<strong>in</strong>em<br />

an<strong>der</strong>en Kollegen wurde mir das berichtet. Irgendwo hat man das halt<br />

versucht, die Leistung des Mitar<strong>bei</strong>ters schlecht auszulegen, ‘er macht<br />

se<strong>in</strong>e Ar<strong>bei</strong>t nicht’.“ (Z08)<br />

In die gleiche Richtung weisen die Erfahrungen e<strong>in</strong>es Fachar<strong>bei</strong>ters, <strong>der</strong><br />

ansche<strong>in</strong>end schon des Öfteren <strong>in</strong> Entleihunternehmen e<strong>in</strong>gesetzt wurde,<br />

die gleichzeitig o<strong>der</strong> kurz zuvor eigenes Personal entlassen hatten.<br />

Er schil<strong>der</strong>t auch, dass er sich für diese Situation e<strong>in</strong>e Strategie zurechtgelegt<br />

hat, um trotzdem mit den „regulären“ Beschäftigten noch<br />

e<strong>in</strong>igermaßen auskommen zu können – zumal er ihre Verärgerung über<br />

diese Substitutionsstrategie durchaus verstehen kann.<br />

„Jetzt <strong>bei</strong> me<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz habe ich das Problem gehabt, dass wir<br />

gekommen s<strong>in</strong>d und schon Leute entlassen wurden. [...] Von <strong>der</strong><br />

Stammbelegschaft. Und wir s<strong>in</strong>d praktisch dafür gekommen. Kann<br />

man sagen, sieht ja so aus. Und das ist nicht so schön. Aber das ist <strong>in</strong><br />

vielen Firmen so gewesen <strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten Zeit. [...]. Mich direkt hat<br />

noch ke<strong>in</strong>er angefe<strong>in</strong>det, aber h<strong>in</strong>ter dem Rücken weiß ich’s. Es gibt<br />

auch Leute, die mir das sagen, wenn die mich näher kennen, dann<br />

ärgern sie sich darüber.“ (Z10)<br />

„Ich b<strong>in</strong> ja auch h<strong>in</strong>gegangen, als ich <strong>bei</strong> me<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz angefangen<br />

habe, ‘sag mal, <strong>bei</strong> euch werden Leute entlassen – das ist ja<br />

großer Scheiß’. Ich muss ja gleich sagen, wie ich das f<strong>in</strong>de, damit die<br />

wissen, wie ich darüber denke. Da b<strong>in</strong> ich auch gleich ganz an<strong>der</strong>s<br />

behandelt worden. Wie würden sie sich denn fühlen? Das ist doch<br />

blöde. Sie lernen jemanden an und dann wissen sie noch nicht e<strong>in</strong>mal,<br />

ob <strong>der</strong> dann bleibt und ich dann gehe – so ungefähr.“ (Z10)


185<br />

Die dargestellten Berichte führen vor Augen, mit welchen spezifischen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer konfrontiert se<strong>in</strong> können. Für e<strong>in</strong>ige<br />

Problemkonstellationen wie zum Beispiel <strong>der</strong> strukturellen Notwendigkeit,<br />

sich immer wie<strong>der</strong> neu <strong>in</strong> e<strong>in</strong> soziales Umfeld im Entleihbetrieb<br />

e<strong>in</strong>f<strong>in</strong>den zu müssen, lässt sich vermutlich nur sehr begrenzt Abhilfe<br />

schaffen. Für an<strong>der</strong>e Dimensionen, etwa Defizite <strong>in</strong> <strong>der</strong> symbolischen<br />

Integration und Anerkennung <strong>bei</strong> den E<strong>in</strong>sätzen, konkrete Benachteiligungen<br />

<strong>bei</strong> Informationsflüssen, Aufgabenzuweisungen et cetera könnten<br />

aber doch Lösungen erar<strong>bei</strong>tet und angeboten werden – wenn <strong>der</strong><br />

entsprechende Gestaltungswille <strong>bei</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen und vor<br />

allem Entleihbetrieben vorhanden ist. Dass es positive Entwicklungen<br />

und Umgangsweisen mit diesen Herausfor<strong>der</strong>ungen gibt, wird ebenfalls<br />

aus dem Material ersichtlich. Denn die beschrieben Defizite s<strong>in</strong>d nur die<br />

betont hervorgehobene negative Seite <strong>der</strong> alltäglichen Erfahrungen von<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern. Zahlreiche Aussagen belegen dagegen, dass sich<br />

mittlerweile e<strong>in</strong>e unaufgeregte Normalisierung <strong>bei</strong> <strong>der</strong> betrieblichen Integration<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tskräften abzeichnet. Viele Interviewpartner berichten<br />

<strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht, dass sie selbst ke<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>en Diskrim<strong>in</strong>ierungen<br />

erfahren haben:<br />

„Wir s<strong>in</strong>d immer gut behandelt worden. Also wir s<strong>in</strong>d nicht irgendwo<br />

2. Klasse. Die haben uns immer, ich sag mal, zuvorkommend<br />

behandelt. Egal wo jetzt, eigentlich immer. Also wir waren ke<strong>in</strong>e Idioten,<br />

die sie da so h<strong>in</strong>gestellt haben und ‘jetzt mach mal und du bist ja<br />

<strong>der</strong> Letzte’. So was gab es nicht. Wahrsche<strong>in</strong>lich auch, weil die Firmen<br />

alle schon Erfahrungen haben mit Zeitar<strong>bei</strong>tern. Das ist ja gang<br />

und gäbe so. Und die s<strong>in</strong>d ja auch darauf angewiesen. Die planen ja<br />

schon im Pr<strong>in</strong>zip mit <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t.“ (Z04)<br />

Blumensträuße zum Abschied, die Anerkennung, die durch e<strong>in</strong>e gezielte<br />

Wie<strong>der</strong>anfor<strong>der</strong>ung bewährter Zeitar<strong>bei</strong>tskräfte deutlich wird, die teilweise<br />

selbstverständliche Teilnahme an Betriebsfeiern und -ausflügen,<br />

können zwar für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer schwierige Konzessionen <strong>bei</strong> E<strong>in</strong>kommen<br />

und Beschäftigungsperspektiven nicht ausgleichen. Sie sorgen<br />

aber offensichtlich für e<strong>in</strong> akzeptables soziales Klima am Ar<strong>bei</strong>tsplatz<br />

und im E<strong>in</strong>satzbetrieb. E<strong>in</strong> Interviewter, <strong>der</strong> allerd<strong>in</strong>gs schon langjährig


186<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Unternehmen im E<strong>in</strong>satz ist und sich dort „wie zu Hause“<br />

fühlt, br<strong>in</strong>gt dies prägnant auf den Punkt:<br />

„Manchmal merke ich gar nicht, dass ich <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er Leihfirma b<strong>in</strong>.<br />

Außer wenn <strong>der</strong> Lohnstreifen kommt“.(Z03)<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t und sozialer Status <strong>in</strong> <strong>der</strong> privaten Lebensführung<br />

In unserer Gesellschaft, die noch immer treffend als Ar<strong>bei</strong>tsgesellschaft<br />

bezeichnet werden kann, ist sozialer Status weiterh<strong>in</strong> stark mit <strong>der</strong> Tätigkeit<br />

und den Ar<strong>bei</strong>ts- und Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen verbunden.<br />

Die <strong>bei</strong>den wesentlichen Dimensionen für die gesellschaftliche Positionierung<br />

s<strong>in</strong>d zum e<strong>in</strong>en Konsumchancen und materieller Lebensstil, die<br />

sich die E<strong>in</strong>zelnen leisten können, und zum an<strong>der</strong>en das Prestige und<br />

Ansehen, das <strong>der</strong> ausgeübten Tätigkeit und gegebenenfalls dem Betrieb<br />

zugemessen wird.<br />

In Bezug auf den Lebensstil machen sich <strong>bei</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern selbstverständlich<br />

die vergleichsweise schlechte E<strong>in</strong>kommenssituation und<br />

die daraus resultierenden begrenzten Konsumchancen bemerkbar.<br />

Wenngleich <strong>in</strong> vielen Branchen des „Niedriglohnsektors“ noch ger<strong>in</strong>gere<br />

Vergütungen zu beobachten s<strong>in</strong>d, so bef<strong>in</strong>den sich auch Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

mitunter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er angespannten f<strong>in</strong>anziellen Lage. Jeweils abhängig<br />

von Ausbildungsh<strong>in</strong>tergrund, E<strong>in</strong>gruppierung, Umfang des Ar<strong>bei</strong>tsvertrags,<br />

E<strong>in</strong>satzdauer und E<strong>in</strong>satzbetrieb weisen e<strong>in</strong>ige Gesprächspartner<br />

darauf h<strong>in</strong>, dass sie sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>kommensregion bewegen, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

sie durchgängig o<strong>der</strong> teilweise auf Zahlungen aus <strong>der</strong> Familie (<strong>in</strong>formelle<br />

Transfers) o<strong>der</strong> auf aufstockende Sozialleistungen angewiesen<br />

und/o<strong>der</strong> gezwungen s<strong>in</strong>d, Abstriche <strong>bei</strong> ihrem Lebensstil zu machen.<br />

„Zum Überleben reicht es, aber nicht zum Leben“ (Z05), fasst dies e<strong>in</strong><br />

Interviewter po<strong>in</strong>tiert zusammen.<br />

Beson<strong>der</strong>s schmerzlich wird da<strong>bei</strong> die eigene Situation wahrgenommen,<br />

wenn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er früheren Phase des Erwerbslebens, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „regulären“<br />

Beschäftigung deutlich höhere E<strong>in</strong>kommen erzielt wurden und Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

damit als e<strong>in</strong>e Form des sozialen Abstiegs konnotiert wird. Auch die<br />

Erfahrung, im Ar<strong>bei</strong>tsalltag nahezu gleiche Tätigkeiten wie Stammkräfte


187<br />

auszuüben, aber dennoch <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Vergütung und damit dem Lebensstil<br />

abgehängt zu se<strong>in</strong>, trägt dazu <strong>bei</strong>, sich als Ar<strong>bei</strong>tnehmer und Mensch<br />

zweiter Klasse zu fühlen. Es bilden sich damit zwei Welten heraus, über<br />

<strong>der</strong>en Zugehörigkeit durch die Frage entschieden wird, „regulär“ beschäftigt<br />

zu se<strong>in</strong> o<strong>der</strong> als Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer am Erwerbsleben teilzunehmen.<br />

Auf diese Spaltung macht e<strong>in</strong> Interviewpartner aufmerksam, <strong>der</strong><br />

im Helferbereich tätig ist:<br />

„Wenn die [die Stammmitar<strong>bei</strong>ter, A.H.] dann erzählen, ‘ich war<br />

<strong>in</strong> Teneriffa zwei Wochen, dann war ich da und da’ o<strong>der</strong> ‘an me<strong>in</strong>em<br />

Haus mit Auto und Garten, da muss ich das und das machen, me<strong>in</strong><br />

Auto muss <strong>in</strong> die Werkstatt’. Da denke ich ‘Hä, wovon träumen die<br />

eigentlich, wovon träume ich eigentlich?’“ (Z13)<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t gilt im Vergleich zum Normalar<strong>bei</strong>tsverhältnis noch nicht als<br />

gleichwertige Beschäftigungsform. Das Prestige, das mit ihr verbunden<br />

wird, ist noch immer sehr ger<strong>in</strong>g. Dies wird auch <strong>in</strong> zahlreichen Äußerungen<br />

ersichtlich, <strong>in</strong> denen die Befragten über die Reaktionen des privaten<br />

Umfelds auf ihre Beschäftigung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t berichten. Reaktionen<br />

wie „Zeitar<strong>bei</strong>t, das ist nichts“ (Z06); „du bist <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er Leihfirma<br />

– arme Sau“ (Z05); „immer noch <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er Leihfirma?“ (Z08)<br />

o<strong>der</strong> „hast du das nötig?“ (Z13) br<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>e Mischung aus Mitleid und<br />

Vorwurf zum Ausdruck, sich ke<strong>in</strong>e bessere berufliche Position angeeignet<br />

zu haben. Zeitar<strong>bei</strong>t wird damit offensichtlich <strong>in</strong> weiten Kreisen<br />

nach wie vor als Ar<strong>bei</strong>t zweiter Wahl o<strong>der</strong> als Ausweichbeschäftigung<br />

verstanden, die möglichst e<strong>in</strong>e vorübergehende Phase darstellen sollte.<br />

