Armutsbericht 2006 - bei der Arbeitnehmerkammer Bremen
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Prekäre Beschäftigung<br />
nicht zu entdecken vermögen. Ähnlich zerstritten<br />
präsentieren sich schließlich auch die<br />
Werturteile, mit denen auf das Phänomen <strong>der</strong><br />
Armut eingegangen wird; von tiefer Scham<br />
über die zunehmende Diskrepanz zwischen<br />
Arm und Reich in den mo<strong>der</strong>nen Wissens-<br />
Gesellschaften, bis hin zur Propagierung einer<br />
›neuen, sittlich fundamentierten Bescheidenheit‹,<br />
reicht hier das Spektrum <strong>der</strong> Meinungen.<br />
Die Aufgabe <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer<br />
<strong>Bremen</strong> besteht nun gewiss nicht darin, Ordnung<br />
in diesen, auf vielen Ebenen liegenden,<br />
Meinungsstreit <strong>der</strong> Expertinnen und Experten<br />
zu bringen. Uns liegt auch nicht daran, das<br />
Thema ›Armut‹ um eine weitere Theorie zu<br />
bereichern. Unsere Aufgabe besteht vielmehr<br />
darin, über die Entwicklung <strong>der</strong> Armut in <strong>der</strong><br />
Unterweserregion zu berichten und da<strong>bei</strong> –<br />
hier liegt <strong>der</strong> Bezug zur gerade kurz umrissenen,<br />
konfliktbeladenen Debatte – einen Begriff<br />
von ›Armut‹ zugrunde zu legen, <strong>der</strong> für den<br />
Zusammenhang unserer Darstellung unbedingte<br />
Gültigkeit beanspruchen kann. Dieser<br />
Begriff ist seit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Grundsicherung<br />
für Ar<strong>bei</strong>tsuchende (›Hartz IV‹) im vergangenen<br />
Jahr und mit <strong>der</strong> Anhebung <strong>der</strong> Regelleistungen<br />
des Sozialgesetzbuches II (SGB II)<br />
in den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n auf das Niveau in<br />
den alten Bundeslän<strong>der</strong>n gegeben: Damit<br />
existiert in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />
ein einheitliches Fürsorgeniveau für erwerbsfähige<br />
Hilfebedürftige und alle in ihrer<br />
Bedarfsgemeinschaft 2 lebenden Mitglie<strong>der</strong>.<br />
Die Armutsentwicklung in <strong>Bremen</strong><br />
Mit dem Inkrafttreten des SGB II im Jahre<br />
2005 wird Armut in ihrer Dimension und<br />
Schärfe noch deutlicher. Dies trifft auch auf<br />
2 Bedarfsgemeinschaft ist ein Begriff aus dem deutschen Recht<br />
<strong>der</strong> Grundsicherung für Ar<strong>bei</strong>tsuchende im Sozialgesetzbuch II.<br />
Dem Konstrukt <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaft liegt die Prämisse<br />
zugrunde, dass Personen, die beson<strong>der</strong>e persönliche o<strong>der</strong> verwandtschaftliche<br />
Beziehungen zueinan<strong>der</strong> haben und die in<br />
einem gemeinsamen Haushalt leben, sich in Notlagen gegenseitig<br />
materiell unterstützen und ihren Lebensunterhaltsbedarf<br />
gemeinsam decken. Daraus wird gefolgert, dass Angehörige<br />
einer solchen Bedarfsgemeinschaft weniger sozialstaatliche<br />
Hilfe benötigen als Personen, die nicht in einer solchen Gemeinschaft<br />
leben.<br />
die Situation am Ar<strong>bei</strong>tsmarkt zu und die<br />
betroffenen Familien. Obwohl durch die verän<strong>der</strong>ten<br />
Rahmenbedingungen ein Vergleich im<br />
Detail schwierig ist, lässt sich feststellen,<br />
dass die Armutsentwicklung weiter zunimmt.<br />
Da<strong>bei</strong> werden die beson<strong>der</strong>s hart betroffenen<br />
Problemgruppen deutlich sichtbar: Kin<strong>der</strong>,<br />
Frauen, Familien, Migrant/innen. Und auch im<br />
Verlauf <strong>der</strong> Entwicklung von 2005 auf <strong>2006</strong><br />
lässt sich eine Verschlechterung in <strong>Bremen</strong><br />
und Bremerhaven feststellen.<br />
So stieg die Zahl <strong>der</strong> Empfänger/innen von<br />
Ar<strong>bei</strong>tslosengeld II vom Juni 2005 bis Juni<br />
<strong>2006</strong> um mehr als 6.600 Personen im Land<br />
<strong>Bremen</strong> an.<br />
Im Juni <strong>2006</strong> gab es im Land <strong>Bremen</strong><br />
57.274 Bedarfsgemeinschaften im Alg-II-Bezug.<br />
Betroffen waren danach 102.464 Personen.<br />
Davon waren 27.499 Kin<strong>der</strong>. O<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s<br />
ausgedrückt: Drei von zehn Kin<strong>der</strong>n unter 15<br />
Jahren in <strong>der</strong> Stadt <strong>Bremen</strong> sind arm, sind auf<br />
Transferleistungen nach dem Alg II angewiesen.<br />
Beson<strong>der</strong>s dramatisch ist die Situation in<br />
Bremerhaven: Hier leben 40,2 Prozent <strong>der</strong> unter<br />
15-Jährigen in Armut – vier von zehn Kin<strong>der</strong>n.<br />
Nicht enthalten in diesen Zahlen sind die<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen, die in Familien leben,<br />
die Hilfe im Rahmen des SGB XII (Sozialhilfe)<br />
beziehen.<br />
Die Abkoppelung von <strong>Bremen</strong> und Bremerhaven<br />
vom Bundesdurchschnitt ist durch Hartz<br />
IV nicht gestoppt worden. Dies ergibt sich<br />
für <strong>Bremen</strong> auch im Vergleich mit an<strong>der</strong>en<br />
Großstädten. Hier belegt <strong>Bremen</strong> für <strong>2006</strong><br />
den 5. Rang mit 155 Alg-II-Empfänger/innen<br />
pro 1.000 Einwohnern. Bremerhaven führt<br />
die Liste <strong>der</strong> vom Magistrat festgelegten 11<br />
Benchmark-Städte mit 228 Alg-II-Empfänger/innen<br />
pro 1.000 Einwohnern an.<br />
Hilfebedürftig trotz Ar<strong>bei</strong>t<br />
Unter dem Schwerpunkt ›Hilfebedürftig trotz<br />
Ar<strong>bei</strong>t‹ setzen wir uns in unserem Bericht mit<br />
diesem neuen, einheitlichen Niveau für Hilfebedürftige<br />
auseinan<strong>der</strong>:<br />
Expert/innen <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerkammer<br />
<strong>Bremen</strong> untersuchen Stand und Entwicklung<br />
<strong>der</strong> Hilfebedürftigkeit in <strong>Bremen</strong> und<br />
Bremerhaven, setzen sich im Rahmen