22.10.2012 Aufrufe

2teil - bei der Arbeitnehmerkammer Bremen

2teil - bei der Arbeitnehmerkammer Bremen

2teil - bei der Arbeitnehmerkammer Bremen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die für den deutschen Fall relevantesten<br />

Gerechtigkeitsprinzipien sind die Leistungsund<br />

Bedarfsgerechtigkeit. Sie basieren auf <strong>der</strong><br />

Fortschreibung von Lohn- und Einkommensbezug<br />

<strong>bei</strong> den sozialen Leistungen und auf <strong>der</strong><br />

Festsetzung einheitlicher und für alle gelten<strong>der</strong><br />

Bedarfsgrößen 12 (z. B. das Existenzminimum).<br />

Allerdings spielen auch Elemente von<br />

Teilhabekonzeptionen eine Rolle. Der Charakter<br />

des Sozialstaats kommt in seiner Verknüpfung,<br />

Durchdringung und Hierarchisierung<br />

<strong>der</strong> drei skizzierten Gerechtigkeitsprinzipien<br />

zum Ausdruck. 13 Dieses Zusammenspiel <strong>der</strong><br />

drei Prinzipien wird im Weiteren am Beispiel<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik deutlich gemacht.<br />

2.3 Gerechtigkeit in <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsmarktpolitik<br />

vor den ›Hartz‹-Reformen:<br />

Lebensstandardsicherung dominiert<br />

Die Ar<strong>bei</strong>tslosenversicherung ist die jüngste<br />

<strong>der</strong> klassischen Sozialversicherungen. Sie<br />

wurde 1927 verabschiedet und vereint die<br />

Lohnersatzleistungen im Falle von Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit<br />

und die Maßnahmen zur Ar<strong>bei</strong>tsför<strong>der</strong>ung.<br />

Damit wurde ein dreistufiges System für<br />

den Fall des Eintritts des sozialen Risikos<br />

Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit ins Leben gerufen, das sich<br />

später wie folgt glie<strong>der</strong>te:<br />

(a) das Versicherungssystem mit <strong>der</strong><br />

Lohnersatzleistung Ar<strong>bei</strong>tslosengeld;<br />

(b) die bedürftigkeitsgeprüfte sowie zeitlich<br />

im Prinzip unbegrenzte Ar<strong>bei</strong>tslosenhilfe<br />

und<br />

(c) die bedarfsabhängige Sozialhilfe<br />

<strong>der</strong> Kommunen. 14<br />

Diese drei Stufen – Ar<strong>bei</strong>tslosengeld, Ar<strong>bei</strong>tslosenhilfe<br />

und Sozialhilfe – werden im Folgenden<br />

anhand ihrer Gerechtigkeitskonzeptionen<br />

näher betrachtet.<br />

Grundlegendes Gerechtigkeitsprinzip in <strong>der</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>tslosenversicherung ist die Leistungsgerechtigkeit.<br />

Für die Berechnung <strong>der</strong> Höhe<br />

des Ar<strong>bei</strong>tslosengeldes wird das vorherige<br />

Nettoeinkommen zugrunde gelegt, um auf diesem<br />

Wege den Lebensstandard zu sichern.<br />

Das Prinzip <strong>der</strong> Leistungsgerechtigkeit wird<br />

<strong>bei</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosen mit Kin<strong>der</strong>n durch das<br />

Bedarfsprinzip ergänzt – was in diesen Fällen<br />

ein höheres Ar<strong>bei</strong>tslosengeld bedeutet. Der<br />

Anspruchszeitraum auf Ar<strong>bei</strong>tslosengeld war<br />

im Rückblick immer wie<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen<br />

unterworfen. Während zunächst eine einheitliche<br />

Bezugsdauer vorherrschte, wurden<br />

später auch die Dauer <strong>der</strong> Beitragszahlungen<br />

(Leistungsprinzip) und das Alter (Bedarfsprinzip)<br />

<strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tslosen berücksichtigt. Um<br />

Ansprüche auf Ar<strong>bei</strong>tslosengeld geltend<br />

machen zu können, müssen neben <strong>der</strong> <strong>bei</strong>tragspflichtigen<br />

Beschäftigung weitere Voraussetzungen<br />

erfüllt sein. So müssen Leistungsbezieher<br />

innerhalb eines festgelegten Zeitraums,<br />

<strong>der</strong> sogenannten Rahmenfrist, für eine<br />

festgelegte Dauer, die sogenannte Anwartschaftszeit,<br />

einer sozialversicherungspflichtigen<br />

Beschäftigung nachgegangen sein. Auch<br />

Rahmenfrist und Anwartschaftszeit sind öfter<br />

verän<strong>der</strong>t worden. Damit wurden letztlich<br />

auch die Zugangsmöglichkeiten neu gestaltet.<br />

Darüber hinaus gelten weitere Pflichten <strong>bei</strong>m<br />

Bezug <strong>der</strong> Leistung, welche die Vermeidung,<br />

Reduzierung o<strong>der</strong> Beendigung des Leistungsbezugs<br />

beför<strong>der</strong>n sollen. Von herausgehobener<br />

Bedeutung sind in diesem Zusammenhang<br />

die Ausgestaltung <strong>der</strong> Zumutbarkeit (Regelungen<br />

zur Aufnahme einer Beschäftigung o<strong>der</strong><br />

Maßnahme <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tsför<strong>der</strong>ung) und die<br />

Sperrzeitregelungen (Verhalten, das mit einer<br />

Leistungssperre zu belegen ist).<br />

12 Vgl. Nullmeier 2009: 10.<br />

13 Vgl. Gronbach 2009: 38.<br />

14 Steffen 2009: 2 f.<br />

39

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!