E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Folgen br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> Interviewter auf den Punkt:<br />

„Damit kannst du nicht angeben. An<strong>der</strong>e Männer haben Karriere<br />

gemacht, haben e<strong>in</strong> gutes Angestelltengehalt. Das habe ich eben<br />

nicht.“ (Z13)<br />

E<strong>in</strong> Grund für die Prestigedefizite ist vermutlich <strong>der</strong> marode öffentliche<br />

Leumund, <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t seit Jahren anhaftet. Gerade <strong>bei</strong> Mitglie<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> älteren Generation, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> fordistischen Prosperitätsphase nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg aufgewachsen s<strong>in</strong>d und sozialisiert wurden und<br />

die Vollbeschäftigung und „Normalar<strong>bei</strong>tsverhältnis“ als etwas selbst-


188<br />

verständliches erfahren haben, stoßen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer auf wenig Verständnis:<br />

„Das ist noch nicht so gut angesehen. Das habe ich schon e<strong>in</strong><br />

paar mal gehört. Ältere kennen das ja auch nicht so, sage ich mal.<br />

Und das ist irgendwie so was M<strong>in</strong><strong>der</strong>wertiges hier. So <strong>in</strong> <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>heit<br />

– <strong>der</strong> Begriff Zeitar<strong>bei</strong>t.“ (Z04)<br />

Die generelle Ablehnung „atypischer Ar<strong>bei</strong>t“ ist die e<strong>in</strong>e Seite. Die an<strong>der</strong>e<br />

ist, dass Zeitar<strong>bei</strong>t vorwiegend mit ger<strong>in</strong>g qualifiziertem Aushilfstätigkeiten<br />

gleichgesetzt wird. Wer also, so die Logik, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche<br />

beschäftigt ist, hat nicht die Ausbildung, Fähigkeiten und Kompetenzen<br />

auf dem „normalen“ Ar<strong>bei</strong>tsmarkt zu bestehen. Auch wenn dies<br />

angesichts <strong>der</strong> sich rasch verän<strong>der</strong>nden Qualifikationsstrukturen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>t vielfach überholt ist, so haftet ihr dies weiterh<strong>in</strong> an. E<strong>in</strong> Gesprächspartner<br />

schil<strong>der</strong>t, dass er <strong>bei</strong> sich selbst e<strong>in</strong> solches Verständnis<br />

wahrnehmen kann, <strong>in</strong>dem er sich auf Erlebnisse <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em frühesten<br />

Erwerbsleben bezieht.<br />

„Ich habe eigentlich schon ziemlich früh mit dieser Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

Kontakt gehabt. Eigentlich schon während me<strong>in</strong>er Schulzeit. [...] Und<br />

ich habe das damals schon mal gemacht. Und ich habe schon zu diesem<br />

Zeitpunkt – da war man so was von <strong>der</strong> letzte Arsch. [...] Da habe<br />

ich schon relativ früh den E<strong>in</strong>druck bekommen ‘man ist nichts, man<br />

ist e<strong>in</strong>fach nur e<strong>in</strong> Arsch, <strong>der</strong> alles machen soll’. Vielleicht b<strong>in</strong> ich da<br />

e<strong>in</strong>fach vorbelastet, dass ich das irgendwo im H<strong>in</strong>terkopf habe. Vielleicht<br />

ist das gar nicht so, ich weiß das nicht.“ (Z08)<br />

Angesichts dieses ger<strong>in</strong>gen Ansehens, das Zeitar<strong>bei</strong>t nicht nur <strong>bei</strong> an<strong>der</strong>en,<br />

son<strong>der</strong>n teilweise auch <strong>bei</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern selbst besitzt, ist es<br />

nicht verwun<strong>der</strong>lich, dass sie sich nur zurückhaltend zu ihrer Beschäftigungssituation<br />

verhalten. E<strong>in</strong>ige Interviewte berichten, dass sie dazu<br />

neigen, ihre Beschäftigung <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen zu kaschieren.<br />

E<strong>in</strong> Befragter sagt hierzu:<br />

„Aber ich muss sagen, mir persönlich ist das eigentlich immer e<strong>in</strong><br />

bisschen unangenehm, darüber zu sprechen. Ja, mir ist das eigentlich


189<br />

unangenehm. Ich rede da nicht so gerne drüber. Also ich muss ganz<br />

ehrlich sagen, wenn, dann sage ich immer, ich ar<strong>bei</strong>te <strong>bei</strong> xy [e<strong>in</strong>em<br />

bestimmten E<strong>in</strong>satzbetrieb; A.H.]. Das stelle ich auch <strong>bei</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Kollegen fest. […] Ich sehe das ja auch an Kollegen, die auch so denken.<br />

[…] Die denken halt – die reden da nicht gerne drüber. Wollen<br />

die nicht, tun die nicht gerne. Innerhalb <strong>der</strong> Kollegen, klar, ke<strong>in</strong> Thema,<br />

da weiß je<strong>der</strong>, wie es läuft. Aber so nach außen, das macht ke<strong>in</strong>er<br />

gerne.“ (Z08)<br />

Die vorangehenden Ausführungen und Schil<strong>der</strong>ungen verweisen darauf,<br />

dass es häufig noch ke<strong>in</strong>en unbefangenen Umgang mit Zeitar<strong>bei</strong>t gibt<br />

und das soziale Umfeld weiterh<strong>in</strong> „die Nase rümpft“ (Z13). Die Reputation<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>t ist bislang ger<strong>in</strong>g. Gleichwohl lassen sich auch <strong>in</strong><br />

dieser H<strong>in</strong>sicht, ähnlich wie <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Integration am Ar<strong>bei</strong>tsplatz und im<br />

Betrieb, Signale feststellen, die auf e<strong>in</strong>e gewisse Normalisierung h<strong>in</strong>weisen.<br />

Neben den positiven Erfahrungen, die die Interviewten teilweise<br />

selbst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t machen – abgesehen von <strong>der</strong> überschattenden<br />

ungünstigen E<strong>in</strong>kommenssituation und den unklaren Beschäftigungsperspektiven<br />

–, stellen viele auch e<strong>in</strong>en allmählichen E<strong>in</strong>stellungswechsel<br />

gegenüber <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t fest. Mit <strong>der</strong> – wenngleich umstrittenen –<br />

Ausbreitung <strong>der</strong> Beschäftigungsform Zeitar<strong>bei</strong>t und ihrer vermehrten<br />

Präsenz <strong>in</strong> <strong>der</strong> öffentlichen Debatte verr<strong>in</strong>gert sich auch ihre stigmatisierende<br />

Bewertung. In diesem S<strong>in</strong>ne weist e<strong>in</strong> Befragter darauf h<strong>in</strong>, dass<br />

die Reaktionen des privaten Umfelds <strong>in</strong> den letzten Jahren deutlich weniger<br />

von e<strong>in</strong>em Unterton geprägt seien, <strong>in</strong> dem Vorwürfe gegenüber<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern ankl<strong>in</strong>gen, die ihnen selbst e<strong>in</strong>e Mitschuld an ihrer<br />

Situation geben, son<strong>der</strong>n vielmehr e<strong>in</strong>e größere Toleranz o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e gewisse<br />

Form des Mitleids spürbar sei:<br />

„Je<strong>der</strong> hat meistens e<strong>in</strong>en Bekannten o<strong>der</strong> Verwandten, <strong>der</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

ist. Seitdem denken die Leute e<strong>in</strong> bisschen an<strong>der</strong>s. Das war<br />

früher ganz schlimm teilweise. Dann warst du blöd, weil du e<strong>in</strong> <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er<br />

warst. Jetzt ist das schon so, dass man sagt ‘du hast Pech<br />

gehabt, du bist <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>er’. So denken die Leute schon.“ (Z10)


190<br />

4.3.5 Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer, Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen und Disponenten:<br />

e<strong>in</strong> wichtiges Beziehungsverhältnis<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t ist durch e<strong>in</strong> Dreiecksverhältnis zwischen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer,<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen und Entleihbetrieben gekennzeichnet. Daher ist<br />

neben <strong>der</strong> Frage, wie Zeitar<strong>bei</strong>tskräfte <strong>in</strong> Betrieben aufgenommen und<br />

<strong>in</strong>tegriert werden, auch e<strong>in</strong> Blick auf das Verhältnis zwischen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

und ihren Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen zu richten.<br />

E<strong>in</strong> wesentlicher Teil dieser Beziehung ist durch Tarifverträge zwischen<br />

dem DGB und den Ar<strong>bei</strong>tgeberverbänden BZA und IGZ beziehungsweise<br />

zwischen dem CGB und dem Ar<strong>bei</strong>tgeberverband AMP geregelt. Im Jahr<br />

2003 wurde <strong>in</strong> das Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetz e<strong>in</strong>e Bestimmung<br />

aufgenommen, die e<strong>in</strong>e Schlechterstellung von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern gegenüber<br />

den jeweiligen Stammmitar<strong>bei</strong>tern untersagt. Da das Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetz<br />

seither auch vorsieht, dass durch tarifvertragliche<br />

Vere<strong>in</strong>barungen vom Gebot des equal-pay und equal-treatment<br />

abgewichen werden kann, ist die Quote tarifgebundener Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

rasant nach oben geschnellt. Tarifverträge s<strong>in</strong>d generell als<br />

Regelwerke zu verstehen, die Spielregeln für die Ausgestaltung e<strong>in</strong>zelner<br />

Ar<strong>bei</strong>tsverhältnisse konkretisieren und festlegen. Art und Ausprägung<br />

von Tarifverträgen ist immer von <strong>der</strong> jeweiligen Verhandlungsmacht <strong>der</strong><br />

Tarifparteien (Ar<strong>bei</strong>tgeber hier und Gewerkschaften dort) abhängig. Aufgrund<br />

<strong>der</strong> ger<strong>in</strong>gen Zahl von Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong>n unter den Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

sowie <strong>der</strong> tarifpolitischen Konkurrenz von DGB und CGB<br />

ist kaum zu bestreiten, dass sich die Ar<strong>bei</strong>tgeberverbände <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er günstigen Verhandlungsposition bef<strong>in</strong>den, um<br />

ihren Tarifverträgen e<strong>in</strong>e Färbung zu geben, die ihren Interessen deutlich<br />

entgegenkommt. Neben dieser <strong>in</strong>teressenpolitischen Großwetterlage<br />

ist zu bedenken, dass es immer auch zur tarifvertraglichen Realität gehört,<br />

dass die <strong>in</strong> Tarifverträgen vere<strong>in</strong>barten – und e<strong>in</strong>klagbaren – Rechte<br />

und Pflichten von Ar<strong>bei</strong>tnehmern und Ar<strong>bei</strong>tgebern nicht immer e<strong>in</strong>s<br />

zu e<strong>in</strong>s im Betrieb umgesetzt werden und Bestimmungen teilweise<br />

Spielräume <strong>in</strong> <strong>der</strong> betrieblichen Interpretation und Anwendung belassen.<br />

Dies gilt für Tarifverträge <strong>in</strong> <strong>der</strong> Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrie, dem<br />

öffentlichen Dienst, dem Handel et cetera ebenso wie für die Tarifverträge<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t. Die tarifvertragliche Praxis wird faktisch dadurch


191<br />

bee<strong>in</strong>flusst, wie stark Unternehmensführungen, Personalabteilungen,<br />

Betriebsräte o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Beschäftigte auf E<strong>in</strong>haltung o<strong>der</strong> auch Abweichung<br />

von Tarifverträgen e<strong>in</strong>wirken können. In <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche<br />

ist festzustellen, dass es allgeme<strong>in</strong> nur sehr wenige Betriebsräte<br />

gibt, die als kollektive Interessenvertretung <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ausgestaltung von<br />

Ar<strong>bei</strong>ts- und Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen mitwirken, und <strong>in</strong> diesen häufig<br />

auch noch das <strong>in</strong>terne Personal, also Personaldisponenten et cetera,<br />

überrepräsentiert ist. Darüber h<strong>in</strong>aus ist zwischen den Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

und Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern e<strong>in</strong>e deutliche Machtasymmetrie zu<br />

erkennen. Zum e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d oft Ar<strong>bei</strong>tskräfte mit eher ger<strong>in</strong>gen Chancen<br />

auf dem „regulären“ Ar<strong>bei</strong>tsmarkt beschäftigt, so dass sie über wenig<br />

<strong>in</strong>dividuelle Aushandlungsmacht verfügen. Zum an<strong>der</strong>en handelt es sich<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t um e<strong>in</strong>e Beschäftigungsform mit wechselnden E<strong>in</strong>satzbetrieben.<br />

Die vielfach gegebene Möglichkeit, zum Beispiel unattraktive<br />

o<strong>der</strong> weit entfernt liegende E<strong>in</strong>sätze zuzuweisen und e<strong>in</strong>e Ablehnung<br />

dieser E<strong>in</strong>sätze als „Ar<strong>bei</strong>tsverweigerung“ zu werten, die e<strong>in</strong>e fristlose<br />

Kündigung erlaubt, gibt den Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen e<strong>in</strong> legales<br />

Sanktions<strong>in</strong>strument an die Hand, die Bereitschaft zu Zugeständnissen<br />

und Kooperation zu för<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> zu erzw<strong>in</strong>gen. Wenngleich sich die<br />

Situation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Qualifikationssegmenten, <strong>in</strong> denen Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

um e<strong>in</strong> knappes Reservoir an Fachkräften konkurrieren müssen<br />

(z.B. klassischerweise <strong>bei</strong> bestimmten Metall- und Elektroberufen etc.),<br />

an<strong>der</strong>s darstellt, so vollzieht sich doch die Anwendung und E<strong>in</strong>haltung<br />

von gesetzlichen und tariflichen Vorgaben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche<br />

häufig unter dem Vorzeichen höchst ungleich verteilter Durchsetzungschancen.<br />

Da die „guten Karten“ strukturell zugunsten <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

verteilt s<strong>in</strong>d, hängt die konkrete Ausgestaltung <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>ts-<br />

und Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern entscheidend<br />

von Kultur und Klima <strong>in</strong> den Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen ab und davon, wie<br />

stark dort <strong>der</strong> Wille ausgeprägt ist, diese „guten Karten“ auch den eigenen<br />

Interessen entsprechend auszuspielen. Dies spiegelt sich auch <strong>in</strong><br />

den Gesprächen mit Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern wi<strong>der</strong>. Es zeigt sich, dass Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

hier<strong>bei</strong> Renommee und Attraktivität für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

verspielen können, aber auch, dass sie hierdurch Wertschätzung<br />

und Loyalität aufzubauen und zu bewahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d.


192<br />

Ar<strong>bei</strong>ts- und Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

Immer wie<strong>der</strong> gelangen Berichte <strong>in</strong> die Öffentlichkeit, die h<strong>in</strong>sichtlich<br />

<strong>der</strong> Praktiken, mit denen Mitar<strong>bei</strong>ter durch Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen behandelt<br />

werden, e<strong>in</strong> Bild zeichnen, das eher an Zustände im „Wilden<br />

Westen“ er<strong>in</strong>nert als an e<strong>in</strong>en fairen und rücksichtsvollen Umgang mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />

In ihnen ist von Zwang, Druck, Ausbeutung und so weiter die<br />

Rede. Auch die im Rahmen dieser Studie befragten Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

wissen von solchen Verhaltensweisen zu berichten. Manche haben so<br />

etwas selbst erlebt, an<strong>der</strong>e erzählen es vom „Hörensagen“. Die Gespräche<br />

mit Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern, die über die beteiligten Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

organisiert werden konnten, zeigen aber, dass es nicht nur<br />

„schwarze Schafe“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche gibt. Die relativ hohe Zufriedenheit<br />

mit ihrem Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen ist als H<strong>in</strong>weis zu verstehen,<br />

dass Zeitar<strong>bei</strong>t und Fairness durchaus ke<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>spruch se<strong>in</strong> müssen.<br />

186 Jedoch s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> paar wichtige Stolperste<strong>in</strong>e zu beachten.<br />

E<strong>in</strong>ige Befragte weisen darauf h<strong>in</strong>, dass es <strong>in</strong> vielen Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

immer wie<strong>der</strong> zu Unstimmigkeiten <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bereitstellung von<br />

Ar<strong>bei</strong>tskleidung und Sicherheitsausrüstung käme. Manche würden versuchen,<br />

die Unkenntnis über gesetzliche Bestimmungen o<strong>der</strong> dar<strong>in</strong> enthaltene<br />

Interpretationsspielräume auszunutzen. E<strong>in</strong> Gesprächspartner<br />

schil<strong>der</strong>t <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht, dass er von e<strong>in</strong>em früheren Ar<strong>bei</strong>tgeber<br />

dazu verpflichtet wurde, die Kosten für Ar<strong>bei</strong>tskleidung zu übernehmen:<br />

„Bei denen ist das so, wenn ich <strong>bei</strong> denen länger als e<strong>in</strong> halbes<br />

Jahr gear<strong>bei</strong>tet hätte, dann hätte ich auch für die Klamotten nicht<br />

aufkommen brauchen. Aber da ich nur zwei Monate und dann noch<br />

fristlose Kündigung und so, da musste ich dann natürlich für diese<br />

Scheiße da aufkommen. Das stimmt aber trotzdem nicht, die s<strong>in</strong>d<br />

verpflichtet für sämtliche Ar<strong>bei</strong>tsklamotten aufzukommen. Das ist<br />

Gesetz, aber die ziehen dir das Geld trotzdem so ab.“ (Z11)<br />

186 Die Vermutung liegt nahe, dass von den beteiligten Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

vor allem solche Mitar<strong>bei</strong>ter gebeten wurden, sich an den Interviews zu beteiligen,<br />

die als beson<strong>der</strong>s loyal o<strong>der</strong> zufrieden gelten. Der Verlauf <strong>der</strong> Gespräche<br />

und die teilweise durchaus kritischen E<strong>in</strong>lassungen lassen jedoch<br />

nicht darauf schließen, dass diese Vermutung richtig wäre.


193<br />

Dies wertet er als Symbol für mangelhafte Praktiken <strong>in</strong> <strong>der</strong> gesamten<br />

Branche, „weil die ziehen das ja mit allen so ab“ (Z11). E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er<br />

erzählt <strong>in</strong> diesem Zusammenhang, dass er gegenüber se<strong>in</strong>en Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

von vornhere<strong>in</strong> ganz klar stelle, dass er <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tskleidung<br />

und Sicherheitsausrüstung ke<strong>in</strong>e Kompromisse zu machen<br />

gedenke:<br />

„Ich rufe an und sage, ich brauche e<strong>in</strong> paar Schuhe. Dann habe<br />

ich sie. Ich sage, die s<strong>in</strong>d kaputt, dann s<strong>in</strong>d die kaputt und <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tgeber<br />

o<strong>der</strong> die Leihbude ist dafür zuständig, die Sachen zu stellen.<br />

Da handele ich auch nicht. Dafür ist <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tgeber zuständig.<br />

Für Sicherheitsausrüstung ist <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tgeber zuständig – das sage ich<br />

ihm auch so. Ich kenne me<strong>in</strong>e Pflichten, ich kenne aber auch me<strong>in</strong>e<br />

Rechte. Und das bekommen die schon mit. [...] Das hat <strong>bei</strong> mir noch<br />

ke<strong>in</strong>er versucht, vom Lohn abzuziehen. Auf die Idee s<strong>in</strong>d die <strong>bei</strong> mir<br />

noch nicht gekommen.“ (Z05)<br />

Wie <strong>in</strong> jedem an<strong>der</strong>en Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis geht es auch <strong>bei</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnissen<br />

um Geld. Angesichts <strong>der</strong> sowieso vergleichsweise ger<strong>in</strong>gen<br />

Vergütung wird es von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern als beson<strong>der</strong>s eklatant empfunden,<br />

wenn <strong>in</strong> <strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziellen Dimension Unkorrektheiten auftreten.<br />

E<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> negativen Erfahrungen, die Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

machen, bezieht sich darauf, dass es Probleme mit <strong>der</strong> Abrechnung<br />

gibt. So berichtet zum Beispiel e<strong>in</strong> Interviewter, dass er von e<strong>in</strong>em früheren<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen regelrecht re<strong>in</strong>gelegt wurde. Bei Vertragsabschluss<br />

wurde ihm e<strong>in</strong> höherer Stundenlohn <strong>in</strong> Aussicht gestellt,<br />

<strong>der</strong> ihm dann aber doch nicht gezahlt wurde. Das Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

– <strong>der</strong>en Geschäftsführer<strong>in</strong> später von <strong>der</strong> Staatsanwaltschaft mit<br />

e<strong>in</strong>em Ermittlungsverfahren überzogen worden sei, weil sie „<strong>in</strong> die eigene<br />

Tasche gewirtschaftet habe“ – habe dann argumentiert, dass <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Stundenlohn die Auslöse e<strong>in</strong>zurechnen sei:<br />

„Da haben sie mir gesagt, ‚Sie kriegen Tarif’ [...]. Na ja, hat sich<br />

alles gut angehört. Und dann war ich dann dort und hatte auch e<strong>in</strong>e<br />

Unterkunft. Das hat ja alles geklappt. Und dann kam das dicke Ende<br />

mit dem Geld. Da haben sie mir 60 Mark – das war ja noch D-Mark –<br />

Auslöse pro Ar<strong>bei</strong>tstag. [...] Und auf e<strong>in</strong>mal kam 15 DM Stundenlohn.


194<br />

Und vorher hatten sie aber mehr gesagt. Dann habe ich da angerufen<br />

und dann hieß es ‘ne<strong>in</strong>, mehr können wir nicht. [...] Was wollen Sie<br />

denn? Mit <strong>der</strong> Auslöse – im Grunde genommen haben sie ja e<strong>in</strong>en<br />

Stundenlohn von 23 Mark.’ So kann man aber nicht rechnen. Da haben<br />

die die Auslöse mit re<strong>in</strong>gerechnet. Das geht ja nun nicht“ (Z03).<br />

Diese Ausführungen machen darauf aufmerksam, dass es häufig zu<br />

Irritationen <strong>in</strong> Bezug auf die E<strong>in</strong>kommenshöhe kommt. Die Ar<strong>bei</strong>ts- und<br />

Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> allermeisten Zeitar<strong>bei</strong>tsverhältnisse<br />

s<strong>in</strong>d durch entsprechende Tarifverträge geregelt. Dennoch kommt es<br />

immer wie<strong>der</strong> zu Differenzen, <strong>in</strong> welche Entgeltgruppe die Tätigkeit e<strong>in</strong>zuordnen<br />

ist o<strong>der</strong> welche und wie lange Leistungszulagen zu gewähren<br />

s<strong>in</strong>d. Zudem wird für e<strong>in</strong>ige E<strong>in</strong>sätze e<strong>in</strong>e zusätzliche Auslöse (für Fahrgeld,<br />

Übernachtungen etc.) gezahlt. Diese unterschiedlichen Entgeltbauste<strong>in</strong>e<br />

würden, so wird von e<strong>in</strong>igen bemängelt, zum e<strong>in</strong>en den Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

Möglichkeitsräume eröffnen, kle<strong>in</strong>e Tricks anzuwenden,<br />

um ihre Personalkosten zu senken. So wird es als e<strong>in</strong>e verbreitete<br />

Praxis beschrieben, Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern e<strong>in</strong>e möglichst ger<strong>in</strong>ge<br />

Grundlohngruppe zuzuweisen, die e<strong>in</strong>satzbezogen aufgestockt wird. In<br />

<strong>der</strong> normalen Tätigkeitsausübung wird dann e<strong>in</strong> gleich hohes E<strong>in</strong>kommen<br />

erzielt wie <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>gruppierung, die den Bestimmungen des<br />

Tarifvertrags voll entspricht. Im Falle von Urlaub, Krankheit et cetera<br />

wird jedoch das E<strong>in</strong>kommen lediglich entsprechend <strong>der</strong> im Ar<strong>bei</strong>tsvertrag<br />

def<strong>in</strong>ierten Entgeltstufe bezahlt, so dass die Beschäftigten <strong>in</strong> diesem<br />

Zeitraum Lohne<strong>in</strong>bußen h<strong>in</strong>zunehmen hätten. Darüber h<strong>in</strong>aus wird<br />

zum an<strong>der</strong>en kritisiert, dass die unterschiedlichen Entgeltbauste<strong>in</strong>e<br />

(Grunde<strong>in</strong>kommen, Leistungszulagen, Auslöse) dazu führten, dass verschiedene<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>in</strong> ähnlichen Tätigkeits- und Qualifikationsstufen<br />

sehr ungleich bezahlt werden. Gepaart mit <strong>der</strong> offensichtlich <strong>in</strong><br />

vielen Ar<strong>bei</strong>tsverträgen enthaltenen Klausel, über das E<strong>in</strong>kommen Stillschweigen<br />

wahren zu müssen, beschleicht viele das Gefühl, dass es <strong>in</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen an Gerechtigkeit mangele. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund<br />

besteht <strong>bei</strong>spielsweise die zentrale For<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>es Interviewten<br />

dar<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en transparenteren und faireren Umgang <strong>in</strong> Fragen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>gruppierung<br />

und Entlohnung zu kultivieren, so dass das E<strong>in</strong>kommen<br />

weniger stark von <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Aushandlungsmacht und -fähigkeit<br />

abhänge:


195<br />

„Das erste wäre, dass man da fair behandelt würde. Und dass<br />

das offener wäre, gerechter wäre irgendwie – auch den an<strong>der</strong>en Leuten<br />

gegenüber. Wenn ich da me<strong>in</strong>e Kollegen höre, wie die da teilweise<br />

abgespeist werden. Wie <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e da, <strong>der</strong> nur 7 Euro Fahrtkosten kriegt<br />

– <strong>der</strong> kann sich da auch nicht durchsetzen. Also dass man so was<br />

auch öffentlich macht und dass da irgendwie mal e<strong>in</strong> Gleichstand<br />

kommt, dass die Leute gleich behandelt werden. […] Das müsste […]<br />

mal <strong>in</strong> die Öffentlichkeit kommen, dass die nicht alles mit e<strong>in</strong>em machen<br />

können, was die wollen.“ (Z11)<br />

E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Aspekt ist die Pünktlichkeit <strong>der</strong> Gehaltszahlung.<br />

Hier sche<strong>in</strong>t es gerade <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche des Öfteren zu Problemen<br />

zu kommen. „Es gibt Leihfirmen, da muss man dem Geld h<strong>in</strong>terherlaufen,<br />

ist nicht pünktlich drauf o<strong>der</strong> sonst was“ (Z06), äußert sich<br />

e<strong>in</strong> Gesprächspartner. E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er berichtet davon, dass er <strong>in</strong> solch<br />

e<strong>in</strong>em Fall mittlerweile ganz rigoros auftritt, um diese Tendenzen gleich<br />

zu vereiteln:<br />

„Das ist genauso, wenn das Geld nicht pünktlich kommt, dann<br />

b<strong>in</strong> ich weg. Da habe ich me<strong>in</strong>en [Disponenten, A.H.] auch auf den<br />

Pott gesetzt. Ich habe gesagt, ‘pass auf, du bist schon fünf Tage überfällig.<br />

Wenn du jetzt die Überweisung machst, <strong>in</strong> zwei Tagen ist das<br />

Geld drauf. Sonst b<strong>in</strong> ich weg.’ Nur da waren noch e<strong>in</strong> paar an<strong>der</strong>e<br />

Kollegen, die waren genauso grantig.“ (Z05)<br />

Neben <strong>der</strong> Frage, <strong>in</strong> welcher Weise sich das E<strong>in</strong>kommen zusammensetzt,<br />

wie transparent damit umgegangen wird und wie verlässlich es<br />

gezahlt wird, bestehen häufig unterschiedliche Auffassungen <strong>bei</strong>m Umgang<br />

mit Zeiten, <strong>in</strong> denen Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen ihren Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz anbieten können. Offensichtlich be<strong>in</strong>halten die bestehenden<br />

Tarifwerke hier unterschiedliche Regelungen o<strong>der</strong> Interpretationsspielräume.<br />

Während auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite die Leitl<strong>in</strong>ie greift, dass<br />

e<strong>in</strong>satzfreie Zeiten von Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen vergütet werden müssen<br />

ohne Ar<strong>bei</strong>tszeitkonten abzubauen, steht dem auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite e<strong>in</strong><br />

Verständnis gegenüber, dass gerade Ar<strong>bei</strong>tszeitkonten und Urlaubstage<br />

dazu genutzt werden können, e<strong>in</strong>satzfreie Zeiten zu überbrücken. Wie<br />

diese Frage juristisch im Detail zu beantworten ist, hängt von den kon-


196<br />

kreten Umständen sowie den jeweiligen Tarifverträgen ab und kann und<br />

muss hier nicht zweifelsfrei entschieden werden. Es ist jedoch festzustellen,<br />

dass e<strong>in</strong>e rigide Anwendung zuungunsten <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

e<strong>in</strong> hohes Maß an Unmut hervorbr<strong>in</strong>gt, wie <strong>der</strong> Bericht e<strong>in</strong>es Interviewten<br />

illustriert:<br />

„Für die Zeit, wo man zu Hause hängt, die ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>sätze haben,<br />

entwe<strong>der</strong> nehmen die das von e<strong>in</strong>em Stundenkonto, was man schon<br />

erar<strong>bei</strong>tet hat – also Überstunden – o<strong>der</strong> die nehmen de<strong>in</strong>e Urlaubstage.<br />

Was die auch nicht dürfen. Und es gibt Fälle, es gibt auch jemanden,<br />

<strong>der</strong> dagegen angegangen ist, aber <strong>der</strong> hat auch e<strong>in</strong>e Rechschutzversicherung.<br />

[…] Und <strong>der</strong> hat das damals durchgekriegt. Der war<br />

auch längere Zeit nirgendwo e<strong>in</strong>gesetzt und dann war <strong>der</strong> be<strong>in</strong>ahe drei<br />

Monate zu Hause. Und dann sollte er e<strong>in</strong>en Aufhebungsvertrag unterschreiben.<br />

Da hat <strong>der</strong> gesagt: ‘Ich unterschreibe doch ke<strong>in</strong>en Aufhebungsvertrag.<br />

Seht zu, dass ihr mir Ar<strong>bei</strong>t ranschafft – o<strong>der</strong> ist mir<br />

doch egal.’ Dann haben sie ihm Urlaub weggenommen, Überstunden<br />

und <strong>der</strong> ist dann zu se<strong>in</strong>em Anwalt und vor das Ar<strong>bei</strong>tsgericht gegangen.<br />

Und die mussten dann für die ganzen drei Monate aufkommen.“<br />

(Z11)<br />

In <strong>der</strong> Gesamtschau des empirischen Materials s<strong>in</strong>d die Erfahrungen<br />

über den Umgang von Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen mit ihren Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

gemischt. E<strong>in</strong> Befragter zieht hier e<strong>in</strong> frustriertes Resümee: „In je<strong>der</strong><br />

Firma steckt irgendwo <strong>der</strong> Wurm dr<strong>in</strong>. O<strong>der</strong> irgendwann kommt <strong>der</strong><br />

Wurm.“ (Z11). Es gibt aber auch zahlreiche Stimmen die zeigen, dass<br />

viele Interviewpartner mit ihren Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen zufrieden s<strong>in</strong>d.<br />

„Ich b<strong>in</strong> zufrieden“ (Z04); „das macht e<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>druck“ (Z06);<br />

„die Leute hier wissen was sie tun“ (Z01); „mit diesem Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

habe ich das ganz gut getroffen“ (Z13) s<strong>in</strong>d Statements,<br />

die – trotz durchaus vorhandener Kritik an ihrer Beschäftigungssituation<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t – auf e<strong>in</strong>e positive Beziehung zu ihrem Ar<strong>bei</strong>tgeber<br />

verweisen:<br />

„Sie s<strong>in</strong>d nicht me<strong>in</strong>e Freunde. Es ist halt me<strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>tgeber. Aber<br />

als Ar<strong>bei</strong>tnehmer fühle ich mich hier gut aufgehoben. Mit Klamotten<br />

das klappt alles. Geld ist halt zu wenig, aber es kommt regelmäßig, da


gibt es also ke<strong>in</strong>e Probleme. Nicht das die Abrechnung andauernd<br />

falsch ist und ich h<strong>in</strong>ter Geld h<strong>in</strong>terherlaufen muss. [...] Von daher<br />

fühle ich mich <strong>bei</strong> diesem Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen gut aufgehoben.“<br />

(Z09)<br />

197<br />

Eigentlich könnte man davon ausgehen, dass „pünktliche Gehaltszahlung,<br />

korrekte Gehaltsabrechnung, korrekter Ar<strong>bei</strong>tsvertrag mit Unterrichtung<br />

<strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>tssicherheit, Ar<strong>bei</strong>tsschutz“ (Z14) üblich se<strong>in</strong> sollten.<br />

Selbstverständlich sche<strong>in</strong>t dies aber, wie vielfältige Berichte und E<strong>in</strong>schätzungen<br />

zeigen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche nicht zu se<strong>in</strong>. Vor diesem<br />

H<strong>in</strong>tergrund ist jedoch festzustellen, dass Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen sich<br />

mit korrektem Verhalten gegenüber ihren Mitar<strong>bei</strong>tern e<strong>in</strong>en Wettbewerbsvorteil<br />

nicht nur im Kampf um begehrte Fachkräfte erar<strong>bei</strong>ten<br />

können. So fasst e<strong>in</strong> Befragter zusammen:<br />

„Dieses <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sunternehmen ist das e<strong>in</strong>zige <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>sunternehmen,<br />

das <strong>in</strong> Ordnung ist. […] Und nicht nach drei Wochen, ‘so,<br />

jetzt habe ich den ausgebeutet, jetzt haue ich ab mit <strong>der</strong> Kohle’.“<br />

(Z06)<br />

Verhalten und Kommunikation gegenüber Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

Die Bewertung von Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen hängt ganz entscheidend<br />

von den Verhaltensweisen <strong>der</strong> Disponenten (bzw. Inhaber o<strong>der</strong> Geschäftsführer<br />

mit Mitar<strong>bei</strong>terkontakt) ab. Die Disponenten s<strong>in</strong>d Repräsentanten<br />

und Gesicht des Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmens. Sie bekleiden e<strong>in</strong>e<br />

anspruchsvolle Position, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sie den Anfor<strong>der</strong>ungen von Kundenunternehmen<br />

sowie Mitar<strong>bei</strong>tern/Bewerbern möglichst gerecht werden<br />

müssen und da<strong>bei</strong> selbstverständlich die wirtschaftlichen Interessen<br />

ihres Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmens zu berücksichtigen haben. Aus den Interviews<br />

lässt sich ersehen, dass die Disponenten für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

e<strong>in</strong>e sehr wichtige Rolle spielen. Sie können mit ihren Entscheidungen<br />

und Verhaltensweisen Gutes ermöglichen (z.B. <strong>in</strong>haltlich attraktive Aufgaben,<br />

E<strong>in</strong>sätze <strong>in</strong> <strong>der</strong> näheren Umgebung des Wohnorts o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Betrieben,<br />

<strong>in</strong> denen bestimmte Zulagen für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer gezahlt werden).<br />

Sie können aber auch nachteilige Konditionen verursachen (z.B.<br />

wenig anspruchsvolle, schwierige o<strong>der</strong> weit entfernt liegende E<strong>in</strong>sätze).


198<br />

E<strong>in</strong> Befragter fasst auf die Frage, ob er sich Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

nach den Disponenten aussuche, po<strong>in</strong>tiert zusammen:<br />

„Ja, das ist ganz wichtig. Das ist ja die Bezugsperson. Und er<br />

kann ja was ermöglichen o<strong>der</strong> blockieren. Der kann auch sagen, ‘du<br />

musst nach München’. Und wenn du ne<strong>in</strong> sagst, dann wirst du entlassen<br />

wegen Ar<strong>bei</strong>tsverweigerung. O<strong>der</strong> er kann versuchen, so wie me<strong>in</strong>er<br />

jetzt, e<strong>in</strong>en möglichst heimatnah unterzubr<strong>in</strong>gen.“ (Z05)<br />

Aus dem empirischen Material lassen sich mehrere Dimensionen herausar<strong>bei</strong>ten,<br />

die e<strong>in</strong>en wichtigen E<strong>in</strong>fluss auf das Urteil <strong>der</strong> Befragten<br />

über Disponenten (und damit Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen) haben. E<strong>in</strong> erster<br />

wesentlicher Aspekt ist e<strong>in</strong>e offene Kommunikation zwischen Disponent<br />

und Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer. Die Befragten heben positiv hervor, wenn sie <strong>bei</strong><br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzplanung angehört und ihre Präferenzen soweit berücksichtigt<br />

werden, wie dies möglich ist und sie e<strong>in</strong> Feedback über ihre persönlichen<br />

und beruflichen Entwicklungsperspektiven bekommen. So schil<strong>der</strong>t<br />

e<strong>in</strong> Interviewpartner, warum er unter an<strong>der</strong>em mit dem Umgang <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen zufrieden ist:<br />

„Also ich habe auch ke<strong>in</strong>e Probleme hier mit jedem über alles zu<br />

reden – also über dienstliche Sachen. Und die hören auch zu. Gut,<br />

was nicht geht, das machen die nicht. [...] Der Ton ist gut, korrekt und<br />

– ne<strong>in</strong>, ich habe ke<strong>in</strong> Problem damit.“ (Z04)<br />

Zu dieser positiv wahrgenommenen Kommunikationskultur gehört auch,<br />

<strong>bei</strong> beson<strong>der</strong>en E<strong>in</strong>sätzen wirklich offen gefragt zu werden, ob hieran<br />

Interesse besteht und ob sich die Mitar<strong>bei</strong>ter diese Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

zutrauen. E<strong>in</strong> Gesprächspartner er<strong>in</strong>nert sich positiv an e<strong>in</strong>e solche Situation:<br />

„Die haben wirklich gefragt, um e<strong>in</strong>e Antwort zu bekommen und<br />

nicht, um e<strong>in</strong> Ja zu bekommen, das merkte man schon.“ (Z09)<br />

Es wird e<strong>in</strong>geräumt, dass solche Gespräche oft lediglich dazu dienen,<br />

e<strong>in</strong>e angenehme Atmosphäre zu erzeugen, aber „die Antwort schon klar<br />

ist“ (Z12), weil man nicht zu oft „Ne<strong>in</strong>“ sagen könne, wenn ke<strong>in</strong>e ver-


199<br />

nünftige und sachliche Begründung angeführt wird. Dennoch stellt e<strong>in</strong>e<br />

höfliche Ansprache, auch wenn sie nicht immer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wirklich entscheidungsoffenen<br />

Raum stattf<strong>in</strong>det, <strong>in</strong> <strong>der</strong> subjektiven Wahrnehmung<br />

e<strong>in</strong>en erheblichen Unterschied zu e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>seitigen Anweisung o<strong>der</strong> Anordnung<br />

dar. Der Ton macht die Musik.<br />

Als e<strong>in</strong> zweites wichtiges Element <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beziehung zwischen Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

und Mitar<strong>bei</strong>tern wird hervorgehoben, dass sich Disponenten<br />

nicht nur darauf beschränken sollten, E<strong>in</strong>sätze zuzuweisen.<br />

Auch während längerer E<strong>in</strong>satzzeiten sollen sie den Kontakt zu den<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern aufrechterhalten. E<strong>in</strong> solches „Kümmern“ vermittelt<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern das Gefühl, eben nicht nur e<strong>in</strong> „geleastes Ar<strong>bei</strong>tsgerät“<br />

zu se<strong>in</strong>, mit dem Entleihbetriebe sorglos – und schutzlos – nach<br />

eigenem Belieben umgehen können. Für e<strong>in</strong>en Befragten zeichnet sich<br />

se<strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen durch e<strong>in</strong>e Betreuung während des E<strong>in</strong>satzes<br />

positiv aus:<br />

„Sie kommen immer. Ich weiß nicht wie das <strong>bei</strong> an<strong>der</strong>en Zeitar<strong>bei</strong>tsfirmen<br />

ist, aber sie kommen jedes Mal, wenn man e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz<br />

hat. Egal ob e<strong>in</strong>e Woche, vier Wochen, drei Monate und und und. Sie<br />

kommen, gucken sich den Platz an, wo sitzen sie, wie sehen die<br />

Räumlichkeiten aus, s<strong>in</strong>d die Sicherheitsvorkehrungen e<strong>in</strong>gehalten<br />

[...], haben sie Pause et cetera. Also da gucken sie schon nach, das<br />

machen sie schon“. (Z14)<br />

Es geht jedoch nicht alle<strong>in</strong> darum, dass sich Disponenten um ihre Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

kümmern. Noch wichtiger ist, dass Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer nicht<br />

gleich fallen gelassen werden, wenn es für sie vorübergehend ke<strong>in</strong>en<br />

E<strong>in</strong>satz gibt. E<strong>in</strong> Gesprächspartner weist darauf h<strong>in</strong>, dass sich se<strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>tgeber<br />

von <strong>der</strong> <strong>in</strong> vielen Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen üblichen Praxis absetze,<br />

<strong>in</strong> diesem Fall sehr schnell e<strong>in</strong>e Kündigung auszusprechen.<br />

„Also ich f<strong>in</strong>de dieses Unternehmen für e<strong>in</strong>e Leihfirma eigentlich<br />

ziemlich human. Die entlassen nicht gleich. Ich war auch schon mal<br />

e<strong>in</strong> paar Tage zu Hause und dann ‘ja, machen sie sich ke<strong>in</strong>e Gedanken.’<br />

Die s<strong>in</strong>d nicht so knallhart wie an<strong>der</strong>e – ‘gleich weg’. Das gibt es<br />

ja auch genug. Ne<strong>in</strong>, das ist das gute an diesem Unternehmen.“ (Z04)


200<br />

Ähnliches berichtet e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Befragter, <strong>der</strong> sich akut Sorgen um se<strong>in</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tsverhältnis macht. In den Ausführungen wird jedoch auch deutlich,<br />

dass er davon ausgeht, im Ernstfall persönlich über e<strong>in</strong>e bevorstehende<br />

Kündigung <strong>in</strong>formiert zu werden. Da<strong>bei</strong> spielt auch e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Rolle, dass er das Gefühl vermittelt bekommt, dass er für den Disponenten<br />

ke<strong>in</strong>e beliebig austauschbare „Ware Ar<strong>bei</strong>tskraft“ ist, son<strong>der</strong>n<br />

Interesse besteht, ihn im Unternehmen zu halten, auch wenn es zeitweise<br />

ke<strong>in</strong>e Aufträge gibt:<br />

„Das ist so e<strong>in</strong> mulmiges Gefühl, ‘wann kriegst Du die Kündigung’.<br />

Ich habe schon e<strong>in</strong> paar mal <strong>in</strong> den Briefkasten geguckt. Aber<br />

me<strong>in</strong> Disponent ist so fair, <strong>der</strong> würde e<strong>in</strong>em das persönlich sagen. Der<br />

würde e<strong>in</strong>en auch erst mal anrufen und sagen, ‘kommen sie mal her,<br />

wir reden mal’. Wir haben auch schon darüber gesprochen. Er sagt<br />

immer ‘machen sie sich mal ke<strong>in</strong>e Sorgen’. Ich habe das Gefühl, er<br />

steht sehr h<strong>in</strong>ter mir. Also er würde mich gerne behalten, denke ich<br />

schon.“ (Z14)<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer werden <strong>in</strong> höchst unterschiedliche Tätigkeitsfel<strong>der</strong> und<br />

soziale Umgebungen <strong>in</strong> Entleihbetrieben entsandt. Da<strong>bei</strong> kommt es<br />

immer wie<strong>der</strong> vor, dass das fachliche Profil nicht <strong>in</strong> vollem Umfang den<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Kunden entspricht o<strong>der</strong> ar<strong>bei</strong>tsatmosphärische Differenzen<br />

entstehen. Auch wenn Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen mit dem Anspruch<br />

auftreten, Personal passgenau auszuwählen, so kommt es auch<br />

vor, dass es eben aus unterschiedlichen Gründen doch nicht „passt“.<br />

Mit diesem spezifischen Risiko <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t kann sehr verschiedenartig<br />

umgegangen werden. E<strong>in</strong>e positive Kultur <strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

macht sich daher drittens dar<strong>in</strong> bemerkbar, dass Disponenten<br />

nicht zu Sanktionen gegenüber Mitar<strong>bei</strong>tern greifen und konstruktive<br />

Lösungen gesucht werden. E<strong>in</strong>ige Befragte erzählen davon, dass es ihnen<br />

während ihrer Beschäftigungszeit schon passiert sei, dass E<strong>in</strong>sätze<br />

vorzeitig beendet wurden. Dies habe aber nicht wie <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>igen Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

„Scherereien“ zur Folge gehabt, son<strong>der</strong>n sei ohne<br />

Nachwirkungen für sie geblieben. So berichtet e<strong>in</strong> Interviewpartner von<br />

<strong>der</strong> verständnisvollen Reaktion se<strong>in</strong>es Disponenten:


201<br />

„Als ich <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz abgemeldet worden b<strong>in</strong>, da habe ich<br />

hier gleich angerufen. Und <strong>der</strong> Disponent hat da auch gleich angerufen<br />

und gefragt, warum eigentlich. Das konnten die eigentlich gar<br />

nicht richtig begründen. Also so ist das schon. Der lässt e<strong>in</strong>en nicht <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Luft hängen. Der macht, was er kann. Der darf natürlich die Kunden<br />

nicht verschrecken, ist klar. Die wollen ja ihre Leute verkaufen.<br />

Aber man wird da nicht angegriffen o<strong>der</strong> runtergemacht, warum das<br />

jetzt nicht so ist.“ (Z10)<br />

Insgesamt wird <strong>in</strong> den Interviews deutlich, dass e<strong>in</strong>er gelungenen<br />

Kommunikation zwischen Disponenten und Mitar<strong>bei</strong>tern e<strong>in</strong> großer Stellenwert<br />

zukommt. Für die Befragten hat das Interesse, das Disponenten<br />

an ihren Perspektiven und Belangen zeigen, e<strong>in</strong>e herausgehobene Bedeutung<br />

für die Bewertung <strong>der</strong> eigenen Situation. Dies schafft e<strong>in</strong>e positive<br />

B<strong>in</strong>dung zwischen dem Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen und ihren Mitar<strong>bei</strong>tern.<br />

Diese bekunden, dass sie sich <strong>bei</strong> guter Behandlung nicht für „ger<strong>in</strong>gfügige<br />

Verbesserungen“ wegbewerben wollen und dies mit guter<br />

Ar<strong>bei</strong>tsleistung quittieren. Allerd<strong>in</strong>gs wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Interviews auch<br />

deutlich, dass nicht selten noch erheblicher Optimierungsbedarf besteht.<br />

E<strong>in</strong> Interviewter beschwert sich <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht über e<strong>in</strong>e mangelhafte<br />

Organisation <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen. Er ist seit mehreren<br />

Jahren als Hochqualifizierter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Entleihbetrieb e<strong>in</strong>gesetzt, hat<br />

aber kaum Kontakt zu se<strong>in</strong>em Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen. So müsse er<br />

unter an<strong>der</strong>em selbst für die Erfassung und Abrechnung se<strong>in</strong>er Ar<strong>bei</strong>tsstunden<br />

<strong>bei</strong>m Kunden sorgen – e<strong>in</strong>e Tätigkeit, die ihn von se<strong>in</strong>en eigentlichen<br />

Aufgaben abhalte – und die Erstattung von Kosten für<br />

Dienstreisen o<strong>der</strong> zw<strong>in</strong>gend erfor<strong>der</strong>liche Fortbildungsmaßnahmen sei<br />

gänzlich unklar. Er reibe sich somit zwischen den Mühlste<strong>in</strong>en zweier<br />

Bürokratien auf und könne daher nur schwerlich das Leistungspensum<br />

erreichen, das an<strong>der</strong>e von ihm – und auch er von sich – erwarten. Beson<strong>der</strong>en<br />

Anstoß hat <strong>bei</strong> ihm erregt, dass er kurzfristig e<strong>in</strong>en geän<strong>der</strong>ten<br />

Ar<strong>bei</strong>tsvertrag mit e<strong>in</strong>em verr<strong>in</strong>gerten Stundenumfang unterzeichnen<br />

sollte, dies aber überhaupt nicht angekündigt, geschweige denn erklärt<br />

wurde. Dieses „diktatorische Verhalten“ <strong>bei</strong> gleichzeitig offensichtlicher<br />

organisatorischer Inkompetenz hat ihn dazu bewogen, nun geme<strong>in</strong>sam


202<br />

mit se<strong>in</strong>en Kollegen aus demselben Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen aktiv „Wi<strong>der</strong>stand<br />

zu leisten“:<br />

„Wir haben eigentlich alle gedacht ‘o.k., du bist e<strong>in</strong> Professioneller,<br />

man redet auch mit uns, man <strong>in</strong>formiert uns, man sagt eben Bescheid’.<br />

Aber nichts. E<strong>in</strong>e E-Mail: ‘Vertrag unterschreiben, zwei Tage<br />

habt ihr dafür Zeit’ – und das war’s. Das haben wir uns dann nicht<br />

mehr gefallen lassen. Da haben wir uns jetzt zusammengerottet. […]<br />

Man kann über alles reden, aber man wird nicht behandelt wie e<strong>in</strong><br />

Idiot. Auf gar ke<strong>in</strong>en Fall.“ (Z08)<br />

Beson<strong>der</strong>s drastische Erlebnisse hatte e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Gesprächspartner. Er<br />

berichtet, dass er e<strong>in</strong>e Zeit lang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Entleihbetrieb e<strong>in</strong>gesetzt war,<br />

<strong>der</strong> immer nur kurzfristigen Bedarf an zusätzlichem Personal hatte. Die<br />

Differenz von ar<strong>bei</strong>tsvertraglich vere<strong>in</strong>barten und tatsächlichen E<strong>in</strong>satzstunden<br />

wurde zunächst mit dem Guthaben auf dem Ar<strong>bei</strong>tszeitkonto<br />

und später auch mit Urlaubstagen ausgeglichen. Parallel dazu wurde er<br />

gelegentlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lebensmittelproduktion e<strong>in</strong>gesetzt – auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Nachtschicht. Die beson<strong>der</strong>e Brisanz bestand nun dar<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> Befragte<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stellung im Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen dezidiert angegeben<br />

hatte, we<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lebensmittelproduktion noch <strong>in</strong> Nachtschichten<br />

ar<strong>bei</strong>ten zu wollen. Dies wurde zunächst akzeptiert. Nachdem er schon<br />

das Zugeständnis gemacht hatte, doch vorübergehend im Fleischwarenbereich<br />

zu ar<strong>bei</strong>ten und ausnahmsweise auch e<strong>in</strong>e Nachtschicht zu<br />

übernehmen, sollte es eigentlich wie<strong>der</strong> zurück <strong>in</strong> den ursprünglichen<br />

E<strong>in</strong>satzbetrieb gehen. Als dieses jedoch kurzfristig wie<strong>der</strong> abgesagt<br />

wurde, stand erneut e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachtschicht/Lebensmittelproduktion<br />

an. Das brachte das Fass zum Überlaufen, das Gespräch<br />

mit dem Disponenten eskalierte und mündete <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er fristlosen Kündigung<br />

wegen „Ar<strong>bei</strong>tsverweigerung“:<br />

„Dann g<strong>in</strong>g wie<strong>der</strong> das Telefon und ich b<strong>in</strong> rangegangen. Und <strong>der</strong><br />

Disponent, <strong>der</strong> für den E<strong>in</strong>satzbetrieb immer zuständig war, <strong>der</strong> war<br />

dann dran und sagt ‘ja, […] das mit dem E<strong>in</strong>satz da, das hat sich erledigt.<br />

Dafür müssen sie heute Abend wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> die Nachtschicht <strong>bei</strong><br />

dem an<strong>der</strong>en Kunden.’ Da habe ich gesagt: ‘Wie bitte? Ne<strong>in</strong>, das mache<br />

ich nicht.’ ‘Wie, das machen sie nicht?’ ‘Ne<strong>in</strong>, das mache ich


203<br />

nicht. Sie wissen ganz genau, ich mache ke<strong>in</strong>e Nachtschichten, ich<br />

habe das am Montag also freundlicherweise mal gemacht. Und überhaupt<br />

<strong>der</strong> ganze E<strong>in</strong>satz, <strong>der</strong> gefällt mir nicht.’ ‘Das ist Ar<strong>bei</strong>tsverweigerung.<br />

Sie wissen was das bedeutet.’ ‘Ne<strong>in</strong>, das weiß ich nicht, was<br />

das bedeutet’. ‘Ja, fristlose Kündigung.’ Ich sage: ‘War’s das?’ ‘Ja, das<br />

war’s. Tschüss.’ Zwei Tage später habe ich dann auch me<strong>in</strong>e fristlose<br />

Kündigung bekommen.“ (Z11)<br />

Diese Situation wird von dem Interviewten als nur die Spitze e<strong>in</strong>es Eisbergs<br />

beschrieben. Er hat generell sehr viele schlechte Erfahrungen mit<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen gemacht. Unmittelbar <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em Bewerbungsgespräch<br />

ohne Bedenkzeit e<strong>in</strong>en Ar<strong>bei</strong>tsvertrag unterschreiben zu sollen,<br />

Papiere nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen nicht im<br />

erfor<strong>der</strong>lichen Umfang zu bekommen, gehört ebenso zu se<strong>in</strong>en Erlebnissen<br />

wie telefonische Drangsalierung durch Disponenten. Er empf<strong>in</strong>det<br />

sich <strong>der</strong>en Anweisungen und Verhaltensweisen ohnmächtig ausgeliefert,<br />

da mit Druck, „E<strong>in</strong>schüchterungsmethoden“ und Abmahnungsdrohungen<br />

operiert werde. Disponenten, so das zusammenfassende<br />

Fazit, würden sich „immer auf e<strong>in</strong>e ganz komische Art entpuppen“:<br />

„Am Anfang, wenn man gewonnen werden soll von denen, dann<br />

s<strong>in</strong>d die arschenfreundlich. Und im Laufe <strong>der</strong> Zeit, wenn man immer<br />

mehr mit denen zu tun kriegt, [...] verhalten die sich auf e<strong>in</strong>mal von<br />

e<strong>in</strong>er ganz an<strong>der</strong>en Seite.“ (Z11)<br />

4.4 Schlussfolgerungen und Perspektiven<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t wird mit vielen unterschiedlichen Motiven, Hoffnungen, aber<br />

auch Befürchtungen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht. Kundenunternehmen zielen<br />

ab auf e<strong>in</strong>e neue Form <strong>der</strong> Personalrekrutierung, e<strong>in</strong>e größere personalstrategische<br />

Flexibilität o<strong>der</strong> Wettbewerbsvorteile durch ger<strong>in</strong>gere<br />

Personalkosten. Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer können <strong>in</strong> ihr e<strong>in</strong>en Weg sehen, Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit<br />

zu beenden beziehungsweise zu vermeiden, sich für e<strong>in</strong>e


204<br />

Festanstellung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Entleihunternehmen zu empfehlen o<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

wechselnden E<strong>in</strong>sätzen e<strong>in</strong>e Vielzahl von Erfahrungen zu sammeln.<br />

In <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmarkt- und Sozialpolitik schließlich gilt Zeitar<strong>bei</strong>t mitunter<br />

als Patentrezept dafür, den Ar<strong>bei</strong>tsmarkt zu dynamisieren und Unternehmen<br />

mehr beschäftigungspolitische Atmungsfähigkeit zu ermöglichen.<br />

Ihr wird das Potenzial zugeschrieben, e<strong>in</strong>e Vielzahl neuer Ar<strong>bei</strong>tsplätze<br />

zu schaffen und damit Ar<strong>bei</strong>tslosen und Ar<strong>bei</strong>tnehmern mehr<br />

Angebote zu unterbreiten, die als Brücke <strong>in</strong> den Ar<strong>bei</strong>tsmarkt fungieren<br />

o<strong>der</strong> dazu dienen, dass Menschen erst gar nicht von Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit<br />

betroffen werden. Die Beschäftigungsform Zeitar<strong>bei</strong>t sieht sich damit<br />

<strong>in</strong>sgesamt mit äußerst hohen, sehr unterschiedlichen und teilweise<br />

konträren Erwartungen konfrontiert. Welche dieser Erwartungen und<br />

Interessen an Zeitar<strong>bei</strong>t am ehesten erfüllt werden können, hängt von<br />

ihrer konkreten Nutzung, Rahmung und gegebenenfalls Regulierung ab.<br />

Wenn die Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche nicht nur <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie als „Personaldienstleister“<br />

für Unternehmen verstanden werden will und den Perspektiven<br />

und Interessen von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern e<strong>in</strong>e stärkere Bedeutung<br />

zukommen soll, s<strong>in</strong>d <strong>bei</strong> <strong>der</strong> zukünftigen Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>t e<strong>in</strong>ige Gestaltungsanfor<strong>der</strong>ungen zu berücksichtigen.<br />

Die Befunde dieser Studie weisen darauf h<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong> stärkerer Fokus<br />

auf <strong>in</strong>dividuelle Entwicklungs- und Qualifizierungsperspektiven von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern,<br />

die betrieblichen Nutzungsformen, die E<strong>in</strong>kommenssituation<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t sowie e<strong>in</strong> fairer und respektvoller Umgang mit<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tskräften wichtige Handlungs- und Optimierungsfel<strong>der</strong> darstellen.<br />

Entwicklungs- und Qualifizierungsperspektiven für Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

för<strong>der</strong>n<br />

Die Gespräche mit Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern lassen h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen<br />

Entwicklungs-, Qualifizierungs- und damit Ar<strong>bei</strong>tsmarktchancen<br />

positive Ansätze aufsche<strong>in</strong>en. Wenn im Rahmen e<strong>in</strong>er employabilityorientierten<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t die potenzielle Brückenfunktion von Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

optimiert, die Ar<strong>bei</strong>tsmarktchancen von Zeitar<strong>bei</strong>tskräften verbessert


und Perspektiven jenseits <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t stärker akzentuiert werden sollen,<br />

ergeben sich allerd<strong>in</strong>gs weitergehende Gestaltungsbedarfe.<br />

205<br />

E<strong>in</strong> erster auf die Beschäftigungsfähigkeit von Zeitar<strong>bei</strong>tskräften ausgerichteter<br />

Ansatzpunkt wäre e<strong>in</strong>e passgenaue, auf die <strong>in</strong>dividuelle Erwerbsbiographie<br />

und subjektive Präferenzen abgestimmte E<strong>in</strong>satzplanung,<br />

die die Möglichkeiten <strong>in</strong>formeller Qualifizierung <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund<br />

rückt. Zeitar<strong>bei</strong>t würde sich <strong>in</strong> dieser Perspektive zu e<strong>in</strong>er Personaldienstleistung<br />

nicht nur für Unternehmen, son<strong>der</strong>n auch für Menschen<br />

<strong>in</strong> Zeitar<strong>bei</strong>t transformieren. Für die Umsetzung e<strong>in</strong>es solchen<br />

Ansatzes wäre zum Beispiel an die Anwendung von Profil-Pass-<br />

Systemen zu denken 187 , die EU-weit im Rahmen <strong>der</strong> Strategie zur För<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Employability von Erwerbspersonen entwickelt und implementiert<br />

werden. Dieses Instrument stellt vorrangig auf die kle<strong>in</strong>räumige<br />

Erhebung und Dokumentation von Fähigkeiten, Kompetenzen und Präferenzen<br />

ab, die Menschen im Laufe ihrer Biographie entwickeln und<br />

akkumulieren.<br />

Wenngleich betont wird, dass e<strong>in</strong>e orig<strong>in</strong>äre Stärke <strong>der</strong> Beschäftigungsform<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t im Bereich des <strong>in</strong>formellen <strong>Lernen</strong>s läge 188 , so bezieht<br />

sich e<strong>in</strong> zweites Gestaltungsfeld doch auf spezifische Angebote formaler<br />

Weiterqualifizierung für Zeitar<strong>bei</strong>tskräfte. Hier lassen sich allerd<strong>in</strong>gs<br />

beson<strong>der</strong>e Stolperste<strong>in</strong>e erkennen, die e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>telligenten Bear<strong>bei</strong>tung<br />

zugeführt werden müssen. Zum e<strong>in</strong>en stehen längerfristige Beschäftigungsperspektiven<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern häufig im Wi<strong>der</strong>spruch zu<br />

den kurzfristigen E<strong>in</strong>satz<strong>in</strong>teressen von Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen. Indem<br />

letztere auf e<strong>in</strong>e möglichst kont<strong>in</strong>uierliche Auslastung ihrer Mitar<strong>bei</strong>ter<br />

bedacht s<strong>in</strong>d, bleiben mitunter wenig zeitliche Spielräume, <strong>in</strong> denen<br />

Weiterbildungsmaßnahmen stattf<strong>in</strong>den könnten. Zum an<strong>der</strong>en ist davon<br />

auszugehen, dass e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> zurückhaltenden Qualifizierungspolitik<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen daraus resultiert, dass sie befürchten, die<br />

Situation ihrer Mitar<strong>bei</strong>ter so zu verbessern, dass diese externe Ar<strong>bei</strong>ts-<br />

187<br />

Vgl. z.B. das Projekt „Bildungsoffensive Zeitar<strong>bei</strong>t“ (www.bildungsoffensivezeitar<strong>bei</strong>t.de)<br />

188<br />

Vgl. Wittwer (2007).


206<br />

marktoptionen wahrnehmen und das Unternehmen mit den aufgebauten<br />

Kompetenzen verlassen. Angesichts dieser Stolperste<strong>in</strong>e wird es<br />

daher erfor<strong>der</strong>lich se<strong>in</strong>, sowohl die F<strong>in</strong>anzierung von Weiterbildungsaktivitäten<br />

neu zu organisieren als auch Qualifizierungsmodule zu entwickeln,<br />

die auf die spezifische Situation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche zugeschnitten<br />

s<strong>in</strong>d. In diesem S<strong>in</strong>ne ist an e<strong>in</strong>e Kostenbeteiligung durch die<br />

Bundesagentur für Ar<strong>bei</strong>t o<strong>der</strong> spätere Ar<strong>bei</strong>tgeber zu denken sowie an<br />

die Entwicklung von Bildungsangeboten, die kle<strong>in</strong>teilig <strong>in</strong> E<strong>in</strong>satzunterbrechungen<br />

o<strong>der</strong> -pausen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>konzipiert werden können und kumulative<br />

Qualifizierungen erlauben. E<strong>in</strong>e <strong>der</strong>gestalt optimierte E<strong>in</strong>satz- und<br />

Qualifizierungspolitik würde sicherlich die Attraktivität von Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

für Beschäftigte dauerhaft o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> bestimmten<br />

Phasen <strong>der</strong> Berufsbiographie erhöhen.<br />

Betriebliche Nutzung von Zeitar<strong>bei</strong>t<br />

Ob und <strong>in</strong>wieweit Zeitar<strong>bei</strong>t für Beschäftigte Chancen und positive Aspekte<br />

anbieten kann, hängt maßgeblich von den Zielen ab, die Entleihunternehmen<br />

mit ihr zu erreichen beabsichtigen. Es ist daher zu berücksichtigen,<br />

dass Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>in</strong> <strong>der</strong> betrieblichen Nutzung unterschiedliche<br />

Funktionen haben kann. 189 Das klassische Motiv ist erstens die<br />

e<strong>in</strong>es personalpolitischen Puffers, mit dem zeitnah und flexibel auf<br />

schwankende Auslastungsgrade o<strong>der</strong> Personalengpässe reagiert werden<br />

kann. Zweitens wird mit Zeitar<strong>bei</strong>t e<strong>in</strong> neuer Weg <strong>der</strong> Personalrekrutierung<br />

beschritten, <strong>in</strong>dem Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen möglichst passgenau<br />

potentielle Kandidaten für e<strong>in</strong>e spätere Festanstellung auswählen, die<br />

dann im Entleihunternehmen zunächst unverb<strong>in</strong>dlich auf „Herz und<br />

Nieren“ geprüft werden können. E<strong>in</strong> drittes Motiv für die Nutzung von<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t besteht dar<strong>in</strong>, dass Unternehmen durch sie ihre Stammbelegschaften<br />

abzuschmelzen versuchen, um zum Beispiel Kostenvorteile zu<br />

realisieren. Durch diese „strategische Nutzung“ seien Unternehmen<br />

bestrebt, Marktrisiken auf die entstehenden disponiblen Randbelegschaften<br />

(zu denen auch Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer gehören) zu verlagern 190 .<br />

189<br />

Vgl. Seifert/Brehmer (2008) S. 336 f.<br />

190<br />

Vgl. Holst (2009).


207<br />

Die Funktionen des Personalpuffers und <strong>der</strong> Personalrekrutierung e<strong>in</strong>erseits<br />

und die „strategische Nutzung“ an<strong>der</strong>erseits wirken sich sehr unterschiedlich<br />

auf die Perspektiven von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern aus. Die ersten<br />

<strong>bei</strong>den können da<strong>bei</strong> durchaus den Hoffnungen <strong>der</strong> Politik entsprechen,<br />

Wirtschaft und Unternehmen quasi <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es überbetrieblichen<br />

Personalpools e<strong>in</strong> höheres Maß an Ar<strong>bei</strong>tsmarktflexibilität bereitzustellen.<br />

Gleichzeitig haben diese Nutzungsmotive auch zur Folge,<br />

dass Zeitar<strong>bei</strong>t e<strong>in</strong>en zeitlich limitierten Charakter hat und perspektivisch<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Übernahme durch e<strong>in</strong>en Entleihbetrieb münden kann (<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Funktion des Flexibilitätspuffers jedoch nur <strong>bei</strong> Verstetigung <strong>der</strong><br />

Auslastungssituation o<strong>der</strong> des Personalengpasses). Diese <strong>bei</strong>den für das<br />

Pr<strong>in</strong>zip Zeitar<strong>bei</strong>t konstitutiven Nutzungsvarianten führen daher auch<br />

dazu, dass die befragten Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer diese Beschäftigungsform<br />

nicht generell ablehnen, son<strong>der</strong>n auch positive Wirkungen für die Wettbewerbsfähigkeit<br />

von Unternehmen sehen und sie im Grundsatz als<br />

Instrument für die Flexibilisierung des Ar<strong>bei</strong>tsmarktes akzeptieren.<br />

Ganz an<strong>der</strong>s verhält es sich jedoch mit Zeitar<strong>bei</strong>t <strong>bei</strong> „strategischer<br />

Nutzung“. Diese Form wird von den allermeisten Interviewpartnern kritisch<br />

gesehen. Untersuchungen zur Nutzung von Zeitar<strong>bei</strong>t weisen darauf<br />

h<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong> großer Teil des enormen Beschäftigungsaufbaus <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>t auf Intentionen zurückzuführen ist, die <strong>der</strong> „strategischen<br />

Nutzung“ zum<strong>in</strong>dest sehr nahe kommen. So ist die Zahl <strong>der</strong> „Intensivnutzer“<br />

(mit mehr als 20 Prozent Anteil von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern an <strong>der</strong><br />

Belegschaft) erheblich angestiegen 191 . Auch die Gründung von eigenen<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsagenturen durch die späteren Entleihbetriebe 192 spricht dafür,<br />

dass es nicht selten nur zweitrangig um Flexibilität und <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie um Kosteneffekte geht. In diesem Fall besteht das Ziel dar<strong>in</strong>, die<br />

Lohnkosten zu senken, <strong>in</strong>dem <strong>in</strong> Entleihbetrieben geltende Tarifbed<strong>in</strong>gungen<br />

durch diejenigen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche ersetzt werden. Der<br />

Wechsel <strong>in</strong> e<strong>in</strong> „reguläres“ Anstellungsverhältnis <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>em Entleihbetrieb<br />

wird unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen höchst unwahrsche<strong>in</strong>lich.<br />

191 Vgl. Bellmann/Kühl (2007) S. 52.<br />

192 Vgl. We<strong>in</strong>kopf/Vanselow (2008) S. 18 f.


208<br />

Politik und Wirtschaft müssen sich fragen lassen, welche Rolle sie <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>t zukünftig zuschreiben wollen. Zeitar<strong>bei</strong>t kann weiterh<strong>in</strong> (o<strong>der</strong><br />

verstärkt) als e<strong>in</strong>e strategische Ressource verstanden werden, um Kostensenkungen<br />

zu realisieren o<strong>der</strong> disponible Randbelegschaften aufzubauen,<br />

die zugleich diszipl<strong>in</strong>ierende Auswirkungen auf die noch bestehenden<br />

Stammbelegschaften haben (<strong>in</strong>dem sie zu hohen Leistungsniveaus<br />

angetrieben werden o<strong>der</strong> Druck auf ihre Ar<strong>bei</strong>ts- und Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen<br />

ausgeübt wird). Zeitar<strong>bei</strong>t bliebe <strong>in</strong> diesem Zuschnitt<br />

e<strong>in</strong>e Beschäftigungsform zweiter Wahl und Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer (bzw. auch<br />

Stammbelegschaften) würden e<strong>in</strong>en steigenden Teil des Wettbewerbsrisikos<br />

übernehmen müssen.<br />

E<strong>in</strong>e Rückbes<strong>in</strong>nung auf die Funktionen des Personalpuffers und als<br />

Instrument <strong>der</strong> Personalrekrutierung würde h<strong>in</strong>gegen die Attraktivität<br />

von Zeitar<strong>bei</strong>t h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> erwerbsbiographischen Perspektiven von<br />

Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern stärken. Hierdurch könnten auch die Flexibilitätsbedarfe<br />

von Unternehmen besser mit Hoffnungen von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

ausbalanciert werden, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzunternehmen „kleben“ zu<br />

bleiben. Impulse für e<strong>in</strong>e solche rejustierte Nutzung <strong>der</strong> Beschäftigungsform<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t werden vorrangig von den Entleihbetrieben ausgehen<br />

müssen. Zusammen mit Gewerkschaften und betrieblichen Interessenvertretungen<br />

wären dann anspruchsvollere, aber auch sozialverträglichere<br />

Formen des flexiblen Umgangs mit temporären Personalüberhängen<br />

zu f<strong>in</strong>den und zur Anwendung zu br<strong>in</strong>gen (z.B. beschäftigungssichernde<br />

Ar<strong>bei</strong>tszeitverkürzung, Kurzar<strong>bei</strong>tergeld etc.). Seitens des Gesetzgebers<br />

ist zu überdenken – wie <strong>in</strong> den Interviews oftmals angeregt<br />

wird –, ob e<strong>in</strong>e erneute Regulierung <strong>der</strong> Überlassungshöchstdauer <strong>in</strong><br />

Betracht zu ziehen ist, um die ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitischen Potenziale von<br />

Zeitar<strong>bei</strong>t zu för<strong>der</strong>n und Missbrauch e<strong>in</strong>zudämmen 193 .<br />

Anhebung des E<strong>in</strong>kommensniveaus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche<br />

E<strong>in</strong>er <strong>der</strong> subjektiv wesentlichen Unterschiede zwischen Zeitar<strong>bei</strong>t und<br />

„normaler“ Beschäftigung besteht für die befragten Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Höhe des E<strong>in</strong>kommens. Zwar ist e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>erer Teil <strong>der</strong> Interview-<br />

193 Vgl. Deutscher Bundestag (2005) S. 22 f.


209<br />

partner mit dem E<strong>in</strong>kommen zufrieden, weil es noch immer mehr ist als<br />

zum Beispiel „Hartz IV“, weil die Makler-Funktion von Personaldienstleistern<br />

e<strong>in</strong>e angemessene E<strong>in</strong>kommensm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung legitimiere<br />

o<strong>der</strong> weil Zeitar<strong>bei</strong>t als vorübergehende Episode <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufsbiographie<br />

angesehen wird. Dennoch nimmt <strong>der</strong> weitaus größere Teil an den Verdienstmöglichkeiten<br />

Anstoß. Zur Begründung wird angeführt, dass die<br />

Lohndifferenz zwischen Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern und Stammkräften schlichtweg<br />

hochgradig ungerecht sei o<strong>der</strong> dass mit den zu erzielenden E<strong>in</strong>kommen<br />

ke<strong>in</strong> angemessener Lebensstandard f<strong>in</strong>anziert und aufrechterhalten<br />

werden könne. Im Bereich des E<strong>in</strong>kommens ist somit <strong>der</strong> wohl<br />

größte Gestaltungsbedarf zu erkennen, wenn Zeitar<strong>bei</strong>t von ihrem Makel<br />

„Beschäftigung zweiter Wahl“ befreit und zu e<strong>in</strong>er Beschäftigungsform<br />

ausgebaut werden soll, die sowohl für Unternehmen e<strong>in</strong> Mehr an personalpolitischer<br />

Flexibilität bereitstellt als auch für Beschäftigte attraktiv<br />

ist, weil sie abwechslungsreiche und erfahrungsermöglichende E<strong>in</strong>sätze<br />

und Tätigkeiten bieten kann.<br />

Zum e<strong>in</strong>en sche<strong>in</strong>t es daher geboten, das E<strong>in</strong>kommensniveau <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>t generell anzuheben, damit Zeitar<strong>bei</strong>t ke<strong>in</strong> Armutsrisiko bleibt,<br />

das sich Beschäftigte nur für e<strong>in</strong>e gewisse Zeit leisten können und wollen.<br />

Zum an<strong>der</strong>en wären die als ungerecht empfundenen Lohndifferenzen<br />

im Vergleich zu den Stammmitar<strong>bei</strong>tern <strong>der</strong> Entleihbetriebe zu m<strong>in</strong>imieren.<br />

Das Gebot des „equal pay“ ist zwar bereits seit 2003 im Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetz<br />

festgeschrieben, wird aber faktisch <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel durch den Abschluss von Tarifverträgen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche<br />

konterkariert.<br />

Zweifellos herrscht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche e<strong>in</strong> starker Wettbewerb,<br />

<strong>in</strong>dem sich oftmals nur diejenigen Anbieter durchsetzen können, die das<br />

f<strong>in</strong>anziell günstigste Angebot abgeben. Es ist daher nicht verwun<strong>der</strong>lich,<br />

dass dieser Wettbewerbsdruck auch an Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer weitergegeben<br />

wird. Somit s<strong>in</strong>d auch hier wie<strong>der</strong> Entleihbetriebe gefor<strong>der</strong>t, Verrechnungssätze<br />

zu akzeptieren, die e<strong>in</strong>e angemessene Vergütung von Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern<br />

ermöglichen. Des Weiteren gibt es bereits Ansätze <strong>bei</strong><br />

Gewerkschaften und Betriebsräten, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Auswahl von Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

darauf zu drängen, dass diese die entsprechenden Tarifverträge<br />

korrekt anwenden und gegebenenfalls e<strong>in</strong>satzbezogene Zulagen zu


210<br />

zahlen s<strong>in</strong>d. Darüber h<strong>in</strong>aus ist schließlich <strong>der</strong> Gesetzgeber gefragt –<br />

wie auch von den Ar<strong>bei</strong>tgeberverbänden BZA und IGZ gefor<strong>der</strong>t wird –,<br />

e<strong>in</strong>en M<strong>in</strong>destlohn für die Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche zu implementieren, <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>e für alle Marktteilnehmer verb<strong>in</strong>dliche unterste E<strong>in</strong>kommensgrenze<br />

def<strong>in</strong>iert, um Unterbietungskonkurrenzen zu vermeiden.<br />

E<strong>in</strong>en fairen und respektvollen Umgang mit Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern stärken<br />

E<strong>in</strong> Großteil <strong>der</strong> im Rahmen dieser Studie befragten Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer<br />

berichtet von positiven Erfahrungen h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Integration <strong>in</strong> Entleihbetrieben<br />

und den Umgangsformen, mit denen ihnen Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

und Disponenten begegnen. Ob dies e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Tendenz<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche wi<strong>der</strong>spiegelt o<strong>der</strong> darauf zurückzuführen<br />

ist, dass die Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen, <strong>in</strong> denen sie beschäftigt s<strong>in</strong>d, sich<br />

beson<strong>der</strong>s vorbildlich verhalten, kann hier nicht abschließend geklärt<br />

werden. E<strong>in</strong>ige Gespräche machen aber ebenso, wie immer wie<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

die Öffentlichkeit dr<strong>in</strong>gende Berichte, darauf aufmerksam, dass auch <strong>in</strong><br />

diesem Bereich nach wie vor Defizite bestehen, die e<strong>in</strong>er Bear<strong>bei</strong>tung<br />

bedürfen.<br />

Bei <strong>der</strong> Integration <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>satzbetrieben wird von bestimmten Formen<br />

<strong>der</strong> Benachteiligung berichtet, die dem Gebot des „equal treatment“<br />

zuwi<strong>der</strong>laufen und nach angemessenen Reaktionen von Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

und Entleihbetrieben verlangen. Das Spektrum reicht<br />

von Ar<strong>bei</strong>tskleidung, die Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer als Nichtmitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Stammbelegschaft kenntlich macht, über den Ausschluss an <strong>der</strong> subventionierten<br />

Verpflegung bis h<strong>in</strong> zu Anfe<strong>in</strong>dungen (teilweise auch<br />

Mobb<strong>in</strong>g), die offensichtlich verstärkt auftreten, wenn Stammmitar<strong>bei</strong>ter<br />

ihren Ar<strong>bei</strong>tsplatz gefährdet sehen o<strong>der</strong> Abstriche <strong>bei</strong> ihren eigenen Ar<strong>bei</strong>ts-<br />

und Beschäftigungsbed<strong>in</strong>gungen befürchten. Wichtig ist es auch,<br />

darauf zu achten, dass Zeitar<strong>bei</strong>tnehmer nicht ausschließlich auf unbeliebte<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>fache Tätigkeiten verwiesen bleiben, die dauerhaft zu<br />

e<strong>in</strong>er Dequalifizierung führen würden, und sie von anspruchsvolleren<br />

Aufgaben ausgeschlossen werden, die ihre Position auf dem <strong>in</strong>ternen<br />

Ar<strong>bei</strong>tsmarkt und damit ihre Übernahmechancen för<strong>der</strong>n können. Ähnliches<br />

gilt für die Teilnahme an erfor<strong>der</strong>lichen Qualifizierungsmaßnahmen<br />

im Entleihbetrieb.


211<br />

In e<strong>in</strong>er weiteren wichtigen Dimension – dem Verhältnis von Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen<br />

und Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern – zeigen die empirischen Befunde,<br />

dass e<strong>in</strong> fairer und respektvoller Umgang mit den Mitar<strong>bei</strong>tern<br />

das Renommee von Zeitar<strong>bei</strong>tsunternehmen und <strong>der</strong> Branche för<strong>der</strong>n<br />

kann und Wettbewerbsvorteile <strong>bei</strong>m Kampf um knapper werdende<br />

Fachkräfte ermöglicht. Dennoch lassen sich teilweise auch H<strong>in</strong>weise auf<br />

zweifelhafte Praktiken im Umgang mit Zeitar<strong>bei</strong>tnehmern f<strong>in</strong>den. Hierzu<br />

zählen Unregelmäßigkeiten <strong>bei</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>gruppierung o<strong>der</strong> Abrechnung,<br />

Probleme <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bereitstellung von Ar<strong>bei</strong>tskleidung o<strong>der</strong> mangelhafte<br />

Kommunikationsformen. Solche Phänomene verfestigen e<strong>in</strong> Image <strong>der</strong><br />

Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit, das von Druck und Drangsalierungen<br />

geprägt ist und torpedieren die Akzeptanz und Attraktivität <strong>der</strong><br />

Beschäftigungsform Zeitar<strong>bei</strong>t. Die Zeitar<strong>bei</strong>tsbranche ist daher existenziell<br />

darauf angewiesen, dass effektive Mechanismen gefunden werden,<br />

die systematisch auftretende Missstände transparent machen könnten<br />

und die die „schwarzen Schafe“ empf<strong>in</strong>dlich sanktionieren würden.


212


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<strong>in</strong> Zahlen, Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassung, <strong>Leihar<strong>bei</strong>t</strong>nehmer und Verleihbetriebe<br />

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über Erfahrungen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Anwendung des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetzes<br />

– AÜG – sowie über die Auswirkungen des Gesetzes<br />

zur Bekämpfung <strong>der</strong> illegalen Beschäftigung – BillBG.<br />

Deutscher Bundestag (1996): Deutscher Bundestag, 13. Wahlperiode,<br />

Drucksache 13/5498 vom 06.09.1996: Achter Bericht <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

über Erfahrungen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Anwendung des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetzes<br />

- AÜG - sowie über die Auswirkungen des Gesetzes<br />

zur Bekämpfung <strong>der</strong> illegalen Beschäftigung – BillBG.


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Deutscher Bundestag (2000): Deutscher Bundestag, 14. Wahlperiode,<br />

Drucksache 14/4220 vom 04.10.2000: Neunter Bericht <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

über Erfahrungen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Anwendung des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetzes<br />

– AÜG – sowie über die Auswirkungen des<br />

Gesetzes zur Bekämpfung <strong>der</strong> illegalen Beschäftigung – BillBG.<br />

Deutscher Bundestag (2005): Deutscher Bundestag, 15. Wahlperiode<br />

Drucksache 15/6008 vom 30.09.2005: Zehnter Bericht <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

über Erfahrungen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Anwendung des Ar<strong>bei</strong>tnehmerüberlassungsgesetzes<br />

– AÜG.<br />

Deutscher Bundestag (2006): Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode,<br />

Drucksache 16/3982 vom 21.12.2006: Bericht 2006 <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

zur Wirksamkeit mo<strong>der</strong>ner Dienstleistungen am Ar<strong>bei</strong>tsmarkt.<br />

Deutscher Bundestag (2007): Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode,<br />

Drucksache 16/7704 vom 28.12.2007: Bericht <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

über den Stand von Sicherheit und Gesundheit <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>t<br />

und über das Unfall- und Berufskrankheitengeschehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland im Jahr 2006.<br />

Deutscher Bundestag (2008): Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode,<br />

Drucksache 16/9657 vom 19.06.2008: Ar<strong>bei</strong>tsvermittlung <strong>in</strong> die<br />

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Georg Sommer (iGZ-Bundesvorstand) nimmt Stellung zum IG


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Jahn/Rudolph(2002b): Jahn, E./Rudolph, H.: Völlig frei bis streng geregelt:<br />

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und Ar<strong>bei</strong>tsressourcen von Betriebsräten <strong>in</strong> Betrieben mit hohem<br />

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(http://www.zeit.de/onl<strong>in</strong>e/2008/46/jobbrief-ar<strong>bei</strong>tsmarkt).<br />

227


228


E<strong>in</strong>e Kammer für Ar<strong>bei</strong>tnehmer<strong>in</strong>nen<br />

und Ar<strong>bei</strong>tnehmer im Lande <strong>Bremen</strong><br />

Die Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer <strong>Bremen</strong> vertritt als Körperschaft<br />

des öffentlichen Rechts die Interessen <strong>der</strong> Beschäftigten.<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer s<strong>in</strong>d – so bestimmt<br />

es das ›Gesetz über die Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer im Lande<br />

<strong>Bremen</strong>‹ – alle im Bundesland <strong>Bremen</strong> abhängig Beschäftigten<br />

(mit Ausnahme <strong>der</strong> Beamten). Zurzeit s<strong>in</strong>d dies rund<br />

285.000 sozialversicherungpflichtig Beschäftigte und knapp<br />

50.000 M<strong>in</strong>ijobber. Auch Ar<strong>bei</strong>tslose, die zuletzt ihren<br />

Ar<strong>bei</strong>tsplatz im Land <strong>Bremen</strong> hatten, s<strong>in</strong>d Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer.<br />

Neben e<strong>in</strong>er umfassenden Rechtsberatung bietet die<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer ihren Mitglie<strong>der</strong>n zahlreiche Informationen<br />

zu den Themen Wirtschaft, Ar<strong>bei</strong>t, Bildung und Kultur.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus berät sie Betriebs- und Personalräte<br />

sowie Politik und öffentliche Verwaltung im Lande <strong>Bremen</strong>.<br />

Die berufliche Weiterbildung übernimmt die Wirtschaftsund<br />

Sozialakademie (WiSoAk).<br />

Zusätzlichen Service und Vergünstigungen gibt es mit<br />

<strong>der</strong> KammerCard, die jedes Mitglied auf Wunsch kostenlos<br />

erhält.<br />

www.ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer.de<br />

Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer<br />

<strong>Bremen</strong>

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